106
zuletzt weichen. Blcher wre in dieser Schlacht beinahe den Feinden in die Hnde gefallen. Er strzte mit seinem Pferde, das von einer Kugel getroffen war, und konnte sich nicht wieder frei machen. Spter gelang es seinem Begleiter, ihn hervorzuziehen, auf ein Pferd zu heben und zu retten. Die Schlacht war fr die Preußen verloren. Doch flohen sie nicht, wie Napoleon meinte, sondern zogen sich in aller Ordnung zurck. Ihr Mut war nicht gebrochen.
d. Blchers und Wellingtons Sieg bei Belle-Alliance. Jetzt marschierte Napoleon gegen das Heer Wellingtons, das aus Deutschen, Englndern und Hollndern bestand. Er dachte mit ihnen auch rasch fertig zu werden. In der Nacht vom 17. auf den 18. Juni kam ein Eilbote Wellingtons in das preuische Lager. Er bat den alten Blcher, am folgenden Tage dem englischen Feld-Herrn zwei Heerhaufen zur Hilfe zu schicken. Blcher lie ihm wieder sagen: Nicht mit zwei Heerhaufen, mit dem ganzen Heere will ich kommen, und wenn die Franzosen uns nicht angreifen, wollen wir sie angreifen." Als er frh am Morgen zu Pferde steigen wollte, hielt ihn der Wundarzt zurck, um ihn erst einzureiben. Ach was," sagte der Greis, noch erst schmieren? Ob ich heute balsamiert oder un-balsamiert in die andre Welt gehe, wird wohl auf eins herauskommen!" Und als er bemerkte, da es heftig regnete, rief er vergngt: Siehe da, unser Bundesgenosse von der Katzbach; da sparen wir dem König I wieder viel Pulver!" Nun hie es: Marsch!" und das ganze preuische Heer setzte sich in Bewegung. Als Napoleon an diesem Morgen das englische Heer erblickte, das auf Anhhen aufgestellt war,
rief er aus: Ha, nun finde ich sie endlich, diese Englnder!" Er ordnete sein Heer zum Angriff; eine frchterliche Schlacht begann. Auf beiden Seiten wute man, da von dieser Schlacht sehr, sehr viel abhinge. Wie oft und wie ungestm auch die franzsischen Krieger heranstrmten, die Englnder mit ihren deutschen Verbndeten standen wie die Mauern. Doch endlich ergreift Wellington ein Bangen. Schon lange hat er sehnschtig nach den Preußen ausgeschaut, aber immer vergebens. Er ruft aus: Ich wollte, es wre Nacht, oder die Preußen kmen!" Da kommt Blcher. Es ist 5 Uhr nachmittags. Bei den durchweichten Wegen haben die Preußen nicht schnell vorwrts gekonnt. Nun aber greifen sie ungestm an. Jetzt gewinnen auch Wellingtons Krieger neuen Mut. Unaufhaltsam dringen sie auf den Feind ein. Endlich mssen die Franzosen doch erliegen. Rette sich, wer kann!" hrt man rufen. Das ganze Heer flieht. Nach der Schlacht treffen sich Blcher und Wellington auf einem Bauernhofe, Belle-Alliance genannt (d. h. schner Bund). Davon hat die Schlacht ihren Namen erhalten. Gneisenau mit der Reiterei verfolgt den fliehenden Feind. Beinahe wre Napoleon selbst gefangen worden. Die Preußen sind ihm ganz nahe; er hat nur noch eben Zeit, aus dem
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Wellingtons Napoleon Napoleon
Vi. Die Zeit -es dreistigjährigen Ariege-
55
d) Gustav Adolfs Tod bei Lützen. 1632. Wallenstein führte sein Heer jetzt ins Kurfürstentum Sachsen. Gustav Adolf eilte ihm nach und faßte ihn bei Lützen. Hier sollte die Entscheidung fallen. Es war in der Frühe des 16. November 1632, als beide Heere erwartungsvoll einander gegenüber standen. Ein dichter Nebel bedeckte das Gefilde. Die Schweden sangen zum Schall der Pauken und Trompeten:
„Verzage nicht, du Häuflein klein,
Obwohl die Feinde willens sein,
Dich gänzlich zu verstören Und suchen deinen Untergang,
Davon dir wird recht angst und bang,
Es wird nicht lange währen."
Nachdem die Sonne den Nebel vertrieben, schwingt sich der König nach kurzem Gebet auf sein Roß und ruft: „Herr, hilf mir streiten zu deines Namens Ehre!" Die Schweden dringen vor, feindliche Massen Ziehen sich zurück, Geschütz wird erbeutet. Da kommt die Kunde: „Der rechte Flügel wankt und weicht!" Der König setzt sich an die Spitze seiner tapferen Reiter und jagt an den bedrängten Ort. Er wagt sich Zu weit vor und erhält einen Schuß in den Arm. Ein zweiter Schuß durchbohrt seinen Rücken; er fällt entseelt vom Pferde. Das Roß ohne Reiter verkündet den Tod des Königs. Den wollen die Schweden rächen, und mit namenloser Erbitterung greifen sie auf allen Punkten an. Dem Wallenstein zerfetzt ein dichter Kugelregen Hut und Mantel. Er weicht zurück nach Böhmen, wo er ein furchtbares Strafgericht über das geschlagene Heer hält. Gustav Adolfs Leichnam, von Blut und Hufschlägen entstellt, wurde mit vieler Mühe gefunden und nach Schweden gebracht. Die Stelle, wo der König gefallen, bezeichnet ein Denkstein, und sein Name lebt in der Gustav-Adolfstiftung fort bis in unsere Tage.
4. Die herrenlosen Söldner. Nach Gustav Adolfs Tode standen unserem Vaterlande noch große Drangsale bevor; denn der Krieg wütete noch sechzehn Jahre lang grausam und verheerend fort; die Schweden verwilderten, gleich den anderen Truppen, und trieben es ärger als Tillys und Wallensteins Scharen. Endlich mischten sich auch die Franzosen in den Streit, indem sie mit den Schweden gemeinschaftliche Sache machten. So wurde aus dem Glaubenskriege ein Beutekrieg, dessen Kosten und Lasten der deutsche Bürger und Bauer zu tragen hatte. Haufenweise oder einzeln zogen herrenlose Söldner durchs Land, bettelten und stahlen. Oft nahmen sie mit der einen Hand die Gabe und teilten mit der anderen Maulschellen aus. Wollten die Leute nicht freiwillig geben, so setzten ihnen die Söldner das Gewehr auf die Brust. Bürger und Bauern schmachteten im tiefsten Elend. Von den Schweden sagte das Volk:
„Die Schweden sind kommen, haben alles mitgenommen, haben die Fenster eingeschlagen und 's Blei davon getragen, haben Kugeln draus gegossen und den Bauer erschossen."
Die Bauern vergruben darum ihre Schätze in die Erde, flüchteten in die Städte, Wälder und unzugängliche Sümpfe, thaten sich in Rotten zusammen, um selbst zu rauben oder den Kamps zu wagen, wenn sie in der Mehrzahl waren. Die meisten von ihnen starben und verdarben jedoch während des Krieges.
5. Der westfälische Friede. Nach langen Verhandlungen zu Osnabrück und Münster mit Schweden und Franzosen war es endlich gelungen, dem Kriege ein Ende zu machen. Die Friedensbedingungen waren hart. Die schönsten Grenzländer wurden von Deutschland ab-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolf Gustav Adolf Häuflein Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolfs Gustav Adolfs
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Schweden Schweden Schweden Schweden Schweden Deutschland
144
Der Nachbar, der ein kluger Mann war, sprach: „Das kannst
du leicht, wenn du es nur recht anfängst. Sieh, hier auf dem Plätzchen,
wo du stehst, stecken mehr als hundert Thaler in dem Boden. Mache
nur, daß du sie herausbringst!"
Ich war damals noch ein unverständiger junger Mensch und grub
in der folgenden Nacht an der Stelle tief in die Erde hinein, fand
aber zu meinem Verdruß keinen einzigen Thaler.
Als der Nachbar am andern Morgen das Loch sah, lachte er, daß
er sich beide Seiten hielt und sagte: „Q du einfältiger Mensch, so
war es nicht gemeint! Ich will dir aber ein veredeltes Birnbäumchen
schenken. Das setze in die Grube, die du gemacht hast, und nach
einigen Jahren werden die Thaler schon zum Vorschein kommen."
Ich setzte den jungen Baum in die Erde; er wuchs und wurde
der große, herrliche Baum, den ihr hier seht. Die köstlichen Früchte,
welche er nun seit vielen Jahren getragen, brachten mir schon weit
mehr als hundert Thaler ein. Ich habe deshalb das Sprüchlein des
klugen Nachbars nicht vergessen; merkt es euch:
„Dcn sichersten Gewinn
Bringt Fleiß und kluger Sinn/
7. Oberlin und das Bäumepflauzen.
Auf das Anpflanzen der Bä-ume, zum allgemeinen Besten, legte Oberlin
einen großen Werth. „Satan, der Feind aller Wesen," so schrieb der 73jäh-
rige Pfarrer Joh. Fr. Oberlin zu Steinthal in einem Cirkularschreiben an seine
Gemeinde, „freut sich, wenn wir ausrotten und zerstören; unser Herr Jesus
Christus dagegen freut sich, wenn wir für das allgemeine Beste arbeiten--,
er freut sich, wenn wir aus Liebe zu den Brüdern Bäume anpflanzen." Wenn
die Kinder der Gemeinde die ersten Früchte der von ihnen gepflanzten Bäumchen
dem Papa Oberlin brachten, so war dies für beide ein froher Festtag. (Seite 72.)
8. Schwert und Pflug.
Einst war ein Graf, so geht die Mähr, der fühlte, daß er
sterbe; die Leiden Söhne rief er her, zu theilen Hab und Erbe.
Nach einem Pflug, nach einem Schwert rief da der alte De-
gen; das brachten ihm die Söhne werth, da gab er seinen Segen.
„Mein erster Sohn, mein stärkster Sproß, du sollst das Schwert be-
halten, die Berge mit dem stolzen Schloß, und all er Ehren walten.
Doch dir, nicht minder liebes Kind, dir sei der Pflug gegeben,
im Thal, wo stille Hütten sind, dort magst du friedlich leben."
So starb der lebensmüde Greis, als er sein Gut vergeben; die
Söhne hielten sein Geheiß treu durch ihr ganzes Leben.
Doch sprecht, was ward denn aus dem Stahl, dem Schlosse
und dem Krieger? Was ward denn aus dem stillen Thal, was
aus dem schwachen Pflüger?
O fragt nicht nach der Sage Ziel, euch künden rings die Gauen:
Der Berg ist wüst, das Schloß zerfiel, das Schwert ist längst zerhaurn.
Doch liegt das Thal voll Herrlichkeit im lichten Sonnenschimmer,
da wächst und reift es weit und breit, man ehrt den Pflug noch immer.
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TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen]]
Extrahierte Personennamen: Oberlin Oberlin Oberlin Jesus
Christus
36
häufige Schneestürze, die den Lawinen der Alpen ähnlich sind;
doch werden sie nicht so verderblich, wie diese. Im Winter sind Schlitten-
fahrten, aus kleinen Handschlitten die Bergabhänge hinab, ein gewöhn-
liches, dem Anscheine nach halsbrechendes Vergnügen, dessen Gefahren
aber die Kühnheit und Gewandtheit der Lenker leicht beseitigt.
Während im Winter der Schnee die Baudner oft entsetzlich be-
lästigt, erfahren sie im Sommer den häufigsten Wechsel von Nebel,
Regen und heiterer Witterung mit Winden und Stürmen. Plötzlich
ziehen Wolken zusammen und vertheilen sich wieder, einen lichten, bald
zerrissenen, bald dichten und zusammenhängenden Schleier um die Gipfel
der Berge ziehend. Schnell entstehen Windstöße von Norden und Süden
und umgekehrt; unerwartet ergießen sich die heftigsten Regengüsse, und
im schnellsten Wechsel erheitert und trübt sich der Himmel. Furchtbare
Gewitter, welche auch im Hochgebirge häufig sind, entladen sich mehr
an den Hängen und Thalrändern; doch treffen die Blitze nicht selten
die höchsten Gipfel der Berge, wie schon oft die Schneekoppe selbst,
namentlich am 18. Oktober 1825 in einer Stunde fünfmal.
Diese schnell wechselnden Erscheinungen in den höhern Regionen
sind, nach der Volkssage, die Launen des gewaltigen Berggeistes
Rübezahl, welcher seit dem dreißigjährigen Kriege diese schauerlich
große Gebirgsgegend beherrscht. In ihm laufen alle Mährchen und
Sagen des Riesengebirges zusammen: bald erscheint er als Mensch,
riesenhaft und rußig, bald auch in verschiedenen Thiergestalten, die
Bewohner der Gegend entweder beglückend oder neckend. Im Ganzen
fft jedoch der Charakter der Sagen vom Rübezahl mehr launenhaft und
komisch, selten tragisch. Seine Launen sind mannigfaltig und ab-
wechselnd, wie das Wetter im Gebirge: er straft diejenigen oft, die
ihn durch Rufen seines Namens necken und reizen; betrügerischen Roß-
händlern verkauft er ein stattliches Pferd, welches sich nachher in einen
Strohwisch verwandelt; Abenteurern wird ihr Pferd, ohne daß sie selbst
es merken, zum Stocke, auf dem sie hernach im lächerlichsten-Aufzuge
durch das Dorf reiten; Armen dagegen füllt er den Korb mit trockenem
Laube, das sie keuchend fortschleppen und nachher in Gold verwandelt
sehen; brave Kinder und rechtschaffene Brautleute beschenkt er öfters. Er
läßt sich statt des mit Unrecht Verurtheilten hängen, zappelt Stunden
lang am Galgen, und wenn man endlich nachsieht, findet man nur
einen Strohwisch. Im höchsten Gebirge duldet er keine Jagd; nicht
einmal Jagdhunde darf man dahin mitnehmen. — Von den hundert
verschiedenen Ableitungen seines Namens ist die bekannteste: er habe sich
von einer schönen Prinzessin foppen lassen, die ihm, während er auf
ihren Befehl die Rüben seines Gartens zählte, entflohen sei.
24. Der Glockenguß zu Breslau.
War einst ein Glockengießer ' Er hatte schon gegossen
Zu Breslau in der Stadt, Viel Glocken gelb und weiß,
Ein ehrenwerther Meister, Für Kirchen und Kapellen
Gewandt in Rath und Tbat. Zu Gottes Lob und Preis
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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70
42. Der Weinbau.
Karl der Große brachte aus Frankreich die ersten Reben an den
grünen deutschen Rhein, nach Rüdes heim, und jetzt stehen die Berge
am Rheine voll Reben bis an den Gipfel; hochgeehrt in aller Welt
ist der Rüdesheimer, der Johannisberger, der Scharlachberger,
Asmannshäuser, Markobrunner, Hochheimer, Niersteiner und
die Liebfrauenmilch von Worms, und in allen deutschen Ländern
erklingt das Lied: „Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben!"
Jst's doch, als ob in den weintrinkenden Völkern ein regeres geistiges
Leben pulsirte, als da, wo der Biergeist, oder gar der Fuselgeist re-
giert! Und welche Thätigkeit, welcher Jubel herrscht auf den grünenden
Rebenhügeln! Da wird im Frühjahr der Weinstock behackt, gesenkt und
beschnitten und an die schützenden Pfähle gebunden. Wie die Kinder
pflegt der Winzer seine Neben und athmet freier auf, wenn nur Pan-
kratius und Servatius (12. und 13. Mai) erst vorüber sind. Wenn
dann auch die Blüthe glücklich vorübergegangen und die wilden Triebe aus-
gebrochen sind, wenn erst die glühende Sommersonne die Trauben gereift hat
— dann tragen im Spätherbste die Winzer in ihren Butten jubelnd
den reichen Segen in die Kelterhäuser und preffen den süßen Most
aus den durchsichtigen Trauben. Während der zu weißem Weine
bestimmte Most abgefüllt wird, gähren die rothen Weine auf den
blauen Beeren und werden wohl noch mit Heidelbeeren oder Blauholz
roth gefärbt. In gewaltigen Fässern gährt dann der junge Wein; er
stößt die Unreinigkeiten aus und klärt sich ab; und wenn er ausge-
gohren, dann wird er von dem Hefenniederschlage abgefüllt und in
geschwefelten Stückfässern aufbewahrt. Dann ziehen die Weinreisenden
aus in alle Welt, und manche schwatzen dem Unkundigen ihre guten
oder schlechten, angeblich 1811er, 1834er, 1846er, 1857er, 1858er,
1859er Weine auf; wohl beginnen auch manche Weinhändler ihre
Künste mit Mischen und Verfälschen, mit Klären und Schönen,
und brauen Weine aus Zucker und Branntwein und giftigem Blei-
zucker, und kleben bunte Etiketten mit schönen Namen auf
schlechte Sorten, die dann mancher unkundige Wirth für gute Weine
kauft und mancher noch unkundigere Gast für gute Weine trinkt. Viel
besser ist es aber, seinen Durst — statt mit schlechtem Weine — mir
gutem Biere oder frischem Quellwasser zu stillen.
Wiederholungsfragen! —
Zeichnen und Beschreiben! —
43. Die zwei Großherzogthümer Mecklenburg.
(12 — 13.)
Mn wollen wir uns wieder weiter nach Norden wenden und aus
dem Königreiche Hannover hinüberschiffen über den Elbstrom nach
Mecklenburg. Obgleich Mecklenburg einen meist fruchtbaren Boden,
eine gute Bewässerung durch Seen und Flüsse und eine sehr günstige
Lage an der Ostsee hat, so ist es doch unter allen deutschen Ländern
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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189
Und als er kam zur Felsenwand,
Da sprach der Ries' mit Lachen:
„Was will doch dieser kleine Fant
Auf solchem Rosse machen?
Sein Schwert ist zwier so lang als er,
Vom Rosse zieht ihn schier der Speer,
Der Schild will ihn erdrücken."
Jung Roland rief: „Wohlauf zum Streit I
Dich reuet noch dein Necken,
Hab' ich die Tarische lang und breit,
Kann sie mich besser decken; .
Ein kleiner Mann, ein großes -l&fymv&r
Ein kurzer Arm, ein langes Schwert,
Muß eins dem andern helfen.
Der Riese mit der Stange schlug
Auslangend in die Weite,
Jung Roland schwenkte schnell genug
Sein Roß noch auf die Seite.
Die Lanz' er auf den Riesen schwang,
Doch von dem Wunderschilde sprang
Auf Roland sie zurücke.
Jung Roland nahm in großer Hast
Das Schwert in beide Hände,
Der Riese nach dem seinen faßt,
Er war zu unbehende,
Mit flinkem Hiebe schlug Roland
Ihm unterm Schild die linke Hand,
Daß Hand und Schild entrollten.
Dem Riesen schwand der Muth dahin,
Wie ihm der Schild entrissen,
Das Kleinod, das ihm Kraft verltehn,
Mußt' er mit Schmerzen missen.
Zwar lief er gleich dem Schilde nach,
Doch Roland in das Knie ihn stach,
Daß er zu Boden stürzte.
Roland ihn bet den Haaren griff,
Hieb ihm das Haupt herunter,
Ein großer Strom von Blute lief
Ins tiefe Thal herunter;
Und aus des Todten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach
Und freute sich am Glanze.
Dann barg er's unterm Kleide gut
Und ging zu einer Quelle,
Da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.
Zurücke ritt der jung' Roland
Dahin, wo er den Vater fand
Roch schlafend bei der Eiche.
Er legt sich an des Vaters Seit',
Vom Schlafe selbst bezwungen,
Bis in der kühlen Abendzeit
Herr Milon aufgesprungen:
„Wach' auf, wach' auf, mein Sohn Roland I
Rimm Schild und Lanze schnell zur Hand,
Daß wir den Riesen suchen!"
Sie stiegen auf und eilten sebr,
Zu schweifen in die Wilde,
Roland ritt hinterm Vater her
Mit deffen Speer und Schilde
Sie kamen bald zu jener Statt',
Wo Roland jüngst gestritten hätt',
Der Riese lag im Blute.
Roland bäum seinen Augen glaubt',
Als nicht mehr war zu schauen
Die linke Hand, dazu das Haupt,
So er ihm abgehauen,
Nicht mehr des Riesen Schwert und Speer,
Auch nicht sein Schild und Harnisch mehr,
Nur Rumpf und blut'ge Glieder.
Milon besah den großen Rumpf: Zo
Jffias ist das für 'ne Leiche?
Man sieht noch am zerhau'nen Stumpf,
Wie mächtig war die Eiche.
Das ist der Riese, frag' ich mehr?
Verschlafen hab' ich Steg und Ehr',
Drum muß ich ewig trauern." —
Zu Aachen vor dem Schlosse stund
Der König Karl gar bange:
„Sind meine Helden wohl gesund?
Sie weilen allzu lange.
Doch seh' ich recht, auf Königsworti
So reitet Herzog Heimon dort,
Des Riesen Haupt am Speere."
Herr Heimon ritt in trübem Muth,
Und mit gesenktem Spieße
Legt' er das Haupt, besprengt mit Blut,
Dem König vor die Füße:
„Ich fand den Kopf im wilden Hag,
Und fünfzig Schritte weiter lag,
Des Riesen Rumpf am Boden."
Bald auch der Erzbischof Turpin
Den Riesenhandschuh brachte,
Die ungefüge Hand noch drin,
Er zog sie aus und lachte:
„Das ist ein schön Reltquienstück,
Ich bring es aus dem Wald zurück,
Fand es schon zugehauen."
Der Herzog Naims von Baierland
Kam mit des Riesen Stange:
„Schaut an, was ich im Walde fandl
Ein Waffen stark und lange.
Wohl schwitz' ich von dem schweren Druck,
Heil bairisch Bier ein guter Schluck
Sollt' mir gar köstlich munden I"
Graf Richard kam zu Fuß daher, X>5
Ging neben seinem Pferde,
Das trug des Niesen schwere Wehr,
Den Harnisch sammt dem Schwerte:
„Wer suchen will im wilden Tann,
Manch Waffenstück noch finden kann,
Ist mir zu viel gewesen."
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TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Roland Roland Roland Roland Roland
Ihm Roland Roland Roland Roland
Dahin Roland_I
Rimm Roland Roland Roland Karl Karl Heimon Heimon Naims Graf_Richard
490
Steht gebaut aus schnce'gem Glanz,
Zum Beweis dem ungläubigen Kinde.
Da muß es der Mutter nun sagen der
Knabe,
Er weckt sie vom Schlaf mit der Kunde.
Da hört er die Reiter, sie ziehen im
Trabe,
Und möchte sie sehen zur Stunde.
Doch zur Straf' cs ihm geschieht,
Daß er nicht die Reiter sieht;
Denn die Mauer, sie steht in der Runde.
Da macht es die Mutter zur Strafe
dem Knaben,
Den Weg durch die Mauer zu brechen.
Da muß er nun schaufeln, da muß er
nun graben;
Und als er mit Hauen und Stechen
Durch ist, sind die Reiter fort,
Und die Nachbarn stehn am Ort,
Die sich über das Wunder besprechen.
(Fr. Rückert.)
L3. Die Posaune des Gerichts.
Gerade dort, wo die Gemarkungen zweier Dörfer sich scheiden,
mitten im Walde, wurde in der Frühlingsnacht zur Zeit des Voll-
mondes eine schreckliche That vollbracht. Ein Mann kniete auf einem
andern, der leblos dalag. Eine Wolke verhüllte das Antlitz des
Mondes; die Nachtigall hielt inne mit ihrem schmetternden Gesänge,
als der Knieende den Dahingestreckten aussuchte,' und Alles, was er
fand, zu sich steckte. Jetzt nahm er ihn auf die Schulter und wollte
ihn an den Strom, der ferner rauschte, hinabtragen, um ihn dort zu
versenken. Plötzlich ^blieb er stehen, keuchend unter der todten Last.
Der Mond war herausgetreten und warf sein sanftes Licht durch die
Stämme, und es war, als ob aus den Strahlen des Mondes die
Töne eines herzzerreißenden Liedes getragen würden. Ganz nahe blies
ein Posthorn die Weise des Liedes: „Denkst du daran?" Dem Tra-
genden war's, wie wenn die Leiche auf seinem Rücken lebendig würde
und ihn erwürge. Schnell warf er die Last ab und sprang davon,
immer weiter und weiter. Endlich am Strome blieb er stehen und
lauschte hin; Alles war still, und nur die Wellen flössen schnell dahin,
als eilten sie fort von dem Mörder. Dieser ärgerte sich jetzt, daß er
die Spuren seiner That nicht vertilgt habe und sich von sonderbarer
Furcht forttreiben ließ. Er eilte nun zurück, wandelte hin und her,
bergauf und bergab, der Schweiß rann ihm von der Stirn; es war
ihm, als ob er Blei in allen Gliedern hätte. Mancher Nachtvogel flog
auf, wenn er so durchs Dickicht drang, aber nirgends fand er das
Gesuchte. Er hielt an, um sich zurecht zu finden, um sich die Gegend
genauer zu vergegenwärtigen; aber kaum war er drei Schritte gegangen,
so war er in der Irre. Alles flimmerte vor seinen Augen, und es war
ihm, wie wenn die Bäume auf- und niederwandelten und ihm den Weg
verstellten. Der Morgen brach endlich an; die Vögel schwangen sich
auf und sangen ihre hellen Lieder, vom Thale und aus den Bergen
hörte man Peitschen knallen. — Der Mörder machte sich eiligst davon.
Die Leiche wurde gesunden und nach dem Dorfe gebracht, in des-
sen Gemarkung sie lag. An der rechten Schläfe trug der entseelte
Körper Spuren eines Schlages, wie von einem scharfen Steine. Kein
Wanderbuch, kein Kennzeichen war zu finden, aus dem man die Her-
kunft des Entseelten entnehmen konnte. Auf dem Kirchhofe, der neben
der Kirche hoch oben auf-dem Hügel liegt, an dessen Fuß die Land-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
245
Alles, was geschehen ist und was geschieht, nicht das Letzte und Gute, wie es
werden und bleiben soll, sondern nur die Bahnung des Weges zu einem bessern
Ziele. Wie Gott will! — Wir müssen durch. Sorgen wir nur dafür,
daß wir mit jedem Tage reifer und besser werden."
Ihre Kinder waren ihre Schätze und ihre Augen ruheten voll Zu-
friedenheit und Hoffnung auf denselben, und der König sagte oft zu ihr:
„Du, liebe Luise, bist mir im Unglücke noch werther und lieber geworden."
An Allem, was zur Vorbereitung von Preußens Wiedererhebung,
zur Pflanzung eines besseren Geistes im Volke geschah, nahm die
Königin den lebhaftesten Antheil. Doch sie sollte den Tag der Er-
lösung von der französischen Knechtschaft nicht schauen; der König sie
verlieren. Bei einem Besuche 1808 zu Petersburg fühlte sich die
Königin schon unwohl; den Sommer 1809 zehrte zu Königsberg ein
kaltes Fieber an ihren Kräften. Ende dieses Jahres wurde ihre
Sehnsucht erfüllt, wieder nach Berlin zurückkehren zu können; doch sie
fühlte, daß ihr Reich nicht mehr von dieser Welt sei. Im Sommer
1810 machte sie einen Besuch am väterlichen Hofe, auf dem Lustschlosse
zu Hohenzieritz (eine Meile von Strelitz). Hier hatte sie anfangs
nur Husten, Fieber und eine große Mattigkeit, am 16. Juli aber
plötzlich heftigen Brustkrampf. Der König wurde von Berlin gerufen;
am Morgen des 19. traf er mit seinen beiden ältesten Söhnen ein.
Es war die letzte Freude für die Sterbende, deren letzte Worte 9 Uhr
Morgens waren: „Mein Gott, mein Gott, verlaß mich nicht! Jesu,
kürze meine Leiden!" — Die irdische Hülle der frühe Vollendeten,
der tiefbetrauerten, unvergeßlichen Landesmutter wurde in ein Grabmal
(Mausoleum) im Schloßgarten zu Charlottenburg beigesetzt, das eine
schöne, ruhende Marmor-Statue vom Bildhauer Rauch und ein Schatz
von köstlichen, tröstenden Bibelsprüchen ziert — ein Heiligthum für
alle wahren Deutschen und Preußen! Zu ihrem Andenken, das un-
vergänglich ist und in vielen Liedern lebt, wurden in Berlin die
Lutsenstiftung zur Bildung von Erzieherinnen, und das Luisen-
stift zur Erziehung verlaffener Kinder gegründet. Gesegnet bleibt
ihr Gedächtniß! —
„Was in jener Zeit der Drangsal Preußen ahnend vorbereitet,
O wie viel hast du, Verklärte, hohen Geistes eingeleitet!
Was nachher zur Zeit der Ähren ist erblüht an hohen Thaten,
Zu wie Vielem hast du, Edle, ausgestreut die ersten Saaten!"
£7. Brandenburgisches Erntelied.
(Im Sommer 1810.)
Die Halm' und Ähren winken
Uns reich und mild;
Die hellen Sensen blinken,
Die Garbe schwillt.
Da wollen wir beginnen
Den Erntesang.
Ach, aber mitten innen
Schallt Glockenklang!
Die Trauerglocke läutet
Vom Dorfe her.
Wir wissen, was es deutet:
Sie ist nicht mehr.
Zwei Augen ruh'n im Grabe,
So fromm und blau,
Und auf die Gottesgab«
Fällt Thränenthau.
(Fr. von Fouquö.)
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Extrahierte Ortsnamen: Petersburg Berlin Berlin Jesu Charlottenburg Berlin
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sehe!" — Der König sagte : „Dafür ist Rath. Ihr dürft nur Acht
geben, welcher den Hut allein auf dem Kopfe behält, wenn die
andern ehrerbietig ihr Haupt entblöszen.“ — Also ritten sie mit
einander in Paris ein, und zwar das Bäuerlein hübsch auf der rechten
Seite des Königs. Denn es kann nie fehlen : Was die liebe Einfalt
Ungeschicktes thun kann, sei es gute Meinung oder Zufall, das thut
sie. Aber ein grader und unverkünstelter Bauersmann, was er thut
und sagt, das thut und sagt er mit ganzer Seele, und sieht nicht um
sich, was geschieht, wenn’s ihn nicht angeht. Also gab auch der
unsrige dem König auf seine Fragen nach dem Landbau, nach
seinen Kindern, und ob er auch alle Sonntage ein Huhn im Topfe
habe, gesprächige Antwort und merkte lange nichts. Endlich aber,
als er doch sah, wie sich alle Fenster öffneten, und alle Straszen
mit Leuten sich füllten, und alles rechts und links auswich und ehr-
erbietig das Haupt entblöszt hatte, ging ihm ein Licht auf. „Herr!“
sagte er und schaute seinen unbekannten Begleiter mit Bedenklich-
keit und Zweifel an, „entweder seid ihr der König oder ich bin’s !“
Da lächelte der König und sagte: „Ich bin’s. Wenn ihr euer Rösz-
lein eingestellt und eure Geschäfte besorgt habt,“ sagte er, „so kommt
zu mir in mein Schlosz. Ich will euch alsdann mit einem Mittags -
süpplein aufwarten und euch auch meinen Ludwig zeigen.“
Von dieser Geschichte her rührt das Sprichwort, wenn jemand
in einer Gesellschaft aus Vergessenheit oder Unverstand den Hut
allein auf dem Kopfe behält, dasz man ihn fragt: „Seid ihr der
König oder der Bauer?“
172. Der Wilde.
Ein Kanadier, der noch Europeus
übertünchte Höflichkeit nicht kannte
und ein Herz, wie Gott es ihm gegeben,
von Cultur noch frei, im Busen fühlte,
brachte, was er mit des Bogens Sehne
fern in Quebeck's übereisten Wäldern
auf der Jagd erbeutet, zum Berkanfe.
Als er ohne schlaue Redekünste,
so wie man ihm bot, die Felsenvögel
um ein Kleines hingegeben hatte,
eilt' er froh mit dem geringen Lohne
heim zu seinen tiefverdeckten Horden,
in die Arme seiner braunen Gattin.
Aber ferne noch von seiner Hütte
überfiel ihn unter freiem Himmel
schnell der schrecklichste der Donner-
stürme.
Aus dem langen, rabenschwarzen Haare
troff der Guß herab auf seinen Gürtel,
und das grobe Haartuch seines Kleides
klebte rund an seinem hagern Leibe.
Schaurig zitternd unter kaltem Regen
eilete der gute wack're Wilde
in ein Haus, das er von fern erblickte.
„Herr, ach laßt mich, bis der Sturm sich
lege,"
bat er mit der herzlichsten Geberde
den gesittet feinen Eigenthümer,
„Obdach hier in Eurem Hause finden!"—
„Willst du, mißgestaltet' Ungeheuer,"
schrie ergrimmt der Pflanzer ihm ent-
gegen,
„willst du Diebsgestcht mir aus dem
Hause!"
und ergriff den schweren Stock im Winkel.
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ihr Gesang zum Himmel empor: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Der
Kampf beginnt. An der Spitze der Pforzheimer steht ihr Bürgermeister
Deimling. Ein Musketenschuß zerschmettert ihm das rechte Bein; erknicet
aus das linke und schwingt die Fahne hoch empor. Eine Traubcnkugel
zerreißt ihm den rechten Arm, er nimmt die Fahne in die linke Hand. Noch
einmal hebt er sie empor und sinkt, von einer Kugel durchbohrt, zu Boden.
Ein Jüngling ergreift die Fahne. Furchtbar wüthet der Tod; Leichen
thürmen sich aus Leichen. Immer mehr schmilzt die Heldenschar zusam-
men ; aber ihre Fahne halt sie allezeit hoch. Siehe, noch einmal flattert
sie, noch einmal blitzt ihre goldne Inschrift: „Ein' feste Burg ist unser
Gott" über das Feld des Todes; da saust ein Schwert durch die Luft, die
Fahne sinkt: der letzte der Vierhundert ist gefallen.
So viel aus der Lebensgeschichte dieser köstlichsten Perle unter allen
evangelischen Liedern. Zum Schlüsse sei noch des alten Reimleins gedacht:
Ein' feste Burg ist unser Gott,
Half vor Alters, hilft noch aus Noth.
185. Das Feuer im Walde.
und knackten jede schöne Nusz
noch einmal in Gedanken auf. —
Da rauscht das dürre Laub empor,
und sieh’, ein alter Kriegesknecht
wankt durch den Eichenwald daher,
sagt: „Guten Abend!“ wärmet sich
und setzt sich auf den Weidenstumpf.
„Wer bist du, guter alter Mann?“
„Ich bin ein preuszischer Soldat,
der in der Schlacht bei Kunersdorf
das Bein verlor und, leider Gott’s !
vor fremden Thüren betteln musz.
Da ging es scharf, mein liebes Kind!
Da sauseten die Kugeln uns
wie Donnerwetter um den Kopf!
Dort flog ein Arm und dort ein Bein!
Wir patschelten durch lauter Blut
im Pulverdampf. „Steht, Kinder,
steht!
verlaszet euren König nicht!“
rief Vater Kleist; da sank er hin.
Ich und zwei Bursche trugen flugs
ihn zu dem Feldscher aus der
Schlacht.
Laut donnerte die Batterie;
mit einmal flog mein linkes Bein
Zwei Knaben liefen durch den Hain
und lasen Eichenreiser auf
und thürmten sich ein Hirtenfeu’r,
indes die Pferd’ im fetten Gras
am Wiesenbache weideten.
Sie freuten sich der schönen Glut,
die wie ein helles Osterfeu’r
gen Himmel flog, und setzten sich
auf einen alten Weidenstumpf.
Sie schwatzten dies und schwatzten
das,
vom Feuermann und Ohnekopf,
vom Amtmann, der im Dorfe spukt
und mit der Feuerkette klirrt,
weil er nach Ansehn sprach und Geld,
wie’s liebe Vieh die Bauern schund
und niemals in die Kirche kam.
Sie schwatzten dies und schwatzten
das,
vom sel’gen Pfarrer Habermann,
der noch den Nuszbaum pflanzen that,
von dem sie manche schöne Nusz
herabgeworfen, als sie noch
zur Pfarre gingen, manche Nusz !
Sie segneten den guten Mann
in seiner kühlen Gruft dafür
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