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Eins von diesen Häusern stand mitten in der Heide bei den
alten Hünengräbern. Dies Haus wurde der Krug genannt, weil
die Kirchleute sich dort von dem langen Wege bei einem Kruge
Bier zu erholen pflegten. Der Wirt in dem Hause, welcher Alke
hieß, dachte mehr an seinen Verdienst als an den lieben Gott. Er
hatte immer viel Zeit, hielt die Menschen von der Kirche zurück und
nötigte sie zum Trinken, indem er sagte, sie kämen zum Gottes-
dienste noch früh genug. Dies war denn die Ursache, daß die
Leute selteu zur rechten Zeit in die Kirche kamen. Da der Wirt
schon häufig gewarnt worden war und doch von seiner bösen Ge-
wohnheit nicht lassen wollte, so strafte ihn zuletzt Gottes Hand.
Sein Haus, das auf einer kleinen Auhöhe stand, versank plötzlich
samt der Scheune, und an derselben Stelle entstanden die tiefen
Wasserlöcher, welche man heute noch sieht. Darüber erschraken
die Leute ganz gewaltig. Zum ewigen Andenken nannten sie die
andern elf Häuser „Alfhausen" und bauten sich eine eigene Kirche.
Von der Stelle aber, wo das Haus versunken ist, erzählt man
sich allerlei wunderbare Geschichten. Wenn um Mitternacht bei
diesen Wasserknhlen Alke dreimal gerufen wird, so erscheint er
in der Gestalt eines feurigen Rades und straft deu, der ihn gerufen
hat. Als einst der Bauer Grumfeld, dessen Hans nicht weit von
den Alkenkuhlen liegt, mit einigen guten Freunden im Wirtshause
saß, rühmten sie gegenseitig ihre Pferde. Grumfeld sagte, er habe
einen Schimmel, mit dem wolle er wohl in der nächsten Nacht den
Alke anreiten und ihn herausfordern. Tie andern Bauern hielten
ihn beim Wort und wetteten neun Pfund Silber gegen sein Pferd.
Grumfeld ging die Wette ein und machte sich am folgenden Tage
bereit. Er putzte seinen Schimmel und führte ihn an die Alken-
kühle. Dort suchte er ihm deutlich zu machen, worauf es ankäme.
Und das treue Tier begriff alles und trug seinen Herrn in schnellem
Laufe nach Hause zurück. Nun gab der Bauer ihm das beste
Futter und zeigte ihm auch die große Thür, welche in der Nacht
offen bleiben sollte.
Als Mitternacht nahe war, ritt er abermals hinaus zu der
Alkenkuhle und hielt am Rande des Wasserloches still. Es war
eine sternhelle, ruhige Nacht. Man vernahm keinen Laut; uicht
einmal ein Fuchs oder eine Eule ließen sich hören. Der Schimmel
stand und rührte kein Glied. Jetzt hörte Grumfeld die Turmuhr
zwölf schlagen, erst zu Uffeln, dann zu Merzen und zuletzt zu
Alfhausen. Nach dem letzten Schlage rief er mit lauter Stimme:
„Alke, knmm! geist du mit?"
Da antwortete eine grausige Stimme, die mitten aus der
Erde kam:
„Tös! den enen Schoh antück ick,
den annern anrück ick,
dann wil ick di Düwel wol Halen!"
Ohne Zögern gab der Bauer seinem Pferde die Sporen, und
wie der Blitz durch die Luft fährt, wie der Pfeil vom Bogen
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Extrahierte Personennamen: Bauer_Grumfeld Hans Grumfeld
10 Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Die feindlichen Brüder.
Auf den nachbarlichen Burgen Sterrenberg und Liebenstein am Rhein wohnten
zwei Brüder, die waren sehr reich und hatten die Burgen stattlich von ihres Vaters
Erbe erbaut. Als ihre Mutter starb, wurden sie noch reicher. Beide hatten aber eine
Schwester, die war blind,- mit der sollten nun die Brüder der Mutter Erbe teilen. Sie
teilten aber, da man das Geld in Scheffeln maß, daß jedes ein volles Matz nach dem
andern nahm, und die blinde Schwester fühlte bei jedem, daß eins so richtig voll war
wie das andere. Die arglistigen Brüder drehten aber jedesmal, wenn es an das Maß
der Schwester ging, dieses um und deckten nur den von schmalem Rande umgebenen
Boden mit Gold zu; da fühlte die Blinde oben darauf und war zufrieden, daß sie ein
volles Maß empfing, wie sie nicht anders glaubte. Sie war aber gottlos betrogen?
dennoch war mit ihrem Gelds Gottes Segen, und sie konnte reiche Andachten in drei
Klöstern stiften.
Aber mit dem Gelde der Brüder war der Unsegen für und für; ihre habe ver-
ringerte sich, ihre Herden starben, ihre Felder verwüstete der Hagel, ihre Burgen
begannen zu verfallen, und sie wurden aus Freunden Feinde und bauten zwischen
ihren nachbarlich nahe gelegenen Burgen eine dicke Mauer als Scheidewand, deren Reste
noch heute zu sehen sind.
Kbb. y. ttönigsstuhl zu Rhense.
Als all ihr Erbe zu Ende gegangen war, versöhnten sich die feindlichen Brüder
und wurden wieder Freunde, aber auch ohne Glück und Segen. Leide bestellten einander
zu einem gemeinschaftlichen Zagdritt; wer zuerst munter sei, solle den andern Bruder
frühmorgens durch einen Pfeilschuß an den Fensterladen wecken, ver Zufall wollte,
daß beide gleichzeitig erwachten, beide gleichzeitig die Armbrust spannten, im gleichen
Augenblick den Laden aufstießen und schössen, und der Pfeil eines jeden von ihnen
dem andern in das herz fuhr. — Das war der Lohn ihrer untreuen Tat an ihrer blinden
Schwester (Sechste in.)
Die prächtige Marksburg, auf die wir bei dem Grtchen Brau-
dach hingewiesen werden, ist wie Rheinstein in alter Herrlichkeit wieder her-
gestellt, lvir bemerken, daß das Tal sich ein wenig erweitert, als wir die freund-
liche Stadt Boppard in Sicht bekommen. Unvergleichlich schön muß diese
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Arnold Arnold Arnold Karl Karl Simrock
Xix. Städte am Niederrhein und ihre Bedeutung.
89
über das andere aus: „Die Schelme, die Schelme!" Endlich sprach er zu dem Bauer:
„hört, guter Freund, ich will Euch helfen, wenn Ihr mir folgen wollt."
va gingen die beiden zu allen Glöcknern der Stadt, und der Lauer bezahlte sie
mit seinem letzten Gelde, daß sie alle zu Mittag die Totenglocken läuten sollten. Oer
Bauer aber stellte sich auf den Hof des Schlosses, wo der Herzog sein Mittagsmahl zu
halten pflegte.
Als er nun bei Tische saß und hörte, wie alle Glocken der Stadt läuteten: Bum — kam,
bum — bam! da fragte er seine Hofleute, was denn für ein vornehmer Mann gestorben
Kbb. 44. Düsseldorf, Uunsthalle. (Nach: „Km Rhein". Verlag der photogr. R.=®. Siegburg bei (Töln.)
sei. Da rief der Narr laut über den Tisch hinüber: „Ja, Herzog, das ist fürwahr ein trauriges
Geläute, drob heut' und immerdar viele Augen weinen werden,' deines Landes Zierde
ist nicht mehr,- das gute Recht liegt auf der Bahre und wird heute zu Grabe getragen!"
Oer Herzog fuhr empor und versetzte zornig: „wie wagst du solches zu sagen,
Narr?" — Oer Narr antwortete: „Herr Herzog, weil die Narren die Wahrheit sagen,
wenn die weisen sie aus Klugheit verschweigen." Und nun erzählte er, wie der
Junker mit Hilfe der Gerichte den Lauer von Haus und Hof vertrieben, ließ ihn herauf-
kommen und belegte alles mit Urkunden. Da gingen dem Herzog die Augen auf,' er
vernichtete den Urteilsspruch, jagte die Nichter davon und gab dem Bauer alles, was
sein eigen war, wieder zurück. (Leibling.)
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6
Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Kaisers. Oberhalb des alten Bacharach, das früher durch seine Weine
berühmt war, gewahren wir Burg S o o n e d. Etwas weiter rheinabwärts
bei Eaub spiegelt sich die stolze Pfalz in den grünen Fluten. hier über-
schritt der alte Blücher mit seinen wackeren Freiheitskämpfern in der Neujahrs-
nacht 1813/14 den vielumstrittenen Strom. Das Standbild des greisen Marschalls
vorwärts am gegenüberliegenden Eauber Ufer wird bei den spätesten Ge-
schlechtem die Erinnerung an jene denkwürdige Zeit noch wach erhalten.
G b e r w e s e l mit seiner Schönburg entzückt durch seine reizende Lage. Die
Ruinen der Burg und Festung Nheinfels winken aus der Ferne- wir
nähern uns St. Goar, plötzlich wird auf einem Felsenvorsprung ein Böller
gelöst, und ein vielfaches Echo ertönt.
Unser Schiff gleitet an dem sagen-
umwobenen Loreleifelsen
vorüber, einem gewaltigen Selsen,
der drohend aus dem strudelnden
Wasser emporsteigt.
vie Lurleijungfrau.
Zn alten Zeit ließ sich manchmal
um die Abenddämmerung und beim
Mondenschein auf der Lurlei eine Jung-
frau sehen, die sang mit so anmutiger
Stimme, daß alle, die es hörten, davon
bezaubert wurden, viele, die vorüber-
schifften, gingen am Felsenriff oder im
Strudel zu Grunde, weil sie nicht mehr
auf den Lauf ihres Fahrzeuges achteten,
sondern durch die himmlischen Töne
der wunderbaren Jungfrau gleichsam
aus dem irdischen Leben hinweggelockt
wurden. Niemand hatte die Jungfrau
in der Nähe geschaut als einige junge
Fischer,- zu diesen gesellte sie sich bis-
weilen im letzten Abendrot und zeigte
ihnen die Stellen, wo sie ihre Netze
auswerfen sollten, und jedesmal, wenn
sie dem Rate der Jungfrau folgten,
taten sie einen reichlichen Fang. Die
Jünglinge erzählten nun, wohin sie kamen, von der Huld und Schönheit der Un-
bekannten, und die Geschichte verbreitete sich im ganzen Lande.
Ein Sohn des Pfalzgrafen, der damals in der Gegend sein Hoflager hatte, hörte
die wundervolle Mär, und es ergriff ihn eine innige Zuneigung zu der Jungfrau. Unter
dem vorwande, auf die Jagd zu gehen, nahm er den lveg nach Gberwesel, setzte sich
dort in einen Nachen und ließ sich stromabwärts fahren. Die Sonne war eben unter-
gegangen, und die ersten Sterne traten am Himmel bervor, als sich das Fahrzeug der
Lurlei näherte. „Seht ihr sie dort, die verwünschte Zauberin?" riefen die Schiffer.
Oer Jüngling hatte sie aber bereits erblickt, wie sie am Abhange des Felsenberges saß
und einen Kranz für ihre goldenen Locken band. Jetzt vernahm er auch den Klang
Abb. 4. Oer Rhein von Bingen bis Toblenz.
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30
Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
In einer halbverfallenen, doch idyllischen, wundersam verträumten Wald-
kapelle, umrauscht von uralten Tannen, dem geheimnisvollen Flüstern des
Waldes und dem frohen und klagenden Gesänge der Vögel wurde der Jäger
aus Thurpfalz zur letzten Ruhe gebettet. „Wie oft mag wohl der fröhliche,
doch auch kernig-fromme Weidmann auf seinen Hitteri an der Ruine und
an den Gräbern seiner Lieben hier sinnend gehalten, der Geistersprache gelauscht
und sich den stillen Schlummerwinkel für die letzte Ruhe ausgesucht haben!
Ob er wohl zu denken wagte, daß aus den verfallenen Ruinen einst ein freund-
liches Kirchlein wieder erstehen werde? Ob er in jenen ernsten Kriegszeiten,
als er sich, seiner verantwortungsvollen und schweren Amtstätigkeit, in welcher
er sich als starker Schutzherr für Land und Leute erwiesen hatte, müde, zur ewigen
Ruhe legte, ob er wohl damals ahnen konnte, daß 120 Jahre später seine Nach-
kommen sein Grab so herrlich schmücken und sogar der mächtige deutsche Kaiser
Wilhelm Ii. und seine Jäger dem Patriarchen des Soort einen Gedenkstein
setzen würden — in dem Wald, in dem er das Wild gehegt und jene Bäume
gepflanzt, die heute noch manch heiteres und ernstes Geschichtlein aus seinen
Zeiten herüberrauschen." (hoeller, „Oer Jäger aus Churpfalz".)
5. Die Bewohner und ihre Beschäftigung. Ein kräftiges, genügsames
Völkchen bewohnt den hunsrück. Oer Waldreichtum ihrer Heimat weist die
Bewohner auf die Forstwirtschaft hin. Oa es nicht an holz mangelt, wird die
Holzschnitzerei eifrig betrieben- auch durch Bürsten- und Besenbinderei, Korb-
und Stxohflechterei muß manche Familie ihren Lebensunterhalt gewinnen.
Während des Sommers arbeitet ein Teil der männlichen Bevölkerung des hoch-
waldes in den Bergwerken, Schmelzhütten und Fabriken des südwestlichen Hügel-
landes. Oaheim gehen dann'die fleißigen Krauen und Nlädchen hinter dem
mit Ochsen oder Kühen bespannten Pfluge einher. Weit günstiger gestellt als
die armen Bewohner der Hochflächen ist die Bevölkerung der Täler. Oie saftigen,
gut bewässerten Wiesen erleichtern die Viehzucht. Oer Getreidebau liefert
lohnenden Ertrag. Besonders reicher Gewinn wird durch den Anbau des
Flachses erzielt. An den langen Winterabenden kommen Frauen und Nlädchen
in den Spinnstuben zusammen. Lustig schnurren alsdann die Rädchen, auf
denen der Flachs zu feinem Garn gesponnen wird. Oie gesegnetsten Teile
des hunsrück sind die untersten Talstrecken. Oort gedeihen die schönsten Obst-
sorten, und reicher Weinsegen lohnt hier des Winzers eifriges Bemühen. In
den Tälern und auf den Bergen grüßen zahlreiche Burgruinen und künden
von stolzen Rittergeschlechtern, die einst hier ihren Wohnsitz hatten. So trotzten
im Hochwald die Türme und Zinnen der Burg Tronecken- hier soll der grimme
Hagen gehaust haben, der heimtückisch den edlen Held Siegfried erschlug. Oer
Hauptort ist die Kreisstadt S i m m e r n.
Vii. Oie Eifel.
1. Überblick. Vom Nloseltale aus erklimmen wir die nördlich von diesem
Flusse aufsteigenden Berge und befinden uns in der Eifel. Oer Name Eifel
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Extrahierte Personennamen: Weidmann Wilhelm Hagen Siegfried Siegfried Überblick
Xiii. Die Vergischen höhen.
57
zahlreiche Keinde hinter sich. Oer Ritter verzagte und wollte sich ergeben. Oer knappe
aber flüsterte ihm zu: „Herr, fürchte dich nicht,- ich weiß in der Nähe eine Zurt durch
den Rhein. Ich führe dich sicher hinüber." So entgingen sie beide der Gefangenschaft.
Oer Feind stand indes drohend am anderen Ufer und hielte den treuen Unecht für einen
bösen Geist, der den Ritter gerettet habe.
Nicht lange danach erkrankte die Gemahlin des Ritters. Oie Arzte vermochten
die Krankheit nicht zu heilen. Sie sprachen: „Wenn einer Löwenmilch brächte, so
würde die Kranke wohl wieder genesen." Kaum hatte der treue Knappe die Worte
gehört, so eilte er von dannen. Nach einer Stunde war er wieder zur Stelle und hatte
die Milch in einem Gefäße. Oie Burgfrau trank davon und genas zur Zreude ihres
Gatten.
Nun aber mißtraute auch er dem treuen Oiener und hielt ihn für einen bösen
Geist. Er wollte den Knecht nicht länger im Hause dulden,- denn er fürchtete sich
vor ihm.
Oer Knecht war sehr traurig darüber. Als er seinen Herrn verließ, forderte er
nur fünf Mark als Lohn seiner treuen Oienste. Zür dieses Geld kaufte er ein Glöcklein,
das er an der schönsten Stelle im Walde aufhängen ließ.
Bald tat es jedoch dem Ritter leid, daß er seinen Knecht hatte ziehen lassen?
denn nie mehr diente ihm ein Knappe so treu. So oft er sein Roß bestieg, um in den
Kampf oder auf die Jagd zu ziehen, gedachte er des guten Oieners. Oer Oiener kehrte
jedoch nie wieder. Er war ein guter Geist oder ein Elfe gewesen. Oie Stelle des
Waldes aber, wo er das Glöcklein gestiftet hatte, hieß das Elfenfeld oder Elbenfeld.
Oie Wanderer hörten gar oft das Glöcklein im Elbenfelde erklingen. Wenn sie dann
das herrliche Wiesental am rauschenden Zlusse erblickten, wenn sie die süße Melodie
der Nachtigall im hohen Buchenwald ertönen hörten, und wenn ihnen die blauen
Sterne des Vergißmeinnichts so anmutig entgegenleuchteten, dann mochten sie den
Drt nicht wieder verlassen. Sie bauten hier ihre Hütten, und so entstand auf dem
Elfenfelde allmählich eine Stadt, die später den Namen Elberfeld erhielt.
Vicht an Elberfeld geschmiegt, so daß ein Fremder kaum merkt, wo die eine
aufhört und die andere anfängt, liegt ihre Schwesterstadt Barmen. Ursprünglich
bestand sie aus 36 Höfen, die zerstreut auf beiden Ufern des Zlüßchens lagen,
vor etwa 100 Iahren vereinigte man diese Gehöfte zu einer Stadt, die dank
des Gewerbefleißes ihrer Bewohner schnell emporblühte, daß es schien, als
wollte sie das ältere Elberfeld bald übertreffen, von der Hardt, einem auf
dem rechten Wupperufer gelegenen steilen Berg, kann man so recht die ungeheure
Ausdehnung der beiden Städte ermessen. So weit das fluge schaut, ein gewaltiges
Häusermeer, in dem die Fabriken den breitesten Raum behaupten. „Kuf weite
Strecken umsäumen sie ganz allein das Zlüßchen und beanspruchen es beider-
seitig nur für sich. Wie das da unten hastet und lärmt! Welch ein Gewirr von
Schuppen und hallen, von Binnenhöfen und Gängen! Oie Schornsteine, hier
vereinzelt emporragend, dort vereinigt zu Gruppen und ganzen Schwärmen,
sind die Merkzeichen in dieser Welt der Großgewerbe."
Bleichereien von Leinen, Baumwolle, Wolle und Seide, Spinnereien,
Webereien, Zärbereien, Möbelstoff- und Teppichfabriken haben in Elberfeld
ihren Sitz, während Barmen vorzugsweise Bänder, Kordeln, Litzen, Spitzen
und Knöpfe herstellt. Ferner fehlt es den Schwesterstädten auch nicht an
Maschinenfabriken, Kleineisen- und Stahlindustrie, selbst Pianos, Orgeln, Leder-,
Papier- und Pappwaren werden hier angefertigt. Mit Recht rühmen sich die
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
95 —
10. Plünderung und Mißhandlung der Bewohner im Dreißigjährigen Kriege.
„Die Soldaten. stellten ihre Pferde ein und schlachteten alle Hühner und Schafe nacheinander ab. hernach hatte jeglicher feine sonderbare Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Derderbert anzeigte. Dann obzwar etliche anfingen zu sieden und zu braten, daß es aussah, als sollte ein Festmahl gehalten werden, so waren hingegen andere, die burchstürtnten das Baus unten und oben; andere machten von Tuch, Kleidungen und allerlei Hausrat große palete zusammen, als ob sie irgend einen Krempelmarft einrichten wollten. Was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, ward zerschlagen und zu Grunde gerichtet. (Etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen; etliche schütteten die Federn aus den Betten und füllten hingegen Speck, dürres Fleisch und Gerät hinein, als ob alsdann besser darauf zu fchlafen wäre. Andere schlugen Ofen und Fenster ein, gleichsam als hätten sie einen ewigen Sommer zu versündigen. Kupfer- und Zinngeschirr schlugen sie zusammen und packten die verbogenen und verderbten Stücke ein. Bettboden, Tische und Stühle verbrannten sie.
Unsere lllagd war dermaßen mißhandelt, daß sie nicht mehr gehen konnte. Den Knecht legten sie gebunden auf die (Erde, steckten ihm ein Sperrholz in den Mund und schütteten ihm einen Kübel voll garstigen Mistlachenwassers in den Leib. Das nannten sie einen schwedischen Trunk, wodurch sie ihn zwangen, eine partei anderwärts zu führen, wo sie Menschen und Dieh hinwegnahmen und in unsern Hof brachten. Da fing man erst an, die Steine von den Pistolen und an deren Statt des Bauern Daumen auszuschrauben und die armen Schelme so zu foltern, als wenn man hätte Hexen brennen wollen, wie sie denn auch einen von den gefangenen Bauern bereits in den Backofen steckten und mit Feuer hinter ihm her waren, ungeachtet er noch nichts bekannt hatte. (Einem andern machten sie ein Seil um den Kopf und zogen es so zusammen, daß ihm das Blut zu Mund, Nase und Ohren heraussprang. In Summa: es hatte jeder seine eigene (Erfindung, die Bauern zu peinigen, und also auch jeder Bauer seine besondere Marter. Allein mein Vater war meinem damaligen Bedünken nach der glückseligste, weil er mit lachendem Munde bekannte, was andere mit Schmerzen und jämmerlicher Wehklage sagen mußten. Die Soldaten setzten ihn nämlich zu einem Feuer, banden ihn, daß er weder Hände noch Füße regen konnte, und rieben seine Fußsohlen mit angefeuchtetem Salze, welches ihm unsere alte Geiß wieder ab lecken und ihn also kitzeln mußte, daß er vor Lachen hätte zerbersten mögen. Das klang so spaßhaft, daß ich, weil ich es nicht besser verstand, von Herzen mitlachen mußte. In solchem Gelächter bekannte er, was man von ihm verlangte, und öffnete den verborgenen Schatz, welcher an Gold, perlen und Kleinodien viel reicher war, als man hinter Bauern hätte suchen mögen."
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TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 72 —
Menschen erschuf, gab er ihm Gewalt über alle Tiere, über die Vögel in der Luft und die Fische im Wasser.
5. Zum fünften haben sich unsere Herrschaften die Hölzer allein zugeeignet und der arme Mann muß sich sein £70x3 teuer erkaufen. Unsere Meinung ist, daß alle Wälder, die nicht gekauft wurden, der Gemeinde zufallen sollen. Brenn- und Bauholz soll dann jeder nach Bedarf von der Gemeinde umsonst erhalten.
6. Zum sechsten fordern wir, daß man mit den Diensten, die täglich zunehmen, Einhalt tuen möge und uns gnädig behandle, wie unsere Eltern gedient haben nach dem Worte Gottes.
7. Zum siebten wollen wir uns von einer Herrschaft nicht weiter beschweren lassen als zu der Zeit, da das Gut verliehen wurde, wenn der £?err neue Dienste nötig hat, soll der Bauer ihm gehorsam sein, aber zu einer Zeit, da es ihm nicht zum Nachteil ist, und um einen annehmbaren Lohn.
8. Zum achten wollen wir, daß Güter, welche die Gült nicht tragen, von ehrbaren Leuten nach Billigkeit geschätzt werden, damit der Bauer nicht umsonst seine Arbeit tue, denn jeder Taglöhner ist seines Lohnes wert.
9. Zum neunten beschweren wir uns dagegen, daß man straft nach Neid und Gunst und nicht nach geschriebener Strafe und nach Gestalt der Sache.
10. Die Acker und wiesen, die der Gemeinde gehören und die sich jemand angeeignet hat, werden wir wieder der Gemeinde zu fanden geben.
\ V Den Todesfall wollen wir abgeschafft haben.
\2. wenn einer der Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß ist, so wollen wir davon abstehen, wenn uns dies aus der Schrift nachgewiesen wird. Der Friede Ehristi sei mit uns allen. Amen.
f) Das Lager von Bildhausen.
Am palmtag versammelten sich etliche Bauern von Burglauer und Umgegend in einem Schenkhaus zu Münnerstadt und machten mit einigen aus der Stadt einen Pakt, das Kloster Bildhausen einzunehmen. Am folgenden Mittwoch zogen bis zu zoo Mann mit wehren, Trommeln und pfeifen vor das Kloster und forderten Einlaß. Als sie eingelassen waren, haben sich £)ans Schnabel von Münnerstadt, ein Schreiner, und fjans Scharr von Burglauer zu f^auptleuten unter ihnen aufgeworfen. Der Abt und der größte Teil des Konvents flohen gegen Königshofen im Grabfeld. Die £}auptleute nahmen die Verwaltung des ganzen Klosters Zu ihren fanden, bestellten die wache, da sie einen Überfall befürchteten, und hielten Straßen, Wege, Führten und Schläge bei Tag und Nacht in guter Acht. Auf ein Ausschreiben liefen ihnen viele Bauern aus der Umgegend zu; auch die von Neustadt schlossen sich ihnen an. Als der
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