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1. Deutsche Geschichte von 1519 bis 1871, Übersicht über die württembergische Geschichte - S. 31

1909 - Bamberg : Buchner
Karl V. 31 man schon an eine ausschlieliche protestantische Zukunft Deutschlands denken: als die Schmalkaldener sich entzweiten und durch ihre Uneinigkeit der protestantischen Sache einen bleibenden Schaden zufgren. Haupt-schuldiger ist hier gerade der bisherige Vorkmpfer der Reformation ge-Wesen, Philipp von Hessen, und er tat den unheilvollen Schritt des Aus-tritts aus dem Bunde zu einer Zeit, wo Karl V., von allen Seiten aufs uerste bedrngt \ von den geeinten protestantischen Fürsten htte abgesetzt, und die evangelische Einheit des Vaterlandes sr immer htte begrndet werden knnen. So aber, durch Zwietracht schwach, konnten sie dem groen Gegner ihrer Sache trotz seiner Bedrngnis nichts anhaben, ja dieser ge-wann sie sogar (1544) zu Bundesgenossen in seinem 4. Kriege gegen Franz I., indem er ihnen das Zugestndnis machte, da der bestehende Besitzstand der Evangelischen einstweilen bis zum Zusammentritt eines deutschen Nationalkonzils gewahrt, und die Richter stellen beim Reichskammergericht gleichmig (parittisch) mit Alt- und Neuglubigen besetzt werden sollten. Auf diese Weise vermochte der Kaiser ein Heer von 40000 Mann gegen Frankreich ins Feld zu stellen, mit dem er direkt auf Paris marschierte. Nun entschlo sich Franz I. rasch zum Frieden (1544). Zu Crespy (spr. Crehi) verzichtete er auf Savoyen und Piemont und verpflichtete sich in geheimer Zusage, im Interesse der Wiedervereinigung der Religion" jede Verbindung mit den Schmalkaldenern abzubrechen, den Papst zu einer nochmaligen Einberufung eines Konzils zu ntigen (erffnet zu Trient am 13. Dezember 1545) und den Sultan Soliman zu einem Waffenstillstand mit dem Kaiser zu bewegen (derselbe erfolgte gegen knftige Tributleistungen zu Adrianopel im Jahre 1545). Nunmehr hatte Karl V. gewonnenes Spiel. Nun war er im Westert und Osten seiner Gegner ledig, 1 Sultan Soliman war im Jahr 1541 vor Ofen gerckt und hatte Ungarn erobert. Zu gleicher Zeit hatten sich die Trken in Tunis festgesetzt, wohin Karlv. eine Expedition unternahm, die aber ergebnislos war, da ein Seesturm seine Flotte auseinanderwarf. Ebenso ungnstig verlief der Trkenfeldzug feines Bruders Ferdinand vom Jahr 1542: Kurfürst Joachim von Brandenburg befehligte dabei ohne viel Geschick das Reichsheer. Dasselbe war in zwei Monaten von 48 000 Mann auf 30 000 Mann zusammengeschmolzen und nicht dazu zu bringen, Ofen zu erstrmen. Nur aus Komorn, Gran und Pest verjagte es die Trken. Und nun (1542) schlug auch Franz I. wieder los (trotz des 1538 abgeschlossenen 10jhrigen Waffenstillstandes), verbndet mit der Trkei, Schweden, Dnemark, Schottland und Cleve. 1543 fiel Gran wieder in die Hnde Solimans, und eine trkisch-franzsische Flotte nahm Nizza weg, während in den Niederlanden franzsische, clevische und dnische Truppen siegreich vordrangen. Da er-schien Karl mit 40 000 Mann in Cleve und eroberte das Herzogtum binnen Monats-frist. Sodann wandte er sich gegen Franz I. Hiezn aber bedurfte er der Hilfe der protestantischen Reichsstnde. 297

2. Deutsche Geschichte von 1519 bis 1871, Übersicht über die württembergische Geschichte - S. 28

1909 - Bamberg : Buchner
28 Neue Geschichte. sog. Nrnberger Stillstand" sollten alle Stnde des Reichs bis zum Konzil Frieden miteinander halten, und keiner den andern wegen seines Glaubens anfechten. Nachdem so der Augsburger Reichstagsabschied vollstndig zurckgeilommen war, fanden sich die Neuglubigen zur Trken-Hilfe bereit, und im Wetteifer mit den Altglubigen vollzog man diese Rstungen mit einer Raschheit und Begeisterung, wie sie seit langer Zeit in Deutschland nicht mehr erlebt worden waren. In kurzer Zeit war ein Herr von mehr als 85 000 Mann auf den Beinen, das stattlichste, das Deutschland bis jetzt ins Feld gestellt hatte. Diese gewaltige Rstung hatte zur Folge, da Sultan Soliman, der mit 250 Oo Mann schon in Ungarn stand, alsbald den Rckzug antrat. Der Kaiser aber zog unmittel-bar von Ungarn aus nach Italien, wo er mit Clemens Vii. wegen des Konzils verhandeln wollte. Die Verhandlungen zerschlugen sich, wie voraus-zusehen, an der Abneigung des Papstes. Karl wandte sich dann nach Spanien und bekmpfte von hier aus den Seeruberstaat Algier durch einen khnen Zug nach Tunis (1535). Sodann aber ward er in einen dritten Krieg mit Franz I. verwickelt (15361538) \ 13. Abermals frderte die lngere Abwesenheit des Schirmvogts der katholischen Kirche die Sache der Reformation und der deutschen Libertt. Die deutschen Fürsten insbesondere, die sich durch die Unter-drckung der Bauernrevolution Verdienste um das Reich und durch die Grndung des Schmalkaldischen Bundes solche um den neuen Glauben ge-Wonnen und durch beides ein entschiedenes bergewicht der die Städte gewonnen hatten, ntzten die Lage mit Vorteil aus. Zunchst gelang es dem Landgrafen Philipp von Hessen, den gechteten Herzog Ulrich von Wirtemberg wieder in sein Land einzusetzen (1534)2, was nicht blo einen 1 Hervorgerufen durch den eigenmchtigen Einmarsch der Franzosen in Savoyen und die Erneuerung ihrer Ansprche auf Mailand. Glnzende Waffentaten erfolgten in diesem Kriege von keiner Seite. Ein vom Papst vermittelter Waffenstillstand auf zehn Jahre, beendigte ihn, und Franz I. half Karl V. sogar einen Aufstand zu Gent rasch niederwerfen (1543). 2 Der Sohn Ulrichs, Christoph, seit seines Vaters Vertreibung am Hofe zu Innsbruck unter der Obhut des Erzherzogs Ferdinand aufgewachsen und bestimmt, nie mehr in sein vterliches Erbe eingesetzt zu werden, entfloh 1532, als er Karl V. nach Italien und Spanien begleiten sollte, zu seinen Oheimen mtterlicherseits, den Herzgen von Bayern, durch die untersttzt er vor aller Welt sein Erbe zurckverlangte. Allein sein Vater kam ihm zuvor. Durch Vermittlung Philipps von Hessen verpfndete er die Grafschaft Mmpelgard an Frankreich. Mit dem Erls warb Philipp ein 1534 Heer an, das die sterreicher bei Laussen a. N. (Mai 1534) schlug und so Ulrich die Rckkehr in sein Herzogtum ermglichte. Sogleich huldigte ihm Stuttgart und das 294

3. Deutsche Geschichte von 1519 bis 1871, Übersicht über die württembergische Geschichte - S. 35

1909 - Bamberg : Buchner
Karl V. 35 der beim Abendessen vor den Augen seines Schwiegersohns von Alba ver-haftet und ins Gefngnis abgefhrt1. 19. So war der Kaiser Sieger. Ganz Deutschland lag ihm zu Fen. Zwei Fürsten, vor Jahresfrist noch die Hupter eines fast ganz Deutschland umfassenden Bundes, schleppte er zum abschreckenden Beispiel als Gefangene an seinem Hoflager berallhin mit sich. Aber auch seiner auerdeutschen Gegner war er von 1546'47 los geworden: im Sommer 1546 war der Deigh von Algier, und im Frhjahr darauf Franz I. ge-storben; der Sultan aber unterzeichnete am gleichen Tag, wo Philipp von Hessen in die Falle gegangen war, einen fnfjhrigen Frieden. Der Kaiser suchte denn auch seine Machtstellung, die gnstiger war als je, in politischer wie kirchlicher Richtung auszuntzen. Am 1. September 1547 erffnete er in dieser Absicht einen Reichstag zu Augsburg. Hier fuhr er fort die Deutschen zu demtigen. Er lie aus den Niederlanden, die bisher zum Westflischen Kreis gehrt hatten, einen besondern, den Burgundischen Kreis bilden, der aber den Reichsgesetzen und dem Reichskammergericht nicht unterstellt wurde, obwohl der jeweilige Herr der Niederlande Sitz und Stimme auf den Reichstagen bekam. Ferner mute König Ferdinand einen Proze gegen Herzog Ulrich von Wrttemberg anstrengen, wodurch dieses Land wieder an sterreich gebracht werden sollte2. Dann mutete t>er Kaiser den deutschen Fürsten zu, einem Auslnder, seinem Sohne Philipp, einem Spanier vom Scheitel bis zur Sohle, die deutsche Kaiser-"wrde zu bertragen, während er die Frsprache derselben Fürsten fr ihre noch immer gefangen gehaltenen und mitunter unwrdig behandelten Mitfrsten schroff abwies. Endlich suchte er als Schirmvogt der Kirche die Protestanten zur Rckkehr in den Scho der katholischen Kirche kraft des Gesetzes zu zwingen. Denn da das Tridentinum (vergl. S. 32) sich mit dem Ausgleich zwischen Katholiken und Protestanten trotz des ausdrck-liehen Wunsches des Kaisers vorerst gar nicht befate, so glaubte dieser von sich ans vorgehen zu mssen. Er hatte ein vorlufiges (interimistisches) Glaubensbekenntnis, eine Zwischenreligion", das sogenannte Interim, ausarbeiten lassen und seine Annahme bei dem Reichstag durchgesetzt (1548). -Darnach sollten die Klster den bten und Mnchen wieder geffnet werden, 1 Philipp war während der Audienz beim Kaiser heiter und guter Dinge ge-wesen, in der Meinung, mit dem Fufall werde alles abgemacht sein. Als ihn nun Karl V. lcheln sah, sagte er (auf niederlndisch): Wart, ich will dich lachen lehren." Dies mu dem Landgrafen entgangen fein, sonst htte er sich wohl vorgesehen. 2 Dem Proze wurde erst im Jahr 1555 ein Ende gemacht, indem der Nach-folger Ulrichs, Herzog Christoph, 250000 Gulden bezahlte. 301

4. Deutsche Geschichte von 1519 bis 1871, Übersicht über die württembergische Geschichte - S. V

1909 - Bamberg : Buchner
Inhaltsbersicht. Tl. Abschnitt. Neue deutsche Geschichte vom Jahr 1519 bis zum Jahr 1815........................... I. Reformation und Gegenreformation.................. Kapitel 79. Karl Y....................... 1. Die Spannung in Deutschland. 2. Die Kandidaten zur Kaiserwahl: Friedrich der Weise, Franz I. von Frankreich, Erzherzog Karl. Karls Wahl und sein Wahlabkommen. 3. Karls V. Programm. 4. Luthers groe Reformationsschriften. Die ppstliche Bannbulle gegen Luther. 5- Der groe Reichstag von Worms. Wormser Edikt. Luther als Staatsgefangener auf der Wartburg. Die Bibelbersetzung. 6. Der Kaiser in Spanien und in Italien. Schlacht von Pavia. Friede von Madrid. 7. Ausbreitung der Reformation. Zwingli. Bilderstrmer. Wiedertufer. 8. Die Bauernrevolution. 9. Regensburger Konvent und Dessauer Bund. Torganer Bund. Kaiser und Papst. Sacco di Roma. Damenfriede. Kaiserkrnung. 10. Die beiden Reichstage von Speier. Protestanten. Der groe Reichstag von Augsburg. Augs-burger Konfession. Augsburger Reichstagsabschied. 11. Schmalkadischer Bund. 12. Trkeugesahr. Nrnberger Stillstand. Glcklicher Trkenkrieg. Expedition nach Algier. 13. Die Reformation in Wrttemberg. Der Konzilsgedanke. 14. Regensburger Vereinbarung. 15. Weitere Fortschritte der Reformation. Die Wiedertufer in Mnster. Spaltung innerhalb des Schmalkadischeu Bundes. Neuer Trken- und Franzosen-krieg. Friede von Crespy. Waffenstillstand von Adrianopel. Be-rufung des Konzils nach Trient. 16. Luthers Tod. 17. Fortsetzung und Schlu des Trideutiuums. Rstungen Karls V. zum Glaubenskrieg. 18. Der Schmalkaldische Krieg. - Schlacht bei Mhlberg. Kursachsen an die Albertiuer. Philipp von Hessen Staatsgefangener. 19. Das Interim. 20. Frstenverschwrung in Deutschland. Bund mit Frankreich: Vertrag von Friedewalde. Flucht des Kaisers. 21. Passauer Vertrag. Augsburger Religionsfriede. Geistlicher Vorbehalt. 22. Abdankung Karls V. Ergebnis seiner Regierung fr Deutschland. Kapitel 80. Ferdinand I. und Maximilian Ii........ 1. Ferdinand I. Lothringen franzsischer Schutzstaat. 2. Die Reformation in Osterreich und Bayern. 3. Maximilian Ii. Hhepunkt der 271

5. Römische Kaisergeschichte, Geschichte der Völkerwanderung und deutsche Geschichte im Mittelalter bis 1519 - S. 131

1909 - Bamberg : Buchner
Maximilian I. der letzte Ritter. 131 und mute sie im Frieden von Basel als Reichsverwandte" anerkennen und als solche von der Reichssteuer und dem Reichsgericht ausnehmen. Dies aber war gleichbedeutend mit der Lostrennung der Schweiz vom 1499 Reich. hnlich verhielt es sich schon lngst mit den Niederlanden. Die Folge der Niederlage des Kaisers durch die Schweizer war, da die Fran-zosen ungehindert Mailand besetzten und den Schwiegervater des Kaisers, den Herzog Franz Sforza von Mailands verjagten. 5. Ob dieser Erfolge der Franzosen in Italien bemchtigte sich des deutschen Volks ein groer Unmut. Es entstand eine nationale Bewegung unter den Bauern und Brgern, im Adel und bei den Gebildeten. Man wollte, sich seiner deutschen Kraft bewut, die Grenzen des Reiches sicher-stellen und die bergriffe der Franzosen rchen. Man sang sogar Besreinngs-lieder, dem Sinne nach verwandt der Wacht am Rhein"2. Aber als der Kaiser auf dem Reichstag zu Augsburg (1500) von den Reichsstnden dringend die Mittel zu einem Reichskrieg gegen die Franzosen heischte, da fing man an, mit ihm zu markten und zu feilschen. Man dachte an sich, nicht an des Reiches Not und schaffte die lstige Reichssteuer, den gemeinen Pfennig, wieder ab und fhrte die Matrikularbeitrge ein, d. h. man beschlo, jedes Territorium bezw. foundsoviele Einwohner sollten soundso-viele Soldaten ausheben und ausrsten. Die wollte man dann dem Reichs-oberhanpt zur Verfgung stellen. Allerdings htte der Kaiser aus diese Weise 30000 Mann bekommen knnen. Aber man knpfte an diese fr den Kaiser so verlockende Aussicht abermals die den Kaiser demtigende Forderung des Reichsregiments. Und diesmal gab der Kaiser nach, der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb. Mit Recht erblickte der vene-tianische Botschafter in der Einrichtung dieses Reichsregiments gleichsam eine Absetzung des Kaisers. Die beschlossene Reichsaushebung aber blieb ebenso aus dem Papiere stehen, wie vordem die Reichssteuer. Nur das Reichsregiment kam zu stnde (vorlufiger Sitz in Nrnberg) und hatte nichts 1 Die erste Gemahlin Maximilians, Maria von Burgund, war schon 1482 infolge eines Sturzes vom Pferd gestorben. 2 Wie zum Beispiel: Lieb' Deutschland im Herzen, Den Kaiser im Sinn: So ziehen wir frhlich Nach Welschland hin. So ziehn wir mit Banner Und Lanze und Schwert Und holen uns Ehre Und schtzen den Herd." 239

6. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 114

1854 - Stuttgart : Hallberger
114 Oelzweigs hatte er einen geschenkten Eierring in der Hand und rief, über die Schwelle in die Stube herein stolpernd: „der Herr Pathe läßt Vater und Mutter recht schön grüßen, und ich soll bald wieder kommen." Noch an dem nemlichen Abend wechselten die Nachbarsleute einige freundliche Worte über die Gasse, am folgenden saßen die weiße und gelbe Schürze wieder auf der grünen Bank beisammen, am dritten zeigten die Weiber einander die Leinwand, zu der sie in den bösen drei Jahren oft mit ihren Thränen über den unseligen Zwist den Faden genetzt hatten. Und es war hohe Zeit, daß der Herr den Friedensboten erweckt hatte. Denn einige Wochen darauf verfiel der Bäcker unerwartet schnell in einen Nervenfieberschlaf, und aus diesem nach wenigen lichten Augenblicken in den Todesschlummer. — Gott gebe ihm eine fröhliche Urständ! Amen. 55. Per Walfifchfang. Der Walfischfang geschieht auf folgende Weise. Ein eigens dazu aus- gerüstetes Schiff zieht im Sommer denjenigen Gegenden der Polarkreise zu, wo man Walfische vermuthet. Oft sind die Schiffer dabei in Gefahr, von schwimmenden Eisbergen eingeschloffen oder gar erdrückt zu werden; aber un- ablässig in Verfolgung ihres Zweckes, achten sie weder die Kälte noch diese Ge- fahr, und ein des Walfischfanges kundiger Steuermann hält immer auf dem Mastkorbe Wache, um nach diesen Thieren auszuspähen. Sobald er einen in der Ferne entdeckt, was am besten durch das Spritzen des Thieres geschieht, so gibt er leise ein Zeichen, und alle Mannschaft muß nun thätig sein. Zwei Boote werden in aller Schnelle ausgerüstet, um nach der Gegend hinzusteuern, wo der Walfisch bemerkt wurde, während im Schiffe selbst Alles zur Aufnahme des erlegten Thieres vorbereitet wird. In den beiden Booten, welche auf die Verfolgung des Walfisches ausgingen, sind die gewandtesten Ruderer, ange- führt von dem Harpunier, welcher die Harpune in der Hand mitten im Boote steht, um jeden Augenblick fertig zu sein. Die Harpune ist ein etwa drei Fuß langer Wurfspieß, welcher an seinem äußersten zugespitzten Ende scharfe Wider- haken hat, hinten aber so an ein langes Seil befestigt iss daß er bei keiner Be- wegung des Walfisches das Seil dreht. Dieses Seil liegt wohlgeordnet im Raume des Bootes und läuft, wenn die Harpune abgeschleudert ist, über eine hölzerne Rolle,.aus der es nicht ausweichen kann, denn hiedurch könnte bei dem schnellen Ablaufen des Seils irgend einer von der Mannschaft verun- glücken, wenn das Seil ihn packte und quetschte. Das zweite Boot ist in gleicher

7. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 115

1854 - Stuttgart : Hallberger
115 Weise bemannt, und sind diese beiden Boote zu klein, um die gehörige Masse Seile zu fassen, so schickt man gern noch ein drittes hinten drein, welches mit Seilen beladen diesen im Falle der Noth zu Hülfe kommen soll. Außerdem befinden sich in diesen Booten noch mehrere lange Lanzen. Rasch, aber mit möglichst leisen Ruderschlägen, nähert sich das Boot dem Walfisch, und sobald es auf Wurfweite angekommen ist, schleudert der Harpunier sein Geschoß ab, und diesem folgt, wenn er etwa fehlte, oder die Harpune bei der ersten Be- wegung des Wales ausriß, der Harpunier des zweiten Bootes. Sobald der Wal die Harpune empfindet, macht er eine rasche Bewegung vorwärts und stürzt sich nun mit voller Gewalt, um seinen Feinden zu entgehen, in die Tiefe des Meeres; diese Gewalt ist oft so ungeheuer, daß das Thier seinen Unterkiefer am Meeresgrund zerschellt; begreiflicherweise wird das Seil der Harpune da- durch sehr schnell abgerollt und muß immerfort mit Waffer begosien werden, damit es sich an der Rolle nicht erhitze. Um möglichst Seil zu sparen, rudern jetzt die Leute im Walfischboot so schnell als sie können, denn reißt das Seil, was besonders dann geschieht, wenn der Walfisch sich unter Eisberge begibt, so ist Alles verloren. Nach etwa zehn Minuten kommt der Walfisch empor, um Luft zu schöpfen, und wird dann nochmals harpunirt; jetzt aber tobt er fürchterlich, peitscht das Wasser rings umher in Schaum, und bläst, wenn er schwer ver- wundet ist, Blut aus seinen Blaselöchern. Die Erschöpfung erlaubt ihm jetzt nicht mehr oder nicht lange unterzutauchen. Die Boote aber bleiben immer, jedoch mit der gehörigen Vorsicht, in seiner Nähe und steuern endlich, sobald er matt geworden, auf ihn zu, um ihn mit langen Lanzen vollends zu erstechen. Blut und Thran entquillt nun seinen Wunden, so daß das Meer sich ringsum roth färbt, und der ungeheure Leichnam schwimmt auf dem Master. Eine Siegesflagge wird jetzt auf ihm befestigt, und er wird mit vereinten Kräften an das Schiff hingezogen, das dieser Jagd in ziemlicher Entfernung folgte. Dort ist jetzt Alles bereit; Speckfässer sind hergerichtet, die Speckjungen mit langen Messern und Steigeisen an den Füßen bewaffnet, und die Schiffswinden be- reit, um den Koloß an der Seite des Schiffes festzuhalten und etwas heraufzu- winden; ganz kann dies nicht geschehen, weil der Walfisch das Schiff in das Meer hinabziehen würde. Nun steigt ein Theil der Mannschaft, die Speck- jungen, hinab, schneidet in regelmäßigen Streifen den Speck los, andere ziehen ihn hinauf auf das Verdeck, und die Leute im Schiffsraum sind damit beschäf- tigt, ihn in kleinere Stücke zu schneiden und in Tonnen zu packen. Also endigt diese gefahrvolle Jagd. 8

8. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 116

1854 - Stuttgart : Hallberger
116 56. Der Häring. Die Grundgestalt des Fisches ist die eines Kahnes; sein Schwanz ist das Ruder und die Flogen dienen zum Steuern. Leicht ist die Bedeckung seiner Haut, schlüpfrig der ganze Körper, zugespitzt der Kopf und platt der Leib an beiden Seiten. Wie der Ballast in den Schiffen den untern Raum derselben ausfüllt, damit ste gesichert vor dem Umschlagen durch die Fluthen gleiten, so ist auch der kahnförmige Leib der Fische nach unten mit den Eingeweiden be- schwert, nach oben aber meistens durch eine Schwimmblase erleichtert. Diese liegt unter dem Rückgrat, ist mit Luft angefüllt und gewährt dem Fische großen Nutzen. Ein leiser Druck seiner Rippen reicht hin, die in der Schwimmblase enthaltene Luft zusammenzupressen, den Körper dadurch verhältnißmäßig schwe- rer zu machen und ihn plötzlich in die Tiefe hinabzusenken. Läßt der Druck nach, so dehnt sich die Luft wieder aus, und ohne Anstrengung wird der Fisch wie ein Ballon in die Höhe gehoben. So durchschneidet er das Waffer noch bequemer als der Kahn, den die Hand des Menschen gezimmert, und rudert mit den Flossen rascher als der Frosch, den die vier Ruderstangen seines Leibes ihrer Länge wegen mehr behindern. Unter diejenigen Fische, welche die vollkommenste Fischgestalt haben, ge- hört der Häring. Obwohl das Meer seine Heimat ist,, kennt ihn doch fast jedes Kind. Im hohen Norden ist er ganzen Völkerschaften das tägliche Brod, ja ihr einziger Reichthum. Seine Menge ist fast unglaublich. Die einzige Stadt Bergen in Norwegen verschickt manches Jahr allein 300,000 Tonnen Häringe in alle Welt. So dick und hart stehen oft die sogenannten „Härings- berge" an den Küsten Norwegens, daß leichte Boote, wenn sie daran gerathen, heftig erschüttert werden; so sehr werden alle Buchten zu Zetten von ihm an- gefüllt, daß die Leute ihn mit Händen und Eimern aus dem Meere schöpfen, wenn sie vorher die Buchten durch Netze, „Häringsschlösser", wie sie dieselben nennen, abgesperrt haben. An der ganzen Küstenstrecke Norwegens wimmelts von Menschen, wenn dieser Fisch erscheint. Ist er fortgezogen, so ist auch die Küste, die eben noch von Häringen und Menschen so bevölkert war, öde und verlassen bis zu der Zeit, wo er von neuem ankommt. Dann ergreifen wieder Tausende von Fischern das Ruder und stoßen vom User. Mit leeren Kähnen fahren sie hinaus, zum Sinken gefüllt bringen sie diese zurück. Und wie auf dem Meere die Kähne sich hin und her bewegen, oft drei hundert im Umfang einer Meile, so bewegen sich auf dem Lande Karren in zahlloser Menge nach dem User und von diesem zurück. Die Kähne bringen uemlich die Waare, die ihnen das Meer gereicht, ans Ufer; in Karren wird diese nun weiter transpor- tirt und zunächst in der Nähe des Strandes 31t Bergen aufgehäuft. Diese le- bendigen Berge, in denen es ans jedem Plinkte zuckt und schnavpt, sind um-

9. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 167

1854 - Stuttgart : Hallberger
167 wältige Becken hindurch bis zum Ausflusse zu behaupten. In Wahrheit läßt er aber das breite, weite Bette sich recht wohl gefallen, er dehnt und breitet sich recht behaglich darin aus, um seinen Schlamm abzulegen und als schöner Jüngling über Schaffhausen ins liebe Deutschland zu hüpfen, dessen Schmuck und Zierde er ist. Im Stande seiner winterlichen Erniedrigung läßt er sich in seinem Bette wohl gar einmal einfrieren — nemltch der breitere Theil des Obersees; der schmalere bei Ueberlingen überfriert fast alle Jahre. Aber bei jenem ist dieser Fall in vier Jahrhunderten nur fünfmal eingetroffen, nemlich 1477, 1572, 1596, 1695 und 1830. Die Umwohner des Sees feierten 1830 dieses Er- eigniß als ein Fest, das keiner zum zweiten Mal erleben würde, und man fuhr mit Schlitten and Wagen von Lindau nach Norschach hinüber. Der Seeboden ist auf deutscher Seite fast überall ziemlich steinig. Am Strande wälzt die ab- und zugehende, geduldige und ungeduldige Welle unab- lässig eine Masse Gerölle hin und her. Alpenkalk, Quarz, Gneiß, Syenit, Granit liegen in hübsch abgeschliffenen Stücken groß und klein allenthalben „wie der Sand am Meer", und diese gerundeten Steinchen in ihren tausender- lei Farben und Formen mit ihren Quarzadern, Glimmern und Blenden ver- treten für alte und junge Kinder ganz lieblich die Muscheln, deren Fund am Meeresufer so erfreut. Alles Land bis nach Ulm zur Donau hinauf besteht aus nichts, als solchem angeschwemmtem Gerölle, in dessen Schichten sich häufig Granitblöcke als Findlinge zeigen, über deren Größe man erstaunt und über deren Herkommen man sich nicht genug wundern kann. Von entgegengesetzten Seiten her bricht man sich jetzt Bahn zu den Ge- staden dieses Sees. Seit 1850 bringt die württembergische Eisenbahn Wande- rer und Güter vom Neckar und Rhein und Nordsee, seit 1853 die bayrische von Donau, Main und Ostsee her; bald werden eine dritte aus Graubündten und Italien und eine vierte aus dem Innern der Schweiz heraus ebenfalls Menschen und Waaren an diesen Gestaden absetzen, und ihre Mündungsorte, Rorschach und Romanshorn, ebenso beleben, wie am Gegengestade Friedrichs- hafen und Lindau durch ihre Bahnen belebt werden. Wenn der See in seiner tiefen Bläue so groß und stolz dasteht am Fuße der Berge Gottes, so kann das Auge nicht von ihm wegkommen, und hundert Mal zu ihm zurückkehrend, wird es immer aufs neue entzückt. 83. Ins Salzbergwerk Wilhelmsglück. Wir fuhren Nachmittags von Hall nach Wilhelmsglück, um das dort beftndliche Salzbergwerk, das größte in Württemberg, zu besehen. Wilhelmsglück besteht erst seit dem Jahr 1818. Vorher wurde in Hall aus der dortigen Soole, die aus d.em Salz- brunnen stießt, durch Gradiren Salz bereitet. Dieses Gradiren war aber eine um-

10. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 233

1854 - Stuttgart : Hallberger
233 ; rrí?; 111. Heldenmuth. „Herr Kapitän", sagte James (Jakob) Maxwell, der Steuer« mann, „Herr Kapitän, mir kommts vor, als röche ich Feuer; aber ich kann nicht finden, wo es ist." Der Kapitän zieht den Athem an sich und riechts auch; aber bald ists ihm wieder, als wär es Nichts, bald riecht ers wieder. Er sucht Alles durch und kann Nichts finden. Aber je länger je ärger wird der Brandgeruch, und endlich in der Nacht, da schon das ganze Dampfschiff voll des angst- erregenden Gestankes ist, ruft er: „Maxwell, ich Habs gefunden; die Flammen brechen bei dem Rade durch!" — „Dann wende ich das Schiff dem User zu", rief dieser entgegen, und schlug sich vor die Stirn, denn er erkannte deutlich die furchtbare Gefahr. Aber er faßte sich, und als er sich allein sieht, fällt er auf seine Kniee und ruft Gott an und betet: „O allmächtiger Gott, verleih mir Stärke, jetzt treu- lich meine Pflicht zu erfüllen, und werde du selbst Tröster meiner Wittwe und Later meiner acht Waisleiu." Darauf ergreift er wieder das Steuerruder und steht unbeweglich, das Angesicht der nächsten Land- spitze zugekehrt; und das Schiff fliegt darauf los wie ein Pfeil. Die Matrosen wenden alle ihre Kräfte an, das Feuer zu dämpfen, aber die Wuth der Flammen wächst mit jeder Minute und treibt die Ma- schine mit grausenerregender Gewalt, und das Schiff schießt durch die Wellen hin wie ein Sturmvogel. Alle Reisenden hatten sich auf dem Vordertheile Zusammengedrückt, denn der gewaltige Luftzug ließ keinen Rauch dorfhinkommen, sondern trieb denselben rückwärts. Da stund aber nun der arme Maxwell an seinem Steuerruder in dem erstickenden Qualm, wie ein Märtyrer auf dem rauchenden Scheiter- haufen. ' Der Kapitän und die Matrosen thaten zwar, was sie konn- ten, um das Hintertheil des Schiffs mit Wasser zu begießen, aber das that dem wüthenden Brande keinen Einhalt. Schon fängt der Boden unter Maxwells Füßen an sich zu entzünden; aber er weicht nicht von seinem Posten, denn an seiner Hand hängt jetzt das Leben von achtzig Personen. Immer gerade hin nach dem Lande schaut sein Blick, immer rasender treibt die Flamme das Schiff, immer unbeweg- licher hält seine Hand das Ruder. Die Leute am User sehen das brennende Schiff und richten Feuerzeichen auf, um den Unglücklichen zu zeigen, wo sie landen sollen. Maxwell verstehts; seine Füße fangen an zu braten, aber er
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TM Hauptwörter (200)200

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