Sagen, 35
einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf
eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland foll stehen bleiben, wir
wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war
das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver-
meintlichen Künstler arg
genasführt waren. Kein
Wunder also, daß sich ihr
Unmut gegen ihn wandte.
Als sie den Schalk griffen,
steckten sie ihn zur Strafe
in den Wendenturm, Im
Nu aber entwich er mit
einem Hohngelächter: und
jeder wußte nun, daß der
vermeintliche Künstler der
leibhaftige Teufel gewesen
war.
Der Rolaud war
in der früheren Zeit für
die Stadt Stendal das
Zeichen der eigenen
Gerichtsbarkeit. Die
im Jahre 1525 am Rat-
hause errichtete Stein-
figur gehört zu den
größten, die wir besitzen.
Der gewaltige Körper
ruht auf starken Beinen,
dessen Waden stärker sind
als der Brustumfang
eines kräftigen Mannes,
Durch den schweren Pan-
zer wird der Körper ge-
schützt. Die erhobene
rechte Hand hält das 4 m
lange Schwert, das
Werkzeug des strafenden
Rechts; die linke Hand
umfaßt den Schild mit
dem brandenburgischen
Adler, das Sinnbild
des Schutzes. So er-
innert der Roland an die
frühere Größe und Selbst-
ständigkeit der Stadt
Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal.
2. Der wunderbare Ring im Schlosse zu Calbe a. M.
In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte
und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken, Als die Edelfrau ein-
willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend
ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen
würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund.
Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine
Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er-
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TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Sagen. 49
einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf
eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland soll stehen bleiben, wir
wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war
das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver-
meintlichen Künstler arg
genasführt waren. Kein
Wunder also, daß sich ihr
Unmut gegen ihn wandte.
Als sie den Schalk griffen,
steckten sie ihn zur Strafe
in den Wendenturm. Im
Nu aber entwich er mit
einem Hohngelächter; und
jeder wußte nun, daß der
vermeintliche Künstler der
leibhaftige Teufel gewesen
war.
Der Roland war
in der früheren Zeit für
die Stadt Stendal das
Zeichen der eigenen
Gerichtsbarkeit. Die
im Jahre 1525 am Rat-
hause errichtete Stein-
sigur gehört zu den
größten, die wir besitzen.
Der gewaltige Körper
ruht auf starken Beinen,
dessen Waden stärker sind
als der Brustumfang
eines kräftigen Mannes.
Durch den schweren Pan-
zer wird der Körper ge-
schützt. Die erhobene,
rechte Hand hält das 4 m
lange Schwert, das
Werkzeug des strafenden
Rechts; die linke Hand
umfaßt den Schild mit
dem brandenburgischen
Adler, das Sinnbild des
Schutzes. So erinnert der
Roland an die frühere
Größe und Selbstständig-
keit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal.
2. Der wunderbare Mug im Schlosse zu Calbe a. M.
In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte
und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken. Als die Edelfrau ein-
willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend
ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen
würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund.
Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine
Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er-
Henze-Kohlhase, Die Provinz Sachsen. Ausgabe A. 4
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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klein und wurde daher mit dem Eichsfelde zum Erzbistum Mainz geschlagen. Die Geistlichen aller Kirchen und Klster, die Bonifatius gegrndet htte, auch alle Bekehrten muten sich verpflichten, in allen Glaubens- und Kirchen-fachen dem'papste zu gehorchen.
Fr seine Arbeit empfing Bonifatius einen schnen Lohn: der Papst ernannte ihn zum Erzbischof von Germanien, und Mainz war seine Residenz.
4. Der Tod des Bonifatius. 754. Selbst als Greis gnnte sich Bonifatius feine Ruhe. Noch einmal wollte er versuchen, die trotzigen Friesen zu bekehren. In einem Schiffe fuhr er mit feinen Gefhrten den Rhein hinab. Da, wo jetzt Dokkum liegt, schlug er seine Zelte auf und predigte dem zu-
losteranlage. Nach Wild.
laufenden Volk. Diesmal wurden viele Friefen Christen. An einem schnen Junimorgen erwartete er sie zur Taufe. Aber siehe, da strzte aus dem nahen Wald eine Schar wilder Heiden hervor. Seine Begleiter wollten sich wehren; er aber verbot es ihnen und empfing ruhig den Todesstreich. Die Leiche wurde nach Fulda gebracht und dort beigesetzt.
5. Weitere Fortschritte des Christentums. Natrlich konnte der eine Mann das groe Werk nicht vollenden. Zahlreiche Missionare fhrten seine Arbeit fort und brachten die Bekehrung zum Abschlu. Auf den alten, heidnischen Opfersttten erstanden Gotteshuser, an die Stelle der heidnischen Feste wurden kirchliche Feiertage gelegt. Die alten Gottheiten aber galten fortan als bse Geister; so verwandelte sich Wodan in den Wilden Jger.
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7. Einfhrung des Christentums in unserer Provinz.
den Felsen hineingehauen ist. der ihre Entstehung erzhlt die Sage: Einst waren die heidnischen Bewohner der Umgegend hier versammelt, um ihrem Gotte blutige Opfer darzubringen. Da trat Bonifatius pltzlich mitten unter sie, verkndete die Ohnmacht ihrer Götter und die Herrlichkeit des allmchtigen Gottes und ergriff, um ihnen zu beweisen, da er ein Bote dieses Gottes sei, eine hlzerne Axt und rief aus: So wahr ich mit dieser hlzernen Axt eine Kirche in diesem harten Felsen aushhle, so gewi ist die Macht unseres Gottes grer, als die eurer Gtzen, und so gewi werde ich auch unserem Glauben Eingang verschaffen in eure jetzt noch so harten Herzen! Er schlug zu, und siehe, die hlzerne Axt drang in den Felsen, und mit ihr haute er die jetzt noch vorhandene Steinkirche aus.
In der Nhe von Nordhausen liegt auf der Hainleite die Domne Lohra; frher war hier eine Burg. Zur Heidenzeit stand neben dem alten Turme, wie die Sage erzhlt, das Bild der Gttin Lohra, und am Fue des Berges befand sich in einem dsteren Haine der Opferaltar. Da kam mit frnkischen Kriegern Bonifatius, zertrmmerte das Bildnis der Gttin, warf ihren Opferaltar um und errichtete auf der Stelle, wo jetzt das Drfchen Elend liegt, eine Kapelle zur Ehre der Jungfrau Maria mit einem Marienbilde darin. Ebenso stand der Sage nach auf dem Frauenberge bei Sondershausen das Bild der Gttin Jecha; auch dieses Gtzenbild soll Bonifatius zerstrt haben.
Nicht weit vorn Frauenberge nach Osten liegt an der Wipper das Dorf Seega. Hier soll Bonifatius viel Volks getauft haben. Andere freilich erwarteten Geld von ihm, und da er es ihnen nicht geben konnte, weil er selbst nichts hatte, warfen sie ihn und seine Begleiter mit Steinen. Da verwnschte Bonifatins im Zorne darber alles Geld der Thringer in Stein, und alsbald wurde jeder Pfennig zu einem Steine. Darum werden die kleinen runden Steine, welche wie eine versteinerte alte Mnze aussehen und an der Hainleite hier und da gefunden werden, Bonifatiuspfennige genannt.
Auch bei Grovargula an der Unstrut ist ein Bonifatius-Hgel. Als Bonifatius die hier erbaute Kapelle einweihte, standen viele Heiden um dieselbe herum. Da stie Bonifatius nach der Sage den Stab, den er in den Hnden trug, in den Boden, ging dann in die neue Kapelle und weihte sie; und als die Weihe vollendet war und Bonifatius und die brigen Priester samt den Christen aus der Kirche traten, siehe, da war der vorher drre Stab grnend und blhend geworden. Da sprach er: Sehet an diesem Zeichen, das der Gott der Christen getan hat, die Wahrheit seiner Lehre!" Darauf lieen sich viele taufen. Der Stab aber wuchs und ward zu einem Wunderbaume.
Bonifatiuskirchen gibt es durch ganz Thringen bis an den Harz hinan, z. B. in Treffurt a. d. Werra, in Diedorf bei Mhl-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Bonifatius Bonifatius Maria Maria
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): München
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 36 -
Der Hauptgegenstand des Handels war auf dieser Straße das
Salz, das von Salzburg ins Schwäbische gebracht wurde. Für
diese Salzwagen mußte bei Föhriug eiu hoher Zoll bezahlt
werden, der dem Bischof von Freising und seinem Lande zugute
kam. Diese Brücke war Herzog Heinrich schon lange ein Dorn
im Auge. Er hätte den reichen Zollertrag gut für sich und
sein Herzogtum brauchen können. Nun begann er mit dem
Bischof zu unterhandeln. Dieser aber wollte nicht nachgeben
und die beiden gerieten in erbitterten Streit. Wenn die Fürsten
stritten, gab es damals meist Krieg. So war es auch diesmal.
Herzog Heinrich zog mit seinen Landsknechten, den damaligen
Soldaten, nach Föhring, ließ die Brücke niederbrennen und
eine andere bei dem Dörflein Munichen aufrichten, die Straße
dorthin leiten und das Zollhaus bauen. Dieses geschah im
Jahre 1158. Durch den lebhaften Verkehr auf dieser Straße
zogeu bald mehr Bürger nach München und Heinrich versah
die Ortschaft, um sie auch gegen äußere Überfälle zu schützen, mit
Mauern, Wall und Graben und schlug seinen Wohnsitz in
München auf. Nun war München eine Stadt geworden und wir
nennen Heinrich den Löwen den Gründer der Stadt München.
18. Sagenhaftes von Herzog Heinrich demlöwen.
Herzog Heinrich war, wie sein Beiname sagt, ein gar
tapserer, starker Herr. Zu den vielen Fehden und Kriegszügen,
die er unternahm, gehörte auch eine Fahrt zur Befreiung des
hl. Landes aus den Händen der Türken, ein Kreuzzug. Unter-
Wegs erwählte sich jeder der Krieger, die Kreuzfahrer hießen,
einen besonderen Schutzheiligen. In einem Kloster, in dem sie
einkehrten, sah Heinrich der Löwe einen Altar, dem hl. Onuphrius
geweiht, und hörte so viel von den Tugenden und der mächtigen
Hilfe dieses Heiligen, daß er ihn zum Schutzheiligen erwählte.
Er erhielt vou den Mönchen als Gegengabe für reiche Ge-
schenke die Hirnschale und das Bild des Heiligen. Beides brachte
er nach München.
Auf demselben Kreuzzug kam der Herzog in einen einsamen,
abgelegenen Wald. Da sah er ein greuliches Untier, das mit
seinen gewaltigen Tatzen einen Löwen so sest gepackt hielt, daß
dieser vollständig wehrlos war. Der unerschrockene Herzog griff
schnell nach dem Schwert, trennte mit einem Hieb den Schwanz
des Untiers vom Rumpf und rettete so den Löwen. Dieser
begleitete nun aus Dankbarkeit von Stund an den Herzog auf
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Onuphrius