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nichts in der Hand, als seine Geige, und in der Angst fängt er an,
da vor dem geöffneten Wolfsrachen alle seine Stücklein aufzuzeigen, die
ihm aber diesmal selber gar nicht lustig vorkamen. Dem Wolf mußte
aber diese Musik ganz besonders schön und rührend vorkommen, denn
das dumme Vieh fing an überlaut zu heulen, was wohl, wie bei un-
seren musikalischen Hunden, wenn sie Sang und Klang hören, gesungen
heißen sollte. Die anderen Wölfe draußen im Walde, da sie ihren Kame-
raden drinnen in der Grube so singen hörten, stimmten auch mit ein, und
ihr Geheul kam manchmal so nahe, daß das Geigerlein, an welchem
kaum ein einziger Wolf satt geworden wäre, geschweige zwei, jeden
Augenblick fürchten mußte, es käme noch ein anderer, auch wohl noch
dritter und vierter Gast zu seinem Bischen Fleisch in die Grube hinein.
Unser Capellmeister in der Wüste guckte indeß einmal übers andere
in die Höhe, ob's noch nicht Tag werden wollte, denn das Geigen war
ihm sein Lebtag noch nicht so lang geworden und so ganz sauer und
niederträchtig vorgekommen, als da vor dem Wolfe, und er hätte lieber
Holz dafür hacken wollen, zwanzig Jahre lang alle Wochentage. Ehe
aber der Morgen kam, waren schon zwei Saiten gerissen, und da es
Tag wurde, riß die dritte, und der Geiger spielte nun bloß noch aus
der vierten und letzten, und wäre die auch noch gerissen, so hätte ihm
der Wolf, der durch das viele Heulen, die ganze Nacht hindurch, nur
noch hungriger geworden war, keine Zeit mehr gelassen zum Wieder-
aufziehen, sondern hätte ihn dabei aufgefressen. Da kam zum Glück
der alte Jobst, der Jäger, der den Wolf schon von weitem singen,
den Geiger aber in der Nähe geigen hötte. Dieser zog den Capell-
meister gerade noch zur rechten Zeit von dem hungrigen Wolfe heraus
und erlegte dann diesen. Der Capellmeister ging aber ganz still seines
Weges und nahm sich vor, künftig lieber am Tage und auf geradem Wege
nach Hause zu gehen. Das Geigen im Wirthshause war ihm auch so ganz
verleidet, daß er zu seinen Kameraden sagte, er wollte sich lieber mit
der Nähnadel (denn er war ein Schneider) sein tägliches Brod erzeigen,
und wenn er einmal eins auf Saiten aufspielen wollte, so thäte er's lieber
in der Kirche, als im Wirthshause, denn von dort sei ein gerader und sicherer
Weg nach Hause, sei auch nicht so weit dahin, als vom Wirthshause.
11. Der Maulwurf.
Unter allen Thieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maulwurf
das einzige, das seiner Nahrung allein in den dunkeln Gängen unter
der Erde nachgeht. Und an dem einen ist's zu viel, wird mancher
sagen, der an seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit den Maul-
wurfshügeln bedeckt sind, wie der Boden zerwühlt und durchlöchert wird,
und wie die Gewächse oben absterben, wenn das heimtückische Thier
unter den Wurzeln weidet. Nun so wollen wir denn Gericht halten
über den Missethäter. Wahr ist's und nicht zu läugnen, daß er durch
seine unterirdischen Gänge hin und wieder den Boden durchwühlt und
ihm etwas von seiner Festigkeit raubt. Wahr ist es ferner, daß durch
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Extrahierte Personennamen: Geiger Jobst Wolf Geiger
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chen, Buchfinken und Waldtauben, der Kukuk und der Wiede-
hopf, die Storche und die Reiher, — alle ziehen sie fort in ferne
Länder. Unterwegs begegnet wohl manchem ein Unglück, aber die meisten
kommen glücklich ans Ziel.
Und wenn nun die Sonne auch bei uns wärmer scheint — siehe!
da kommen sie wieder, weit, weit her zu uns. Jeder sucht seinen Ge-
burtsort wieder auf; und die Schwalbe findet ihr Nest wieder am Dache,
und die Nachtigall das Gebüsch, in welchem sie vor einem Jahre sang,
alle finden die Stätte wieder, wo sie damals fröhlich waren und be-
ginnen von Neuem ihre schönen Lieder.
Ja, das ist sehr wunderbar, und kein Mensch kann's erklären, wie's zu-
geht. Wenn die Vögelchen sprechen könnten, so würden sie's wohl sagen.
21. Der Vöglein Abschied.
Wer klappert am Dache, mein Kindlein? horch, horch!
Ade, lieber Bauer! so rufet der Storch.
Nun, ade denn, du Dorf und ihr fleißigen Leufl,
Ihr Wiesen, ihr Sümpfe, wir scheiden ja heut'.
Gott segne das Hüttchen, auf dem wir gewohnt,
Er lass' es vor Feuer und Stürmen verschont.
Wenn lauer im Frühling die Lüfte dann weh'n,
Dann giebt es ein freudiges Wiederseh'n.
Ade! Ade!
Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell.
Ade, liebe Fluren, so singet sie hell;
Ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank,
Ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang!
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch geh'n, —
O möget im Lenze ihr wonnig ersteh'nl
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten.
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
Ade! Ade-!
Zum Fenster noch einmal blickt's Schwälblein hinein:
Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut,
Ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut
Und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört,
Ihr habet mir nimmer den Frieden zerstört.
Drum möge auch euch in Freud' und Gefahren
Der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Ade! Ade! - (Löweoyetn.)
22. Das Rothkehlchen.
(Xii. Musterstück von Kellner.)
Ein Rothkehlchen kam in der Strenge des Winters an das Fenster
ekles frommen Landmanns. Der grimmige Frost hatte das arme Thier-
chen dahin getrieben, und es suchte ängstlich ein warmes Plätzchen. Der
Landmann öffnete aus Mitleid freundlich sein Fenster. Da flog das
zutrauliche Thierchen in die warme Stube. Aber es bedurfte auch
der Speise und pickte daher hungrig die verstreuten Brodkrümchen auf.
Die Kinder des Landmanns liebten das Vöglein sehr; sic legten ihm
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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feit mit einer Eidechse, a!S mit einer Schlange, und von Giftzähner;
und Giftdrüsen ist keine Spur Int ihm zu finden. Wer also sonst
keine Schm vor solchen Thieren hat, der kann eine Blindschleiche ohne
Gefahr anfassen. Sie stellen sich übrigens, wenn man sie ergreift, sehr
unbändig an, vertheidigen sich aber fast nie durch einen Biß. Sehr
leicht bricht dabei der Schwanz ab, was in dem eigenthümlichen Baue
desselben seinen Grund hat. Er besteht näiickich aus Ringen von kurzen,
kegelförmigen, hohlen Muskeln, von denen jeder mit der Spitze in der
Höhlung des folgenden steckt. Das abgebrochene Stück bewegt sich noch
lange fort, wird aber bcm Thiere nicht w'-.'der ersetzt, wie bei den Eidechsen.
Vom Mai bis September häutet sich die Blindschleiche jeden Monat
einmal. Ihre Nahrung besteht in nackten Schnecken, Regenwürmern
und glatten Raupen. Will sie einen Regenwurm verzehren, so nähert
sie sich demselben sehr langsam, befühlt ihn meist eher mit der Zunge,
sperrt langsam den Rachen aus und ergreift ihn dann endlich. Er
windet sich aus Leibeskräften; sie wartet, bis er ziemlich abgemattet ist
und verschlingt ihn dann nach und nach, den Kopf bald links, bald
rechts legend und so mit den Zähnen vorwärts greifend. Zwei mittel-
große Negenwürmer reichen zu einer Mahlzeit hin. Die Blindschleiche
kann, wenn's sein muß, ein halbes Jahr fasten.
Die Weibchen legen gegen Ende August 8 bis 10 Eier mit dünnen
häutigen Schalen, aus denen sich das Junge sogleich herauswüidet und
daraus seine Wege geht, ohne sich weiter um seine Mutter zu bekümmern.
Da ihnen die Kälte verderblich ist, so verkriechen sie sich ni, Herbst
und halten einen Winterschlaf, aus dem sie bei gutem Wetter jedoch
schon im März wieder erwachen.
26. Die Kreuzotter.
Giftige Schlangen finden sich in unserem Vaterlande selten, so daß
die Gefahr, durch dieselben gebissen zu werden, gar nicht in Vergleich
kommt mit der in heißen Ländern. Dennoch fehlen auch diese Geschöpfe
nicht ganz, und die Vorsicht gebietet, sie lieber durch Beschreibung
kennen zu lernen und sich vor ihnen zu hüte», als es aus eine jrfuiimne
Erfahrung ankommen zu lassen. Die Kreuzotter, auch die gemeine
Viper genannt, ist die gemeinste unter den wenigen giftigen Schlaugen-
arter; Deutschlands, kenntlich an Gest ult, Farbe und Größe, denn sie
ist 30 bis 60*™ lang und fingerdick, der Kopf ist blute» breit und
durch einen dünneren Hals von dem Nmnpfe geschieden, und auf dem
Kopse sind zwei schwarze Bogen, fast wie ein lateinisches X, duber der
Name Kreuzotter. Über den graubraunen Rücken läuft ein schwarzer
Zickzackstrcifen. Sie findet sich an feuchten und waldigen Orten, zwischen
Gesträuch und Felsgerölle. besonders bäufig am thüringer Walde.
Sie sonnt sich gern an offenen Stellen auf Sternen m'.d Holzstäimnen,
und frißt Würmer, Eidechsen, kleine Vögel und besonders Mause.
Ihr Biß ist nach der Menge des ingedrungenen Giftes und nach
der Wärme der Jahreszeit rnebr oder rveniger gefährlich, und bei Ver-
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nachlässigung nicht selten tödtlich. Besonders sind solche Leute, welche
Reisig, Beeren rc. suchen, ihrem Bisse in Finger und Füße ausgesetzt.
Denn durch das Leder der Schuhe dringt er nicht leicht. Ist man
gebissen worden, so muß man die Wunde vorsichtig aussaugen oder
ausschneiden, mit Milch, Lauge oder Urin waschen, das gebissene Glied
unterbinden, auch kann man brennenden Schwamm oder eine glühende
Kohle darauf legen. Auf jeden Fall aber muß man so schnell als
möglich Hülfe bei einem Arzte suchen. Größere Thiere, wie Pferde,
Rinder rc. sterben selten an einem solchen Biß, sondern schwellen nur
an und kränkeln eine Zeit lang. Mäuse dagegen sterben fast augen-
blicklich. Die Kreuzotter ist furchtsam und beißt nicht ungereizt. Aber man
weiß freilich immer nicht, worüber einem solchen Thiere die Galle überläuft.
Man kann sie leicht fangen, wenn man mit den: Stiefel auf ihren Hals
tritt oder sie mit einem Gabclstocke an die Erde drückt und sie dann am
Schwänze in die Höhe hebt. Natürlich ist hierbei immer Vorsicht nöthig.
Jin Winter verkriecht sie sich in Baumhöhlen, Steinhaufen, in
Maulwurfslöcher und hält da einen Winterschlaf. Wegen der Vertil-
gung der Mäuse ist sie nützlich, doch wird man lieber andere weniger
gefährliche Mäusevertilger haben. In der That braucht aber der Mensch
sich nicht gar sehr um die Verminderung der Kreuzotter zu bemühen,
wenn er nur die Feinde derselben gewähren läßt: den Bussard, den
Storch, den Igel, selbst das Schwein. Von allen diesen wird die
sonst gefürchtete Schlange ohne Nachtheil gefressen.
27. Der Aal und dr'e Schlange
„Betrachte mich einmal,"
Sprach eine Schlange zu dem Aal;
„Bin ich nicht wunderschön?
Hast du wohl eine Haut so schön gefleckt gesehn?
Du bist zwar glatt, doch ich bin glatt und schön."
„So," fragt der Aal, „bin ich nicht schön, wie du?
Bin ich nur glatt? Wie geht's denn zu,
Frau Nachbarin,
Daß ich so wohl gelitten bin,
Da jedermann vor deiner Schönheit graut
Und, wenn er deine bunte Haut
Im Grase sieht,
Erschrickt und flieht?"
Die wunderschöne Schlange spricht:
„Man flieht! Warum? Das weiß ich nicht!"
„Ich aber weiß es," spricht der Aal;
„Auch wissen es die Leute alle:
Auswendig glänzest du; inwendig bist du Gift und Galle."
Iv. Fische.
28. Das Fifchlein
(Gleim.)
Ein klares Bächlein fließet
Durchs grüne Wiesenthal,
Darinnen schwimmen lustig
Die Fischlein allzumal.
Sie schwimmen auf und nieder
Und sind so frank und frei,
uuiu puu fiuut Uhu fiel,
Die lieben Silberfifchlein,
Rasch gleiten sie vorbetl
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rund umher die Halme, als wenn es Erdbeeren wären. Es fehlte
wenig, so hätte er sie noch gegessen, bloß um mir zu zeigen, wie gut
die russischen Erdbeeren schmecken.)
„Auch Pilze sind in Rußland von allen Sorten und in großer
Menge. Man füttert bei uns die Schweine damit, doch giebt es auch
schöne Arten für die Menschen. Gras und Heu, das ist noch das ein-
zige in diesem Steppenlande, überall Gras und nichts als Gras. Und
selbst das einzige, was sie haben, wie schlecht ist es! Holzig, struppig
und den größten Theil des Jahres saftlos und vertrocknet. Bet uns
giebt's auch Gras, aber so hoch bis zu meiner Bartspitze — und was
für Gras! grünes, feines, saftiges und, süßes. Die Kühe werden ganz
fett davon und so — so dick. Seht, und in dem allen mitten darin
liegt unsere Moskwa, die prächtige und heilige Stadt, mit tausend
grünen Kirchenkuppeln und hundert silbernen(und goldenen Thurmspitzen.
O, Rußland ist gewiß das erste und beste Land weit und breit. Wenn
wir jetzt in Rußland gingen, wie würden wir schön spazieren! Bald
an einem Bache, bald in einem Gehölze, bald durch ein Dorf. Und
hier müssen wir mehrere Stunden, wie die Wachteln, schnurstracks im
Grase hinstreichen, bis wir unser Haus erreichen. Überall Gras und
Gestrüppe. Die Sonne brennt uns auf den Kopf, und kein Baum
giebt uns Schatten. Und wenn eine Wolke dort uns Regen und Wind
senden wird, haben wir keinen Hügel, hinter dem wir uns schützen.
Und wenn uns auch die Zunge am Gaumen klebt, der Boden giebt
uns auch nicht die kleinste Beere zur Erfrischung."
18. Der Kampf der Wölfe und Pferde in der
politischen Steppe.
Im Frühjahr, wo die Wölfe aus dem unwirthlichen Winter den
größten Hunger mitbringen, sind die Kämpfe zwischen Wolf und Pferd
am häufigsten und bedeutendsten. Da die Wölfe die schwächere Partei
sind, so entwickelt sich bei ihnen große List und Gewandtheit, bei den
Pferden aber ein großer und edler Gemeinsinn, der sie und ihre Kinder
gewöhnlich rettet. Daß ein oder mehrere Wölfe bei helllichtem Tage
sich in den Tabun (Pferdeheerde) machen, kommt nicht vor; sie wissen
recht wohl, daß sie da ohne Rettung verloren wären und von den Pfer-
den dem platten Rasen gleich getreten würden. Bei Nacht und unter
besonderen Umständen, wenn z. B. die Wölfe zahlreich und die Pferde
nicht zahlreich sind, geschieht es wohl, daß ein Rudel Wölfe mitten
unter den Tabun geräth, und der Kampf entwickelt sich dann so: Die
zunächst angegriffenen Pferde, welche die Wölfe rochen oder ihre leuch-
tenden Augen auf der Steppe funkeln sahen, spitzen die Ohren, brausen
und wiehern und stoßen Töne durch die Nüstern, die man durch die
Nacht weithin pfeifen hört. Auf den ersten Lärm springen sogleich alle
nahen Hengste, Walachen und Stuten — denn bei der Wolfsgefahr
macht das Geschlecht keinen Unterschied, und aller Muth ist gleich —
herbei und setzen gerade auf die Wölfe ein. Diese werden dann durch
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Zog sie zur Hülfe bei den Schaft der Kokospalme.
Sie zog zum Schaft hinan den Tiger, und ein Krack
War hörbar, als sie ihm die ehr'nen Rippen brack
Am Boden lag er nun, sie aber kampfesmatt
Zog sich, um auszuruh'n, hinauf ins Palmenblatt.
Erwürgend hatte sie den Tag vollauf zu thun,
Worüber Nacht es ward und wir sie ließen ruh n.
Am dritten Morgen kam herbeigestürmt die Schaar
Von Weib und Kind, da nun vorbei war die Gefahr.
Da lag die Siegerin, die starre, schlaffe, matte,
Die an dem Siegesmahl sich übernommen hatte.
Sie konnte sich getrau'n, den Tiger ohne Grau'n
Zu todten, aber nicht, den Todten zu verdau'n.
(Rückert.)
31. Der Seidenspinner.
Ihr habt doch gewiß schon von dem Seidenwurme gehört, von
dem unsere Seide kommt? Nun das ist eben die Raupe, aus welcher
der Seidenspinner, eins der nützlichsten Insekten, entsteht.
Glaubt ja nicht, daß der Seidenspinner schön aussieht. Gr ist ein
Nachtvogel, ungefähr 2,5™* lang, und mit ausgespannten Flügeln
3zm breit. Er hat gelblich-weiße Flügel mit drei blaßbraunen
Streifen und kammartige Fühlhörner. Das Weibchen legt in einigen Tagen
300 bis 500 Eier, die so groß sind wie Hirsekörner. Durch eine Wärme
von 18 — 20 Grad werden diese Eier in 6 — 8 Tagen ausgebrütet.
Die kleinen Näupchen, die erst weiß sind, dann braun werden und zu-
letzt einen schwarzen Kopf bekommen, häuten sich und wachsen schnell. Sie
sind sehr gefräßig, wie alle andern ihres gleichen, rühren aber nichts
an als die Blätter des weißen Maulbeerbaumes, wenigstens will
ihnen nichts anderes recht schmecken und zusagen. Sie Häutet, sich vier-
bis fünfmal, und zwar beinahe jede Woche einmal. So lebt und frißt
nun diese Raupe 6 bis 7 Wochen lang. 5 — 8 Tage nach der letzten
Häutung fängt sie endlich an, sich einzuspinnen, was sie vorher dadurch
zu erkennen giebt, daß sie nicht mehr frißt, sondern mit Fäden im
Maule und mit aufgerichtetem Halse unruhig umherläuft, um einen Ort
zu suchen, an dem sie Fäden befestigen kann. Hat die Raupe endlich
diesen Ort, nämlich dürre Ruthen von Birken- oder andern Reisern,
gesunden, so klebt sie zwei sehr feine Tröpfchen eines klebrigen Saftes
an die Ruthen an, bewegt den Kopf hin und her und bringt so zwei
sehr dünne Fäden aus den Öffnungen heraus, die sie geschickt mit den
beiden Vorderfüßen zu einem Faden zu verbinden weiß. Zuerst spinnt
sie ein weitläufiges, verworrenes und durchsichtiges Gewebe, aus welchen!
die Floretseide kardätscht wird. Den zweiten Tag zieht sw die Fäden
um sich herum und bildet den eigentlichen Kokon (spr. Kokongh, d. h.
Seidenhäuschen), in dessen Mitte sie sich befindet. Ein solcher Kokon,
der ziemlich die Größe und Gestalt eines kleinen Taubeneies hat, besteht
aus einem einzigen Doppelfaden, der 281 bis 375*** lang ist. Dies
ist nun unsere Seide, die man nicht erst zu spinnen braucht, wie den
Flachs oder die Baumwolle, denn das hat ja die Raupe schon gethan.
Man darf nur 10—12 Kokons mit einander abhaspeln und sie zwir-
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flattert die lange Mahne. Die Lenden sind sicher und fest, behende
und leicht die Beine, und die Füße gewaffnet mit harten, ungespaltenen
Hufen. Ungeduldig harret es des befreundeten Retters; es wiehert
laut, scharrt mit dem Vorderfuße, stampft die Erde.
Wie ein Sturmwind fliegt es mit seinem Herrn über den wetten
Plan; aber bei Nacht und Dunkel trägt es ihn sorgsam und sicher auf
schmalem Pfad an Abgründen vorbei.
Im Kriege folgt es verständig dem Rufe des Führers und dem
Klange der Trompete; muthig stürzt es in den Kampf, Md wiehert
freudig nach errungenem Siege. Ist sein Reiter gefallen, und es kommt
vorüber an dessen Leichnam, so senk es trauernd das Haupt, und Thrä-
nen scheinen seinem Auge zu entquellen.
Ein muthiges Pferdepaar, in gleichem Schritt mit dem zierlichen
Wagen des Vornehmen forteilend, gehorsam dem Worte des Führers,
lenksam mit leichter Zügelbewegung, ist wahrlich ein schöner Anblick.
Aber gleich schön und erfreulich ist's, wenn das große Bauernpferd
im Herbste den Erntewagen heimzieht, geleitet von der Hand eines
schwachen Knaben. Auch zum Pfluge bequemt es sich und zieht in
Geduld tiefe Furchen, bevor der Ackersmann den Samen ausstreut,
der Millionen von Menschen das nährende Brod verschafft. — Seht
jenen ungeheuern Frachtwagen, mit kostbaren Gütern schwer und
verständig bepackt. Wer soll ihn von einer Stadt in die andere, von
einem Lande in das andere bringen? — Das Pferd ist es mir seiner
gewaltigen Kraft! — Es ist ein stärkender Anblick, acht bis zehn solcher
Thiere angespannt zu erblicken, und eine so gewaltige Last fortbewegen,
und dabei den stämmigen Fuhrmann als eine kleine Zugabe auf dem
Rücken tragen zu sehen. — Wie manchen dankbaren Blick werfen wir
auf die Pferde, die uns in einem Reisewagen von einer Station
zur andern bringen, und uns immer mehr dem Ziele nähern, wo ein
fteudiges Wiedersehen geliebter Freunde uns erwartet! — Selbst wenn
im Alter die Kraft des Pferdes erschöpft ist, und es müde und matt
zur Erde blickt, leistet es am Karren noch wichtige Dienste. Da zieht
es z. B. noch langsamen Schrittes und mit hängendem Kopfe Kies
auf die Straßen, auf welchen es einst munter einhertrabte , muß sich
dabei mit dem geringsten Futter begnügen und wird nicht selten durch
Schläge mißhandelt. —
In früheren Zeiten lebten in den Wäldern und grasreichen Ebenen
Deutschlands Heerden von wilden Pferden zusammen; ein starker
Hengst war ihr Führer und Wächter. Gemeinsam kämpften sie
gegen ihre Feinde, die grimmigen Raubthiere. Aber wenn den Pfer-
den die Pflege durch Menschenhand abgeht, verlieren sie auch an Größe
und Schönheit. Die wilden Pferde sind kleiner; ihr Haar ist rauh
und struppig. —
Wie niedlich und behende ist das Junge des Pferdes, das Füllen!
In lustigen, leichten Sprüngen umkreist es das Mutterpserd oder die
Stute, die es mit ihrer Milch säugt und sorgsamen Auges bewacht.
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Ich armer Has, wie bin ich blaß,
Geh' dem Bauer nicht mehr ins Gras,
Geh' dem Bauer nicht mehr ins Kraut,
Hab's bezahlt mit meiner Haut.
Wenn es aber so soll sein,
Mag der Teufel ein Häslein sein!
Ich armer Has, das Maul ist weit
Und der Kopf sehr ungescheidt,
Lange Ohren, langer Bart,
Als war' ich von Katzenart.
Wenn ich an mein Schicksal denk,
Ich mich recht von Herzen kränk'.
Ein Schwänzlein hab' ich, das ist klein,
Wünscht' wohl, es möchte größer sein,
So klagt das Häslein fort und spricht:
Weh' mir, ach! ich armer Wicht!
Wenn ich an mein Schicksal denk',
Ich mich recht von Herzen kränk'.
(Schles. Volkslied.)
7. Waldlied.
Ich möchte ein Jäger sein.
Durchstreifen Felder und Hain,
Möcht' der Vögel Ruf verstehen,
Möcht? hören der Winde Wehen,
Wenn die Tannen rauschen darein,
Ich möchte ein Jäger sein!
Ich möchte ein Jäger sein,
Früh Morgens beim ersten Schein
Wär' ich im Walde schon wieder
Und hörte der Vögel Lieder,
Und hörte den Kukuk schrei'n.
Ich möchte ein Jäger sein!
Ich möchte ein Jäger sein.
Im Mondschein ständ' ich allein
Am Waldweg; jetzt kommt es gegangen
Das Reh; mit freudigem Bangen
Rähm' ich die Büchse und — nein!
Ich möchte kein Jäger sein!
(Kerner.)
8. St. Hubertus.
Hubertus ritt mit Speer und Hund, zu jagen Hirsch und Reh,
Die Wälder aus, die Wälder ein, zum spiegelhellen See.
Da schallt so laut das stille Thal von Ruf und Hörnerklang,
Jetzt springt, gehetzt, der weiße Hirsch vom hohen Felsenhang.
Das Jagen ist Hubertus Lust, er jagt und jagt ihm nach,
Und jagen möcht' er für und für bis an den hellen Tag.
Es geht Berg auf und geht Berg ab, vorbei die steile Wand,
Ms in der engen Felsenkluft der Hirsch gefangen stand.
Hubertus zielt mit scharfem Speer recht nach des Hirsches Brust,
Da sinket ihm die starke Hand, da bricht die wilde Lust;
Denn hell vom Haupt des Thieres blickt zu ihm ein Kreuzesbild,
Und schickt ihm einen Pfeil ins Herz und macht das wilde mild.
Hubertus beugt sich vor dem Herrn, sein Jagen ist gestillt,
Die Ewigkeit, die Seligkeit ist nun sein einzig Wild.
Ein Jäger Gottes ward er da, geehrt im Himmelreich:
Drum, fromme Jäger, ruft ihn an, er betet dort für euch!
(Eörres.)
s. Der Fuchs.
Fuchs, rede! Sag' deine ganze Geschichte nebst allen deinen listigen
Streichen selbst her. Doch ¡lüge nicht mitunter. Mährchen darfst du
allenfalls wohl mit anbringen. Wie gern hört man nicht das Mähr-
chen, daß du mit deinem Schwänze Krebse fangest,' während du doch
gar keine issest.
Ich, Meister Fuchs, bin so groß, als ein mittelmäßiger Schäfer-
hund, und sehe auch diesem Hunde fast ganz ähnlich, habe rothgelbe
Haare — doch gibt es auch graue, weiße, schwarze Füchse — und
einen langen zottigen Schwanz, wohne in allen nördlichen Gegenden
der Welt, in Höhlen unter der Erde, fresse Hühner und Tauben, Gänse
und Enten, und was ich sonst noch von Geflügel erwischen kann, auch
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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Zuckerstückchen auf seine Lieblingsplätzchen und freuten sich über fein
munteres Gezwitscher. — Der Frühling kam endlich wieder; die Bäume
bekamen Blätter; andere Vögel sangen draußen, und auch das Roth-
kehlchen hüpfte unruhig hin und her. Der Landmann öffnete jetzt fein
Fenster und schenkte dem kleinen Gaste die Freiheit. Fröhlich flog er
fort und sang auf dem nahen Baume ein munteres Liedchen.
Monate vergingen, der Winter kehrte wieder. Siehe, da kam das
Rothkehlchen abermals in die Wohnung des gastfreundlichen Land-
manns. Aber es kam nicht allein; es hatte sein Weibchen mitgebracht.
Die Familie des Landmanns freute sich sehr über die Ankunft der
beiden Thierchen. Diese blickten jeden freundlich an. — Da lachten die
Kinder und sprachen: Die Vögelchen wollen uns vielleicht etwas sagen! —
Der Vater aber antwortete: Wenn sie reden könnten, so würden sie
sagen: „Freundliches Zutrauen erwecket Zutrauen, und
Liebe erzeuget Gegenliebe." —
Iii. Amphibien.
23. Die Kröte.
Schildkröten — diese wunderlichen Geschöpfe, welche die Knochen
nicht im Innern, unter dem Fleische haben, sondern sie wie einen
Rock auf dem Leibe tragen — werden selten bei uns angetroffen.
Nur die Flußschildkröte findet sich hier und da im nordöstlichen
Deutschland in sumpfigen, morastigen Gegenden. Aber die gemeinen
Kröten kennt jedes Kind. Sie sind häßlich genug, um sie zu ver-
abscheuen, jedoch weder gefährlich noch schädlich. Es ist daher lächer-
lich, bei ihrem Anblicke laut aufzuschreien und zu fliehen, barbarisch
aber und unklug zugleich, sie muthwilliger Weise umzubringen. Denn
die Kröte lebt von nichts anderem als von Insekten, Würmern und
Schnecken, und scheut nicht den Stachel der Wespen, deren größeste
Feindin sie ist. Verständige Gärtner butben sie deshalb gern in. den
Beeten, so lange sie sich nicht allzustark vermehren und das Erdreich
nicht übermäßig auflockern. In den Kellern mag sie wohl auch Unge-
ziefer vertilgen, allein es ist doch ekelhaft, sie in der Nähe unserer
Speisevorräthe zu wissen. Deshalb ist es den Besitzern der Keller
gerade nicht zu verargen, wenn sie die grünlich braunen Ungethüme
darin auszurotten suchen. Am leichtesten könnte dies gelingen, wenn
man ihrer Eier, die gleich dem Froschlaich auf dem Wasser schwimmen,
habhaft werden könnte. Man braucht solchen Laich nur mit einem
Rechen auf das Trockene zu ziehen, so verdorrt er.
Was die Giftigkeit der Kröten betrifft, so ist es nicht ohne Grund,
daß sie aus den in ihrer Haut sitzenden Warzen einen ätzenden Saft
ausschwitzen. Auch das ist wahr, daß sie im Zorn — und dieser ist
leicht erregt — ihren scharfen Urin von sich spritzen, wie es die Frösche
nicht minder thun. Aber beide Feuchtigkeiten sind so wenig giftig, daß
sie auf der Haut nur rothe Flecken und ein Jucken hervorbringen, was
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Kalender wissen sie ihren Monat. Aber sobald im Frühjahr das Volk
der kleinen Mücken lebendig wird und alle Keime in Gras und alle
Knospen in Laub ausgehen, ruft die tiefer dringende Frühlingssonne
auch dieses Geschöpf aus seinem Schlafe und Winterquartier, und^ wenn
es erwacht, ist schon für alles gesorgt, was zu seines Lebens Nahrung
und Nothdurst gehört. — Bekanntlich haben nicht alle diese Thiere
einerlei Farbe, aber eine Art derselben muß um ihrer Nahrung willen
sich am meisten aus dem dunklen Gebüsch heraus ins Grüne wagen.
Darum ist auch ihre Farbe grün. In dieser Farbe wird sie im Gras
weder von den Thieren, welchen sie nachstellt, so leicht entdeckt, noch
von dem Storch, der ihr selber nach dem Leben strebt.
Es giebt auch zweierlei Eidechsen im Wasser, nur nennt man sie
anders, und diese sind zuni Schwimmen eingerichtet. Selbst auf dem
Grunde der klaren Brunnenquellen findet man sie oft, und darf sich
deswegen vor dem Wasser nicht scheuen. Auch diese sind nicht giftig
und theilen dem Wasser keine Unreinigkeit mit. Vielmehr loben cs
viele Brunnenmeister als ein gutes Zeichen. Solch ein Thierlein in
seiner verschlossenen Brunnenstube hat ein heimliches Leben und Wesen,
sieht nie die Sonne auf- und untergehen, erfährt nichts davon, was
die Menschen thun und treiben, weiß nicht , ob's noch mehr solche
Brunnenstuben in der Welt giebt, oder ob die seinige die einzige ist,
und ist doch in seinem nassen Elemente des Lebens froh und hat
keine Klage und Langeweile.
An der großen, schwarz- und gelbgefleckten, warzigen und schmutzig
feuchten Eidechse, die man den Salamander oder Molch nennt,
hat niemand Freude. Noch weniger aber freut es diesen, wenn er einen
Menschen erblickt. Denn selten kommt er unangefochten davon. Er hätt
sich nur an dunkeln, feuchten und kühlen, auch modrigen Orten auf, und
das Beste ist, daß man ihn dort sitzen lasse. Wer aber Lust hat, darf
ihn herzhaft in die Hände nehmen. Er thut euch gewiß nichts Leides.
23. Die Blindschleiche.
Die Blindschleiche hat einen fußlosen, walzenrunden Körper, wird
etwas über 30zm lang und kaum so stark, wie ein kleiner Finger.
Ihr Name ist ziemlich unpassend gewählt; denn obwohl das Thier nur
kleine Augen hat, so ist es doch nicht blind. Vielleicht hat der Namen-
geber selber die Fertigkeit, scharf und richtig zu sehen, nicht in gehöri-
gem Maße besessen. Sieht man doch jetzt noch so manchen durch den
belebten Wald und über die blumigen Wiesen und am murmelnden
Bache entlang gehen, der auf die Frage: was er gesehen hat, nichts
weiter zu antworten weiß, als: „Bäume, Gras und Wasser." Man
lernt die schöne Kunst des Sehens nur, wenn man sich entschließt, alles
genau und mit voller Aufmerksamkeit zu betrachten.
Die Blindschleiche wird oft von Unkundigen für eine giftige Schlange
gehalten. Das Thierchen hat aber durch den Bau seines Kopfes, na-
mentlich durch die fest mit einander verwachsenen Kiefer, mehr Ähnlich-
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