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2. Heer und Flotte. Kaiser Wilhelm verlie sich indessen nicht blo auf Bndnisse; er wute, da der beste Hort des Friedens eine starke, schlag, fertige Wehrmacht ist. Deshalb vermehrte er das Heer ganz bedeutend. Um selbst zu prfen, ob die Ausbildung der Truppen gut sei, hielt er jedes Jahr in einer Provinz ein groes Kaisermanver ab. Ebenso sorgte er fr die Grndung und den Ausbau einer Flotte. Wilhelmshaven und Kiel entwickelten sich zu gewaltigen Kriegshfen.
3. Einheitliches Recht. Ein groer Mangel im neuen Reiche war die Verschiedenheit des Rechts. Was in einem Lande Recht war, war oft im andern Unrecht. Da erschien 1879 das Strafgesetzbuch fr das ganze Reich. Seitdem werden bertretungen, Vergehen und Verbrechen in ganz Deutschlaub mit bemselben Mae gemessen. Nicht so schnell ging es mit 'beut Brgerlichen Gesetzbuch. Es wrbe zwar schon unter der Regierung Wilhelms I. ausgearbeitet, trat aber erst am 1. Januar 1900 in Kraft Der hchste Gerichtshof ist das Reichsgericht zu Leipzig. Leipzig hat gesprochen, der Streit ist aus."
4. Wirtschaftliche Fortschritte. An die alte Zersplitterung erinnerte auch die bunte Mannigfaltigkeit der Mnzen, Mae und Gewichte in den einzelnen deutschen Lndern. In Preußen rechnete man nach Talern, in den Sdstaaten nach Gulben. Es gab Groschen, Batzen und Kreuzer. Elle, Fu und Zoll hatten die verschiedensten Lngen, und ebenso waren Pfund und Lot, Ma und Schoppen hier grer, dort kleiner. Diesen Mistnden wurde 1875 mit einem Schlag ein Ende gemacht. Von jetzt ab rechnete man berall nach Mark, Meter, Liter, Kilogramm.
5. Post- und Tclegraphenwefen. Das Reich bernahm ferner das Post- und Telegraphenwesen in allen deutschen Lndern mit Aus-nhme von Bayern und Wrttemberg und lie es fortan bnrch das Reichs-Postamt verwalten. An feiner Spitze stanb lange Zeit der Generalpost-meist er Heinrich Stephan. Durch ihn erhielt selbst jedes grere Dorf feine Postanstalt; die kleineren bekamen Postagentnren oder Posthilfsstellen. Telegraph und Telephon verbanden bald die meisten Städte und Drfer. Diesen Mann verehren nicht nur die Deutschen; ganz Europa und viele berseeische Lnder sind ihm groen Dank schuldig. Frher war nmlich das Porto fr Briefe, die ins Ausland gingen, sehr hoch; ein einzelner kostete wohl mehrere Mark. Da rief Stephan 1875 den Weltpostverein ins Leben. Seitdem zahlt man fr einen Brief, der nach einem dec entferntesten Punkte nnsrer Erde geht, nur doppelt so viel als fr den, der nach einem Orte des Inlandes befrdert wird.
6. Eisenbahn- und Kanalbau. Auch das Eisenbahnwesen nahm einen gewaltigen Aufschwung. Bis dahin hatte der Staat den Bau von Eisenbahnen meistens Privatgesellschaften berlassen. Diese bauten natrlich nur solche Strecken, die ihnen Gewinn brachten. Arme Gegenden blieben darum ohne Schienenwege. Jetzt bernahm Preußen die wichtigsten Eisenbahnlinien in seinem Gebiet. Der Staat konnte auch Strecken bauen, die sich nicht lohnten. Da wurde mancher abgelegene Winkel mit der Welt verbunden. Den Leuten war es nun mglich, ihre Erzeugnisse zu besseren
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelms_I. Heinrich_Stephan Heinrich Stephan
Extrahierte Ortsnamen: Wilhelmshaven Kiel Deutschlaub Leipzig Wrttemberg Europa
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lichen Unterrichtsanstalten und hat das Berg-, Htten- und Salinenwesen unter sich.
Die Minister sind verantwortlich, knnen also, wenn sie sich im Amte gegen die Gesetze vergehen, zur Rechenschaft gezogen werden. Sie werden vom Könige ernannt, der unverantwortlich ist. In der Hand des Knigs laufen die Fden der ganzen Verwaltung zusammen. Er berwacht die Ausfhrung der Gesetze und hat die Verfgung der das Heer; er kann auch gerichtliche Strafen mildern oder ganz erlassen.
2. Die Verfassung. Die Gesetze und der Staatshaushalt fr Preußen kommen durch das Zusammenwirken des Knigs und der beiden Huser des Landtags zustande. Diese beiden Huser sind das Herren-haus und das Abgeordnetenhaus.
Das Herrenhaus besteht aus etwa 270 Mitgliedern. Es sind die volljhrigen Prinzen des Kniglichen Hauses, die vormals reichsnnmittel-baren Fürsten und Grafen, deren Recht erblich ist; auerdem Vertreter des hohen Adels, des Grogrundbesitzes, der Groindustrie, der Universitten und der groen Städte, die der König beruft.
Das Abgeordnetenhaus zhlt 433 Mitglieder. Sie werden vom Volke auf fnf Jahre gewhlt. Whlen darf jeder Preuße, der das 24. Lebensjahr vollendet hat; er ist Urwhler. Fr die Wahl wird das ganze Land in Wahlbezirke zerlegt, und jeder Wahlbezirk zerfllt wieder in zahlreiche Urwahlbezirke. Die Urwhler jedes Urwahlbezirks werden in eine Liste eingetragen, und zwar folgen sie aufeinander nach der Hhe der Steuern, die sie zahlen. Die ersten der Liste, die zusammen ein Drittel der Steuersumme entrichten, welche der ganze Urwahlbezirk auf-bringt, bilden die erste Klasse; die folgenden, die wiederum ein Drittel zahlen, machen die zweite Klaffe aus; alle brigen gehren zur dritten Klasse. Demnach umfat die erste Klasse weniger Urwhler als die zweite, die zweite weniger als die dritte. Trotzdem whlt jede Klasse zwei Wahl-mntier. Das Wahlrecht ist also ungleich.
Die Wahlmnner treten nun zusammen und whlen den Abgeord-neten. Demnach geschieht dessen Wahl indirekt. Zum Abgeordneten der zweiten Kammer ist jeder Preuße whlbar, der das dreiigste Lebensjahr vollendet hat und die brgerlichen Ehrenrechte besitzt.
Bei der Wahl nennt jeder Urwhler laut den Namen des Wahlmannes, dem er seine Stimme gibt; ebenso nennt jeder Wahlmann den Namen des Abgeordneten, fr den er sich entscheidet. Die Wahl erfolgt also ffentlich. Das Wahlrecht ist demnach ungleich, indirekt, ffentlich.
Die beiden Huser des Landtages werden durch den König jhrlich zwischen November und Januar einberufen. Die Erffnung und Schlieung geschieht gleichfalls durch ihn oder den Ministerprsidenten. Die Sitzungen sind ffentlich. Dem Könige und jeder Kammer steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.
Jeder Vorschlag wird im Abgeordneten- und Herrenhans dreimal be-raten. Man spricht deshalb von erster, zweiter und dritter Lesung. Nur wenn der König und beide Kammern ihm zustimmen, kann er Gesetz werden.
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Ist der Landtag zusammengetreten, so gibt ihm die Regierung den Haushaltungsplan fr das kommende Jahr bekannt. Darin sind alle Einnahmen und Ausgaben des Staates enthalten. Man nennt ihn den Etat oder das Budget. Er wird sorgfltig geprft, und erst wenn beide Kammern ihn genehmigt haben, ist er gltig.
Seine Einnahmen zieht der preuische Staat aus seinen Domnen, Bergwerken, Eisenbahnen und andern Betrieben. Weil sie aber nicht ans-reichen, um alle Ausgaben zu decken, werden Steuern erhoben. Die wichtigsten sind die Einkommen- und die Vermgenssteuer.
Das Deutsche Reich.
Preußen bildet mit noch 25 Bundesstaaten das Deutsche Reich. Auch auf seine Spuren stoen wir in jeder Stadt. Ihm gehren alle Brief-ksten und Postgebude. Die Postbeamten sind Reichsbeamte, die Post ist Reichspost. Nur Bayern und Wrttemberg haben ihre eigne Post-Verwaltung. Auch die Kriegsmarine gehrt dem Reich.
1. Die Verfassung. An seiner Spitze steht der Deutsche Kaiser Es ist der jeweilige König von Preußen. Seine Wrde ist erblich. Er vertritt das Reich dem Ausland gegenber, geht in seinem Namen Vertrge und Bndnisse ein, ernennt die Botschafter, Gesandten und Konsuln, erklrt den Krieg und schliet den Frieden. Im Kriege hat er als oberster Feld-Herr die Verfgung der smtliche Streitkrfte des Reiches zu Lande und zu Wasser.
Die eigentliche Reichsregierung bt inbessen der Kaiser nicht aus, ebensowenig alle Fürsten persnlich zusammen; vielmehr ist bies Sache bei Bunbesrats. Er besteht aus Ministern ober andern Vertretern der Emzelstaaten. Seine Beratungen hlt er in Berlin ab. Die Einberufung erfolgt durch den Kaiser. Den Vorsitz fhrt der Reichskanzler. Der-Bundesrat arbeitet die Entwrfe von Reichsgesetzen durch, stellt ihren Wort-laut fest und legt sie dann dem Reichstage vor. Bei seinen Verhanblnnaen t. z7?tc^ a^e Einzelstaaten gleichen Einflu; dieser hngt vielmehr von ihrer Groe und Bedeutung ab. Die kleinsten Staaten haben je eine Stimme, die greren mehrere; Preußen verfgt der 17. Im ganzen zahlt der Bundesrat 61 Stimmen.
w .Me Angelegenheiten des Reiches besorgen die Reichsmter, die den Ministerien Preuens entsprechen. Sie stehen unter der Leitung von (Staats-sekretaren. Der oberste Beamte des Reiches ist der Reichskanzler den der Kaiser ernennt. ^ 9 '
Das Volk nimmt an der Gesetzgebung des Reiches durch den Reichstag fclf 'e^ stch aus 397 Abgeordneten zusammen, die alle fnf Jahre Tage statt^er ie findet im ganzen Reiche an demselben
Whlen darf jeder Deutsche, der 25 Jahre alt ist. Das Wahlrecht ist also allgemein. Ausgenommen sind allerdings smtliche Militrpersonen ferner ieute, die tn Konkurs geraten finb, auch solche, die unter Vormnnbschast stehen, ffentliche Armenuntersttzung beziehen ober die brgerlichen Ehrenrechte verloren haben. '
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Die Whler sind nicht in Klassen eingeteilt, sondern die Stimme des rmsten gilt soviel wie die Stimme des Reichsten, die Stimme des Tage-lhners nicht weniger als die des Ministers. Das Wahlrecht ist also gleich.
Die groe Masse der Whler whlt nicht erst Wahlmnner, sondern jeder entscheidet sich sofort fr den Abgeordneten selbst. Das Wahlrecht ist also direkt.
Endlich braucht niemand zu erfahren, wem der einzelne seine Stimme gibt. Im Wahlraum tritt der Whler in eine Zelle, legt den Stimmzettel in einen Umschlag und gibt ihn so an der Urne ab. Das Wahlrecht ist demnach geheim.
l
Kriegsschiff vor 100 Jahren.
Also haben wir im Deutschen Reiche ein allgemeines, gleiches, geheimes und direktes Wahlrecht.
Als Abgeordneter fr den Reichstag ist jeder Deutsche whlbar, der selbst whlen darf. In dem einzelnen Wahlkreise gilt derjenige Bewerber als gewhlt, auf dessen Namen mehr als die Hlfte aller abgegebenen gltigen Zettel lauten. Hat keiner soviel Stimmen erhalten, so erfolgt eine Stichwahl zwischen den beiden, auf welche bei der Hauptwahl die meisten Stimmen gefallen sind. Ergibt sich dabei etwa Stimmengleichheit, so ent-scheidet das Los.
Der Reichstag wird jhrlich durch den Kaiser einberufen. Seine Be-ratungen sind ffentlich. Die Verhandlungen leitet ein Prsident, dem zwei Vizeprsidenten und ein Schriftfhrer zur Seite stehen.
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dann dem Bundeskanzler Bismarck zur Bekanntmachung seine An-sprche an das deutsche Volk". Darauf trat der Groherzog von Baden vor und rief mit lauter Stimme: Seine Majestt der Kaiser Wilhelm lebe hoch!" Voll freudiger Begeisterung stimmte die Ver-sammlnng dreimal ein, während die Musik einsetzte: Heil Dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands! Heil Kaiser Dir!" So war aus dem Kriege heraus das Preuisch-deutsche Kaisertum geboren worden. (Gedicht: Ein Volk, ein Herz, ein Vaterland", von Trger).
Im Herbste 1883 wurde auf dem Niederwald zum Andenken an den glorreichen Krieg von 1870/71 und an die Aufrichtung des neuen Deutschen Reiches das Nationaldenkmal in Gegenwart Kaiser Wilhelms feierlich
m) Die Reichsverfassung, welche im April 1871 vom ersten Deutschen Reichstage angenommen wurde, beruht auf der Verfassung des Norddeutschen Bundes.
Das neue Deutsche Reich umfat sechsundzwanzig selb-stndige Staaten, die unter sich einen unauflslichen Bundesstaat (nicht Staatenbund) bilden, an dessen Spitze der Kaiser steht. Dieser ist der oberste Kriegsherr. Er kann im Namen des Reiches mit fremden Staaten Bndnisse schlieen; er verkndet die Reichsgesetze und wacht der deu Vollzug derselben. An der Gesetzgebung des Deutscheu Reiches nehmen teil der Bundesrat und der Reichstag, die vom Kaiser ein-berufen und geschlossen werden. Der Reichsgesetzgebung unterstehen: Heer und Marine, brgerliches Recht, Strafrecht, Handelsrecht, gerichtliches Verfahren, Post- und Telegraphenwesen, Handel und Zollwesen, sowie Mae, Mnzen und Gewichte. Der Bundesrat besteht aus bevoll-mchtigteu Ministern der Bundesstaaten; ohne seine Zustimmung kann kein Reichsgesetz erlassen werden. Er umfat 58 Stimmen, von denen 17 auf Preußen kommen. An der Spitze des Bundesrates steht der hchste Beamte des Reiches, der Reichskanzler, der wie alle Reichsbeamten vom Kaiser ernannt wird. Der Reichskanzler gegenzeichnet die kaiserlichen Erlasse und ubernimmt dadurch fr sie die Verantwortlichkeit. Ihm unterstehen smtliche von Staatssekretren geleiteten Reichsbehrden: Auswrtiges Amt, Reichsamt des Innern, Reichsschatzamt, -justizamt, -Postamt, -marineamt, -eisenbahnamt und auch die Reichsbank. Die Einnahmen und Ausgaben des Reiches mssen fr jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichshaushaltsplan gebracht werden. Die Einnahmen flieen aus den Zllen, Verbrauchssteuern und den berschssen ans dem Post- und Telegraphenwesen zusammen. Reichen diese Einnahmen fr dte Ausgaben nicht aus, so werden die erforderlichen Mittel durch Bei-trge der Bundesstaaten oder durch Anleihen aufgebracht. Der Reichs-tag fhrt seine Verhandlungen ffentlich. Die 397 Mitglieder des Reichstages werden vom Volke alle fnf Jahre durch direkte Wahlen m geheimer Abstimmung gewhlt. Die Ausbung des
Froning und Grothe, Geschichte. Ausg. v. q
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Extrahierte Personennamen: Bismarck Wilhelm Wilhelms Wilhelms Grothe