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1. Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 - S. 148

1911 - Breslau : Hirt
148 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preuisch-deutschen Geschichte. die verlorene Schlacht zu einer vernichtenden Niederlage. Um den fliehenden Feind nicht zur Ruhe kommen zu lassen, setzte ihm Gneisenan mit preni-schen Truppen die ganze Nacht hindurch nach, so da er am Morgen zwei Meilen vom Schlachtfelde entfernt stand, freilich nur noch von wenigen Mannschaften umgeben. Ihnen fiel der Staatswagen Napoleons und ein Schatz an Gold und Diamanten im Sitzkasten in die Hnde. Die energisch fortgesetzte Verfolgung machte jede Sammlung der feindlichen Truppen unmglich; schon vierzehn Tage spter stand Blcher vor Paris. In seinen Hoffnungen vollstndig gescheitert, dankte Napoleon zu-guusteu seines Sohnes ab. Flchtend kam er zum Hafen von Rochefort und begab sich an Bord der englischen Flotte. Er wurde als Gefangener behandelt und nach der Insel St. Helena gefhrt, wo er am 5. Mai 1821 starb. (Im Jahre 1840 wurden seine Gebeine im Jnvalidendom zu Paris beigesetzt.) 85. Der zweite Pariser Friede. Nach der Einnahme von Paris kehrte Ludwig Xviii. auf den franzsischen Thron zurck. In dem zweiten Pariser Frieden mute sich Frankreich eine Reihe, wenn auch nur kleiner, Gebietsabtretungen gefallen lassen, darunter Saar-louis und Saarbrcken, die an Preußen fielen. Elsa und Lothringen dagegen wurden auf den Einspruch Rulands hin nicht wieder zurck-gegeben. Frankreich mute eine Kriegsentschdigung zahlen, die zum Bau von Festungen an der deutschen Westgrenze verwendet werden sollte, und die geraubten Kunstschtze zurckgeben. Eine Armee von 150000 Mann der Verbndeten blieb noch drei Jahre in den nordstlichen Provinzen zurck. Mit dem zweiten Pariser Frieden schliet die ungeheuer bewegte Zeit, die mit dem Jahre 1789 begonnen hatte und sowohl die uere Gestalt als besonders die inneren Verhltnisse fast aller Staaten Europas von Grund aus vernderte. Mit ihm beginnt eine neue Zeit.

2. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 35

1914 - München : Oldenbourg
— 35 •— gebäude zwar vorhanden, aber eng und beschränkt. Nur besonders reiche Herren konnten ihre Wohnungen nach der Art der Wertheimer Burg ausbauen. Zudem wurde Burg Wertheim vorn Schicksal sehr begünstigt. Da sich Graf Georg Ii. mit seinen Bauern einigte, ging der Bauernaufstand, der den meisten fränkischen Burgen den Untergang brachte, ohne Schaden für ihn und sein Schloß vorüber. (Erst ü_654 sank die Burg infolge einer Beschießung durch die Kaiserlichen in Schutt und Asche. Line Belagerung. Leinde sind nah! Gellend kündet es des Wächters Horn vorn hohen Bergfried herab. Droben am Waldessaum hat das scharfe Auge des verlässigen Mannes einen Trupp Reiter erspäht. Jetzt traben 50—60 Berittene über die Talwiese; hinterdrein folgen Fußgänger, bewaffnet mit langen Speeren, dann folgen wagen, beladen mit Leitern und langen, mit Eisen beschlagenen Balken. Die Leute auf der Burg eilen an die Ringmauern, schauen durch die Scharten und rufen einander zu: Mordio, Blordio! Die Feinde kommen! Auf, auf zur wehr! Line bange Stunde ist vergangen. Der Feind geht daran die Burg zu umschließen. Drunten im Tale stehen die feindlichen Ritter. Die Knechte beginnen mit Leitern die Felsen zu besteigen. Etliche Fußgänger huschen auf dem Burgwege aufwärts. Überall suchen sie Deckung. Sie wollen heimlich das äußere Burgtor erreichen. Doch ist es zu spät. Rechtzeitig drehte sich die Zugbrücke in ihren Angeln und verschloß den Eingang gleichsam als zweite Türe. Der Burggraben ist jetzt ohne Übergang. Auf den runden Türmen und auf den Mauern hinter den Zinnen stehen die Burgleute, um ihr Heim zu schützen. Große Steine werfen sie hinab auf den Feind. Pfeile fliegen herab und herauf. Jetzt reiten drei Ritter den Burgweg herauf; der mittlere trägt eine Fahne und ruft hinüber in die Burg: „Graf, öffnet Euer Nest! wir schonen Haus und Leute l“ Aber der Burgvogt entgegnet ihnen aus dem äußeren Burgtor: „Kommt nur herein, wenn ihr könnt! wir haben euch ein feines Gericht hergerichtet; eilt euch, das Essen ist noch heiß!" Die drei Reiter ziehen sich zurück, denn schon schwirren Speere und pfeile ihnen entgegen. Nun kommen feindliche Knechte den Burgweg herauf. Sie suchen mit Reisigbündeln und Erde den tiefen Graben zu füllen. Mühselig und gefährlich ist die Arbeit, die die Burginsassen mit allen Mitteln zu hindern versuchen. )n der Nacht aber gelingt das Werk. Der Feind steht an der Mauer. Mit eisernen Haken sucht er die Zugbrücke 3*

3. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 110

1914 - München : Oldenbourg
— Uo — war in Lohr ein Haus von der Pest verseucht, so wurde es zugeschlagen. Die Notwendigkeiten wurden an einer Stange zum Fenster hineingereicht, war einer gestorben, so wurde er von den Lebenden zum Fenster hinaus auf die Straße geworfen; der täglich dreimal alle Straßen passierende Leichenwagen nahm den Leichnam auf. Die Pest regierte sechs Wochen und drei Lage; es sind daran gestorben 860 Menschen; der höchste Stand an einem Lage waren 45 Tote. Nur zwölf Häuser waren noch frei; von zwölf Ratsherren lebten noch vier (\655). 3n Kloster Neustadt verstärken sechs Priester. — Nicht ein ziffernmäßiges Bild soll durch diese Zusammenstellung gewonnen werden, dazu sind die Angaben zu lückenhaft, zu unvollständig und ungenau. Aber eines ist daraus zu ersehen' Furchtbarer denn der Krieg mordete dessen treue Begleiterin, die Pest. 23, Der Friede. Friede! Kaum war es zu glauben, daß er in deutschen Landen nochmal Linkehr halten könne, wie ein fremdes Märchen aus seligen Tagen klang die Kunde von dem Friedensschluß den Alten, die während einer jahrzehntelangen Greuelzeit grau geworden waren, wie ein unfaßbares Wunder empfand sie die Jugend, die in Kriegsnot und Elend herangewachsen war- ohne wart und Pflege. Sie hatte die Segnungen des Friedens nie gesehn. Daß der Bauersmann frohgemut die Saat bestellte auf sorgfältig bereiteter Flur, daß hundertfältige Ernte den sauren Fleiß des Landmanns lohnte, daß nach getaner Arbeit auch Feste das Leben im schmucken Dorf lein verschönten —, ja davon wußte das verwilderte Geschlecht nichts. Bilder zertretener Acker, geschwärzter Dorfruinen, Szenen von Haub und Mord, Kummer und Leid — das waren die Eindrücke gewesen, die es empfangen hatte von Kindheit auf. Und jetzt klangen die Glocken von Turm zu Turm und kündeten Frieden auf deutscher Erde. Bis in die entlegensten Schlupfwinkel drang die Botschaft und rief die verkrochenen Einwohner in die Dorffchaften um das Friedensfest zu feiern. Am Lage Martini des ^6^8 ften Jahres beging man in vielen ©rten Frankens das frohe Ereignis. 3n feierlichem Wallgange zogen die abgehärmten Männer, Weiber und Kinder vom Gotteshaufe durch die Straßen der Heimatgemeinde. Dann vereinigten sie sich in der Kirche zu andächtigem Dankgottesdienst. Die Glocken läuteten und die Böller krachten und von dem Turme bliesen Trompeter kirchliche Lieder. Alle Arbeit ruhte. wie aber sah es aus im Lande, als der längste Krieg geendet tvara den Deutschland je zu ertragen hatte? Unsagbar war die Verwüstung. Ganze Dörfer waren von der Erde verschwunden und wurden nicht mehr aufgebaut. In jeder Ortschaft gab es herrenlose Güter in Menge. Die Einwohner vieler Gemeinden waren

4. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 112

1914 - München : Oldenbourg
— U2 — bo war es überall im Frankenlande, so war es in ganz Deutschland. Nur langsam schwand das Elend, nur allmählich hob sich die Bevölkerungsziffer. Aber auch der Friede mußte nochmals teuer erkauft werden durch hohe Friedensgelder. Karlstadt hatte z. B. 2*00 Reichstaler zu entrichten. Erst zwei Jahre nach dem Friedensschlüsse zogen die letzten Schweden aus Franken ab. Ihr schmachvolles Gedenken aber hat sich bis in unsere Tage erhalten und heute noch schreckt Großmütterlein die Enkelkinder mit dem Spruche: „Bet, Kindlein, bet! Bet, sonst kommt der Schwed, Bet, sonst kommt der Ochsenstern, Wirt) die Kindlein beten lehr'n!" 24. Der Pflugzug zu Hollstadl. Gelobte Wallfahrten erinnern uns vielerorts an die schreckensvollen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges, da der schwarze Tod Städte und Dörfer entvölkerte und wilde Söldnerscharen die wenigen Überlebenden quälten und mordeten. Aber auch weltliche Bräuche haben das Gedenken an jene Zammertage erhalten. )n der Gemeinde Hollstadt bei Neustadt begeht man das Gedächtnis der furchtbaren Leiden, welche die Schweden über das Dorf gebracht hatten, durch den eigenartigen Pflugzug. Zwei lanzentragende Kriegsfnechte marschieren an der Spitze des Zuges; ihnen folgt ein schwarzer Heiter als Sinnbild des langen Krieges. Pfeifer, Trommler, ein Schwedenhauptmann, Offiziere, Heiter und Fußvolk stellen die erste größere Gruppe und rufen Bilder von Verwüstung und Not vor den rückschauenden Blick. Eine einzige Kuh war von dem ganzen Viehstand übriggeblieben, im tiefen Keller hatte man sie versteckt gehalten und heimlich gefüttert. Darum geht im Zuge eine geschmückte Kuh mit. Abgehärmtes, elendes Landvolk, von junger und Mißhandlungen entkräftet, geleitet sie. vier Feldgeschworene deuten an, daß die verwüsteten Felder nach dem Kriege wieder neu abgegrenzt werden mußten. Sechs festlich gekleidete Mädchen ziehen den pflüg, wie sich die Bevölkerung aus Mangel an Zugvieh nach dem Schwedeneinfalle vor die Feldgeräte spannte. Auf einem Hade werden zwei Burschen einhergezogen zur Erinnerung daran, daß viele Einwohner von den grausamen Fremdlingen geschleift, gerädert oder in den Weinkeltern langsam zerschmettert wurden. Ein Bärenführer, der den Zufluchtsort der ^oll-städter an die Schweden verraten wollte, erscheint ebenfalls im Zuge, ferner ein schwedischer Soldat, der die Leute fortwährend neckt und beunruhigt. puppen, die an Birkenstämmchen hängen, versinnbildlichen uns jene schreckliche Todesart, welche die Schweden vielen Dörflern durch Auf-

5. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 173

1914 - München : Oldenbourg
— \75 — durchgehende Postverkehr durch den Spessart eingestellt. Seit )uni ist auch der Klang des Posthorns verstummt. Dafür rattern jetzt die staatlichen Motorposten durch den grünen Spessartwald und verbinden Würzburg mit Aschaffenburg auf geradestem Idege. 7. Postwagenfahrten von Würzburg aus (1795). Nach Frankfurt: a) Roßbrunn, Esselbach, Rohrbrunn, Aschaffenburg, Dettingen, Hanau, Frankfurt (\5 Meilen); b) Bischofsheim, Hundheim, Miltenberg, ©bemburg, Aschaffenburq, Dettingen, Hanau, Frankfurt {\6 Meilen). 2. Nach Nürnberg: a) Ritzingen, poffenbeim, Langenfeld, (Emsfirchen, Farnbach, Nürnberg (\2 Meilen); b) ©chfenfurt, Uffenheim, Windsheim, Langenzenn, Farnbach, Nürnberg. 3. Nach Bamberg: a) Dettelbach, Neuses, Burgwindheim, Bamberg, Bayreuth (9 Meilen); b) Werneck, Schweinfurt, Haßfurt, Stettfelö, Bamberg. 4- Lxtraposten und Kuriere nach Frankfurt (j a und b), Ansbach, Koburg, Mannheim, Stuttgart, Fulda (Werneck, Hammelburg, Brückenau, Fulda oder Karlstadt, Hammelburg usw.), Meiningen. Fahrposten kommen am Montag abends von Nürnberg, Dienstag früh von Bamberg über Dettelbach und Frankfurt über Bischofsheim, Freitag morgens von Nürnberg über Kitzingen und von Bamberg über werneck, nachmittags von Frankfurt über den Spessart. Fahrposten gehen ab Dienstag früh nach Frankfurt über Roßbrunn, nach Nürnberg über Windsheim, nach Bamberg über Idernecf und Schweinfurt, Freitag nach Nürnberg über Kitzingen, nach Frankfurt über Bischofsheim und nach Bamberg über Dettelbach. 8. Im Postwagen durch fränkische Gefilde (1825). An einem schönen Frühlingstage in der Mittagsstunde verließ ich mit dem Postwagen das ehrwürdige Nürnberg. Der wagen fuhr vorschriftsmäßig langsam und still vom posthofe bis zum Tore, weil es für Pferde, wagen und Ladung von guten Folgen und der Bequemlichkeit der Reifenden zusagend ist, auf dem ungleichen Pflaster ruhig zu fahren. Erst am Schlagbaum am Ende der Stadt hob sich die Geißel des Postillons um die Pferde zu einem raschen Gang aufzufordern. Schneller ging es nun auf der schnurgeraden, mit einer doppelten Reihe stämmiger pappeln besetzten Straße durch getreidereiche Fluren und schöne Dörfer. Lin Schauspielerpaar, dem es nirgends gefallen wollte, ein Offizier, der gesonnen war, seine Frostbeulen, die er sich bei dem großen Rückzug über die Beresina geholt hatte, von dem Heilwasser zu Baden-Baden wegbringen zu lassen, ein pastor, ein akademischer Bürger, ein Kaufmann und meine Wenigkeit, die zu den Bädern nach (Ems wollte, bildeten die Reisegesellschaft, die sich im Innern des Postwagens zusammengefunden hatte. Anfänglich herrschte tiefe Stille, doch nach und nach kam eine Unterhaltung zustande, welche die Zeit verkürzen half. Rasch setzten wir unsere Reife, nachdem Fürth vorüber war, durch eine herrliche, im üppigen

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 25

1913 - Leipzig : Hahn
25 weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst wehe tun.“ Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander- bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet. Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie holen, da werden sie fertig sein.“ Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück; und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat auf Nimmerwiederkommen zu verlassen. So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde, und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun allein in der Stube. Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei. Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt, durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 29

1913 - Leipzig : Hahn
29 nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge; es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein- stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt- ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken, welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf. Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome, der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300 Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber, die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von selbst auf die Lippen: Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit, die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut. Ein Schifflein zieht auf blauer Flut, da singt's und jubelt's drein; du Schifflein, gelt, das fährt sich gut in all die Lust hinein? Das alles beut der prächt'ge Rhein an seinem Rebenstrand und spiegelt recht im hellsten Schein das ganze Vaterland, — Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht, andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. — Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts, der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n, der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben. Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen, die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver- zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten. Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 14

1913 - Leipzig : Hahn
t — 14 — Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor> gegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine Land der ewigen Ernten führt. Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen. Jean Paul Friedrich Richter. 13. Die deutsche Turnkunst. Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen. Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr- jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken. In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul- freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen- hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde. Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu- gleich auf. Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen. Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 42

1913 - Leipzig : Hahn
42 25. Spielkarten. Wer erzählen könnte, was diese zweiunddreißig Blätter in der Welt schon angerichtet haben, brächte leicht eine ganze Bibliothek zusammen. Ja, wenn's noch schwarzer Peter wäre oder so ein „Geduldspiel," wenn man an Langeweile oder Podagra leidet — aber das Spiel ums Geld hat schon Millionen um Haus und Hof, um Ehre und Frieden gebracht. Außer der Schnapsflasche hat der Teufel keine so glückliche Erfindung gemacht als die Aarten. Sie sind eine richtige Mausefalle, die sicher arbeitet. Du könntest dir auch einen Vers daraus machen, geneigter Leser, und dir sagen, was Herz, Eckstein, Schippen (Laub) und das Areu; bedeuten, und brauchtest den Aopf dir nicht besonders darüber zu zerbrechen. Das rote per; sind die blutenden Kerzen daheim von Weib und Rind, deren Vater die Nacht durchspielt und den Erwerb verschwendet, am Eckstein sind Tausende zerschellt, zum schwarzen Laub ist mancher Familienbaum zusammengewelkt, und das Areu; kannst du auf jedes Grab des Glücks, auf die Trümmerhaufen der Menschenherzen setzen, die den Frieden des Herzens verspielt haben. Der alte Flattich im Schwabenland hat's verstanden, schon in der Jugend seinen Buben, deren er etwa dreißig in Aost und Wohnung hatte, und die meist zu kurz oder zu lang waren, um in das Gym- nasium zu paffen, das Kartenspiel gründlich zu versalzen. Er sieht eines Abends spät um elf Uhr noch Licht aus dem Schlaf- zimmer leuchten, schleicht still hinauf: richtig, da sitzen die jungen Herrlein am Tische beim Lichtstümplein und spielen Karten. „Was tausend," sagt er, „ihr könnt Aarten spielen?" und erschreckt sahen die Missetäter den Pfarrer an — und die Aarten fliegen unter den Tisch. „Ach was — holet sie gleich wieder herauf! Ich will mit euch karten, es ist ja ein Zeitvertreib." Also er setzt sich zu ihnen hin, und die Herrlein sind seelenvergnügt, daß der alte Herr die Sache so scherzhaft aufgefaßt hat und kein Spielverderber ist. Es wird also gespielt und wird mittlerweile zwölf Uhr, und der Wächter bläst die Witternacht und singt dazu etwas vom Licht ausblasen; aber der Pfarrer steckt dagegen ein neues Licht auf, und den Herr- lein geht das Licht im Aopfe derweilen langsam aus, denn der Schlaf bläst es aus. Aber da hilft nichts, „wenn man einmal am Aarten ist, wird fortgemacht, 's ist ja ein Zeitvertreib," sagte der Pfarrer. Und es wird ein Uhr und zwei Uhr, und die Aäpfe sind so schwer, daß sie am Halse herumbaumeln wie eine volle Sonnen- blume am schlanken Stengel. Aber es nutzt nichts, sie müssen weiter spielen. Der Morgenwind fängt um drei Uhr schon an zu blasen, und den jungen Herren wird's kalt in ihrem Nachtkostüm; aber der Pfarrer hat einen dicken Hausrock an und spürt gar nichts von der Morgenluft. Da fangen die Herrlein an zu heulen und bitten um Gottes willen, er solle doch aufhören, sie wollten's ihr

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 69

1913 - Leipzig : Hahn
69 weithin seiner Not enthoben war, und der andere war Boucher, dem sein Herz ein Zeugnis gab, darum man ihn hätte beneiden mögen. W. O. o. Horn. 36. John Maynard. John Maynard! „Wer ist John Maynard?" John Maynard war unser Steuermann, aushielt er, bis er das Ufer gewann; er hat uns gerettet, er trägt die Krön', er starb für uns, unsere Liebe sein Lohn. John Maynard. * * * Die „Schwalbe" fliegt über den Eriesee, Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee, von Detroit fliegt sie nach Buffalo — die Herzen aber sind frei und froh, und die Passagiere mit Kindern und Frau'n im Dämmerlicht schon das Ufer schau'n, und plaudernd an John Maynard heran tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?" Der schaut nach vorn und schaut in die Rund: „Noch dreißig Minuten . . . halbe Stund." Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei — da klingt's aus dem Schiffsraum her wie ein Schrei. „Feuer I" war es, was da klang, ein Qualm aus Kajüt' und Luke drang, ein Qualm, dann Flammen lichterloh, und noch zwanzig Minuten bis Buffalo. Und die Paffagiere, buntgemengt, am Bugspriet stehen sie zusammengedrängt, am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht, am Steuer aber lagert sich's dicht, und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? wo?" und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht. Der Kapitän nach dem Steuer späht, er sieht nicht mehr seinen Steuermann, aber durch's Sprachrohr fragt er an: „Noch da, John Maynard p „Ja, Herr. Ich bin." „Auf den Strand! In die Brandung!" „Ich halte drauf hin." Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! hallo!" Und noch zehn Minuten bis Buffalo. „Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's mit sterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt's!" Und in die Brandung, was Klippe, was Stein, jagt er die „Schwalbe" mitten hinein- soll Rettung kommen, so kommt sie nur so, Rettung: der Strand von Buffalo.
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