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1. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 3

1912 - München : Kellerer
— 3 — Bedingungen erfüllt, unter denen sie sich wohl fühlen, ihnen tunlichst alles bietet, was sie in Freiheit, in der Heimat haben. Im Winter beherbergen eigene Warmhäuser die Abkömmlinge der heißen Länder, die mächtigen Löwen, die wilden Tiger, die empfindlichen Affenarten, kurz alle, die vor rauhen Winden, strenger Kälte, Regen und Schnee geschützt werden müssen. Aber nicht nur die Örtlichkeit wurde nach Kräften den Heimatverhält- nissen angepaßt, auch die Nahruug richtet sich nach dem, was sie in der Heimat brauchen und finden. Nicht umsonst ist das Füttern der Tiere verboten. Man wollte nicht nur dem Überfuttern vor- beugen, sondern auch verhüten, daß den Pfleglingen Dinge, — eßbar und nicht eßbar — vorgeworfen werden, die ihrer natür- lichen Kost zuwiderlaufen, sie krank machen oder mit denen sie sich verletzen. „Nicht necken" ist die zweite Weisung, damit die Tiere nicht mißtrauisch und boshaft werden, sondern sich vor den Gästen arglos und natürlich in ihrem Treiben und Bewegen zeigen. Seil Jahren sind ja hervorragende Männer der Wissen- schaft, kühne Reisende und Naturforscher bemüht, Wege und sichere Mittel zu finden, uns die Tiere ferner und fernster Länder so viel als möglich so vorzuführen wie sie sich in der Heimat bewegen und benehmen, sich ernähren, ihre Jungen groß ziehen. Alle erdenklichen Maßregeln werden angewendet, die Fremdlinge möglichst lange gesund und lebend, möglichst schön und kräftig zu erhalten. Alle Unternehmungen dieser Art haben mit sehr vielen und großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Schon die weite Reise über Meer und Länder fordert ihre Opfer. Die gefangenen Tiere sind gegen schädliche Einflüsse weniger widerstandsfähig, werden leichter krank und sterben in vielen Fällen früher als ihre Brüder, die sich in dichten Wäldern, auf weiter See, in fandiger Wüste, in schier endlosen Wiesen frei bewegen wie bei uns Fuchs, Hase und Reh. Die das Licht der Welt in einem Käsig des Tiergartens erblickren, kennen ja kein anderes Leben. Bei denen aber, die jung eingefangen zu uns gebracht werden, dauert es oft lange, ehe sie sich beruhigen und Speise und Trank annehmen. Manche gehen bald zugrunde, da sie sich an die Haft und veränderte Lebensweise nicht gewöhnen können. „Sie sind am Heimweh gestorben" erzählen dann wohl die Städter, denn nicht nur die Menschen, auch die Tiere haben eine Heimat, in der sie sich wohl fühlen und nach der sie sich sehnen. 1*

2. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 36

1912 - München : Kellerer
— 36 - Der Hauptgegenstand des Handels war auf dieser Straße das Salz, das von Salzburg ins Schwäbische gebracht wurde. Für diese Salzwagen mußte bei Föhriug eiu hoher Zoll bezahlt werden, der dem Bischof von Freising und seinem Lande zugute kam. Diese Brücke war Herzog Heinrich schon lange ein Dorn im Auge. Er hätte den reichen Zollertrag gut für sich und sein Herzogtum brauchen können. Nun begann er mit dem Bischof zu unterhandeln. Dieser aber wollte nicht nachgeben und die beiden gerieten in erbitterten Streit. Wenn die Fürsten stritten, gab es damals meist Krieg. So war es auch diesmal. Herzog Heinrich zog mit seinen Landsknechten, den damaligen Soldaten, nach Föhring, ließ die Brücke niederbrennen und eine andere bei dem Dörflein Munichen aufrichten, die Straße dorthin leiten und das Zollhaus bauen. Dieses geschah im Jahre 1158. Durch den lebhaften Verkehr auf dieser Straße zogeu bald mehr Bürger nach München und Heinrich versah die Ortschaft, um sie auch gegen äußere Überfälle zu schützen, mit Mauern, Wall und Graben und schlug seinen Wohnsitz in München auf. Nun war München eine Stadt geworden und wir nennen Heinrich den Löwen den Gründer der Stadt München. 18. Sagenhaftes von Herzog Heinrich demlöwen. Herzog Heinrich war, wie sein Beiname sagt, ein gar tapserer, starker Herr. Zu den vielen Fehden und Kriegszügen, die er unternahm, gehörte auch eine Fahrt zur Befreiung des hl. Landes aus den Händen der Türken, ein Kreuzzug. Unter- Wegs erwählte sich jeder der Krieger, die Kreuzfahrer hießen, einen besonderen Schutzheiligen. In einem Kloster, in dem sie einkehrten, sah Heinrich der Löwe einen Altar, dem hl. Onuphrius geweiht, und hörte so viel von den Tugenden und der mächtigen Hilfe dieses Heiligen, daß er ihn zum Schutzheiligen erwählte. Er erhielt vou den Mönchen als Gegengabe für reiche Ge- schenke die Hirnschale und das Bild des Heiligen. Beides brachte er nach München. Auf demselben Kreuzzug kam der Herzog in einen einsamen, abgelegenen Wald. Da sah er ein greuliches Untier, das mit seinen gewaltigen Tatzen einen Löwen so sest gepackt hielt, daß dieser vollständig wehrlos war. Der unerschrockene Herzog griff schnell nach dem Schwert, trennte mit einem Hieb den Schwanz des Untiers vom Rumpf und rettete so den Löwen. Dieser begleitete nun aus Dankbarkeit von Stund an den Herzog auf

3. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 39

1912 - München : Kellerer
Lustbarkeiten. Hier wurden auch Turniere abgehalten. Es waren dies Waffeuspiele der Ritter. Die Ritter saßen zu diesem Zwecke meistens zu Pferd und einer suchte den andern ans dem Sattel zu werfen. Hiezu wurden lange Lanzen, Speere oder Schwerter gebraucht. Der Sieger bekam die Rüstuug, das Pferd und häufig auch ein Lösegeld von dem Besiegten Die Damen, festlich gekleidet, schauten von den Erkern und Söllern dem Kampfe zu. Der Sieger erhielt einen Preis. Bei diesen Turnieren fanden nicht selten Unglücksfälle statt. Als ein französischer König bei einem solchen Turniere vor mehr als 300 Jahren das Leben verlor, ging das Ansehen derselben nach und nach verloren und sie hörten dann bald ganz auf. Vom Marktplatz aus zogen sich schmale, unregelmäßige, schlecht gepflasterte Wege zwischen den Häuserreihen hin, die Gassen. Kein Wunder, daß diese Gassen krumm und regellos aussahen, durfte doch jeder bauen, wie und wohin er wollte. Die Häuser waren aus Holz oder Lehm, mit hölzernen Lauben versehen und mit Stroh gedeckt. Die Dachtraufen reichten bis in die Mitte der Straße und das Regenwasser sammelte sich in den Rinnen des schlechten Ziegelsteinpflasters. Überhaupt ließ die Reinlichkeit durch die Städel, Stallungen und Dünger- Haufen, die auch in den Gassen Platz fanden, viel zu wünschen übrig. Der Verkehr wurde gehindert durch die vielen .Hand- werksverrichtnngen, die außerhalb der Werkstatt geschahen. In diese ländlichen Zustände paßte die magistratische Rennsau, die frei umherlief, sich ihre Nahrung suchte und den ohnehin ver- wahrlosten Boden aufwühlte. Vier Tore, nach denen auch die Hauptgassen benannt wurden, sperrten das Städtlein ab. Im Osten, da, wo der heutige Rathausturm steht, war das Isar- oder Talbrucktor, hinter dem nichts zu sehen war als Wiesen und Auen, Felder und Wälder. Im Norden, an Stelle der heutigeu Polizei, stand der Wilbrechts- oder Nudelturm; in der mit der Weinstraße gleichlaufenden Dienersstraße der Muggentalertnrm. Im Westen, wo jetzt der Gasthof Dom- freiheit ist, war das Kaufringertor, hinter dem sich Haberfelder ausbreiteten. Im Süden befand sich das Püttrich- oder Ruffiuitor. In dieser Gegend war eine große, tiefliegende, von Bächlein durchflössen Wiese zu sehen, der Anger. Rings um Muuicheu zog sich an den Stadtmauern hin ein Graben, in dem ein Bächlein floß. Die Tore der Stadt wurden nach dem Gebet- läuten nur mehr gegen Erlag des sogenannten Sperrgroschens geöffnet. Für Fremde war auch bei Tag der Eintritt in die

4. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 69

1912 - München : Kellerer
— 69 — ist die Gruftstraße, früher Judengasse genannt, weil sie die einzige war, die die Israeliten in alter Zeit bewohnen durften. Dort hatten , sie auch ihre unterirdische Synagoge. Später wurde daraus ein unterirdisches Marienkirchlein gemacht, in dem alljährlich eine Messe gehalten wurde, damit der hochge- legeue Walchensee nicht durchbreche und das ganze Isartal samt der Stadt München in seinen Fluten begrabe. Wo vom Polizeigebäude herüber das Schrammergäßchen zieht, bezeichnet eine Tafel die Stelle des früheren Spiegelbrunnens. Die Sage erzählt, daß in diesem Brunnen ein garstiges Ungetier, ein Basilisk, gehaust habe, dessen Anblick jeden getötet habe. Da kamen kluge Leute auf den Gedanken einen Spiegel gegen den Brunnen zu stellen, so daß der Basilisk sein eigenes Bild sehen mußte und aus diese Weise zugrunde ging. Der Volksmund bezeichnete das Untier in diesem Brunnen — nach andern den Lindwurm, der ,am Lindwurmeck des Marienplatzes hauste — als die Ursache des schwarzen Todes oder der gräßlichen Pest, die im 17. Jahrhundert in München wütete. An das Ende dieser Schreckenszeit erinnert eine Festlichkeit, die sich bis auf unsere Tage erhalten hat. Dieser alte Brauch ist der Schäsfler- tanz, das erste Lebenszeichen der mutlosen, schwergeprüften Stadt, denn eine schwere, bange Zeit war es, als im Jahre 1628 der schwarze Tod in nnsern Mauern herrschte. Viermal war die verheerende Pestseuche in der Stadt München: 1348, wo sie nach einem Erdbeben auftrat, 1463, wo sie V3 der Einwohner dahinraffte, von 1515—1517 und im Jahre 1628. Wohl hatte man schon beim ersten Auftreten dieser Seuche alle denkbaren Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Kein Fremder durfte durch die Tore der Stadt gehen, ohne ausführlichen Bericht über „woher" und „wohin" gegeben und einen Eid geleistet zu haben, daß er von keinem der Pest verdächtigen Ort komme. Eigene Gasthäuser wareu vor den Toren der Stadt für die Fremden errichtet. Alle Briefe wurden geöffnet und ausgeräuchert, alles Geld in Essig gewaschen. Trotzdem alles geschah, um Einhalt zu tun, erreichte die Krankheit doch eine entsetzliche Höhe. Die vor der Stadt gebauten Lazarette wareu überfüllt. Beständig waren eigene Männer mit der Fort- schaffung Kranker beschäftigt. Diese Wärter mußten an eigenen Standorten die Kleidung wechseln, um den Krankheitsstoff nicht weiter zu tragen. Die Häuser der Stadt waren, wenn sie ein Krankes beherbergten, für den öffentlichen Verkehr gesperrt und besondere Angestellte versorgten die Einwohner mit den Lebensbedürfnissen. Täglich starben 100 und mehr Menschen.

5. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 134

1912 - München : Kellerer
die Lücke, die durch das Fehlen der Eckzähne zwischen Schneide- und Backenzähnen entsteht. So sachte und vorsichtig lenkt Hans auch seine Grete, er weiß, ein heftiges Zerren und Reißen der- ursacht den empfindlichen Lippen Schmerzen. Grete kann mit ihrer Herrschaft wohl zufrieden seiu. Herr, Gesind und Kind wissen, was man dem arbeitswilligen Haustier- schuldig ist. „Wir fahren noch ein Stückchen weiter/" hörte Hans oft den Knecht Michel sagen, „Grete soll im Schatten stehen." Als Vater gar einen Strohhut für Grete kaufte, war's ein all- gemeines Freuen: „Das wird dem Tier im heißen Sommer gut tun." Kommt Grete nach langer Fahrt ermüdet heim, den weißen Schaum am Maul und Schweiß am ganzen Körper, wird sie sofort trocken abgerieben, mit Decken geschützt und lang- sam noch eine Zeitlang im Hofe zum Verschnaufen und Abkühlen herumgeführt, ehe sie ihren Platz im Stall und Wasser und Futter aufsuchen darf. Auch heute erhielt Hans eine Lehre zum Wohl seines Brünnls. Es hatte geregnet und besonders das Asphaltpflaster war naß und glatt. „Langsam, ganz langsam," mahnte der Vater, „ja nicht treiben mit Zügel und Peitsche! Bei solchem Wetter mußt du dem Tiere Zeit lassen, sonst kann es den Fuß nicht richtig setzen, rutscht aus und fällt!" „Willst du das wohl sein lassen," rief er plötzlich zornig dem bekannten Gärtnerkutscher zu, „die Peitsche gehört überhaupt nur zum Anfeuern, nicht zum Schlagen, heute schon gar nicht. Ich sag's ja!" Da lag schon der fremde Gaul am Boden. Der dumpfe, schwere Fall hatte sofort einen Ring von Zuschauern hergelockr. Der Kutscher und noch ein paar Männer bemühten sich ver-- gebens das gestürzte Tier aufzurichten. Immer wieder glitt es ans, bis Hansens Vater befahl: „Versucht es doch mal und legt Decken unter!" Von einer Hilfsstelle des Tierschutzvereins wurden nun Decken geholt und dem Pferde untergeschoben, das endlich schwer atmend und zitternd wieder auf den Beinen stand. „Das hätte auch schlimm ausgehen können," bemerkte der Vater, „so daß das Tier dem Pferdemetzger überliefert werden müßte." Eine tüchtige Angst hatte Hans ausgestanden als er das erstemal dem Beschlagen seines Gaules zusah. Wie der Huf- schmied das Eisen mit den Nägeln festschlug, wie es zischte und rauchte! Das mußte doch weh tun und dennoch hielt Grete ganz ruhig. Lange wollte es ihm nicht einleuchten, daß die Pferde in ihrem Hornfchnh kein Empfinden haben, und er glaubte die Versicherung erst, als seine Mutter das Schneiden der Nägel als Beweis erwähnte. Da hatte Hans auch genug

6. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 138

1912 - München : Kellerer
— 138 - Weg gehen — während der Fahrt nicht auf- oder abspringen — nach vorne absteigen mit linker Hand am linken Griff, auch wenn der Wagen steht, da ein unvermuteter Ruck nicht un- möglich ist. Es ist Montag morgen. Beim Einsteigen begrüßen Fritzl schon ein paar Mitschüler: „Was hast du bei den Rechnungen herausgebracht? Laß sehen!" Die Buben machen sich hübsch breit, legen die Mappen neben sich, kramen die Hefte aus, da poltert es vor ihnen: „He, ihr meint wohl die Bank ist nur für euch da? Das ist nicht euer Schreibtisch zu Hause! Wollt ihr gleich ordentlich zusammenrücken und nicht mehr Platz ein- nehmen als euch gebührt!" Schleunig raffen die Gescholtenen ihre Habseligkeiten zusammen, manches Blatt fällt auf den Boden und trägt einen Schmutzflecken als Merkzeichen fürs künftige Verhalten. Nicht lange dauert es, so sind sie wieder in hitzigem Hin- und Herreden, Erklären, ja Streiten. Laut und lauter werdeu die Stimmen. „Leiser sprechen, ihr Rangen, ihr macht ja einen Heidenlärm, da versteht man ja sein eigenes Wort nicht mehr!" grollt einer der Nachbarn. Darauf werden die Erörterungen sanfter im Flüsterton aber nicht weniger eifrig fortgeführt, fo eifrig, daß sie den Zielausruf des Schaffners überhören. Der rüttelt den einen unsanft auf: „Habt ihr keine Ohren? Gut, daß ich euch schon kenne, ihr wäret sonst fest sitzen geblieben und wer weiß wie weit gefahren!" Kaum steht die kleine Schar auf dem Weg, da bringt einer eine Frage nach einem lateinischen Wort. Wieder gehen die Meinungen aus- einander. Karl zieht eifrig sein Buch, um die Richtigkeit seiner Behauptungen zu beweisen. Um bequemer zeigeu zu können, klemmt er Mappe und Schirm unter den Arm. „Schirm senk- recht tragen" ruft ihm ein Schutzmann zu, „willst du die Er- wachsenen stoßen oder den Kindern die Augen ausstechen?" Rechts ausweichen? Habt ihr das in der Schule nicht gelernt? Ihr seid ja wie Bauern, die zum erstenmal aus dem hintersten Dorf kommen!" Ein ereignisvoller Tag, die ersten Zeugnisse waren aus- geteilt worden, belehrte unsere Kameraden über andere Ver- kehrspslichten. Sie waren so fünf eng aneinandergedrängt von der Schule weggegangen und besichtigten ihre Noten. „Na, das ist wohl eine lebendige Wegsperre", tönte es in ihre Ohren; „ich soll wohl in den Rinnstein treten, weil ihr die ganze Breite des Weges für euch iu Anspruch nehmt!" Nuu teilten sie sich freilich sofort, aber in zwei Gruppen ließ sichs nicht so

7. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 194

1912 - München : Kellerer
- 194 — Schlucht möchte ich wohl auch hinein, aber ich bin zu klein, ich könnte mich zu lauter Tropfen zerfallen." „Versuchen wir's zusammen," rief ein anderer Bach von der Seite her, „zusammen sind wir groß genug." Ansehnlich vergrößert eilte er als Fluß weiter bergab durch.deu prächtigen Hochwald. Dort rieselte im Moos versteckt manch kühler Quell, rauschte mancher Bach, die wollten's auch mit wagen. Endlich eine Felswand! Jetzt gilt's! Eins, zwei — hinunter! „Hei, ist das ein Wasserfall! So hoch, so steil! Wie er stäubt! Wie sich die Sonne in tausend Farben bricht!" so sprachen bewundernd die Menschen und stolz und selbstzufrieden toste der Bewunderte weiter, bis er im Tal sich ruhiger fortbewegte durch die freundlichen Dörfer, die lachenden Fluren und Obst- gärten. Kein durstiges Tier, kein schmachtendes Pslänzlein wurde abgewiesen. „Gib mir auch von deinem Reichtum, da- mit ich die Menschen versorgen kann!" rief der Brunnen. Da kam ein Bach. „Nimm mich mit und führe mich, ich bin müde, ich habe die große Mühle getrieben, damit die Menschen Mehl bekommen." Immer belebter wurde die Wanderfahrt. Da kam eine Quelle, entsprungen in der Wiese; dort kam ein Bächlein, das aus einem großen See heransgeslossen war oder ihn durch- flössen hatte. Immer stattlicher wurde der Fluß, immer weiter das Bett, immer ausgedehnter die Ebene. „Das ist eine Herr- liche Straße für unsere Schiffe," sagten die Menschen, „da fährt sich's noch viel schöner als auf der Eisenbahn." Flinke Ruderer arbeiteten, in die Segel blies der Wind und so bewegte sich das Schiff vorwärts. Der Bauer belud das Floß mit Holz und Waren und sandte es in die große Stadt. Da — es war Frühjahr gerade — reichlicher Regen hatte die Bäche und Flüsse vergrößert und der plötzlich geschmolzene Schnee eine Riesenmenge Wasser zugeführt —, wurde der Fluß über- mütig und sagte: „Was glauben denn die Menschen? Sie benützen uns nach ihrem Gutdünken und wir müssen ihneu dienen. Ich will ihnen doch einmal zeigen, wie mächtig ich bin." Und nun brauste er einher, sein freundliches Grün war in ein schmutziges Gelbgrau verwandelt. Steinblöcke führte er mit und unterwühlte die Ufer und schließlich verließ er sein Bett und breitete sich aus über Wiesen und Äcker, Gärten und Dörfer. War das ein Schrecken! Da stürzte manches Haus zusammen unter der Wucht des anprallenden Wassers, prächtige Bäume, Hausgeräte, Menschen- und Tierleichen wurden fort- gerissen. Endlich, endlich verminderte sich das Wasser und

8. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 24

1912 - München : Kellerer
— 24 — Waffen Gebrauch zu machen. Zur Zeit allerdings ist es weniger geneigt, Freundschaft zu halten. Die Liebe zu seinen Jungen hat es mißtrauisch gemacht und wehe, wenn sich ihnen ein Fremdes in unfreundlicher Absicht oder nur in unvorsichtig rascher Weise näherte. Der Frevler dürfte heilfroh sein, entkäme er der zorn- entbrannten Mutter nur mit zerkratzter Haut ohne wesentlichere Verletzungen. Der Vater, ein prächtiger Kater von tiefschwarzer Farbe, größer und kräftiger als seine Frau, ist bereits auf Raub ausgegangen, Sorge und Wacht in der Kinderstube der Mutter überlassend. „Wäre es nicht Zeit, Taufe zu halten?" meinte das kleinste Haustöchterlein. Mit einem leckeren Schmaus, einem Schüssel- chen Milch, darin etliche Kuchenbrocken eingeweicht, näherte es sich behutsam, von der Alten zurückhaltend aber nicht unfreund- lich empfangen. Entzückt sah das Mädchen die kleinen, drolligen Dingerchen und der lächelnde, rote Kindermund sprach sein Schulverschen: , Kätzchen, nun müßt ihr auch Namen haben, jedes nach seiner Kunst und Gaben, Sammetfell heiß ich dich, jenes dort Leiseschlich, dieses da Fangemaus, aber dich Töpfchenaus. Sammetfell war wohl das schönste von allen jungen Kätz- chen. Tiefschwarz das Fell wie beim Vater, aber die Stirn zierte ein weißer Fleck und die Pfoten schienen in weißen Schuhen zu stecken. Jedes Härchen vom Kopf bis zum Fuß war tadellos zurecht geleckt. Und „wie die Alten fungen, so zwit- schern die Jungen" muß hier heißen: Wie Miezchen jedem Schmutz, jeder Nässe aus dem Wege geht, wird auch Sammet- fells Röckchen immer wie geleckt aussehen und hinter üblen Gerüchen vermutet es wohl auch allerlei Unsauberes und weicht ihnen aus. „Stubenrein" müssen es freilich feine Besitzer ziehen. Aber im Freien hält es nach Mntters Beispiel selbst Ordnung und verscharrt seinen Kot sorgfältig in selbstgegrabenen Ver- tiefungen. Auch die Geschwisterchen sind hübsch genug, um sich neben ihren bräunlichen, weißen und scheckigen Brüdern und Schwestern sehen lassen zu können. Eben kommt Leiseschlich dem Mädchen näher. Den an der Spitze dünneren Schwanz, der später lang und kräftig beim Springen und Fallen als Steuer dient, zieht es noch

9. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 135

1912 - München : Kellerer
— 135 — von der eigentümlichen Hufbildung gesehen um genau zu der- stehen, als der Herr Lehrer erklärte, daß das Pferd nur mit der Spitze einer Zehe, der dritten, auftritt. Das letzte Glied ist so ausgebildet, daß es von einem Hornschnh umschlossen, eine große Unterstützungsfläche gibt. Doch berührt den Boden nur der Rand, dessen Härte ihn vor Abnützung schützt und eine weiche Hornfalte, die sich von hinten nach vorn durch die ausgehöhlte Sohle zieht. Diese Falte dient als weiches Polster, das die Er- schütteruug beim Auftreten und Aufprallen auf harte Boden- flächen mildert. Die 2. und 4. Zehe find verkümmert, die 1. und 5. ganz verschwunden. Grete ist ein sanftes, gehör- sames Tier, das willig jedem Wink und Druck gehorcht und sich nicht leicht ans der Fassung bringen läßt. Aber das erste Automobil war doch von unheilvoller Wirkung. Das sausende, tutende Ding, dem eine Staubwolke folgte, erschreckte unser Bräuul so, daß es sich plötzlich aus die Hinterbeine erhob und dann vorwärts flog, mit langgestrecktem Körper, nach vorn gestrecktem Kopf und Hals und rückwärts gelegten Ohren. Wie ein Keil durchschnitt das rasende Tier die Luft: Die langen, leichten aber doch kräftigen Beine nach vorne und rückwärts ausgestreckt, schnellte das Tier in die Höhe und vorwärts. „Schade," meinte Michel, als er den Gaul wieder beruhigt hatte, „das hätte ein Wettrennen beim Oktoberfest sein sollen. Wir hätten den 1. Preis bekommen?" Grete ist eine Ausländerin. Sie soll von englischen Vor- fahren abstammen, während die schweren Gäule, die Vater den Möbelwagen vorspannt, meist dänische oder belgische Rasse sind. Manchmal bekommt Grete einen Zugkameraden, wenn ein Zwei- spänner verlangt wird. Hansens höchster Wunsch war lange Zeit, einmal einen Viererzug oder gar ein königliches Sechser- gespann leiten zu dürfen. Nun hat er ein anderes Ziel vor Augen. „Wer will unter die Soldaten" ist zur Zeit sein Lieb- lingslied. Wenn er an die Stelle kommt vom Gaul, der galoppieren soll, unterbricht er sich oft und versichert, daß der es so gut haben solle als nur möglich. Grete will er nicht mit- nehmen, dazu hat er sie zu lieb. Es könnte ihr im Manöver oder gar im Krieg ein Unglück geschehen. „Das wäre zu traurig, wenn ich meine Grete erschießen lassen müßte, und müßte ihr Fleisch dem Pferdemetzger geben. Und ihr Fell, das ich so gern streichle, müßte enthaart und zu Leder gegerbt werden. Dann säßen fremde Leute auf den Möbeln, die 'mit seinem Roßhaar gepo'l- stert wären. Frauen und Männer, die meine Grete nicht kannten,
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