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Mörser aufgestellt, die innerhalb 24 Stunden mit Leichtigkeit 5000 Geschosse in die L>tadt schleudern konnten. Die Belagerung^-arbeiten waren so weit vorgeschritten, daß ein Sturm an der Nordseite der Festung mit Aussicht auf Erfolg unternommen werden konnte. Am 27. wurde die Stadt mit größter Heftigkeit
Fürst Bismarck.
beschossen. General Uhrich sah ein, daß die Festuug nicht länger zu halten war. Auf dem Münsterturme wurde abeuds 3/46 Uhr die weiße Flagge aufgezogen, und am 28. morgens 2 Uhr wurde in einer Baracke bei Königshofen die Übergabe unterzeichnet. Nach 189 Jahren der französischen Herrschaft war Straßburg wieder in deutschen Händen. Die Besatzung, 451 Offiziere und 17 000 Soldaten wurden kriegsgefangen. Am 30. September zog der siegreiche General in die Stadt ein.
Das Einschließungsheer vor Metz hatte einen harten Stand. Die eingeschlossene Armee war an Zahl stärker und machte viele Ausfälle, die jedoch mit gewohnter Tapferkeit zurückgewiesen wurden. Im Oktober trat anhaltender Regen ein, wodurch den braven Truppen der Dienst sehr erschwert wurde. Allein weder die feindlichen Angriffe, noch die Unbilden der Witterung, noch die mangelhafte Verpflegung vermochte sie in ihrer Ausdauer
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Ix. Derkull der Bistümer Metz, Lull und Verdun.
Infolge der Reformation kam es zwischen Katholiken und Protestanten zu einer Reihe blutiger Kriege. Der erste war im Jahre 1547 und wirb der schmalkalbische Krieg genannt. Kaiser Karl V. siegte und belehnte seinen Bundesgenossen, den protestantischen Herzog Moritz von Sachsen, zum Danke mit dem Kurfürstentum Sachsen. Bald bar auf trat aber Moritz auf die eeite der Protestanten und uerbünbete sich zur Verstärkung seiner Macht mit dem französischen Könige Heinrich Ii. Für die Hilfe, die bei König leisten sollte, würden ihm nach einem Vertrage die stabte Metz, Tull und Verbun überlasten.
' Tull und Verbun besetzte Heinrich Ii. sofort; baraus wanbten die Franzosen sich gegen Ranzig, setzten die Herzogin ab, die für ihren minberjährigen Sohn regierte, und ließen den jungen Herzog nach Paris bringen. Run sollte auch Metz an die Reihe kommen; aber hier ging die Eroberung nicht so leicht. Da gebrauchte der König List und Verrat. Die Einwohnerschaft war in zwei Parteien gespalten, die eine hielt zu Frankreich. Mit ihrer Hilfe brachte es der französische Felbherr Montmoreney bahin, daß ihm gestattet wnrbe, mit einem Fähnlein bnrch die Stadt zu ziehen und jenseits auf einer Wiese sein Lager aufzuschlagen. Kaum waren die Tore geöffnet, so brangen mehrere Tansenb Mann ein, die freilich nur eine Fahne bei sich hatten. Sie besetzten die Stadt, und das ganze französische Heer rückte nach. Die Mitglieber des Rates, die Wiberstanb leisteten, würden umgebracht. Da es boch noch Ilnzufriebene gab, stellte sich Montmoreney krank und lub die übrigen Ratsherren an fein Bett, weil er fein Testament machen wolle. Sobald sie versammelt waren, sprang er von seinem Lager und burchbohrte den Ältesten mit feinem Degen. Dann brang seine Leibwache durch Tür und Fenster und schlug die übrigen nieber. Damit war der Wiberstanb gebrochen. Einige Tage später kam der König selbst und verlangte den Eib der Treue. Wer nicht gehorchte, würde mißhanbelt. Trotz aller Drohungen wanbte sich ein Teil der Metzer Bürger an das Reichskammergericht nach Speier uyb führte Klage über das Geschehene. Die Verfasser und die Überbringer der Klageschrift würden in der Mosel ersäuft.
Auch Straßburg hoffte der König auf ähnliche Weise in feine Hänbe zu bekommen. Aber hier zeigte sich die Bürgerschaft klüger. Gleich beim Beginn des Krieges nahm der Rat 5000 Lanbsknechte in Solb, die unter den Oberbefehl des Kriegsobersten Klaus von Hattstatt gestellt würden; die Festungswerke würden in aller Eile ausgebessert, selbst alte Grabsteine mußten dazu bienen; um die Wette arbeiteten die Bürger an der Befestigung.
Mit gewaltiger Macht kam Heinrich Ii. nach Zabern und verlangte von den Straßburgern zunächst eine große Menge
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Moritz_von_Sachsen Moritz Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Ii Heinrich Montmoreney Montmoreney Klaus_von_Hattstatt Heinrich_Ii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Verdun Sachsen Paris Frankreich
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Wohnhaus und enthält gleichfalls einen sogenannten Pesel; gegen Osten und
Norden liegen Ställe und gegen Westen die Tenne. — Das ganze Gebäude hat
ein 40 Fuß und darüber hohes Dach, welches in Form einer vierseitigen Pyramide
oben spitz ausläuft und stets mit Stroh bedeckt ist. Nur die stärksten Hommerschen
Balken vermögen die Spannung der ungewöhnlichen Raumverhältnisse zu tragen.
Wegen der Kostbarkeit solcher Bauten ist man in neuerer Zeit mehrfach von dieser
Bauart abgewichen, sodaß die Zahl der alten ehrwürdigen Hauberge von Jahr
zu Jahr immer mehr abnimmt.
27. Die Vogelkojen auf Föhr und Silt (Seeland).
Die Jagd auf Enten und andere Wasservögel ist besonders merkwürdig und
ergiebig auf der Insel Föhr. Der Vogelfang ist für manche Familien auf dieser
Insel ein nicht unwichtiger Erwerbszweig und hat manches Eigene, das auf dem
festen Lande wenig bekannt ist. Er geschieht auf zweierlei Art, theils mit Schlag-
netzen, theils in Vogelkojen.
Die Beschaffenheit der Vogelkojen läßt sich nur unvollkommen und schwer
deutlich genug beschreiben. Zu einer Vogelkoje ist ein Stück Land von 15 bis 1600
Quadratruthen erforderlich. In der Mitte derselben ist ein großer Teich gegraben
von solcher Tiefe, daß er immer Wasser halten kann. An allen vier Seiten ist ein
ziemlich hoher Erdwall aufgeworfen, der aber an den Ecken des Teiches nicht zu-
sammenhängt; denn von jeder derselben geht ein langer, etwas gekrümmter Graben
aus, der die Pfeife genannt wird. Da wo derselbe mit dem Teiche zusammenhängt,
ist er 9 bis 10 Ellen breit und ziemlich tief, wird aber allmählich schmäler. An der
äußeren Seite dieses Grabens ist gleichfalls ein Erdwall aufgeworfen, der gegen
das Ende allmählich niedriger wird und auf dem ganz kurze Pfähle stehen. Gegen-,
über auf der andern Seite ver Pfeife, wo kein Wall ist, stehen lange Pfähle, deren
Ende mit jenen auf dem Walle horizontal ist. Auf diesen Pfählen wird über die
Pfeife ein Netz gespannt und vor das Ende derselben ein Hamen oder eine Reuse
befestigt. Dicht außen vor den langen Pfählen stehen Schirme oder Zäune von
Schilfrohr, schräge gegen den Graben gestellt, ungefähr wie Coulissen auf dem
Theater. Dann folgt ein langer Zaun in gerader Linie längs der Pfeife, welcher
alle Aussicht von dem Graben begrenzt, sodaß außerhalb dieses Zaunes ein Mensch
gehen kann, ohne von den Vögeln in der Pfeife gesehen zu werden. Solcher Pfeifen
sind vier, auch wohl sechs bei einer Koje, damit der Fänger allemal in einer solchen,
die abwärts vom Winde gelegen ist, fangen kann, weil sonst die Vögel von ihm
Witterung bekommen und davon fliegen würden. Die Wälle und der übrige Platz
an der Koje sind mit Schilfrohr, Bäumen und Sträuchern aller Art bewachsen,
so daß sie einem kleinen Walde oder einer Wildniß ähnlich sieht.
In der Koje ist immer eine Anzahl Vögel, welche das ganze Jahr hindurch
täglich zweimal in der Mündung der Pfeife gefüttert werden. In der einen Koje
auf Föhr sind manchmal jährlich über 50 Tonnen Gerste aufgefüttert worden. Es
werden auch einige hundert Vögel halb zahm gemacht. Man beschneidet ihnen die
Flügel, füttert sie an einem eingeschlossenen Ort in der Koje, bis ihnen die Federn
wieder wachsen und läßt sie dann in die weite Welt fliegen. Diese suchen das
folgende Jahr mit ihrer Brut und vielen andern die Koje wieder heim und ver-
größern den Fang.
Der Fang nimmt mit den ersten Tagen des August seinen Anfang und dauert
so lange, bis es so stark friert, daß das Wasser in der Koje mit Eis bedeckt ist. So-
bald dieses geschieht, verlieren sich die Vögel auf einmal. Im September und Ok-
tober ist die beste Fangzeit.
Beim Fange selbst verfährt man auf folgende Weise. Wenn sich wilde Vögel
in dem Teiche einfinden, so folgen diese den zahmen, wenn sie gefüttert werden,
bis in die Pfeife. Sobald der Fänger, den der Zaun vor den Vögeln verbirgt,
merkt, daß Vögel da sind, tritt er hinter dem Zaun hervor und zeigt sich denselben.
Diese wagen nicht mehr in den Teich zurück zu fliehen, weil er demselben näher
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74
deutscher Handwerksbursche in Amsterdam durch den Irrthum zur Wahr-
heit und zu ihrer Erkenntniß. Denn als er in diese große und reiche Han-
delsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger Menschen
gekommen war, fiel ihm sogleich ein großes und schönes Haus in die Augen,
wie er auf seiner ganzen Wanderschaft von Tuttlingen bis nach Amsterdam
noch keins erlebt hatte. Lange betrachtete er mit Verwunderung dieses
kostbare Gebäude, die Kamine auf dem Dache, die schönen Gesimse und die
hohen Fenster, größer als an des Vaters Haus daheim die Thür. Endlich
konnte er sich nicht enthalten, einen Vorübergehenden anzureden. „Guter
Freund," redete er ihn an, „könntihr mir nicht sagen, wie der Herr heißt,
dem dieses wunderschöne Haus gehört mit den Fenstern voll Tulipanen,
Sternenblumen und Levkoyen?" —Der Mann aber, der vermuthlich etwas
Wichtigeres zu thun hatte und zum Unglück gerade so viel von der deutschen
Sprache verstand, als der Fragende von der holländischen, nämlich nichts,
sagte kurz und schnauzig : „Kannitverstanund schnurrte vorüber. Dies
war ein holländisches Wort, oder drei, wenn man's recht betrachtet, und
heißt auf deutsch so viel als: „ich kann euch nicht verstehen." Aberder
gute Fremdling glaubte, es sei der Name des Mannes, nach dem er gefragt
hatte. „Das muß ein grundreicher Mann sein, der Herr Kannitverstan,"
dachte er, und ging weiteri Gass' aus Gass' ein kam er endlich an den
Meerbusen , der da heißt: Het Ey, oder aus deutsch: Das Ipsilon. Da
stand nun Schiff an Schiff und Mastbaum an Mastbaum, und er wußte
anfänglich nicht, wie er es mit seinen zwei einzigen Augen durchfechten werde,
alle diese Merkwürdigkeiten genug zu sehen und zu betrachten, bis endlich
ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit an sich zog, das vor kurzem aus
Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon standen
ganze Reihen von Kisten und Ballen auf- und nebeneinander am Lande.
Noch immer wurden mehrere herausgewälzt, und Fäffer voll Zuckerund Kaffee,
voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich
einen, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann
heiße, dem das Meer alle diese Waaren an das Land bringe? „Kannit-
verstan," war die Antwort. Da dachte er: „Haha, schaut's da heraus ?
Kein Wunder! Wem das Meer solche Reichthümer an das Land schwemmt,
der hat gut solche Häuser in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen vor
die Fenster in vergoldeten Scherben." Jetzt ging er wieder zurück und
stellte eine recht traurige Betrachtung bei sich selbst an, was er für ein armer
Mensch sei unter so viel reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben
dachte: „Wenn ich's doch nur auch einmal so gut bekäme, wie dieser Herr
Kannitverstan cs hat," kam er um eine Ecke und erblickte einen großen
Leichenzug. Vier schwarz vermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarz
überzogenen Leichenwagen langsam und traurig, als ob sie wüßten, daß sie
einen Todten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und
Bekannten des Verstorbenen folgte nach, Paar an Paar, verhüllt in schwarze
Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt
ergriff unsern Fremdling ein wehmüthiges Gefühl, das an keinem guten
#
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51
97. Die Witwe von Husum.
Es war im Winter, und das Eis stand. Da beschlossen die
Husumer, ein groszes Fest zu feiern; sie schlugen Zelte auf, und
alt und jung, die ganze Stadt, versammelte sich drauszen. Die
einen liefen Schlittschuhe, die andern fuhren im Schlitten, und in
den Zelten erscholl die Musik, und Tänzer und Tänzerinnen schwenk-
ten sich herum, und die Alten saszen an den Tischen und tranken
eins. So verging der ganze Tag, und der helle Mond stieg auf;
aber der Jubel schien nun erst recht anzufangen.
Nur ein altes Mütterchen war von allen Leuten in der Stadt
zurückgeblieben. Sie war krank und gebrechlich und konnte ihre
Füsze nicht mehr gebrauchen; aber da ihr Häuschen auf dem Deiche
stand, konnte sie von ihrem Bette aus auf’s Eis hinaussehen und
die Freude sich betrachten. Wie es nun gegen den Abend kam,
da gewahrte sie, indem sie so auf die See hinaussah, im Westen ein
kleines weiszes Wölkchen, das eben über dem fernen Horizont auf-
stieg. Gleich befiel sie eine unendliche Angst; sie war mit ihrem
Manne zur See gewesen und verstand sich recht auf Wind und
Wetter. Sie rechnete nach : „In einer kleinen Stunde wird die
Flut da sein, dann ein Sturm losbrechen, und alle sind verloren !"
Da rief und jammerte sie, so laut als sie konnte; aber niemand war
in ihrem Hause, und die Nachbarn waren alle auf dem Eise; nie-
mand hörte sie. Immer gröszer ward unterdessen die Wolke und
allmählich immer schwärzer, noch einige Minuten, und die Flut
muszte da sein, der Sturm losbrechen. Da rafft sie all ihr bischen
Kraft zusammen und kriecht auf Händen und Füszen aus dem Bette
zum Ofen; glücklich findet sie noch einen Brand, schleudert ihn
in s Stroh ihres Bettes und eilt, so schnell sie kann, hinaus, sich in
Sicherheit zu bringen. Das Häuschen stand nun augenblicklich in
hellen Flammen, und wie der Feuerschein vom Eise aus gesehen ward,
stürzte alles in wilder Hast dem Strande zu. Schon sprang der
Wind auf und fegte den Staub auf dem Eise vor ihnen her ; der
Himmel ward dunkel; das Eis fing an zu knarren und zu schwanken,
der Wind wuchs zum Sturm, und als die Letzten den Fusz auf’s
feste Land setzten, brach die Decke, und die Flut wogte an den
Strand. So rettete die arme Frau die ganze Stadt und gab ihr Hab
und Gut daran zu deren Heil und Rettung.
98. Wärterinuhr.
1. Der Mond, der scheint,
das Kindlein weint,
Die Glock’ schlägt z w ö 1 f.
Dasz Gott doch allen Kranken
2. Gott alles weisz.
Das Mäuslein beisz’.
Die Glock’ schlägt ein;
der Traum spielt auf dem Kissen
helft
dein.
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91
Quecken hatten den Acker ausgesogen ; und denselbigen Menschen
reuete es, so viel er Haare auf seinem Haupte hatte, dasz er an
ihnen Barmherzigkeit gethan.
Wer Ohren hat zu hören, der höre !
150. Drei Räthsel.
i
1. Von Perlen baut sich eine Brücke
hoch über einen grauen See;
sie baut sich auf im Augenblicke,
und schwindelnd steigt sie in die Höh'.
2. Der höchsten Schiffe höchste Masten
ziehn unter ihrem Bogen hin,
sie selber trug noch keine Lasten
und scheint, wie du ihr nabst, zu fliehn.
3. Sie wird erst mit dem Strom und schwindet,
so wie des Wassers Flut versiegt.
So sprich, wo sich die Brücke findet,
und wer sie künstlich hat gefügt?
t. Unter allen Schlangen ist eine,
auf Erden nicht gezeugt,
mit der an Schnelle keine,
an Wuth sich keine vergleicht.
2. Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
auf ihren Raub sich los,
vertilgt in einem Grimme
den Reiter und sein Roß.
Ii.
3. Sie liebt die höchsten Spitzen;
nicht Schloß, nicht Riegel kann
vor ihrem Anfall schützen;
der Harnisch — lockt sie an.
4. Sie bricht, wie dünne Halmen,
den stärksten Baum entzwei;
sie kann das Erz zermalmen,
wie dicht und fest es sei.
5. Und dieses Ungeheuer
hat zweimal nie gedroht —
es stirbt im eignen Feuer;
wie's tobtet, ist es todt!
Iii.
Ich wohn' in einem steinernen Haus,
da lieg' ich verborgen und schlafe;
doch ich trete hervor, ich eile heraus,
gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
mich kann dein Athem bezwingen,
ein Regentropfen schon saugt mich ein;
doch mir wachsen im Siege die Schwingen;
wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
erwachs' ich zum furchtbar'n Gebieter der Welt.
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136
202.
1. Wenn alles eben käme,
wie du gewollt es hast,
und Gott dir gar nichts nähme,
und gab’ dir keine Last:
wie wär’s da um dein Sterben,
du Menschenkind, bestellt?
Du müsztest fast verderben,
so lieb wär' dir die Welt.
Trost
2. Nun fällt, eins nach dem andern,
manch siiszes Band dir ab,
und heiter kannst du wandern
gen Himmel durch das Grab.
Dein Zagen ist gebrochen
und deine Seele hofft; —
dies ward schon oft gesprochen,
doch spricht man’s nie zu oft.
203. Der Hauptmann von Wismar.
Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, als die nord-
deutsche Hansa in ihrer Blüte stand, kam nach Wismar mitten im
Winter die Nachricht, dasz Stockholm in Schweden hart von
den Dänen belagert würde und die Bürger grossen Hunger litten,
und wenn sie nicht nächstens entsetzt würden, so müssten sie aus
Noth die Stadt übergeben. Um das zu verhindern, wurden in dem
Tief von Wismar acht grosse Schiffe ausgerüstet; diese wurden mit
Korn, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen und mit kühnen
Männern besetzt, den Holm zu befreien. Es war aber mitten im
Winter, da diese Schiffe ausliefen; sie hatten einen Hauptmann,
Namens Meister Hugo. Die Dänen hatten aber auch einen
Haufen Schiffe in See, um auf ihre Feinde Acht zu geben.
Da begab sich, dasz plötzlich ein so starker Frost eintrat, dasz
die Schiffe in der See einfroren und konnten nirgend hinkommen.
Als nun der Hauptmann von Wismar sah, dasz der Frost so heftig
überhand nahm, da sprach er zu den Schiffern und anderen Kriegs-
leuten also: „Liebe Gesellen, ihr sehet, dasz wir hier eingefroren
liegen, und dürfen uns nicht vermuthen, dasz so bald ein anderes
Wetter eintreten wird, und ihr wisst, dasz der Dänen Schiffe auch
in See sind. Darum weiss ich gewiss, wenn dieser Frost bleibt,
so werden sie uns anfallen, und sie haben den groszen Vortheil,
dasz sie aus ihrem Lande sich verstärken können, soviel sie wollen:
deshalb ist besser, wir sehen vor ihrer Ankunft zu. Wollt ihr nun
meinen Rath hören, so wollen wir unsere Schiffe so verwahren, dasz
wir sie vor den Dänen wohl behalten, wiewohl es Arbeit kosten
wird ; dennoch, weil es so kalt ist, ist es besser, dasz wir etwas zu
thun haben, als dasz wir zu Tode frieren. Sehet da", sprach er,
„an der dänischen Küste steht viel Holz, da wollen wir Leute hin-
senden, die sollen lange und grosse Bäume hauen und auf dem Eise
mit geringer Arbeit an die Schiffe schaffen; die wollen wir auf
beiden Seiten der Schiffe hinlegen und mit Wasser begieszen, wel-
ches bald zufrieren wird, und unseren Schiffen einen Wall und ein
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Bollwerk geben. Laszt dann die Dänen kommen, so wollen wir
sie erwarten."
Dieser Rath gefiel allen wohl. Sie holten die Bäume und
zogen sie zu den Schiffen und begossen sie mit Wasser, und es ward
so ein gläserner Wall. Diese Arbeit war kaum vollbracht, so ka-
men die Dänen in Haufen über’s Eis und vermeinten, die Schiffe zu
erobern; aber wiewohl der Dänen wohl vier waren auf einen Wis-
marschen, so muszten sie doch mit groszem Schaden davon ziehen
und die Schiffe bleiben lassen. Das verdrosz die Dänen über die
Maszen, und weil sie gesehen hatten, dasz sie vor dem Bollwerk
nicht an die Schiffe heran kommen könnten, wollten sie eine Kriegs-
maschine zurichten, die man eine Katze nennt, und liefen in das
Holz, wo die Wismarschen die Bäume gehauen hatten. Der Haupt-
mann von Wismar, Meister Hugo, erkannte bald ihre Anschläge und
liesz in der Nacht um die Schiffe einen breiten Streif auseisen und
die Eisschollen liesz er niederdrücken. Nicht lange darauf kamen
die Dänen mit ihrem Volke und bedachten nicht, dasz die Wismar-
schen geeist hätten, denn es war oben wieder zugefroren, und
kamen mit groszem Ungestüm und meinten jetzt die Schiffe zu ge-
winnen, denn es verdrosz sie, dasz sie vormals mit Schande zurück-
weichen muszten. Aber es ist ein altes Sprichwort: „Grosze Eile
giebt selten gute Weile." So’ ging es den Dänen diesmal auch,
denn sie fielen zu Haufen in das Wasser, und der eine drängte dem
anderen nach, so dasz mehrere den Tag ertranken. Zu diesem
Schaden muszten sie noch Spott dazu haben ; denn die auf den
Schiffen riefen: „Kiz ! Kiz!" So pflegt man zurufen, wenn man
die Katzen jagt.
So erhielten die Wismarschen ihre acht Schiffe durch List und
harte Arbeit, bis Gott ein andres Wetter gab, dasz das Eis verging;
da liefen sie nach Stockholm und entsetzten die Stadt.
204. Die Pfeife.
Benjamin Franklin erzählt: Als ich ein Knabe von sieben Jahren
war, füllten mir einst an einem Feiertage meine Verwandten die Taschen
mit Kupfermünzen. Ich wußte nun nichts eiliger zu thun, als damit nach
einem Kaufladen zu gehen, wo man Kindcrfpielzeug verkaufte. Schon auf
dem Wege dahin begegnete ich aber einem andern Knaben mit einer Pfeife,
deren Ton mir jo wohl gefiel, daß ich ihm freiwillig all' mein Geld dafür
bot. Vergnügt über meinen Handel eilte ich wieder nach Haufe und durch-
zog pfeifend das ganze Haus; denn mcim: Pfeife machte mir eben so viel
Freude, als ich damit die ganze Familie belästigte. Als meine Brüder,
Schwestern, Vettern und Basen von meinem Handel hörten, sagten sie mir,
daß ich viermal mehr für die Pfeife gegeben hätte, als sie werth sei. Dies
machte mich nun erst aufmerksam darauf, wie viele schöne Sachen ich für
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208. Der Schwanritter.
(Sage.)
Herzog Gottfried von Brabant war gestorben, ohne männliche Erben
zu hinterlassen; er hatte aber in einer Urkunde gestiftet, dasz sein Land
der Herzogin und seiner Tochter verbleiben sollte. Hieran kehrte sich
jedoch Gotttried’s Bruder, der mächtige Herzog von Sachsen, wenig, sondern
bemächtigte sich, aller Klagen der Witwe und Waise unerachtet, des
Landes, das nach deutschem Rechte auf keine Weiber erben könne.
Die Herzogin beschlosz daher, bei dem König zu klagen; und als
bald darauf Karl nach Niederland zog, kam sie mit ihrer Tochter dahin
und begehrte Recht. Dahin war auch der Sachsenherzog gekommen und
wollte der Klage zur Antwort stehen. Es ereignete sich aber, dasz der
König durch ein Fenster schaute; da erblickte er einen weiszen Schwan,
der schwamm den Rhein herauf und zog an einer silbernen Kette, die
hell glänzte, ein Schifflein nach sich; in dem Schiff aber ru’nete ein
schlafender Ritter, sein Schild war sein Hauptkissen, und neben ihm lagen
Helm und Panzer; der Schwan steuerte gleich einem geschickten See-
manne und brachte sein Schiff an das Gestade. Karl und der ganze Hof
verwunderten sich höchlich ob diesem seltsamen Ereignisz; jedermann
vergasz der Klagen der Frauen und lief hinab dem Ufer zu. Unterdessen
war der Ritter erwacht und stieg aus der Barke ; wohl und herrlich empfing
ihn der König, nahm ihn selbst zur Hand und führte ihn gegen die Burg.
Da sprach der junge Held zu dem Vogel: „Flieg deinen Weg wohl, lieber
Schwan ! wann ich dein wieder bedarf, will ich dir schon rufen.“ Sogleich
schwang sich der Schwan und fuhr mit dem Schifflein aus aller Augen
weg. Jedermann schaute den fremden Gast neugierig an ; Karl ging
wieder zu seinem Gericht und wies jenem eine Stelle unter den anderen
Fürsten an.
Die Herzogin von Brabant, in Gegenwart ihrer schönen Tochter, hub
nunmehr ausführlich zu klagen an, und hernach vertheidigte sich auch der
Herzog von Sachsen. Endlich erbot er sich zum Kampf für sein Recht,
und die Herzogin solle ihm einen Gegner stellen, das ihre zu bewähren.
Da erschrak sie heftig; denn er war ein auserwählter Held, an den sich
niemand wagen würde; vergebens liesz sie im ganzen Saale die Augen
umgehen, keiner war da, der sich ihr erhoben hätte. Ihre Tochter klagte
laut und weinte; da erhub sich der Ritter, den der Schwan in’s Land ge-
führt hatte, und gelobte, ihr Kämpfer zu sein. Hierauf wurde von beiden
Seiten zum Streit gerüstet, und nach einem langen und hartnäckigen Ge-
fecht war der Sieg endlich auf Seiten des Schwanritters. Der Herzog von
Sachsen verlor sein Leben, und der Herzogin Erbe wurde wieder frei und
ledig. Da neigten sie und die Tochter sich dem Helden, der sie erlöst
hatte, und er nahm die ihm angetragene Hand der Jungfrau mit dem Be-
ding an : dasz sie nie und zu keiner Zeit fragen solle, woher er gekommen,
und welches sein Geschlecht sei, denn auszerdem müsse sie ihn verlieren.
Der Herzog und die Herzogin bekamen zwei Kinder, die waren wohl
gerathen ; aber immer mehr fing es an, ihre Mutter zu drücken, dasz sie
gar nicht wuszte, wer ihr Vater war; und endlich that sie an ihn die ver-
botene Frage. Der Ritter erschrak herzlich und sprach: „Nun hast du
selbst unser Glück zerbrochen und mich am längsten gesehen.“ Die
Herzogin bereute es, aber zu spät; alle Leute fielen ihm zu Füszen und
baten ihn zu bleiben. Der Held waffnete sich, und der Schwan kam mit
demselben Schifflein geschwommen ; darauf kiiszte er beide Kinder, nahm
Abschied von seinem Gemahl und segnete das ganze Volk, dann trat er
in das Schiff, fuhr seine Strasze und kehrte nimmer wieder. Der Frau
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Brabant Karl Karl Karl Karl
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in Eimern und anderen Behältern Wasser herauf und benetzten unaufhörlich
das Verdeck von einem Ende bis zum anderen.
Zwei unerschrockene Kadetten wurden zur Pulverkammer beordert, um
genau nachzusehen, ob jede Vorsichtsmaßregel getroffen sei, diese zu schützen.
Zwei andere begleiteten den Proviantmeister hinab zu den Vorräthcn, mit
dem Aufträge, sobald cs nöthig sei, alle feuerfangende Gegenstände zu
entfernen und, wenn es sein müsse, sie über Bord zu werfen. Sie drangen
in die finsteren Räume ein; um sehen zu können, mußten sie die Thür auf-
lassen, und nun gewährte ihnen der Feuerschein hinlängliches Licht. Aber
an dem entgegengesetzten Ende der Kammer waren die Luftklappen geöffnet;
der Wind gewann einen freien Durchzug und flog zu dem Feuer herüber;
wild prasselte die Flamme auf und leckte die Balken des Verdecks.
„Ueber Bord mit dem Rum und Branntwein!" schrie der Proviant-
meister außer sich und rollte ein Faß vor sich her, um es vom Verdeck aus
über Bord zu rollen. Kräftige Hülfe war zur Hand; es wurde ein Tan
herabgelassen und das Faß gehißt; das Tau war aber zu schwach, konnte
die angehängte Last nicht tragen und riß. Das Faß stürzte herab und
platzte auseinander; glühende Brände fielen in das nach allen Seiten hin-
strömende Feuerwasser, und brennende Wellen brachen sich an den Seiteu-
borden des Zwischendecks.
Die Kunde des neuen Unglücks gelangte auf das Verdeck. Die
Offiziere wandten die erbleichenden Gesichter ab, der Kapitän aber schien
allgegenwärtig zu sein und munterte mit kräftigen, entschlossenen Worten
die Leute zu neuen Anstrengungen auf.
Längst waren die Segel festgemacht und das Schiff den Wellen über-
lassen; überdies hatte auch der schwächste Windhauch aufgehört, und die
Atmosphäre war unbeweglich. Der Mond schien klar und hell, und einzelne
Sterne blitzten freundlich auf die Unglücksstelle herab. Aber fern im Westen
änderte sich die Scene, und eine Wolkenmasse stieg aus der Tiefe des Meeres
heraus. Hätten die Leute noch auf irgend etwas Anderes achten können,
als auf die Flammen, die in dem Innern des Schiffes wütheten, so würden
sie gesehen haben, daß sich ein zweites Element zu ihrem Untergänge rüstete.
Zum Tode erschöpft, ließen die Matrosen die Arme hängen; die
Offiziere gingen von einem zum anderen, feuerten sie durch ermuthigende
Worte an und erquickten sie mit stärkendem Wein. Auf's neue begann die
Arbeit, die Verzweiflung verlieh ihnen übermenschliche Kräfte, und 'jeden
Augenblick dämmerte ihnen eine trügerische Hoffnung auf. Plötzlich aber
sprangen mit lautem Geprassel die Luken auseinander, die Flamme stieg
riesengroß empor, umarmte den Fockmast und ergriff die Takelage desselben,
von der untersten Webeleine bis zum Wimpel mit rasender Schnelle em-
porsteigend.
„Die Böte! Die Böte! Rettet die Böte!" lautete der allgemeine
Ruf, und alle ließen ab von den unnützen Löscharbeiten.
Kaum berührte das erste Boot den Wasserspiegel, und das zweite sollte
folgen, als die finsteren Wolken, die aus dem Abgrunde aufstiegen, den
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