Schulformen (OPAC): Vier- bis sechsklassige Volksschule
Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
l. Zur Geschichte.
A. Milder aus der Geschichte des Altertums.
1.
Ehidheri, der ewig junge, sprach:
Ich fuhr an einer Stadt vorbei;
ein Mann im Garten Früchte brach;
ich fragte, feit wann die Stadt hier fei.
Er sprach und pflückte die Früchte fort:
Die Stadt steht ewig an diesem Grt
und wird so ewig stehen fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich keine Spur der Stadt;
ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,
die Herde weidete Laub und Blatt;
ich fragte: Wie lang ist die Stadt vorbei?
Er sprach und blies auf dem Rohre fort:
Das eine wächst, wenn das andere dorrt,
das ist mein ewiger Weideort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,
ein Schiffer warf die Netze frei;
und als er ruhte vom schweren Zug,
fragt' ich, feit wann das Meer hier fei.
Er sprach und lachte meinem wort:
Chidher.
So lang, als schäumen die Wellen dort,
fischt man und fischt man in diesem Port?)
Und aber nach fünfhundert Jahren
kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich einen waldigen Raum
und einen Mann in der Siedelei,
er fällte mit der Axt den Baum;
ich fragte, wie alt der Wald hier fei.
Er sprach: Der Wald ist ein ewiger Hort,
schon ewig wohn' ich an diesem Vrt,
und ewig wachsen die Bäume hier fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
kam ich desselbigen Wegs gefahren.
Da fand ich eine Stadt, und laut
erschallte der Markt vom Dolksgeschrei.
Ich fragte: Seit wann ist diestadt erbaut?
Wohin istwald undmeerundschalmei?
Sie schrieen und hörten nicht mein wort:
So ging es ewig an diesem Grt
und wird so gehen ewig fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
will ich desselbigen Weges fahren.
Rückert.
2. Cm ägyptisches Totengericht.
Ein Beherrscher des alten Ägyptens war verschieden. Am See
Möris saßen die vier Totenrichter und beratschlagten, ob dem Ver-
blichenen die Ehre des Grabes zuteil werden sollte. Es traten un-
bescholtene Männer auf, um Zeugnis abzulegen für den Toten, und
was sie vorbrachten, gereichte zu seinem Lobe. „Er hat das Vaterland
durch den Ruhm seiner Waffen verherrlicht", sagte der erste. — „Diesen
Ruhm hat das Volk mit seinem Blute bezahlt", antworteten die Richter.
— „Er hat den Künsten und Wissenschaften Schutz geliehen", sagte ein
zweiter. — „Aber er hat den Pflug gering geachtet", entgegneten die
Richter. — „Er hat sich den Namen eines Gottesfürchtigen und Leut-
*) Ein indischer, mit ewiger Jugend begabter Gott, der nach der Sage aller
■500 Jahre auf die Erde niedersteigt. — 2) Hafen.
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
8
Den Astyages beruhigten indes die Traumdeuter durch die Er-
klärung, sein Traum sei dadurch erfüllt, daß Cyrus von den Knaben
zumkönig^erwählt worden sei; und nach einigen Jahren ließ der Groß-
vater ihn mit der Mandane nach Medien kommen. Der junge Cyrus, in
der strengen, kriegerischen Lebensweise der Perser auferzogen, konnte
sich des Lachens kaum enthalten, als er an dem Hofe des Astyages
alles so weibisch geputzt sah. Astyages saß auf einem prächtigen
Throne; seine Backen, Lippen und Stirne waren bemalt, Augenbrauen
und Haare gefärbt; er hatte goldene Ketten um den Hals, Armbän-
der an den Händen. Cyrus sprang, als er in das Zimmer trat,
auf den geputzten Alten zu, fiel ihm um den Hals und rief: „D,
was ich für einen hübschen Großvater habe!" Seine Mutter fragte
ihn, ob er denn schöner wäre als sein Vater. „Unter den Persern",
antwortete Cyrus, „ist mein Vater der schönste; aber unter den
Medern habe ich keinen gesehen, der so schön wäre wie mein Groß-
vater." — Dem Alten gefiel die Antwort. Er beschenkte den Knaben
reichlich, und bei Tische mußte Cyrus immer neben ihm sitzen. Den
Cyrus, der an die Mäßigkeit der Perser gewöhnt war, dünkte es sonder-
bar, daß man so vielerlei Speisen auftrug. Er sah lange zu; endlich
sagte er zu dem alten Könige: „Aber, lieber Großvater, du hast doch
schrecklich viel Mühe, satt zu werden, wenn du von dem allen essen
mußt." Astyages lachte und sprach: „Glaubst du denn nicht, daß dies
hier viel besser sei als eure persischen Mahlzeiten?" „Ich weiß nicht",
antwortete Cyrus, „aber wir werden viel geschwinder und leichter
satt als ihr. Uns ist Brot und Fleisch genug, um satt zu werden;
ihr aber, ach, was braucht ihr für Arbeiten und Umschweife, bis
ihr so weit kommt." — Mit Erlaubnis des Alten verteilte er dar-
auf von den Speisen unter die Diener; nur dem Mundschenken
Sakas gab er nichts. Der König, welcher den Sakas liebte, fragte
den Cyrus im Scherz: „Warum giebst du denn diesem nichts, den ich
so^lieb habe?" — „Und warum hast du ihn so lieb?" fragte Cyrus.
„Siehst du nicht", antwortete der König, „wie schön er den Wein
eingießt und kostet und mir zureicht?" — „O", rief Cyrus, „das kann
ich so gut als er und noch besser, denn ich will dir den Becher nicht
halb austrinken wie er." Darauf nahm er den Becher, goß aus der
Schale Wein ein und reichte ihn dem Könige. „Aber", sprach der
Alte, „du mußt auch den Wein kosten." „Das lasse ich wohl", rief
der Kleine; „denn ich weiß, es ist Gift darin. Ich habe das neulich
wohl bei deinem Gastmahle gesehen." — „Wie das?" rief der Alte.
— „Wißt ihr nicht mehr, wie ihr von Verstand und Sinnen kämet,
sobald er euch zu trinken gegeben hatte? Was war das für ein
Lärm! Wie habt ihr durcheinander geschrieen und gelacht! Die
Sänger schrieen sich die Kehlen heiser, kein Mensch verstand sie, und
doch rieft ihr alle: Wunder! So lange ihr saßet, sprach jeder von
seiner Stärke; sobald ihr aufstandet zum Tanzen, fielet ihr über eure
eigenen Füße. Ihr wußtet alle nicht mehr, was und wer ihr seid;
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
9
du nicht, daß du König bist, und die nicht, daß sie Unterthanen
sind." — „Aber", sprach Astyages, „wenn dein Vater trinkt, berauscht
er sich nie?" — „Nie!" — „Und was macht er dennnl — „Er
hört auf zu dürsten, sonst nichts." — Durch diese und ähnliche
kluge Einfälle machte Cyrus sich sehr beliebt. Astyages ließ ihn
reiten, jagen und erlaubte ihm, was er wollte. Cyrus wurde mit
jedem Tage männlicher, und da er endlich in einem kleinen Treffen
mit einem benachbarten Volke sich vor allen anderen hervorgethan
hatte, wurde er der Abgott des ganzen Volkes.
Harpagus sah dies gern. Er gewann sich die Freundschaft des
Cyrus und entdeckte ihm endlich, wie grausame Absichten sein Groß-
vater mit ihm gehabt hätte. Er wußte das Gemüt des Jünglings so
aufzureizen, daß, da die Perser zugleich auf Abfall von Medien
dachten und den Cyrus zurückwünschten, dieser nach Persien zurückging
und sich an die Spitze seines Volkes stellte. Astyages, vielleicht
schon vorher mißtrauisch und kalt gegen Cyrus, hieß, wie er diesen
Aufstand erfuhr, alle töten, die zu der Erhaltung des Cyrus gera-
ten hatten. Nur den Harpagus ließ er leben, ja er stellte ihn an
die Spitze des Heeres gegen Persien. Harpagus zog aus; als er
aber den Cyrus traf, ging er mit dem ganzen Heere zu ihm über,
und Cyrus ward König von Persien und Medien. Seinen Großvater
behielt er als Gefangenen bei sich. Bredow.
5. Erziehung der Spartaner.
Der neugeborene Knabe ward dem Rate der Alten vorgezeigt.
Dem starken und gesunden Knaben sprachen die Ältesten sogleich das
Bürgerrecht zu; das von ihnen als gebrechlich erklärte Kind dagegen
ward in einen Abgrund des Taygetns-Gebirges geworfen. Sparta
wollte nur gesunde Kinder erziehen, kräftige und gesunde Jünglinge
und Männer haben. Bis zum siebenten Jahre gehörte der Knabe der
Mutter, dann übernahm der Staat seine Erziehung.
Das junge Geschlecht ward als das edelste Staatsgut betrachtet,
und die Wahrheit fand allgemeine Anerkennung, daß von seinem Ge-
deihen das Wohl und der Bestand des Staates für die Folgezeit ab-
hänge. Darum wurden die notwendigen Mittel zur Erziehung von
Staatswegen gegeben, und es wurde nur gefragt, was notwendig sei,
und nicht: was haben wir zur Erreichung des Erziehungszweckes für
Mittel übrig? Allen Knaben ward eine vollständig gleiche Erziehung
zu teil; auch die Königssöhne (mit alleiniger Ausnahme des Thron-
folgers) kamen in eines der Erziehungshäuser und standen mit sämt-
lichen übrigen spartanischen Knaben in jeder Beziehung auf vollständig
gleicher Stufe. Beim Eintritte in die Anstalt wurde den jungen
Spartanern das Haar kurz geschoren, ihr Lager war Heu und Stroh,
Decken erhielten sie nicht. Vom fünfzehnten Jahre an schliefen sie auf
trockenem Schilf, das sie sich selbst am Ufer des Eurotas ohne Messer zu
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Bredow
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
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mir dich selbst giebst?" — Und der Jüngling wurde ein eifriger
Schüler des Sokrates.
Den Xenöphon wollte Sokrates gern zum Schüler haben.
Eines Tages begegnete er ihm in einem engen Durchgänge. So-
krates hielt den Stock vor, und der schöne Jüngling blieb stehen.
„Sage mir doch", fragte,, er ihn, „wo kauft man Mehl?" — Auf
dem Markte! — „Und Ol?" — Eben da! — „Aber wo geht man
hin, um weise und gut zu werden?" — Der Jüngling stutzte. —
„Folge mir, ich will es dir sagen!" fuhr Sokrates fort. Xenophon
folgte ihm und beide wurden unzertrennliche Freunde.
Vom Kleömbrötus wird erzählt, daß er sich vor Jammer in
das Meer gestürzt habe, nachdem er das letzte Gespräch des So-
krates gelesen.
Alcibiädes legt das schöne Zeugnis von Sokrates ab: „Wenn
ich sonst einen großen Redner hörte, so wurde ich ergötzt: ich fühlte,
daß er schön gesprochen hatte; aber bei keines Sterblichen Rede habe
ich das empfunden, was mich Sokrates empfinden ließ. So oft ich
ihn hörte, war ich wie bezaubert; meine ganze Seele wurde von
seinen Worten verwundet und voller- Unwillen, daß sie immer noch
so sklavisch und roh gesinnt war!" —
Wie die Lehren des Sokrates waren, so war auch sein Leben.
Er war äußerst müßig im Essen und Trinken, er kleidete sich jahr-
aus, jahrein in ein einfaches Oberkleid, ging immer barfuß, und
weder Nachtwachen noch körperliche Anstrengungen konnten ihn ermüden.
Er pflegte zu sagen: „Wer am wenigsten braucht, kommt der Gott-
heit am nächsten!"
Einer seiner Neider, der sich durch den Unterricht der Jüng-
linge große Reichtümer erworben hatte und sehr prächtig lebte,
sagte einst zu Sokrates: „Man sollte meinen, die Weisheit müßte
auch glücklich machen, aber du siehst wahrlich nicht danach aus; du
führest ja ein wahrhaft hündisches Leben!" — „Laß doch sehen",
antwortete Sokrates, „ob ich wirklich so unglücklich bin! Glaubst du,
daß meine einfache Kost mich weniger gesund und stark erhalte? Weißt
du nicht, daß es denen am besten schmeckt, die am wenigsten haben?
Und wenn ich im Sommer und Winter gleich gekleidet gehe und
keine Sohlen trage, wodurch mein Körper gegen jede Witterung ab-
gehärtet wird, kann dir das tadelnswert erscheinen? Was kann wohl
klüger sein, als sich nicht dem Schlafe, der Unmüßigkeit und der
Weichlichkeit zu ergeben, da man das Wohlleben doch nicht immer
haben kann? Wie würde bei solcher Verwöhnung der Schiffer fahren
und der Ackersmann sein schweres Geschäft treiben können? Wer
wird geschickter sein, dem Staate und dem Freunde zu dienen, ein
Mann wie ich, oder einer von denen, die du glücklich nennst? Wer
wird die Mühseligkeiten eines Feldzuges leichter ertragen? Du scheinst
das Glück im Überflüsse und Wohlleben zu suchen; ich aber glaube,
daß nichts bedürfen — göttlich ist!"
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
37
J
„Ihr Lieben mühet euch umsonst; ich soll
mit meinem Tode Gott lobpreisen." Da
erscholl das Haus vom stürmenden Geschrei
der Suchenden. Er nahm sie freundlich auf. —
„Bereitet" sprach er, „diesen Müden noch
ein Gastmahl, ich bereite mich indes
zur Reise auch." Er ging und betete
und solgete mit vielen Schmerzen ihnen
zum Konsul. Als er auf den Richtplatz kam,
rief eine mächt'ge Stimm' im Busen ihm:
Sei tapfer, Polykarp! — Der Konsul sieht
den heitern, schönen, ruhigsanften Greis
verwundert. „Schone", sprach er, „deines Alters,
und opf're hier, entsagend deinem Gott!"
„Wie sollt' ich einem Herrn entsagen, dem
zeitlebens ich gedienet und der mir
zeitlebens Gutes that?" — „Und fürchtest du
denn keines Löwen Zahn?" — „Zermalmet muß
das Weizenkorn doch einmal werden, sei's,
wodurch es will, zur künft'gen neuen Frucht." —
Der Pöbel rief: „Hinweg mit ihm! Er ist
der Christen Vater, Feuer, Feuer her!"
Sie trugen Holz zusammen, und mit Wut
ward er ergriffen. „Freunde", sprach er, „hier
bedarf's der Bande nicht; wer dieser Flamme
mich würdigte, der wird mir Mut verleih'n!" —
Und legte still den Mantel ab und band
die Sohlen seiner Füße los und stieg
hinauf zum Scheiterhaufen. Plötzlich schlug
die Flamm' empor, umwehend ringsum ihn
gleich einem Segel, das ihn kühlete,
gleich einem glänzenden Gewölbe, das
den Edelstein in seine Mitte nahm
und schöner ihn verklärte, bis ergrimmt
ihm eine freche Faust das Herz durchstieß.
Er sauk, es floß sein Blut, die Flamm' erlosch,
und eine weiße Taube flog empor. —
Du lachst der weißen Taube? Soll einmal
ein Geier dir, dem Sterbenden, die Brust
durchbohren? dem Gestorbenen das Aug'
ein Rab' aushacken? ans der Asche sich
Molch oder Natter winden? Spotte nicht
des Bildes, das die Sage sich erschuf:
Nur Einfalt, Unschuld giebt im Tode Mut.
Herder.
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
alles geriet bei uns ins Stecken;
wo wir erschienen und pochten an,
ward nicht gegrüfst noch aufgethan.
Wir mussten uns drücken von Ort zu Ort,
der alte Respekt war eben fort.
Die Sachsen.
Da nahm ich Handgeld von den Sachsen;
meinte, da müsste mein Glück recht wachsen.
Sollten da strenge Mannszucht halten,
durften nicht recht als Feinde walten,
mussten des Kaisers Schlösser bewachen,
viel Umstand’ und Komplimente machen,
führten den Krieg, als wär’s nur Scherz,
hatten für die Sach’ nur ein halbes Herz,
wollten’s mit niemand ganz verderben,
kurz, da war wenig Ehr’ zu erwerben.
Und ich wär’ bald vor Ungeduld
wieder heimgelaufen zum Schreibepult,
wenn nicht eben auf allen Strassen
der Friedländer hätte werben lassen.
Die Wallensteiner.
Seitdem denk’ ich an kein Entlaufen.
Kann’s der Soldat wohl besser kaufen?
Da geht alles nach Kriegessitt’,
hat alles ’nen grossen Schnitt,
und der Geist, der im ganzen Corps thut leben,
reisset gewaltig, wie Windesweben,
auch den untersten Reiter mit.
Da tret’ ich auf mit beherztem Schritt,
darf über den Bürger kühn wegschreiten,
wie der Feldherr über der Fürsten Haupt.
Es ist hier wie in den alten Zeiten,
wo die Klinge noch alles thät bedeuten;
da giebt’s nur ein Vergeh’n und Verbrechen;
der Ordre fürwitzig widersprechen!
Was nicht verboten ist, ist erlaubt;
da fragt niemand, was einer glaubt.
Es giebt nur zwei Ding’ überhaupt,
was zur Armee gehört und nicht,
und nur der Fahne bin ich verpflichte. —-
Der führt’s Kommando nicht wie ein Amt,
wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt!
Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst;
was bracht’ er dem Kaiser für Gewinst?
Was hat er mit seiner grossen Macht
zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?
7*
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
111
den übrigen Staatsangehörigen in Österreich gleichzustellen suchte, und
indem er 1781 die Leibeigenschaft der Bauern aufhob. Dabei sprach
er die echt kaiserlichen Worte: „Es ist ein Unsinn, zu glauben, dass die
Obrigkeit das Land besessen habe, bevor es noch Unterthanen gab.“
Zum Beweise, wie hoch er den Bauernstand ehrte, trat er einst auf einer
Reise durch Mähren zu einem Bauern, der auf dem Felde pflügte, ergriff
den Pflug und ackerte selbst eine Strecke Landes. Die mährischen
Stände bewahrten diesen Pflug, den des Kaisers Hand geführt hatte,
zum Andenken.
6. Bei dem leider allzufrühen Tode (1790) dieses grossen, echt
deutschen Kaisers schrieb der Fürst de Eigne an die Kaiserin von Russ-
land: „Der Soldat wird sagen: ,Josef Ii. hat die Kanonenkugeln am
Deiche von Beschania und die Flintenkugeln in den Vorstädten von
Schabacz wacker abgehalten; er hat Medaillen für die Tapferkeit erdacht.4
— Der Reisende wird sagen: ,Welch schöne Gebäude für die Schulen,
Hospitäler und Gefängnisse!4 — Der Fabrikherr: ,Wie viel Ermutigun-
gen !4 — Der Landmann: ,Er hat selbst gepflügt.4 — Der Andersgläubige:
,Er war unser Verteidiger.4 — Die Präsidenten aller Bezirke, die Chefs
aller Bureaux: ,Er war unser erster Diener und Aufseher zu gleicher
Zeit.4 — Der Minister: ,Er opferte sich für den Staat, dessen erster
Unterthan er gewesen ist.4 — Der Kranke wird sagen: ,Er besuchte uns
unablässig.4 — Der Bürger: ,Er verschönerte unsere Städte durch
öffentliche Plätze und Anlagen.4— Der Bauer und Bediente: ,Wir spra-
chen mit ihm, wenn wir wollten.4 — Die Familienväter: ,Er gab uns
guten Rat.4 — Die Gesellschaft wird sagen: ,Er war zuverlässig, liebens-
würdig, er erzählte angenehm, er war witzig in seinem Gespräche, man
konnte mit ihm über alles der Wahrheit gemäss sprechen. 4 44 —Und was
urteilte dieser Fürst und Mensch im Vorgefühle seines nahen Todes über
sich selbst? „Ich wünschte, man schriebe auf mein Grab: Hier ruhet ein
Fürst, dessen Absichten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle
seine Entwürfe scheitern zu sehen.44
47. Die Verkehrsmittel in dem vorigen Jahrhundert.
Wir finden, daß im 16. Jahrhundert da und dort für das Straßen-
wesen etwas geschah, daß sogar in den Harzbergwerken zur leichteren Fort-
schafsnng der Erzstufen künstliche Holzbahnen angelegt wurden, die dann in
England nachgeahmt wurden und dort die erste Idee zu den Eisenbahnen
an die Hand gaben. Derartige Bemühungen waren jedoch nur höchst spär-
liche Ausnahmen von der namenlosen Lässigkeit, mit welcher man den
Straßenbau betrieb oder vielmehr nicht betrieb. Nicht allein der ritterliche
Wegelagerer oder der soldatische Buschklepper beeinträchtigte den Verkehr,
sondern die Beschaffenheit der Wege selbst setzte ihm unglaubliche Schwierig-
keiten entgegen. Wir, die wir an einem Tage Länderstrecken, wie die
zwischen Berlin und Köln, mit Windeseile und aller Bequemlichkeit durch-
fliegen, können kaum unsern Ohren trauen, wenn wir hören, wie schnellen-
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
und bei Geistlichen allmählich häufiger, während sich die Rüstigen beiderlei
Geschlechts noch immer lieber der Pferde bedienten. Um 1550 kamen von
Ungarn her die aus dem Morgenlande stammenden Arben nach Deutschland,
wo sie Gutschen (Kutschen) genannt wurden. Man hielt es jedoch für eine
unmännliche Weichlichkeit, dieser Fuhrwerke sich zu bedienen, und der Herzog
Julius von Braunschweig verbot 1588 geradezu den Gebrauch derselben,
weil dadurch „die männliche Tugend, Redlich-, Tapfer-, Ehrbar- und
Standhaftigkeit" deutscher Nation beeinträchtigt würde und „das Gutschen-
fahren gleich dem Faulenzen und Bärenhäutern" wäre. Die Anfänge des
deutschen Postwesens sind die „Briefställe" und „Reitposten", welche der
deutsche Orden zu Ende des 14. Jahrhunderts in Preußen einrichtete.
Auch die Hansa hatte Posten und zwar bereits Fahrposten. Im Jahre
1516 richtete auf Befehl Maximilians I. Franz von Thurn und Taxis
den ersten regelmäßigen Postkurs zwischen Brüssel und Wien ein. Nach
diesem Vorbilde kamen dann in verschiedenen Reichsländern — das Reichs-
oberpostamt war seit 1545 beim Hause Taxis — Posten auf, die seit der
Mitte des 17. Jahrhunderts auch die Beförderung von Personen zu über-
nehmen anfingen. Doch war bis ins 18. Jahrhundert der Personentrans-
port um so mehr Nebensache, als die meisten Reisenden anstanden, ihre
gesunden Glieder den Postwagen anzuvertrauen. Einen erfreulichen
Wendepunkt im deutschen Postwesen bezeichnet erst die Einrichtung der
Eilwagenkurse von 1824 an. Wer den Gang der Taxisschen „Post-
schnecke", von welcher Börne eine so köstliche Beschreibung geliefert, noch
miterlebte, hat gewiß seine erste Eilwagenreise mit großer Befriedigung
gemacht. I. Scherr.
48. Der Bruder Redner.
Auch in das Steinthal im Elsaß, wo damals der selige Ob erlin
als Pfarrer in vollem Segen wirkte, kam in den Schreckenszeiten
der französischen Revolution der Befehl der Regierung: die gewöhnliche
gottesdienstliche Feier solle aufhören, die Steinthaler sollten sich einen
Präsidenten wählen, dieser einen Bruder Redner ernennen, und dann
sollten zu gewissen Tagen Versammlungen gehalten werden, bei
denen der Bruder Redner gegen die Tyrannen sprechen und mit der
Gemeinde sich über die Mittel beraten solle, die Tyrannen abzu-
schaffen. Selbst im Steinthale fehlte es nun damals nicht an einzel-
nen solchen, denen diese neue Sache gar verführerisch, neu und anlockend
vorkam und die auch gern das mit- und nachgemacht hätten, was
die große Nation ihnen vormachte.
Der Pfarrer Oberlin ließ mithin seine Gemeine unter der Linde
zusammenkommen. Er las ihr das eingegangene Schreiben vor und
fügte hinzu: das sei Befehl ihrer welschen (so nannte man im Stein-
thal die Franzosen) Regierung, und da es die Obrigkeit geböte,
müsse man auch gehorchen. Er halte es für gut, noch heute gleich
zu den nötigen, vorläufigen Beratungen zu schreiten. Zuerst müsse
Weite Welt. 7. und 8. Schuljahr. 8
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Extrahierte Personennamen: Julius_von_Braunschweig Maximilians_I. Franz_von_Thurn Franz Oberlin
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66. Die Stiergefechte in Spanien.
Zu den Hauptvergnügungen der Spanier gehören die Stiergefechte.
Bricht ein feierlicher Kampftag an, so ruhen alle Geschäfte. Schon tags
vorher wogen die Menschen auf dem Amphitheater herum, um sich den
Schauplatz recht zu betrachten, wo die Stiere gehetzt werden sollen. Die
oberen Sitze haben eine Decke in Form einer offenen Galerie und werden
gewöhnlich von den Damen eingenommen; die übrigen Sitzreihen sind ganz
offen. Sie find 21/2 m über dem Kampfplatze erhaben, um alles recht
gut übersehen zu können. Der innere Raum wird von einer zweiten
Schranke umgeben; es ist eine 2 m hohe Mauer, die zwischen sich und
den Zuschauern einen Raum von etwa zehn Schritten Breite läßt. In
dieser Mauer sind mehrere Öffnungen, durch welche die Fnßkämpfer, wenn
der Stier ihnen zu heftig zusetzt, schlüpfen können; gewöhnlich springen sie
aber mit großer Gewandtheit über die Mauer hinweg. Zwar springen die
Stiere zuweilen nach; aber dann schlüpft der Fußkämpfer geschwind durch
eine der Öffnungen wieder zurück, und der Stier wird durch ein Thor auf
den Kampfplatz zurückgetrieben. — Vor dem Tage eines Stiergefechts gehen
wenige der geringen Leute zu Bette, um nur rechtzeitig einen Platz ein-
nehmen zu können. Schon von Nachmittag an wogt es durch die Straßen
nach dem Amphitheater. Die Stiere, die zum Kampfe bestimmt sind, werden
von den Feldern auf eine weite Ebene nahe bei der Stadt getrieben, und
achtzehn von ihnen nach dem Kampfplatze geführt. Diese Scene hat einen
eigentümlichen, wilden Charakter. Alle Liebhaber des Schauspieles, zu
Pferde und mit Lanzen bewaffnet, eilen nach dem Orte, wo die Tiere
Weiden.
Die Hirten treiben die zu der Ehre des Kampfes ausgewählten Stiere
zusammen und leiten sie nach der Stadt durch zahme Ochsen, die an Half-
tern geführt werden und am Halse tieftönende Glocken tragen. Von allen
Seiten wird die Herde von den Reitern umringt, und so im Trab bis etwa
eine Viertelstunde vom Amphitheater gebracht. Von hier an ist ein Weg
für die Stiere abgepfählt, der bis zum Kampfplatze führt; doch geben die
Seitenbalken nur eine schwache Schutzwehr gegen die unbändigen Tiere.
Das Amphitheater gewährt, wenn es voll Zuschauer ist, einen über-
raschenden Anblick. Die meisten erscheinen in der andalusischen Kleidung.
Die Mäntel der Herren sind entweder dunkelblau oder scharlachrot, und
in der schönen Jahreszeit von Seide. Ihre kurzen, offenen Jacken zeigen
den lebhaftesten Farbenwechsel, und die weißen Schleier, welche die Damen
bei dieser Gelegenheit zu tragen pflegen, schicken sich vortrefflich zu ihrem
übrigen munteren Anzuge. Endlich erscheint die Stunde des Anfangs. Der
Schauplatz — die Arena — muß nun geräumt werden. Ein Regiment
Fußvolk marschiert zu dem einen Thore herein, über die Arena hin, treibt
das Volk vor sich her, und wenn der Platz menschenleer ist, ziehen die Sol-
daten zu einem andern Thore hinaus. Jetzt ziehen die Doreros (Stier-
fechter), von denen die eine Hälfte blaue, und die andere Scharlachmäntel
trägt, in zwei Reihen über die Arena, um den Behörden ihre Verbeugungen
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Schulformen (OPAC): Vier- bis sechsklassige Volksschule
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zu machen. Sie sind gewöhnlich 12—14 Mann stark, die beiden Nataäor68
(Hauptfechter) und ihre beiden Gehilfen mit eingerechnet. Ihnen folgen die
Picadores (Pikenträger) zu Pferde in Scharlachjacken, mit Silber besetzt.
Ihre sehr weiten ledernen Beinkleider sind mit weichem, braunem Papier
ausgestopft, welches den Hörnern der Tiere großen Widerstand leistet.
Sie nehmen ihren Platz längs der Schranke in einer Reihe, zur Linken des
Thores, durch das die Stiere kommen, und in einer Entfernung von dreißig
bis vierzig Schritten von einander. Die Fußkämpfer, ohne Waffen oder
irgend ein Verteidigungsmittel, außer ihren Mänteln, halten sich bei den
Pferden, um den Pikenträgern nötigenfalls Beistand leisten zu können.
Wenn dies alles nun in Ordnung ist, reitet ein Stadtdiener in altspanischer
Tracht zur Hauptgalerie hin und empfängt in feinem Hute den Schlüssel
zu dem Stierbehälter, der ihm vom Balkon zugeworfen wird. Der Stadt-
diener befördert den Schlüssel sogleich weiter an den Hausmeister. Die
Waldhörner ertönen unter dem lauten Jubel der Menge; die Thore öffnen
sich, und der erste Stier stürzt heraus auf den Kampfplatz. —
Wir lassen einen Reisenden den weiteren Verlauf erzählen:
Der Stier stand einen Augenblick still, übersah mit wildem Blick den
Schauplatz, fixierte sodann den ersten Reiter und machte einen heftigen Aus-
fall gegen ihn, ward aber mit der Spitze der Pike empfangen, die der Regel
gemäß nach dem fleischigen Teile des Halses gerichtet wurde. Eine ge-
schickte Bewegung mit der linken Hand und dem rechten Beine lenkte das
Pferd auf die linke Seite, wodurch es dem Horn des Stieres auswich, der
durch die erhaltene Wunde nur noch wilder gemacht, sogleich den nächsten
Pikenreiter angriff und dem Pferde desselben, das nicht so gewandt war
wie das erste, eine so tiefe Brustwunde beibrachte, daß es augenblicklich tot
niederfiel.
Die Heftigkeit des Stoßes hatte den Reiter auf der andern Seite des
Pferdes hinabgeworfen. Ein ängstliches Schweigen folgte. Die Zuschauer,
von ihren Sitzen aufstehend, sahen, zwischen Furcht und Hoffnung schwan-
kend, wie der wilde Stier an dem gefallenen Pferde feine Wut ausließ,
während der Mann, der sich nur dadurch retten konnte, daß er bewegungs-
los liegen blieb, allem Anschein nach wirklich tot war. Diese peinliche
Scene dauerte jedoch nur wenige Augenblicke, indem die Fußkämpfer, unter
lautem Geschrei und ihre Mäntel hin- und herfchwenkend, von allen Seiten
herankamen, und die Aufmerksamkeit des Stieres von dem Pferde ab und
auf sich zogen. Als nun die Gefahr des Reiters vorüber war, er wieder
auf die Beine kam und ein anderes Pferd bestieg, da war der Ausbruch
der Freude und des Beifalls so groß, daß man ihn am andern Ende der
Stadt mußte hören können. Unerschrocken und von der Rache gespornt,
griff er seinerseits den Stier an. Ohne mich jedoch in eine umständliche
Schilderung der blutigen Auftritte einzulassen, die nun folgten, will ich bloß
erwähnen, daß das wütige Tier die Reiter zu zehn Malen angriff, die
Pferde verwundete und zwei tötete. Eines dieser edlen Geschöpfe, obgleich
es aus zwei Wunden blutete, stellte sich, ohne zu wanken, dem Stiere ent-
gegen, bis es zu schwach ward und mit dem Reiter niedersank. Und doch
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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