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1. Teil 1 - S. 269

1882 - Leipzig : Brandstetter
Das Raubritterwesen. 269 ihre Kräfte weit überstieg, herbeigeschafft hatten. Darüber verging nicht selten eine so lange Zeit, daß den Unglücklichen aus ihrem entsetzlichen Lager unterdes die Beine abfaulten. Niemand nahm daran Anstoß, niemand zog den zur Rechenschaft, der solch unchristliche Marter über einen bäuerlichen Gefangenen verhängte, „einen Bauer verfaulen" war der allgemein bekannte und ohne Scheu angewendete Ausdruck für solch barbarischen Brauch. Aus dieser Zeit der Hinterhalte stammt die Redensart: „Mit etwas hinter dem Berge halten" und das Sprichwort: „Ich helfe den Bauern auf die Beine, sagte der Edelmann, da nahm er thuen die Pferde." Man fagte damals auch: „Die Baueru bitten nichts fo fehr zu Gott, als daß den Junkern die Pferde nicht sterben, sonst würden sie die Bauern mit Sporen reiten." Überraschend erscheint es, di*ß das Volk trotz des Elends, das von den Räubern über sie gebracht wurde, nicht selten an den Räubern selbst besondern Anteil nahm. Abenteuerliche Mären von mancher kühnen und gewagten Räuberthat, von kühnen Sprüngen zu Roß reizten die Phantasie, das traurige Ende manches Räubers weckte das Mitleid, und so erzählte mau in Geschichten, besang in Liedern Thaten und Ende dieser Räuber. Manche Räuber, wie der Schütteufam, der Lindenschmied, Eppele von Gailingen n. a. haben in Volksliedern sehr lange fortgelebt. Die Räuber felbst bezeichnete man mit allerlei scherzhaften Namen. Sie hießen: Wegelagerer, Heckenreiter, Krippenreiter, Buschklepper, Taschenschwinger, Taschenklopfer, Schuapphähne, Waldfischer n. s. w. Besonderen Rufes erfreuten sich die fränkischen Räuber, von denen man sagte, sie sähen durch einen neunfachen Kittel, wieviel Geld einer im Sack habe, und denen gegenüber man sich mit dem Sprichworts tröstete: „Einem Nackten können auch zehn Reiter kein Hemd ausziehen." Noch bis heute lebt das Sprichwort: „Er sieht schärfer als ein fränkischer Reiter." Außer offenbarer Räuberet machte sich der Adel auch der gröbsten Erpressung durch aufgelegte Zölle und aufgezwungene Sicherheitsgeleite schuldig, wodurch der Handel der Städte empfindlich gestört wurde. Durch Zölle ward namentlich die Rheinschiffahrt belästigt. Dicht waren die Ufer des Rheines mit Burgen besetzt, und alle Besitzer dieser Burgen forderten von den vorüberfahrenden Schiffen Zoll, wenn sie nicht vorzogen, die Schiffe lieber auszuplündern. Thomas Murner gedenkt in seiner „Narrenbeschwörung" der Ritter, die sich vom Sattel nähren, und läßt sich von einem schildern, wie er das anfange. Da sagt der Ritter u. a., man sage viel von dem König Ferdinand, wie er reich geworden sei an Silber, Gold und Spezerei durch die Inseln, die man für ihn in Amerika entdeckt habe. Dann fährt er fort: „Juselen finden ist kein kunst, Ich hab's ir manchem gelert umbsuust. Jnselen find' ich, wann ich will! Ich schryb myn gesellen in der still,

2. Teil 2 - S. 268

1882 - Leipzig : Brandstetter
268 Altdeutsches Badewesen. Von der Reise Heimkehrende nahmen zunächst ein Bad; besonders die Ritter, wenn sie vom Turnier oder Waffenkampfe zurückkehrten. Als Hagen mit den drei Königstöchtern aus der Wildnis der Greifeninsel heimgekehrt ist, trägt er vor allen Dingen Sorge, daß jenen ein Bad bereitet werde, und Gndrnn, als sie, ihrer Erlösung gewiß, sich durch List aus ihrem Mägdeleben herausreißt, erbittet sich als erste Gunst ein Bad. Festlichkeiten aller Art wurden nicht selten mit einem Bade beschlossen. Die Mitglieder der Frankfurter Patrizier-Gesellschaft Limburg hatten bei ihren Fastnachtsfreuden den Gebrauch, daß sie am Schluffe derselben zusammen in eine Badstube zogen. Im Weistum des Dreieicher Wildbannes von 1338 war vorgeschrieben, daß der Frankfurter Stadtschultheiß die Jäger, welche ihm jeden Herbst einen Hirsch brachten, mit Ehren bewirten solle, und dies bestand u. a. auch darin, daß er ihnen ein Bad bereiten ließ. Auch Hochzeitsfeste wurden oft mit einem Bade geschlossen, dessen Kosten der Bräutigam zu bestreiten hatte, und der dabei gemachte Aufwand war oft fehr bedeutend. Sowohl die Braut als auch der Bräutigam zogen mit großem Gefolge zum Bade und es wurde daselbst in der Regel nicht nur gebadet, sondern auch geschmaust und getrunken. Gegen den bei solchen Hochzeitsbädern üblichen Aufwand schritten die Behörden oft mit Verordnungen ein. An manchen Orten ward das Brautbad auch das Ausbad genannt, und unsere Redensart: etwas ausbaden, hängt mit der Sitte, Festlichkeiten mit einem Bade zu beschließen, zusammen. Wie sehr das Badeu zu den Freuden des Lebens gerechnet wurde, geht aus manchem alten Liede und Volksspruche hervor. Ju einem Gedichte des 15. Jahrhunderts „Von den sieben größten Freuden" wird das Baden als die siebente der größten Freuden bezeichnet. Das Vergnügen eines Freibades wurde daher von jedermann dankbar angenommen. Ja, wie man heute, wo alle Naturalleistungen abgelöst werden, statt eines erquickenden Trnnkes ein Trinkgeld giebt, so gab man früher ein Badegeld. Nach Voll-endnng eines Neubaues ward den Werkleuten oft ein Badegeld gereicht. Ja, ganz entsprechend dem modernen Bierskat konnte man nach einer im Jahre 1450 erlassenen Polizeiverordnung über das Spielen in Frankfurt a. M. auch „umb Beczalnng des Bades" spielen. Wie gebräuchlich das Baden war, geht auch aus der Frankfurter Verordnung hervor, daß ein Gläubiger feinem Schuldner, wenn er ihn gefangen halten ließ, wenigstens aller vier Wochen ein Bad geben lassen mußte. An manchen Orten war das Baden zu gewissen Zeiten untersagt, Freitags als am Todestage Christi und in der Charwoche fast überall. In manchen Städten ward Freitags den Juden die Badestube eingeräumt. Erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts war man weniger tolerant gegen die Juden und sie mußten sich von dieser Zeit ab überall ihre eigenen Badstuben erbauen. Bei der Beliebtheit, deren sich die Bäder im Mittelalter erfreuten, kann

3. Teil 2 - S. 115

1882 - Leipzig : Brandstetter
Fahrende Schüler. 115 es seinen Eltern anzuzeigen. Auf bereit Befehl erzählte ich ihnen abenbs bei der Nachhausekunft alles vollständig, worauf sie gar großes Mitleib mit mir hatten. Sie befahlen mir, mich nun im Hause zu halten, und wollten sehen, was kommen würde. Der Schüler aber, der sowohl aus den Klagen seiner Mitschüler, beiten er mich gleichsam verkauft hatte, als auch aus meiner Abwesenheit zu seinem großen Verbruß die Sachlage erkannte, kam folgenbeit Morgens unter Begleitung einer nicht geringen Zahl von Schützen und Schülern vor unser Haus gezogen. Als sie aber jetzt in das Haus hineinstürmten, die Stiege hinauf nach dem oberen Estrich, wo wir uns aufhielten, ba tritt ihnen der Vater entgegen mit Waffen, haut blinblings auf sie ein, jagt sie erschreckt aus Haus und Hof hinaus und ruft ihnen brohenb zu, sie sollten sich bessen ja nicht wieber erkühnen. Aber, ich Ärmster! ich wußte nicht, was ich nach biesem Vorfall anfangen sollte; ich würde fortan es nicht mehr gewagt haben, Weber in die Schule noch auch zur Ausrichtung eines Auftrages vor die Thüre zu gehen. Meine Schüler hatten mir nämlich sagen lassen, sie würden mich völlig in Stücke reißen, wenn sie mich irgenbwo träfen. Ans Furcht vor ihnen sagte ich also ihnen sowie der Schule ab, floh heimlich aus der Stadt und eilte wieber zu dem Babeorte (Karlsbab)." Damit sagte Johannes Butzbach, wenigstens für jetzt, dem Lernen überhaupt Lebewohl. Hatte er boch auf seiner Wanberschaft, wie er selbst sagt, eher das in Miltenberg Gelernte vergessen, als etwas Neues gelernt Er versichert, von seinem Bacchanten nie ein lateinisches Wort gehört zu haben. Über das spatere Schicksal besselben weiß er nichts zu berichten. Der nunmehr zwölfjährige Butzbach ging nun in den Dienst einer vornehmen böhmischen Familie. Wie ein Höriger würde er von einem Herrn an den andern verkauft, vertauscht, verliehen; balb bebiente er im Stall ober auf der Weibe das Vieh, balb als Reitjunge ober Kämmerling in der Bnrg ober am Hoflager die Herrschaft. Mit Hilfe gutherziger Menfchen gelangte Butzbach eitblich wieber in feine Heimat, und der letzte Abschnitt seiner Selbstbiographie berichtet, wie er baselbst das Schneiber-hanbwerk erlernt, dann als Laienbruber im Kloster St. Johannisberg für die Geistlichen, Laienbrüber und Dienstleute des Klosters schneibert, enblich aber in der berühmten Schule des Hegius zu Deveuter Aufnahme sinbet, unter den größten Mühen und Entbehrungen seine Stubien vollenbet, dann in das Kloster Laach eintritt und ba zuerst Lehrer der Novizen, später Prior wirb. Was Johannes Butzbach als sahrenber Schüler erlebte, war so wenig etwas Außergewöhnliches, entsprach vielmehr so sehr dem ganzen Wesen und Treiben der fahrenben Schüler, daß wir es in Thomas Plätters Biographie meist in ganz ähnlicher Weise erzählt sinben. Auch er, ein armer Hirtenknabe aus dem Visperthale in Wallis, warb einem Verwanbten, der als Bacchant einmal nach feiner Heimat kam, Stubien halber mitgegeben, als dieser sich wieber auf die Reife machte. Auch er hatte bei seinem

4. Die vorchristliche Zeit - S. 28

1877 - Leipzig : Brandstetter
28 abgetheilt, in Landbauer, Handwerker und Adlige. Unter den letzteren wurden alle jene regierenden Familien aufgenommen, und nur aus diesen die Mitglieder des hohen Gerichtshofes und die Priester erwählt. Diese Einrichtungen waren ein sehr wichtiger Schritt zur Bildung, ein Schritt, den die Landschaft Attika allen andern griechischen Staaten vorausthat. Bald gewann der athenische Staat ein Ansehen in ganz Griechenland. Theseus vereinigte auch das benachbarte Gebiet von M e -gara mit Athen, maß dann die Grenzen von Attika ab, und weil er neue Spiele und neue Feste einführte, zog er die nächsten Nachbarn nach Athen, die gern sich in einer so lebenslustigen Stadt ansiedelten. Für den Krieg hatte sich Theseus den Oberbefehl ausbedungen; da aber jetzt Alles in Frieden lebte, beschloß er, an einem Heldenzuge seines großen Meisters und Vorbildes Herkules Theil zu nehmen. Herkules hatte eben damals den Auftrag bekommen, den Gürtel der Amazonenkömgin zu holen, und warb überall in Griechenland tapfere Jünglinge zu Gefährten auf dem weiten Zuge. Theseus schloß sich mit Freuden an und gewann so sehr die Liebe seines Meisters, daß ihm dieser die schönste Beute, nämlich die Amazone Antiope, schenkte. Indem er wieder nach Hause zurückkehren wollte, traf er auf einen verwegenen Jüngling, Namens Pirithous, den Sohn des Lapithen-königs Jxion aus Thessalien; dieser war in die marathonischen Felder eingebrochen, um dort eine zahlreiche Heerde zu entführen. Es war nicht sowohl Raubsucht, als vielmehr ein Kitzel, sich durch irgend einen kühnen Streich hervorzuthun, denn auch in ihm brannte die Begierde, unter den Starken und Berühmten seiner Zeit genannt zu werden. Noch hatte er Herkules und Theseus nicht gesehen, aber er sehnte sich nach ihrem Anblick. Er hatte vielleicht den Einfall in Marathon nur deshalb gethan, um mit dem Theseus persönlich bekannt zu werden. Mit geheimer Freude und Bewunderung sah er hierauf wirklich den Helden erscheinen, denn daß es Theseus war, verrieth ihm sogleich der ausgezeichnete Adel der Gestalt, die Würde des Ganges und der Stimme. So etwas hatte er nie gesehen; er stand bewundernd still, faßte sich und rief ihm entgegen, indem er ihm zum Zeichen des Friedens die Hand hinstreckte: „Würdigster Held, ich weiche dir ehrfurchtsvoll. Sei selbst mein Richter! Welche Genugthuung verlangst du?" — Theseus sah ihn mit Wohlgefallen an. „Daß du mein Waffenbruder werdest," antwortete er ihm. Freudig fiel ihm Pirithous um den Hals, und Beide wurden unzertrennliche Freunde. Noch manches Abenteuer bestand Theseus mit seinen Freunden gegen seine Feinde. Aber auf heimliche Feinde in seiner Nähe hatte er nicht geachtet; dies waren die Söhne seines Oheims Pallas, die Pallantiden genannt. Sie benutzten jede Gelegenheit, um den Theseus beim Volke zu verdächtigen, als strebe er nach der Alleinherrschaft. Die Athener vergaßen schnell die Wohlthaten, die ihnen der Held erwiesen, und ver-

5. Die vorchristliche Zeit - S. 29

1877 - Leipzig : Brandstetter
29 bannten ihn aus der Stadt. Er floh auf die Insel Skyros zum König Lykomedes; dieser nahm ihn freundlich auf, aber in seinem Herzen war er falsch gesinnt und trachtete, wie er den gefährlichen Gast am besten los werden konnte, denn er fürchtete sich vor den Pallantiden in Athen. Als nun Theseus gar keine Anstalt machte, wieder abzureisen, führte ihn der hinterlistige Lykomedes auf eine Felsenspitze, um ihm die ganze Landschaft und das Meer zu zeigen. Als der Held, ohne Arges zu ahnen sich umschaut, stößt ihn Lykomedes hinab in den Abgrund des Meeres. — So schmählich endete ein Wohlthäter des Menschengeschlechts. Die Athener bereuelen bald ihre Undankbarkeit, baueten dem Theseus Tempel und Altäre, und holten später seine Gebeine von der Insel Skyros nach Athen. In der Schlacht bei Marathon erschien ihnen der Geist des Helden, und man sagte, er habe sich an die Spitze der Athener gestellt und tapfer auf die Perser eingehauen.

6. Die vorchristliche Zeit - S. 44

1877 - Leipzig : Brandstetter
44 zu Hülfe, und erst als Hephästos mit feinem Feuer die Bäume am Gestade anzündete, die Fische, von der Gluth erschreckt, angstvoll nach frischem Wasser schnappten, der Strom endlich selbst in lichten Flammen wogte, flehete er die Göttermutter Juno um Mitleid an, und aus deren Befehl löschte Hephästos die Gluth, der Skamander aber rollte in feine Ufer zurück. 7. Hektor und Andromache. Als die Feldfchlacht vor Troja's Mauern so furchtbar tobte, eilte Hektor in die Stadt zurück, um feine Mutter Hekuba zu mahnen, sie möchte doch durch feierliche Gelübde die erzürnte Pallas Athene (Minerva) versöhnen, daß Achilles nicht mit übermenschlicher Kraft zum Siege gelange. Der treffliche Mann benutzte die Gelegenheit, nach Weib, Kind und Gesinde zu schauen, bevor er wieder in die tobende Feldschlacht eilte. Die Gattin aber war nicht zu Hause. „Als sie hörte" — sprach die Schaffnerin — „daß die Trojaner Noth leiden und der Sieg sich zu den Griechen neige, verließ sie angstvoll das Haus, um einen der Thürme zu besteigen. Die Wärterin mußte ihr aber das Kind nachtragen." Schnell legte Hektor den Weg durch die Straßen Troja’s jetzt wieder zurück. Als er das Sküische Thor erreicht hatte, kam seine Gemahlin Andromache eilenden Laufes gegen ihn her; die Dienerin, ihr folgend, trug das unmündige Knäblein Astyanax, schön wie ein Stern, an der Brust. Mit stillem Lächeln betrachtete der Vater den lieblichen Knaben, Andromache aber trat weinend an feine Seite, drückte ihm zärtlich die Hand und sprach: „Entsetzlicher Manul Gewiß tödtet dich noch dein Muth, und du erbarmst dich weder deines stammelnden Kindes noch deines unglückseligen Weibes, das bald eine Wittwe fein wird. Sollte ich dich verlieren, so wäre es das Beste, ich sänke auch zur Unterwelt hinab. Den Vater hat mir Achilles getödtet, meine Mutter hat mir der Bogen Diana's erlegt, meine sieben Brüder hat auch der Pelide umgebracht. Ohne dich habe ich keinen Trost, mein Hektor, du bist mir Vater und Mutter und Bruder. Darum erbarme dich, bleibe hier auf dem Thurme; mache dein Kind nicht zur Waise, dein Weib nicht zur Wittwe! Stelle das Heer dort an den Feigenhügel, dort ist die Mauer zum Angriffe frei und am leichtesten zu ersteigen, dorthin haben die tapfersten Krieger, die Ajax beide, die Atriden (Menelaus und Agamemnon), Jdo-ineneus und Diomedes schon dreimal den Sturm gelenkt — fei es, daß ein Seher es ihnen offenbarte oder daß das eigene Herz sie trieb." Liebreich antwortete Hektor feiner Gemahlin: „Auch mich härmt alles dieses, Geliebteste! Aber ich müßte mich ja vor Troja's Männern und Frauen schämen, wenn ich hier aus der Ferne feig und erschlafft dem Kampfe zuschauen wollte. Auch treibt mich mein Muth, in den vordersten Reihen zu kämpfen. Wohl sagt es mir eine Stimme im Herzen: Einst wird kommen der Tag, wo das heilige Ilion hinsinkt, und Priamus und all fein Volk: aber das Leid meiner Brüder und meines Volkes ist nicht so bitter, als wenn das Weib Hektors, fortgeführt in die Gefangenschaft,

7. Die vorchristliche Zeit - S. 68

1877 - Leipzig : Brandstetter
68 von dem man wisse, daß er frisch und gesund im Lande der Thesprotier sich aufhalte und bald in die Heimath zurückkehren werde. Diese Erzählung klang so wahrscheinlich, daß Penelope, im Herzen darüber erfreut, dem armen Bettler sehr gewogen war und ihrer Schaffnerin Euryklea gebot, dem Gaste die Füße zu waschen. Die gute Eury-klea holte schnell eine Wanne, goß warmes Wasser hinein, fühlte sich aber von einer freudigen Ahnung bewegt, denn sie hatte an dem fremden Manne bekannte Züge entdeckt. Als sie aber die Wanne dem Gaste unter die Füße schob und an dem Bein des Fremden die ihr wohlbekannte Narbe gewahrte, erschrak sie so sehr, daß sie das Gefäß umwarf und alles Wasser verschüttete. Penelope war schon hinausgegangen und bemerkte das nicht; aber Odysseus gebot der hocherfreuten Schaffnerin mit strenger Miene, zu schweigen. Nachdem noch der Jüngling Telemach die Waffen gebracht hatte, hüllte sich Odysseus in eine Stierhaut und streckte sich auf den Fußboden des Saales zur Ruhe hin; aber der Schlaf kam nicht in seine Augen. 10. Mit dem andern Morgen brach der Tag der Entscheidung an. Die Freier kamen und begannen ihr wüstes Treiben noch ärger als sonst, ohne sich durch die Zeichen des nahen Verderbens warnen zu lassen; sie aßen blutbesudeltes Fleisch und die Thränen standen ihnen in den Augen. Doch sie achteten nicht darauf, denn Minerva hatte ihre Augen mit Blindheit geschlagen. Penelope veranstaltete nun einen Kampf und versprach dem Sieger ihre Hand zu geben. Sie stellte zwölf Beile hinter einander im Saale auf und gebot den Freiern, einen Pfeil mit dem gewaltigen Bogen des Odysseus durch die zwölf Oehre der Beile zu schießen. Die Freier nahmen den Kamps an, doch keiner vermochte den schweren Bogen zu spannen, obschon sie ihn durch Salbe und Wärme geschmeidig zu machen suchten. Da wurden die Männer ungeduldig und sprachen: „Lasten wir die Sache bis morgen!" Doch Odysseus bat sie in aller Demuth, daß sie ihm doch auch einmal den Bogen überlassen möchten. Die Freier lachten und ergrimmten über die Unverschämtheit des Bettlers, aber Telemach reichte ihm die Waffe. Eine Weile betrachtete der Held kunstverständig den ihm wohlbekannten Bogen, dann faßte er mit kräftiger Hand die Sehne und spannte sie — es krachte und der Pfeil flog durch die Oehre der Veile, ohne ein einziges zu verfehlen. Jetzt aber war auch Telemach bereit; auf einen Wink des Odysseus gürtete er sein Schwert um, trat zu dem Vater heran und beide stellten sich auf die Schwelle des Saales. Daun die Pfeile aus dem Köcher schüttend, rief Odysseus mit lauter Stimme zu den Freiern: „Ein Wettkamps ist vollendet, aber ein anderer kommt noch. Jetzt wähle ich ein Ziel, das noch kein Schütze getroffen hat!" Kaum hatte er die Worte gesprochen, so flog sein Pfeil dem Antinous in die Kehle; der sank

8. Die vorchristliche Zeit - S. 136

1877 - Leipzig : Brandstetter
136 um die Unternehmungen der Athener zu vereiteln. Dies geschah und mit solchem Erfolge, daß der anfangs für Athen glückliche Feldzug den schlimmsten Ausgang hatte. Nach vielen Verlusten mußten sich die Athener den Syrakusern ergeben, die Gefangenen wurden in die Steinbrüche von Syrakus geworfen, wo sie elend verschmachteten. Nicias wurde nebst seinem Mitfeldherrn auf dem Markte zu Syrakus öffentlich enthauptet. Nun waren die Hülfsmittel der Athener erschöpft und Verzweiflung bemächtigte sich aller Gemüther. Alcibiades hatte sich gerächt. Dieser wetterwendische Mann nahm in Sparta ganz die Sitten des spartanischen Volkes an; er badete im Eurotas, ward mäßig und aß die schwarze Suppe, wie ein echter Lakone. Bald war er auch hier der Liebling von Alt und Jung. Doch die Regierung schöpfte Mißtrauen, und als er noch obendrein den König Agis beleidigt hatte, war er in Sparta nicht mehr sicher und ging nach Asien zum persischen Statthalter Tissaphernes. Auch diesen wußte er für sich zu gewinnen, daß derselbe nicht mehr wie bisher den Lacedämoniern, sondern den Athenern Hülfe versprach. Hierdurch söhnte sich Alcibiades wieder mit seinen Landsleuten aus und bewirkte seine Zurückberufung. Ehe er aber in seine Vaterstadt zurückkehrte, wollte er erst rühmliche Thaten verrichten; nur als ruhmgekrönter Sieger wollte er in Athen einziehen. So ging er denn zuerst nach Samos, wo die athenische Flotte lag, und mit ihm kehrte das Glück zu den Athenern zurück. Sie schlugen die Spartaner zu Wasser und zu Lande und eroberten alle verlorenen Städte und Inseln wieder. Der Name Alcibiades verbreitete bei den Freunden Siegesmuth, bei den Feinden Furcht und Schrecken. Die gedemüthigten Spartaner schrieben in ihrer gewohnten Kürze nach Hause: „Unser Glück ist dahin, der Anführer ist getödtet, die Soldaten hungern, wir wissen nicht, was zu thun." In dieser Noth schickte Sparta eiligst Gesandte nach Athen, die demüthigst um Frieden baten; aber das übermüthige Volk der Athener wies alle Anträge stolz zurück. Alcibiades segelte mit reicher Beute beladen und mit den Trümmern von 200 zerstörten Schiffen als Siegeszeichen zu seiner Vaterstadt zurück. Als er sich dem Piräus näherte, erwartete ihn eine zahllose Menge Volkes; doch stieg der Held nicht eher aus, als bis er seine Verwandten am Ufer erblickte. Nun landete er; das Volk richtete alle seine Blicke nur auf ihn und schien für die andern Feldherren, die ihn begleiteten, gar kein Auge zu haben. Alcibiades ging in die Volksversammlung und vertheidigte sich hier gegen alle ihm zur Last gelegten Beschuldigungen, klagte jedoch nicht das Volk, sondern nur sein Mißgeschick an, und am Schluffe seiner Rede feuerte er die Athener zur kräftigen Fortsetzung des Krieges an. Das Volk gab ihm sein Vermögen zurück, widerrief den über ihn ausgesprochenen Fluch und ernannte ihn zum unumschränkten Anführer zu Wasser und zu Lande. Weinend empfing Alcibiades die Beweise des Wohlwollens seiner Mitbürger und unter der Menge selbst beweinten Viele sein herbes Mißgeschick.

9. Die vorchristliche Zeit - S. 38

1877 - Leipzig : Brandstetter
38 o König, es nahen sich beide, die Fürsten der Trojaner und der Griechen, sie rufen dich hinab ins Gefilde, damit du dort einen heiligen Vertrag beschwörest. Dein Sohn Paris und König Menelaus werden mit dem Speere kämpfen um das Weib; wer im Kampfe siegt, dem folgt sie mit den Schätzen. Alsdann schiffen die Danaer mit allen ihren Mannen nach Griechenland zurück!" Der König erschrak; doch befahl er seinen Gefährten, die Rosse anzuschirren, und mit ihm bestieg Antenor den Wagen. Priamus ergriff die Zügel, und die Rosse flogen hinaus auf's Blachfeld nach dem Lager. Als sie zwischen den beiden Völkern angekommen waren, verließ der König mit seinem Begleiter den Wagen und schritt hervor in die Mitte. Nun eilten auch Agamemnon und Odysseus herbei. Die Herolde führten die Bundesopfer heran, mischten den Wein im Kruge und besprengten die beiden Könige mit dem Weihwasser. Dann zog der Atride Menelaus das Opfermesser, das er immer neben der Scheide seines großen Schwertes trug, schnitt den Lämmern das Stirnhaar ab, und rief den Göttervater an zum Zeugen des Bundes. Hierauf durchschnitt er den Lämmern die Kehlen und legte die geopferten zur Erde nieder. Die Herolde gossen unter Gebet den Wein aus goldenen Bechern und alles Volk von Troja und von Griechenland flehete dazu laut: „Jupiter und ihr unsterblichen Götter alle! Welche von uns zuerst den Eidschwur brechen, deren Gehirn fließe auf den Boden wie dieser Wein!" Priamus aber sprach: „Jetzt, ihr Trojaner und Griechen, laßt mich wieder zu Jlion's hoher Burg zurückkehren, denn ich kann es unmöglich mit meinen Augen ansehen, wie hier mein Sohn auf Leben und Tod mit dem erzürnten Fürsten Menelaus kämpft: weiß es doch Zeus allein, welchem von Beiden der Untergang bestimmt ist!" So sprach der Greis, als seine Opferlämmer in den Staub gelegt waren, bestieg mit seinem Begleiter den Wagen und lenkte die Rosse wieder der Stadt Troja zu. Nun maßen Hektor und Odysseus den Raum des Kampfplatzes ab und schüttelten in einem ehernen Helm zwei Loose, zu entscheiden, welcher der beiden Gegner zuerst die Lanze werfen sollte. Hektor, rückwärts gewandt, schwenkte den Helm, da sprang das Loos des Paris heraus. Beide Helden waffneten sich jetzt und wandelten im Panzer und Helm, die mächtigen Lanzen in der Hand, in der Mitte ihrer Völker, drohenden Blickes und von den Ihrigen angestaunt. Endlich traten sie in den abgemessenen Kampfraum einander gegenüber und schwangen zornig ihre Speere. Durch das Loos berechtigt, entsandte zuerst Paris den seinen; der traf dem Menelaus den Schild, aber die Lanzenspitze bog sich am Erz und sank zurück. Nun erhob Menelaus seinen Speer und betete dazu mit lauter Stimme: „Zeus, laß mich den strafen, der mich zuerst beleidigt hat, daß man noch unter den späten Enkeln sich scheue, Dent Gastfreunde Böses zu thun!" Schnell flog der Speer, durchschmetterte dem Paris den Schild, drang auch noch durch den Harnisch und durchschnitt auch den Leibrock an der Weiche. Darauf riß der furchtbare

10. Die vorchristliche Zeit - S. 39

1877 - Leipzig : Brandstetter
39 Atride sein Schwert aus der Scheide und führte einen gewaltigen Streich auf den Helm seines Gegners, aber knitternd zersprang ihm die Klinge. „Grausamer Zeus, was mißgönnst du mir den Sieg?" rief Menelaus, stürmte auf den Feind los, ergriff ihn am Helm und zog ihn umgewendet der griechischen Schlachtordnung zu; ja, er hätte ihn geschleift und der beengende Kehlriemen ihn erwürgt, wenn nicht die Göttin Aphrodite die Noth gesehen und den Riemen gesprengt hätte. So blieb dem Menelaus der leere Helm in der Hand; er schleudert ihn unwillig den Griechen zu und will den Gegner abermals packen. Aber siehe — Paris ist verschwunden, die Göttin hat ihn in eine Wolke gehüllt und schnell nach Troja entführt, wo sie ihn bei der geliebten Helena niedersetzte. Auf dem Kampfplatze durchstürmte Menelaus noch immer wie ein Raubthier das Heer, um nach der verlorenen Beute zu spähen; aber weder ein Trojaner noch ein Grieche vermochte den Fürstensohn zu zeigen Da erhob Agamemnon seine weithinschallende Stimme und rief: „Höret, ihr Griechen und ihr Völker aus Troja 1 Menelaus hat gesiegt, ihr habt den Eid geschworen und gebet nun Helena mit den Schätzen zurück, bezahlet auch fortan den Griechen Tribut!" Die Danaer hörten diese Worte mit Jubel, die Troer aber schwiegen. Sie meinten, Paris, von den Göttern geschützt, sei noch nicht überwunden — und der Kampf entbrannte aufs Neue. 5. Hektor und Ajax im Zweikampf. Einst sah die Göttin Pallas Athene (Minerva) vom hohen Olymp herab die zwei Brüder Hektor und Paris hineilen zum Kampf; da flog sie stürmisch hinab zur Stadt Troja. An Jupiter's Buche begegnete ihr Apollo, der von der Zinne der Burg, von wo er die Schlacht der Trojaner lenkte, daher kam, und seine Schwester also anredete: „Welcher Eifer ist doch über dich gekommen, Minerva! Bist du noch immer auf den Fall Troja's bedacht, Erbarmungslose? Hast du mir doch versprochen, für heute den entscheidenden Kampf ruhen zu lassen! Laß ein ander Mal die Feldschlacht toben, da du und die strenge Juno nicht ruhen, bis die hohe Stadt Ilion dahin sinkt!" Ihm antwortete Pallas Athene: „Fernhintreffer, es sei, wie du sagst. Aber wie gedenkst du den Kampf der Männer zu stillen?" — „Wir wollen" — sprach Apollo — „dem gewaltigen Hektor seinen Muth noch steigern, daß er einen Danaer fordere zum entscheidenden Zweikampf; laß uns dann sehen, was diese thun." Damit war die Göttin zufrieden. Das Gespräch der Unsterblichen hatte der Seher Helenos in seiner Seele vernommen; eilig kam er zu Hektor und sprach: „Weiser Sohn des Priamus, wolltest du diesmal meinem Rathe gehorchen, der ich dein liebender Bruder bin? Heiß die Andern alle, Trojaner und Griechen, vom Streite ruhen; du selbst aber fordere den Tapfersten aller Argiver zum Zweikampf heraus. Es drohet dir kein Unglück, deß bin ich Bürge."
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