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1. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 95

1861 - Stuttgart : Hallberger
95 und breite Schultern; der Kopf ist übermäßig groß, und das Ge- sicht, aus dem die kleinen Augen wild herausblitzen, ist ungewöhnlich breit. Sie zerschneiden sich in ihrer Kindheit mit unzähligen Rissen Kinn und Wangen, um durch die vielen Narben das Wachsen des Bartes zu unterdrücken. Lue leben von Wurzeln und rohem Fleisch, das sie als Sattel auf das Pferd legen und durch Reiten mürbe machen. Von ihrer Kindheit an streifen sie auf Bergen und in Wäldern umher und lernen Hunger und Kälte ertragen. Sie tragen leinene Kittel und Pelze von Waldmäusen; die Beine aber umwickeln sie mit Bocksfellen. Von ihren Pferden sind sie unzertrennlich; sie essen, trinken und schlafen daraus. Ackerbau und Handwerke, Re- ligion und Gesetze kennen sie nicht. Treu' und Glauben sind bei ihnen unbekannte Dinge; sie wissen, wie die wilden Thiere, Nichts von Recht und Unrecht. Der Krieg ist ihr Leben, und es folgen ihnen dahin ihre schmutzigen Weiber und ungestalteten Kinder aus zahllosen, mit Fellen überzogenen Wagen. Die Schlacht beginnen sie mit einem fürchterlichen Geheul. Wie der Blitz fliegen sie herbei und kehren eben so schnell wieder zurück; kaum wird man sie gewahr, so sind sie auch schon da und stürmen die Verschanzungen oder plün- dern- das Lager." Diesen wilden und gefürchteten Horden stellte sich in Frankreich ein römischer Feldherr, mit dem sich einige deutsche Volksstämme verbunden hatten, entgegen. Aus den catalaunischen Feldern kam es zur Schlacht, der blutigsten vielleicht, die je in Europa geschlagen wurde; denn fast 200,000 Leichen bedeckten die Wahlstatt, und den- noch war der schreckliche Hunnenkönig nicht besiegt, sondern nur zu- rückgedrängt. Das nächste Jahr brach Attila von Pannonien aus in Italien ein. Die rauchenden Trümmer zerstörter Städte bezeichneten den Weg des häßlichen, wilden Menschenschwarmes und Furcht und Schrecken giengen vor ihnen her. Viele Bewohner der adriatischen Meeresküste flüchteten sich auf die nahen Inseln, bauten sich später dort an und legten so den Grund zu der nachmals durch Handel und Schifffahrt so berühmt gewordenen Stadt und Republik Vene- dig. Rom selbst schwebte in größter Gefahr; da zog Papst Leo der Große an der Spitze einer Gesandtschaft dem unwidersteh- lichen Sieger entgegen, sein Leben wagend für die ihm anvertraute Heerde. Aber siehe da! die Bitten des gottbegeisterten Oberhirten rührten das eisenumpanzerte Herz des Wütherichs; die ihm ange- drohte Rache des Himmels schreckte ihn; die Schrecken des Todes wandelten ihn an; er kehrt plötzlich mit all seinen Schaaren um, und Rom ist gerettet! Bald darauf starb Attila, der Schreckliche! Seine Hunnen legten ihn in einen goldenen Sarg, diesen in einen silbernen und

2. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 100

1861 - Stuttgart : Hallberger
100 „Reicht just sein Helmbusch dem Marschall an’s Maul „Doch ist er auch klein, so ist er nicht faul „Zu trotzigem, stolzem Befehle.“ Und wohl vernimmt’s der wack’re Pipin, Bemerkt, wie die Grollenden flüstern, Mit Murren folgend gen Welschland zieh'n, Ihm säumig gehorchen und frevelhaft kühn Sich mürrischer täglich verdüstern. Und stark im Geiste, gewaltig und klug, Erwägt er’s mit weisen Gedanken. „„Sei heut’ des Weges, der Mühen genug, „„Gehemmt der Schaaren gewaltiger Zug! „„Errichtet zum Fechtspiel die Schranken! „„Herbei gebracht den gewaltigen Leu! „„Den Kämpfer will ich ihm stellen! —““ Wohl seltsam scheint die Bestellung und neu, Und mit Neugier murmeln, es murmeln mit Scheu Die trotzigen, stolzen Gesellen. Rings wird der Platz mit Gittern umhegt, Dahinter die Sitze der Ritter, Erhaben des Königs Balkon. — Da frägt Wohl Jeder, zu Unmuth und Sorgen erregt: „Wie schwach doch, wie schwankend das Gitter I „Ein Ruck mit der mächtigen Tatz, und es fällt, „Und das Ungethüm sitzt uns im Nacken. „Doch der dort oben, der winzige Held, „Wohl hat er sich trefflich sicher gestellt, „Zu schaun, wie die Krallen uns packen!“ Und der Leu wird gebracht im vergitterten Haus, An der Schranke geöffnet das Pförtchen. Und der Thiere König er schreitet heraus, Und die Ritter erfasst nun Schrecken und Graus, Und keiner redet ein Wörtchen. Doch zweifelnd sieht sich der Löwe befrei n Und reckt in der Freiheit die Glieder Und schreitet getrost in die Schranken hinein Und zeigt der Zähne gewaltige Reih n, Laut gähnend, und strecket sich nieder.

3. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 134

1861 - Stuttgart : Hallberger
134 herab hieng. Sein Kleid und seine Beinkleider waren von grünem Atlas nach spanischem Schnitt. Im Gürtel trug er blos eine Pi- stole, in der Hand eine Reitgerte, und fast immer ritt er in der Schlacht auf einem kleinen Grauschimmel. Als Feldherr war er äußerst pünktlich und strenge; in seinem Leben sittlich, reli- giös und mäßig. Er kannte keine Art von Wohlleben, trank nie- 'mals Wein, und Eigennutz, Stolz und Hochmuth waren ihm ganz unbekannt. Als der Kaiser ihn für seine treuen Dienste irk den Reichsfürstenstand erheben wollte, verbat er sich die Ehre und gab dem Schreiber d<er Kanzlei 500 Thaler, damit er das Patent nicht ausfertigen solle. Eine goldene, mit Diamanten besetzte Kette, die er von der Regentin der Niederlande erhalten hatte, schenkte er so- gleich dem Kloster Alt-Oetingen, und der Stadt Hamburg, die ihm aus Dankbarkeit 1000 Rosenobel zustellen ließ, schickte er dieselben unverweilt wieder- zurück. Dies war der Held, dem man zwei Jahrhunderte lang un- gerechter Weise die Grausamkeiten zur Last legte, die bei der Ero- berung Magdeburgs (1631) begangen wurden, was jedoch un- partheiische Geschichtsforscher neuerer Zeit glänzend widerlegten. Seit dem Monate Dezember 1630 hielt nämlich Tilly Magde- burg enge eingeschlossen und beschoß es fast täglich. In mehreren, noch vorhandenen Briefen an den Administrator der Stadt, den Markgrafen Christian Wilhelm, sowie an den Befehlshaber Falken- berg und an den Magistrat hatte er zur Uebergabe aufgefordert und selbst beigesetzt, daß die Stadt dadurch billige Bedingungen erlangen und nur so einem sehr harten und traurigen Geschicke entgehen könne. So schrieb er einmal an Falkenberg, der die Einwohner immer mit falschen Nachrichten über die Ankunft des Schwedenkönigs täuschte und dadurch zum Widerstände ermuthigte: Er werde bei so be- schaffenen Dingen wohl selbst erwägen können, daß es weder christ- lich noch billig, viel weniger vor Gott und dem Gewissen zu verantworten sei, durch Rath und That dazu beizutragen, daß so viele unschuldige Menschen in das äußerste Elend gestürzt werden und Gut und Leben verlieren sollten. Als aber all' seine Mah- nungen fruchtlos blieben, wurden am 20. Mai 1631, Morgens um 7 Uhr schnell die Sturmleitern angelegt; die Soldaten erstiegen die Mauern, schlugen die obcnstehenden Wächter zurück; alle Kanonen wurden gelöst, die Thore.eingeschlagen, und ehe noch die Bürger sich zum Widerstände sammeln konnten, waren Tilly's Truppen Meister der Stadt. Falkenberg, der vom Rathhause herbeieilte, wurde gleich auf der Straße erschossen. Immer heftiger ward die Wuth der Stürmenden, als sie aus allen Häusern Widerstand fan- den und Gasse für Gaffe einzeln einnehmen mußten. Wer auf der Straße sich blicken ließ, wurde niedergestochen; wie hungrige Tiger

4. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 135

1861 - Stuttgart : Hallberger
135 brachen die Soldaten, besonders Pappenheim's wilde Wallonen, in die Häuser- ein, durchsuchten jeden Winkel und verübten viele Gräuel. Väter wurden vor den Augen der Kinder ermordet; Weiber wurden in den Armen ihrer Männer erstochen, Kinder an den Wänden zer- schmettert; Jungfrauen sprangen aus den Fenstern oder stürzten sich in die Elbe. Um 10 Uhr sieng die Stadt an zu brennen, und das Feuer trieb alle Einwohner auf die Straße, wo das Morden fort- gesetzt wurde. Ein Sturmwind peitschte die Flammen nach allen Richtungen hin; die Luft glühte und die Plünderer selbst mußten sich eiligst auf die Wälle zurück ziehen. Nach 16 Stunden legte sich der Brand; eine der ersten Städte Deutschlands lag in Asche, nur der Dom, ein Kloster und einige Fischerhütten waren verschont geblieben. Am dritten Tage hielt Tilly seinen Einzug. Als man den Dom öffnete, fand man noch 1000 halbverhungerte Menschen in demselben, Tilly ließ Brod unter sie austheilen und begnadigte sogar die Prediger, welche das Volk während der Belagerung un- ablässig zum Widerstände aufgehetzt hatten. Es ist durchaus unwahr, daß Tilly das Morden und Brennen gebilligt oder gar befohlen habe; dagegen spricht seine Gemüthsart und sein Charakter. Auch suchte er bei der Plünderung Nichts für sich, sondern nahm fliehende Waisen und schwache Greise in seinen Schutz mit den schönen Worten: „Das sei meine Beute." Die in der Stadt zerstreuten Soldaten waren in ihrer Wuth nicht mehr zu zügeln, denn wer vermag den Tiger zu bändigen, wenn er einmal Blut geschmeckt hat? Welche Macht vermag die entfesselte Leiden- schaft zu bezwingen, die dem Meere gleicht, das die User durch- brochen hat? Tilly mußte blos geschehen lassen, was er nicht hin- dern konnte. Nachdem dieser furchtbare Krieg eine Menge ähnlicher Schauer- scenen, wenn auch in minder großem Maaßstabe, erzeugt hatte, wurde endlich der von ganz Deutschland sehnlichst erwartete Friede vermittelt, worüber man zuerst in Münster und später in Osna-' brück unterhandelte, weßhalb derselbe der westphälische Friede ge- nannt wird. Durch denselben wurde unter Anderem festgestellt, daß die Protestanten gleiche Religionsübung und gleiche Rechte mit den Katholiken erhalten und an Schweden die Insel Rügen nebst einem Theil von Pommern abgetreten werden solle. Frank- reich erhielt das Elsaß, und die Schweiz und die Nieder- lande wurden als unabhängige Staaten erklärt. 54. Die Türken vor Wien (1683). Um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts eroberten die Tür- ken Constantinopel. Von hier ans suchten sie ihre Macht nach allen

5. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 174

1861 - Stuttgart : Hallberger
174 9. Beispiele von Erstickungen durch kohlensaures Gas. 1. In dem Dorfe Gross-Enzersdorf in Niederösterreich hat sich fol- gender Unglücksfall ereignet, welcher allen denjenigen zur nachdrück- lichen Warnung dient, die in Keller zu gehen genöthigt sind, in wel- chen sich gährende Getränke befinden. Der Bauer Eichberger wollte eines Tages mit seinem Schwa- ger Joseph List in seinen Keller gehen, in welchem sich mehrere Eimer gährender Most, nebst mehreren Fässern Wein befanden. Bei- den war nicht unbekannt, dass sich djurch die Gährung des Wein- und Obstmostes in geschlossenen Kellern eine für das Leben höchst ge- fährliche Luftart (kohlensaures Gas) entwickle, und dass daher solche Keller zuvor eine Zeit lang geöffnet und die Luftsäure durch einen Luftzug oder durch hineingeworfenes brennendes Stroh heraus getrie- den werden müsse. Da sie aber Eile hatten, so nahmen sie hiezu nicht Zeit und glaubten auch, dass die Sache nicht so gefährlich seyn werde. Es gesellte sich, während der Keller geöffnet wurde, noch ein Nachbar zu ihnen, und List gieng zuerst in den Keller, kehrte aber sogleich zurück, um frische Luft zu schöpfen. Durch diesen Versuch ermuntert giengen nun beide Schwäger mit einander, während der Nachbar vor der Thüre stehen blieb, um den Erfolg abzuwarten. Eich- berger empfand aber bald ein Zusammenschnüren der Lunge und kehrte noch auf der Kellerstiege zurück; als er aber seinen vorausgegange- nen Schwager im Keller fallen hörte, wollte er demselben zu Hilfe eilen, fiel aber auch selbst besinnungslos zu Boden. Als nun der Nachbar weder Tritte noch Zeichen mehr aus dem Keller vernahm, machte er Lärm, und in wenigen Minuten waren mehr als 30 Menschen beisammen, von denen sich jedoch Niemand in den Keller wagen wollte. In demselben Augenblicke fuhr ein junger Bauer aus einem benachbarten Orte an dem Keller vorbei. Als er hörte was geschehen sei, liess er Pferd und Wagen stehen und eilte zur Rettung der Ver- unglückten in den Keller, kehrte aber ebenfalls nicht wieder zurück. Auch der 22jährige einzige Sohn des Bauern Mayerhofer kam herzu und hörte, dass sein Vetter Eichberger auch im Keller geblieben sei. „Ich muss wenigstens diesen herauf holen,“ rief er aus, „wenn es mir auch nicht gelingt, Alle zu retten!“ und mit diesen Worten eilte auch er seinem Verhängnisse entgegen, denn in wenigen Sekunden hörte man auch ihn fallen. Nun schafften die Anwesenden Brenn- materialien und eine Windmühle herbei, um durch Wind und Feuer die tödtliche Luft auszutreiben, und einige waren bemüht, den Keller von Aussen aufzugraben, um Luft zu machen. Natürlich erfordern aber solche Mittel so viel Zeit, dass in der Noth gar keine Hilfe von

6. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 30

1861 - Stuttgart : Hallberger
30 mir zü helfen, liefen nun ;die Lieben fast so schnell als die Gemse, eine Meile weit bis zu der nächsten Hütte, während ich zwischen Furcht und Hoffnung auf meine ausgebreiteten Arme und Schenkel an den Eiswänden gestützt, über dem tosenden Wasser schwebte. Ich sank aber mit der Zeit immer tiefer; schon kam der Strom mir bis an die Kniee; ich war vor Kälte fast erstarrt und erwartete nichts Anderes, als den Aod. „Nach Verlauf einiger Stunden hörte ich meine treuen Gefähr- ten mich anrufen. Sie hatten in der nächsten Hütte einen Strick gesucht, und da sie keinen gefunden, hatten sie eine Bettdecke in Strei- fen geschnitten, diese zusammengeknüpft und so ein Seil verfertigt. Dieses ließen sie hinunter, und ich band mir dasselbe mit vieler Mühe um den Leib. „Nun zogen sie mich mit vereinten Kräften so weit aus der Spalte heraus, daß sie mich beinahe mit den Händen erreichen konn- ten. Aber plötzlich zerriß der Strick — und ich — mit einem Theile desselben um den Leib — glitschte unaufhaltbar wieder hin- unter, eben so tief als vorher. Jetzt war die Noth aber noch größer, nicht nur darum, weil der Strick kürzer geworden war, sondern auch, weil ich bei diesem zweiten Fall einen Arm gebrochen hatte und also um so weniger Kraft behielt, selbst Etwas zu meiner Ret- tung beizutragen. „Dennoch entfiel uns der Muth nicht. Sie schnitten die Strei- fen noch einmal von einander, um den Strick wieder zu verlängern. Dann warfen sie ihn mir zum zweiten Male hinunter. Von Gott gestärkt, war ich noch behende genug, ihn mir mit einem Arme um den Leib zu knüpfen. Und mit diesem noch schwächern Stricke waren meine Freunde endlich so glücklich, mich aus dem bereits offenen Grabe heraus an das helle Tageslicht zu ziehen. „Sollte ich denn wohl, meine Herren, jemals in meinem Leben diese göttliche Hilfe vergessen? — Sollte ich nicht, so oft ich an dieser Stelle vorbeigehe, dem Herrn, meinem Erretter, Gebete und Thränen des Dankes zum Opfer bringen?" Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat. Psalm 103, N. 2. 34. Das Glasgemälde. Ein armer Pilger, fromm und gut, Mit weissem Stab und Muschelhut, Im schwarzen, wollenen Gewand, Zog weit umher von Land zu Land. Er sah die Unschuld oft gedrückt, Die Schuld mit Stern und Band ge- schmückt. Der Welt verworrenes Gewühl Schien ihm fast nur des Zufalls Spiel. So wallt er einst mit trübem Sinn Durch eine rauhe Wildniss hin; Der Himmel ist von Wolken schwer, Es regnet, schneit und stürmet sehr.

7. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 35

1861 - Stuttgart : Hallberger
35 Mit Sehnsucht wartete indeß die Gemahlin des Herzogs auf seine Zurückknnft. Sie sandte Boten nach allen italienischen See- häfen; allein vergebens, und von Tag zu Tag wuchs die Vermu- thung der Gewißheit entgegen, daß der Herzog verunglückt oder in Gefangenschaft gerathen seyn müsse. Das ganze Land nahm Antheil an der Trauer der Herzogin, und von allen Seiten trafen Abgeordnete bei ihr ein, welche erklär- ten, daß sie ihren geliebten Herrn um jeden Preis loskaufen wür- den. Gerührt nahm die Herzogin diesen Beweis treuer Liebe an, und mehrere Boten reisten ab, um den Aufenthalt des Herzogs auszukundschaften. Am herzoglichen Hofe lebte seit einigen Jahren ein Edelknabe Namens Franz. Er war der Sohn eines Landmannes und hatte einst den verirrten Herzog auf der Jagd zurecht gewiesen. Bisher hatte er das vollste Vertrauen des Herzogs und seiner Gemahlin genossen, und man war daher nicht wenige erstaunt, als man ihn plötzlich vermißte und sich zugleich ergab, daß auch ein Theil der kostbarsten herzoglichen Juwelen fehlte. Alle Nachforschungen nach ihm 'blieben jedoch erfolglos, und sein Verschwinden blieb Jeder- mann ein unauflösliches Räthsel. . Wir kehren wieder zu dem gefangenen Herzog zurück. Dieser arbeitete eines Tages in dem Garten seines grausamen Herrn an einem Graben, welcher zu einem kleinen Lustsee führte. Dicke Schweiß- tropfen rollten in der brennenden Mittagshitze über sein Angesicht, seine Hände waren mit Schwielen angefüllt, seine Brust keuchte und kaum vermochte er noch sich aufrecht zu erhalten, so sehr war er von der ungewohnten Arbeit angegriffen. Ein junger, vornehm gekleideter Türke kam durch die langen Gänge des Gartens herab, gieng langsam an ihm vorüber, lindem er halblaut, als ob er mit sich selber redete, in deutscher Sprache die Worte flüsterte: Verrathet Euch nicht durch Euer Erstaunen, gnä- diger Herr! Ich bin Euer Franz; ich bin gekommen Euch zu suchen und Euch zu befreien. Die Sprache^hat keine Worte um die freudige Ueberraschung des Herzogs zu schildern. Franz hatte wirklich die vermißten Juwelen entwendet und war deshalb heimlich damit fortgegangen, weil er befürchtete, daß man ihm bei seiner Jugend eine so große Summe nicht anvertrauen würde. Er verkaufte einen Theil der mitgenommenen Edelsteine, verschaffte sich prachtvolle türkische Kleider, miethete mehrere Türkensklaven und lernte von ihnen und durch längeren Aufenthalt in der Türkei die türkische Sprache. Er hatte mit furchtbaren Hindernissen und Ge- fahren zu kämpfen, und dennoch ließ er sich nicht abhalten überall nach dem geliebten Herrn zu forschen. Tag und Nacht hatte er

8. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 37

1861 - Stuttgart : Hallberger
37 Und rang vor Gott um Fassung und Geduld. Ihr brünstiges Gebet war nicht vergebens: Es wurde sanft und still in ihrem Herzen. Derweile brach der Abend friedlich an, Und Rabbi Meter kam vergnügt nach Hause. Doch als die zarten Söhne nicht, wie sonst, Mit muntern Grüßen ihm entgegen hüpften, Da frug er sorglich: „Weib, wo sind die Kinder?" Spricht die Gemahlin: „Etwa in der Schule." Spricht Rabbi Meier: „Nein, da sind sie nicht, „Schon hab' ich dort sie unterwegs gesucht." Mit stummer Wehmuth reichte jetzt die Gattin Den Becher ihm. Er sprach den Segen, trank, Und frug noch einmal: „Weib, wo sind die Kinder?" Spricht die Gemahlin: „Etwa auf Besuch." Spricht Rabbi Meier: „Lange weilen sie, „Und dunkel bricht bereits die Nacht herein." Indessen wird die Abendkost gebracht. Der Rabbi aß, doch war's ihm nicht ganz heimlich. Sobald sie nun das Mahl gehalten hatten, Begann das edle Weib: „Erlaube mir, „Daß ich dich Etwas frage." — Liebevoll Erwiderte der Rabbi: „Frage mich!" Da hub sie an: „Es gab ein Freund mir jüngst „Ein Kleinod in Verwahrung, aber nun „Verlangt er's heim. Soll ich's zurück ihm geben?" Verwund'rungsvoll entgegnete der Rabbi: „Welch' eine Frag' ist deinem Mund entstoh'n? „O freilich müssen wir zurück erstatten, „Was uns vertraut aus Freundeshand ist worden, „Sobald der Eigner es zurück verlangt." Jetzt hub das edle Weib ein Licht vom Tische, Und sprach: „So folge mir; mich hat's gefreut, „Daß du mit mir die gleiche Meinung hegst." Mit diesem Wort ergreift sie seine Hand Und führt ihn zu der Kammer auf der Flur; Erstaunt und Böses ahnend, folgte Mei'r: „Was thust du," sprach er, „wie geheimnißvoll „Ist deine Rede? Was begab sich hier?" „Komm'!" fuhr sie zärtlich fort, „und sieh' es selbst, „Und denke deines Spruch's und fasse dich!" Nun trat sie hin zum Bette, wo die Leichen Der Knaben lagen, zog den Mantel weg, Und ließ auf sie den Schein der Lampe fallen.

9. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 40

1861 - Stuttgart : Hallberger
40 4. Der dritte naht mit Ueberfluß und füllet Küch' und Scheune, Bringt uns zum 'süßesten Genuß viel Aepfel, Nüß' und Weine. 5. Verdrießlich braust der vierte her, in Nacht und Graus gehüllet, Sieht Feld und Wald und Wiesen leer, die er mit Schnee erfüllet. 6. Nun sagt mir, wer die Brüder sind, die so einander jagen? Leicht räth sie wohl ein jedes Kind, d'rum brauch ich's nicht zu sagen. 43. Räthsel. Kennst du die Brücke ohne Bogen und ohne Joch, von Diamant, Die über breiter Ströme Wogen errichtet eines Greises Hand? Er baut sie auf in wenig Tagen, geräuschlos, du bemerkst es kaum; Doch kann sie schwere Lasten tragen und hat für hundert Wagen Raum. Doch, kaum entfernt der Greis sich wieder, so hüpft ein Knabe froh daher ; Der reißt die Brücke eilig nieder; du siehst auch ihre Spur nicht mehr. 44. Buchstabenräihsel. (Logogryph.) Mit M umschließt es manchen Garten; mit D trotzt es der Zeiten Lauf; Mit B muß es des Feldes warten; mit L steh'« Jäger oft darauf. 45. Sylbenräthsel. (Charade.) Drei Sylben. Die beiden ersten sind des Lenzes Kinder, Des Sommers Schmuck, des Herbstes Zier. Die letzte Silbe nennt mit Flügeln uns ein Thier, Das niemals fliegt, allein geschwinder Als oft der schnellste Renner springt. Ein Vogel ist's, der öfters wild Mit Steinen seinen Magen füllt Und ohne 'Nachtheil glüknde Kohlen schlingt. Das ganze kostet vienig Geld Und dient zum Schmuck, wem es gefallt. Die Jahreszeiten. 46. Oer Frühling. Nach den rauhen Stürmen des Winters weht endlich wieder eine mildere Lust. Die Tage werden länger; der Schnee schmilzt; die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne wecken die schlummern- den Kräfte der Natur zu neuem Leben und zu erneuter Thätigkeit.

10. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 195

1861 - Stuttgart : Hallberger
195 man in derselben Richtung heftiges Hundegebell und darauf einen Schuß, dem sogleich ein lautes Geschrei folgte. Ein Korporal mit Mannschaft eilte unverzüglich dahin. Bald kamen sie auf dem Hü- gel an, wo der Posten ausgestellt war, aber er war nirgends zu sehen. „Ich sehe etwas Weißes," rief der Korporal, „das ist ein Beduine!" Sogleich feuerte er sein Gewehr darauf ab, und ein Araber wälzte sich, von der Kugel getroffen, am Boden. Man suchte Bachard und fand bald seinen Leichnam ohne Kopf am Ab- hange des Hügels liegen. Während die Soldaten diesen voll Ent- setzen betrachteten, erregte ein furchtbares Bellen am Fuße des Hü- gels ihre Aufmerksamkeit. Sie sahen Azor, den Hund Bachards, der sich wüthend auf ciuen Araber stürzte, der ihrer Aufmerksamkeit entgangen war. Der Araber wehrte sich mit seinem Schwerte gegen den Hmh und hatte ihm bereits mehrere Wunden beigebracht; allein dieser schien sich wenig um Schmerz und Tod zu bekümnlern und erneute muthig seine Angriffe. Mit einem verzweifelten Satz packte er den Araber an der Kehle und warf ihn zu Boden. Jetzt mischte sich das Schmerzensgeschrei des Mannes mit dem wüthenden Heulen des Hundes. Man sah Beide übereinander rollen; bald war der Araber wieder oben und zerfleischte mit seiner Waffe seinen Gegner; bald war der Hund Sieger und sein Stöhnen ward unterbrochen, indem er sich-bemühte, das Gesicht und die Kehle des Beduinen zu zerreißen. Die Soldaten wollten dem Kampf ein Ende machen und den Araber todten; schon waren die Hähne gespannt, und.sie schlu- gen auf die hartnäckig Kämpfenden an, als der Korporal ausrief: „Halt, es ist Azor, ihr könntet ihn todten; mit dem Bajonette, Ka- meraden, .und Tod dem Beduinen!" Trotz ihrem schnellen Laufe fandett sie, als sie hinkamen, den Araber ausgestreckt und ohne Leben. Azor, obgleich furchtbar verwundet, zerrte beständig an einem Zipfel des sorgfältig zusammengeknüpften Burnus des Arabers; er zerriß ihn endlich, und der Kops Bachards, seines Herrn, rollte daraus hervor. Azor, vom Blutverlust erschöpft, sank an der Seite seines über- wundenen Gegners nieder. Ein junger Militärarzt, der sich bei der Mannschaft befand, untersuchte seine Wunden; er fand sie nicht tödt- lich,' aber die Pfote, die ganz zerquetscht war, mußte abgelöst wer- den. Bachard wurde an dem Orte, wo er gefallen war, begraben. Bald war er vergessen, und viele Truppen hatten indessen ihren Aufenthalt in Algier gewechselt, nur Azor war von der Stadt nicht wegzubringen. Jeden Abend, kurz vor 10 Uhr, gieng er aus und legte sich auf das Grab seines ermordeten Herrn vor dem entfern- testen Vorposten nieder. Um Mitternacht schlich er sich niederge- schlagen auf seinen drei Pfoten nach Hause. Die Schildwachen kannten ihn wohl; sie nannten ihn Azor, den Invaliden, und alle präsentirten vor ihm das Gewehr.
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