Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— m —
Frühlingskleide prangende Landschaft fort, passierten das bierberühmte Oberfarnbach, das hopfenreiche Langenzenn, das freundliche Neustadt im gesegneten Aischgrund und weilten bald auf dem fruchtbarsten Teil des glücklichen Frankens, zu welchem der schöne Landstrich von Dossenheim nach Iphofen, Einersheim, Mainbernheim, Kitzingexi gezählt werden muß. Am 3. Iurii gegen 5 Uhr morgens trafen wir in Würzburg ein. Die Sonne stieg mit entzückender Pracht aus ihrem Schattenschleier hervor und vergoldete mit ihren Strahlen die malerische Gegend, die im reizenden Frühlingskleide ausgebreitet vor uns lag, als wir unter Post* Hornklang den Galgenberg hinunterfuhren. Ich will nicht eine Beschreibung der Schönheiten Würzburgs liefern und bemerke nur nebenher, daß der Fremde ja nicht versäumen soll, das überaus prächtige Residenzschloß Sr. Kgl. Roheit unseres Kronprinzen, die Bergfeste, die Domkirche, die öffentlichen Denkmäler, das Iuliusspital mit botanischem Garten usw. genau zu betrachten. Wertvolle Zeit raubte mir die paßvisitation im Begierungsgebäude. Gegen \ \ Uhr mittags kehrte ich in den Gasthof zum Kronprinzen von Bayern zurück, aß mit mehreren Reisegefährten zu Zttittag und zahlte die Zeche, die ich billig fand. Am 3. Juni, mittags um \2 Uhr, setzten wir uns auf die Diligence und fuhren über Roßbrunn, Esselbach, Aschaffenburg und Seligenstadt nach Frankfurt ab. Ein eleganter £?crr war in Nürnberg einige Stunden vor uns mit Extrapost abgefahren und hatte für seine drei Reisewagen \2 Pferde und ein Pferd für den aus jeder Station vorauseilenden Kurier nötig, weshalb wir auf allen Unter-wegsstationen keine ausgeruhten, sondern nur immer dieselben ermüdeten Pferde fanden. Infolgedessen kam er immer rasch voran und konnte übernachten, während wir die ganze Nacht fahren mußten. So langten wir auch erst am nächsten Morgen um 7 Uhr nach \9 stiindigem Unterwegsein in Frankfurt an.
Don Würzburg bis Esselbach war die Straße zwar sehr gut, um so schlimmer aber war man mit den vielen Bergen daran, da man immer Schritt fahren mußte und daher von der lieben Langeweile wahrhaft gepeinigt wurde.
Bei Lengfurt wird der Postwagen über den Main geschifft. Die am jenseitigen Ufer auf einem hohen Berge liegende säkularisierte propstei Triefenstein ist eine Zierde der ganzen Gegend.
hinter Esselbach passierten wir den einst wegen seiner Unsicherheit so gefürchteten Spessart, der eine Breite von 3—- Meilen hat. Eine gute Straßen- und öffentliche Sicherheitspolizei und eine tätige Forstverwaltung sind die Ursache, daß sich kein schlechtes Gesindel mehr darin ansiedeln kann. Der Postwagen, der gerade um Mitternacht diesen Wald passieren muß, wird nur von einem einzigen Gendarmen zu Pferde bis Aschaffenburg begleitet, wie jeder Postwagen in Bayern zur Nachtzeit.
Durch Aschaffenburg fuhren wir während dernacht und erreichten nach mehreren Stunden über (Dffenbach und Sachsenhausen die Stadt Frankfurt-
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 75 —
Am Dienstag ließ der oberste ßauptmann des Frauenberges allen feinen Leuten danken, weil sie sich so wohl und redlich gehalten, und gab ihnen hundert Gulden zu ihrer Ergötzung.
Die Bauern fingen in dieser Nacht an an der Teil unten an den Weingärten gegen die Stadt zu und an dem N)ege von der Tell zu den Weinbergen Schanzen zu graben und zwei Reihen von Schanzkörben aufzurichten. Daneben wurde noch ein hoher Schirm aufgestellt und ein starkes Geflecht zwischen hohen Pflöcken gemacht und mit Erde ausgefüllt. Dom Donnerstag an beschossen sie von diesen Schanzen aus das Schloß. Die Besatzung des Frauenbergs brachte noch eine Kartaune, eine große Steinbüchse und eine Notschlange zu dem andern Geschütz auf dem Z^aberboden und erwiderte das Feuer auf das heftigste, tat auch den Bauern in den Schanzen großen Schaden.
Auf den Hat einiger (Eibelstadter Männer hatten die Bürger von tpiirzburg einige Bergknappen in ihre Dienste genommen und ließen von ihnen oberhalb St. Burkhard ein Loch in den Berg graben. Sie wollten die (Öffnung mit Pulver füllen und dann das Schloß in die Luft sprengen. Allein die Arbeit ging wenig von statten und wurde daher nach etlichen Tagen wieder eingestellt.
Dann wurde ein neuer Sturm im Bauernrat beschlossen, aber nicht ausgeführt.
Bei dem Sturme waren drei Itc an n von der Schloßbesatzurig gefallen, später wurden noch zwei Leute getötet, so daß im Schlosse während der Belagerung sechs Mann den Tod fanden.
h) Der Überfall des Schlosses Sommerau (\525.)
Am V Mai \525 abends zogen die Bauern aus Miltenberg nach Eschau um das Fechenbachsche Schloß Sommerau zu nehmen. Sie kamen in aller Stille bis in das £?olz nächst dem See und richteten die Leitern her. Im Schlosse aber wurde rechtzeitig Alarm geblasen und plötzlich erschienen alle Reisige und Ausschüsser auf der Mauer und fingen an zu schießen mit der Feldschlange. — (Einige Bauern machten sich mit Leitern über den See hinüber um an die Mauern zu kommen, andere machten sich an die Zugbrücke, legten Bohlen hinüber und wollten das Tor mit Äxten einschlagen; es war aber alles umsonst; denn die Fechenbachischen Reisigen warfen die Leitern um, etliche, die schon auf den Leitern waren, wurden niedergeschlagen und in den See geworfen; an der Brücke aber, wo des Berrn von Fechenbachs Armbrustschützen postiert waren, sind sechs Bauern geschossen worden und in den See gerollt. Etwa 20 Blessierte wurden nach Eschau in das fjirtenhaus gebracht. Um \2 Uhr mittags hob das Schießen wieder an. Die Bauern liefen Sturm unter grausamem Geschrei „Drauf! Drauf!" Es waren ihrer gegen \800 mit den ihnen aus der Gegend zugelaufenen. Sie schwärmten um das Schloß wie die Bienen und war alles schwarz von denselben, so daß man die Mauern nicht sehen
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
29
nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am
Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge;
es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer
an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie
beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte
Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen
ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein-
stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt-
ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken,
welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem
Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf.
Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome,
der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300
Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich
nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber,
die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über
die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von
selbst auf die Lippen:
Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit
wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut
am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit,
die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut.
Ein Schifflein zieht auf blauer Flut,
da singt's und jubelt's drein;
du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
in all die Lust hinein?
Das alles beut der prächt'ge Rhein
an seinem Rebenstrand
und spiegelt recht im hellsten Schein
das ganze Vaterland, —
Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland
es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht,
andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand
aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. —
Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name
die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts,
der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In
Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch
heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend
aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n,
der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch
ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben.
Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ
sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen,
die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver-
zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten.
Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung
aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte
sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein
mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Preußen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Holland Mainz Burg_Rhein- Burghof Rhein" Rhein Rhein Kaub Frankreich Kiel Rhein Rhein
69
weithin seiner Not enthoben war, und der andere war Boucher, dem
sein Herz ein Zeugnis gab, darum man ihn hätte beneiden mögen.
W. O. o. Horn.
36. John Maynard.
John Maynard!
„Wer ist John Maynard?"
John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann;
er hat uns gerettet, er trägt die Krön',
er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn.
John Maynard.
* *
*
Die „Schwalbe" fliegt über den Eriesee,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee,
von Detroit fliegt sie nach Buffalo —
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Frau'n
im Dämmerlicht schon das Ufer schau'n,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
„Noch dreißig Minuten . . . halbe Stund."
Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei —
da klingt's aus dem Schiffsraum her wie ein Schrei.
„Feuer I" war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt' und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.
Und die Paffagiere, buntgemengt,
am Bugspriet stehen sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich's dicht,
und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? wo?"
und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo.
Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht.
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durch's Sprachrohr fragt er an:
„Noch da, John Maynard
p „Ja, Herr. Ich bin."
„Auf den Strand! In die Brandung!"
„Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo.
„Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit sterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die „Schwalbe" mitten hinein-
soll Rettung kommen, so kommt sie nur so,
Rettung: der Strand von Buffalo.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
77
Aber oft eine einzige Wendung des Rörpers genügt, daß Ge-
danken und Gemüt eine andere Richtung nehmen. Gin paar schritte
machte er hastig in den Hintergrund, dann blieb er stehen und sagte:
Mieter! Was ist das gewesen? Was ist dir jetzt eingefallen?
So schlecht wärest du? Zum Aushenken wärest du! Bei der Arbeit
im Schacht einen umbringen! Von rücklings umbringen! — Peter,
das ist dein Grnst nicht gewesen. Im Wirtshaus schlägst ihn tot,
wenn er weiß, warum's ihm geschieht! So teuselhast denken! Im
Schacht da unten! Und meuchlerisch! Wäre das eine Rache?
Rann's nicht jeden treffen im Bergwerk? Im Wirtshaus schlägst
ihn tot. S’ ist noch nicht finster. —
Gr ging wieder an seine Arbeit und hieb und hämmerte scharf
draus los. Und als er später innehielt, um sich den Schweiß von
der Stirne zu trocknen, murmelte er in sich hinein: Du wärest mir
lieber gewesen, Peter, wenn dir der höllische Gedanken nicht wär'
gekommen. Aus wen sollte der Wensch denn ein Vertrauen haben,
als aus sich selber? — Wie wirst du heute deinem Weib ins Ge-
sicht schauen können? — Hinterwärts umbringen! Im Bergwerk!
Glender Wicht! Gr arbeitete wieder und schlug und hieb, als
kämpfe er mit seinem Werkzeug noch hart gegen die Versuchung
oder gegen die Vorwürfe des Gewissens. —
Von diesem Tage an war seine Empfindung eine andere, wenn
ihm der Italiener einfiel. Gs war ihm fast wie in Furcht und
Angst, der Welsche könne ihn vor Gericht belangen oder gar den
südländischen Brauch der Blutrache einführen. Denn jetzt wäre ja
an dem Welschen die Reihe. — Das Würgen an der Gurgel spürte
der Peter Oberdörfer nicht mehr seit jener Stunde im Schacht. Die
schlimme Tat war mit einem noch schlimmeren Gedanken gesühnt!
So wollte Peter nun nichts mehr, als aus den Welschen ver-
gessen , oder ihn zuhöchst — weil es dem Rerl doch nicht ganz ge-
schenkt bleiben sollte — bei guter Gelegenheit ein wenig durch-
bleuen.
So war es, als eines Tages in den Tiefen des Grzberges, un-
weit des Hubertusstollens, sich böse Wetter zeigten, die Rnappen
in Wirrnis die Flucht ergriffen und die beiden Rcänner sich plötzlich
gegenüberstanden.
„Gr muß doch mein Unglück sein!" stöhnte Peter und stürzte zu
Boden, denn die Stickluft hatte ihn bereits betäubt.
Der Italiener raffte den Ohnmächtigen vom Boden aus, warf
ihn über die Achsel und eilte mit solcher Last im nächtigen Labyrinth
der Stollen hin und her — die Grubenlampe war ihm schon ver-
loschen, die Orientierung hatte er auch verloren, schwerer Gruben-
dunst beengte ihm die Brust. Gr rüttelte den Peter. Rannst du
gehen, Ramerad? Rannst du? Niente (nicht)? (D, jetzt ist es finster ge-
worden ! Schon wollten auch ihm die Sinne vergehen, als aus einem
Seitenstollen roter Lichtschimmer winkte. Dort ist Rettung. Wo
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Peter Peter Peter_Oberdörfer Peter Peter Peter
212
sicherte der Berichterstatter, daß es ihm trotz der schnellen Fahrt vollständig
gelungen wäre, die Gänse auf einer Wiese in der Nähe von Steglitz zu
zahlen. Und das würde wohl jedem Berliner mit ruhigem Blicke gleich-
falls möglich sein.
Diese Voraussetzung bewährte sich vollkommen. Die Bahn wurde
fertig. Die Berliner zählten die Gänse, wenn solche da waren, und ge-
wöhnten sich dermaßen an die Geschwindigkeit, daß man sehr bald die
ganze Fahrt bis Potsdam in anderthalb Stunden abmachen konnte.
Als am» Ende gar noch die Eisenbahn die Post auf den Rücken
nahm und mit ihr in die Welt hineinjagte, vertrauten sich selbst Posträte
ihr an und fanden, daß die Welt nicht ihrem Untergange deshalb zueile.
Von da ab wühlte der böse Zeitgeist gar schrecklich in der unruhigen
Menschheit. Man begnügte sich nicht mehr, mit all den Eisenbahnen nach
allen Seiten hin gewaltige Reisen, auf denen man sonst Wochen zu-
brachte, in einem Tage abzumachen; nein, man faßte den Entschluß, auch
ñachis die Reisenden zu befördern.
Mitten in der Nacht? Gar durch die ganze Nacht? Es war ein
erschreckender Gedanke l Wer wird denn des Nachts reisen? Wer anders
will denn des Nachts reisen als Diebe und Mörder? Wird es selbst
der wachsamsten Polizei möglich sein, hierüber eine Kontrolle auszuüben?
Die verwegene Idee erregte Schaudern in allen redlichen Gemütern, die
da wissen, daß die Nacht keines Menschen Freund ist. Man mochte sich
Nur mit dem Gedanken trösten, daß die Nachtzüge gewiß nur sehr, sehr
langsam fahren und nur ganz solide Reisende befördern werden, die den
Nachweis führen, daß sie durch besondere Umstände genötigt find, zu
Nachtreisen ihre Zuflucht zu nehmen.
In der Tat begannen die Nachtzüge zuerst mit langsamen Fahrten;
«her nach kurzer Zeit kehrte sich die Weltorduung vollständig um, die
Nachtzüge wurden die Jagdzüge, und viele Leute finden jetzt, daß das
Reisen am Tage eine Zeitverschwendung ist, da mau im Schlafcoupä, i«
das man in Berlin abends einsteigt, vortrefflich ruht und am Morgen in
Köln frisch und munter ist, um dort seine Geschäfte abzuwickeln.
Und merkwürdig! Die statistischen Aufnahmen beweisen, daß von
allen Unfällen, die Eisenbahnreisende betreffen, gerade die Nachtfahrer am
allermeisten verschont bleiben. Bernstein.
93. Der letzte Postillon.
Bald ist, soweit die Menschheit haust,
der Schienenweg gespannt;
es keucht und schnaubt und stampft und
saust
das Dampfroß rings durchs Land.
Und wied'rum in fünfhundert Jahr'
weiß der Gelahrtste nicht
zu sagen, was ein kfaudrer war,
was Fuhrmanns Recht und Pflicht.
Nur in der Nacht der Sonnenwende
wo dunkle Schemen gehn,
wird zwischen Grd' und Firmament
ein fremd Gespann gesehn.
Der Schimmel trabt, die peitsche
schwirrt,
laut schmettert posthornton.
Als Geist kommt durch die Luft kutschiert
ein greiser Postillon.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
217
95. Der Kaiser-Wilhelm-Kanal.
Die Nordsee gehört zu den gefährlichsten Meeren der Erde.
Häufig wird dieses Meer von heftigen Stürmen heimgesucht. Die
Gefahr für die Seeleute wird dadurch erhöht, daß sich an dem größten
Teil der Küste eine Kette von Sandbänken hinzieht. Diese verraten
sich zwar am Tage und bei klarem Wetter durch den weißen, weithin
sichtbaren Schaum der brandenden Wellen, bei Nacht und Nebel aber
weihen sie jedes Schiff, das ihnen zu nahe kommt, dem Untergange
und sind um so gefährlicher, als die hinter ihnen liegende Insel- und
Festlandsküste äußerst arm ist an schützenden Häfen. Ganz besonders
ungünstig liegen die Verhältnisse für den Seefahrer an der Westküste
Jüllands. Hier haben schon Tausende von braven Seeleuten ihr
Leben verloren.
Wir begegnen daher schon in sehr früher Zeit Bestrebungen, die
dahin gingen, eine direkte Schiffahrtsverbindung zwischen Nord- und
Ostsee und so an Stelle eines weiten und gefahrvollen einen kurzen
und sicheren Weg zu schaffen. Aber die Vollendung dieses Werkes
blieb unserer Zeit vorbehalten. Nachdem der Reichstag die zum Bau
eines Nordoftseekanals geforderte Summe von 156 Millionen Mar?
gewährt hatte, konnte Kaiser Wilhelm I. am 3. Juni 1887 bei Holtenau
den Grundstein legen. Rüstig schritt der Bau vorwärts. Nicht weniger
als 8000 Arbeiter waren zu gleicher Zeit tätig. Galt es doch, das
gewaltige Werk bis zum Jahre 1895 zu vollenden. Und siehe da —
es wurde weder die Bausumme noch die vorgeschriebene Zeit über-
schritten! Am 20. Juni 1895 wurde der Kanal dem Verkehr über-
geben und von 'Kaiser Wilhelm H. zu Ehren Wilhelms I. Kaiser-
Wilhelm-Kanal genannt.
Der Kanal hat eine Länge von 98,650 km und eine Tiefe von
9,50 m. Auf dem Grunde ist er 22 m, auf dem Wasserspiegel 65 m
breit. Es können also Dampfschiffe von 6 m Tiefgang und 12 m
Breite überall einander ausweichen. Damit auch die größten Handels-
und Panzerschiffe einander ausweichen können, ist der Kanal mit
sechs Ausweichstellen versehen worden.
Um den Kanal kennen zu lernen, unternehmen wir eine Durch-
fahrt. Wir besteigen in Hamburg einen Dampfer und fahren nach
Brunsbüttel. Hier erregt das größte Schleusenwerk der Welt unser
Staunen. Mit fortschreitender Ebbe fließt hier täglich eine ungeheure
Wassermenge aus dem Kanäle in die Elbe und somit aus der Ost-
in die Nordsee. Die täglich abfließende Wassermenge beträgt 8 Mil-
lionen edrn, so daß sich das gesamte Kanalwasser in sechs Tagen
vollständig erneuert. Diesem steten Zuflusse frischen Seewassers ist
es zuzuschreiben, daß sich in dem Kanäle nur bei größter Kälte Eis
bildet.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelm_H. Wilhelm Wilhelms_I.
264
gurrst geworden, obgleich sich doch alle vor ihm hätten schämen sollen als
vor ihrem leibhaften bösen Gewisien, welches ihnen wie ein Spiegel, nur
im verkehrten Bilde, die eigenen Mängel vorhielt. Keiner zwar zupfte
sich an der eigenen Nase, sondern ein jeder seinen Nebenmann, und es
gab ein babylonisches Gewirr, in welchem das Lob des Schmiedes mit
den gegenseitigen Vorwürfen der einzelnen zusammenfloß.
Nun fand sich's auch urplötzlich, daß es in der Rüstkammer fehle
und im Proviantgewölbe; denn alle hatten geredet, keiner gerüstet, alle
gezecht, keiner gehandelt, den Leimsieder ausgenommen, der sein Hans
bestellt hatte für jeden Fall, während er ganz füll seinem Tagewerk und
seiner Liebschaft nachging.
So endete er auch jetzt den greulichen Tumult, indem er seinen
Harnisch zeigte, der gefestet und blau? geputzt, und sein Schwert, das
scharf geschliffen war, und sich erbot, dem Dachsburger selber in der
Waldschlucht zu Leibe zu gehen, wofern ihn nur zwölf tüchtige Burschen
begleiten wollten. Die fanden sich bald, und die Befehlshaber redeten
auch kein Wort wider das Wagnis; denn sie fürchteten schon, der Leim-
sieder möge ihnen allen über den Kopf wachsen; werde er etwa vom
Ritter geduckt, so sei es gerade kein Unglück.
Am anderen Morgen zog Michael zum Tor aus, nicht mit zwölf,
sondern mit dreißig Genossen; denn Tatkraft lockt zur Tat. Ein größerer
Hause marschierte in der Richtung der Klosterwiese, um mit Vermeidung
eines Gefechts die dort sich versammelnden anderen Ritter zur Seite zu
locken, daß sie nicht etwa dem Dachsburger entgegenritten. So hatte es
der Leimsieder schon längst im stillen ausgedacht.
Lautlos strich er mit seiner Schar in der frühen Dämmerung durch
den Wald und stellte in der Schlucht die Zünftler ins Versteck hinter die
Bäume und Felsstücke. Ju der Rechten hielt er den wuchtigen Schmiede-
hammer, das Schwert ruhte in der Scheide, über der Rüstung trug er
den Bauernkittel, in welchen er sich so oft zu ganz anderen Abenteuern
verhüllt hatte. „Sonnenschein auf Lichtmeß!" war der Feldruf der
Städter an diesem Tage.
Als eben die späte Februarsonne hellglänzend durch die landloses
Wipfel aufstrahlte, nahte sich der Ritter, sorglos den engen, steinigen Pfad
herabreitend; die Knechte folgten ihm einer hinter dem anderen; denn der
Weg bot nicht Raum für zwei. Der Harnisch des Dachses glühte im
goldenen Licht, und der Schatten von Roß und Mann fiel langgestreckt
vor ihm her. Da trat aus zwölf Schritt der Schmied aus dem Gebüsch
entgegen. „Sonnenschein aus Lichtmeß" ries er. „Herr Ritter, ihr macht
ein Sprichwort zu Schanden. Der Dachs sieht seinen Schatten, aber er
kehrt nicht mehr in seinen Bau zurück!" Und bei diesen Worten warf er
den Hammer im Bogen dem geharnischten Mann entgegen — er hatte
den Wurf oft daheim geübt, während die anderen auf dem Rathaus Reden
übten. Der Hammer sauste dem Gegner an den Kopf; doch schlug ex
ihm nur bett Helm herab, welcher lose und bequem aufgesetzt gewesen.
Allein das Roß scheute, bäumte, und ehe der erschrockene Reiter des er--
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
307
Eroberer züchtigen zu helfen; aber in seinen Jahren konnte er nicht mehr
daran denken, unter die Soldaten zu gehen. Seine Hände ballten sich
oft unwillkürlich in stillem Zorn, und er stieß den Hirtenstab auf die
Erde, wenn er des Übermutes und der Grausamkeit der Franzosen
gedachte.
Da kam ein Mann schräg an dem Abhange des Berges daher und
eilte auf ihn zu. Er hörte ihn nicht, bis der Hund laut anschlug.
Schnell wandte der Hirt den Kopf. Doch seine Augenbrauen zogen sich
fester zusammen, als er den Kommenden erkannte. „Nun, Born!" rief
dieser, ein Mann von etwa fünfundzwanzig bis dreißig Jahren, dessen
stechende Augen seinem Gesichte einen unheimlichen und unangenehmen
Ausdruck gaben. „Nun, ihr steht hier so ruhig, als ob da unten nichts
los wäre. Das ist ein Leben und ein Treiben ringsum. Man sollte
eigentlich Gott danken, wenn man mit heiler Haut heraus wäre."
„Niemand hindert euch daran!" antwortete kalt der Schäfer.
„Eure Söhne stehen dort oben unter den Preußen, nicht wahr?"
fragte der Fremde. Born nickte bejahend. „Und eure Frau und Tochter?"
„Sie sind da drüben", erwiderte der Hirt und zeigte mit der Hand nach
den Bergen jenseits der Saale.
„Denkt ihr denn, daß sie dort in Sicherheit sind? Dorthin wird
der Feind auch dringen."
„Wer weiß?" sprach Born. „Es kommt vielleicht nur auf einen
einzigen Tag an, und die Fremden müssen wieder aus dem Lande hinaus,
wie sie hereingekommen sind."
„Ha, ha!" lachte Sielert — so hieß der Mann— „denkt ihr denn,
daß die Preußen siegen werden? Ich komme heute von Kahla und Jena
und habe gesehen, wie zahlreich die Franzosen sind. Es sollen viel über
hunderttausend Mann sein, und die lassen sich nicht so leicht zum Lande
hinausjagen."
Born blickte den Mann scharf und finster an. Dann sprach er
langsam: „Ihr scheint es mit den Feinden zu halten!"
„Nein, nein!" war die Antwort, „aber der Napoleon versteht den
Krieg."
„Das mag sein, wie ihm will", erwiderte der Schäfer. „Seine
Reiter und Kanonen wird er doch nicht an diesen Bergen in die Höhe
schaffen. Es gibt nur einen Weg, aus dem es möglich wäre, und den
kennt er nicht und wird ihn auch nicht finden."
„Kennt ihr den Weg?" fragte Sielert schnell.
/.Ich kenn' ihn," antwortete Born ruhig, „doch wohin wollt ihr?"
„Nach Naumburg", erwiderte Sielert. „Man kann auf der Land-
straße vor den Soldaten und Pferden, Wagen und Kanonen nicht durch-
kommen, ich muß deshalb Nebenwege suchen und einschlagen. Lebt wohl!"
Mit diesen Worten eilte der Mann hastig von dannen. Der Schaf-
hirt sah ihm lange nach, und seine Augen nahmen einen düsteren Blick
an. Dann trieb er seine Tiere langsam in ein kleines Gehölz, welches
nicht weit am Abhange des Berges sich hinzog. Dort wollte er mit
20*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
306
134. Nur ein Schafhirt.
Es war am 12. Oktober 1806. Vor zwei Tagen hatte das Gefecht
bei Saalfeld stattgefunden, in welchem der Prinz Louis Ferdinand gefallen
war. Nun standen die Hauptarmeen der beiden Gegner, Preußen und
Franzosen, sich nahe gegenüber. Nur noch zwei Tage, und die unglück-
liche Schlacht bei Jena und Auerstädt sollte geschlagen werden.
Ein preußisches Armeekorps unter dem Fürsten Hohenlohe, etwa
40000 Mann stark, hatte rechts von der Straße, die von Jena nach
Weimar führt, zwischen den beiden Flüssen Ilm und Saale Aufstellung
genommen. Seine Vorposten befanden sich auf dem Landgrafenberge,
einem steilen Berge, der zwischen diesen Truppen und der Stadt
Jena lag. Von dem Gipfel dieses Berges konnte man das preußische
Heer ganz und gar übersehen, und über ihn führte der einzige Weg, um
es von vorn anzugreifen. Die preußische Hauptarmee stand unter
dem Kommando des Herzogs von Braunschweig. Sie war über 65000 Mann
stark und hatte sich eine Stunde weiter nach Weimar zu aufgestellt. Die
Preußen waren mit gutem Mut, ja mit Übermut in den Kampf gezogen.
Schon wurden die Vorbereitungen zu der großen Schlacht getroffen, die
in zwei Tagen geschlagen werden sollte. Es lag wie eine schwere, drückende
Gewitterschwüle auf der ganzen Gegend. Alle Dörfer ringsum waren
bereits von den Feinden geplündert, und viele von ihren Einwohnern
hatten sich mit einem Teil ihrer Habe und ihres Viehes auf die bewaldeten
Höhen jenseits der Saale geflüchtet.
An einem Bergabhange des linken Saaleufers stand am Nachmittage
des 12. Oktobers ein Mann, der, auf einen Stab gestützt, in das Tal
hinabschaute, durch welches die Straße von Jena nach Naumburg sich
hindurchzieht. Unten war ein buntes, wirres Leben. Soldaten, Pferde,
Wagen drängten einander. Der Mann im blauen, langen Rocke, mit
breitkrempigem, schwarzem Hute und langer Weste war der Schafhirt.
Starr und gedankenvoll ruhte sein Auge auf diesem Treiben. Nur zu-
weilen warf er einen Blick auf die vier oder fünf Schafe neben sich,
und dann zuckte um seinen Mund ein trauriges Lächeln. Noch vor
kurzer Zeit hatte er hier für seinen Herrn eine zahlreiche Herde geweidet.
Diese wenigen Tiere waren alles, was ihm davon übrig geblieben war.
Sie gehörten ihm, und er hatte sich mit ihnen hierher geflüchtet. Der
Abhang des Berges war steil, und er durfte hoffen, daß die Feinde
nicht auf den Berg kommen würden. In dem Dorfe dort unten im
Tale besaß der Schäfer ein Haus. Die Franzosen hatten sich in
diesem einquartiert und ihn daraus vertrieben. Alle Vorräte, die er für
seine Familie und seine Tiere zum Winter gesammelt hatte, waren ihm
genommen worden. Was sollte er nun noch da unten im Dorfe? Er
mochte das Treiben der übermütigen Feinde nicht in der Nähe ansehen.
Seine beiden Söhne standen drüben in dem preußischen Heere, und zu
ihnen eilten seine Gedanken. Wenn er jünger gewesen wäre, er hätte
gern die Waffen zur Hand genommen, um die Frechheit der übermütigen
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Louis_Ferdinand Ferdinand