Autor: Dittrich, P., Pfeifer, Wilhelm, Christoph, A.
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Ostdeutschland
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
Begrndung d. Brandenb.-pren. Staates unter d. Gr. Kurfrsten u. Friedr. Iii. 37
von Kalcksteiu, den er in Warschau hatte ausheben lassen, enthauptet. (Der Absolutismus dauert in Preußen bis 1848.) Die Hauptsttzen seiner unumschrnkten Gewalt waren die Domnen, das stehende Heer und das Beamtentum (vgl. darber spter 32 und 33). In diesem Kampfe vertrat der Kurfürst den Staatsgedanken gegen die territorialen Ge-walten. Schon während des Krieges hatte die kurfrstliche Regierung gegenber den Stnden, die Geld nur fr ihr eignes Land aufbringen und verwendet wissen wollten, den Standpunkt vertreten, da die einzelnen Lnder ein Ganzes bildeten und jedes die Lasten dieses Ganzen mit zu tragen habe. Sie hatte auch durchgesetzt, da die Stnde in Kleve einen Geldbeitrag zu dem Kriege in Ostpreuen leisteten. Nur auf diesem Wege konnten die zerstreuten Gebiete zu einem Staatsganzen weiterent-wickelt und ihre Bewohner mit einem krftigen Staatsbewutsein erfllt werden. In diesen Jahren wurden auch die ersten Schritte zur Einfh-ruug der Akzise, einer indirekten Steuer auf Mehl, Schlachtvieh und Bier, getan, durch die sich der Kurfürst eine regelmige, mit dem Wohl-stnde des Landes wachsende, von der Bewilligung der Stnde unab-hngige Einnahme sicherte. Er begnstigte das Merkantilsystem, legte den Mllroser Kanal zur Verbindung der Elbe und Oder an und schuf eine eigne Post, begrndete ferner die Bibliothek in Berlin und die Universitt Duisburg.
22. Der Franzsisch-schwedische Krieg. Ende der Regierung. Auch an der Bekmpfung der Franzosen war der Kurfürst während des zweiten Raubkrieges hervorragend beteiligt, ohne freilich trotz glnzender Erfolge der die franzsischen Verbndeten, die Schweden, einen nennenswerten materiellen Gewinn zu erzielen (vgl. 4).
Seit dieser Zeit wurde der Name des Groen Kurfrsten" in Deutschland volkstmlich.
Der Krieg an der Ostsee hatte den Kurfrsten die Notwendigkeit einer Flotte erkennen lassen. Im Jahre der Schlacht bei Fehrbellin hatte er schon drei Fregatten (Kurprinz", Berlin" und Potsdam") mit dem roten Adler im weien Felde von Holland durch den hollndischen Reeder Raule gechartert". Die Flotte stieg allmhlich auf 30 Schiffe. Sie griff wegen rckstndiger Hilfsgelder die spanische Silberflotte an und bestand ein rhmliches Gefecht bei St. Vincent. Sie erwarb auch Kolonien an der Guineakste, wo das Fort Grofriedrichsburg angelegt wurde. Eine afrikanische Handelsgesellschaft sollte den Handel frdern. Aber die Eifersucht der Hollnder, die Anforderungen an die Steuerlast des Landes fr das unentbehrliche Landheer, der Mangel eines geeigneten Hafens, da Pillau und Emden zu weit von dem Mittelpunkte seiner Staaten ab-gelegen waren, das alles war einer krftigen Kolonialpolitik und der Ent-Wicklung einer starken Flotte ungnstig.
Wenn der Kurfürst sich nach dem Schwedischen Kriege zu einem Bndnis mit Frankreich entschlo, so wirkte auch das gespannte Verhltnis
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Extrahierte Personennamen: Raule
Extrahierte Ortsnamen: Warschau Kleve Ostpreuen Berlin Duisburg Schweden Deutschland Ostsee Fehrbellin Holland Pillau Emden Frankreich
Autor: Dittrich, P., Pfeifer, Wilhelm, Christoph, A.
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Ostdeutschland
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
222 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preuisch-deutschen Geschichte.
dringt die englische Macht in den quatorialen Provinzen vor, um einen berlandweg etwa zum Viktoria Nyanza und von da nach der Kste von Britifch-Ostafrika und dem Kaplande zu schaffen.
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gewann Afrika fr England erhhte Bedeutung aus militrifch-politischeu Grnden, da von Afrika aus die Verbindung zwischen dem Mutterlands und den Kolonien bedroht werden kann, Deutschland und Frankreich aber hier groe Be-sitznngen erworben haben, aus wirtschaftlichen Grnden, da der Gold-reichtnm des Sdens ungeheuer ist und diese weiten, reichen und noch fast unberhrten Gebiete dem nach Beschftigung suchenden Kapitalreich-tum Gelegenheit zu lohnenden Anlagen bieten. Diese Grnde fhrten am Ende'des 19. Jahrhunderts zur Vernichtung der Freistaaten Oranje-sreistaat und Sdafrikanische Republik im Burenkriege. Seiner alten Erfahrung in kolonialen Angelegenheiten, seinen hochentwickelten Transportmitteln zur See und dem Reichtum der privaten Unternehmer verdankt es England, da die von ihm in Besitz genommenen Kolonien verhltnismig schnell zur Blte gelangen.
Zu den genannten Wegen, die England mit seinen Kolonien ver-bindet, ist endlich noch ein vierter hinzugekommen, der der Nord-amerika. Die kanadische Pazifikbahn stellt den krzesten berlandweg zwischen der Ost- und der Westkste des Erdteils her und die Fahrt von Vanconver nach Jokohama die schnellste Verbindung zwischen der Ost-und der Westkste des Groen Ozeans.
Der Glanz der englifchen Kolonialherrschaft wurde bei den Regierungs-jubileu der Knigin Viktoria 1887 und 1897 dem englischen Volke und den von allen Seiten zusammengestrmten Fremden vor Augen gefhrt.
Die englische Industrie hat nicht auf allen Gebieten die Stelle behauptet, die sie noch vor einem Menschenalter einnahm. Sie verlangte 1887, um die deutschen Waren zu verdrngen, fr sie die Bezeichnung made in Germany. Der Anteil der englischen Flagge am Seehandel der Welt betrgt fast 50 Prozent, der deutsche etwa 10 Prozent*). Englands Handelsmarine ist etwa so groß wie die aller brigen Staaten zusammen. Die Getreideversorgung Englands ist von seiner berlegenheit
zur See abhngig.
Englands Herrschaft beruht darauf, da feine aktive Kriegsflotte nicht nur der Flotte jeder anderen Macht, fondern auch zweier oder
*) Die Welthandelsflotte der 5 wichtigsten Staaten 1910:
Registertonnen %
1. Grobritannien und Irland. . 33 Vs Tausend 47,8
2. Deutsches Reich......?V3 *^,6
3. Vereinigte Staaten.....5 7,3
4. Norwegen........3 4,5
5. Frankreich........23/4 4,1
Prozentualer Anteil am Gesamtauenhandel aller Staaten der Erde 1907: England 17,6, Deutschland 12,6, Vereinigte Staaten 10,3, Frankreich 9.
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Extrahierte Ortsnamen: Viktoria_Nyanza Britifch-Ostafrika Afrika England Afrika Deutschland Frankreich Sdafrikanische_Republik England England Nord-amerika Germany Englands Englands Englands Irland Norwegen Frankreich England Deutschland Frankreich
Autor: Dittrich, P., Pfeifer, Wilhelm, Christoph, A.
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Ostdeutschland
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
Die brigen Gromchte der Gegenwart.
223
mehrerer verbndeter Mchte an Zahl, Strke und Schnelligkeit der Schiffe berlegen ist und auf Gte der Geschtze sowie Ausbildung und Leistungsfhigkeit von Offizieren und Mannschaften auf allen Gebieten des Seedienstes groes Gewicht legt.
[Sda diese Seemacht gegenwrtig seit Abschlu des englisch-japanischen Bndnisses nur von einer europischen Macht oder etwa von Nordamerika bedroht werden knnte, ist die Flotte (seit 1904) so verteilt worden, da alle Linienschiffe in Europa vereinigt sind; die Nordsee, der Kanal, der stliche Atlantische Ozean und das Mittelmeer sind ihre Sammelpunkte, Portland und, sobald die Hafenbauten beendet sein werden, Dover sind die Sttzpunkte der Kanalflotte, Gibraltar der atlantischen Flotte und Malta sr die Mittelmeerflotte; dazu treten vier Kreuzergeschwader sr den West-atlantischen Ozean, die nordeuropischen Gewsser haben verhltnismig nur schwache Geschwader erhalten. Fr den Indischen und den Stillen Ozean sind drei Geschwader bestimmt, je eins ans der ostindischen, der australischen und der ostasiatischen Station. Die Verbindung zwischen den ostasiatischen und den atlantischen Geschwadern hat das Kreuzer-geschwader in Simonstown zu sichern.
Auer dieser sofort zur Bewegung bereiten Flotte liegt in den englischen Hfen eine Reserveflotte, die alle kriegsbrauchbaren Schiffe umfat.]
137. Rußland. Alexander Ii. (18551881), Sohn Nikolaus' I., hob die Leibeigenschaft der Bauern in Rußland auf, konnte aber die inneren Schden des Reiches nicht heilen; die p ans law istische Be-wegnng, welche die Vereinigung aller slawischen Völker unter russischer Fhrung anstrebt, griff um sich. Die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhltnissen, der polizeilichen Bevormundung und Willkr gab dem Nihilismus (Anarchismus) Nahrung. Einem von Nihilisten verbten Attentate fiel Alexander Ii. zum Opser.
Alexander Iii. (18811894) stellte den starren Despotismus wieder her und sttzte sich auf die grorussische, allem Fremden seind-liche Bewegung und die griechische Kirche. Es wurde der Versuch gemacht, die zum Reiche gehrenden nichtrussischen Völker auf gewaltsame Weise zu russisizieren.
Nikolaus Ii. behielt dies System bis zum Ausbruche der russischen Revolution (1905) bei.
uere Geschichte. Der Krieg gegen die Trkei 18771878. Rußland benutzte Wirren, die auf der Balkauhalbiufel ausgebrochen waren, um sich einzumischen. Serbien und Montenegro untersttzten einen Aufstand in der Herzegowina und in Bulgarien gegen die Trkei. Als diese siegreich war, verlangte Rußland von der Pforte die Einfhrung von Reformen und erklrte, da feine Bemhungen er-gebnislos blieben, im Bunde mit Rumnien den Krieg. Seine Heere berschritten die Donau und besetzten den wichtigen bergang der das
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Ii Alexander Nikolaus'_I. Alexander_Ii Alexander Alexander_Iii Alexander Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Europa Portland Dover Malta Simonstown Serbien Montenegro Bulgarien Donau
Autor: Dittrich, P., Pfeifer, Wilhelm, Christoph, A.
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Ostdeutschland
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
210 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preuisch-deutschen Geschichte.
Flottengesetz sollen 1917 vorhanden sein: 1. eine Schlachtflotte von vier Geschwadern zu je 8 Linienschiffen, 8 groen und 24 kleinen Kreuzern, abgesehen von Flottenflaggschiffen und kleineren Fahrzeugen. 2. eme Aus-landsflotte von 3 groen und 10 kleinen Kreuzern. 3. eine Materialreferve. Auerdem werden Torpedos und Unterseebote gebaut. Die Kriegsflotte foll nicht nur die deutschen Ksten im Kriegsfalle schtzen, sondern auch jeder-zeit die Handelsflotte, die nur von der englischen bertroffen wird.
Der zur Grndung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zusammenhngenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichs-kafse bestritten.
Die Kriegsmarine des Reiches ist eine einheitliche unter dem Oberbefehl des Kaisers. Ihre Organisation und Zusammensetzung liegt dem Kaiser ob, der die Offiziere und Beamten der Marine ernennt und fr den diese nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht zu nehmen find.
Das Oberkommando der Marine untersteht einem vom Kaiser er-nannten kommandierenden Admiral, die Verwaltung dem Staats-sekretr des Reichsmarineamtes.
Zwischen Nord- und Ostsee ist eine vom Auslande unabhngige Verbindung durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal geschaffen worden der von der Elbmndung bei Brunsbttel der Rendsburg nach Holtenau au der Kieler Bucht fhrt; er wurde im Jahre 1887 begonnen und 1895 erffnet. Reichskriegshfen sind bei Kiel und Wilhelmshaven.
k 128 Die Kolonien. Beim Abschlu der Reichsverfassung besa kein Bundesstaat Kolonien. Seit Begrndung einer deutschen Seemacht aber reate sich ein lebhaftes Verlangen nach einer krftigen Kolonialpolitik, dem Anfang der achtziger Jahre Rechnung getragen wurde.
Im Jahre 1884 wurden die Erwerbungen des Kaufmanns Lderitz aus Bremen nrdlich des Oranjeflnffes um die Bucht Deutsch-Sdwestafrika, unter den Schutz des Reiches gestellt und durch den deutschen Generalkonsul Nachtigal die deutsche Flagge m Togo und Kamerun gehit. Im folgenden ^?hre trat Dentsch- Os-afrika, das Dr. Peters fr die Deutsch-ostafrikamsche Gesellschaft erworben hatte, ein Teil von Neuguinea, das Katser-Wuhelmsland d Bismarckarchipel, die Salomon- und die Marschallinseln unter den Schutz des Reiches.
Die europischen Mchte, die in Afrika Besitzungen haben, regelten auf der Afrikakouferenz in Berlin ihre Interessen. Damals wurde derkong -staat, dessen Souvern König Leopold Ii. von Belgien war, anerkannt.
Das Witnland und Sansibar wurden 1890 England berlassen, das dafr Helgoland an Deutschland abtrat, 1897 der Ort Tsingtau an der Bucht vou Kiautschou von den Deutschen gepachtet und seitdem h ein Sttzpunkt der deutschen Interessen in Ostasien geschaffen.
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Extrahierte Personennamen: Lderitz Dentsch-_Os-afrika Peters Leopold_Ii Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Rendsburg Holtenau Kiel Wilhelmshaven Bremen Togo Kamerun Neuguinea Katser-Wuhelmsland Afrika Berlin Belgien Sansibar England Helgoland Deutschland Tsingtau Ostasien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— *58 —
Medaillen, ^ Kreuze der Ehrenlegion, darunter drei an Gemeine, und sechs nachträgliche Belobungen durch den König von Bayern.
Nur fünf Tote ließen die Würzburger Lbevaulegers auf den Feldern der Schlachten — ein rühmlicher Beweis für ihre Gewandtheit im (Einzel-gefecht.
(Ehre den braven Reitern aus fränkischen Gauen!
21. Die Sachsengräber bei Miltenberg und Kleinheubach.
Kaum war das unter den gewaltigen Tritten des Kriegsfürften jener Zeit hart bedrängte Land der Sachsen nach der Schlacht bei Leipzig von der Fremdherrschaft befreit, so schloß es sich der deutschen Volkserhebung an. wie überall in Deutschland wurden auch hier Linienmilitär, Freiwillige und Landwehr organisiert zur Verfolgung des über den Rhein geflüchteten Kriegsmeisters.
Das „Banner der freiwilligen Sachsen", ein Korps von zwei Jägerbataillonen, einem Reiterregiment, einer Abteilung Schanzgräber und einer fahrenden Batterie in der Gesamtstärke von 5000 Mann, marschierte im Frühjahr durch Thüringen nach Würzburg. £ner teilte es sich. Die Reiterei ging auf Aschaffen bürg, das Jägerregiment über Wertheim und Freudenberg nach Itc iltenberg, wo es am \2. April nachmittags ankam. Die z. und 4. Schützenkompagnie des ersten Bataillons wurden nach dem Miltenberg schräg gegenüberliegenden Dorfe Großheubach kommandiert. Die 3. Kompagnie war bereits zum größten Teile übergesetzt, der Rest und ein Teil der 4. Kompagnie bestieg eine zweite Fähre. Der wasserstand des Maines war sehr hoch, der Tag für diese Jahreszeit ungewöhnlich heiß. Ls wurde ernstlich gewarnt, das Fahrzeug nicht zu überfüllen; die zurückbleiben mußten, sollten nachher abgeholt werden; auch wurde geraten, Tornister und Waffen abzulegen. — Warnung und Rat blieben jedoch erfolglos. Alle eilten der Fähre zu und überfüllten sie, alle behielten Tornister und Waffen. Die braven Schiffer stießen das überladene Fahrzeug mit Vorsicht und Kraft vom Lande ab. (Es ging schwerfällig in bedenklicher Bewegung. Da eilten noch zwei zurückgebliebene Schützen mit einem kleinen Nachen der Fähre nach, erreichten sie, wobei es dem einen gelang, durch einen Sprung auf dieselbe zu kommen. Der andere sprang zu kurz und fiel ins Wasser. Der Versuch, ihn in die Fähre zu ziehen, mißlang. Viele Leute im Fahrzeug drängten sich zur Rettung an eine Stelle, andere liefen hin und her. Dadurch ging das Gleichgewicht verloren; die Fähre schlug um und die Insassen versanken in den Wellen. Drei Schiffer und 62 Freiwillige, unter ihnen ßauptmann von pausen, ertranken im wirren, verzweifelten Kampfe mit den wogen. Unglückliche, die sich schwimmend retten wollten, wurden von anderen in die Tiefe gezogen. Wohl eilten vom Ufer zahlreiche hilfsbereite Leute
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
56
Dritte Periode.
ihrer Flotte nach der Nordsee und suchten Schutz in den
ostfriesischen Hafen. Hier wurden sie mit offenen Ar-
men von den Häuptlingen ausgenommen, die ihnen
sogar mit Schiffen und Ammunition Vorschub leiste-
ten, dafür aber durch einen bedeutenden Antheil an
der Beute sich tüchtig bezahlen ließen. Die Hauptan-
führer dieser Korsaren hießen Klaus Störtebeker,
G ö d eke Michael, 'Wichmann und W ig b ald.
Emden und Marienhave waren die Hauptnieder-
lagcn ihrer Raubgüter, Im letztem Ort befestigten
sie die Einfahrt und ließen eine hohe Mauer mit vier
großen gewölbten Thoren rings um die Kirche und den
Kirchhof herum aufführcn. Ein setzt verschlammtes
Tief, dessen Bette indeß noch bemerkbar ist, ging bis
an Marienhave, wohin die ausgeladencn Maaren mit
kleinen Schissen gebracht werden konnten. Noch jetzt
wird diese Niederung Störtebekersdeep genannt.
Auch soll von diesen Seeräubern der ansehnliche, 192
Fuß im Mauerwerke hohe Thurm zu Mgricnhave, wo
nicht erbaut, doch wenigstens beträchtlich erhöht wor-
den scyn. Die sogenannte Störtebekers-Kam-
mer wird noch jetzt d-chn gezeigt_auf Vermittlung
der Hanseestadte Hamburg und Lübeck wurden endlich
die Viktualienbrüder aus Ostfneöland vertrieben, die
Hauptanführer der Korsaren selbst nach einem blutigen
Gefecht bei der Insel Helgoland (1402) von den
Hamburgern gefangen genommen und enthauptet.
Späterhin wurden diese Seeräuber nach und nach völ-
lig ausgerottet.
10-
wasserfluthen. Erweiterung der Leybucht.
Ucberschwemmung - Norderlando. . ..x
Verschlang das Meer im vorigen Zeitraum sowohl
m Süden als Norden von Ostfriesland bedeutende.
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Extrahierte Personennamen: Klaus_Störtebeker Michael
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
Ulrichs Regierung.
65
liehen Einrichtungen blüheten Handel und Verkehr
immer schöner auf. Ostfriesische Schiffe befuhren jetzt
auch fremde Meere. Geachtet ward auch im Auslande
der Name der Oftfriesen. Verfallene Kirchen und Klö-
ster stiegen aus den Trümmern, in welche die stür-
mische Zeit der vorigen Periode sie geworfen hatte,
schöner wieder empor. Ostfriesland hat keinen Regen-
ten gehabt, der mehrere Bauten ausgeführt hat, als
Ulrich. So ließ er i444 die neue Burg zu Berum
und 1445 das hohe kostbare Chor an der Norder Kir-
che aufführen. Im Jahr 1448 wurde das noch ge-
genwärtig stehende innere Schloß von Aurich, dem
Piquerhofe oder der alten Burg gegenüber, erbaut.
Den Thurm von Marienhave ließ Ulrich, wahrschein-
lich zum Besten der Schiffahrt, 1449 noch höher auf-
führen. Im Jahr 1455 ließ er das schöne Chor an
der großen Kirche zu Emden bauen und die Straße
am Delf pflastern. Zu Greetsyhl wurde 1457 ein neu-
es Schloß erbaut, zu Emden der gräfliche Pallast an
der Burg nach der Emsseite hin, und 1461 der große
Syhl angelegt. Im Jahre 1462 ließ Ulrich die Kirche
zu Weener durch das daran gebaute schöne Chor ver-
größern. Auch das Beste der Klöster ließ er sich ei-
frigst angelegen seyn, und suchte zweckmäßige Verbes-
serungen derselben einzuführen.
So rühmlich indeß Ulrich die Regierung Ostfries-
lands führte, so hatte er doch gleich Anfangs mit meh-
reren Unannehmlichkeiten zu kämpfen. Mit den Ham-
burgern, welche sich in die Fehden der ostfriesischen
Häuptlinge gemischt und mehrere Versuche gemacht
hatten, die Oberherrschaft von Ostfriesland an sich zu
reißen, gericth er in eine Mißhclligkeit, die nicht nur
mit diesen, sondern auch in einen innerlichen Krieg,
besonders mit den Emdern, auöbrach. Durch sein
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
72
Vierte Periode.
des vierzehnten Jahrhunderts hatte sie schon Häupt-
linge unter der Benennung von Pröbsten oder Drosten.
Das Justiz- und Polizeiwesen wurde von einem Ver-
walter oder Amtmann besorgt, der unmittelbar unter
dem Drosten stand, und den die Häuptlinge mit Zu-
ziehung der Bürgerei bestellten. Nach und nach ward
dieser Flecken erweitert, durch die große Brücke über
den Delf (1368) mit dem Franziskaner Kloster, der
jetzigen Gasthauskirche in Verbindung gesetzt, mit ei-
ner Mauer und zwei kleinen Thoren jenseits des Dclfs
vor dem Kloster versehen und immer mehr bevölkert
und bereichert. Durch die Viktualienbrüder, welche
hier, von Probst Hisko begünstigt, eine Hauprnicder-
lage ihrer geraubten Maaren hatten, durch zweckmäßige
Einrichtungen der Pröbste und spater der Hamburger,
welche die Stadt vom Jahre 1431 bis zum Jahre
1455 in Besitz hatten und mit Mauern, Thoren und
Festungswerken versahen, durch die Bemühungen des
Grafen Ulrich, der sich die mehrste Zeit in Emden auf-
hielt und eine neue Stadtverordnung entwarf, und
durch mehrere günstige Umstande gewann die Stadt
immer mehr an Ansehn und Nahrung. Handel,
Schiffahrt und Fabriken bekamen einen höheren
Schwung. Auf fernen Meeren wehcte die Emder
Flagge und die Reichthümer fremder Lander floffcn
in die Kaffen der dortigen Kauflcute.
6.
Gräfin Thedcr und Enno I.
Nach Ulrichs Tode (1466) führte seine Gemahlin,
die Gräfin Thcda unter dem Beirath des Ritters
Sibeth Attena von Esens und Hcro Mau ritz
Kan kenn von Dornum, wahrend der Minderjäh-
rigkeit ihrer Söhne das Ruder des Staats. Mir Klug-
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
i5o
Sechste Periode.
schwere, das Jahrhundert ihrer Stiftung nicht über?
lebt. Friedrich der Große stiftete daher (1769) eine
neue Herings-Kompagnie in Emden, die zwar
anfänglich nur sechs Buisen, nach Verlauf von zwan-
zig Jahren aber bereits eine Flotte von mehr als
fünfzig Buisen in See schickte, welche den Theilneh-
mern der Gesellschaft einen ansehnlichen Gewinn und
der Stadt Emden bedeutende Vortheile verschaffte.
In demselben Jahre wurde auch zur Beförderung des
Handels ein Banco-Comtoir in Emden angelegt.
— Zur Sicherung des Werths der Hauser ward 1754
unter Direktion der Kriegs- und Domainenkammer
eine Feuer-Versicherungs-Anstalt für die
Städte und größeren Flecken der Provinz ge-
stiftet, wodurch die Stande bewogen wurden, eine
ähnliche Anstalt für das platte Land zu errichten
(1767), auf welche dann auch noch die von dem
Advocarus Fi.sci Jhering gestiftete Mühlenbrand-
Societat folgte (1779).
An diese auf das Wohl des Vaterlandes qbzwecken-
den Verbesserungen schloffen sich wahrend der Regie-
rung Friedrichs Ii. noch andere an, deren wohlthatige
Wirkungen fortdauernd an den großen Geist.des un-
sterblichen Monarchen erinnern, dem anzugchören der
Ostfriese bald für sein größtes . Glück erkannte. So
wurden die Deiche, diese meilenweite Schutzwehr des
Landes,, durch vortreffliche Anstalten und durch die
angespornte Thatigkeit erfahrner Deichrichtcr in einen
solchen Stand gesetzt, daß sie nunmehr den fürchter-
lichsten Stürmen Trotz bieten und die Küstenbewoh-
ner das furchtbare Donnern des Meeres ohne Zittern
vernehmen konnten. Neue Anwachse wurden durch
Eind.e.ichungen dem Meere entrissen,, und im In-
nern des Landes, auf den öden Moorfeldern, traten
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Ostfriesland
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Fünfte Periode.
Wohlstand des Landes gestiegen, seitdem mehrere Er-
werbzweige, besonders Ackerbau, Handel und Schiff-
fahrt sich mehr ausgebreitet hatten, die Küstenstriche
durch neue Eindeichungen vergrößert und mit den herr-
lichsten Acckcrn und Wiesen bereichert, neue Kolonien
im Innern angelegt, Handelsverhältnifse mit fremden
Staaten angeknüpft und dadurch neue Quellen des
Erwerbs eröffnet waren, auö denen dem Vaterlande
nach und nach bedeutende Reichthümer zuflossen. Ost-
friesland galt bereits wahrend dieses Zeitraums auch im
fernen Auslande für ein wohlhabendes Land, das, gleich
dem benachbarten Holland, manchen Fremden, dem die
Heimath nicht mehr zusprach, heranlockre und seine
Einwanderung nicht bereuen ließ.
Besonders hob sich auch in dieser Periode das Ansehn
und der Flor der vaterländische Städte. Emden be-
saß bereits 1570 nicht weniger als 600 eigene Schiffe,
die auf den Wallfischfang, die Heringfischcrei und, mit
vaterländischen Produkten beladen, nach weit entfernten
Ländern fuhren. Der herrliche Hafen und die weite,
die größten Seeschiffe tragende Rhede erleichterte den
Verkehr außerordentlich. Im Jahr 1662 sollen 20,000
Einwohner in dieser Stadt gewesen seyn, deren Zahl
jedoch, hundert Jahre später, unter die Hälfte einge-
schmolzen war. Der größte Flor der Stadt war vor
der Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts; von dieser
Zeit an sank sie, im Ganzen, wieder herunter. - 2ius
rich, seit Edzard Ii. die beständige Residenz der Landes-
herren und der Sitz der Landes-Collegien, wurde zwar
in der sächsischen Fehde (1514) eingeäschert, erhob sich
indeß wieder, freilich langsam aber desto schöner und
regelmäßiger, erweitert durch die Neustadt und die Ver-
längerung der Ofterstraße bis zum jetzigen Osterthor.
Graf Enno Ii. ließ den Ort mit einem neuen Wall und
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