22
Deutschland,
gelangt zur Ausfuhr. Der Flachsbau vermag dagegen den Bedarf
bei weitem nicht zu decken. Tabakbau wird hauptsächlich im süd-
westlichen Dentschland, Hopfenbau iu Bayern betrieben.
Gebiete mit starkein Weizenbau sind Elsaß-Lothringen, Bayern, Braun-
schweig und die preußischen Provinzen Sachsen, Schlesien, Hannover und Rheinland.
Der Zuckerrübenbau hat seinen Hauptsitz in den preußischen Provinzen Sachsen,
Schlesien, Hannover und Posen, ferner in Braunschweig, Anhalt und Mecklenburg.
Mit Tabak waren i. I. 1907 15 500 ha bepflanzt, von dem 29000 t getrocknete
Tabakblätter geerntet wurden. Haupt sitze des Tabakbaues sind die bayerische
Rheinpfalz, Baden, Elsaß-Lothringen (vergl. Zeichn. 10) und in Preußen der nörd-
liche Teil der Rheinprovinz und der nordöstliche Teil der Provinz Brandenburg
(die Uckermarks Dem Hopfenbau dienten i. I. 1907 38003 ha mit einem Er-
trage von 24000 t. Gegenden mit bedeutendem Hopfenbau sind die Gegend
von Freising und das Gebiet der Rezat und der Reguitz in Bavern, das Neckar
land, das nördliche Elsaß, das nördliche Baden (vergl. Zeichn. 10) und die Gegend
von Grätz in der preußischen Provinz Posen.
Der Gartenbau. Der Obst- und Gemüsebau wird iu deu
warmen Tälern Süd- und Mitteldeutschlands stärker als in Nord-
deutschend betrieben; doch haben große Städte diese Zweige der Land-
Wirtschaft überall hervorgerufen, namentlich aber Berlin und Hamburg.
Obschou Deutschland 170 Mill. Obstbäume hat, muß es noch viel
Obst einführen. Der Weinbau (Bilderanh. 2) ist fast ganz auf
das südwestliche Deutschland beschränkt, wo das ozeanische Klima milde
Winter hervorruft, so daß die Rebe wenig durch Frost leidet. Auch
Weiu wird noch viel eingeführt.
An Obstbäumen wurden i. I. 1900 über 50 Mill. Apfelbäume, 25 Mill.
Viru-, 70 Mill. Pflaumen- und über 20 Mill. Kirschbäume gezählt. Wichtige
Gegendeu des Obstbaues siud in Deutschland Elsaß, die tiefgelegenen Gebiete
Badens, das Neckarland, das Maintal, der südliche Abhang des Tannus, die Täler
des Rheinischen Schiefergebirges, das Vorgebirge bei Eöln und Bonn, sowie einzelne
Gegenden der Cölner Bucht, das Werratal, die Talmuldeu Thüringens, das Saale
tal, der Elbtalkessel, die Täler der Tndeten, das Trebnitzer Hügelland, das Weichseltal,
die Oderniederung bei Stettin, die Gegenden von Gubeu und Züllichan, das Ufer-
gelände der Havelseen, besonders bei Werder, das Altland bei Hamburg und das
östliche Hügelland Schleswig-Holsteius. Hauptsitze des Gemüsebau-es sind
die Gegend von Mainz, das Borgebirge bei Eöln und Bonn, der Bamberger Tal-
kessel, die Talmulden Thüringens, das Saaletal, der Elbtalkessel, die Talmulde von
Leipzig, die Magdeburger Börde, die 'Niederung nördlich und östlich vom Harz, die
Gegend von Liegnitz, die Gegend von Elbing, die Tilsiter Niederung, der Spree-
wald, die Gegend von Guben, die Umgebung Berlins, die Vierlande bei Hamburg,
die Wesermarschen und die Umgegend von Lübeck. Mit Weinreben waren i. I.
1908 fast 120000 ha bepflanzt, und der gcerntete Weinmost hatte einen Wert von
über 125 Mill. Mk. Von der mit Reben bepflanzten Fläche entfielen auf Elsaß-
Lothringen 30000 ha, auf Bayern 22 000, auf Preußen fast 18000, auf Baden
17 000, auf Württemberg 16000 und auf Hessen 13000 ha (vergl. Zeichn. 10). Die
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nur durch den Zellerbach von Clausthal getrennt, und Andr e a s-
borg, gleichfalls Bergstädte.
§. 25. Die kleineren Staate des germanischen
Tieflandes.
I. Das Herzogthum Holstein mit Lauenburg s. oben
8- 11.
Ii. Die Großherzogthümer Mecklenburg, zwischen Holl-
stein, Hannover, Preußen und der Ostsee gelegen, mit meist luther.
Bewohnern. Fabrikfleiß nicht bedeutend, dagegen blühender Ackerbau
und Viehzucht (treffliche Pferde). Constitut. Vers.
1. Mecklenburg-Schwerin, 225 Q.-M. mit '/2 Will. E.
— Schwerin, 20000 E., Hptst.- u. Resid. Ludwigslust, 6000
E., zweite Residenz. Wismar, an einem Ostseebnsen, 12000 E.,
zweite Haudelsst. Rostock, 23000 E., Universität, größte Stadt
des Landes. Hafen Warnemünde an der Ostsee. Dobber an,
Seebad.
2. Mecklenburg-Strelitz, zwei getrennte Gebiete (Herzog-
thum Strelitz im S.o. und Fürstenthnm Ratzeburg int N.w. von
Mecklenburg-Schwerin), 48 Q.-M. mit beinahe 100000 E.— Neu-
Strelitz, am Zirkersee, 7000 E., Hpt.- u. Nesidst. Ne »-Bran-
den bürg, ebenfalls an einem See.
1h. Die anhaltischeu Herzogthümer, größtcntheils von
Preußisch-Sachsen eingeschlossen, an der Elbe, Mulde und Saale
liegend; ein abgesondertes Stück ans dem Vordcr-Harz. Die Be-
wohner meist protestantisch. Hauptnahrungsquelle ist Ackerbau und
Viehzucht, in einem Tbeile von Anhalt-Bernburg Bergbau.
1. Anhalt-Des sän-Köthen, 28 Q.-M. mit >10000 E.,
umfaßt die früher (vor 1853) getrennt gewesenen Herzogthümer A.-
Dessau und A.-Köthen. — Dessau, an der Mulde, 12000 E.,
Hptst. N. Resid. Wörlitz, 2 M. östl. mit schönem Park. Zerbst,
10000 E. Köthen, 7000 E., Eisenbahnstern (nach Dessau, Hatte,
Bernburg, Magdeburg).
2. An Halt-Bern bürg, 14 Q.-M. mit 60000 E. — De r n-
burg, an der Saale, 70li0 E. Ballenstädt, Resid. am Nord-
fuß des Uuterharzes. Im nahen Sclkethale das Eisenwerk
unterm Mägdesprung und das Alexis bad.
Iv. Das Großherzogthnm Oldenburg, 115 Q.-M. mit
ungefähr 300000 E. Das Hauptland liegt links an der Weser,
von der Nordsee und Hannover umgränzt, in welches es buseuartig
von N. nach S. eindringt (Sümpfe, Torf, Haiden, Marschland,
Vieh-, besonders Pferdezucht). Vor Kurzem ist ein kleiner Gebiets-
theil am Iahdebusen an Preußen Behufs Anlage eines Kriegs-
hafens abgetreten worden. — Neben dem Hauptlande begreift Olden-
burg noch das Fürstenthum Lübeck in Holstein und das Für-
stenth. Birkenfeld an der Nahe. Die Bewohner meist lutherisch.
Nahrungszweige wie in Hannover. Beschränkt-monarchische Staats-
form.
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§ 69__Die Niederlande. 70
Die 5 Herzogtümer Deutschlands.
(Sie liegen alle in Norddeutschland.)
§ 69 1. Außerhalb Thüringens liegen 2 Herzogtümer: Braunschweig (3 größere
Stücke; Hauptstadt Braunschweig, ch = 150000einw.) und Anhalt (Hauptstück
an der Elbe; Hauptstadt Dessau an der Mulde, D = 50000 Einw.).
2. Innerhalb Thüringens liegen drei: Sachsen - Meiningen, Sachsen - Altenburg
und Sachsen - Coburg - Gotha. In ihren Namen sind zugleich auch ihre Hauptstädte gewinnt.
Die 7 Fürstentümer Deutschlands.
(Sie liegen alle in Norddeutschlaud.)
1. Außerhalb Thüringens liegen drei, und zwar alle drei an der Ostgrenze Westfalens:
Waldeck, Lippe und Schaumburg - Lippe.
2. Innerhalb Thüringens liegen vier: zwei Schwarzburg (Sondershausen und Rudol-
stadt) und zwei Reuß (ältere und jüngere Linie).
Die 3 Freien Reichsstädte Deutschlands.
Hamburg, Lübeck, Bremen. Wo liegen sie? Was hast du über sie er-
sahreu?
Das Königreich der Niederlande.
§ 70 Vorbemerkung. Wir sehen auf der Karte, daß die große norddeutsche Tiefebene sich west-
wärts durch das Königreich der Niederlande und^as nördliche Belgien bis ans Meer fort-
setzt. Und wie im reichs deutschen Teil der Tiefebene, so wohnen auch in den Niederlanden und
in Nordbelgien niederdeutsche Volksstämme. Beide Staaten haben auch jahrhundertelang
zum alten deutschen Reich gehört. In der Hauptsache gingen sie durch den Dreißigjährigen Krieg
für Deutschland verloren.
Wovon wird das Königreich umgrenzt? Die Niederlande sind reichlich so
groß wie die Provinz Pommern, haben aber über 3 mal soviel Einwohner wie
diese dünnbevölkerte Provinz.
1. Ter Boden und das Volk. Der nördliche Teil gleicht der benachbarten
Provinz Hannover; er hat wie diese an der Küste einen fetten Marschsaum und
im Binnenlande große Moore und Sandflächen. Der Süden gehört zum Fluß-
gebiet des Rheins, der sich hier in mehrere Arme teilt. Die beiden Hauptarme
heißen Waat und Lek. (Welcher ist der südlichere?) Mit dem Waal vereinigt sich
die Maas. (Welche Länder durchfließt diese?) Den Namen Rhein (Alter Rhein)
führt nur ein schwacher Arm weiter (siehe §15). — Auch die Scheldemün-
düngen mit ihren Inseln gehören den Niederlanden an.
Die Hälfte des niederländischen Bodens ist See- und Flußmarsch,
und die Hälfte dieses Marschlandes liegt tiefer als der Meeresspiegel
und auch tiefer als die Flüsse. (Wie ist es zu erklären, daß Flüsse höher liegen
als das umgebende Land?) Wenn nicht zahllose Deiche das Land schützten,
so würde ein Viertel des ganzen Landes unter Wasser stehen. Ein
Achtel ihres Reiches, nämlich 4000 qkm Marschland (= Sachsen-Weimar)
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292 Allgemeine Erdkunde.
Andorra und Goust in den Pyrenäen und die schweizerische Eid-
genossenschaft.
Europa hat beinahe an 100 selbstständige Staaten, davon sind
drei Kaisertümer: Oesterreich, Rußland (Czaar), Türkei
(Sultan); — sieb enzehn Königreiche: Frankreich, Spanien,
Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen, beide Sicillen,
Portugal, (Polen), Preußen, Sardinien, Baiern, Würtemberg,
Sachsen, Nordniederland, Hannover, Belgien, Griechenland. Un-
gern, Böhmen, Galizien, Dalmatien, Polen, Lombardien, Jllyrien,
Ireland, Schottland sind nicht durchaus selbstständig, sondern mit
anderen unter einem Regenten vereinigt;— eine g eistli che Wahl-
monarchie, der Kirchenstaat; — acht Großherzogthümer:
Toscana, Baden, Hessen-Darmstadt, (Luxemburg), Sachsen-Weimar,
Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg; — ein
Kurfürstenthum: Hessen-Kassel; — dreizehn Herzogtü-
mer: Braunschweig, Nassau, Sachsen-Koburg - Gotha, Sachsen-
Meiningen-Hildburghausen, Sachsen-Altenburg, Anhalt-Dessau, An-
Halt-Bernburg, Anhalt-Köthen, (Holstein,Lauenburg), Modena, Lucca,
Parma; — zwölf Fürstenrhümer: Schwarzburg-Rudolstadt,
Schwarzburg-Sondershausen, Hohenzollern-Hechingen, Hobenzollern-
Sigmaringen, Waldeck, Reuß ältere und Reuß jüngere Linie, Lippe-
Detmold, Schaumburg-Lippe, Liechtenstein, Monaco und Neufcharel,
das zugleich einen Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft bil-
det; — eine Landgrafschaft: Hessen-Homburg; — eine
souveraine Herrschaft: Kniphausen. — Sodann die obenge-
nannten zehn Freistaaten.
I. West-Europa.
Königreich Portugal.
Lage 8^° bis etwa 12° östlicher Länge und 36° 55' nörd-
licher Breite. Gränzen. — Ausdehnung: von Melgasso
am Minho bis Faro in Algarve, 78 M., von Eampo Mayor in
Alentejo bis zum Kap la Roca etwa 32 Meilen. Etwa 1700
ülmeilen Flächeninhalt. — Hauptgebirge: die Serra
d'estrella. — Ströme: Minho, Lima, Douro, Tejo und Gua-
diana. — Der Boden ist in allen Thälern ungemein fruchtbar,
im Gebirge rauh; das Klima mild und angenehm, weil das
, Land zwischen dem Ocean und den Gebirgen liegt. Hauptpro-
dukte sind Wein, Südfrüchte, besonders Oliven, Korkholz, Seide
und Wolle; Getreide wird vom Auslande zugeführt. Die Bewoh-
ner, etwa 3,440,000, sind ein Mangvolk; im Umgänge mit Frem-
den gefällig und zuvorkommend, gastfrei, zum Theil aber sehr aber-
gläubisch und unglaublich faul, daher der Ackerbau sehr darnieder-
liegt; auch mit Manufakrurwaaren wird Portugal großentheils vom
Auslande versehen. Hauptbeschäftigungen sind Schifffahrt
und Handel. Für den Unterricht wird erst seit etwa einem
Jahre besser gesorgt als früher, wo er ganz in den Händen der
Geistlichkeit war, woher denn auch die große Unwissenheit der Mas-
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Extrahierte Personennamen: Maas
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Belgiens Deutschland England Niederlande Belgien Belgien Belgien Deutschland Belgien Belgien Frankreich Deutschland Luxemburg Luxemburg Niederlande Holland Europa Pommern Pommern Pommern Amsterdam Rotterdam Rhein Schleswig-Holstein
Deutschland.
27
4. Das Stufenland der Mosel, Lothringen.
Umgrenzung. Die Lothringische Hochfläche breitet sich zwischen dem
Wasgenwald und der Haardt im Osten, den waldreichen Argonnen im Westen
und den Ardennen im Norden aus. Der nördliche Teil davon gehört zum
Deutschen Reiche.
Tal und Höhen. Das Moseltal, das wichtigste des Landes, ist
tief in die Tafelfläche eingesenkt Metz 170 m), hat ein mildes Klima und
erzeugt Gemüse, Wein und Obst. Es bildet das Seitenstück zum Neckar- und
Maintale.
Auf der Hochfläche ist das Klima rauher und auch der Boden teil-
weise weniger ertragfähig. Hier wird vorwiegend Ackerbau und Pferdezucht
getrieben.
Bevölkerung. Die Bevölkerung Lothringens ist vorwiegend deutsch und zwar
fränkischer Abstammung, doch sitzen nahe der französischen Grenze etwa 170000
Franzosen, in Elsaß Lothringen zusammen etwa 200000. Die Sprachgrenze zieht
von der Quelle der Saar nach Dudenhofen. Lothringen bildet im Verein mit
Elsaß die deutsche Westmark.
Siedelungen. Hier liegt die starke Festung Metz (70000 Einw.) mit
zahlreicher Besatzung; moselabwärts die Festung Diedenhofen. In der Um-
gebung von Metz fanden in den Augusttagen des Jahres 1870 die blutigen
Schlachten bei Courcelles, Vionville und Mars la Tour, Grave-
lotte und St. Privat statt.
Geschichtliches. Seit 1871 ist Elsaß und Lothringen wieder mit dem
Reiche vereinigt, nachdem es 200 Jahre lang unter französischer Herrschaft ge-
standen. Beide Gebiete bilden zusammen das Reichsland Elsaß-Lothringen, d. h.
sie haben keinen eigenen Fürsten, sondern werden durch einen kaiserlichen Statt-
Halter verwaltet.
Die Oberrheinische Tiefebene und ihre beiden Seitenflügel:
das Schwäbisch-Fränkische Stufenland und das Stufen-
land der Mosel nennt man zusammen auch das „Süd-
westdeutsche Landbecken". Dieses ist der gesegnetste Teil
von ganz Deutschland.
Politische Übersicht der süddeutschen Staaten.
1. Das Königreich Bayern. 76000 qkm, fast 7 Mill. Einw.
Bayern besteht aus 2, der Größe nach sehr verschiedenen Teilen: 1. dem rechts-
rheinischen Bayern zu beiden Seiten der oberen Donau und des Mains und
2. dem linksrheinischen Bayern, der Pfalz, vom Rhein bis zur Saar und Nahe
reichend.
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Extrahierte Personennamen: Metz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Lothringen Wasgenwald Maintale Lothringens Elsaß_Lothringen Lothringen Westmark Lothringen Elsaß-Lothringen Deutschland Donau Mains Rhein
52 Amberg und Würzburg 1796.
sie die Tücher von Kopf und Brust, die Männer warfen sie zu Boden und leerten ihnen die Taschen aus. Wo die Raubgier ungesättigt blieb, da folgten die empörendsten Mißhandlungen der wehrlosen Bürger und Bauern; kein Weib war sicher vor ihrer viehischen Sinnlichkeit. Mit dem Heiligen trieben sie ihren frevelhaften Spott. Sie zerstörten und besudelten die Altäre, sie traten die geweihten Hostien mit Füßen und warfen sie sogar den Hunden vor. Schlimmer noch als die Truppen Moreaus hausten die von Jourdaus zuchtloser Armee. Wenn man die Plünderer um Gotteswillen um Schonung bat, schrieen sie: „Was Gott, wir selbst sind Gottl" Sie pflegten des Nachts um einen mit entzündetem Branntwein gefüllten Napf zu tanzen, dessen blaue Flamme sie ihr „höchstes Wesen" nannten.
Jonrdan war wieder bei Neuwied über den Rhein gegangen und bis nach Franken vorgedrungen. Er sollte dem im Süden vorrückenden Moreau die Seite decken und später sich mit ihm vereinigen. Schon hatte er die Oberpfalz erreicht; da ging plötzlich Erzherzog Karl mit dem Kern seiner Truppen bei Ingolstadt über die Donau, indem er Latour mit einem kleinen Corps am Lech dem Heere Moreaus gegenüber ließ, und überfiel Jourdau bei Amberg (24. August). Jonrdan wurde völlig geschlagen und erlitt auf seinem Rückzüge eine zweite Niederlage bei Würzburg (3. September). Jetzt löste sich sein Heer in wilde Flucht auf und eilte nach dem Rhein zurück. Die Bauern der Gegenden, durch welche die Flüchtlinge kamen, namentlich in der Rhön und im Spessart, nahmen jetzt Rache für die früheren Mißhandlungen. Sie rotteten sich zusammen, bewaffnet mit Sensen, Heugabeln und Dreschflegeln, auch mit Flinten, und nahmen Transporte von Wagen, Pferden, Waffen und Munition weg und schlugen tot, was vor sie kam. Die Einbuße der Franzosen an Leuten und Waffen durch diesen kleinen Bauernkrieg kam dem Verluste einer Schlacht gleich. Jourdan, der mit dem Direktorium zerfallen war, legte sein Kommando nieder.
Nach dem Rückzüge Jonrdans mußte auch Moreau, dessen
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Extrahierte Personennamen: Gott Jonrdan Karl Karl August Jonrdan Jourdan
— 19 —
König von Hannover bei Langensalza eingeschlossen, sein Heer entwaffnet, er selbst nach Österreich entlassen. Der König von Sachsen entkam mit seinem Heere nach Böhmen. Hier standen die Österreicher unter Bene de k. Nach dem Schlachtenplane des klugen, aber schweigsamen Feldherrn Moltke brachen die Preußen mit drei Heeren in Böhmen ein. Die schlesische Armee führte der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich, die mittlere sein Vetter Friedrich Karl und die Elbarmee Herwarth von Bittenfeld. Mit dem Wahlspruche: „Lasset eure Herzen zu Gott und eure Fäuste aus den Feind schlagen!" rückten die Preußen mit „affenartiger Geschwindigkeit" vor und erzwangen durch viele Siege vom 27. bis 30. Juni den Eingang in Böhmen.
Am 3. Juli 1866 kam es zu der entscheidenden Schlacht bei Königgrätz an der Elbe. Die Österreicher hatten sich auf Hügeln festgesetzt und gut verschanzt. Die Preußen wurden von dem Könige selbst angeführt. Sie kämpften mit großer Tapferkeit, kamen aber bis Mittag nicht recht vorwärts. Der König hielt mitten im Feuer der Kanonen, und mehrere Granaten platzten in seiner Nähe. Wer ihn so auf seinem Schimmel sah, der mußte denken: „So sieht ein König aus, der siegen will!" Sein Minister Bismarck wollte ihn von der gefährlichen Stelle wegführen, der König aber sprach: „Ich kann doch nicht davonreiten, wenn meine brave Armee im Feuer steht!" Er aß den ganzen Tag nichts und erbat sich endlich von einem Soldaten ein Stück Schwarzbrot.
In der Nacht waren Eilboten zu dem Kronprinzen geritten, um ihn herbei zu rufen. Er brach früh auf und ließ rafch marschieren, aber die Wege waren weit und vom Regen schlecht. Erst gegen Mittag langte er an und griff sogleich tapfer in das Gefecht ein. Es gelang ihm, eine wichtige Stellung mitten zwischen den Feinden einzunehmen. Von allen Seiten drangen jetzt die Preußen siegreich vor. Da sah Benedek, daß die Schlacht verloren war. In wilder Flucht suchten die Österreicher ihr Heil. Über 40000 Tote, Verwundete und Gefangene verloren sie in der einen Schlacht; aber auch den Preußen hatte der Sieg 10000 Mann gekostet.
Der Widerstand Österreichs war gebrochen. Im Frieden zu Prag schied es aus dem Deutschen Bunde, trat Schleswig-Holstein an Preußen ab und bezahlte die Kriegskosten.
Seine Bundesgenossen, die süddeutschen Fürsten, waren auch in vielen Gefechten besiegt worden und erhielten einen billigen Frieden. Sie schlossen mit Preußen ein Bündnis zu Schutz und Trutz. Hannover, Kurhessen, Nassau und die freie Stadt Frankfurt a. M. wurden Preußen einverleibt, den entthronten Fürsten aber viele Millionen Entschädigung bewilligt. Alle deutschen Staaten nördlich vom Main vereinigte Preußen zum Norddeutschen Bunde. Der siebentägige Krieg hatte Preußen in der ganzen Welt berühmt gemacht. Wie weise hatten der König und seine Räte alles vorbereitet und ausgeführt!
2*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Friedrich Friedrich_Karl Friedrich Karl Herwarth_von_Bittenfeld Bismarck Benedek
Extrahierte Ortsnamen: Hannover Langensalza Sachsen Schleswig-Holstein Kurhessen Nassau Frankfurt_a._M. Main Norddeutschen_Bunde
17. Der deutsche Landbau und die deutsche Viehwirtschaft. 81
Gestüte sind die zu Trakehnen in Ostpreußen, Graditz in der
Provinz Sachsen und Celle in Hannover. Außer dem Edelpferd
züchtet man auch Arbeitspferde, hauptsächlich in Gebieten, wo
die Industrie oder die intensiv betriebene Ackerkultur _ schwere,
kräftige Pferde gebraucht. So wird im Westen des Reichs das
rheimsch-belgische, im Norden das Schleswiger Pferd gezüchtet.
In Süddeutschland sind Oberbayern und Elsaß-Lothringen die
Pferdezuchtgebiete. Die Vermehrung der Anzahl der Pferde
hat wohl mit der Bevölkerungszunahme nicht gleichen Schritt
gehalten, immerhin ist sie beträchtlich, wenn man bedenkt, daß
Kraftfahrzeuge, Eisenbahn, elektrische Bahn das Pferd aus alten
Betätigungsgebieten verdrängt haben, und daß jetzt auch höhere
Einforderungen als früher an die Leistungsfähigkeit eines Pferdes
gestellt werden. Bedeutend ist die Einfuhr von Pferden, jährlich
gegen 120000 Stück zum Werte von nahezu 100 Mill. M.,
hauptsächlich aus Belgien, Dänemark, Rußland, Österreich-Ungarn
und Frankreich. Nur der zehnte Teil davon wird ausgeführt, vor
allem nach der Schweiz.
Die Rindviehhaltung (21 Millionen Rinder, darunter
11 Millionen Kühe) hat in den letzten Jahrzehnten eine bedeutende
Steigerung erfahren, nicht zum wenigsten mit gefördert durch
landwirtschaftliche Ausstellungen und Zuchtgenossenschaften. Die
feinsten und teuersten Lebensmittel, wie Fleisch, Butter und
Milch, liefert uns das Rind; kein Wunder, daß man seiner Zucht
in den weitesten Kreisen große Aufmerksamkeit entgegenbringt.
In Norddeutschland ist, abgesehen von den fetten Marschboden-
gebenden, die Zucht geringer als in Mittel- und Süddeutschland;
in Bayern und Württemberg ist sie geradezu die Grundlage der
Landwirtschaft. Eine ansehnliche Rinderzucht haben von nörd-
lichem Gebieten Schleswig-Holstein, Oldenburg, Friesland,
Rheinland, Hessen-Nassau, Sachsen (Vogtland), Sachsen-Altenburg
und die beiden Reuß. Gegen 200000 Rinder für rund 80 Mill. M.
werden jährlich eingeführt, hauptsächlich aus Osterreich-Ungarn und
Dänemark. Die Ausfuhr, besonders nach der Schweiz, ist unbedeutend.
Den bedeutendsten Aufschwung hat in Deutschland die
Schweinehaltung (reichlich 22 Millionen Schweine) ge-
nommen; sie ist den andern Züchtereien, desgleichen dem
Bevölkerungszuwachs vorausgeeilt. Von großem Einfluß auf
unsere Züchtung ist das englische Yorkshireschwein geworden, das
zur Veredelung unsers Landschweins wesentlich beigetragen hat.
Am ^ stärksten ist die Schweinezucht in den sächsischen und
thüringischen Ländern und den nördlich davon gelegenen Klein-
staaten, ferner in Baden und Hessen. Von den preußischen Provinzen
sind Sachsen, Westfalen, Hannover, Hessen-Nassau, Rheinland,
Schleswig-Holstein und Pommern zu nennen. Trotz der großen
Zucht werden jährlich 90000 bis 130000 Stück im Werte von
16 bis 22 Mill. M. eingeführt, fast ausschließlich aus Rußland.
Die Ausfuhr ist nicht nennenswert.
Eckerr, Deutsche Kulturgeographie, 6
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: M.
Extrahierte Ortsnamen: Ostpreußen Provinz_Sachsen Celle Hannover Süddeutschland Oberbayern Elsaß-Lothringen Belgien Dänemark Frankreich Norddeutschland Oldenburg Friesland Rheinland Hessen-Nassau Sachsen Sachsen-Altenburg Osterreich-Ungarn Deutschland Baden Hessen Sachsen Westfalen Hannover Hessen-Nassau Rheinland Schleswig-Holstein Pommern