— 17 —
Wir achten weiter auf die bei Hochwasser trübe, gelbe und
braune Färbung der Bäche, und die Schüler werden veranlaßt, sich
nach starkem oder längerem Regen einmal ein Gefäß voll schmutzigen
Flußwassers hinzustellen und nach einiger Zeit den Bodensatz anzu-
sehen, vielleicht auch zu wiegen und zu messen.
Größere Schüler könnten unter Anleitung des Lehrers durch
eigene Messungen und Berechnungen ermitteln, wieviel Wasser täg-
lich, monatlich, jährlich in Werre und Aa durch Herford fließt,*) wieviel
Schwemmstoffe mitgeführt werden, wie hoch hier die Regenhöhe**) in
einem Jahre ist, wieviel Erdreich usw. auf unfern Feldern, etwa auf
1 qkm oder im ganzen Kreise Herford, abgeschwemmt wird: alles
Aufgaben, die eigene sorgsältige Beobachtung, selbständiges Denken
und gewissenhafte Arbeit verlangten.
So kommen wir nach und nach durch zahlreiche Beobachtungen
und Vergleiche dahin, in dem Fluß einen außerordentlich erfolgreichen
Sandfabrikanten, einen fleißigen Lumpensammler, der auf die Dauer
nichts von dem, was ihm erreichbar ist, liegen laffen kann, und einen
» billigen Lieferanten zu sehen. Auch mit einem Riesen-Fuhrgeschäft
könnte man ihn vergleichen. Unaufhörlich, tagaus, tagein, ist er an
der Arbeit, erstaunlich große Massen von Erde, Steinen, Sand und
Schlamm loszureißen, fortzufpülen, weiterzuschleppen und nach dem
Meere zu verfrachten.
Wir kommen an einem mit 2 Pferden bespannten Sandwagen
vorüber und fragen im Vorbeigehen den Knecht, wieviel Sand er da
fährt. Es sind meist l1/2 cbm.
Im Weitergehen rechnen wir sofort einige dazu paffende Auf-
gaben, z. B. daß man, um 30 cbm Sand auf einmal zu fahren,
20 solcher Wagen und 40 solcher Pferde brauchte.
*) Herrn Dipl.-Jng. Ulrici verdanke ich weiter folgende Angaben:
Durchfluß 1. in der Werre an der Milcherbrücke im Jahresmittel 8 cbm/sec.
2. „ „ Aa bei Spilker „ „ 3,6 „ „
3. „ „ Werre an der Hansabrücke „ „ rund 12 „ „
**) Herr Rektor Wulff als Leiter der hiesigen Wetterwarte („Königl.
Meteorologischen Station") ermittelte als das 15 jährige Jahresmittel der
Jahre 1895—1910 = 717,1 mm,
als das Jahresmittel für 1910 —751,1mm (regenreich!)
ii ii ii „ 1911 =485,1 mm (fehr trocken!)
ii ii ii „ 1912 = 837,0 mm (regenreich !)
Allein am 25. August 1912 betrug hier die Niederschlagsmenge 22 mm,
im August 1912 überhaupt 126 mm!
Vergl. dazu die regenreichsten Stellen der Erde: Kamerunberg mit 10 m,
Assam am Himalaja 12 m!
Nolte, Bodenständiger Unterricht. 2
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge]]
Extrahierte Personennamen: Spilker Wulff August August
— 18 —
Wir hören von dem Müller Schachtstek in Diebrock, — wir treffen
ihn gerade an, wie er bei seiner Mühle aus dem Arme der Aa,
der nach dem Mühlrad zu abgeleitet ist, den abgelagerten Sand aus-
wirft, um das Flußbett wieder tiefer zu machen — daß er dort
jedes Jahr etwa 50 cbm Sand abfahren muß — über 30 Fuder.
Die Schüler haben gesehen und werden angehalten, dauernd
daraus zu achten, wie oft Kolke, Teiche, Straßen- und Ackergräben
gereinigt, „ausgeschlämmt" werden müssen.
So lernen sie auf Grund vielfacher Beobachtungen in ihrer
engsten Heimat, welche gewaltige Mengen festen Erdreichs usw. aus
den Bergen und Feldern des Binnenlandes durch die zahlreichen
kleinen und großen Flüsse und Ströme abgeschwemmt, fortgespült
und in das Meer geschleppt werden.
Nun klingt es ihnen glaubhaft, wenn sie hören, daß alljährlich
allein aus dem sächsischen Elblaufe *) über 34000 cbm Sand, Kies
und Steine (rund 23000 Fuder oder was 46000 Pserde ziehen können!)
ausgebaggert werden müssen, damit die Fahrrinne tief genug bleibt;
daß die Donau **) jährlich über 35^ Millionen cbm — rund
23 Millionen Fuder für 46 000000 Pferde,
der Mississippi weit über 211 Millionen cbm — 140 Millionen
Fuder für 280000000 Pferde,
der Hoangho sogar 472 ^ Millionen cbm = 315 Millionen
Fuder für 630000000 Pferde,
Erde, Steine, Sand und Schlamm nach dem Meere bringt,
daß allein aus der schwäbischen Alb jedes Jahr 63600 cbm
Kalksteine vom Wasser ausgewaschen und abgeschwemmt
werden = 42400 Fuder für 84800 Pferde,
daß dort, wie man an zurückgebliebenen Spuren nachweisen
kann, bereits eine Erd- und Gesteinsschicht von 200 m Dicke
und 23 km Ausdehnung fortgespült worden ist.
Da sehen die Schüler allmählich ein, daß bei solch ungeahnter,
unaufhörlicher Riesenarbeit des Wassertropfens nach und nach Gebirge
und andere hoch gelegene Teile der Erdoberfläche abgetragen werden,
und daß durch diese ungeheure Einebnungsarbeit des Wassers schließlich
eine völlige Beseitigung aller Erhebungen stattfinden müßte, wenn nicht
auch andere Kräfte mit entgegengesetztem Erfolge an der Arbeit wären.
*) Vgl. Fraas, Die Naturerscheinungen der Erde. Verlag von Lutz,
Stuttgart.
**) Vgl. Volk, Geologisches Wanderbuch. Verlag von Teubner, Leipzig.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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— 101 —
Der bodenständige Unterricht wird dies Verhältnis völlig
umkehren: das Aufsuchen, Zeigen, Betrachten und Besprechen der
Dinge wird die Hauptsache werden; dem Wortunterricht, der sich
an die unmittelbare Anschauung anzuschließen und, soweit er
in einem Unterrichtsraum stattfindet, die allerbesten Veranschau-
lichungsmittel zu gebrauchen hat, wird man die Aufgabe dahin be-
schränken, daß er im wesentlichen nur noch das zu erklären und
darzustellen hat, was die Sinne, besonders die Augen, wahrnehmen
und wahrgenommen haben.
Die Sache wird nicht mehr das Wort, sondern das
Wort wird die Sache erklären!
Dies Verhältnis, daß die Sache der Zweck, das Wort aber nur
ein Mittel zu diesem Zwecke wird, ist das natürlichste; denn immer
war erst die Sache da, dann erst das Wort; und es ist für den
Ertrag der Schularbeit das fruchtbarste, weil es den Grundsatz des
„anschaulichen Unterrichts" am besten durchführt.
Dadurch aber bewirkt der bodenständige Unterricht eine bessere
Erfüllung der oft erhobenen und nie bestrittenen Forderung, daß,
wie alle Unterrichtsarbeiten, so auch die mündlichen und schriftlichen
Leistungen echt und wahr sein sollen.
Das sind sie aber doch erst dann, wenn die Schüler nicht mehr
gezwungen sind, das wiederzugeben, was ihnen vorgetragen und ein-
geprägt worden ist, was sie also nur — häufig mehr oder weniger
unverstanden — nachsprechen und nachschreiben, sondern wenn sie
geben, was aus der Fülle ihres Anschauungsschatzes zum Ausdruck
drängt, wenn sich also die Schule bei den mündlichen und schrift-
lichen Übungen stetig des Wortes erinnert: „Wes das Herz voll ist,
des geht der Mund über."
Der bodenständige Unterricht, der seine Stoffe der nächsten Um-
gebung entnimmt, läßt am ersten und am meisten an die Stelle der
künstlich herausgepreßten Scheinleistungen Ursprünglichkeit, Natür-
lichkeit, Wahrheit treten.
In wieviel Schulen führt heute der Unterricht in der Natur-
geschichte dazu, daß die Schüler die naturwissenschaftlichen Dinge
der engsten Heimat auch nur einigermaßen, um nicht zu sagen gut
und gründlich, kennen lernen?
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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25
weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst
wehe tun.“
Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander-
bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch
zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes
und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet.
Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände
in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse
alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht
lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin
kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und
antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie
holen, da werden sie fertig sein.“
Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm
der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen
zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich
selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem
großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen
Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück;
und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein
heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm
ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat
auf Nimmerwiederkommen zu verlassen.
So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne
großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde,
und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die
auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel
machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit
Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun
allein in der Stube.
Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein
Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei.
Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten
gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das
Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere
Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der
Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf
der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den
Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich
dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten
darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung
aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt,
durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von
sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen
Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme
wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-
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Extrahierte Personennamen: Andreas Andreas Andreas
Extrahierte Ortsnamen: Merkendorf England Amerika England Frankfurt Merkendorf
29
nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am
Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge;
es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer
an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie
beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte
Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen
ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein-
stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt-
ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken,
welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem
Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf.
Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome,
der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300
Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich
nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber,
die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über
die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von
selbst auf die Lippen:
Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit
wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut
am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit,
die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut.
Ein Schifflein zieht auf blauer Flut,
da singt's und jubelt's drein;
du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
in all die Lust hinein?
Das alles beut der prächt'ge Rhein
an seinem Rebenstrand
und spiegelt recht im hellsten Schein
das ganze Vaterland, —
Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland
es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht,
andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand
aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. —
Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name
die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts,
der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In
Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch
heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend
aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n,
der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch
ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben.
Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ
sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen,
die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver-
zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten.
Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung
aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte
sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein
mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Preußen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Holland Mainz Burg_Rhein- Burghof Rhein" Rhein Rhein Kaub Frankreich Kiel Rhein Rhein
35
einen Hexenschuß im Kreuz und liegt zu Bette; aber die Herbergsmutter
hat auch noch keinem ehrlichen Schusterknecht ein Bein ausgerisien. Kannst
fragen, wen du willst, in der Stadt, ob die alte Hambroksche nicht überall
einen Stein im Brette hat."
„So wollt' ich Euch ganz freundlich angesprochen haben, Frau
Mutter," sagte Timmo, indem er sich mit geschlossenen Hacken vor sie
hinstellte, den Hut in der Hand und den Ranzen unter dem linken Arm,
„von wegen des Handwerks, ob Ihr mich und mein Bündel heute wollet
beherbergen, mich auf der Bank und mein Bündel unter der Bank; ich
will mich halten nach Handwerks Gebrauch und Gewohnheit, wie es
einem ehrlichen Schusterknecht zukommt, mit keuschem Mund und reiner
Hand."
„Sei willkommen wegen des Handwerks!" sagte die Alte, „lege
dein Bündel unter die Bank und deinen Filz auf dem Herrn Vater seinen
Tisch; ich will den Altschaffer rufen lassen, daß er dich umschaut."
Timmo tat, wie ihm geheißen war, und ruhte sich. Als aber der
Altgesell kam, erhob er sich wieder, setzte den Hut auf, ging dem Ein-
tretenden entgegen und legte seine linke Hand auf dessen rechte Schulter.
Der Altgesell machte es ebenso und fing an:
„Hilf Gott, Fremder! — Schuster?"
„Stück davon", antwortete Timmo.
„Wo streichst du her bei dem staubigen Wetter?"
„Immer aus dem Land, das nicht mein ist."
„Kommst du geschritten oder geritten?"
„Ich komme geritten auf zwei Rappen aus eines guten Meisters
Stall. Die Meisterin hat sie mir gesattelt, die Jungfer hat sie mir ge-
zäumt, und beschlagen hab' ich sie mir selber."
„Worauf bist du ausgesandt?"
„Auf ehrbare Beförderung, Zucht und Ehrbarkeit, Handwerks Gebrauch
und Gewohnheit."
„Wann fängt selbige an?"
„Sobald ich meine Lehrjahre ehrlich und treu ausgestanden."
„Wann endigt sich selbige?"
„Wenn mir der Tod das Herz abbricht."
„Was trägst du unter deinem Hut?"
„Eine hochlöbliche Weishett."
„Was trägst du unter deiner Zunge?"
„Eine hochlöbliche Wahrheit."
„Was frommt unserem Handwerk?"
„Alles, was Gott weiß und ein Schustergeselle."
Nun nahmen sie beide den Hut ab, der Altschaffer reichte dem
Fremden die Hand und sprach: „Sei willkommen wegen des Handwerks!
Wie heißt du? Was ist dein Begehr?"
„Ich heiße Timotheus Schneck, bin aus Darmstadt gebürtig und
wollte dich gebeten haben, du wollest mir Handwerksgewohnheit wider-
fahren lassen und mich umschauen, ist es nicht hier, so ist es anderswo."
3*
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TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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t
— 14 —
Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor>
gegaukelt.
Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend
heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur
noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm
wieder!"
Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht
so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine
Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte
Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des
tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte,
die ins reine Land der ewigen Ernten führt.
Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen
stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden!
Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder,
schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen.
Jean Paul Friedrich Richter.
13. Die deutsche Turnkunst.
Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst
einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende
des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen.
Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr-
jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands
und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon
so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken.
In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul-
freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler
mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die
Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor-
genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl
von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch
sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen-
hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der
Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde.
Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von
Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen
Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen
Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu-
gleich auf.
Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe.
Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen.
Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die
alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht.
Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Gott Jean_Paul_Friedrich_Richter Friedrich
42
25. Spielkarten.
Wer erzählen könnte, was diese zweiunddreißig Blätter in der
Welt schon angerichtet haben, brächte leicht eine ganze Bibliothek
zusammen. Ja, wenn's noch schwarzer Peter wäre oder so ein
„Geduldspiel," wenn man an Langeweile oder Podagra leidet —
aber das Spiel ums Geld hat schon Millionen um Haus und Hof,
um Ehre und Frieden gebracht. Außer der Schnapsflasche hat der
Teufel keine so glückliche Erfindung gemacht als die Aarten. Sie
sind eine richtige Mausefalle, die sicher arbeitet. Du könntest dir
auch einen Vers daraus machen, geneigter Leser, und dir sagen, was
Herz, Eckstein, Schippen (Laub) und das Areu; bedeuten, und
brauchtest den Aopf dir nicht besonders darüber zu zerbrechen. Das
rote per; sind die blutenden Kerzen daheim von Weib und Rind,
deren Vater die Nacht durchspielt und den Erwerb verschwendet,
am Eckstein sind Tausende zerschellt, zum schwarzen Laub
ist mancher Familienbaum zusammengewelkt, und das Areu;
kannst du auf jedes Grab des Glücks, auf die Trümmerhaufen der
Menschenherzen setzen, die den Frieden des Herzens verspielt haben.
Der alte Flattich im Schwabenland hat's verstanden, schon in
der Jugend seinen Buben, deren er etwa dreißig in Aost und Wohnung
hatte, und die meist zu kurz oder zu lang waren, um in das Gym-
nasium zu paffen, das Kartenspiel gründlich zu versalzen. Er sieht
eines Abends spät um elf Uhr noch Licht aus dem Schlaf-
zimmer leuchten, schleicht still hinauf: richtig, da sitzen die jungen
Herrlein am Tische beim Lichtstümplein und spielen Karten. „Was
tausend," sagt er, „ihr könnt Aarten spielen?" und erschreckt sahen
die Missetäter den Pfarrer an — und die Aarten fliegen unter
den Tisch. „Ach was — holet sie gleich wieder herauf! Ich will mit
euch karten, es ist ja ein Zeitvertreib." Also er setzt sich zu ihnen
hin, und die Herrlein sind seelenvergnügt, daß der alte Herr die
Sache so scherzhaft aufgefaßt hat und kein Spielverderber ist. Es
wird also gespielt und wird mittlerweile zwölf Uhr, und der Wächter
bläst die Witternacht und singt dazu etwas vom Licht ausblasen;
aber der Pfarrer steckt dagegen ein neues Licht auf, und den Herr-
lein geht das Licht im Aopfe derweilen langsam aus, denn der
Schlaf bläst es aus. Aber da hilft nichts, „wenn man einmal am
Aarten ist, wird fortgemacht, 's ist ja ein Zeitvertreib," sagte der
Pfarrer. Und es wird ein Uhr und zwei Uhr, und die Aäpfe sind
so schwer, daß sie am Halse herumbaumeln wie eine volle Sonnen-
blume am schlanken Stengel. Aber es nutzt nichts, sie müssen
weiter spielen. Der Morgenwind fängt um drei Uhr schon an zu
blasen, und den jungen Herren wird's kalt in ihrem Nachtkostüm;
aber der Pfarrer hat einen dicken Hausrock an und spürt gar nichts
von der Morgenluft. Da fangen die Herrlein an zu heulen und
bitten um Gottes willen, er solle doch aufhören, sie wollten's ihr
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
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92
gesucht hat, dem soll eine milde Hand geliehen werden, und weil du
den Schaden willig gelitten hast, so bist du uns nun wieder ein so
guter Amtsbruder nachher wie vorher, sollst wieder dein eigen Werk
hauen und dein Salz in Frieden essen. Sollst auch keine Auflage
zahlen und nicht die geziemende Kollation ausrichten, sondern nur
Gott Zu Lobe in die Kerzen ein Pfund Wachs geben, daß man die
Seelen damit begehen möge. Nimm deinen Platz ein in der Reihe,
wo er dir zukommt!"
„Ich tue mich ganz freundlich bedanken, Amtsmeister und liebe
Werkbrüder!" sagte Dippold, und die nächsten schüttelten ihm die
Hand.
„Nun, Brüder, die andere Bitte!" sprach Meister Gotthard.
„Draußen steht ein Böttcherknecht, der seiner selbst werden will. Er
ist echt, recht und deutsch und als eines Meisters Sohn zum Hand-
werk geboren, denn es ist mein eigener, eheleiblicher Sohn Arnold
Henneberg."
„Er ist uns willkommen!" riesen ihm die Brüder zu.
„Er befreit sich mit einer aus dem Amte," fuhr der Meister
fort, „Dippolds Tochter ist seine Braut. Er will nachtun, was jeder
andere fromme und ehrliche Amtsbruder vor ihm getan hat, wenn
ihr ihm vergönnen wollt, daß er sein Meisterstück macht."
„Wir vergönnend", antworteten die Meister.
Einer bat um das Wort und sagte: „Brüder, wer bei Gotthard
Henneberg das Handwerk gelernt hat, der versteht seine Sache;
darum, wenn es euch recht ist, vermeine ich, daß wir unserem Amts-
meister zu Dank und Ehre seinen Sohn des Meisterstücks entledigen."
„Ja, das wollen wir!" erwiderten viele, aber nicht alle.
„Halt, Brüder!" sprach Meister Gotthard, „das leide ich nicht.
Wer ein Handwerk treiben will, muß es mit der Hand wirken können
und muß es dem Amte beweisen, daß er es kann. Das soll auch
mein Sohn Arnold und soll sein Werkstück nicht zierlich und künstlich
herausstreichen, sondern gute, aufrichtige Arbeit machen nach Hand-
werksgebrauch und Gewohnheit, sonder Arglist und Gefährde. Ist es
euch recht, so laß ich ihn rufen."
„Wir vergönnend!" antworteten die Meister wieder.
„Ich habe dir zu melden, mein Sohn," sprach der Amtsmeister
zu Arnold, als dieser erschienen war, „daß die ehrbaren Meister dir
auf deine fleißige Bitte das Amt auflassen wollen, wenn du mit
deinem Meisterstück unsträfliche Arbeit lieferst, deine Auslage ge-
bührendermaßen in die Meisterbüchse zahlen und ihnen eine redliche
Kost ausrichten willst nach deiner Vermögenheit."
„Ich tue mich ganz freundlich bedanken," erwiderte Arnold,
„und will alles tun nach der ehrbaren Meister Begehr und nach
Handwerks Gebrauch und Gewohnheit."
„Gut, mein Sohn!" sagte der Amtsrichter, „so kannst du wieder
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Extrahierte Personennamen: Gotthard Arnold
Henneberg Gotthard
Henneberg Gotthard Arnold Arnold Arnold
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deinen Austritt nehmen." Und nachdem Arnold hinausgegangen
war, fuhr er fort: „Jetzt, Brüder, ist es an der Zeit, daß ihr euch
einen anderen Amtsmeister kürt an meiner Stelle. Ihr habt es wohl
schon getan, also nennt mir seinen Namen!"
„Altermann Ditmar Elvers!" riefen die Meister.
„Ditmar Elvers! Da habt ihr eine gute Wahl getroffen,
Brüder!" sprach Gotthard Henneberg.
„Ist einer oder anderer, der etwas auf ihn zu sagen hat, der
rede jetzt und schweige nachmals."
Die Meister schwiegen, und Gotthard Henneberg fuhr fort: „Sie
schweigen; keiner hat etwas aus dich zu sagen, Ditmar Elvers; sie
wissen nichts als Liebes und Gutes von dir. Gelobst du mir mit
handgebender Treue, des Amtes Gerechtigkeit zu richten, zu ver-
kündigen und zu handhaben nach deiner höchsten Redlichkeit?"
Ditmar Elvers reichte Gotthard Henneberg seine rechte Hand,
umfaßte mit der linken dessen Schwert da, wo es aus der Scheide
heraussah und sprach: „Ja, ich gelobe es im Namen Gottes und der
heiligen Dreifaltigkeit."
„So stehe von der nächsten Morgensprache an du hier, Ditmar
Elvers," sagte Gotthard, „und walte deines Amtes nach Pflicht und
Gewissen, nach der Herren Wort und der Meister Eid, auf daß
die Brüder mit dir zufrieden sind und dermaleinst deinen Namen
segnen!"
„Es soll geschehen, Bruder Amtsmeister," erwiderte der Gekorene.
„Und nun, liebe Brüder, komme ich endlich zu meiner letzten
Bitte," sprach Gotthard, nahm den hinter ihm auf einem Stuhl
liegenden hohen Zinnbecher aus seiner Hülle heraus und stellte ihn
vor sich aus den Tisch. „Ich bitte euch, dieses handliche Trinkgeschirr
mit Dank anzunehmen zum freundlichen Gedächtnis an euren lang-
jährigen Amtsmeister."
Da äußerten sie laut ihre Freude über die blinkende Gabe.
Ditmar Elvers trat vor und hielt eine Ansprache, worin er
namens des versammelten Handwerks dem Sülfmeister*) Dank sagte,
nicht nur für das schöne Geschenk, sondern mehr noch für die treue
Führung seines Amtes, aus dem sie ihn ungern scheiden sähen.
Gotthard Henneberg erwiderte: „Als Amtsmeister muß ich meinen
Urlaub von euch nehmen, aber es soll kein Abschied sein; denn wir
bleiben zusammen. Ich bin aus Gunst und gutem Willen eines hoch-
edlen Rates euer Morgensprachsherr geworden an Stelle des Herrn
Heinrich Viskula, der ja nun unser erster Bürgermeister ist."
Darüber jubelten die Werkbrüder und wünschten ihrem neuen
Morgensprachsherrn und sich selber viel Glück dazu.
Hieraus schloß Gotthard Henneberg nach den üblichen Fragen
und Antworten die Lade und so auch seine letzte Morgensprache.
*) Besitzer eines Anteils am Salzwerke.
Jul. Wolfs.
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Extrahierte Personennamen: Arnold Ditmar_Elvers Gotthard_Henneberg Gotthard_Henneberg Ditmar_Elvers Ditmar_Elvers Gotthard_Henneberg Ditmar
Elvers Gotthard Gotthard Ditmar_Elvers Gotthard_Henneberg Heinrich_Viskula Heinrich Gotthard_Henneberg Wolfs