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1. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 21

1912 - München : Kellerer
— 21 — warten auf den warmen Regen und reiben und waschen mit Schwamm und Seife. Nachdem das Wasser, um abzuhärten und vor Erkältung zu schützen, nach und nach kühler geworden, eilen die Badenden, mit gewärmten Handtüchern versehen, zu ihren Kleidern, um nach besonders eingehender Beschäftigung mit Kamm und Spiegel in die Klasse znrückzukehreu. Jedes der Kleinen ist stolz auf seine Frische und Reinlichkeit: „Christ- kind wird mit uns zufrieden sein." Aber Christkindlein, ver- giß unsere Knaben nicht! Die wackeren Handwerksleute ver- dienen deinen Beifall! In der schulfreien Zeit rühren sie Hobel und Schnitzmesser und kleben und kleistern. Am heiligen Abend bewundern Vater und Mutter die sauber gearbeiteten Kästchen, die zierlichen Rahmen, die hübschen Wandtaschen und wie all die Beweise regen Fleißes in der Schüler werk st ätte heißen mögen. Christkindchen ist gar gut; es kennt die Wünsche seiner lieben Jugend. Da der Winter sich frühzeitig hübsch strenge anließ, mahnte es in Geschäften und Häusern: „Habt ihr nicht übrige Schlittschuhe? In der Schule werden sie dank- bar angenommen!" Die lebhafte Schar stürmt auf den Eis- platz neben dem Schulhause. Ei, wie hast du dich verändert du lieber Spielhof! Wo wir im Sommer unter schattigen Bäumeu beim „Schwarzen Mann" und beim „Dreischlag" ge- jubelt, den Reif und den Ball geworfen haben, breitet sich jetzt die harte Eisfläche aus, auf der sich's prächtig tummeln, schleifen und niederfallen läßt. Niemand vermißt des Sommers Wärme und Grün. Die roten Backen und blitzenden Augen zeugen von der gesunden Wirkung frischer Bewegung in klarer Winterluft. Nur ein paar Schulküchenmädchen stehen plaudernd bei dem Zaune still. Das Fleckchen Land ist ihr Schulgarten, sie werden ihn im Frühjahr mit Küchenpflanzen aller Art anbauen, werden jäten und gießen. Mahnt die einbrechende Dunkelheit die Kinder wohlhabender Eltern zur Heimkehr in die traute Behausung, so wartet der Armen ein warmer behaglicher Raum im Schulhause. Der „H o r t" ist die Zuflucht aller, deren Eltern durch Arbeit ums tägliche Brot den ganzen Tag von der Wohnung ferngehalten find. Er bewahrt die Knaben, Mädchen und Lehrlinge vor der Gefahr, auf der Straße und im Wirtshause Rohes und Schlimmes zu sehen, zu hören und zu tun. Er bietet genügenden Platz, die Schulaufgaben zu fertigen. Es gibt dort schöne Bücher zu lesen. Es werden unter- haltende Gesellschaftsspiele getrieben. Es werden alle Freuden und Leiden des jungen Lebens besprochen. Jetzt herrscht nur

2. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 23

1912 - München : Kellerer
— 23 — Geländer aufrichten, die Fußböden legen und die Fenster- rahmen herstellen. Der Schlosser besorgte die Schlösser, Riegel, Kegel und Angel an Fenstern und Türen. Der Töpfer setzte in jedes Zimmer einen Ofen und in die Küche den Herd. Der Glaser fügte in die Fensterrahmen die hellen, durchsichtigen Scheiben. Zuletzt kam noch der Tapezierer und beklebte die Wände mit buntfarbigen Tapeten und der Maler, der schon die Außenmauer mit Ölfarbe angestrichen hatte, malte farbige Ränder und bunte Blumen an die Decke. Nun muß das neue Haus noch austrocknen und dann können die Wohnungen be- zogen werden. Der Mensch teilt mit manchen Tieren seine Wohnung oder er baut ihnen eine eigene und wir nennen diese Tiere Haustiere. Dazu gehören das Pferd, das Rind, das Schwein, die Ziege, das Schaf, der Hund, die Katze, die Hühner, die Enten, die Gänse und die Tauben. Im Hause halten sich aber auch andere Tiere auf, die der Mensch nicht dulden will, weil sie schädlich oder lästig sind, die er aber oft nicht vertreiben kann, weil er ihnen nicht beikommen kann. Das sind zunächst die Mäuse und Ratten und das kleinere Getier von Fliegen, Asseln, Motten u. a. m. In den folgenden zwei Abschnitten soll zunächst von der Katze und der Maus die Rede sein. 14. Von der Katze. Heute ist großes Fest in der Katzenfamilie auf dem Speicher des Wohnhanses, der erste Sehtag der vor neun Tagen ge- bornen Kinder. Bis jetzt waren die vier Sprößlinge taub und blind und krochen nur unbeholfen in dem Korb, der ihr Geburts- Haus ist, herum und suchten miauend bei der Mutter die erste Nahrung- Diese, eine schöne, graugefleckte Katze, leckt und putzt voll Zärtlichkeit mit der rauhen Zunge an ihren Kleinen herum. Sie sollen, an die gleiche Reinlichkeit gewöhnt werden, die alles, was zum Katzengeschlecht gehört, auszeichnet und sie bei den Menschen zu beliebten Gliedern des häuslichen Kreises macht. Voll Stolz beobachtet die alte Katze die Gehversuche ihrer Jungen, ihre Verschönerungsversuche uuermüdet fortsetzend,.bis die feinen Härchen des weichen Pelzes tadellos glatt liegen. Miezchen ist eigentlich mit allen Hausgenossen gut Freund. Warum sollte es auch nicht? Es erhält regelmäßig sein volles Schüsselchen Milch, wird gestreichelt und gehätschelt und niemand ist, der es neckt und quält. Somit hat es auch keine Ursache von seinen

3. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 27

1912 - München : Kellerer
- 27 — Knabe ein und „gar an solch sonnigen Herbsttagen!" „Du frei- lich nicht," fuhr Vater fort, „du bist ein Kind dieses Landstriches. Aber euer Kätzlein stammt aus dem heißen Süden. Seine Vor- eltern wurden wohl von Reisenden in unsere Gegenden gebracht. Von dieser eigentlichen Heimat her ist ihm das große Wärme- bedürfnis geblieben. Denke nur, wie oft ihr euch gewundert habt, daß es stundenlang im glühendsten Sonnenschein lag." „Bleib nur, Miezekätzchen, bleib," sprach schmeichelnd das Mäd- chen und streichelte sanft über das seidige Haar. Das behagte Sctmmetfell, wohlig streckten sich Beine und Pfoten. „Es schnurrt," berichteten erfreut die Kinder, als sie das leise surrende Geräusch hörten, das durch zwei zarte, gespannte Häutchen im Kehlkopf hervorgebracht wird. „Ei, wie sie gleich zusammen- zuckt!" rief der Knabe. „Ich bin nur mit dem Finger ganz wenig an ihre Schnurrbartspitzen gekommen!" „Das hat seinen Grund," erklärte wieder der Vater. „Die Katzen haben in den Haaren ein sehr feines Tastgefühl, noch viel feiner als am übrigen Körper. Es wird es auch sofort spüren, wenn nur die Spitze deines Fingers die langen Haare über den Augen be- rührt." „Was ist denn das?" rief auf einmal das Mädchen. „Das Fell ist ja feurig. Miez, was hast du nur?" Das Kätzchen war aufgesprungen und wehrte sich kläglich miauend gegen die haltenden Hände des Knaben. „Ich habe ihm nichts zu leide getan, ich wollte es nur mal verkehrt streicheln!" „Du brauchst nicht zu erschrecken," beruhigte der Vater. „Das ist eine Eigen- tümlichkeit des Katzenfelles, daß Funken herausspringen, wenn man es iul Dunkeln nach rückwärts streicht. Die Katzen mögen aber diese Art Liebkosung nicht leiden, da sie es eben durch deu feinen Tastsinn in den Haaren unangenehm empfinden." „Zu dumm, daß die Kätzchen gerade da so empfindlich find, da muß man sich ja ordentlich scheuen, zärtlich mit ihnen zu sein!" „Für dich und deinesgleichen ist's vielleicht nicht erwünscht," nahm Vater wieder das Wort. „Aber denke, wie schlecht es den Katzeu auf ihren nächtlichen Jagdzügen ginge. Sie haben zwar sehr scharfe Augen, die für die Dämmerung und die hellen Nächte ausreichen, aber in der Stockfinsternis können sie so wenig sehen wie ich und du. Da muß dann das seine Gefühl den Dienst der Augen tuu." „Komm Miezchen, ich will dich trösten, weil wir dir so viel Unbehagen gemacht haben," sagte nuu die Kleine und kam mit einem Näpfchen Milch zu der Katze, die sich iu- zwischeu wieder beruhigt zum Schlafen hingeschmiegt hatte. Aber das Tierchen rührte sich nicht, bis der beliebte Trank dicht vor

4. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 36

1912 - München : Kellerer
— 36 - Der Hauptgegenstand des Handels war auf dieser Straße das Salz, das von Salzburg ins Schwäbische gebracht wurde. Für diese Salzwagen mußte bei Föhriug eiu hoher Zoll bezahlt werden, der dem Bischof von Freising und seinem Lande zugute kam. Diese Brücke war Herzog Heinrich schon lange ein Dorn im Auge. Er hätte den reichen Zollertrag gut für sich und sein Herzogtum brauchen können. Nun begann er mit dem Bischof zu unterhandeln. Dieser aber wollte nicht nachgeben und die beiden gerieten in erbitterten Streit. Wenn die Fürsten stritten, gab es damals meist Krieg. So war es auch diesmal. Herzog Heinrich zog mit seinen Landsknechten, den damaligen Soldaten, nach Föhring, ließ die Brücke niederbrennen und eine andere bei dem Dörflein Munichen aufrichten, die Straße dorthin leiten und das Zollhaus bauen. Dieses geschah im Jahre 1158. Durch den lebhaften Verkehr auf dieser Straße zogeu bald mehr Bürger nach München und Heinrich versah die Ortschaft, um sie auch gegen äußere Überfälle zu schützen, mit Mauern, Wall und Graben und schlug seinen Wohnsitz in München auf. Nun war München eine Stadt geworden und wir nennen Heinrich den Löwen den Gründer der Stadt München. 18. Sagenhaftes von Herzog Heinrich demlöwen. Herzog Heinrich war, wie sein Beiname sagt, ein gar tapserer, starker Herr. Zu den vielen Fehden und Kriegszügen, die er unternahm, gehörte auch eine Fahrt zur Befreiung des hl. Landes aus den Händen der Türken, ein Kreuzzug. Unter- Wegs erwählte sich jeder der Krieger, die Kreuzfahrer hießen, einen besonderen Schutzheiligen. In einem Kloster, in dem sie einkehrten, sah Heinrich der Löwe einen Altar, dem hl. Onuphrius geweiht, und hörte so viel von den Tugenden und der mächtigen Hilfe dieses Heiligen, daß er ihn zum Schutzheiligen erwählte. Er erhielt vou den Mönchen als Gegengabe für reiche Ge- schenke die Hirnschale und das Bild des Heiligen. Beides brachte er nach München. Auf demselben Kreuzzug kam der Herzog in einen einsamen, abgelegenen Wald. Da sah er ein greuliches Untier, das mit seinen gewaltigen Tatzen einen Löwen so sest gepackt hielt, daß dieser vollständig wehrlos war. Der unerschrockene Herzog griff schnell nach dem Schwert, trennte mit einem Hieb den Schwanz des Untiers vom Rumpf und rettete so den Löwen. Dieser begleitete nun aus Dankbarkeit von Stund an den Herzog auf

5. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 39

1912 - München : Kellerer
Lustbarkeiten. Hier wurden auch Turniere abgehalten. Es waren dies Waffeuspiele der Ritter. Die Ritter saßen zu diesem Zwecke meistens zu Pferd und einer suchte den andern ans dem Sattel zu werfen. Hiezu wurden lange Lanzen, Speere oder Schwerter gebraucht. Der Sieger bekam die Rüstuug, das Pferd und häufig auch ein Lösegeld von dem Besiegten Die Damen, festlich gekleidet, schauten von den Erkern und Söllern dem Kampfe zu. Der Sieger erhielt einen Preis. Bei diesen Turnieren fanden nicht selten Unglücksfälle statt. Als ein französischer König bei einem solchen Turniere vor mehr als 300 Jahren das Leben verlor, ging das Ansehen derselben nach und nach verloren und sie hörten dann bald ganz auf. Vom Marktplatz aus zogen sich schmale, unregelmäßige, schlecht gepflasterte Wege zwischen den Häuserreihen hin, die Gassen. Kein Wunder, daß diese Gassen krumm und regellos aussahen, durfte doch jeder bauen, wie und wohin er wollte. Die Häuser waren aus Holz oder Lehm, mit hölzernen Lauben versehen und mit Stroh gedeckt. Die Dachtraufen reichten bis in die Mitte der Straße und das Regenwasser sammelte sich in den Rinnen des schlechten Ziegelsteinpflasters. Überhaupt ließ die Reinlichkeit durch die Städel, Stallungen und Dünger- Haufen, die auch in den Gassen Platz fanden, viel zu wünschen übrig. Der Verkehr wurde gehindert durch die vielen .Hand- werksverrichtnngen, die außerhalb der Werkstatt geschahen. In diese ländlichen Zustände paßte die magistratische Rennsau, die frei umherlief, sich ihre Nahrung suchte und den ohnehin ver- wahrlosten Boden aufwühlte. Vier Tore, nach denen auch die Hauptgassen benannt wurden, sperrten das Städtlein ab. Im Osten, da, wo der heutige Rathausturm steht, war das Isar- oder Talbrucktor, hinter dem nichts zu sehen war als Wiesen und Auen, Felder und Wälder. Im Norden, an Stelle der heutigeu Polizei, stand der Wilbrechts- oder Nudelturm; in der mit der Weinstraße gleichlaufenden Dienersstraße der Muggentalertnrm. Im Westen, wo jetzt der Gasthof Dom- freiheit ist, war das Kaufringertor, hinter dem sich Haberfelder ausbreiteten. Im Süden befand sich das Püttrich- oder Ruffiuitor. In dieser Gegend war eine große, tiefliegende, von Bächlein durchflössen Wiese zu sehen, der Anger. Rings um Muuicheu zog sich an den Stadtmauern hin ein Graben, in dem ein Bächlein floß. Die Tore der Stadt wurden nach dem Gebet- läuten nur mehr gegen Erlag des sogenannten Sperrgroschens geöffnet. Für Fremde war auch bei Tag der Eintritt in die

6. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 69

1912 - München : Kellerer
— 69 — ist die Gruftstraße, früher Judengasse genannt, weil sie die einzige war, die die Israeliten in alter Zeit bewohnen durften. Dort hatten , sie auch ihre unterirdische Synagoge. Später wurde daraus ein unterirdisches Marienkirchlein gemacht, in dem alljährlich eine Messe gehalten wurde, damit der hochge- legeue Walchensee nicht durchbreche und das ganze Isartal samt der Stadt München in seinen Fluten begrabe. Wo vom Polizeigebäude herüber das Schrammergäßchen zieht, bezeichnet eine Tafel die Stelle des früheren Spiegelbrunnens. Die Sage erzählt, daß in diesem Brunnen ein garstiges Ungetier, ein Basilisk, gehaust habe, dessen Anblick jeden getötet habe. Da kamen kluge Leute auf den Gedanken einen Spiegel gegen den Brunnen zu stellen, so daß der Basilisk sein eigenes Bild sehen mußte und aus diese Weise zugrunde ging. Der Volksmund bezeichnete das Untier in diesem Brunnen — nach andern den Lindwurm, der ,am Lindwurmeck des Marienplatzes hauste — als die Ursache des schwarzen Todes oder der gräßlichen Pest, die im 17. Jahrhundert in München wütete. An das Ende dieser Schreckenszeit erinnert eine Festlichkeit, die sich bis auf unsere Tage erhalten hat. Dieser alte Brauch ist der Schäsfler- tanz, das erste Lebenszeichen der mutlosen, schwergeprüften Stadt, denn eine schwere, bange Zeit war es, als im Jahre 1628 der schwarze Tod in nnsern Mauern herrschte. Viermal war die verheerende Pestseuche in der Stadt München: 1348, wo sie nach einem Erdbeben auftrat, 1463, wo sie V3 der Einwohner dahinraffte, von 1515—1517 und im Jahre 1628. Wohl hatte man schon beim ersten Auftreten dieser Seuche alle denkbaren Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Kein Fremder durfte durch die Tore der Stadt gehen, ohne ausführlichen Bericht über „woher" und „wohin" gegeben und einen Eid geleistet zu haben, daß er von keinem der Pest verdächtigen Ort komme. Eigene Gasthäuser wareu vor den Toren der Stadt für die Fremden errichtet. Alle Briefe wurden geöffnet und ausgeräuchert, alles Geld in Essig gewaschen. Trotzdem alles geschah, um Einhalt zu tun, erreichte die Krankheit doch eine entsetzliche Höhe. Die vor der Stadt gebauten Lazarette wareu überfüllt. Beständig waren eigene Männer mit der Fort- schaffung Kranker beschäftigt. Diese Wärter mußten an eigenen Standorten die Kleidung wechseln, um den Krankheitsstoff nicht weiter zu tragen. Die Häuser der Stadt waren, wenn sie ein Krankes beherbergten, für den öffentlichen Verkehr gesperrt und besondere Angestellte versorgten die Einwohner mit den Lebensbedürfnissen. Täglich starben 100 und mehr Menschen.

7. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 58

1912 - München : Kellerer
— 58 — der Lehrherr Fraunhofers wohnte, einstürzte und einige der Einwohner unter die Trümmer gerieten. Die Ehefrau des Glasers und der Lehrling Fraunhofer waren im Nu durch mehr als 1000 Zentner Schutt und Geblöcke verschüttet. Die gräßliche Kunde kam auch zu den Ohren des damaligen Knr- fürsten Max, der sogleich zur Stelle eilte, um Hilfe und Auf- munterung zu bringen. Durch seine Gegenwart angeeifert, verdoppelten die anwesenden Bürger ihre Bemühungen, aber lange Zeit war alles vergeblich eine Spur der letztgenannten Verschütteten zu finden. Endlich tönte eine schwache Stimme unter einem Stubenboden vor, der sich oben an das Gerüste des Hauses lehnte, unten tief in den Schutt bohrte und dessen so gebildeter Winkel mit Schutt ausgefüllt war. Ein Weg- räumen des Schuttes oben oder unten hätte unfehlbar den Erstickungstod des Darunterliegenden zur Folge gehabt. Da wagteu sich ein paar beherzte Männer in das halbzerstörte Hans, um unter Lebensgefahr den Raum zwischen Haus und Stubenboden frei zu machen. Endlich konnte Fraunhofer einen Finger, dann die Hand, dann den Arm durch die Öffnung herausstrecken. Man reichte ihm in Wasser und Essig getauchte Tücher, um sich Stirn und Schläfen anzufeuchten, und hatte nach vierstündiger, unsagbarer Mühe die Freude, den Knaben aus der tödlichen Lage befreit zu haben. Der Kurfürst, der an deu gefährlichsten Stellen ausgehalten hatte, betrachtete voll Rührung den Geretteten und erkundigte sich nach seinen Ver- Hältnissen. Als er erfuhr, daß der Knabe elternlos sei, sprach er: „Er ist nicht mehr Waise, ich sorge für ihn." Der edle Kurfürst ließ den Knaben verpflegen, bis er wieder gesund war und schenkte ihm eine Summe Geld. Fraunhofer, dessen sehn- lichster Wunsch es schon lange war, kein gewöhnlicher Glaser- lehrling zu bleiben, sondern mehr zu lernen, verwendete das Geschenk zum Ankauf verschiedener wissenschaftlicher Bücher, die er eifrigst studierte und nach deren Anleitung er sich im Schleifen optischer Gläser (Augenglas) übte und vervollkommnete. Zu- gleich beobachtete er sorgfältig und aufs beste, wie das Licht, z. B. ein Sonnenstrahl, durch Glas, Wasser oder sonst einen durchsichtigen Körper durchgeht, wie der Strahl nicht gerade bleibt sondern abzubrechen scheint, und wie er sich bricht, — die Gesetze der Lichtbrechung. So wurde Fraunhofer mit der Zeit ein sehr geschickter Optiker (Sehkünstler). Er verfertigte Augengläser, die besser waren als alle bisherigen, ausgezeichnete Vergrößerungsgläser, durch die der Gelehrte die kleinsten Tiere,

8. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 134

1912 - München : Kellerer
die Lücke, die durch das Fehlen der Eckzähne zwischen Schneide- und Backenzähnen entsteht. So sachte und vorsichtig lenkt Hans auch seine Grete, er weiß, ein heftiges Zerren und Reißen der- ursacht den empfindlichen Lippen Schmerzen. Grete kann mit ihrer Herrschaft wohl zufrieden seiu. Herr, Gesind und Kind wissen, was man dem arbeitswilligen Haustier- schuldig ist. „Wir fahren noch ein Stückchen weiter/" hörte Hans oft den Knecht Michel sagen, „Grete soll im Schatten stehen." Als Vater gar einen Strohhut für Grete kaufte, war's ein all- gemeines Freuen: „Das wird dem Tier im heißen Sommer gut tun." Kommt Grete nach langer Fahrt ermüdet heim, den weißen Schaum am Maul und Schweiß am ganzen Körper, wird sie sofort trocken abgerieben, mit Decken geschützt und lang- sam noch eine Zeitlang im Hofe zum Verschnaufen und Abkühlen herumgeführt, ehe sie ihren Platz im Stall und Wasser und Futter aufsuchen darf. Auch heute erhielt Hans eine Lehre zum Wohl seines Brünnls. Es hatte geregnet und besonders das Asphaltpflaster war naß und glatt. „Langsam, ganz langsam," mahnte der Vater, „ja nicht treiben mit Zügel und Peitsche! Bei solchem Wetter mußt du dem Tiere Zeit lassen, sonst kann es den Fuß nicht richtig setzen, rutscht aus und fällt!" „Willst du das wohl sein lassen," rief er plötzlich zornig dem bekannten Gärtnerkutscher zu, „die Peitsche gehört überhaupt nur zum Anfeuern, nicht zum Schlagen, heute schon gar nicht. Ich sag's ja!" Da lag schon der fremde Gaul am Boden. Der dumpfe, schwere Fall hatte sofort einen Ring von Zuschauern hergelockr. Der Kutscher und noch ein paar Männer bemühten sich ver-- gebens das gestürzte Tier aufzurichten. Immer wieder glitt es ans, bis Hansens Vater befahl: „Versucht es doch mal und legt Decken unter!" Von einer Hilfsstelle des Tierschutzvereins wurden nun Decken geholt und dem Pferde untergeschoben, das endlich schwer atmend und zitternd wieder auf den Beinen stand. „Das hätte auch schlimm ausgehen können," bemerkte der Vater, „so daß das Tier dem Pferdemetzger überliefert werden müßte." Eine tüchtige Angst hatte Hans ausgestanden als er das erstemal dem Beschlagen seines Gaules zusah. Wie der Huf- schmied das Eisen mit den Nägeln festschlug, wie es zischte und rauchte! Das mußte doch weh tun und dennoch hielt Grete ganz ruhig. Lange wollte es ihm nicht einleuchten, daß die Pferde in ihrem Hornfchnh kein Empfinden haben, und er glaubte die Versicherung erst, als seine Mutter das Schneiden der Nägel als Beweis erwähnte. Da hatte Hans auch genug

9. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 138

1912 - München : Kellerer
— 138 - Weg gehen — während der Fahrt nicht auf- oder abspringen — nach vorne absteigen mit linker Hand am linken Griff, auch wenn der Wagen steht, da ein unvermuteter Ruck nicht un- möglich ist. Es ist Montag morgen. Beim Einsteigen begrüßen Fritzl schon ein paar Mitschüler: „Was hast du bei den Rechnungen herausgebracht? Laß sehen!" Die Buben machen sich hübsch breit, legen die Mappen neben sich, kramen die Hefte aus, da poltert es vor ihnen: „He, ihr meint wohl die Bank ist nur für euch da? Das ist nicht euer Schreibtisch zu Hause! Wollt ihr gleich ordentlich zusammenrücken und nicht mehr Platz ein- nehmen als euch gebührt!" Schleunig raffen die Gescholtenen ihre Habseligkeiten zusammen, manches Blatt fällt auf den Boden und trägt einen Schmutzflecken als Merkzeichen fürs künftige Verhalten. Nicht lange dauert es, so sind sie wieder in hitzigem Hin- und Herreden, Erklären, ja Streiten. Laut und lauter werdeu die Stimmen. „Leiser sprechen, ihr Rangen, ihr macht ja einen Heidenlärm, da versteht man ja sein eigenes Wort nicht mehr!" grollt einer der Nachbarn. Darauf werden die Erörterungen sanfter im Flüsterton aber nicht weniger eifrig fortgeführt, fo eifrig, daß sie den Zielausruf des Schaffners überhören. Der rüttelt den einen unsanft auf: „Habt ihr keine Ohren? Gut, daß ich euch schon kenne, ihr wäret sonst fest sitzen geblieben und wer weiß wie weit gefahren!" Kaum steht die kleine Schar auf dem Weg, da bringt einer eine Frage nach einem lateinischen Wort. Wieder gehen die Meinungen aus- einander. Karl zieht eifrig sein Buch, um die Richtigkeit seiner Behauptungen zu beweisen. Um bequemer zeigeu zu können, klemmt er Mappe und Schirm unter den Arm. „Schirm senk- recht tragen" ruft ihm ein Schutzmann zu, „willst du die Er- wachsenen stoßen oder den Kindern die Augen ausstechen?" Rechts ausweichen? Habt ihr das in der Schule nicht gelernt? Ihr seid ja wie Bauern, die zum erstenmal aus dem hintersten Dorf kommen!" Ein ereignisvoller Tag, die ersten Zeugnisse waren aus- geteilt worden, belehrte unsere Kameraden über andere Ver- kehrspslichten. Sie waren so fünf eng aneinandergedrängt von der Schule weggegangen und besichtigten ihre Noten. „Na, das ist wohl eine lebendige Wegsperre", tönte es in ihre Ohren; „ich soll wohl in den Rinnstein treten, weil ihr die ganze Breite des Weges für euch iu Anspruch nehmt!" Nuu teilten sie sich freilich sofort, aber in zwei Gruppen ließ sichs nicht so

10. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 140

1912 - München : Kellerer
— 140 — Stück weit mit Ihnen, so weit als die Zeit erlaubt unfern Schulweg zu ändern". Sie begleiteten nun den Herrn bis zum Sendlingertorplatz, nachdem sie ihm auf Befragen die Matthäus- Kirche genannt, die Paulskirche gezeigt, ihn auf Krankenhaus, Denkmäler und Brunnen aufmerksam gemacht hatten und wiesen ihn dann durchs Tor in die Sendlingerstraße, sprachen mit ihm noch genau vom Weg und dessen bemerkenswerten Ge- bäuden und sagten ein paar artige Abschiedsworte. Der Herr freute sich über seine eifrigen Führer und bot jedem ein fil- bernes Geldstück. Ihrer Weigerung, etwas anzunehmen, machte er scherzend ein Ende: „Jede Arbeit ist des Lohnes wert! Sollte es nicht manches in München geben, was ihr Buben gerne anseht? Geht nicht manchmal das Taschengeld dazu aus?" Was die Buben mit ihrem Erwerb getrieben, kann ich euch nicht sagen. Ich glaube, sie besinnen sich noch, ob es für Panorama und Deutsches Museum oder für Besichtigung der Menagerie und fremder Völkerstämme an dem Oktoberfest oder für eine Frühlingsfahrt ins Isartal verwendet wird. 56. Vom Gemüsegarten. In den Vorstädten sieht man große Gärten, in denen fast nur Gemüse angepflanzt wird. Man heißt solche Gärten Ge- müsegärten. Diese Gärten gehören den Gärtnern, welche jähr- aus, jahrein die Bewohner Münchens mit frischen Gemüsen versorgen. Ein solcher Garten ist in Beete abgeteilt, enthält in der Mitte in der Regel einen Brunnen, der das Wasser zum Begießen der Pflanzen liefern muß, an einem Ende das Gartenhaus zum Aufbewahren der nötigen Geräte, am andern Ende die Frühbeete. Letztere sind etwas tiefer gelegen und werden mit Brettern und Fenstern zugedeckt, um die im Herbste, Winter und Frühjahre darin wachsenden Gemüse vor kalter Luft zu bewahren. Aus diesen Frühbeeten erhalten wir im Borfrühling Salat, Rettiche, Kohlraben, Rüben n. a. Gemüse, die in den freien Beeten wegen zu rauher Luft noch gar nicht angepflanzt werden können. Die Gemüsegärten, sollen sie guten Ertrag liefern, erfordern große Mühe und unablässige Sorgfalt. Der Gärtner muß vom frühesten Morgen, ja schon vor die Sonne aufgeht, bis zum späten Abend ununterbrochen tätig sein. Dabei hat er bei seinen Arbeiten eine gebückte Haltung nn'd ist dem Regen, und, wenn die Sonne scheint, den unmittelbaren Strahlen derselben
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