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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 22

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
22 um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte: „Es ist dunkle Nacht, da kannst du wohl dein Hemd weggehen“; und gab es auch noch hin. Und als es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter harte, blanke Thaler, und ob es gleich sein Hemdlein wegge- geben, so hatte es ein neues an vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die Thaler hinein und wurde reich für sein Lebtag. 39. Räthsel. Zwei Väter, zwei Söhne zogen ans. Was brachten sie von der Jagd nach Haus? Drei Hasen; davon einen ganzen trug jeder Jäger in seinem Ranzen. Nun sage du: Wie ging das zu? 49. Fra« Holle. (Märchen.) Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit thun und war recht der Aschenputtel im Hause. Das arme Mädchen mußte sich täglich hinaus auf die große Straße bei einem Brunnen setzen und so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spule einmal ganz blutig war; da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen; sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Weinend lief es zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück; die schalt es heftig und war so unbarmherzig, daß sie sprach: „Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol' sie auch wieder herauf!" Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht, was cs anfangen sollte und sprang in ihrer Angst in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es er- wachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, da schien die Sonne und waren viel tausend Blumen. Auf der Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der war voll Brot; das Brot aber rief: „Ach, zieh mich 'raus, sonst verbrenn' ich, ich bin schon längst ausgebacken!" Da trat es fleißig hinzu und holte alles heraus. Darnach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Aepfel und rief ihr zu: „Ach, schüttle mich, schüttle mich, wir Aepfel sind

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 23

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
alle mit einander reif!" Da schüttelte es den Baum, daß die Aepfel fielen, als regneten sie, und schüttelte so lange, bis keiner mehr oben war; darnach ging es weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Hause, daraus guckte eine alte Frau; weil sie aber so großezähne hatte, ward ihm angst, und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Fürcht' dich nicht, liebes Kind! Bleib' bei mir; wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich thun willst, so soll dir's gut gehen; nur mußt du Acht geben, daß du mein Bett gut machst und es fleißig auf- schüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es auf der Welt; ich bin die Frau Holle!" Weil die Alte ihm so gut zusprach, willigte das Mädchen ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett immer ge- waltig auf; dafür hatte es auch ein gutes Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war cs eine Zeit lang bei der Frau Holle; da ward es trau- rig in seinem Herzen, und ob es hier gleich viel tausendmal besser war, als zu Hause, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr: „Ich habe den Jammer nach Haus gekriegt, und wenn es mir hier auch noch so gut geht, so kann ich doch nicht länger bleiben." Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, daß du wieder nach Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ick dich selbst wieder hinauf bringen." Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Thor. Das ward ausgethan, und als das Mädchen darunter stand, siel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist!" sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Thor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Hause; und als es in den Hof kam , saß der Hahn auf dem Brunnen und rief: „Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!" Da ging cs hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es gut auf- genommen. Als die Mutter hörte, wie es zu dem Reichthum gekommen war, wollte sie der häßlichen und faulen Tochter dasselbe Glück verschaffen. Sie mußte sich an den Brunnen setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und zerstieß sich die Hand an der Dornhecke. Darnach warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen ge- langte, schrie das Brot wieder: „Ach zieh mich 'raus, zieh mich 'raus, sonst verbrenn'ich, ich bin schon längst ausgebacken!" Die Faule antwortete: „Da hätt' ich Lust, mich schmutzig zu machen!" und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der ries: „Ach, schüttle mich, schüttle mich, wir Aepfel sind alle mit einander reif." Sie antwortete

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 24

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
24 aber: „Du kommst mir eben recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen!" und ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tage that sie sich Gewalt an, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte; denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde. Am zweiten Tage sing sie schon an zu faulenzen; am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch der Frau Holle ihr Bett schlecht und schüttelte es nicht, daß die Federn aufflogen. Des ward die Frau Holle bald müde und sagte der Faulen den Dienst auf. Die war es wohl zufrieden und meinte, nun würde der Goldregen kommen. Die Frau Holle führte sie auch zu dem Thor; als sie aber darunter stand, ward statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste!" sagte die Frau Holle und schloß das Thor zu. Da kam die Faule heim und war ganz mit Pech bedeckt; und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief: „Kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie!" — Das Pech aber blieb an ihr hängen und wollte, so lange sie lebte, nicht abgehen. 41. 1)617 Wolf und der Fuchs. (M ä r c h e n.) Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das muszte der Fuchs thun, weil er der Schwächste war; und der Fuchs wär’ gern des Herrn los gewesen. Nun trug es sich zu, dasz sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rothfuchs, schaff’ mir was zu fressen, oder ich fresse dich !“ Da antwortete der Fuchs : „Ich weisz einen Bauernhof, wo ein Paar junge Lämmlein sind; hast du Lust, so wollen wir eins holen!“ Der Wolf war’s zufrieden, und sie gingen hin, und der Fuchs stahl das eine Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da frasz es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben und ging, es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und ling an entsetzlich zu schreien und zu bläen, dasz die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, dasz er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du hast mich schön angeführt!“ sprach er; ..ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und weich- geschlagen.“ Der Fuchs antwortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt! “ Am andern Tag gingen sie wieder im Feld, sprach der Wolf abermals zum Fuchs: „Rothfuchs, schaff’ mir was zu

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 25

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
fressen, oder ich fresse dich !“ Da antwortete der Fachs : „Ich weisz ein Bauernhaus, da bäckt die Frau heute Abend Pfann- kuchen, wir wollen uns davon holen!“ Sie gingen hin, und der Fuchs schlich sich um’s Haus herum, guckte und schnupperte so lange, bis er ausfindig machte, wo die Schüssel stand, und zog sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolf. „Da hast du zu fressen!“ sprach er zu ihm, und ging seine Wege. Der Wolf hatte die Pfannkuchen i n einem Augenblick verschluckt und sprach: „Sie schmecken nach mehr“, ging hin und risz ge- radezu die ganze Schüssel herunter, dasz sie in Stücke zer- sprang. Da gab’s einen gewaltigen Lärm, dasz die Frau heraus- kam, und als sie den Wolf sah, rief sie ihre Leute, die eilten herbei und schlugen ihn, was das Zeug wollte halten, dasz er mit zwei lahmen Beinen und lautem Geschrei zum Fuchs in den Wald hinauskam. „Was hast du mich garstig angeführt!“ rief er, „die Bauern haben micherwischt und mir die Haut gegerbt.“ Der Fuchs antwortete: „Warum bist du so ein Nimmersatt!“ Am dritten Tag, als sie beisammen drauszen waren, und der Wolf mit Mühe nur forthinkte, sprach er doch wieder: „Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich !“ Der Fuchs antwortete: „Ich weisz einen Mann, der hat ge- schlachtet, und das gesalzene Fleisch liegt in einem Fasz im Keller, das wollen wir holen!“ Sprach der Wolf: „Aber ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort kann.“ „Meinetwegen“, sagte der Fuchs und zeigte ihm die Schliche und Wege, auf welchen sie endlich in den Keller ge- langten. Da war nun Fleisch im Ueberflusz, und der Wolf machte sich gleich daran und dachte: „Bis ich aufhöre, hass Zeit.“ Der Fuchs liesz sich’s auch gut schmecken, blickte über- all herum, lief auch oft zu dem Loch, durch welches sie ge- kommen waren, und versuchte, ob sein Leib noch schmal genug wäre durchzuschlüpfen. Sprach der Wolf: „Lieber Fuchs, ei, was rennst du so hin und her und springst hinaus und herein?“ „Ich muszdoch sehen, ob niemand kommt“, antwortete er listig, „frisz nur nicht zu viel!" Da sagte der Wolf: „Ich gehe nicht eher fort, als bis das Fasz leer ist.“ Indem kam der Bauer, der den Lärm von des Fuchses Sprüngen gehört hatte, in den Keller. Der Fuchs, als er ihn sah, war mit einem Satz zum Loch hinaus. Der Wolf wollte nach, aber er hatte sich zu dick gefressen, dasz er nicht mehr durch konnte, sondern stecken blieb. Da kam der Bauer mit einem Knüppel und schlug ihn todt. Der Fuchs aber sprang in den Wald und war froh, dasz er den alten Nim- mersatt los war.

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 34

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
34 3. Entschließ' du dich, mich fortzutragen, 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken so will ich dir die Stege sagen: sich auf des Blinden breiten Rücken: so wird dein starker Fuß mein Bein, vereint wirkt also dieses Paar, mein Helles Auge deines sein. was einzeln keinem möglich war. 63. Die Pfauen und die K^ähe. (Fabel.) Eine stolze Krähe schmückte sich mit den ausgefallenen Federn der farbigen Pfauen und mischte sich kühn, als sie genug geschmückt zu sein glaubte, unter diese glänzenden Vögel. Sie ward erkannt; und schnell fielen die Pfauen mit scharfen Schnäbeln auf sie, ihr den be- trügerischen Putz auszureißen. „Lasset nach!" schrie sie endlich; „ihr habt nun alles das Eurige wieder." Doch die Pfauen, welche einige von den eigenen glänzenden Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, versetzten: „Schweig', arm- selige Närrin ; auch diese können nicht dein sein !"— und hackten weiter. 64. Zwei Räthsel. ]. Im Lenz erfreu’ ich dich, im Sommer kühl’ ich dich, im Herbst ernähr’ ich dich, im Winter wärm’ ich dich. 2. Erst weisz wie Schnee, dann grün wie Klee, dann roth wie Blut, 8chmeckt’s Kindern gut. 65. Die Treiber und der Lastträger. Der König Alexander von Macedonien saß neben der Thür seines großen Zeltes und wartete auf einen großen Haufen Geld, das ihm gebracht werden sollte. Das Zelt stand auf einer kleinen Anhöhe, und der König konnte von da die ganze Gegend übersehen. Er sah nach der Richtung hin, woher das Geld gebracht werden sollte. Lange hatte er schon so gesessen, da bemerkte er, wie sich in der Ferne Staubwolken erhoben. Ein langer Zug von Maulthieren kam daher und ging auf das Lager zu. Aber die Thiere waren so schwer beladen und so müde geworden, daß sie nicht weitergehen wollten. Die Treiber aber wollten das Geld recht bald dem Könige zu Füßen legen und von ihm eine Belohnung empfangen. Sie hieben daher auf die matten Thiere un- barmherzig los und schrieen dazu so laut, daß alle Soldaten aus ihren Zelten stürzten, um zu sehen, was es gäbe. Nur einer von den Trei- bern band sein Thier an einen Lagerpfahl, nahm ihm die schweren Säcke ab und trug sie in drei Malen zum Könige hin. Der König aber, der ihn besonders in's Auge gefaßt hatte, trat ihm entgegen, als er zum dritten Mal kam, und sagte: „Mein Freund, bring' diese zwei Säcke nicht in mein, sondern in dein Zelt. Du bist werth, sie zu besitzen."

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 9

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
9 Mantelsack angebunden war, und er fiel herab, ohne daß es der Kauf- mann merkte. Der Hund aber sah es und sing an zu winseln; jedoch der Kaufmann kehrte sich nicht daran. Da der Hund immer ärger bellte, hieb ihn der Kaufmann mit der Peitsche; doch der gute Hund hörte nicht auf, er sprang an das Pferd und biß es in die Füße, daß cs nicht weiter gehen sollte. Nun dachte der Kaufmann, sein Hund sei toll geworden, nahm seine Pistole, streckte durch einen Schuß den Hund nieder und ritt weiter. Als er noch eine Strecke geritten war, fühlte er hinter sich und erschrak, als er seinen Mantelsack vermißte. Nun ritt er zurück und sah überall Blutspuren von seinem Hunde. Endlich kam er an den Ort, wo sein Geldsack herunter gefallen war. Da lag sein treuer Hund neben dem Sacke. Er wedelte mit dem Schwänze, leckte seinem Herrn die Hand und starb. 15. Der Fuchs und die Trauben. (Fabel.) Ein Fuchs kam auf einem Gange nach Beute an einen Wein- stock, der voll süßer Trauben hing. Lange schlich er vor demselben auf und ab. Er versuchte, zu den Trauben zu gelangen. Aber um- sonst, sie hingen zu hoch. Um sich nun von den Vögeln, welche zu- gesehen hatten, nicht verspotten zu lassen, wandte er sich mit verächt- licher Miene weg und sprach: „Die Trauben sind mir zu sauer; ich mag sie nicht haben." 16. Das Hirtenbüblein. Es war einmal ein Hirtenbüblein, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht und ließ das Büblein kommen. Da sprach er zu ihm: „Kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlege, Antwort geben, fo will ich dich halten wie mein eigen Kind." Sprach das Büblein: „Wie lauten die drei Fragen?" Derkönig sagte: „Wie viel Tropfen Wasser sind imwelt- meere?" Das Hirtenbüblein antwortete: „Herr König, laßt alle Flüsse auf Erden verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus in's Meer lause, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch dann genau sagen, wie viel Tropfen im Meere sind." Sprach der König: „Die andere Frage lautet: Wie viel Sterne stehen am Himmel?" Das

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 40

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
40 „Der Zaunkönig ist ohne Land; das Wasser in dem Auge ist ohne Sand." hat weder Holz, noch Stein? Welcher große Strauß hat kein Blümelein." Welches schöne Haus Was für ein König ist ohne Thron? „Das kleine Schneckenhaus hat weder Holz, noch Stein; der große Vogel Strauß hat keine Blümelein." Und was für Knechte haben keinen Lohn? „Der Kartenkönig ist ohne Thron, Was für ein Herz thut keinen Schlag? Und was für ein Tag hat keine Nacht? und die Stiefelknechte haben keinen Lohn." „Das todte Herz thut keinen Schlag, und der allerjüngste Tag hat keine Nacht." 75. Auöe und Dock Es war einmal ein Bube, der wollte lieber essen als lesen, hielt mehr von Nüssen als vom Wissen; darum nannten ihn die Leute den „Faulen". Das wollte ihn aber sehr verdrießen, und erdachte: „Wart', ichwill's euch allen zeigen, wie ich fleißig bin!" nahm ein Lesebuch und ging hin- unter auf die Straße. Auf der Straße lag ein dicker Baumstamm, auf den setzte sich der Knabe. Dort mußten die Leute alle vorbei. Er nimmt das Buch auf den Schoß, hält's aber verkehrt, so daß die Buchstaben alle auf dem Kopfe stehen. Da sitzt er, guckt hinein und baumelt mit den Beinen. Bald nickt er aber mit dem Kopfe; denn er ist eingeschlafen. Wer kommt um die Ecke am Gartenzaun? — Der Ziegenbock ist's, ein muntrer Gesell, der seine Kopfarbeit wohl gelernt hat und es mit jedem darin aufnimmt; denn seine Hörner sind groß, und seine Stirn ist hart. Der tritt zu dem schnarchenden Buben und sieht ihn nicken. „Hei", denkt er, „meinst du mich? ich bin schon dabei!" Er stampft mit dem Vorder- bein und geht einige Schritte zurück. Der Junge nickt weiter. „Gleich!" meint der Bock, nimmt einen Anlauf, bäumt auf den Hinterbeinen empor und „Puff!" giebt's einen Stoß. Der Bock an des Buben Kopf, der Bub' rückwärts hinunter vom Baumstamm, das Buch empor, hoch in die Luft! Heulend rafft der Junge sich auf und eilt in das Haus. Hat er keinen Buchstaben im Kopf, hat er doch eine Beule daran. Der Bock steht aber verwundert im Wege über den zu leichten Sieg und wartet, ob wieder ein Bub' kommt, der nichts gelernt hat und auf der Straße dann einschläft.

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 16

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
16 still und stumm. Oft flatterte es auch hin und her und stieß sich das Köpfchen wund. Als das die kleine Anna sah, jammerte sie das Vög- lein: sie machte das Bauer auf und ließ es fliegen. Da flog die Lerche hoch in die Luft und fang so schön, daß alle Menschen stillstanden und zuhörten. Die kleine Anna aber freute sich noch lange, daß sie dem Thierchen die Freiheit geschenkt hatte. Und wenn sie einmal auf das Feld kam und hörte eine Lerche singen, dann sprach sie leise bei sich selbst: „Ob. es wohl mein Lerchlein ist?" 30. Das Kind unter den Wölfen. Auf dem Riesengebirge lebte einmal eine arme Frau, die hatte ein kleines Kind und auch eine große Herde. Die Herde aber gehörte nicht der Frau, sondern sie hütete sie nur. Und da saß sie einmal mit ihrem Kinde in dem Walde und gab dem Kinde Brei aus dem Napfe, und die Kühe weideten unterdessen auf dem Grase. In dem Walde aber waren böse Wölfe, und als die Kühe von dem Grase in den Wald gingen, wo es kühl war und auch viel Gras wuchs, dachte die Frau, der Wolf könnte kommen und die Kühe fressen. Und da gab sie dem Kinde den Napf mit dem Brei und einen hölzernen Löffel dazu und sagte: „Da,Kindchen, nimm und iß; nimm aber den Löffel nicht zu voll!" Und nun stand sie auf und ging in den Wald und wollte die Kühe heraus treiben. Und als nun das Kind so allein da saß und aß, kam eine große, große Wölfin aus dem Walde herausge- sprungen und gerade auf das Kind los, und faßte es mit den Zähnen hinten an der Jacke und trug es in den Wald. Und da die Mutter wieder kam, war kein Kind mehr da, und der Napf lag auf der Erde, aber der Löffel lag nicht dabei; denn den hatte das Kind in der Hand festgehalten. Und wie das die Mutter sah, dachte sie gleich: „Das hat kein anderer gethan als der Wolf," und lief in das Dorf und schrie entsetzlich, daß die Leute heraus kämen. Unterdessen kam ein Bote durch den Wald gegangen, der hatte sich verirrt und wußte nicht, wo er war. Und als er so durch die Büsche geht und den Weg sucht, hört er etwas sprechen und denkt gleich: „Da müssen wohl Leute sein!" Und es sagte immer: „Geh, oder ich geb' dir was !" Und als er nun das Gebüsch von einander thut und sehen will, was es ist, sitzt ein Kindchen auf der Erde und sechs kleine Mölschen herum, die fahren immer auf das Kind zu und

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 48

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
48 da angst und bange! Aber der liebe Gott wacht ja über ihnen, und sie schlafen endlich betend ein.— Aber als am andern Morgen die Kinder nicht heimkommen, da wird den Eltern angst. Sie schicken einen Boten zur Pathe, und wie dieser wieder kommt, geht alles, was laufen kann, mit Schaufeln in den Wald, um die Kinder zu suchen. Da sieht man denn das rothe Fähnlein noch ein wenig aus dem Schnee Hervorschauen, und die Leute kennen das Tüchlein und denken gleich : da müssen auch die Mädchen sein. In der dunkeln Schneekammer drinnen hören die Kinder das Rufen und antworten darauf; aber heraus können sie nicht. Die Männer schau- feln jetzt den Schnee weg; denn es ist alles zugeweht und zugeschneit, und gut war's nur, daß die Tannenbäumchen das schwere Dach von Schnee tragen mochten; die Kinder wären sonst erstickt. O wie freute sich alles, da die Kinder gerettet waren, und wie dankte jeder dem lieben Gott, der so väterlich die Kinder beschützte! 92. Der Winter. 1. Der Winter ist ein rechter Mann, kernfest und auf die Dauer; sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an; er scheut nicht siisz noch sauer. 2. War je ein Mann gesund wie er? Er krankt und kränkelt nimmer; er trotzt der Kälte gleich dem Bär und schläft im kalten Zimmer. 3. Er zieht sein Hemd im Freien an und läszt’s vorher nicht wärmen ; er spottet über Flusz im Zahn und Grimmen in Gedärmen. 4. Aus Blumen und aus Vogel- sang weisz er sich nichts zu machen, haszt warmen Trank und Lieder- klang und alle warmen Sachen. 5. Doch wenn die Füchse bellen sehr, wenn’s Holz im Ofen knittert und um den Ofen Knecht und Herr die Hände reibt und zittert; 6. wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht . und Teich und Seen krachen: das klingt ihm gut, das haszt er nicht, dann will er todt sich lachen. 7. Sein Schlosz von Eis liegt ganz hinaus beim Nordpol an dem Strande ; doch hat er auch ein Sommerhaus im lieben Schweizerlande. 8. Da ist er denn bald dort, bald hier, gut Regiment zu führen; und wenn er durchzieht, stehen wir und sehn ihn an .und frieren. 93. Das Büblein auf dem Eise. 1. Gefroren hat es Heuer noch gar kein festes Eis. Das Büblein steht am Weiher und spricht zu sich ganz leis': „Ich will es einmal wagen; das Eis muß doch nun tragen!" Wer weiß? 2. Das Büblein stampft und hacket mit seinen Stiefelein. Das Eis auf einmal knacket, und krach! schon bricht's hinein. Das Büblein platscht und krabbelt als wie ein Krebs und zappelt mit Arm und Bein.

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 52

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
52 3. Die Sternlein schün am Himmel gehn; die Glock’ schlägt zwei, sie geh’n hinunter nach der Reih’. 4. Der Wind , der weht, der Hahn, der kräht, die Glock’ schlägt drei, der Fuhrmann hebt sich von der Streu. 5. Der Gaul, der scharrt, die Stallthür knarrt. Die Glock’ schlägt vier, der Kutscher siebt den Hafer schier. 6. Die Schwalbe lacht, die Sonn’ erwacht. Die Glock’ schlägt fünf; der Wandrer macht sich auf die Strümps. 7. Das Huhn gagackt, die Ente quakt. Die Glock’ schlägt sechs; steh auf, steh auf, du faule Hex’! 8. Zum Bäcker lauf, ein Semmlein kauf’! Die Glock’ schlägt sieben ; die Milch thu’ an das Feuer schieben! 9. Thu’ Butter ’nein und Semmel fein! Die Glock’ schlägt acht; geschwind dem Kind’ die'supp’ gebracht! 99. Wer ist denn mein Nächster? Ein Kesselflicker in der Gegend von Halberstadt ging einst bei strenger Kalte mit seinem Geräthe über Feld und fand an der Landstraße einen Juden ganz erfroren. Neben ihm stand ein Körbchen mit Tüchern und Bändern, mit denen er gehandelt hatte. Ein liebloser, unredlicher Mensch hätte vielleicht die Waaren mit sich genommen und den Juden liegen lassen ; aber dem ehrlichen Kesselflicker blutete das Herz bei diesem Anblick. „Viel- leicht", sprach er bei sich selbst, „lebt der arme Jude noch und kann sich wieder erholen; ist er gleich ein Jude, so ist er doch ein Mensch, ist mein Nächster, und ich muß ihm helfen." — So dachte er, verscharrte sogleich seine und des Juden Sachen in den Schnee, nahm den Juden auf den Rücken, trug ihn in das nächste Dorf und sorgte nun dafür, daß alle Mittel angewendet wurden, ihn wieder zum Leben zu bringen. Nichts glich seiner Freude, als er endlich sah, daß der Jude die Augen wieder aufschlug und in's Leben zurückkam. „Gottlob!" rief er aus, „so war doch meine Hülfe nicht vergebens!" —- Hierauf gab er dem Wirth etwas Geld zur Verpflegung des Inden, lief dann wieder auf das Feld und brachte seine und des Juden Sachen aus dem Schnee herbei. Als er zurückkam, fiel ihm der Jude voll dankbarer Rührung um den Hals, dankte ihm herzlich für seine Errettung und bot ihm seinen ganzen Korb mit den Waaren zum Geschenke an; aber der Kesselflicker nahm gar nichts. Ver- gebens drang der Jude mit weinenden Augen in ihn, doch nur eine kleine Erkenntlichkeit anzunehmen; sein Retter ließ ihn gar nicht zum Worte
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