402
und Sinken zu verwenden braucht, sondern sie sammt der Bewegung der
Kiemen ungehindert zur Vorwärtsbewegung benutzen kann. Da der
Druck der äuszeren Luft, welche das Barometer bewegt, auf jede Luft-
blase in der Tiefe des Meeres wirkt, so ist die Schwimmblase zugleich
das Mittel, durch welches der Fisch die Beschaffenheit des Wetters in der
Tiefe, ja wie der Schlammpeitzger, welcher deutliche Vorzeichen
des Wetters giebt, in der Tiefe des Schlammes empfindet. So viele Vor-
theile zieht die Natur bei den Fischen vom Athmen im Wasser, während
sie dem flüchtigen Blicke nur einen Nothbehelf für Lungen, der Natur des
Wassers wegen, in den Kiemen geschaffen zu haben scheint.
108. Reichthum des Meeres.
In der Mitternacht von 24. zum 25. Juni scheinen auf den Fluten
der nördlichen Meere Lichter aufzutauchen. Es sind „die Blitze deshärings",
das geheiligte Zeichen, welches von Boot zu Boot das Beginnen des großen
Häringsfanges verkündet. Eine lebendige Welt steigt aus der Tiefe an die
Oberfläche des Meeres. Legionen von Häringen steuern nach den flacheren
Gewässern, um ihre Brut abzulegen. Sie ergießen sich in alle Baien
und Buchten von Norwegen bis Island, von den äußersten Orkaden bis
zur Normandie. Ihre Züge erscheinen oft in. meilenlangen Bänken so
dicht zusammengedrängt, daß sie mit ihren abgeriebenen Schuppen das
Meer schwarz färben, daß zuweilen die ersten Reihen durch den Druck der
folgenden aus dem Wasser gehoben und zu Millionen ans User ge-
worfen werden. Scharen von Seevögeln und ganze Nationen nähren sich
von ihrem Fang.
In ähnlichen Massen erscheinen auch manche andere Fischarten. Der
Sprott z. B-, ein 4 Zoll langer Fisch, wird an den Küsten von Kent, Essex
und Suffolk so massenweise gefangen, daß er drei Millionen Menschen, die
um London leben, während des ganzen Winters mit einer wohlfeilen Nah-
rung versieht und außerdem noch zur Düngung der Felder benutzt wird.
Der Lachs dringt alljährlich in großen Scharen aus dem Meere in
die Flüsse'bis tief in's Land hinein, um daselbst auf kiesigem Grunde zu
laichen. Er schwimmt stromaufwärts in keilförmiger Ordnung und schnellt
sich sogar über die Wasserfälle. In einem irländischen Flüßchen, wo er bei
lwm Versuche, einen 19 Fuß hohen Wasserfall zu überspringen, zurückfällt
fängt man ihn am Wasserrande mit Körben auf. Im Tweed fing man
früher während jedes Sommers durchschnittlich 200,000 Stück.
An der Ostküste von Amerika zwischen 400 bis 65" n. Br. setzen sich
mit Beginn des Frühlings ganze Flotten in Bewegung, um den Stockfisch
zu fangen. England stellt 2000 Schiffe mit 30,000 Fischern, Frankreich
die Hälfte, Amerika 3000 Schiffe mit 45,000 Mann. Jedes Schiff fängt
während der günstigen Jahreszeit durchschnittlich 40,000 Stück.
Auch die Krustenthiere bevölkern das Meer in staunenswürdiger Fülle.
Aus Norwegen werden jährlich gegen- 900,000 Stück Hummer nach Eng-
land ausgeführt.
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TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Kent
Extrahierte Ortsnamen: Norwegen Island Essex Suffolk Amerika England Frankreich Amerika Norwegen
449
Muscheln und Krabben leichter zu fangen und zuzubereiten sind, als die
flüchtigen Thiere des Waldes. Daher kannten auch scbon die allerält.-sten
Bewohner Norddeutschlants den Bernstein mit seinen Eigenthümlichkeiten.
Während nun der Diamant und die anderen Edelsteine äußerlich
unscheinbar aussehen und ihrer Härte wegen nur durch sehr gesteigerte
Kunstfertigkeit poliert werden können, auch durch ihre Kleinheit selbst,
wenn sie lose im Sande liegen, sich der Aufmerksamkeit entziehen, bot sich
der Bernstein den wildesten Ureinwohnern gleichsam von selbst zum
Schmucke dar und wurde so der älteste unter den zum Schmuck verwen-
deten Edelsteinen.
Die gebildeten Völker, welche mit den alten Bewohnern unserer
Küsten in Berührung kamen, namentlich die Griechen und Römer und das
seefahrende Volk der Phönicier, hatten durch dieses Produkt, durch welches
ihnen die deutschen Küsten am frühesten bekannt wurden, einen will-
kommenen Handelsartikel zum Tausch, hier mit den wilden Deutschen, dort
mit den üppigen Völkern des Orients.
Ebenso wie die spanischen Seefahrer des Mittelalters durch Jagd
nach Goldstaub von einer Küste zur andern getrieben wurden, ebenso wie
die Diamanten Wohnplätze im Innern Brasiliens geschaffen haben, ebenso
wie die Entdeckung von Goldwäschen in Californien und Australien große
Landstriche dem Handel und der Cultur geöffnet hat, ebenso ist es auch der
ekele Bernstein gewesen, welcher zuerst den Verkehr mit gebildeten Völkern,
den Handel und dadurch die höhere Cultur nach Deutschlands sumpfigen oder
waldigen Küsten getragen hat. Der Bernstein hat durch eine eigenthümliche
Verkettung von Umständen noch eine andere höhere Bedeutung für die
Cultur der Menschen. Er ist es, welcher den ersten Anstoß zu einer Reihe
von Entdeckungen gegeben hat, deren Blüte jetzt die Einrichtung des
elektrischen Telegraphen ist, denn an ihm erkannte man zuerst die Eigen-
thümlichkeit, daß er im geriebenen Zustande leichte Späne anziehe, und
nach ihm nannte man diese Eigenschaft Elektricität, denn Elektron,
das heißt mit Silber legirtes Gold, nannten die Griechen den Bernstein
wegen seiner lichtgoldenen Farbe.
Bis auf den heutigen Tag hat der Bernstein seine Vorzüglichkeit als
Handelsartikel für den Orient bewahrt, aber die älteste Hauptfundstätte an
der deutsch-dänischen Nordseeküste hat schon lange den Vorrang gegen die
preußische Ostseeküste aufgeben müssen.
Der Theil des alten Preußenlandes und der jetzigen Provinz
Ostpreußen, welcher auf der Karte im Norden von Königsberg als ein in
das Meer hinausragendes Rechteck erscheint, das Samland genannt,
führt an seiner Nordküste Schichten, welche abweichend sind von allen
anderen Umgebungen der Ostsee. Hier findet sich unter Lehm- und Sand-
lagern zunächst eine Braunkohlenbildung, begleitet von solchen Sandschichten,
zwischen denen in der Regel die Braunkohle eingeschaltet zu sein pflegt,
und unter diesen, also älter als die Braunkohlen, liegt ein grünlicher
Sand, gefärbt durch zahllose Körner von Grünerde. In dieser grünen
Vaterländisches Lesebuch. 29
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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456
nehmen dem Menschen das Mühsamere und Materiellere der Arbeit ab.
Unter der Hand des Künstlers wird der Fels ein prächtiges Gebäude, der
Marmorblock eine Bildsäule, einige Farben ein Gemälde. Aber der Mensch
giebt nicht nur einzelnen Gegenständen eines Naturreichs eine andere Ge-
stalt, er wirkt auf eine ganze Landschaft, ja auf die ganze Oberfläche seines
Planeten. Er baut auf Ebenen und im Gebirge eine unzählbare Menge
von Städten, Tempeln und Palästen, Festungen, Dörfern, Weilern. Er
haut die Wälder aus, welche eine Gegend bedecken, verbessert durch den
Anbau ein Klima, welches ungesund war, oder vermindert seine zu große
Kälte; er verwandelt Sümpfe in fruchtbare Ebenen, verheerende Ströme
werden eingedämmt, Strecken, welche das Meer bedeckte, werden der Wvhn-
platz eines zahlreichen Volkes. An einer Küste ohne Zufluchtsort entstehen
Häsen, kühne Straßen führen über hohe Bergketten, welche man für un-
übersteiglich hielt, und die nun aufhören, absondernde Mauern zu sein;
künstliche Wasserstraßen verbinden benachbarte Ströme oder entgegengesetzte
Meere. Schiffe, von Rudern, Winden und Strömungen oder von Dampf
bewegt, durchschneiden in allen Richtungen den Ocean, welcher jetzt die
Nationen nähert und verbindet, die er während einer Reihe von Jahr-
hunderten abgesondert hatte. Ein unermeßlicher Austausch von Pflanzen
und Thieren geht in allen Theilen eines Continents, zwischen demmorgen-
und Abendlande, der Alten und Neuen Welt vor sich, und mehrere Gegenden,
deren ursprüngliche Erzeugnisse andern gewichen sind, haben ein neues Aus-
sehen erhalten. Endlich haben sich alle ursprünglichen Entfernungsver-
hältnisse sowohl durch die Vervollkommnung der Schiffahrt als durch die
Erfindung der Dampfmaschinen verändert: ein Weg, zu welchem der
Mensch zu Fuß oder in einem einfachen Boote mehrere Wochen brauchen
würde, wird nun in einigen Tagen zurückgelegt. Von Hamburg gelangt
man durch den Canal und um das Vorgebirge der guten Hoffnung herum
schneller nach Kanton, als durch Rußland und Mittelasien; die Neue Welt
ist Europa's naher Nachbar geworden, und der Handel zu Land und zu
Wasser bewirkt zwischen allen Völkern leichte und schnelle materielle und
moralische Verbindungen, welche diejenige, die das Christenthum zwischen
allen Gliedern der großen Menschenfamilie zu erzielen strebt, vorbereiten.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
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69
118. Herzog Leopold von Braimschweig.
Im Frühjahr 1785 trat die Oder bei Frankfurt aus ihren Ufern
und überschwemmte und verwüstete alles weit und breit. Der Her-
zog Leopold von Braunschweig, welcher damals mit seinem Regi-
ment in der Stadt lag, befahl seinen Leuten, Hand anzulegen und
einen Damm, welcher das Wasser aufhielt, zu durchbrechen; ja er
selbst arbeitete dabei, dasz ihm der Schweisz auf dem Angesicht
stand. Er liesz Kähne abgehen, um die Bedrängten zu retten, und
wollte selbst-ein solches Fahrzeug besteigen, wurde aber, weil eben
die Flut den Damm durchbrach, von den Seinigen zurückgehalten.
Die Wogen schäumten hoch ; die Bogen der Brücke stürzten ein ;
Häuser wurden weggerissen, Bäume entwurzelt; Jammer und Ge-
winsel, Heulen, Wehklagen, Noth und Verzweiflung herrschten
überall. Der Prinz hatte sich wieder auf sein Zimmer begeben,
weil es seinem edlen Herzen unerträglich war, die Noth zu sehen
und nicht helfen zu können. Da stürzte eine Frau in sein Zimmer,
bittend, flehend, dasz er einen Kahn für ihre Kinder schaffen möchte.
Leopold wuszte nicht zu helfen, aber er eilte hin. 0 Himmel, welch
ein Anblick ! Hier schwamm eine Hütte mit ihren Bewohnern fort;
dort rang ein Sterbender mit der alles verschlingenden Flut; da
reckte ein Greis die Arme um Hilfe aus den Wellen empor. Bis
zum Himmel schallte das Jammergeschrei, und das Geheul der Sin-
kenden, das Winseln der Fliehenden mischte sich in das Tosen
der Wogen. Ueberall Noth, überall Verderben und Untergang;
in tausend gräszlichen Gestalten wüthete der Tod. Und der Herzog
sieht’s mit Schaudern : „Will denn,“ ruft er, „niemand helfen? So
will ich es denn versuchen! Ich bin ein Mensch, wie sie; ich bin
schuldig, sie zu retten ; ich vertraue Gott!“ — Er ruft’s und springt
in einen Kahn ; ein alter Schiffer ergreift das Ruder; keiner spricht
ein Wort. Schon sind sie dem Lande nahe, als ein schwimmender
Weidenbaum den Kahn am Vordertheile faszt, ihn umwirft und den
Prinzen mit dem Schiffer in den Fluten begräbt. Nach einer halben
Stunde war der Schiffer gerettet, den Prinzen aber sah man nicht
wieder.
119. Rittmeister Kurzhagerr.
In dem Regimenfe des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch-
geehrten Generals von Ziethen stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurz-
hagen. Er war klug, tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine
Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienst-
orden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges
in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt
gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wiederzusehen, und erwarteten ihn
auf dem Markte. Als er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer]]
Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Braimschweig Leopold Leopold_von_Braunschweig Leopold Leopold Leopold Friedrich_dem_Großen Friedrich
136
202.
1. Wenn alles eben käme,
wie du gewollt es hast,
und Gott dir gar nichts nähme,
und gab’ dir keine Last:
wie wär’s da um dein Sterben,
du Menschenkind, bestellt?
Du müsztest fast verderben,
so lieb wär' dir die Welt.
Trost
2. Nun fällt, eins nach dem andern,
manch siiszes Band dir ab,
und heiter kannst du wandern
gen Himmel durch das Grab.
Dein Zagen ist gebrochen
und deine Seele hofft; —
dies ward schon oft gesprochen,
doch spricht man’s nie zu oft.
203. Der Hauptmann von Wismar.
Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, als die nord-
deutsche Hansa in ihrer Blüte stand, kam nach Wismar mitten im
Winter die Nachricht, dasz Stockholm in Schweden hart von
den Dänen belagert würde und die Bürger grossen Hunger litten,
und wenn sie nicht nächstens entsetzt würden, so müssten sie aus
Noth die Stadt übergeben. Um das zu verhindern, wurden in dem
Tief von Wismar acht grosse Schiffe ausgerüstet; diese wurden mit
Korn, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen und mit kühnen
Männern besetzt, den Holm zu befreien. Es war aber mitten im
Winter, da diese Schiffe ausliefen; sie hatten einen Hauptmann,
Namens Meister Hugo. Die Dänen hatten aber auch einen
Haufen Schiffe in See, um auf ihre Feinde Acht zu geben.
Da begab sich, dasz plötzlich ein so starker Frost eintrat, dasz
die Schiffe in der See einfroren und konnten nirgend hinkommen.
Als nun der Hauptmann von Wismar sah, dasz der Frost so heftig
überhand nahm, da sprach er zu den Schiffern und anderen Kriegs-
leuten also: „Liebe Gesellen, ihr sehet, dasz wir hier eingefroren
liegen, und dürfen uns nicht vermuthen, dasz so bald ein anderes
Wetter eintreten wird, und ihr wisst, dasz der Dänen Schiffe auch
in See sind. Darum weiss ich gewiss, wenn dieser Frost bleibt,
so werden sie uns anfallen, und sie haben den groszen Vortheil,
dasz sie aus ihrem Lande sich verstärken können, soviel sie wollen:
deshalb ist besser, wir sehen vor ihrer Ankunft zu. Wollt ihr nun
meinen Rath hören, so wollen wir unsere Schiffe so verwahren, dasz
wir sie vor den Dänen wohl behalten, wiewohl es Arbeit kosten
wird ; dennoch, weil es so kalt ist, ist es besser, dasz wir etwas zu
thun haben, als dasz wir zu Tode frieren. Sehet da", sprach er,
„an der dänischen Küste steht viel Holz, da wollen wir Leute hin-
senden, die sollen lange und grosse Bäume hauen und auf dem Eise
mit geringer Arbeit an die Schiffe schaffen; die wollen wir auf
beiden Seiten der Schiffe hinlegen und mit Wasser begieszen, wel-
ches bald zufrieren wird, und unseren Schiffen einen Wall und ein
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
156
in Eimern und anderen Behältern Wasser herauf und benetzten unaufhörlich
das Verdeck von einem Ende bis zum anderen.
Zwei unerschrockene Kadetten wurden zur Pulverkammer beordert, um
genau nachzusehen, ob jede Vorsichtsmaßregel getroffen sei, diese zu schützen.
Zwei andere begleiteten den Proviantmeister hinab zu den Vorräthcn, mit
dem Aufträge, sobald cs nöthig sei, alle feuerfangende Gegenstände zu
entfernen und, wenn es sein müsse, sie über Bord zu werfen. Sie drangen
in die finsteren Räume ein; um sehen zu können, mußten sie die Thür auf-
lassen, und nun gewährte ihnen der Feuerschein hinlängliches Licht. Aber
an dem entgegengesetzten Ende der Kammer waren die Luftklappen geöffnet;
der Wind gewann einen freien Durchzug und flog zu dem Feuer herüber;
wild prasselte die Flamme auf und leckte die Balken des Verdecks.
„Ueber Bord mit dem Rum und Branntwein!" schrie der Proviant-
meister außer sich und rollte ein Faß vor sich her, um es vom Verdeck aus
über Bord zu rollen. Kräftige Hülfe war zur Hand; es wurde ein Tan
herabgelassen und das Faß gehißt; das Tau war aber zu schwach, konnte
die angehängte Last nicht tragen und riß. Das Faß stürzte herab und
platzte auseinander; glühende Brände fielen in das nach allen Seiten hin-
strömende Feuerwasser, und brennende Wellen brachen sich an den Seiteu-
borden des Zwischendecks.
Die Kunde des neuen Unglücks gelangte auf das Verdeck. Die
Offiziere wandten die erbleichenden Gesichter ab, der Kapitän aber schien
allgegenwärtig zu sein und munterte mit kräftigen, entschlossenen Worten
die Leute zu neuen Anstrengungen auf.
Längst waren die Segel festgemacht und das Schiff den Wellen über-
lassen; überdies hatte auch der schwächste Windhauch aufgehört, und die
Atmosphäre war unbeweglich. Der Mond schien klar und hell, und einzelne
Sterne blitzten freundlich auf die Unglücksstelle herab. Aber fern im Westen
änderte sich die Scene, und eine Wolkenmasse stieg aus der Tiefe des Meeres
heraus. Hätten die Leute noch auf irgend etwas Anderes achten können,
als auf die Flammen, die in dem Innern des Schiffes wütheten, so würden
sie gesehen haben, daß sich ein zweites Element zu ihrem Untergänge rüstete.
Zum Tode erschöpft, ließen die Matrosen die Arme hängen; die
Offiziere gingen von einem zum anderen, feuerten sie durch ermuthigende
Worte an und erquickten sie mit stärkendem Wein. Auf's neue begann die
Arbeit, die Verzweiflung verlieh ihnen übermenschliche Kräfte, und 'jeden
Augenblick dämmerte ihnen eine trügerische Hoffnung auf. Plötzlich aber
sprangen mit lautem Geprassel die Luken auseinander, die Flamme stieg
riesengroß empor, umarmte den Fockmast und ergriff die Takelage desselben,
von der untersten Webeleine bis zum Wimpel mit rasender Schnelle em-
porsteigend.
„Die Böte! Die Böte! Rettet die Böte!" lautete der allgemeine
Ruf, und alle ließen ab von den unnützen Löscharbeiten.
Kaum berührte das erste Boot den Wasserspiegel, und das zweite sollte
folgen, als die finsteren Wolken, die aus dem Abgrunde aufstiegen, den
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
157
höchsten Gipfel erreicht hatten. Ein lauter Donner hallte vorüber, ein
zischender Blitz riß das Gewölk auseinander, und der Sturm stürzte sich
heulend auf das unglückliche Schiff. An den Stangen, die von dem Fock-
mast zum großen Mast führen, züngelte das Feuer wie eine Schlange hinauf,
und in einem Nu stand auch dieser in Flammen; ein dichter Funkenregen
fiel auf die Raacn und Stengen des Besanmastes nieder. Im Innern
wüthete die Glut fort, und das Feuer näherte sich mehr und mehr dem
vcrhängnißvotten Orte der Pulverkammer.
Der Kapitän hatte eine kurze Berathung mit seinen Offizieren ge-
halten ; diese traten aus einander, und der Befehlshaber sprach mit lauter
Stimme:
„Dänische Männer! Wir weichen dem Geschick ! Das Schiff ist nicht
mehr zu retten, also will ich euch retten ! Wir besteigen die Böte! Haltet
fest zu einander und seid ruhig und besonnen!"
Die Pfeifen der Bootsmänncr erklangen; aber das Pfeifen des Sturmes
übertönte sie, und laut erhob sich von allen Seiten das Geschrei: „In die
Böte! In die Böte! Rette sich, wer kann!"
Alles stürzte nach der Seite hin, wo die bereits ausgesetzten Böte von
den aufgeregten Wellen auf und nieder geschleudert wurden. Umsonst ver-
suchten die Offiziere, ihre Anordnungen zu treffen; vergebens waren alle
ihre Befehle! Kopfüber stürzten sich die Matrosen in die zunächst liegende
Barkasse, und als diese überhäuft war, stieß sie von dem Schiffe ab.
. Ein Knall! Neues Eutsetzen! Die furchtbare Glut hat die Steuer-
bords-Kanonen des Vorderkastells erglühen gemacht; sie entladen sich selbst;
der erste Schuß hallt weit hinaus in die Sturmesnacht; ihm folgt ein
zweiter, dritter. Die Barkasse, von dem Winde hoch emporgeschleudert,
fliegt weit ab vom Schiffe, diekugeln sausen zischend durch das aufspritzende
Wasser, sie schlagen in die Scitenborde des Fahrzeuges, es sinkt in die Tiefe,
und herzzerschneidend mischt sich mit dem übrigen verworrenen Lärmen das
Angstgeschrei der Versinkenden.
Der Kapitän benutzte dieses Ereigniß, das auf die rohen Gemüther
der'matrosen einen tiefen Eindruck zu machen schien; er schwingt sich auf
eine Kanone, und umsprüht von herabströmendcn Funken, ruft er: „Das
ist die Strafe des Ungehorsams! Der Arm Gottes züchtigt die Verräther,
wenn es der Arm der Menschen nicht mehr vermag! Gehorcht, oder ihr
endet, wie sie! Das Langboot vor
Aber starr standen die Männer vor dem neuen Unheil, das jetzt über
sie Hereinbrack. Die Glut des Feuers strahlte über die Mecresflache» hin
und vergoldete die weißschaumenden Häupter der Wellen. Der in der Tiefe
schlummernde Hai schreckte aus dem Schlummer auf; es schien ihm, als ob
cs Tag geworden sei und die Morgensonne ihr rosiges Licht aus die Meer-
flut- werfe. Spritzend und schnaubend kamen die Ungeheuer des Meeres
mit weitgeöffneten Rachen an die Oberfläche und umkreisten das brennende
Schiff, hohe Wasserstrahlen gegen den Nachthimmcl aufspritzend, während
die Kanonen des Backbords sich lösten und wie ferner Donner verhallten.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
158
Die Lust zum Leben siegte; hier war gewisser Untergang, dort eine
Möglichkeit zur Rettung. Die Matrosen, der Weisung ihrer Offiziere
wieder geduldig folgend, stiegen in das Langboot hinab.
Dasselbe war gefüllt und versuchte nun, sich von dem brennenden
Schiffe zu entfernen und aus dem drohenden Bereiche der Kanonen zu kommen,
die sich noch nicht alle entladen hatten. Die Schaluppe kam an die Reihe,
und die Offiziere verließen nun das Verdeck, das mit jedem Augenblick
glühender ward und ein längeres Verweilen nicht mehr gestattete. Der
Kapitän war der letzte. Als alle hinunter waren, setzte er den Fuß auf
die schwankende Leiter; doch plötzlich wich er zurück und rief: „Wo sind
die Kadetten, die zur Pulverkammer beordert wurden?"
Keine Antwort! Aus der Schaluppe aber erfolgte die ungeduldige
Mahnung, daß der Kapitän nicht länger säumen möge.
„Nicht von der Stelle", rief er aus, „bis ich über das Schicksal dieser
Unglücklichen im Klaren bin!" Und mit diesen Worten stürzte er durch
Rauch und Flammen nach der Pulverkammer, der sich die Glut bereits auf
das bedrohlichste näherte. Dort fand er sie. Erschöpft von der anstrengenden
vergeblichen Arbeit war der jüngere bereits ohnmächtig niedergesunken;
der ältere bemühte sich umsonst, ihn zu ermuntern und mit sich fortzuziehen.
Der Kapitän ergriff den Ohnmächtigen, und mit starken Armen trug er
ihn, unter endlosem Feuerregen, auf das Verdeck, während der andere ibm
folgte. Mit lautem Freudengeschrei wurden sie von den Offizieren empfangen
und in die Schaluppe gebracht, die von einer Welle erfaßt und weit von
dem Schiffe fortgeschleudert wurde.
Das Langboot und die übrigen Fahrzeuge, begleitet von gierigen
Haien, steuerten nach der Richtung hin, wo das Land lag, vorerst nur be-
müht, so schnell als möglich aus dem Bereiche des Schiffes zu kommen.
Wenn die Glut heller aufleuchtete, sah man eines oder das andere über die
Flut hinstreichen.
Die „Atalante" gewährte in ihrer letzten Stunde einen majestätischen
Anblick. Der Vordermast und das Bugspriet waren herabgestürzt, und
der große Mast war ausgebrannt und bereitete sich schwankend zum
Sturze; der Besanmast stand in heller Glut, und als ob es ein Zauber
gewesen, der sie schützte, war bis jetzt die von der Gaffel wehende Flagge
noch nicht entzündet, sondern ihr weißes Kreuz leuchtete weit hinaus in die
aufgeregte Sturmesnacht.
Schon waren die Böte in weiter Entfernung; da drang das Feuer
bis in die Pulverkammer. Ein einziger, furchtbarer Knall, der das Meer
bis in seine Tiefe erbeben machte; eine ungeheure Flamme, die in die
Wolken hineinstrahlte; dann ein glühender Regen von Trümmern aller
Art, die hoch hinaufgeschleudert wurden und knitternd und knatternd herab-
fielen ; endlich tiefe, schweigende Nacht.
Gegen Mittag des folgenden Tages erreichten die Böte die Küste
von Biscaya.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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der Ostseefahrer. Denn damals war die Ostsee der große Fischbehälter
Europa's; die Dorsche walzten sich haufenweise in die ausgeworfenen Netze,
der Häring kam jährlich in ungeheuren Wanderzügen durch den Sund, an
den Flußmündungen wimmelten der Lachs und der Aal. Besonders aber
war der Häringsfang für die nordischen Handelsstädte von der größten
Wichtigkeit. Bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts zog der Fisch längs
der Küste von Pommern in so dichten Massen, daß man im Sommer nur
den Korb in's Meer zu senken brauchte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Da-
mals wuchsen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit
wunderbarer Schnelligkeit zu hohem Wohlstand. Im dreizehnten Jahr-
hundert aber verlegte der Häring seine Seewege und strich längs der flachen
Küste von Schonen und am norwegischen Ufer. Da eilten alle seetüchtigen
Völker in sein Fahrwasser, und die deutschen Hansastädte kämpften um seinet-
willen blutige und siegreiche Kriege mit den Dänen, Engländern, Schotten
und Holländern, sie brachen den dänischen Königen ihre festen Schlösser,
besetzten ihre Inseln und behaupteten Jahrhunderte hindurch die Herrschaft in
Gothland, Schonen und Bergen. Das war die große Zeit der deutschen Hansa.
Nach 1400 aber änderte der Häring wieder seine Züge und ging an die hollän-
dische Küste; seitdem wurden die holländischen Städte reich und mächtig.
War der hanseatische Kaufmann daheim, so zeigte er gern seinen Wohl-
stand durch stattliche Kleidung, kostbare Pelze und bunte Farben; er trug
das Schwert an der Seite und am reich verzierten Gurt die Geldtasche und
den Siegelring, worin das wichtige Zeichen seines Geschäftes, die Haus-
marke, eingegraben war. Denn er war des Schreibens nicht immer
mächtig, und durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern und Ballen her
an allen Enden der Welt bekannt war, bestätigte er Geldanweisungen und
Urkunden, die er durch seinen Schreiber ausstellen ließ.
Aber derselbe Mann trug zur See auch die Friesjacke des Schiffers
und das Panzerhemd des Kriegers. Denn wenn er auf seinem rundbauchigen,
hochbordigen Fahrzeuge das Meer durchstrich, hatte er nicht selten mit ver-
wegenen Seeräubern zu kämpfen. Auch in fremden Ländern mußte er man-
chen blutigen Strauß bestehen, doch trug er mit seiner zähen Ausdauer stets
den Sieg davon, und im Gefolge seiner kaufmännischen Arbeit brachte dann
auch das Christenthum in Länder, die bis dahin völlig unbekannt gewesen
waren, seine Segnungen. So trugen bremische Kauffahrer in das heidnische
Livland Christenthum und deutsches Wesen.
Die Blüte der Hansa Lauerte dreihundert Jahre. Erst nach Auf-
findung neuer Seewege, als dem Handel neue Bahnen eröffnet waren, ge-
rieth sie in Verfall und hielt 1630 ihre letzte Tagsatzung. Noch heute
führen Hamburg, Lübeck und Bremen den alten Namen Hansestädte fort.
15. Erfindungen im Mittelalter.
In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters kamen Erfindungen
auf, welche für die weitere Entwickelung des Menschengeschlechts von hoher
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)
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16. Kolumbus, der Entdecker Amerikas.
Christoph Kolumbus stammte aus der italienischen Stadt Genua
und hatte sich von früher Jugend an dem Seewesen gewidmet. Mit Eifer
bestrebt, seinen Geist auszubilden, hatte er sich alle Kenntnisse, welche
zu diesem Berufe gehören, in vorzüglichem Grade angeeignet. Wus er
von der großen Entdeckung der Südspitze Afrikas durch die Portugiesen
hörte, erfüllte ihn mit Begeisterung. Um sich genauer mit denselben be-
kannt zu machen, begab er sich nach Portugal. Hier kam er auf den Ge-
danken, daß man doch, da die Erde eine Kugel sei, wenn man gegen
Westen durch das Atlantische Meer schiffe, wiederum Land treffen müsse,
und daß dieses Land vielleicht das im fernen Osten gelegene Indien sein
könne. Wer weiß, dachte er, ob dieser Weg nicht kürzer ist, als der um
Afrika herum? Auch manche Erzählungen portugiesischer Seeleute schienen
darauf hinzuweisen, daß im Westen Land zu finden sei. Man habe, hieß
es, zuweilen ungewöhnlich großes Schilfrohr, künstlich bearbeitetes Holz,
ja einmal sogar zwei Leichname von ganz eigenthümlicher Körperbildung
von Westen her über's Meer schwimmen und an's Land treiben sehen. Es
wurde daher der feurigste Wunsch des Kolumbus, eine Entdeckungsfahrt
nach Westen hin zu unternehmen. Zuerst machte er seiner Vaterstadt Genua
das Anerbieten und verlangte einige Schiffe. Allein man erwiderte ihm:
„Du bist ein Träumer", und wies ihn ab. Hierauf wandte er sich an
den König von Portugal; doch ebenfalls umsonst. Nun ging er nach
Spanien; aber auch hier dauerte es acht lange Jahre, bis der beharrliche
Mann mit seinem Vorhaben durchdrang. Endlich gab ihm die Regierung
im Jahre 1492 drei kleine Schiffe und 90 Mann, um die große Reise
anzutreten.
Voll kühnen Muthes fuhr nun Kolumbus in's wilde, unbekannte
Meer hinaus. Der Wind blies günstig, und pfeilschnell flogen die Schiffe
dahin. Aber wo fand sich das gesuchte Land? Sechzig Tage hatte die
Fahrt schon gedauert, und noch immer sah man nichts, als die unendliche
Wafferwüste ringsum und darüber die weite Himmelsdecke. Da ergriff
Angst auch die Beherztesten unter den Schiffsleuten. „Was soll aus uns
werden?" fragten sie zitternd. „Er führt uns in den gewissen Untergang."
Nur Kolumbus verlor keinen Augenblick den Muth. „Seid getrost",
rief er den Verzagten zu; „bald ist das Ziel erreicht." Undunermüdet
stand er Tag und Nacht auf dem Verdeck und beobachtete und leitete alles.
Aber endlich versagte ihm die verzweifelnde Mannschaft den Gehorsam.
In wilder Wuth stürzen die Matrosen auf ihn los und drohen ihn über
Bord zu werfen, wenn er nicht alsbald umkehre. „Nur drei Tage noch
fordere ich ", erwidert Kolumbus; „sehen wir dann kein Land, so fahren
wir heimwärts." Das nahmen die Empörten an. Und siehe, schon am
folgenden Tage erreichte das Senkblei den Meeresgrund; Rohr und ein
Baumast mit rothen Beeren schwammen auf sie zu, und Landvögel flogen
auf die Masten. Die Sonne ging unter ; noch sah man nichts. Doch
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