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00
Die Gußstahlfabrik in Essen ist das älteste und noch heute bedeutendste der unter der Firma Fried. Krupp A.-G. vereinigten Werke, die umfassen: die Gußstahlfabrik Essen
mit den zugehörigen Schießplätzen in Meppen, Tangerhütte und Essen, drei Kohlenbergwerke, zahlreiche Erz-, Ton- und Kalkgruben sowie die drei Hüttenwerke in
Mühlhofen, Engers und Sayn, ferner das Hütten-, Stahl- und Walzwerk Friedrich-Alfred-Hütte bei Rheinhausen, das Kruppsche Stahlwerk Annen in Westfalen, das
Grusonwerk in Magdeburg-Buckau und die Germaniawerft in Kiel. Im Jahre 1811 als kleines Stahlwerk mit wenigen Arbeiten von Friedrich Krupp gegründet,
hat sich die Firma Krupp unter seinem Sohn und seinem Enkel, Alfred Krupp und Friedrich Alfred Krupp, zu ihrer heutigen Weltstellung entwickelt. 1910 wurden
in sämtlichen Werken rund 69 00v Personen beschäftigt, davon in Essen fast 38 000. Die hauptsächlichsten Erzeugnisse sind: g) Kriegsmaterial: Geschütze aller Kaliber
für Schiffs-, Küsten-, Festungs-, Belagerungs-, Feld- und Gebirgsartillerie mit vollständiger Ausrüstung, Munition aller Art, Gewehrläufe sowie Panzer für alle ge-
schützten Teile der Kriegsschiffe, für Festungs- und Küstenwerke. Im ganzen sind bis 1907 hergestellt worden über 49 000 Geschütze, b) Erzeugnisse für Verkehrs-
und andere gewerbliche Zwecke: Eisenbahnmaterial, insbesondere Schienen und Räder jeder Art? Schiffsbaumaterial, besonders Wellen, Schiffsschrauben und Steven,
Ruder und Ruderrahmen usw.; Maschinenteile jeder Art für den Maschinenbau, Stahl- und Eisenbleche, Walzen, Werkzeugstahl, Spezialstahl für den Kraftwagenbau,
Hartstahl für Steinbrecher, Bagger und ähnliches, Stahlknüppel in Sonderqualitäten und anderes. Der geschäftlichen Größe und Bedeutung der Firma Krupp
entsprechen auch ihre musterhaften und umfangreichen Wohlfahrtseinrichtungen, die außer zahlreichen Arbeiter-Kolonien (in Essen etwa 6100 Wohnungen), Konsum-
Anstalten und sanitären Einrichtungen aller Art eine ausgedehnte Fürsorge für Unterricht, Fortbildung und Erholung der Werksangehörigen sowie deren Ver-
sorgung in Krankheitsfällen und im Alter umfassen. Im Jahre 1908 wurden für die Gußstahlfabrik nebst Kolonien 162/3 Mill. Kubikmeter Wasser, 18 Mill. Kubik-
meter Leuchtgas verbraucht; die Elektrizitätswerke leisteten 25'/2 Mill. Kilowattstunden.
31. Gesamtansicht der Kruppschen Gußstahlfabrik in Essen-Ruhr.
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Extrahierte Personennamen: Krupp Friedrich_Krupp Friedrich Krupp Alfred_Krupp Friedrich_Alfred_Krupp Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Meppen Sayn Rheinhausen Westfalen Magdeburg-Buckau Kiel Kruppschen_Gußstahlfabrik Essen-Ruhr
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Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
Europas (fast 3 qkm); die eigene Hafenanlage (7 ha) ermöglicht es, die zur Ver-
hüttung bestimmten Erze auch auf dem Wasserwege unmittelbar bis an die Hütte zu
schaffen und die Erzeugnisse des mit dem Hohofenwerk (8 Hohöfen, davon 4 mit je 600 cbm
Inhalt) verbundenen Stahl- und Walzwerkes, nämlich Schienen, Träger u. a., auf
demselben Wege zum Versand zu bringen.
Den Stadtkreis Duisburg bildete um die Jahrhundertwende nicht nur
die eigentliche Stadt, die zwischen Ruhr und Rhein an dem 1844 geschaffenen.
4 km langen Rhein - Ruhr-Kanal (zum größten Teil als Hafen ausgebaut)
liegt, sondern ein Gebiet von 38 qkm, das namentlich in dem Winkel
zwischen Kanal und Rhein und im 8 (Hochfeld) und So der Stadt groß-
artige Fabrikanlagen enthält. Innerhalb dieser Grenzen stieg die Einwohner-
zahl i. I. 1904 zu 100 000 an. Danach aber erfuhr der Stadtkreis Duisburg
eine erhebliche Vergrößerung dadurch, daß sich ihm die bisherigen Städte
Ruhrort^) und Meiderich einfügten. Infolgedessen rückte Duisburg bei
der Volkszählung 1905 mit 192 000 Einwohnern an die 12. Stelle unter
den 28 Großstädten Preußens- i. I. 1910 wurde die Zahl 229 000 über-
schritten. Nach jener Erweiterung bezeichnet der Name Duisburg unbestritten
die Stelle des größten Binnenschiffahrtverkehrs der ganzen Erde-
belief sich doch in seinen Häfen und an seinen Uferladeplätzen der Güter-
Umschlag i. I. 1909 auf 17 Millionen Tonnen^), ohne die auf vorbei-
fahrenden Schiffen befindlichen Güter (etwa 4 Millionen Tonnen) zu rechnen!
Duisburg <vgl. s. 17 bis 19) besaß von 1655 bis 1818 eine vom Großen Kur-
fürsten gegründete Universität. Dem Geographen Merkator, der 1552 bis 1594
dort lebte, ist 1878 ein Brunnendenkmal errichtet worden- eine wertvolle Merkator-
Sammlung ist oben im Rathaus.
In Hochfeld finden sich mehrere große Eisenhütten, Walzwerke und Gießereien,
die Brückenbau-Firma Harkort, Schiffsbau, eine Kupferhütte, Fabriken für Ultramarin,
feuerfeste Steine und Chemikalien- in der alten Stadt blühen Maschinen-, Baumwoll-
und Tabakfabriken (vgl. S. 49) und ein umfangreicher Handel. Früher hatte
Duisburg seine Hafenanlagen rein aus städtischen Mitteln bestritten. Der staatlichen
Ruhrschiffahrtsverwaltung unterstand der Hafen von Ruhrort, dessen eigene Ein-
nahmen zur Instandhaltung und zum Ausbau ausreichten. Seit dem 1. Oktober 1905
sind beide Häfen zu einer Betriebsgemeinschaft unter staatlicher Verwaltung vereinigt.
Der Ruhrorter Hafen war nach dreimaliger Verlegung der Ruhrmündung und
allmählicher Vergrößerung auf 1\ km Beckenlänge mit Eisenbahngleisen (60 km),
Schiffsbauplätzen, Magazinen und einem Riesen-Dampfkran, dreistöckiger Einrichtung
zum Einladen bei verschieden hohem Wasserstand usw. ausgestattet- letzthin ist er,
um allen Bedürfnissen des Handels gerecht zu werden, nach der Ostseite hin noch
durch drei Parallelbecken von zusammen 3,6 km Länge erweitert- um dahin eine
neue Zufahrt von 2,5 km Länge zu schaffen, mußte die Ruhrmündung aufs neue
südwärts verschoben werden (s. Abbild. 36, S. 72 und Plan S. 45). Wie die gewaltigen
Schleppdampfer von hier aus die Ruhrkohlennachen3) rheinaufwärts ziehen, so gleiten
nach Holland abwärts die umfangreichen Flöße aus Holz des Schwarzwaldes und
des Spessarts vorüber. An der Nordseite Ruhrorts breitet sich das gewaltige Eisenwerk
„Phönix" aus, in dem etwa 6000 Arbeiter an Hohöfen, Dampfkesseln, Puddelöfen,
1) Ruhrort bedeutet Ruhr ecke. — Als verkehrsgeographische Arbeiten sind zu
nennen: Der Ruhrorter Hafen, 1902; F. Wickert, Der Rhein und sein Verkehr
(Forschungen zur Landeskunde), Stuttgart 1903.
2) Im Jahre 1899 hatte Duisburg-Ruhrort 11,9 Mill., Pittsburg (Nordamerika)
8,8 Mill., Berlin 7,3 Mill., Mannheim-Ludwigshafen 6,5 Mill. Tonnen Wasserfrachtverkehr.
3) Ein solcher in Eisenkonstruktion ist meist über 80 m lang und faßt dann etwa
viermal so viel Kohlen wie ein Eisenbahnzug von 80 Achsen, d. h. 1500 bis 1600 Tonnen!
Ein neuer von 102 m Länge faßt 2500 Tonnen! Im Juli 1905 fuhr sogar ein Schleppzug
rheinaufwärts, dessen Kähne den Inhalt von 850 Eisenbahn-Doppelwagen bargen!
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: Beschieung von Libau (Kurland) und der Kste von Algier. Erstes Seetreffen bei Helgoland. Angriffe | der deutschen Flotte auf die englische Kste, Sieg an der Doggerbank. Das deutsche Auslandskreuzer-Geschwader, bei Coronet (Chile) siegreich, wird bei den Falklands-Jnseln vernichtet.
Kmpfe in den Kolonien: Tsingtau erliegt nach Helden-haster Verteidigung den Japanern, (7. November).
1915 Schlachten bei Soissons, in der Champagne, an der Lorettohhe und in den Argonnen. Der groe An-griff der Franzosen (General Joffre) und Englnder bei Ipern, Arras und in der Champagne scheitert
(September-Oktober).
I _
Winterschlacht in Masuren (7. bis 15. Febr.). Die Russen erobern Przemysl.
| Durchbruchsschlacht in Westgalizien (Gorlice 2. Mai); Rckeroberung Galiziens. Vorrcken der Dentscheu und sterreicher in Polen; Eroberung der groen westrussischen Festungen (Warschau, Kowuo, Modlin it. ct.).
Sieg der Trken an den Dardanellen (18. Mrz); Rck-zug der Englnder von Gallipoli.
Abfall Italiens vom Dreibund und Eintritt in den Krieg (23. Mai); Kmpfe in Sdtirol und am Jsonzo.
Eintritt Bulgariens in den Weltkrieg (Mitte Oktober). Vernichtung Serbiens und Montenegros (von Mackensen): Belgrad und Risch erobert, Schlacht auf dem Amselfelde.
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— 17 —
Wir achten weiter auf die bei Hochwasser trübe, gelbe und
braune Färbung der Bäche, und die Schüler werden veranlaßt, sich
nach starkem oder längerem Regen einmal ein Gefäß voll schmutzigen
Flußwassers hinzustellen und nach einiger Zeit den Bodensatz anzu-
sehen, vielleicht auch zu wiegen und zu messen.
Größere Schüler könnten unter Anleitung des Lehrers durch
eigene Messungen und Berechnungen ermitteln, wieviel Wasser täg-
lich, monatlich, jährlich in Werre und Aa durch Herford fließt,*) wieviel
Schwemmstoffe mitgeführt werden, wie hoch hier die Regenhöhe**) in
einem Jahre ist, wieviel Erdreich usw. auf unfern Feldern, etwa auf
1 qkm oder im ganzen Kreise Herford, abgeschwemmt wird: alles
Aufgaben, die eigene sorgsältige Beobachtung, selbständiges Denken
und gewissenhafte Arbeit verlangten.
So kommen wir nach und nach durch zahlreiche Beobachtungen
und Vergleiche dahin, in dem Fluß einen außerordentlich erfolgreichen
Sandfabrikanten, einen fleißigen Lumpensammler, der auf die Dauer
nichts von dem, was ihm erreichbar ist, liegen laffen kann, und einen
» billigen Lieferanten zu sehen. Auch mit einem Riesen-Fuhrgeschäft
könnte man ihn vergleichen. Unaufhörlich, tagaus, tagein, ist er an
der Arbeit, erstaunlich große Massen von Erde, Steinen, Sand und
Schlamm loszureißen, fortzufpülen, weiterzuschleppen und nach dem
Meere zu verfrachten.
Wir kommen an einem mit 2 Pferden bespannten Sandwagen
vorüber und fragen im Vorbeigehen den Knecht, wieviel Sand er da
fährt. Es sind meist l1/2 cbm.
Im Weitergehen rechnen wir sofort einige dazu paffende Auf-
gaben, z. B. daß man, um 30 cbm Sand auf einmal zu fahren,
20 solcher Wagen und 40 solcher Pferde brauchte.
*) Herrn Dipl.-Jng. Ulrici verdanke ich weiter folgende Angaben:
Durchfluß 1. in der Werre an der Milcherbrücke im Jahresmittel 8 cbm/sec.
2. „ „ Aa bei Spilker „ „ 3,6 „ „
3. „ „ Werre an der Hansabrücke „ „ rund 12 „ „
**) Herr Rektor Wulff als Leiter der hiesigen Wetterwarte („Königl.
Meteorologischen Station") ermittelte als das 15 jährige Jahresmittel der
Jahre 1895—1910 = 717,1 mm,
als das Jahresmittel für 1910 —751,1mm (regenreich!)
ii ii ii „ 1911 =485,1 mm (fehr trocken!)
ii ii ii „ 1912 = 837,0 mm (regenreich !)
Allein am 25. August 1912 betrug hier die Niederschlagsmenge 22 mm,
im August 1912 überhaupt 126 mm!
Vergl. dazu die regenreichsten Stellen der Erde: Kamerunberg mit 10 m,
Assam am Himalaja 12 m!
Nolte, Bodenständiger Unterricht. 2
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Extrahierte Personennamen: Spilker Wulff August August
— 18 —
Wir hören von dem Müller Schachtstek in Diebrock, — wir treffen
ihn gerade an, wie er bei seiner Mühle aus dem Arme der Aa,
der nach dem Mühlrad zu abgeleitet ist, den abgelagerten Sand aus-
wirft, um das Flußbett wieder tiefer zu machen — daß er dort
jedes Jahr etwa 50 cbm Sand abfahren muß — über 30 Fuder.
Die Schüler haben gesehen und werden angehalten, dauernd
daraus zu achten, wie oft Kolke, Teiche, Straßen- und Ackergräben
gereinigt, „ausgeschlämmt" werden müssen.
So lernen sie auf Grund vielfacher Beobachtungen in ihrer
engsten Heimat, welche gewaltige Mengen festen Erdreichs usw. aus
den Bergen und Feldern des Binnenlandes durch die zahlreichen
kleinen und großen Flüsse und Ströme abgeschwemmt, fortgespült
und in das Meer geschleppt werden.
Nun klingt es ihnen glaubhaft, wenn sie hören, daß alljährlich
allein aus dem sächsischen Elblaufe *) über 34000 cbm Sand, Kies
und Steine (rund 23000 Fuder oder was 46000 Pserde ziehen können!)
ausgebaggert werden müssen, damit die Fahrrinne tief genug bleibt;
daß die Donau **) jährlich über 35^ Millionen cbm — rund
23 Millionen Fuder für 46 000000 Pferde,
der Mississippi weit über 211 Millionen cbm — 140 Millionen
Fuder für 280000000 Pferde,
der Hoangho sogar 472 ^ Millionen cbm = 315 Millionen
Fuder für 630000000 Pferde,
Erde, Steine, Sand und Schlamm nach dem Meere bringt,
daß allein aus der schwäbischen Alb jedes Jahr 63600 cbm
Kalksteine vom Wasser ausgewaschen und abgeschwemmt
werden = 42400 Fuder für 84800 Pferde,
daß dort, wie man an zurückgebliebenen Spuren nachweisen
kann, bereits eine Erd- und Gesteinsschicht von 200 m Dicke
und 23 km Ausdehnung fortgespült worden ist.
Da sehen die Schüler allmählich ein, daß bei solch ungeahnter,
unaufhörlicher Riesenarbeit des Wassertropfens nach und nach Gebirge
und andere hoch gelegene Teile der Erdoberfläche abgetragen werden,
und daß durch diese ungeheure Einebnungsarbeit des Wassers schließlich
eine völlige Beseitigung aller Erhebungen stattfinden müßte, wenn nicht
auch andere Kräfte mit entgegengesetztem Erfolge an der Arbeit wären.
*) Vgl. Fraas, Die Naturerscheinungen der Erde. Verlag von Lutz,
Stuttgart.
**) Vgl. Volk, Geologisches Wanderbuch. Verlag von Teubner, Leipzig.
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I. Der Rhein von Bingen bis Loblenz.
lvimpel grüßen, Völler krachen,
Lustig schwimmen wir im Rhein,
Tiefe Boote, leichte Nachen
Wollen uns Geleite sein.
wohl, nun geht es rauschend weiter,
Lachend Bild, wohin wir sehn,
Die Gestade grün und heiter
Und dahinter Rebenhöhn.
Städte mit den alten Zinnen
Laden gastlich uns herzu,
Burgen, die verlassen sinnen,
^Ragen einsam tief in Ruh.
Überall in trauter Nähe
Winkt ein Zander Bild herbei,
Eh' ich alles übersehe,
Ist es wie ein Traum vorbei. (Greif.)
1. Landschaftsbild, a) Der Rhein bei Bingen. Es ist ein gar
prächtiger Sommermorgen. Goldige Sonnenstrahlen spielen auf der breiten
Wasserfläche des stolzen Rheinstromes. Ein stattlicher Dampfer, mit vielen
lustigen Kusflüglern besetzt, verläßt eben die Landungsstelle in Bingen, um
seine Talfahrt anzutreten, vom Niederwald herab, einer hohen Bergwand
bei Rüdesheim, grüßt das großartige Nationaldenkmal. Kuf einer
Felsenklippe steht der alte Niäuseturm (Maut- oder Zollturm), jetzt
eine Signalstation für Schiffe. Wildströmend flutet der Rhein an ihm vorbei,
hohe Felswände, rechts die westlichen Ausläufer des Taunus, links der huns-
rück, treten dicht an ihn heran. Früher waren die hier unter dem Wasser
versteckten Felsenriffe den Schiffern Gefahr bringend. Die preußische Regierung
ließ sie sprengen und schuf so den Schiffen eine sichere Fahrstraße durch das
einst so gefürchtete Binger Loch.
Der Vinger Mäuseturm.
Bei Bingen ragt mitten aus dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende
Sage umgeht: Im Jahre 970 war große Teuerung in Deutschland, daß die Nienschen
aus Not Natzen und Hunde aßen und doch viele Leute Hungers starben, va war ein
Bischof von Mainz, der hieß Hatto. Er war ein Geizhals und dachte nur daran, seinen
Schatz zu mehren. Er sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und in
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10 Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Die feindlichen Brüder.
Auf den nachbarlichen Burgen Sterrenberg und Liebenstein am Rhein wohnten
zwei Brüder, die waren sehr reich und hatten die Burgen stattlich von ihres Vaters
Erbe erbaut. Als ihre Mutter starb, wurden sie noch reicher. Beide hatten aber eine
Schwester, die war blind,- mit der sollten nun die Brüder der Mutter Erbe teilen. Sie
teilten aber, da man das Geld in Scheffeln maß, daß jedes ein volles Matz nach dem
andern nahm, und die blinde Schwester fühlte bei jedem, daß eins so richtig voll war
wie das andere. Die arglistigen Brüder drehten aber jedesmal, wenn es an das Maß
der Schwester ging, dieses um und deckten nur den von schmalem Rande umgebenen
Boden mit Gold zu; da fühlte die Blinde oben darauf und war zufrieden, daß sie ein
volles Maß empfing, wie sie nicht anders glaubte. Sie war aber gottlos betrogen?
dennoch war mit ihrem Gelds Gottes Segen, und sie konnte reiche Andachten in drei
Klöstern stiften.
Aber mit dem Gelde der Brüder war der Unsegen für und für; ihre habe ver-
ringerte sich, ihre Herden starben, ihre Felder verwüstete der Hagel, ihre Burgen
begannen zu verfallen, und sie wurden aus Freunden Feinde und bauten zwischen
ihren nachbarlich nahe gelegenen Burgen eine dicke Mauer als Scheidewand, deren Reste
noch heute zu sehen sind.
Kbb. y. ttönigsstuhl zu Rhense.
Als all ihr Erbe zu Ende gegangen war, versöhnten sich die feindlichen Brüder
und wurden wieder Freunde, aber auch ohne Glück und Segen. Leide bestellten einander
zu einem gemeinschaftlichen Zagdritt; wer zuerst munter sei, solle den andern Bruder
frühmorgens durch einen Pfeilschuß an den Fensterladen wecken, ver Zufall wollte,
daß beide gleichzeitig erwachten, beide gleichzeitig die Armbrust spannten, im gleichen
Augenblick den Laden aufstießen und schössen, und der Pfeil eines jeden von ihnen
dem andern in das herz fuhr. — Das war der Lohn ihrer untreuen Tat an ihrer blinden
Schwester (Sechste in.)
Die prächtige Marksburg, auf die wir bei dem Grtchen Brau-
dach hingewiesen werden, ist wie Rheinstein in alter Herrlichkeit wieder her-
gestellt, lvir bemerken, daß das Tal sich ein wenig erweitert, als wir die freund-
liche Stadt Boppard in Sicht bekommen. Unvergleichlich schön muß diese
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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I. Der Rhein von Bingen bis Loblenz.
11
Strecke im jungen 5enz sein, wenn hier die unzähligen Kirschen-, Pfirsich- und
Kprikosenbäume ihre herrliche Blütenpracht entfalten, Das kleine Salzig
mit einer warmen Salzquelle hat durch seine Kirschen Berühmtheit erlangt.
Die geschützte Lage des Vrtes läßt dort die Früchte zu ftüherer Reife gelangen
als in anderen Gegenden unserer Heimat. Lei R h e n s betrachteten wir den
Nönigsstuhl, auf dem sich in früheren Jahren die vier Rurfürsten von Köln,
Mainz, Trier und der Rheinpfalz oersammelten, um über die Raiserwahl zu
beraten. Schon liegen Burg Lahneck und Schloß Stolzenfels hinter
Kbb. 10. Stolzenfels. (Nach: „Km Rhein". Verlag der photogr. K.-G. Siegburg bei Töln.)
uns. Stolz flattert im Winde die Reichsfahne auf der Festung Ehrenbreit-
st e i n. hochgespannte Brückenbogen und zahllose Türme erglänzen in der
Kerne und gemahnen uns, daß wir Eoblenz erreicht haben.
2. Loblenz. In (loblenz verlassen wir und noch viele Mitreisende das
Schiff. Neue Reisende steigen ein, unser stolzer Dampfer setzt sich bald wieder
in Bewegung, Wir winken ihm noch einen freundlichen Kbschiedsgruß zu,
und bald ist er unseren Blicken entschwunden. Nun beginnen wir einen Rund-
gang durch die alte Stadt. Ihr Name Confluentes, d. h. die „Zusammen-
fließenden", deutet schon darauf hin, daß sie ihre Gründung den Römern ver-
dankt. Gar prächtig ist sie am Einflüsse der stattlichen Mosel in den Rhein gelegen.
Deutlich hebt sich das gelbliche Moselwasser von den grünen Fluten des Rheins
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Extrahierte Personennamen: Arnold Arnold Arnold Karl Karl Simrock
88 Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
von ihnen sehr geliebten, leutseligen Kürsten noch zu seinen Lebzeiten auf dem
Marktplatz ein aus Rupfer gegossenes Denkmal. Es zeigt „Jan röellem", so
heißt er im Düsseldorfer Volksmunde, hoch zu Rotz- angetan ist er mit einer
schweren Rüstung, sein von langen Locken umwalltes Haupt schmückt die
Rurfürstenkrone, in seiner Rechten hält er den Herrscherstab.
vom Kurfürsten Johann lvilhelm.
Oer Kurfürst Johann lvilhelm liebte sehr die Jagd. Einmal hatte er sich im
Königsforste zu Vensberg verirrt und wußte sich nicht mehr zurechtzufinden. Er ging
viele Stunden lang bis über Mittag und wurde bei der Anstrengung gewahr, wie der
Hunger tut. Er hatte ihn wohl zum ersten Male kennen gelernt, plötzlich kam er an
ein Haus, vor Ermüdung brach er zusammen und bat um Nahrung. Es war ein
Bauernhaus,- man hatte dort Speck und Erbsen gekocht. Die setzte die Krau des Lauern
dem Kurfürsten vor in der Meinung, er sei, wie er angab, ein fremder Jägersmann.
Oas Speck- und Erbsengericht und das Haferbrot schmeckten dem Kurfürsten so wohl, wie
ihm noch nie eine Speise gemundet hatte. Als er nach Düsseldorf zurückgekehrt war
und ihm die leckeren Speisen daselbst nicht zusagen wollten, da befahl er, Speck und
Erbsen zu kochen,' denn das sei das köstlichste Essen von der Welt. Wie der Koch aber
auch die Speisen anrichtete, der Kurfürst sagte, im Königsforste hätte er das besser
gegessen. Endlich mußte ein Eilbote hinausreiten und die Bäuerin bestellen, damit
sie die Lieblingskost dem Kurfürsten so schmackhaft zubereite, wie er sie in ihrem Hause
genossen habe. Auch sollte sie ein Bauernbrot mitbringen. Die Bäuerin wurde in einem
Wagen des Kurfürsten nach Düsseldorf geholt, Was die gute Krau ihm aber auch
kochte, es wollte ihm nicht schmecken; ebensowenig mundete dem Fürsten das Hafer-
brot, das sie mitgebracht hatte. Das kam aber daher, daß ihm die hauptwürze, der
Hunger, fehlte, der ihm bei der Ermüdung im Königsforste die Speisen gewürzt hatte.
Das wurde dem Kurfürsten bald klar, und er pries die Arbeiter glücklich, weil ihnen
in ihrem Arbeitsleben jede Mahlzeit schmecke. Noch heute will uns diese Wahrheit
das bergische Sprüchlein zurufen: .
lver sich vor Arbeit nicht tut schrecken,
Dem wird's wie dem Jan lvilhelm schmecken.
(M o n t a n u s.)
wie man in Düsseldorf das Recht zu Grabe läutete.
Einstmals ging der Narr des Herzogs zu Düsseldorf am Rheine spazieren. Da
kam ihm ein Bäuerlein aus der Stadt entgegen, das trug ein Bündel Papier unter
dem Arme und schlich gar betrübt seines Weges einher. „Wohin geht die Reise?"
fragte der Narr. „An den Bettelstab," antwortete der Bauer, „ho, ho," sagte der
Narr, „das ist ein Stab, der für so wohlbeleibte Leute, wie Ihr seid, schlecht taugt." —
„Danach haben die da drinnen in der Stadt nicht gefragt," erwiderte der Bauer, „ich
muß an den Bettelstab von Rechts wegen." — „So seid Ihr also ein Nichtsnutz und
Kaulenzer, wenn Ihr von Rechts wegen an den Bettelstab kommt?" — „® nein,"
schrie der Bauer, „wenn das wäre, so geschähe mir mein Recht, aber leider ist es ganz
anders!" Und nun erzählte er dem Narren, wie sein Nachbar, ein habsüchtiger und
böser Junker, ihm Prozeß auf Prozeß an den hals gehängt, bis er ihm wider sein klares
und gutes Recht den letzten Acker und die letzte Kuh abgenommen habe, „hier habe
ich meinen Besitz verbrieft und versiegelt," schloß er endlich, „und ich armer Mann
kann ihn doch nicht gegen den mächtigen Junker und die ungerechten Richter behaupten."
Damit warf er das Bündel Papier, das er unter dem Arme trug, auf die Erde.
„Laßt doch sehen," sagte der Narr, nahm die Papiere, setzte sich auf einen Stein
und fing an, darin zu lesen. Er schüttelte dabei oft mit dem Kopfe und rief einmal
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Johann Johann