22 Taf. Iv. Der Wirtschaftshof.
an einen Geburts- oder Festtag, bei dessen köstlicheren
Mahlzeiten ihr Puterbraten kennen gelernt habt. Hier
im Vordergründe stehen zwei Hähne, die augenscheinlich
in einem Kampf begriffen sind, wahrscheinlich um ein Korn,
das sie sich streitig machen. Wir wollen uns nicht in ihren
Zwist mischen; das thut nicht gut; wir wollen lieber hören,
wozu man die friedlichen Hühner pflegt und füttert. Die
Hühner legen Eier, die teils gegessen, teils ausgebrütet
werden. Links von Marien eilt eine Gluckhenne mit
den von ihr ausgebrüteten Küchlein herbei, um auch ihren
Anteil von dem ausgestreuten Futter zu empfangen. Dann
sehet ihr dort zwei Enten und drei Gänse. Auch diese
Tiere legen Eier. Ihr Fleisch giebt einen schönen Braten,
den ihr gewiß alle kennt und gern essen mögt. Auch
werden von den Gänsen noch die Federn gebraucht, wozu?
habe ich wohl nicht nötig, euch zu sagen.
Auf der linken Seite des Bildes sehet ihr ein Ge-
bäude, das mit Stroh gedeckt ist und in dem sich der
Schweine- und der Pferdestall befindet. Es ist aus
Holz erbaut. Aus dem Stall sehet ihr soeben die Schweine
heraus und auf ihr Futter zustürzen, das Grete noch klein
stampft, die kleinen Ferkel vorauf, die großen Schweine ein
wenig bedächtiger hinterdrein. — Die obere Hälfte des
Gebäudes nimmt der Hühner stall ein, aus dem soeben
ein Hühnchen, nach Futter verlangend, herausfliegt. Neben
den Schweinen sind die Pferde untergebracht. Hans ist
so eben mit seinem Gespann vom Felde zurückgekehrt, hat
die Pferde vom Wagen losgespannt, den Wagen in die
Remise geschoben und jetzt entläßt er die Tiere in den
Stall. Sie kennen ihren Stand in demselben wohl, und
gehen nach gethaner Arbeit gern hinein. Daß Hans die
Peitsche hinter ihnen erhebt, scheint mir unter diesen
Umständen überflüssig zu sein. In dem mit Schindeln
gedeckten Gebäude, das den Wirtschfatshos im Hintergründe
abschließt, befindet sich außer der Wagenremise, in die wir
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26 Taf. Iv. Der Wirtschaftshof.
dagegen dieses sich nieder, so kommt der Eimer -gefüllt
wieder herauf. Das ist die Art, wie auf dem Lande die
meisten Brunnen eingerichtet sind.
Endlich sehet ihr hier noch links ganz vorn auf dem
Bilde das kleinste Gebäude des Hofes, eine Hundehütte.
Der gute treue Phylax, der so manche Nacht Haus und
Hof getreu bewacht, liegt dort, an der Kette angeschlossen.
Er wendet den Kopf und schaut sich um, und möchte so
gern fragen: werde ich denn heut ganz vergessen? Bis
jetzt kommt noch niemand zu ihm, hoffentlich wird aber
der alte, getreue Wächter nicht vergessen werden. Seinen
Wassertrog hat Katharine gefüllt; danach begehrt er jedoch
jetzt nicht, und der Knochen, den Karl für ihn gebracht
hat — denn auch Phylax gehört zu seinen Lieblingen —
hat er bereits von allem, was Genießbares daran war,
entblößt. Nun möchte er gern noch mehr zu fressen haben,
denn sein Appetit ist gut, wenn er auch nicht Gelegenheit
hat, sich viel Bewegung zu machen.
Nun sehet euch das Bild noch einmal recht genau au,
damit ihr mir auf meine Fragen antworten könnt.
Wie viel verschiedene Gebäude sind auf dem Bilde?
— Zählt sie mir alle her! — Wozu dient jedes von den
Gebäuden? — Nennt mir alle Tiere, die zum Federvieh
gehören! — Nun alle vierfüßigen Tiere! — Was ge-
brauchen wir von den Gänsen und Enten? — Was von
den Hühnern? — Was von den Schafen? — Was von
den Schweinen? — Was bekommt man von der Kuh? —
Wozu dient das Pferd? — Was für eine Jahreszeit ist
jetzt? — Woran erkennt ihr sie hier? — Welche Tiere
von denen, die hier auf dem Bilde sind, verlassen uns im
Herbst und konimen im Frühling wieder? — Beschreibt
mir einen Ziehbrunnen. Sagt mir, wie viel Personen auf
dem Bilde sind. — Nennt mir sie alle. — Nun gebt mir
die Beschäftigung jeder einzelnen Person an u. s. w.
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Tafel 5.
Die Kornscheune.
Das hier vor uns liegende Bild stellt eine Scheune
vor, d. h. ein Gebäude, in welchem das Getreide aufbe-
wahrt und gedroschen wird. In der Mitte der Scheune
ist der Scheunflur (die Tenne), zu beiden Seiten
desselben der Taß. Die Tenne ist nicht gedielt, wie unser
Zimmer, auch nicht mit Steinen gepflastert, wie die Straße,
sondern dadurch geebnet, daß man über dieselbe hin nassen
Lehm gebreitet und festgestampft hat. Daß in dem Taß
liegende Getreide ist vor einigen Tagen geerntet worden,
man hat es gemäht, in Bündel zusammengebunden,
welche man Garben nennt, und nach der Scheune ge-
fahren. Doch mich wundert, daß nun schon gedroschen
wird, da es noch Sommer ist, wie uns die Schwalbe
anzeigt, die über dem Scheunthor ihr Nest gebaut hat und
ihre Jungen füttert. Gewöhnlich nämlich wird erst im
Herbst oder im Anfang des Winters das Getreide ge-
droschen. Wahrscheinlich aber ist das Korn vom vorigen
Jahre verbraucht, und die Leute haben kein Mehl mehr,
um Brot zu backen, und da hat denn der Bauer Hinze
dafür gesorgt, daß sogleich neuer Vorrat geschafft werde.
Er hat außer seinen eigenen Dienstleuten noch Tage-
löhner gemietet, die ihm dabei behilflich sind, d. h. solche
Leute, die keinen eigenen Bauernhof und kein eigenes
Getreidefeld haben, woher sie für sich Nahrung gewinnen
könnten, und die daher bei reicheren Bauern für Geld
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28 Taf. Y. Die Kornscheune.
arbeiten müssen. Doch wir wollen sehen, auf welche Weise
man das Korn gewinnt. Nachdem das Getreide vom
Felde in die Scheune gefahren ist, werden einzelne Garben
wieder aus dem Taß genommen und in dem Scheunflur
so ausgebreitet, daß die Ähren in der Mitte zusammen
liegen. Von den beiden großen Thüren, die sonst die
Scheune verschließen, ist eine, die dem Beschauer zuge-
wendete, geöffnet, und damit kein Körnchen von dem Ge-
treide hinausfalle, ist vor den Eingang der Scheune ein
langes Brett gestellt. Nun wird das Getreide vermittelst
eines Dreschflegels geschlagen. Ihr möchtet gern wissen,
liebe Kinder, wie ein solcher Dreschflegel beschaffen ist;
ich will es euch sagen. An einen: langen, hölzernen Stock
ist ein halb so langes, aber breites und an den Ecken
abgerundetes Stück Holz durch einen kurzen Lederriemen
befestigt. Mit diesem oberen breiten Stücke wird das
Getreide geschlagen, und die Körner fallen heraus. So
ist es auch hier. Jochen, der Knecht des Bauern, und
Schulze und Kühne, die beiden Tagelöhner, sind beim
Dreschen beschäftigt. Von diesen dreien schlägt immer
einer nach dem andern in gleichen Zwischenräumen auf
das Getreide. Dies taktmäßige Wiederkehren der Schlüge
ergiebt eine Art von Musik, der man eine Zeit lang mit
Vergnügen zuhört. Diese Arbeit wird so lange fortgesetzt,
bis man annehmen darf, daß die Körner sämtlich aus
den Hülsen herausgeschlagen sind. Dann wird das leere
Stroh zusammengeharkt, zusammengebunden, unterhalb
des Taß aufgeschichtet und zu späterem Gebrauch auf-
bewahrt. Es scheint, daß dieser Zeitpunkt für das Ge-
treide, welches jetzt mit den Dreschflegeln bearbeitet wird,
bald gekommen ist, denn Steffen langt bereits eine frische
Garbe aus dem Taß herab, um sie alsbald auf der Tenne
auszubreiten. Dann wird Jochen den Flegel aus der
Hand legen und mit der kleinen Kornschippe, die ihr
hier vorn neben der kleinen Bank stehen seht, das ge-
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42
Taf. Vil Das Dorf.
Er fährt hinaus auf das Feld, um es zu pflügen, d. h.
es fo zu bearbeiten, daß die Saat hineingestreut werden
kann. Nach einigen Tagen wird er dann abermals hinaus-
fahren, seinen Acker zu besäen, und dabei wird er an
ein schönes Lied denken, das er in der Schule gelernt hat,
und das so lautet:
Sink',- o Körnlein, denn hinab,
Sink' ins stille, kühle Grab,
In das Bett von Erde.
Erde streu' ich auf dich her
Bis, mein Körnlein, ich nichts mehr
Von dir sehen werde.
Wüßtest du, was ich da thu',
Hättest Sprache du dazu,
Ach! du sprächst mit Beben:
„Nie seh ich die Sonne mehr;
In dem Dunkel um mich her
Endet alles Leben."
Aber, Körnlein, habe Mut!
Sieh', du liegst ja sanft und gut,
Hast bald ausgeschlafen;
Blickst dann aus dem Grab hervor,
Blühst als Blume schön empor,
Bist ganz neu geschaffen.
Ich auch sinke einst hinab,
So wie du, ins kühle Grab,
Mich auch deckt die Erde;
Aber herrlicher noch ruft
Aus der stillen düstern Gruft
Mich des Schöpfers Werde!
Ihr wißt ja wohl, liebe Kinder, wieviel Arbeit es
dem Landmann macht, ehe wir das Brot erhalten. Gott
belohnt aber auch seinen treuen Fleiß, er erhört sein
Gebet, wenn er für das Gedeihen seiner Saaten um
Sonnenschein und Regen fleht, und giebt ihm reichlichen
Gewinn. Was der Landmann nun durch seinen Fleiß
gewonnen hat, fährt er in die Stadt zum Verkaufe,
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2
Taf. I. Das Wohnzimmer.
den kleinen Polsterstuhl gelegt, der auf dem Tritt am
Fenster steht, daß es nicht die Erde berühre und auch
vor anderer Beschädigung gesichert sei, die es im Herunter-
hängen erleiden könnte. Auf dem Nähtisch liegt eine Schere,
ein Trennmesser und ein Fingerhut, lauter Werk-
zeuge, deren die Mutter bei ihrer Näharbeit bedarf. Bertha,
obgleich sie noch klein ist, muß alle Vor- und alle Nach-
mittage eine Stunde stricken, und die Mutter freut sich
schon im voraus auf die Fertigkeit, die das Kind darin
erlangen wird. Als die Mutter nach der Küche ging, hat
sie das Strickzeug zusammengewickelt und ihr Töchterchen
entlassen, das sich in großer Freude bis zum Mittagsessen
mit seiner Puppe beschäftigt hat. Paul, der jüngste Knabe,
wendet noch seinen ganzen Tag zum Spielen an, und lang-
weilt sich gewiß jetzt keinen Augenblick, da er eine so große
Auswahl von Spielsachen um sich sieht. Emil, der kleine
Sextaner, der schon um 11 Uhr aus der Schule entlassen
worden ist, hat sich heute auf der Straße mit Schlittern
aufgehalten, so daß er eine halbe Stunde später nach Hause
gekommen ist, als sonst. Wenn seine Schwesterchen nicht
zu sehr ans Essen dächten, würden sie ihn gewiß nach der
Ursache der ungewohnten Versäumnis fragen; auch vor
Vater und Mutter ist er 'heute sicher, denn beide sind
ungewöhnlich ernst und bemerken seine Ankunft kaum.
Nur der Hund wird aufmerksam auf ihn, als er den Stuhl,
der bisher unter dem Klavier stand, vorrückt. Pikas hat den
ganzen Morgen geschlafen, wie er es immer thut, wenn sein
Freund und Gespiele in der Schule ist. Die jüngeren Kinder
fürchten sich vor ihm und lassen ihn mit seiner Langenweile
allein. Aber bei Emils Ankunft ist er aufgewacht, und
setzt sich nun gar zierlich aus seine Hinterpfoten, um auch
seinen Teil an der Mahlzeit zu erbitten. Mine ist heute
auch nicht müßig gewesen, sie trügt soeben einen gebratenen
Schinken aus der Küche herein und scheint zufrieden mit
ihrem Werke, denn sie macht ein recht vergnügtes Gesicht.
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44
Taf. Vh Das Dorf.
Für letztere ist der vor dem Hause stehende Kumm, eine
tragbare Krippe, bestimmt, in welcher man ihnen Hafer
oder Heu vorsetzt, damit sie zur Fortsetzung ihres Weges
wieder rüstig werden. Der Besitzer des Kruges, welcher
der Krüger heißt, muß wohl im Hause sehr beschäftigt
sein, denn wir sehen ihn nicht, während die junge Haus-
frau so eben mit einem Teller voll Backwaren aus
der Thür tritt, die sie dem Mädchen reichen wird, das
auf dem vor dem Wirtshause haltenden Wagen sitzen
geblieben ist, während ihr Vater ihr ein Glas Bier aus
der Schenkstube holte. — Die junge Wirtin wird bei
ihrem Heraustreten von einem wandernden Handwerks-
burschen angeredet; ich vermute, daß er sie um eine
Wegzehrung anspricht; die höfliche Bewegung, die er
macht, scheint auf ein derartiges Anliegen hinzudeuten.
Aber das schönste Gebäude im Dorfe, die Kirche,
wollen wir nicht vergessen. Sie liegt auf einer Anhöhe
hinter dem Dorfe. Rings ist sie umgeben von kleinen
Erdhügeln, die mit Kreuzen und Denksteinen, mit
Blumen und Rasen geschmückt sind, und unter denen
in ihren Gräbern die Toten ruhen. Diesen Raum um
die Kirche nennt man den Kirchhof, weil er zur Kirche
gehört, oder den Friedhof, weil die, welche hier bestattet
sind, eingegangen sind zum ewigen Frieden. — Die Kirche
selbst besteht aus zwei Teilen, dem Schiffe und dem
Turme. Das Schiff der Kirche, welches mit großen
Bogenfenstern und mit einem spitzen Schieferdache
versehen ist, schließt den Raum in sich, in welchem sich die
Leute zum Gottesdienste versammeln. In dem oberen
Teile des Turmes befinden sich die Glocken, weshalb
er der Glockenturm heißt; man läutet mit den
Glocken, um die Sonn- und Festtage anzukündigen,
und die Leute aufzufordern, alle Arbeit ruhen zu lassen
und in die Kirche zu gehen, um hier zu singen und zu
beten, und das Wort Gottes zu hören. Auch Kinder
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Tafel 8.
Das Feld.
Das Bild, liebe Kinder, welches ihr hier vor euch
seht, zeigt euch nicht, wie manche der vorigen, die Teile
eines Hauses oder eine Stelle innerhalb der Stadt;
es sührt euch weiter hinaus, wo viele von euch vielleicht
noch nicht gewesen sind: auf ein Erntefeld. — Die
Ernte ist eine Zeit der Arbeit aber auch der Freude für
die Landleute. Wenn sie im Frühling den Acker bestellt
haben, so giebt der liebe Gott, daß der Same aufgeht
und zu Getreide wird, welches sie dann im Herbst ein-
sammeln. Diese Zeit ist nun gekommen, und Männer
und Frauen, alte und junge haben sich dazu auf das
Feld be geben. Obgleich alle, die ihr hier seht, sehr be-
schäftigt sind, so sieht man es ihnen doch an, daß die
Arbeit sie nicht unmutig macht, sondern daß sie dabei
ftohen Sinnes sind. Hier rechts steht das Getreide,
das ihr gewiß schon kennt. Es ist in diesem Jahre sehr
gut g eraten, denn diese bei demselben beschäftigten Männer
vermögen kaum darüber hinwegzusehen. Hans und Martin
haben zur Ausrichtung der von ihnen bereits begonnenen
Arbeit ganz sonderbare Werkzeuge in der Hand. Sie
bestehen aus einem scharfen Messer, das man mit bloßen
Fingern nur sehr vorsichtig anfassen darf, um sich nicht
zu schneiden, aus mehreren Stäben, die mit dem Messer
fast gleiche Länge haben, und aus einem langen Stocke,
vermittelst dessen man das Messer regiert. Man nennt
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49
Taf. Viii. Das Feld.
ordentlich daraus setzen, und den breiten Weg herum zur
Scheune fahren, wo die Garben abgeladen werden. Morgen
wird man dieselben auseinander binden, und mit langen
Stöcken, die man Dreschflegel nennt, darauf schlagen,
daß die Körner, welche am Ende der Halme in kleinen Ge-
häusen, Ähren genannt, enthalten sind, auf den Boden
fallen. Die leeren Halme werden dann klein geschnitten,
und den Pferden und Kühen zum Futter gegeben, wie wir
das schon auf einer der früheren Tafeln gesehen haben,
oder man legt sie breit und läßt die Knechte, welche keine
weichen Betten haben, wie ihr, darauf schlafen. Was man
mit den Körnern macht, das sollt ihr nachher hören.
Jetzt wollen wir auf das Feld zurückkehren. Was hat
nun Rose da in der Hand? Dies Werkzeug nennt man
eine Harke. Sie besteht aus einem Stock, an dessen Ende
sich ein kleiner Querbalken befindet, der mit einigen
spitzen Stäben, Zinken genannt, versehen ist. Mit dieser
Harke bringt Rose alle die Halme, welche Liese beim Bin-
den hat liegen lassen, zusammen, damit keiner verloren gehe,
sondern immer neue Garben daraus entstehen. Ihre Arbeit
muß wohl nicht schwer sein, denn sie sieht nicht einmal dar-
auf, sondern läßt ihre Augen über die Harke hinwegwan-
dern. Sollte auch hier und da ein Hälmchen liegen bleiben,
so ist es doch nicht verloren; denn wenn die Ernte vorüber
ist, so kommen die armen Leute, die kein Kornfeld haben,
und lesen die abgefallenen Ähren von den Stoppelfeldern
auf, um sie für sich zu benutzen; oder die Vöglein fliegen
herbei und suchen sich die Strohhälmchen, um ihre Nester
davon zu bauen.
Hier links an der Seite sehet ihr ein Gewächs, das
dem Getreide sehr ähnlich sieht. Es ist Flachs. Er be-
steht aus einem Halme, der am obern Ende Körner trägt.
Aus diesen preßt man Ql, und von den Überbleibseln
bereitet man sogenannte Leinkuchen zum Futter für das
Vieh. Auch der Flachs ist jetzt reif geworden, und Marthe
Bormann, Das Leben rc. 8. Aufl. 4
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51
Taf. Viii. Das Feld.
wieder nach dem Dorfe zurück. Die Schäfchen werden bald
ihren Stall erreicht haben, denn sie sind schon am Dorfe.
Der treue Spitz, ihr Wächter, springt lustig an seinem Herrn
empor, während die Schafe auf dem grünen Anger, über
den sie ihr Heimweg führt, noch einige grüne Halme zur
Abendkost naschen.
Wir wollen nun die Herden ruhig nach ihren Ställen
ziehen lassen, und einmal diesen kleinen Hügel hinaufsteigen.
Da steht ein seltsames Gebäude, welches ganz aus Holz
gefertigt ist. Man nennt es eine Windmühle. Die
vier langen Flügel, welche ihr daran hervorragen seht,
werden, wenn es windig ist, in einem Kreise herumge-
trieben. Dadurch wird ein Rad in der Mühle in Be-
wegung gesetzt, und durch dieses zwei gewaltige Steine,
die man Mühlsteine nennt. Zwischen ihnen werden die
Körner zermalmt, welche, wie ihr gehört habt, durch die
großen Dreschflegel aus den Getreideähren geschlagen
werden. Es entsteht dann daraus das Mehl, welches der
Bäcker bekommt, der die wohlschmeckenden Brote und
Semmeln daraus bereitet. Wie wunderbar ist auch das,
daß aus dem Getreide auf dem Acker Brot werden kann!
Wenn also die guten Landleute nicht so fleißig das Korn
anbauten, und wenn der liebe Gott es nicht so schön
wachsen ließe, so müßtet ihr diese wohlschmeckende Kost ganz
entbehren.
Hier an der Thür, die in die Mühle führt, seht ihr
den Mühlenmeister oder Müller stehen. Er bekommt
soeben große Säcke mit Getreidekörnern, die er zu Mehl
mahlen soll. Sein Knecht bringt dieselben auf den Boden
der Mühle. Nicht weit von der Mühle sehet ihr einen
Esel, der noch mehr Säcke mit Getreide herzuträgt. Das
arme Tier muß sich sehr anstrengen, um mit der großen
Last den Berg hinauf zu kommen, und dennoch wird es
dabei von seinem Treiber mit dem Stecken geschlagen.
Das ist sehr unbarmherzig von dem Manne. Man muß
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