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weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst
wehe tun.“
Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander-
bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch
zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes
und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet.
Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände
in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse
alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht
lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin
kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und
antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie
holen, da werden sie fertig sein.“
Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm
der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen
zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich
selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem
großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen
Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück;
und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein
heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm
ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat
auf Nimmerwiederkommen zu verlassen.
So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne
großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde,
und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die
auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel
machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit
Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun
allein in der Stube.
Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein
Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei.
Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten
gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das
Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere
Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der
Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf
der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den
Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich
dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten
darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung
aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt,
durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von
sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen
Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme
wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Andreas Andreas Andreas
Extrahierte Ortsnamen: Merkendorf England Amerika England Frankfurt Merkendorf
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nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am
Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge;
es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer
an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie
beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte
Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen
ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein-
stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt-
ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken,
welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem
Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf.
Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome,
der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300
Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich
nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber,
die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über
die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von
selbst auf die Lippen:
Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit
wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut
am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit,
die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut.
Ein Schifflein zieht auf blauer Flut,
da singt's und jubelt's drein;
du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
in all die Lust hinein?
Das alles beut der prächt'ge Rhein
an seinem Rebenstrand
und spiegelt recht im hellsten Schein
das ganze Vaterland, —
Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland
es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht,
andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand
aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. —
Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name
die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts,
der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In
Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch
heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend
aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n,
der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch
ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben.
Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ
sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen,
die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver-
zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten.
Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung
aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte
sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein
mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Preußen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Holland Mainz Burg_Rhein- Burghof Rhein" Rhein Rhein Kaub Frankreich Kiel Rhein Rhein
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einen Hexenschuß im Kreuz und liegt zu Bette; aber die Herbergsmutter
hat auch noch keinem ehrlichen Schusterknecht ein Bein ausgerisien. Kannst
fragen, wen du willst, in der Stadt, ob die alte Hambroksche nicht überall
einen Stein im Brette hat."
„So wollt' ich Euch ganz freundlich angesprochen haben, Frau
Mutter," sagte Timmo, indem er sich mit geschlossenen Hacken vor sie
hinstellte, den Hut in der Hand und den Ranzen unter dem linken Arm,
„von wegen des Handwerks, ob Ihr mich und mein Bündel heute wollet
beherbergen, mich auf der Bank und mein Bündel unter der Bank; ich
will mich halten nach Handwerks Gebrauch und Gewohnheit, wie es
einem ehrlichen Schusterknecht zukommt, mit keuschem Mund und reiner
Hand."
„Sei willkommen wegen des Handwerks!" sagte die Alte, „lege
dein Bündel unter die Bank und deinen Filz auf dem Herrn Vater seinen
Tisch; ich will den Altschaffer rufen lassen, daß er dich umschaut."
Timmo tat, wie ihm geheißen war, und ruhte sich. Als aber der
Altgesell kam, erhob er sich wieder, setzte den Hut auf, ging dem Ein-
tretenden entgegen und legte seine linke Hand auf dessen rechte Schulter.
Der Altgesell machte es ebenso und fing an:
„Hilf Gott, Fremder! — Schuster?"
„Stück davon", antwortete Timmo.
„Wo streichst du her bei dem staubigen Wetter?"
„Immer aus dem Land, das nicht mein ist."
„Kommst du geschritten oder geritten?"
„Ich komme geritten auf zwei Rappen aus eines guten Meisters
Stall. Die Meisterin hat sie mir gesattelt, die Jungfer hat sie mir ge-
zäumt, und beschlagen hab' ich sie mir selber."
„Worauf bist du ausgesandt?"
„Auf ehrbare Beförderung, Zucht und Ehrbarkeit, Handwerks Gebrauch
und Gewohnheit."
„Wann fängt selbige an?"
„Sobald ich meine Lehrjahre ehrlich und treu ausgestanden."
„Wann endigt sich selbige?"
„Wenn mir der Tod das Herz abbricht."
„Was trägst du unter deinem Hut?"
„Eine hochlöbliche Weishett."
„Was trägst du unter deiner Zunge?"
„Eine hochlöbliche Wahrheit."
„Was frommt unserem Handwerk?"
„Alles, was Gott weiß und ein Schustergeselle."
Nun nahmen sie beide den Hut ab, der Altschaffer reichte dem
Fremden die Hand und sprach: „Sei willkommen wegen des Handwerks!
Wie heißt du? Was ist dein Begehr?"
„Ich heiße Timotheus Schneck, bin aus Darmstadt gebürtig und
wollte dich gebeten haben, du wollest mir Handwerksgewohnheit wider-
fahren lassen und mich umschauen, ist es nicht hier, so ist es anderswo."
3*
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t
— 14 —
Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor>
gegaukelt.
Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend
heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur
noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm
wieder!"
Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht
so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine
Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte
Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des
tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte,
die ins reine Land der ewigen Ernten führt.
Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen
stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden!
Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder,
schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen.
Jean Paul Friedrich Richter.
13. Die deutsche Turnkunst.
Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst
einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende
des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen.
Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr-
jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands
und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon
so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken.
In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul-
freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler
mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die
Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor-
genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl
von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch
sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen-
hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der
Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde.
Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von
Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen
Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen
Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu-
gleich auf.
Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe.
Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen.
Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die
alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht.
Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Gott Jean_Paul_Friedrich_Richter Friedrich
42
25. Spielkarten.
Wer erzählen könnte, was diese zweiunddreißig Blätter in der
Welt schon angerichtet haben, brächte leicht eine ganze Bibliothek
zusammen. Ja, wenn's noch schwarzer Peter wäre oder so ein
„Geduldspiel," wenn man an Langeweile oder Podagra leidet —
aber das Spiel ums Geld hat schon Millionen um Haus und Hof,
um Ehre und Frieden gebracht. Außer der Schnapsflasche hat der
Teufel keine so glückliche Erfindung gemacht als die Aarten. Sie
sind eine richtige Mausefalle, die sicher arbeitet. Du könntest dir
auch einen Vers daraus machen, geneigter Leser, und dir sagen, was
Herz, Eckstein, Schippen (Laub) und das Areu; bedeuten, und
brauchtest den Aopf dir nicht besonders darüber zu zerbrechen. Das
rote per; sind die blutenden Kerzen daheim von Weib und Rind,
deren Vater die Nacht durchspielt und den Erwerb verschwendet,
am Eckstein sind Tausende zerschellt, zum schwarzen Laub
ist mancher Familienbaum zusammengewelkt, und das Areu;
kannst du auf jedes Grab des Glücks, auf die Trümmerhaufen der
Menschenherzen setzen, die den Frieden des Herzens verspielt haben.
Der alte Flattich im Schwabenland hat's verstanden, schon in
der Jugend seinen Buben, deren er etwa dreißig in Aost und Wohnung
hatte, und die meist zu kurz oder zu lang waren, um in das Gym-
nasium zu paffen, das Kartenspiel gründlich zu versalzen. Er sieht
eines Abends spät um elf Uhr noch Licht aus dem Schlaf-
zimmer leuchten, schleicht still hinauf: richtig, da sitzen die jungen
Herrlein am Tische beim Lichtstümplein und spielen Karten. „Was
tausend," sagt er, „ihr könnt Aarten spielen?" und erschreckt sahen
die Missetäter den Pfarrer an — und die Aarten fliegen unter
den Tisch. „Ach was — holet sie gleich wieder herauf! Ich will mit
euch karten, es ist ja ein Zeitvertreib." Also er setzt sich zu ihnen
hin, und die Herrlein sind seelenvergnügt, daß der alte Herr die
Sache so scherzhaft aufgefaßt hat und kein Spielverderber ist. Es
wird also gespielt und wird mittlerweile zwölf Uhr, und der Wächter
bläst die Witternacht und singt dazu etwas vom Licht ausblasen;
aber der Pfarrer steckt dagegen ein neues Licht auf, und den Herr-
lein geht das Licht im Aopfe derweilen langsam aus, denn der
Schlaf bläst es aus. Aber da hilft nichts, „wenn man einmal am
Aarten ist, wird fortgemacht, 's ist ja ein Zeitvertreib," sagte der
Pfarrer. Und es wird ein Uhr und zwei Uhr, und die Aäpfe sind
so schwer, daß sie am Halse herumbaumeln wie eine volle Sonnen-
blume am schlanken Stengel. Aber es nutzt nichts, sie müssen
weiter spielen. Der Morgenwind fängt um drei Uhr schon an zu
blasen, und den jungen Herren wird's kalt in ihrem Nachtkostüm;
aber der Pfarrer hat einen dicken Hausrock an und spürt gar nichts
von der Morgenluft. Da fangen die Herrlein an zu heulen und
bitten um Gottes willen, er solle doch aufhören, sie wollten's ihr
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
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69
weithin seiner Not enthoben war, und der andere war Boucher, dem
sein Herz ein Zeugnis gab, darum man ihn hätte beneiden mögen.
W. O. o. Horn.
36. John Maynard.
John Maynard!
„Wer ist John Maynard?"
John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann;
er hat uns gerettet, er trägt die Krön',
er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn.
John Maynard.
* *
*
Die „Schwalbe" fliegt über den Eriesee,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee,
von Detroit fliegt sie nach Buffalo —
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Frau'n
im Dämmerlicht schon das Ufer schau'n,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
„Noch dreißig Minuten . . . halbe Stund."
Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei —
da klingt's aus dem Schiffsraum her wie ein Schrei.
„Feuer I" war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt' und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.
Und die Paffagiere, buntgemengt,
am Bugspriet stehen sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich's dicht,
und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? wo?"
und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo.
Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht.
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durch's Sprachrohr fragt er an:
„Noch da, John Maynard
p „Ja, Herr. Ich bin."
„Auf den Strand! In die Brandung!"
„Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo.
„Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit sterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die „Schwalbe" mitten hinein-
soll Rettung kommen, so kommt sie nur so,
Rettung: der Strand von Buffalo.
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TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
77
Aber oft eine einzige Wendung des Rörpers genügt, daß Ge-
danken und Gemüt eine andere Richtung nehmen. Gin paar schritte
machte er hastig in den Hintergrund, dann blieb er stehen und sagte:
Mieter! Was ist das gewesen? Was ist dir jetzt eingefallen?
So schlecht wärest du? Zum Aushenken wärest du! Bei der Arbeit
im Schacht einen umbringen! Von rücklings umbringen! — Peter,
das ist dein Grnst nicht gewesen. Im Wirtshaus schlägst ihn tot,
wenn er weiß, warum's ihm geschieht! So teuselhast denken! Im
Schacht da unten! Und meuchlerisch! Wäre das eine Rache?
Rann's nicht jeden treffen im Bergwerk? Im Wirtshaus schlägst
ihn tot. S’ ist noch nicht finster. —
Gr ging wieder an seine Arbeit und hieb und hämmerte scharf
draus los. Und als er später innehielt, um sich den Schweiß von
der Stirne zu trocknen, murmelte er in sich hinein: Du wärest mir
lieber gewesen, Peter, wenn dir der höllische Gedanken nicht wär'
gekommen. Aus wen sollte der Wensch denn ein Vertrauen haben,
als aus sich selber? — Wie wirst du heute deinem Weib ins Ge-
sicht schauen können? — Hinterwärts umbringen! Im Bergwerk!
Glender Wicht! Gr arbeitete wieder und schlug und hieb, als
kämpfe er mit seinem Werkzeug noch hart gegen die Versuchung
oder gegen die Vorwürfe des Gewissens. —
Von diesem Tage an war seine Empfindung eine andere, wenn
ihm der Italiener einfiel. Gs war ihm fast wie in Furcht und
Angst, der Welsche könne ihn vor Gericht belangen oder gar den
südländischen Brauch der Blutrache einführen. Denn jetzt wäre ja
an dem Welschen die Reihe. — Das Würgen an der Gurgel spürte
der Peter Oberdörfer nicht mehr seit jener Stunde im Schacht. Die
schlimme Tat war mit einem noch schlimmeren Gedanken gesühnt!
So wollte Peter nun nichts mehr, als aus den Welschen ver-
gessen , oder ihn zuhöchst — weil es dem Rerl doch nicht ganz ge-
schenkt bleiben sollte — bei guter Gelegenheit ein wenig durch-
bleuen.
So war es, als eines Tages in den Tiefen des Grzberges, un-
weit des Hubertusstollens, sich böse Wetter zeigten, die Rnappen
in Wirrnis die Flucht ergriffen und die beiden Rcänner sich plötzlich
gegenüberstanden.
„Gr muß doch mein Unglück sein!" stöhnte Peter und stürzte zu
Boden, denn die Stickluft hatte ihn bereits betäubt.
Der Italiener raffte den Ohnmächtigen vom Boden aus, warf
ihn über die Achsel und eilte mit solcher Last im nächtigen Labyrinth
der Stollen hin und her — die Grubenlampe war ihm schon ver-
loschen, die Orientierung hatte er auch verloren, schwerer Gruben-
dunst beengte ihm die Brust. Gr rüttelte den Peter. Rannst du
gehen, Ramerad? Rannst du? Niente (nicht)? (D, jetzt ist es finster ge-
worden ! Schon wollten auch ihm die Sinne vergehen, als aus einem
Seitenstollen roter Lichtschimmer winkte. Dort ist Rettung. Wo
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Peter_Oberdörfer Peter Peter Peter
80
In diesem Augenblicke rief Herr Martin: „Karl!“
„Meister!“
„Hier, trage das Schloß zum Herrn Geheimrat! Eine
Empfehlung, und in einer Stunde werde ich selbst kommen, es
anzuschlagen.“
Das ließ sich Karl nicht zweimal sagen; eilig rieb er sich
mit dem Schurze den Ruß im Gesichte herum und rannte zur
Tür hinaus, um den Fritz noch zu erwischen. Die Wohnstube,
durch die er gehen mußte, war leer; die Meisterin war auf dem
Markte, und eben wollte er die Stube verlassen, da fiel sein
Blick auf etwas, das seinen Lauf hemmte. Das Wandschränk-
chen des Meisters stand offen, das Wandschränkchen, in dem
der Meister seine Geschäftsbücher und die Meisterin ihr Haus-
haltungsgeld aufzubewahren pflegten. Dem Knaben war’s, als
würge ihn einer an der Kehle, und er zitterte am ganzen Leibe.
Dort lag, er sah es ganz genau, ein kleines Häufchen Zehner.
„Nimm eins!“ flüsterte ihm die Versuchung zu, „die Meisterin
merkt’s nicht, und die Äpfel sind so saftig und so schön rot.“
Karl warf einen Blick hinter sich, dann einen durchs Fenster
— der Fritz biß eben seinen zweiten Apfel an — und da war
es geschehen! Mit einem Zehner in der Hand stürzte er auf
die Straße hinaus, und die Jagd auf Fritz, der schleunigst
Fersengeld gab, begann.
Nach einer Viertelstunde kam Karl wieder zurück. Scheu
und vorsichtig öffnete er die Stubentüre, und erschrocken blieb
er auf der Schwelle stehen, da er den Meister erblickte, der in
seinem Lehnstuhle am Fenster saß und mit den Fingern auf
dem Fensterbrette trommelte.
„Karl, komm herein! Was bleibst du unter der Türe
stehen?“
„Ich ... ich ... eine schöne Empfehlung vom Herrn Geheim-
rat und ...“
„Schon gut“, unterbrach der Meister den stotternden Jungen.
„Was hast du denn vorhin mit dem Fritz gehabt?“
„Ich ... er schimpft immer über uns Schlosser, der Fritz,
und da ...“
„Und da hast du ihn durchgeprügelt?“
Karl nickte mit dem Kopfe.
„Richtig,“ fuhr der Meister fort, »denn die Schlosser sind
brave, rechtschaffene Leute, die darf man nicht schimpfen lassen,
und die Schlosser sind ehrliche Leute. Du aber,“ rief der
Meister mit erhobener Stimme und stand auf, „du aber bist
kein ehrlicher Mensch, denn du hast deinen Meister bestohlen.
Haben dir die Äpfel geschmeckt? Ein ehrliches Auge hat auf
deiner unehrlichen Hand geruht. Du bist ein Dieb! Pfui! Mich
dauert nur deine arme Mutter! Marsch in die Werkstätte!
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Martin Karl Karl Fritz Karl Karl Fritz Karl Karl Schlosser Fritz Karl Karl
132
65, Das erste Gaslicht.
Das Leuchtgas ist am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden.
Der Engländer Murdoch beleuchtete 1792 sein Haus und seine Werk-
stätte mit Steinkohlengas. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, der
für die Entwicklung der Gasindustrie außerordentlich viel beigetragen
hat und die Straßenbeleuchtung von London (1814) einführte, er-
zählte über die Erfindung des Leuchtgases folgendes:
„Murdoch hatte mich als jungen Burschen bei seinen Versuchen
über die Verwendung des Kohlengases für die Erleuchtung zur
Hilfeleistung herangezogen. Wie einfach waren unsere Apparate! Ein
altes Flintenrohr hatten wir als Retorte, Ochsenblasen als Rezipienten
und Gasometer. Wie oft sind wir beim Licht eines Flämmchens
nach Hause gegangen, das der Alte mittels einer solchen Blase, die er
unter dem Arm drückte, und eines alten Pfeifenrohres als Brenner
unterhielt. Wir kamen weit mit dem Kohlengas, und bei dem Feste
für den Frieden zu Amiens (1802) hatten wir an der Front der
Fabrik in Soho eine Sonne von Gasflammen angebracht, die freilich tüchtig
qualmten, — der Jubel und das Staunen der Volksmassen wollte nicht
enden. — Wir beleuchteten die Werkstätten damit, noch einige Spinn-
mühlen, und es war besser als Lampenlicht; aber schlecht genug war
das Gas, und die Leute wurden krank von all dem Rauch und Ruß.
Als ich vor nunmehr 40 Jahren meine Reinigungsapparate
erdacht und fertig hatte, beleuchtete ich zuerst damit einen Verkaufs-
laden, ich glaube, der Besitzer war ein Farbenmacher am Strand in
London und hieß Ackermann. Die Flammen standen wie weiße
Sterne über den Brennern, und die Öllampen weit und breit wurden
rot und blind. Die Leute liefen zusammen, und die Wagen der Vor-
nehmen hielten vor dem Laden, dessen Besitzer bedeutende Geschäfte machte.
Eines Abends kam eine schöne, große Lady hereingestürmt und rief
uns an, sie müsse das Licht in ihrer Kutsche mit nach Hause nehmen,
es koste, was es wolle! Bei alledem wurde ich ausgelacht, als ich
mit dem Plane hervortrat, London mit Gas zu beleuchten. Und
unter den Lachern waren keine schlechteren Leute als Davy, unser
größter Physiker, und einer, dem es lieber verziehen sein soll, unser
größter Dichter von damals, Sir Walter Scott, der spottend ausrief:
„Die Welt steht auf dem Kopfe, London soll jetzt in Winternächten
mit dem Kohlenrauche beleuchtet werden, der unsere Wintertage zu
Nächten macht." Aber endlich, jetzt (1844) gerade vor 36 Jahren,
hatten wir eine mutige Gesellschaft zusammen, ein Gasometer war er-
baut, und es sollte mit dem „Lichtverkauf" begonnen werden. Da
hatten Gelehrte dem Magistrat gesagt, mein kleiner Gasbehälter sei
gefährlicher, als wenn er voll Schießpulver wäre, und durch das
kleinste Loch in seinem Blech könne das Gas Feuer fangen, explodieren
und halb Middlesex in die Luft sprengen.
Ich bekam keine Erlaubnis, auch nur eine einzige Flamme anzu-
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Extrahierte Personennamen: Murdoch Murdochs_Schüler Samuel_Clegg Samuel Ackermann Davy Walter_Scott
Extrahierte Ortsnamen: London Amiens London London London
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fährt der Kleine endlich aus seinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und
fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause jemand sprechen?"
Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere
Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich
habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld."
Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst:
„Ich bin Mohrfeld."
Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und
in einem abgeschabten Oberrocke einherging, sollte mir Hilfe kommen? —
Aber es war der einzige Hoffnungsanker, nach dem ich greifen konnte; ich
riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so einnehmendem
Wesen, als es mir möglich war: „Verzeihen Sie! — Ich hatte bis jetzt
nicht die Ehre — ich habe", hier zog ich die Brieftasche — „ein
Schreiben zu überreichen."
Herr Mohrseld unterbrach mich: „Jetzt nicht; nachher werde ich Sie
sprechen im Kontor, Sie müssen aber etwas warten. Kommen Sie!" —
Er trat in das Haus und ich hinter ihm drein. Auf der Vordiele war
ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab,
mehrere Quartiersleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen
wurden, ein Kommis stand mit einer Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld
sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute
seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, sodaß dieser platzte und die
Bohnen weit umherflogen. „Was ist das für eine liederliche Wirtschaft!"
fuhr der Herr grimmig auf; dann aber bückte er sich und half emsig die
zerstreuten Bohnen aufsammeln, wobei er in Zwischenräumen folgendes
sprach: „Sammelt mir hübsch alles auf, und steckt es wieder in den Sack
hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sic,
Herr Möller," — hierbei sah er den Kommis an — „werden den Sack
besonders nachwiegen lassen, und wenn etwas an dem Gewicht fehlt, be-
rechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorsichtigen Menschen zur Last,
es soll ihm am Wochenlohne abgezogen werden."
„Das ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen —"
„Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleine nicht
ehrt, ist des Großen nicht wert; aus achtundvierzig Schillingen besteht ein
Taler, und zu einem guten Weinjahre gehören viele warme Tage. Also
nicht der Mühe wert? Unachtsamkeit ist ein großer Fehler und der Ruin
eines ordentlichen Geschäftes. Herr Möller, sobald der Mann noch eine
einzige, auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der
Stelle ab, ich mache Sie verantwortlich!"
„Großer Gott," dachte ich, „um einer Hand voll Kaffeebohnen
willen einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wird
es mir ergehen!"
Ein junger Mensch, mit der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem
Kontor, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Tür hinaus,
aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er still.
„Wie sehen Sie denn aus?" ftagte der Kaufmann unwillig, „ist
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