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Ich befand mich, so erzählt der spätere Konteradmiral Werner, als
Flaggleutnant auf der „Gefion". Bei unserer Kreuztour kamen wir auch
nach Rio de Janeiro und wurden, wie dies bei Besuch ausländischer Häfen
durch Kriegsschiffe allgemein Sitte ist, von den Spitzen der Behörden zu
Festlichkeiten eingeladen. Bei einem feierlichen Mittagessen hatte ich das
Vergnügen, einen hohen, reich mit Orden geschmückten Regierungsbeamten
als Tischnachbar zu bekommen, mit dem ich mich auf das angenehmste
unterhielt. Plötzlich wurde meinem patriotischen Stolze ein bedeutender
Dämpfer aufgesetzt, als jener im Laufe des Gespräches die Frage an mich
richtete: „Sagen Sie einmal, verehrter Herr, liegt Preußen eigentlich in
Hamburg?"
Zuerst schaute ich ihn ganz verblüfft an; da ich aber bemerkte, daß
er in vollem Ernste sprach und mir zugleich einfiel, daß man an
brasilianische Regierungsbeamte nicht den Maßstab allgemeiner Bildung
legen könne wie an deutsche, so erwiderte ich ebenso vertraulich: „Nun,
nicht gerade darin, aber ganz nahe bei."
Das Gespräch war damals für unsere deutschen Verhältnisse charakte-
ristisch; Hamburg kannte man in Brasilien sehr gut, seine Schiffe erschienen
häufig genug in den dortigen Häfen, und auch von Bremen wußte man
etwas, aber von Preußen und dem übrigen Deutschland selbst in den ge-
bildeten Kreisen wenig oder nichts; seine Handelsschiffe kamen damals
nicht über das Mittelmeer hinaus. Wie hat sich das in den 50 Jahren
geändert! Wo gibt es ein Land, und läge es im fernsten Winkel der
Erde, in dem jetzt nicht die deutsche Flagge gekannt, geachtet und gefürchtet
wäre? Dank unserer Flotte weiß man jetzt, daß Deutschland die Macht
besitzt und gewillt ist, seine Flagge und seine Untertanen zu schützen und
vor jeder Unbill zu bewahren.
Mit dem Jahre 1864 fiel mit Holstein der Hafen von Kiel, der
sicherste, geräumigste und tiefste der Ostsee, an Preußen, und nach und nach
wurde auch der Kriegshafen am Jadebusen, den Preußen schon seit 1854
besaß, ausgebaut. Als Preußen auf den böhmischen Schlachtfeldern die
Einigung Norddeutschlands errungen hatte, da brachte es dem Nord-
deutschen Bunde eine Marine als Morgengabe mit, die bereits der dänischen
überlegen war.
Aber der neue Bund überzeugte sich bald, daß diese Macht noch
lange nicht ausreichend war, um unsere Küsten gegen feindliche Landungen
und Blockaden sowie unsern Seehandel genügend zu schützen, und beschloß
daher, ungesäumt ihre Vergrößerung zu veranlassen.
Als 1870 der ftanzösische Krieg ausbrach, durfte zwar die deutsche
Marine den vierfach überlegenen Blockadeflotten Frankreichs nicht in offener
See begegnen, aber sie verhinderte doch jede feindliche Landung und Brand-
schatzung unserer Küstenstädte.
Nach dem Frieden waren Wilhelmshaven und Kiel zur Aufnahme und
Reparatur der großen Schiffe fertig geworden, und das Deutsche Reich,
das die Marine übernahm, sorgte dafür, daß mit der Vergrößerung der
Flotte energisch vorgegangen wurde.
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Extrahierte Personennamen: Werner
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Hamburg Brasilien Deutschland Deutschland Holstein Kiel Ostsee Norddeutschlands Frankreichs Wilhelmshaven