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1. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 30

1912 - München : Kellerer
— 30 — körper so zusammen, daß sie durch Öffnungen kriechen kann, die viel zu eng für ihren Körper zu sein scheinen. Auch auf das Dach ist Leiseschlich gekommen, weil ein fehlender Ziegel ihr einen Weg freigab. Ob sie wohl den Schauplatz künftiger Nacht- Wanderungen nebst ohrenzerreißender Katzenmusik besichtigt hat? Das letzte der Kätzchen war aus der Art geschlagen. „Töpfchenaus sucht in der Küche sein Brot, macht der Köchin viele Not." Wie nur der Faulpelz so fchuell die Aufbewahrungsorte für Braten und Milch entdeckt hat! Die Köchin kann nicht ängstlich genug alle Kästen und Türen verschlossen halten. Ehe sie es sich versieht, ist der Dieb im Raum. Will sie ihn fangen, ist er mit ein paar Sprüngen aus dem Fenster. Das find Sprünge, die sich sehen lassen können. 2—3 m weit und hoch tragen sie das Tier. Länge, Kraft, Stellung und Bau der Beine befähigen die Katze ebenso dazu wie der merkwürdig biegsame, zurückschnellende Körper, elastisch wie Fischbein. Heute kam Phylax als Störenfried zu solch verbotenem Mahl. Wie da Töpfchenmaus seine Vorderzähne zeigte, knurrte und fauchte? Und den Katzenbuckel! Welch biegsame, gelenkige Wirbelsäule gehört dazu, solch eine Krümmung zustande zu bringen! Nicht nur die Köchin, auch der Nachbar ist Töpscheuaus feiud. Seine Fanggelüste richten sich hauptsächlich auf die Vögel seines Gartens, dessen Nester es mit Leichtigkeit erklettert. Neu- lich brach ein dürres Ästlein, dem es sich irrtümlich anvertraut hatte, aber Katzen fallen ja immer auf die Beine. Das erreichen sie durch geschickte Biegung des Körpers und durch Steuern mit dem Schwanz. Da statt der Schlüsselbeine nur nachgiebige Sehnen und Bänder die Verbindung mit dem Rumpf herstellen, gibts auch keinen Beinbruch. Ob Töpfchenaus immer so glimpflich jeder Gefahr entkommt? Ob nicht einmal Falle, Flinte oder Katzenfänger seinen Freveltaten ein Ende machen? Dann wird es, das sich an unrechtem Gut fett gemästet hat, vielleicht von armen Leuten geschlachtet und gegessen und sein Fell um- kleidet wohl eine Mütze oder einen Muff oder umhüllt ein krankes Glied als Heilmittel gegen Geschwulst und Reißen. Seine braven Geschwister aber erhalten wohl das Gnadenbrot und sterben einen sanften Tod an Altersschwäche. „Bleiben denn die Kätzchen bei uns so lange sie leben?" fragen die Kinder. „So lange wir in nnserm Hause wohnen sicher. Wenn Vater freilich verkaufen und in die Stadt ziehen wollte, verließen sie uns treulos, denn sie hängen mehr am Haus als an den Menschen

2. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 36

1912 - München : Kellerer
— 36 - Der Hauptgegenstand des Handels war auf dieser Straße das Salz, das von Salzburg ins Schwäbische gebracht wurde. Für diese Salzwagen mußte bei Föhriug eiu hoher Zoll bezahlt werden, der dem Bischof von Freising und seinem Lande zugute kam. Diese Brücke war Herzog Heinrich schon lange ein Dorn im Auge. Er hätte den reichen Zollertrag gut für sich und sein Herzogtum brauchen können. Nun begann er mit dem Bischof zu unterhandeln. Dieser aber wollte nicht nachgeben und die beiden gerieten in erbitterten Streit. Wenn die Fürsten stritten, gab es damals meist Krieg. So war es auch diesmal. Herzog Heinrich zog mit seinen Landsknechten, den damaligen Soldaten, nach Föhring, ließ die Brücke niederbrennen und eine andere bei dem Dörflein Munichen aufrichten, die Straße dorthin leiten und das Zollhaus bauen. Dieses geschah im Jahre 1158. Durch den lebhaften Verkehr auf dieser Straße zogeu bald mehr Bürger nach München und Heinrich versah die Ortschaft, um sie auch gegen äußere Überfälle zu schützen, mit Mauern, Wall und Graben und schlug seinen Wohnsitz in München auf. Nun war München eine Stadt geworden und wir nennen Heinrich den Löwen den Gründer der Stadt München. 18. Sagenhaftes von Herzog Heinrich demlöwen. Herzog Heinrich war, wie sein Beiname sagt, ein gar tapserer, starker Herr. Zu den vielen Fehden und Kriegszügen, die er unternahm, gehörte auch eine Fahrt zur Befreiung des hl. Landes aus den Händen der Türken, ein Kreuzzug. Unter- Wegs erwählte sich jeder der Krieger, die Kreuzfahrer hießen, einen besonderen Schutzheiligen. In einem Kloster, in dem sie einkehrten, sah Heinrich der Löwe einen Altar, dem hl. Onuphrius geweiht, und hörte so viel von den Tugenden und der mächtigen Hilfe dieses Heiligen, daß er ihn zum Schutzheiligen erwählte. Er erhielt vou den Mönchen als Gegengabe für reiche Ge- schenke die Hirnschale und das Bild des Heiligen. Beides brachte er nach München. Auf demselben Kreuzzug kam der Herzog in einen einsamen, abgelegenen Wald. Da sah er ein greuliches Untier, das mit seinen gewaltigen Tatzen einen Löwen so sest gepackt hielt, daß dieser vollständig wehrlos war. Der unerschrockene Herzog griff schnell nach dem Schwert, trennte mit einem Hieb den Schwanz des Untiers vom Rumpf und rettete so den Löwen. Dieser begleitete nun aus Dankbarkeit von Stund an den Herzog auf

3. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 39

1912 - München : Kellerer
Lustbarkeiten. Hier wurden auch Turniere abgehalten. Es waren dies Waffeuspiele der Ritter. Die Ritter saßen zu diesem Zwecke meistens zu Pferd und einer suchte den andern ans dem Sattel zu werfen. Hiezu wurden lange Lanzen, Speere oder Schwerter gebraucht. Der Sieger bekam die Rüstuug, das Pferd und häufig auch ein Lösegeld von dem Besiegten Die Damen, festlich gekleidet, schauten von den Erkern und Söllern dem Kampfe zu. Der Sieger erhielt einen Preis. Bei diesen Turnieren fanden nicht selten Unglücksfälle statt. Als ein französischer König bei einem solchen Turniere vor mehr als 300 Jahren das Leben verlor, ging das Ansehen derselben nach und nach verloren und sie hörten dann bald ganz auf. Vom Marktplatz aus zogen sich schmale, unregelmäßige, schlecht gepflasterte Wege zwischen den Häuserreihen hin, die Gassen. Kein Wunder, daß diese Gassen krumm und regellos aussahen, durfte doch jeder bauen, wie und wohin er wollte. Die Häuser waren aus Holz oder Lehm, mit hölzernen Lauben versehen und mit Stroh gedeckt. Die Dachtraufen reichten bis in die Mitte der Straße und das Regenwasser sammelte sich in den Rinnen des schlechten Ziegelsteinpflasters. Überhaupt ließ die Reinlichkeit durch die Städel, Stallungen und Dünger- Haufen, die auch in den Gassen Platz fanden, viel zu wünschen übrig. Der Verkehr wurde gehindert durch die vielen .Hand- werksverrichtnngen, die außerhalb der Werkstatt geschahen. In diese ländlichen Zustände paßte die magistratische Rennsau, die frei umherlief, sich ihre Nahrung suchte und den ohnehin ver- wahrlosten Boden aufwühlte. Vier Tore, nach denen auch die Hauptgassen benannt wurden, sperrten das Städtlein ab. Im Osten, da, wo der heutige Rathausturm steht, war das Isar- oder Talbrucktor, hinter dem nichts zu sehen war als Wiesen und Auen, Felder und Wälder. Im Norden, an Stelle der heutigeu Polizei, stand der Wilbrechts- oder Nudelturm; in der mit der Weinstraße gleichlaufenden Dienersstraße der Muggentalertnrm. Im Westen, wo jetzt der Gasthof Dom- freiheit ist, war das Kaufringertor, hinter dem sich Haberfelder ausbreiteten. Im Süden befand sich das Püttrich- oder Ruffiuitor. In dieser Gegend war eine große, tiefliegende, von Bächlein durchflössen Wiese zu sehen, der Anger. Rings um Muuicheu zog sich an den Stadtmauern hin ein Graben, in dem ein Bächlein floß. Die Tore der Stadt wurden nach dem Gebet- läuten nur mehr gegen Erlag des sogenannten Sperrgroschens geöffnet. Für Fremde war auch bei Tag der Eintritt in die

4. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 58

1912 - München : Kellerer
— 58 — der Lehrherr Fraunhofers wohnte, einstürzte und einige der Einwohner unter die Trümmer gerieten. Die Ehefrau des Glasers und der Lehrling Fraunhofer waren im Nu durch mehr als 1000 Zentner Schutt und Geblöcke verschüttet. Die gräßliche Kunde kam auch zu den Ohren des damaligen Knr- fürsten Max, der sogleich zur Stelle eilte, um Hilfe und Auf- munterung zu bringen. Durch seine Gegenwart angeeifert, verdoppelten die anwesenden Bürger ihre Bemühungen, aber lange Zeit war alles vergeblich eine Spur der letztgenannten Verschütteten zu finden. Endlich tönte eine schwache Stimme unter einem Stubenboden vor, der sich oben an das Gerüste des Hauses lehnte, unten tief in den Schutt bohrte und dessen so gebildeter Winkel mit Schutt ausgefüllt war. Ein Weg- räumen des Schuttes oben oder unten hätte unfehlbar den Erstickungstod des Darunterliegenden zur Folge gehabt. Da wagteu sich ein paar beherzte Männer in das halbzerstörte Hans, um unter Lebensgefahr den Raum zwischen Haus und Stubenboden frei zu machen. Endlich konnte Fraunhofer einen Finger, dann die Hand, dann den Arm durch die Öffnung herausstrecken. Man reichte ihm in Wasser und Essig getauchte Tücher, um sich Stirn und Schläfen anzufeuchten, und hatte nach vierstündiger, unsagbarer Mühe die Freude, den Knaben aus der tödlichen Lage befreit zu haben. Der Kurfürst, der an deu gefährlichsten Stellen ausgehalten hatte, betrachtete voll Rührung den Geretteten und erkundigte sich nach seinen Ver- Hältnissen. Als er erfuhr, daß der Knabe elternlos sei, sprach er: „Er ist nicht mehr Waise, ich sorge für ihn." Der edle Kurfürst ließ den Knaben verpflegen, bis er wieder gesund war und schenkte ihm eine Summe Geld. Fraunhofer, dessen sehn- lichster Wunsch es schon lange war, kein gewöhnlicher Glaser- lehrling zu bleiben, sondern mehr zu lernen, verwendete das Geschenk zum Ankauf verschiedener wissenschaftlicher Bücher, die er eifrigst studierte und nach deren Anleitung er sich im Schleifen optischer Gläser (Augenglas) übte und vervollkommnete. Zu- gleich beobachtete er sorgfältig und aufs beste, wie das Licht, z. B. ein Sonnenstrahl, durch Glas, Wasser oder sonst einen durchsichtigen Körper durchgeht, wie der Strahl nicht gerade bleibt sondern abzubrechen scheint, und wie er sich bricht, — die Gesetze der Lichtbrechung. So wurde Fraunhofer mit der Zeit ein sehr geschickter Optiker (Sehkünstler). Er verfertigte Augengläser, die besser waren als alle bisherigen, ausgezeichnete Vergrößerungsgläser, durch die der Gelehrte die kleinsten Tiere,

5. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 134

1912 - München : Kellerer
die Lücke, die durch das Fehlen der Eckzähne zwischen Schneide- und Backenzähnen entsteht. So sachte und vorsichtig lenkt Hans auch seine Grete, er weiß, ein heftiges Zerren und Reißen der- ursacht den empfindlichen Lippen Schmerzen. Grete kann mit ihrer Herrschaft wohl zufrieden seiu. Herr, Gesind und Kind wissen, was man dem arbeitswilligen Haustier- schuldig ist. „Wir fahren noch ein Stückchen weiter/" hörte Hans oft den Knecht Michel sagen, „Grete soll im Schatten stehen." Als Vater gar einen Strohhut für Grete kaufte, war's ein all- gemeines Freuen: „Das wird dem Tier im heißen Sommer gut tun." Kommt Grete nach langer Fahrt ermüdet heim, den weißen Schaum am Maul und Schweiß am ganzen Körper, wird sie sofort trocken abgerieben, mit Decken geschützt und lang- sam noch eine Zeitlang im Hofe zum Verschnaufen und Abkühlen herumgeführt, ehe sie ihren Platz im Stall und Wasser und Futter aufsuchen darf. Auch heute erhielt Hans eine Lehre zum Wohl seines Brünnls. Es hatte geregnet und besonders das Asphaltpflaster war naß und glatt. „Langsam, ganz langsam," mahnte der Vater, „ja nicht treiben mit Zügel und Peitsche! Bei solchem Wetter mußt du dem Tiere Zeit lassen, sonst kann es den Fuß nicht richtig setzen, rutscht aus und fällt!" „Willst du das wohl sein lassen," rief er plötzlich zornig dem bekannten Gärtnerkutscher zu, „die Peitsche gehört überhaupt nur zum Anfeuern, nicht zum Schlagen, heute schon gar nicht. Ich sag's ja!" Da lag schon der fremde Gaul am Boden. Der dumpfe, schwere Fall hatte sofort einen Ring von Zuschauern hergelockr. Der Kutscher und noch ein paar Männer bemühten sich ver-- gebens das gestürzte Tier aufzurichten. Immer wieder glitt es ans, bis Hansens Vater befahl: „Versucht es doch mal und legt Decken unter!" Von einer Hilfsstelle des Tierschutzvereins wurden nun Decken geholt und dem Pferde untergeschoben, das endlich schwer atmend und zitternd wieder auf den Beinen stand. „Das hätte auch schlimm ausgehen können," bemerkte der Vater, „so daß das Tier dem Pferdemetzger überliefert werden müßte." Eine tüchtige Angst hatte Hans ausgestanden als er das erstemal dem Beschlagen seines Gaules zusah. Wie der Huf- schmied das Eisen mit den Nägeln festschlug, wie es zischte und rauchte! Das mußte doch weh tun und dennoch hielt Grete ganz ruhig. Lange wollte es ihm nicht einleuchten, daß die Pferde in ihrem Hornfchnh kein Empfinden haben, und er glaubte die Versicherung erst, als seine Mutter das Schneiden der Nägel als Beweis erwähnte. Da hatte Hans auch genug

6. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 138

1912 - München : Kellerer
— 138 - Weg gehen — während der Fahrt nicht auf- oder abspringen — nach vorne absteigen mit linker Hand am linken Griff, auch wenn der Wagen steht, da ein unvermuteter Ruck nicht un- möglich ist. Es ist Montag morgen. Beim Einsteigen begrüßen Fritzl schon ein paar Mitschüler: „Was hast du bei den Rechnungen herausgebracht? Laß sehen!" Die Buben machen sich hübsch breit, legen die Mappen neben sich, kramen die Hefte aus, da poltert es vor ihnen: „He, ihr meint wohl die Bank ist nur für euch da? Das ist nicht euer Schreibtisch zu Hause! Wollt ihr gleich ordentlich zusammenrücken und nicht mehr Platz ein- nehmen als euch gebührt!" Schleunig raffen die Gescholtenen ihre Habseligkeiten zusammen, manches Blatt fällt auf den Boden und trägt einen Schmutzflecken als Merkzeichen fürs künftige Verhalten. Nicht lange dauert es, so sind sie wieder in hitzigem Hin- und Herreden, Erklären, ja Streiten. Laut und lauter werdeu die Stimmen. „Leiser sprechen, ihr Rangen, ihr macht ja einen Heidenlärm, da versteht man ja sein eigenes Wort nicht mehr!" grollt einer der Nachbarn. Darauf werden die Erörterungen sanfter im Flüsterton aber nicht weniger eifrig fortgeführt, fo eifrig, daß sie den Zielausruf des Schaffners überhören. Der rüttelt den einen unsanft auf: „Habt ihr keine Ohren? Gut, daß ich euch schon kenne, ihr wäret sonst fest sitzen geblieben und wer weiß wie weit gefahren!" Kaum steht die kleine Schar auf dem Weg, da bringt einer eine Frage nach einem lateinischen Wort. Wieder gehen die Meinungen aus- einander. Karl zieht eifrig sein Buch, um die Richtigkeit seiner Behauptungen zu beweisen. Um bequemer zeigeu zu können, klemmt er Mappe und Schirm unter den Arm. „Schirm senk- recht tragen" ruft ihm ein Schutzmann zu, „willst du die Er- wachsenen stoßen oder den Kindern die Augen ausstechen?" Rechts ausweichen? Habt ihr das in der Schule nicht gelernt? Ihr seid ja wie Bauern, die zum erstenmal aus dem hintersten Dorf kommen!" Ein ereignisvoller Tag, die ersten Zeugnisse waren aus- geteilt worden, belehrte unsere Kameraden über andere Ver- kehrspslichten. Sie waren so fünf eng aneinandergedrängt von der Schule weggegangen und besichtigten ihre Noten. „Na, das ist wohl eine lebendige Wegsperre", tönte es in ihre Ohren; „ich soll wohl in den Rinnstein treten, weil ihr die ganze Breite des Weges für euch iu Anspruch nehmt!" Nuu teilten sie sich freilich sofort, aber in zwei Gruppen ließ sichs nicht so

7. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 159

1912 - München : Kellerer
häutige Blättchen, die ihn vollständig einhüllen und später, wenn sie als Knospenschutz nicht mehr nötig sind, in Form einer Kappe abgeworfen werden. Die Zapfen geben ein rafches Feuer. Die zähen Wurzeln sind zu Flechtereien verwendbar. Aus den Nadeln erhält man durch entsprechende Behandlung die Wald- wolle. Das Harz gewinnt man durch Einschnitte oder Bohr- löcher in den Stamm. Geschmolzen liefert es das gelbe Pech, auch Geigenharz und Terpentinöl wird daraus gemacht. Da die Fichte der Pfahlwurzel entbehrt, hat der Sturm leichtes Spiel mit ihr und richtet in den Wäldern oft entsetzlichen Schaden an. Da die Wurzeln oberflächlich verlaufen, um- klammern sie gern Felsblöcke und Gesteine und finden daher selbst in einer dünnen Erdschicht den nötigen Halt. Die Äste sind freilich oft nicht kräftig genug, schwer zu tragen und sie brechen dann unter der Last des vielen Schnees. Große Hitze kann die Fichte nicht ertragen; sie wird dadurch im Wachstum gehindert. Auch die Tiere sind vielfach Feinde der Fichte. Hirsche und Rehe schälen die jungen Stämme ab. Der Borken- käser wühlt im Innern. Die Raupe des Nonnenschmetterlings frißt die Nadeln ab und macht infolgedessen, daß die Bäume absterben. Wohl hat der Förster die Bäume mit Schutzringen umgeben, doch die beste Hilfe gegen schädliche Insekten bleiben unsere Vögel, die schon deshalb den Schutz der Menschen ver- dienen. 63. Das Dorf. a) Kirche und Friedhof. „Morgen müßt ihr früh aufstehen und euch zum Gottes- dienste rüsten," hieß es abends. In taufrischer Frühstunde ging der Zug vom Haufe weg: die Frauen und Mädchen mit dem Sonntagssträußcheu im Mieder, die Männer und Buben mit der Blume am Hut, alle gemessenen Schrittes. Auf dem Hügel mitten im Dorf liegt das schlichte Gotteshaus. Es ist keine reiche, prächtige Kirche, wie Rudolf sie in der Stadt zu sehen gewohnt ist, aber der grüne Turm mit dem einfachen Kreuz zeigt ebenso bedeutungsvoll in die blaue Himmelsferne. Sind auch die Glocken kleiner und nicht so kunstvoll ineinander gestimmt, sie mahnen doch ebenso eindringlich zum Gebet und entbehren auch die Fenster der farbenbunten, künstlerischen Malerei, sie lassen doch Gottes hellen Sonnenschein in den

8. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 203

1912 - München : Kellerer
— 203 — höre aber hier kein Plätschern!" Die Knaben erklärten und zeigten ihm die Wasserleitung und Schwemmvorrichtung. Da unterbrach die Mutter das eifrige Gespräch. „Genug für heute! Geht zu Bett, morgen ist wieder ein Tag!" „Heute wollen wir einen Gang durch die Stadt machen!" schlug der Vater'am andern Morgen vor. „Die Straßen schaueu aus" meinte Matthies, „als hätte der Maurer mit dem Lineal einen Strich auf den Boden gezeichnet, so gerade steht Hans neben Haus. Bei uns sind die Häuschen in unregelmäßigen Linien gebaut und stehen mitten im Garten oder Hofraum. Auch sehen sich eure Stadthäuser und eure Straßen so ähnlich, daß in nicht begreife, wie man jemand erfragen kann!" „Dazu gibt es Hausnummern und Straßennamen. Siehst du die blauen Täfelchen? Und im Adreßbuch stehen Name, Stand und Wohnung aller Einwohner Münchens." „Warum sind die Münchner so unfreundlich? Oder gibt's gerade einen großen Zank oder Streit? Warum grüßen sich so wenig Leute?" „Weil sie sich nicht kennen. Oft wissen die Bewohner eines Hauses kaum den Namen ihrer Mitmieter. Ihr auf dem Dorfe lebt wie eine Familie, kennt euch von Kindestagen an und wißt der andern Freud und Leid." „Ich vermisse Stall und Scheuer," sprach Matthies weiter. „Scheuern brauchen wir nicht," war die Antwort, „wir haben ja kein Getreide, kein Heu und keinen Flachs aufzubewahren. Wir Stadtleute arbeiten nicht auf freiem Felde, wir sind im Hause, in der Schreibstube, im Geschäft, in der Werkstatt. Deshalb haben wir nicht das gebräunte Aussehen, das Luft und Sonne den Landleuten geben. Ställe gibt es in München schon, aber nur wenige und das sind meist Pferdeställe. Die Droschkenkutscher, die Möbel- beförderuugsgefchäfte, einzelne Kaufleute, die Soldaten und sehr reiche Leute brauchen Stallungen. Willst du jetzt eine Kirche sehen?" „Der große Dom ist prachtvoll," bewunderte Matthies, „dagegen muß unsere Dorfkirche verschwinden. Haben denn alle Leute in der Kirche Platz?" „Die Stadt hat nicht nur eine Kirche; du sollst jtoch mehrere besuchen." „In München muß es auch mehrere Schulhäuser geben, für die tausend und tausend Kinder reichte ein einziges nicht aus!" Nach einer Weile klagte Matthies: „Ich kann nimmer weiter, meine Sohlen brennen; das steinerne Pflaster ist so hart, ich bin es nicht gewohnt. Auf dem Dorfe gibt es keine gepflasterten Wege." „Du sollst ausruhen," tröstete der Vater, und „eine Anstalt sehen, die für müde, hungrige, frierende arme Leute eingerichtet ist und sollst

9. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 9

1912 - München : Kellerer
— 9 — stauben pflückst. Laß mich frei! Du glücklicher Knabe weißt nicht, wie das Heimweh quält! Schenke mir wieder mein wonniges Leben in der Heimat! Bitte, bitte, mein Kind!" 6. Das Vaterhaus, die engste Heimat. „So, so, daheim bei uns," sprach langsam und bedächtig der Vetter Jürgen seinem Brudersohne nach, „daheim bei euch? Was wißt denn ihr Stadtleute von einem Daheim? Gehört euch auch nur ein Fleckchen Boden so groß wie eure Schuhsohle zu eigen? Alles nur für kurze Zeit gemietet, schnell verändert und schnell vergessen. Das könnte mir nicht passen. Freilich, dein Vater hat schon als Bube so was Besonderbares gehabt, saß lieber hinter einem Buch vom Herrn Lehrer und vom Herrn Pfarrer, als daß er mit dem Pflug ging, wollte durchaus zur Studi. Vornehmer mag ja so ein Gstudierter sein, aber lieber ist mir's, wie ich es mir eingerichtet habe. So herumwandern von einer Stadt in die andere, wo man eben angestellt wird, in einem Haus mit einer Menge wildfremder Leute — nein, das wäre nichts für mich. Schau um dich, Bub! Da auf dem Fleck Erde bin ich der Herr. Was ich schaffe, was ich pflanze, was ich baue, für mich ist's, und so Gott will, soll's mein Ältester einmal übernehmen, wie ich's vom Vater und der vom Großvater bekam, wie sich's fortgeerbt hat von Ahnen und Urahnen her." Beinahe ängstlich schaute Rudolf den Vetter an, der seine Rede wohl etwas barsch herausgepoltert hatte." Na, laß gut sein," begütigte ihn der, „ist er auch anders wie wir, so sind wir doch von einem Stamm, in einem Hans geboren und aufgewachsen und unser altes Haus ist ihm immer uoch lieb, wie jedem braven Mann Vaterhans und Heimaterde feilt muß." „Das weiß ich," atmete Rudolf erleichtert auf, „Vater hat mir viel erzählt und gelt, Vetter, du zeigst mir alles, wo ihr als heilige drei Könige gegangen seid und wo ihr am Hirtenfeuer die Kartoffeln gebraten habt und wo du einmal von Holderbauers Apfelbaum....." „Ja freilich alles," unterbrach ihn der Vetter, „aber unsere dummen Streiche hätte dir dein Vater verschweigen können. Tut nichts, sollst alles sehen und bin ich nicht mit, da der Große, der Sepp, der weiß es ebensogut." Voll Stolz stand des Vetters Erst- geborener da, stolz auf den stattlichen Hof, stolz auf die Aus- ficht, einst da schalten zu dürfen, wo eine Reihe ehrenwerter Männer vor ihm gewaltet. Mit leuchtenden Augen nahm er

10. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 135

1912 - München : Kellerer
— 135 — von der eigentümlichen Hufbildung gesehen um genau zu der- stehen, als der Herr Lehrer erklärte, daß das Pferd nur mit der Spitze einer Zehe, der dritten, auftritt. Das letzte Glied ist so ausgebildet, daß es von einem Hornschnh umschlossen, eine große Unterstützungsfläche gibt. Doch berührt den Boden nur der Rand, dessen Härte ihn vor Abnützung schützt und eine weiche Hornfalte, die sich von hinten nach vorn durch die ausgehöhlte Sohle zieht. Diese Falte dient als weiches Polster, das die Er- schütteruug beim Auftreten und Aufprallen auf harte Boden- flächen mildert. Die 2. und 4. Zehe find verkümmert, die 1. und 5. ganz verschwunden. Grete ist ein sanftes, gehör- sames Tier, das willig jedem Wink und Druck gehorcht und sich nicht leicht ans der Fassung bringen läßt. Aber das erste Automobil war doch von unheilvoller Wirkung. Das sausende, tutende Ding, dem eine Staubwolke folgte, erschreckte unser Bräuul so, daß es sich plötzlich aus die Hinterbeine erhob und dann vorwärts flog, mit langgestrecktem Körper, nach vorn gestrecktem Kopf und Hals und rückwärts gelegten Ohren. Wie ein Keil durchschnitt das rasende Tier die Luft: Die langen, leichten aber doch kräftigen Beine nach vorne und rückwärts ausgestreckt, schnellte das Tier in die Höhe und vorwärts. „Schade," meinte Michel, als er den Gaul wieder beruhigt hatte, „das hätte ein Wettrennen beim Oktoberfest sein sollen. Wir hätten den 1. Preis bekommen?" Grete ist eine Ausländerin. Sie soll von englischen Vor- fahren abstammen, während die schweren Gäule, die Vater den Möbelwagen vorspannt, meist dänische oder belgische Rasse sind. Manchmal bekommt Grete einen Zugkameraden, wenn ein Zwei- spänner verlangt wird. Hansens höchster Wunsch war lange Zeit, einmal einen Viererzug oder gar ein königliches Sechser- gespann leiten zu dürfen. Nun hat er ein anderes Ziel vor Augen. „Wer will unter die Soldaten" ist zur Zeit sein Lieb- lingslied. Wenn er an die Stelle kommt vom Gaul, der galoppieren soll, unterbricht er sich oft und versichert, daß der es so gut haben solle als nur möglich. Grete will er nicht mit- nehmen, dazu hat er sie zu lieb. Es könnte ihr im Manöver oder gar im Krieg ein Unglück geschehen. „Das wäre zu traurig, wenn ich meine Grete erschießen lassen müßte, und müßte ihr Fleisch dem Pferdemetzger geben. Und ihr Fell, das ich so gern streichle, müßte enthaart und zu Leder gegerbt werden. Dann säßen fremde Leute auf den Möbeln, die 'mit seinem Roßhaar gepo'l- stert wären. Frauen und Männer, die meine Grete nicht kannten,
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