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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 197

1913 - Leipzig : Hahn
197 Streusand in acht, es ist ein widerlicher Anblick, wenn er so umherliegt wie aus Ihrem Pulte." Herr Mohrseld war an seinen Platz gekommen, den eine Barriere von dem Saale schied, er deutete mit der Hand auf mich und auf einen Stuhl und wendete darauf seine Aufmerksamkeit einer Menge von Briefen zu, die seiner Ankunft harrten. Eine tiefe Stille herrschte, die nur durch das eintönige Gekritzel der Federn unterbrochen wurde, kein lautes Wort ward vernommen, und selten hörte man hier und da ein unterdrücktes Zischeln. Von mir nahm kein Mensch Notiz, keine Frage ward an mich gerichtet, ja nicht einmal ein neugieriges Auge ruhte auf mir. Der Kaufmann hatte die Durchsicht der Briefe beendet, er rief mehrere junge Männer herbei und beauftragte sie mit ihrer Beantwortung. „Um 1 Uhr muß alles zur Unterschrift fertig sein! — Sie, Herr Becker, müssen sich vorsehen, damit Sie in den ftanzösischen Briefen nicht wieder wie neulich Fehler einschleichen lassen. Sie arbeiten zu schnell, zu flüchtig; nehmen Sie Herrn Horst zum Muster, seine englische Korrespondenz ist eine Musterkorrespondenz. Übrigens merke ich bei Ihnen seit kurzem eine Neuerung, die nichts taugt. Sie schreiben einen wunderlichen, Phrasen- haften Stil und brauchen mitunter drei Zeilen, wo drei Worte ausreichen. Unterlassen Sie das! Dergleichen Wortprunk ist überall eine Narrheit, bei einem Kaufmann ist er es doppelt; aber das kommt von den un- finnigen neuen Romanen und Almanachen, die Sie unaufhörlich lesen, die Sie noch für jede solide Beschäftigung unfähig machen werden. Ich habe Sie gewarnt, seien Sie auf Ihrer Hut!" Das waren glänzende Aussichten! Welche Aufnahme konnte ein Romanschreiber von einem Manne erwarten, der solche Ansichten hegte? Zum Überfluß wandte sich noch Herr Mohrfeld in diesem Augenblicke zu mir und sagte ziemlich kurz: „Nun, mein Herr, an unser Geschäft!" „Zu Befehl!" stotterte ich und überreichte ihm meinen Brief; aber -roch hatte er denselben nicht geöffnet, als wir durch einen dritten unter- brochen wurden. „Sieh da! Guten Morgen, Herr Kapitän Heysen!" rief der Kaufmann lebhaft. „Sie kommen wahrscheinlich, um Abschied zu nehmen? Reisen Sie glücklich, und bringen Sie sich und Ihre Mannschaft gesund zurück, geben Sie mir auf Schiff und Ladung wohl acht, und machen Sie mir keine Havarie (Seeschaden)! — Ihrer Frau sagen Sie, daß sie sich in vorkommenden Fällen nur dreist an mich wenden soll. — Wenn Sie eine einigermaßen gute Gelegenheit haben und sie geschickt zu benutzen verstehen, sind Sie vor Weihnachten wieder hier. — Nun, adieu, Kapitän, Sie haben" — hier warf er einen Seitenblick auf den Kalender — „keine Zeit zu verlieren, es ist hoch Wasser; das Schiff löst die Taue, und ich habe es nicht gern, wenn meine Kapitäne sich zum Blankeneser Sande oder gar bis zur Lühe nachsetzen lassen. — Glückliche Reise!" Der Kapitän beurlaubte sich, und ein anderer Mann nahm seinen Platz ein. „Guten Morgen, Herr Flügge! Was bringen Sie mir?"

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 208

1913 - Leipzig : Hahn
203 Das war unser erster Besuch an der Börse, mit dem wir uns be- gnügen wollen. Von dem einen Besuch aber möge der Leser, der ihn im Geiste mitgemacht hat, den festen Vorsatz mitnehmen, nicht an der Börse zu spielen, das heißt zu spekulieren. Das Spekulieren ist viel schlimmer als Monaco und für den Spekulanten, der nicht täglich an die Börse geht, geradezu eine Narrheit. osu« m°ußm°nn. 92. Das Reisen sonst und jetzt. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts verstand es sich ganz von selber, daß es jedem guten Bürger, der seinen Heimatort einmal auf einige Tage verlassen und eine Reise antreten mußte, höchst vernünftig vorkam, hierzu die Erlaubnis der hohen Behörde nachzusuchen und sich von ihr einen recht hübsch gedruckten und wohlgestempelten Bogen auszubitten, den mau Reisepaß nannte. Darin stand denn angemerkt, daß der gute Bürger ein ganz ordentlicher, anständiger Mensch sei, der die Erlaubnis erhalten habe, innerhalb einer genau angegebenen Zeit eine Reise nach Dingskirchen zu machen. Sehr gewissenhaft war auch darin der „Zweck der Reise" notiert; denn die Behörde mußte doch wissen, weshalb ein guter Bürger zu dem sonderbaren Entschluß gekommen sei, sich von seinem Heimatort zu entfernen. Um jede Verwechselung zu vermeiden, wurde sorgsam sein Name, sein Geburtsort, sein Alter, seine Statur, sein Aussehen von Kopf bis Fuß in dem Druckbogen verzeichnet; selbst die Warze auf der Wange, das Schielen mit einem oder mit beiden Augen und andere „besondere Kennzeichen" wurden von dem gewissenhaften Beamten angemerkt. Die Dienstfertigkeit der Behörden war oft so groß, daß es unter günstigen Umständen schon vierundzwanzig Stunden nach seinem Gesuch um einen Paß einem guten Bürger möglich wurde, seine Reise anzutreten. Wenn er dann mit seinem guten Fuhrwerk ganze acht Meilen den Tag über zurückgelegt hatte und am Abend seinen Paß am Tor der fremden Stadt der Polizeiwache vorzeigte, nachdem er bloß zweimal auf der Land- straße von Gendarmen angehalten worden war, um sich zu legitimieren, so pries er Gott für den Segen, in einem zivilisierten Staate zu wohnen, und schlief im Gasthof mit dem schönen Bewußtsein ein, daß er trotz der weiten Entfernung von der Heimat geborgen sei, weil das Auge der Obrigkeit über ihm wache. Im zweiten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts kam die Fahrpost auf, die nicht bloß am Tage, sondern auch nachts sechs mit Pässen wohl legitimierte Passagiere im Hauptwagen und zuweilen — wenn die Reise- lust sehr groß war — in einem oder gar zwei Beiwagen je vier Passa- giere in die Welt hinaus beförderte. Ja, es gab Tage, wo die Post- halter in den kleinen Städten auf der Hauptstraße des Reiseverkehrs erschreckt und überrascht wurden durch drei Beiwagen, die weiter befördert werden mußten. Aber die gute Ordnung unseres Staatswesens half auch in solch außerordentlichen Fällen über alle Verlegenheiten der Posthalter

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 211

1913 - Leipzig : Hahn
211 ob man wirklich meinen könnte, es sei die Schnellpost nicht genug Zu- geständnis für die Reisesucht einer ruhelosen Menschheit. Erst als man hörte, daß wagehalsige Menschen im Königreiche Sachsen eine Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden bauten, da siegte auch im konservativen Berlin die Neuerungssucht über die Besonnenheit. In der letzten Hälfte der dreißiger Jahre erklärte sich auch die Regierung für überwunden. Sie gestattete den Bau einer Eisenbahn von Berlin bis--------------Potsdam. „Wo das hinaus soll?" Die Geheimräte zuckten die Achseln und schüttelten die Köpfe. „Lieber Kollege," sagte einer aus. dem Finanz- ministerium zu seinem Freunde im Ministerium des Innern, „das kann kein gutes Ende nehmen! Da graben sie und graben sie und wollen bei Schöneberg durch den Berg unter der Erde durch. Es ist schrecklich!" „Ja," sagte der Kollege, „das geht wider alle Ordnung. Die Fuhrleute werden alle aufsässig. Die Pferdezucht wird ruiniert. Das ist alles Dampf, nichts als Dampf!" „Meine Herren," erlaubte sich ein Postrat zu be- merken, „das kann keinen Bestand haben. Ich wohne in der Leipziger Straße und sehe, wie morgens bei schönem Wetter und hauptsächlich in der Rosenzeit höchstens sechs bis acht Fuhrwerke hinaus nach Potsdam und der Pfaueninsel fahren. Nun aber bauen sie Wagen, worin dreißig Personen Platz haben, und sie wollen an sechsmal des Tages damit hinaus" fahren. Was sollen wir Berliner denn alle Tage sechsmal in Potsdam machen?" Die Frage war unlösbar und noch unlösbarer die Frage, wie es bei solcher Reisesucht mit den Pässen werden solle. — Aber der Zeit- geist, der böse Zeitgeist hatte in Berlin die Menschheit erfaßt, und — da war kein Halten mehr! Im Herbst 1838 war die Hälfte der Eisenbahn bis Zehlendorf fertig. Eine Probefahrt fand statt, und nicht bloß der Polizeipräsident, sondern auch zwei Minister ließen sich herab, der Einladung des Direk- toriums zu folgen und die Reise bis Zehlendorf mitzumachen. Auch die Schriftsteller wurden mit einer Einladung beehrt, damit die öffentliche Meinung für das große Unternehmen gewonnen werde. Die öffentliche Meinung Berlins aber war dazumal der ehrwürdige Ludwig Rellstab braven An- gedenkens. Und er fuhr mit und fällte sein Urteil in einem ausführlichen Berichte in der Vossischen Zeitung, die dazumal den Geist aller guten Berliner beherrschte und lenkte. Über die erschreckende Geschwindigkeit dieses Probezuges — er fuhr in kaum einer Stunde richtig bis nach Zehlendorf, während der heutige Schnellzug dazu gerade sechzehn Minuten gebraucht — wußte der Bericht die öffentliche Meinung zu beruhigen. Im Wagen merke man die rasende Geschwindigkeit gar nicht. Selbst den Tunnel bei Schöneberg passiere der Zug, ohne daß die Damen — es waren auch solche eingeladen - aufgeschrien hätten. Nur wenn man hinausblicke, werde man ein wenig schwindlig; aber die Berliner seien nicht so nervenschwach und würden sich auch daran mit der Zeit gewöhnen. Um aber den nervenstarken Berlinern ein richtiges Bild von dem Eindrücke dieser Schnelligkeit zu geben, ver- 14*

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 262

1913 - Leipzig : Hahn
262 dagegen hielten die Kunde für echt und begehrten den Ausmarsch auf morgen, nur konnte keiner genau sagen, wohin man eigentlich marschieren solle. Um den Streit zu schlichten, forschte man nun — freilich etwas spät — genauer nach, woher denn eigentlich jene geheime Kunde gekommen. Der Bürgermeister sagte, er habe sie vom Zunftmeister der Gerber, der Zunftmeister, er habe sie von seinem Wachtposten am Bachtor, ver Wachtposten, er habe sie von einem fremden Bauern, der in voriger Woche frühmorgens zwischen Licht und Dunkel ans Tor gekommen sei, woher sie aber der Bauer habe, das wisse er nicht. Nun hatten die Zweifler gewonnen Spiel. „Auf solche Gewähr," riefen sie entrüstet, „ängstet man die ganze Stadt und will uns gar vors Tor sichren, daß wir dem Dachs desto sicherer in den Rachen laufen!" Da schallte aus den hintersten Reihen der Zuhörer eine dröhnende Baßsttmme: „Die Nachricht ist dennoch echt; morgen zieht der Dachs aus seiner Höhle!" „Wollt ihr etwa bürgen für den fremden Bauersmann?" fragte strafend der Bürgermeister den unberufenen Redner. „Ja, denn der Bauer war ich selber!" antwortete die Stimme, und zugleich sah man die hohe Gestalt Michaels des Schmieds aus der Menge sich emporrichten. „Und wer hat euch jene Mär aufgebunden?" „Ich erlauschte sie von des Ritters Leuten, da ich vorige Woche, wie gewöhnlich, des Abends als Bauer verkleidet den Söldnerbauer und seine Tochter besuchte." „Das ist kein zuverlässiger Bote, der auf Liebesabenteuer zieht, indes wir hier, wie auch ihm ziemte, den Schlaf uns abbrechen, um die Stadt zu bewachen!" rief der Gerberzunftmeister, der Befehlshaber am Bachtor. Ruhig erwiderte Michel Leimsieder: „Hättet ihr wirklich die Stadt bewacht, so hätte ich nicht auf Liebesabenteuer ausziehen können. Denn sehet, ich bin in den letzten vierzehn Tagen sechsmal bei Nacht über die Mauer gesttegen und durch den Graben gewatet, hart neben eurem Bach-- tor, und keiner hat mich erblickt." Diese kurze Zwiesprach begann die Sttmmung der Menge bereits zu wenden. Man drängte und schob den Schmied in den engeren Ring; vielen dämmerte es schon, daß der Leimsieder allein schweigend gehandelt habe, während die anderen bloß redeten, wie man handeln solle, und daß der einzige Polttikus in der Stadt ein Verliebter sei. Alle lauschten atemlos den weiteren Antworten Michels, die so kurz und schwer fielen, wie Hammerschläge auf den Amboß. „Warum," siagte der Bürgermeister, „habt ihr mir nicht sofort pflichtmäßig Anzeige gemacht von dem erlauschten Geheimnisse?" „Weil ich gern meine eigenen Pfade im füllen gehe, und den nächt- lichen Weg zum Söldnerbauer hättet ihr mir doch gar zu gerne verlegt. Übrigens glaubtet ihr ja alle, was ich dem Wachtposten entdeckte, unge- prüft. Also konnte ich schweigen. Heute, wo man laut zu zweifeln be- ginnt, rede ich."

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 303

1913 - Leipzig : Hahn
303 und Zeitvertreib gebildet hatten. Nach dem Tode der Mutter erbte Heine ein Grundstück, das nicht weit von der Stelle gelegen war, Ws Pleiße und Elster sich schwesterlich umarmen. Es besaß fteilich trotz seiner günstigen Lage vor den Toren Leipzigs nur einen verhältnismäßig geringen Wert. Gehörte es doch zu jenem großen, unfruchtbaren, der menschlichen Gesundheit nachteiligen, sumpfigen Gebiete, das sich einst vom Westen der Stadtmauer aus bis in die benachbarten Dörfer erstreckte, zu einem Gebiete, dessen zahlreiche Lachen und Tümpel von Fröschen und Unken bevölkert wurden. Werte aber aus nichts zu schaffen, das ist das Ziel jedes findigen Kopfes und jeder tätigen Hand. Auch unser Heine war bestrebt, den Wert des Erbes zu erhöhen, aus Ödland Kulturboden zu gewinnen. Ließ doch gerade damals die wachsende Großstadt neue Ideen über Vergrößerung der Stadt in den Köpfen der weitschauenden Bürger reisen. — Da galt es vor allem, die Ursachen der Versumpfung des Bodens abzustellen, die benachbarten Flußläufe, deren Hochfluten all- jährlich Überschwemmungen brachten, zu regulieren, Schutzdämme aufzu- richten, Entwässerungskanäle anzulegen, also Arbeiten auszuführen, dis neben gewaltigen Opfern an Zeit und Geld auch ein hohes Maß zäher Tatkraft und Ausdauer erforderten. Mußte doch z. B. sogar eine mächtige eiserne Schleuse unter dem Grunde der Elster hinweggeftihrt werden. Der Erfolg krönte die Beharrlichkeit. Bald waren weite Flächen trocken gelegt. Wiesen, die vorher um billiges Geld feil waren, bekamen schnell einen zehn- und zwanzigfachen Wert. Die Stadt selbst hatte bald einen Nutzen von mehreren Millionen Mark infolge Heines Tätigkeit. Zuin Auffüllen des sumpfigen Areals bedurfte er mehrerer Millionen Kubik- meter guten, trockenen Erdreiches. Er fand es im benachbarten Plagwitz auf einem hochgelegenen Terrain, das dazu noch den großen Vorteil bot, daß man es nach Austiefung der Elster bequem mit dem Kahne erreichen konnte. Noch heute bietet es ja ein anziehendes Bild inmitten unserer Stadt, Venn ein kleiner Dampfer mit mächtigen, beladenen Booten zwischen grünen Wiesenflächen auf der Elster dahingleitet. Und gar manchem mag bei diesem Anblicke das alte Scherzlied von der „großen Seestadt Leipzig" in den Sinn kommen. Der Gedanke aber, den hier der Humor zum Ausdrucke bringt, war unserm Heine voller Ermst. Die billige Beförderung des nötigen Füllmaterials überzeugte ihn ja täglich von der großen Be- deutung natürlicher und künstlicher Wasserstraßen für Handel und Wandel. „Der Entwickelung jeder Stadt sind engere Grenzen gezogen, sofern sie eine Wasserstraße nicht besitzt," so lautete eins der Worte, mit denen Heine die Bürger Leipzigs für sein geplantes Riesenunternehmen zu ge- winnen suchte, nämlich für die Erbauung eines Elster-Saale-Kanals. Zu dem einen Ziele, der Verwandlung der Sumpsstrecken in bauwürdiges Land, hatte sich nun ein anderes, größeres und schwierigeres gesellt. Heine traf auf diese Weise gewissermaßen zwei Fliegen mit einem Schlage. Je mehr Füllmaterial gebraucht wurde, desto weiter schritt zugleich der Kanalbau vorwärts. Um einen Hafen zu bekommen, baute Heine eine Stadt, die ganze westliche Vorstadt, die man deshalb „Heinestadt" nennen könnte.

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 153

1913 - Leipzig : Hahn
153 Man hört manchmal sagen, ein Elektromotor brauche überhaupt keine Wartung; das ist aber nicht richtig. Freilich gegenüber einem Gasmotor, den Sie nach jedem Betrieb eine halbe Stunde lang reinigen müssen, bei dem Sie während des Betriebes die vielen Schmierungen zu beachten haben, ist die Wartung, welche der Elektromotor verlangt, verschwindend. Es sind im ganzen nur zwei Lager vorhanden. Bei Ihrem Motor sind es sogenannte Nin gsch mierungsla g er: ein Metallring läuft im Lager über die Welle und führt ihr das Ol zu, welches dann wieder zurückläuft. Da sind keine Schmiergefäße anzustellen und vor jeder In- betriebnahme nachzusehen. Sie brauchen nur alle acht Wochen das Hl zu erneuern, müssen aber ein gutes, säurefreies, nicht zu dickflüssiges Mineralöl verwenden. Sollte das Lager verschmutzen, so wird es mit Petroleum ausgewaschen. Den Kollektor müssen Sie blank erhalten. Vor Nässe ist der Elektromotor natürlich ängstlich zu bewahren; auch ver- stauben soll er nicht; eine Handdruck-Luftpumpe tut gute Dienste. Halten Sie Beschädigungen fern, so haben Sie im Elektromotor eine stets be- triebsbereite und betriebssichere Maschine. Wie leicht sich das Einschalten und Ausschalten vollzieht, haben Sie ja gesehen. In den Behandlungs- Vorschriften, die ich als Plakat an der Wand aufhänge, ist alles, was ich Ihnen sagte, klar und deutlich auseinandergesetzt. Halten Sie sich daran, so bin ich überzeugt, Sie werden weder jetzt noch später irgendwelche Anstände bekommen." Der Monteur hat recht behalten. Als man nach Jahresfrist im Gewerbeverein über motorischen Betrieb die Ansichten austauschte, konnte der Schlossermeister Ehlert voll und ganz für den Elektromotor eintreten, da er von Anfang an und jederzeit den an ihn zu stellenden Anforderungen genügt habe. — Aber die Abnutzung sei doch bedeutend; die Bürsten müßten häufig erneuert und auch der Kollektor müsse von Zeit zu Zeit in der Maschinenfabrik abgedreht und schließlich erneuert werden, meinte der Metzgermeister Hartung. Dem widersprachen Meister Ehlert und andere: man brauche nur die nötige Sorgfalt anzuwenden und die Behandlungs- vorschriften streng innezuhalten, dann sei von einem nennenswerten Ver- spleiß keine Nede. I. Epstein. (Heineckes .Lesebuch f. gewerbl. Forib.-Schulen-.) Wàiebscrrrten in xfyxex geschichtlichen Gntwicàlnng. Die alte Zeit mag ich gerne die gute alte Zeit nennen; aber immer in der Voraus- setzung, daß unsere Zeit die beffere sei. Riehl. 72. Die Ansänge Les Handwerks. Der germanische Bauer lebte vom Ertrage seines Feldes und Waldes. Von gewerblichen Dingen gebrauchte er noch wenig, und

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 210

1913 - Leipzig : Hahn
210 leine mitgenommen, die auf der Landstraße von Baum zu Baum gebunderr wurde. Die ganze Gesellschaft, groß und klein, mußte sich hinter dieser Barriere aufstellen und geduldig verharren. Nur die beiden Lehrer, der Hauptlehrer mit der uns wohlbekannten, dicken Taschenuhr in der Hand, wagten es, die Landstraße zu betreten und hinauszublicken in die Ferne, wo der Zug herkommen sollte. Unsere Herzen pochten vor Neugier und Wundersucht. Die Unruhigen drängten dermaßen vorwärts, daß schier die ausgezeichnete Waschleine hätte zerreißen können, wenn nicht die Schul- meisterin mit dem Röhrchen ihres Gatten die Mutwilligsten von uns iu Respekt gehalten hätte. Da, richtig — es war wirklich „auf die Minute", wie unser Lehrer zu Ehren der königlichen Schnellpost und seiner guten Taschenuhr noch wochenlang nachher versicherte — da erhob sich eine Staubwolke auf der Landstraße I Die Lehrer stürzten eiligst hinter unsere Barriere und nahmen die Hüte ab, wir Kinder nebst Begleitung des- gleichen. Und sie kam näher und näher. Wir schwenkten die Mützen und schrien vor Begeisterung unser „Hoch und Hurra!" aus vollster Kehle. Sie flog vorüber! Ein Hauptwagen und ein Beiwagen und ein Staubwirbel hinterher! Da war denn kein Halten mehr! Wir drängten vor, um ihr nachzusehen, und — die gute, alte Waschleine war mitten durchgerissen I Die Schulmeisterin wollte eben mit dem Röhrchen auf uns losfahren, aber unser Lehrer wehrte freundlich ab. Bei solchen merkwürdigen Er- eignissen müsse man mit der Jugend Nachsicht haben. In der Tat machte der Anblick auf uns den Eindruck der rasendsten Geschwindigkeit. Die Begeistertsten von uns behaupteten, daß die Schnell- post mit acht, zehn, zwölf Pferden vorübergesaust sei. Unser Schulmeister belehrte uns, daß es wirklich nur vier Pferde am Hauptwagen und zwei am Beiwagen gewesen wären; aber die Schnelligkeit wäre so groß, daß alles doppelt erschienen wäre. Auch er selber hätte darauf schwören mögen, daß er mehr als vier Pferde gesehen habe. Als wir uns ordnungsvoll auf dem Heimwege wieder unserer guten Stadt näherten, kamen uns der Gendarm und der Stadtwachtmeister ent- gegen und verkündeten uns, daß sie lange, lange schon wieder fort sei. — „Das geht zu weit", sagte der letztere und schüttelte bedenklich den Kopf. „Vom Revidieren der Pässe", setzte sein Begleiter hinzu, „kann gar nicht mehr die Rede sein! Wohin das noch kommen wird, mag der liebe Gott wissen!" Unser braver Lehrer meinte zwar: „Solche Herren, welche die königliche Schnellpost aufnimmt, haben sicher jeder seinen guten Paß in der Tasche; darauf kaun man sich wohl verlassen", aber der Herr Stadtwachtmeister schüttelte so sehr den Kopf, daß wir wohl sahen, er traue selbst der Schnellpost nicht. Wer da meint, daß die durch das Land dahinsausende Schnellpost die Vorläuferin und Fürsprecherin der Eisenbahn gewesen sei, befindet sich in einem schweren historischen Irrtume. Sie war im Gegenteil die abgesagte Feindin dieser unerhörten Neuerung. Der Generalpostmeister Nagler wies mit Selbstbewußtsein auf sein Werk hin und fragte erstaunt,

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 367

1913 - Leipzig : Hahn
367 durch ganz Deutschland ein Schrei der Entrüstung über unsere Wehr- losigkeit zur See, und das Volk forderte ungestüm eine Flotte. Dieser so kräftig ausgesprochene Wille fand auch Ausdruck in dem Ankäufe einer Anzahl von Raddampfern, die man zu Kriegsschiffen umzuwandeln suchte, sowie in dem Bau einer Reihe hölzerner Ruderkanonenboote zum Schutze unserer Küste. So entstand in den Jahren 1848 bis 1849 die „deutsche Flotte", wie das bunt zusammengewürfelte Material vom Volke in patriotischem Stolze genannt wurde. Aber die neue Schöpfung trug gleich bei Beginn den Keim der Auflösung in sich. Nichts fordert gebieterischer eine völlige Einheit des Willens und der Führung als eine Flotte, und ohne einen mächtigen deutschen Kaiser oder eine ebenso kraftvolle Zentralgewalt war eine Seewehr, wenn sie nicht ein bloßes Schaugepränge sein sollte, undenkbar. Ihr schmachvolles Ende unter dem Hammer wenige Jahre später war deshalb eine natürliche Folge dieses Fehlgriffes. Nur Preußen be- wahrte sich einen schwachen Kern, aus dem sich zuerst langsam, dann mit immer schnelleren Schritten unsere heutige Reichsmarine entwickelte. Der Traum, der vor mehr als einem halben Jahrhundert den Vaterlandsfteunden vorschwebte, damals aber wieder in ein Nichts zerfloß, ist jetzt zur Wirklichkeit geworden. Wir sind nicht mehr wehrlos zur See, unsere langgestreckten Küsten sind gegen feindliche Angriffe gesichert, und wenn wir uns auch den beiden großen Seemächten England und Frankreich nicht ebenbürtig zur Seite stellen können, so müssen sie doch schon mit der deutschen Flotte ernst rechnen, und sie fühlen, daß ihnen in Deutschland schnell ein Nebenbuhler erwächst, der sich anschickt, mit ihnen sich in die Herrschaft des Meeres zu teilen. Preußen hatte getan, was in seinen Kräften stand, um seine be- scheidene Marine zu vergrößern. Doch bestand sein ganzer Reichtum am Schluffe des Jahres 1863 aus zwei fertigen und einer im Bau be- griffenen Kreuzerfregatte, 2 Raddampfern, 6 größeren und 15 kleineren Booten und einem Schraubenaviso. Marinen dritten Ranges, wie z. B. Dänemark, waren Preußen also wett überlegen. Trotz seiner beengten Geldmtttel ließ es aber Preußen nicht nur dabei bewenden, allmählich den Bestand seiner leistungsfähigen Kriegsschiffe zu vermehren, sondern scheute auch nicht die Kosten, die vorhandenen in alle Meere zu entsenden, um den fremden Völkern die neuerstandene preußische Kriegsflagge zu zeigen. Wie angebracht das war, erhellt aus dem nach- stehenden Vorfalle aus dem Jahre 1862. Bei Auflösung der „deutschen Flotte" war von Preußen die Fregatte „Gefion" übernommen worden. Diese schickte es in Begleitung der kleinen Korvette „Amazone" und dem Transportschiffe „Merkur" aus, um einige 20 überseeische Häfen zu besuchen. Sett fast 200 Jahren, d. h. seit den Zeiten des Großen Kurfürsten, waren dies die ersten deutschen Kriegsschiffe, die sich auf dem Ozean zeigten, wenngleich der rote branden- burgische Adler in der Flagge sich inzwischen in den schwarzen preußischen verwandelt hatte.

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 369

1913 - Leipzig : Hahn
369 Im Laufe der siebziger Jahre entstand eine Reihe stattlicher Schlacht- schiffe. Genügt ihre Zahl auch zum Küstenschutz und zur Verteidigung, so darf doch nicht vergessen werden, daß es sich im Kriege auch darum handelt, angriffsweise vorzugehen, und daß man dazu schwerer Schlacht- schiffe bedarf. Weiter ist Deutschland mit Hilfe der Marine in den letzten Jahrzehnten in die Reihe der Kolonialmächte eingetreten, und unsere Kolonien umfassen viele Tausende von Quadratmeilen. Zu ihrem Schutze muß auch die Kreuzerflotte vermehrt werden, und ebenso fordert dies die wachsende Ausbreitung unseres Seehandels. Von Jahr zu Jahr kommen wir den beiden Staaten, die uns im Seehandel noch voraussehen, Eng- land und Amerika, näher; bereits haben deutsche Dampferlinien ein großes Verkehrsnetz über alle Gewässer der Erde gebreitet. Unser Kaiser hat aus all diesen Verhältnissen erkannt, wie notwendig Deutschland eine seiner Stellung entsprechenden Flotte bedarf, und tritt warm für sie ein. Seine gewichtigen Aussprüche „Unsere Zukunft liegt auf dem Waffer" und „Bitter not tut uns eine starke deutsche Flotte" fanden so großen Beifall bei dem deutschen Volke, daß alle Bedenken schwanden und die neue Flottenvorlage Anfang 1900 vom Reichstag an- genommen wurde. Danach soll unsere Flotte innerhalb der nächsten 16 Jahre ungefähr verdoppelt werden. Sie wird dann aus 4 Geschwadern zu je acht kriegstüchtigen Linienschiffen nebst den dazu gehörigen Schiffen — zu jedem Geschwader gehören 1 Kommandoschiff, 2 Reserveschiffe, sowie 12 größere und 30 kleinere Kreuzer — bestehen Wie heldenhaft der Geist ist, der die Offiziere und Mannschaften unserer jungen Marine beseelt, das hat sich oft schon gezeigt, am bewunderungswürdigsten beim Untergange des Kanonenbootes Iltis im Jahre 1896. Als das Schiff in einem jener gefährlichen Wirbelstürme, die in den chinesischen Gewässern nicht selten wüten, auf einem Felsen nahe dem Kap Schantuug scheiterte, da brachte, auf der Kommandobrücke stehend, der Kommandant Kapitänleutnant Braun angesichts des Todes ein dreimaliges Hurra auf den Kaiser aus, in das die Besatzung, die auf das Hinterdeck geflüchtet war, donnernd einstimmte. Dann war er verschwunden, eine überbrechende See hatte ihn mit sich in die Tiefe ge- nommen. Nun aber stimmten die Mannschaften das Lied von der „Flagge schwarz, weiß, rot" an. Kaum war der zweite Vers verklungen, da er- tönte ein letzter, furchtbarer Schrei durch die Nacht. Das Hinterschiff war gekentert und begrub die auf ihm Weilenden unter seinen Trümmern. Von der Besatzung waren sämtliche Offiziere und 71 Mann ins Wellengrab gesunken, nur elf konnten gerettet werden. Nach R. Wem». 158. Pie Erwerbung der deutschen Kolonien. Seit der Begründung des neuen Deutschen Reiches hat kein Ereignis der Geschichte innerhalb und außerhalb unseres Vaterlandes solches Auf- sehen erregt als die Erwerbung deutscher Kolonien. Was die einen lauge wünschten und erstrebten, die anderen zaudernd und vorsichtig erwogen Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Nllg. Teil. 24
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