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Schenkwirte und ähnliche feuchte Berufe an die Bachseite postierte. Til
wichtigsten Punkte waren jedenfalls die beiden Tore; am Bachtor hielten
darum die fauststarken Gerber Wacht, am Bergtor die noch nervigeren
Schmiede.
Nun galt freilich vordem Michael der Schmied für den stärksten und
kühnsten Mann in der ganzen Stadt, und man hätte ihm gerne den Befehl
am Bergtor übertragen, wäre er nicht neuerdings Michel der Leimsieder
geworden. So aber hielt der Rat dafür, daß ein so gleichgültiger, stummer
und selbstgenügsamer Mann für den gefährlichsten Posten nichts tauge, und
stellte ihn in die Reserve zu den alten Leuten und unbärtigen Jungen.
Der Schmied nahm das ganz ruhig hin, als ob sich's von selbst verstünde,
und schmiedete ruhig fort an seiner Esse.
Inzwischen war dem Rat die geheime Kunde geworden, daß der
Dachsburger nächste Woche auf Lichtmeß mit seinen Freunden zusammen-
stoßen und in also vereinter Macht einen Hauptstreich wider das Städtlein
führen werde. Es galt, dieser Vereinigung der Gegner zuvorzukommen,
und zwar stand die Sache derart auf Spitz und Knopf, daß man den
Dachs entweder in dem Augenblick überfallen mußte, wo er seine Burg
verlassen, den Sammelplatz der Gefährten aber noch nicht erreicht hatte,
oder, wenn diese einzige Stunde versäumt würde, Verzicht leistete auf jeden
Angriff und hinter den schwachen Mauern alle Plage einer sehr bedenk-
lichen Belagerung auf sich nahm.
Um dem Ritter den Weg zu verlegen, mußten aber die Bürger
wenigstens den Sammelplatz wissen, nach welchem er auf Lichtmeß von
seiner Burg ziehen wollte. Sie schickten zu dem Ende drei Kundschafter
aus, einen Metzgerknecht, einen Schustergesellen und einen Schneiderjungen.
Allein die Späher kamen nicht wieder, sondern statt ihrer ein Bote des
Ritters, vermeldend, sein Herr habe jene drei auf verdächtigen Wegen
ertappt und festgenommen, sei aber bereit, sie gegen sehr billiges Lösegeld
auszuliefern. Wolle ihm der Rat statt des Metzgers ein paar fette Mast-
ochsen, statt des Schusters ein paar fette Schweine und statt des Schneiders,
der gar leicht und mager sei, ein paar zarte, junge Zicklein senden, nebst
sechs Maltersäcken Korn als Brot zum Fleische, dann könne er die drei
Burschen im Stadtwald gegen Quittung wieder in Empfang nehmen.
Die Bürger waren außer sich über diesen neuen Schaden samt dem
Spott; dazu drängte die Zeit, denn morgen bereits stand Lichtmeß im
Kalender. Schon früh am Tage hielt man Kriegsrat auf dem Rathause.
Im engeren Ringe standen die Hauptleute der Zünfte, wie auch die Führer
einiger fremder Mannschaft, die von den befreundeten Nachbarstädten
herübergeschickt worden war, im weiteren Ring die anderen bewaffneten
Bürger als Zuhörer.
Es drohte aber eine bedenkliche Spaltung; denn einem Teile war
die Nachricht, der Dachsburger wolle auf Lichtmeß ausziehen, nachgerade
so verdächtig geworden, daß sie behaupteten, der Ritter selbst habe sie aus-
gesprengt, um die Stadt irre zu führen, und die Gefangennahme der
Späher sei bereits die erste Frucht seiner gelungenen List. Die anderen
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und § ;ss des Strafgesetzbuches verstoßen und werde vom Gerichte sicher verurteil'
werden, was er aber dann an Strafe und an Gerichtskosten zu zahlen haben
wurde, werde weit höher fein als die von ihm geforderte Geldbuße. Des
hartnäckige Vogt jedoch bestand auf feiner Weigerung, und so verlief der Sühne-
termin, ahne daß man sich geeinigt hatte.
Kurz überlegte sich, ob es nicht bester wäre, die Sache nun ruhen zu lasten,
wurden aber feine Neider nicht glauben, daß wirklich etwas wahres an den
Beschuldigungen Vogts wäre? Und sollte er sich ungestraft beleidigen lasten?
Nein und abermals nein! Seine angegriffene Ehre verlangte eine Sühne.
Am nächsten Morgen schon setzte er sich hin, fertigte eine Klageschrift
gegen Vogt an und adressierte sie an das König!. Amtsgericht. Diesem Schrift-
stücke legte er eine Bescheinigung des Friedensrichters über die erfolglos versucht«
Sühne bei. wenige Tage danach ging dem Beschuldigten Vogt vom Gericht
eine Abschrift der Klage zu mit der Aufforderung, er solle sich innerhalb vier-
zehn Tagen äußern. Er zog es aber vor zu schweigen. Nicht lange nach Ab-
lauf der vierzehn Tage wurden beide, Kurz und Vogt, vor das Schöffengericht
geladen. Dieses fetzt sich zusammen aus einem Amtsrichter als dem Vorsitzenden
und zwei angesehenen Bürgern der Stadt, denen das Ehrenamt eines Schöffen
übertragen wurde. In der Hauptoerhaudlung las der Vorsitzende die Anklage aus
dem Lröffnungsbefchluß vor und forderte den Angeklagten Vogt auf, sich hierüber
zu erklären. Vogt suchte seine Äußerung als ganz harmlos hinzustellen. Lin
Zeuge, der ebenfalls vernommen wurde, bestätigte jedoch alle Angaben des Kurz.
Auch dar Kirchenvorstandsmitglied wurde verhört, und es ergab sich, daß sein
Verkehr mit Meister Kurz gar keinen Linfluß auf die Vergebung der Arbeiten
gehabt hatte. Das Schöffengericht zog sich zur Beratung zurück. Dann ver-
kündete der Amtsrichter das Urteil. Vogt wurde zu einer Geldstrafe von 50
und zur Tragung der Kosten verurteilt. Die Kosten stellten sich, wie er nach-
träglich erfuhr, auf 26,50 M. wären die Parteien durch Rechtsanwälte ver-
treten gewesen, so würde der Kostenbetrag nicht unerheblich höher gewesen sein.
Vogt war wütend; doch einsichtige Freunde rieten ihm, keine weiteren
Schritte in der Angelegenheit zu tun. Außer neuem Ärger werde er nur noch
größere Geldkosten haben. Darum sah er von einer Berufung an das Land-
gericht ab. Es dauerte aber lange Zeit, ehe er sich mit Kurz versöhnte und
einsah, wie gut es gewesen wäre, wenn er seine Zunge bester im Zaume ge-
halten hätte. Erich Wallher.
164. Mit einem Scheine des Rechts.
Ein Bild aus dem Berliner Handwerkerleben.
„üfto, Mutter, endlich! 's war aber auch heechste Zeit, daß wir au§
de Tinte kamen. Und nu Kopp hoch, Olle — hier is Kies wie Heu!"
Meister Kern griff in die rechte Tasche seines Überziehers, dem marr
ansah, daß er schon einige Sommer hatte kommen und gehen sehen, und
legte dann bedächtig einen ansehnlichen Leinwandbeutel auf deu Tisch.
Wohlgefällig strich er mit der schwieligen Hand über das runde Ding
„Sechshundert Mark, Olle, und bar Geld. Een nobler Herr, Hen
Wiesling, un jut mit ihm arbeiten. Dat muß ihm der Neid lassen."
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