Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 42

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
42 Die Dame. Ich stehe von dem Krankenbette auf, auf das mich der Schmerz über den Verlust meines Mannes warf. Ich muß Ihnen früh beschwerlich fallen, Herr Major. Ich reise auf das Land, wo mir eine gutherzige, aber eben auch nicht glückliche Freundin eine Zuflncht fürs erste angeboten. — v- Tellheim (zu Just). Geh, laß uns allein! — 6. Auftritt. Die Dame, v. T e l l h e i m. v. Tellheim. Reden Sie frei, gnädige Frau! Vor mir dürfen Sie sich Ihres Unglücks nicht schämen. Kann ich Ihnen worin dienen? Die Dame. Mein Herr Major — v. Teil heim. Ich beklage Sie, gnädige Frau! Worin kann ich Ihnen dienen? Sie wissen, Ihr Gemahl war mein Freund; mein Freund, sage ich; ich war immer karg mit diesem Titel. Die Dame. Wer weiß es besser als ich, wie wert Sic seiner Freundschaft waren, wie wert er der Ihrigen war? Sie würden sein letzter Gedanke, Ihr Name der letzte Ton seiner sterbenden Lippen ge- wesen sein, hätte nicht die stärkere Natur dieses traurige Vorrecht für seinen unglücklichen Sohn, für seine unglückliche Gattin gefordert. v. Tellheim. Hören Sie auf, Madame! Weinen wollte ich mit Ihnen gern, aber ich habe heute keine Tränen. Verschonen Sic mich! Sie finden mich in einer Stunde, wo ich leicht zu verleiten wäre wider die Vorsicht zu murren. — O mein rechtschaffener Marloff! Geschwind, gnädige Frau, was haben Sie zu befehlen? Wenn ich Ihnen zu dienen imstande bin, wenn ich es bin — Die ©ciine. Ich darf nicht abreisen ohne seinen letzten Willen zu vollziehen. ^Er erinnerte sich kurz vor seinem Ende, daß er als Ihr Schuldner sterbe, und beschwor mich diese Schuld mit der ersten Barschaft zu tilgen. Ich habe meine Equipage* verkauft und komme seine Hand- schrift einzulösen. — v. Tellheim. Wie, gnädige Frau, darum kommen Sie? Die Dame. Darum. Erlauben Sie, daß ich das Geld aufzähle, v. Tellheim. Nicht doch, Madame! Marloff mir schuldig? Das kann schwerlich sein. Lassen Sie doch sehen! (Er zieht sein Taschenbuch heraus und sucht.) Ich ftnde nichts. Die Dame. Sie werden seine Handschrift verlegt haben und die Handschrift tut nichts zur Sache. — Erlauben Sie — v. Tellheim. Nein, Madame! so etwas pflege ich nicht zu ver- legen. Wenn ich sie nicht habe, so ist es ein Beweis, daß ich nie eine * Equipage = Schiff und Geschirr; Ausrüstung; Kutsche mit Pferd.

2. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 53

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
53 Denkmale seiner Freigebigkeit, das Notckreuz-Spital in München und das Gewerbemuseum in Kaiserslautern haben ansehnliche Schenkungen von ihm erhalten. Er stiftete auch große Summen, aus deren Zinsen alljährlich begabte, aber mittellose Studierende an Gymnasien, Kunst- schulen und Universitäten ausgiebige Unterstützungen erhalten. So ist Heinrich Hilgard, der sich einst als unfertiger junger Mensch von der Alten Welt losriß um in der Neuen das Glück zu suchen, ein Ehrenbürger, ein Wohltäter beider Welten geworden. Hans Stich. 37. Wer ist ein Mann? 1. Wer ist ein Mann? Wer beten kann Und Gott dem Herrn vertraut. Wenn alles bricht, er zaget nicht; Dein Frommen nimmer graut. 2. Wer ist ein Mann? Wer glauben kann Inbrünstig, wahr und frei; Denn diese Wehr bricht nimmermehr, Sie bricht kein Mensch entzwei. 3. Wer ist ein Mann? Wer lieben kann Von Herzen fromm und warm. Die heil'ge Glut gibt hohen Mut Und stärkt mit Stahl den Arm. 4. Dies ist der Mann, der streiten kann Für Weib und liebes Kind; Der kalten Brust fehlt Kraft und Lust Und ihre Tat wird Wind. 5. Dies ist der Mann, der sterben kann Für Freiheit, Pflicht und Recht; Dem frommen Mut deucht alles gut, Es geht ihm nimmer schlecht. 6. Dies ist der Mann, der sterben kann Für Gott und Vaterland; Er läßt nicht ab bis an das Grab Mit Herz und Mund und Hand.

3. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 63

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
63 fast, als habe er niemals ein größeres Glück empfunden als in diesem Augenblicke. Der Fleiß des jungen Gesellen gefiel auch den Ge- fängnisbeamten, und da es Tischlerarbeiten in einem solchen Hause genug gibt, so ließ man ihn in der Gefängniswerkstatt weiter arbeiten nach Herzenslust, bis endlich seine Zeit abgelaufen war. Mit freundlichen Ermahnungen und einem Zeugnis über seine gute Führung wurde Friedrich Breitkopf in seine Heimat entlassen. Er hatte sich im Gefängnis einen hübschen Groschen Geld erspart und hätte damit wohl anderwärts hingehen können als gerade zu den Bekannten des heimatlichen Dorfes, indessen Friedrich Breit- kopf war im Gefängnis ein anderer geworden. Wohl kam es ihm schwer an, den früheren Bekannten wieder unter die Augen zu treten; aber es zog ihn zu seinem alten Mütterchen, das er so bitter gekränkt hatte und dessen Vergebung ihm vor allem anderen am Herzen lag. Der erste, der dem entlassenen Sträfling entgegentrat, als er in das Dorf schritt, war der greise Gemeindediener. Tief beschämt schlug Friedrich die Augen nieder, als er dem alten Manne gegenüber- stand, und kein Wort der Begrüßung wollte über seine Lippen. Da fühlte er, wie der Greis seine Hand ergriff und mild zu ihm sagte: „Bist wieder da, Friedrich? Hast Pech gehabt, armer Junge! Es haben dich alle bedauert im Dorf; laß nur gut sein, das ver- gißt sich wieder; du bist ja nicht schlecht, bloß ein bißchen wild; das kann jedem vorkommen, mein Sohn. Geh jetzt zu deiner Mutter, die wartet schon auf dich!“ O, wie wohl taten dem jungen Manne diese schlichten Worte! — War er wirklich nicht schlecht, sondern nur wild gewesen? — Nein, nein, er hatte sein ehrlich Handwerk aufgegeben; das war nicht recht gewesen; schon darum hatte er seine Strafe verdient. Und doch, es tat ihm so unendlich wohl, daß gerade der greise Gemeindediener sein Vergehen so milde beurteilte. An dem Häuschen seines Mütterchens stand Friedrich einen Augenblick still und blickte durch die Fensterscheiben hindurch in das einzige Wohnstübchen. O Gott, da saß die alte Frau gebeugt in ihrem Lehnstuhl und hatte vor sich ihr altes Gesangbuch mit den großen Buchstaben aufgeschlagen. Leise öffnete Friedrich Haus- und Stubentür; da blickte die alte Frau auf. „Mütterchen, Mütter- chen, vergib mir, daß ich dir so wehe getan habe!“ schrie Friedrich, stürzte zu den Füßen seiner Mutter nieder und begrub sein tränen- überströmtes Antlitz in ihrem Schoße.

4. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 25

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
2 r> Soldat seiner Fahne untreu wurde; aber fast ebenso selten gelang es, einem Fahnenflüchtigen auf die Spur zu kommen. „Ei, so lauf!“ dachte auch jetzt mancher Verfolger bei sich; „die dreißig Taler möchte ich mir wohl gerne verdienen; aber ebenso gerne spare ich dem armen Teufel das Gassenlaufen.“ So. kehrten denn alle Kameraden mit demselben Bescheid zurück: „Herr Hauptmann, der Ausreißer ist entwischt!“ Endlich eilt keuchend noch einer herbei. Wahrhaftig, er schleppt den Heerflüchtigen hinter sich her und — sollte man’s glauben! — es ist sein leiblicher Bruder! Staunen und Unwille malt sich auf den Gesichtern der Kameraden, und als sich der verräterische Bruder seinen Judaslohn auszahlen läßt, treffen ihn verächtliche und wütende Blicke. „Schwer Geld!“ sagte der Hauptmann, als er die dreißig Taler ausgezählt hat. „Ja, schwer Geld!“ wiederholt mit gepreßter Stimme der Empfänger. Auf der Stelle wird an dem Ausreißer die festgesetzte Strafe vollzogen: sechsmaliges Gassenlaufen. Dreimal schon ist er durch die heiße Gasse gerannt und der blutige Schweiß träufelt ihm vom Leibe. Da tritt sein Bruder, der Verräter, hervor. „Herr Haupt- mann,“ sagt er, „halten’s zu Gnaden, wenn der Soldat auch einmal ungefragt ein Wort spricht! Ich bitte untertänigst, daß ich die anderen drei Gassen für meinen Bruder laufen darf!“ „Was fällt dir ein?“ herrscht ihn der Hauptmann an; „packt’s dich an deiner Seele, du Schelm, daß du deinen eigenen Bruder eingefangen hast?“ „Zu Befehl, Herr Hauptmann!“ antwortet der Soldat, „unser Vater klagte uns jüngst in einem Briefe seine bittere Not. Durch Krankheit geriet er in Schulden und ganzer dreißig Taler halber wollen ihn die Gläu- biger von Haus und Hof treiben. Wie sollten wir Brüder dem armen Vater helfen? Lange sannen wir vergeblich hin und her; endlich kam uns ein Ausweg in den Sinn: Zahlt man nicht dem dreißig Taler aus, der einen Deserteur einbringt? Wohlan, so ehrlos es sein mag, einer muß heerflüchtig werden; der andere muß ihn einsangen und mit dem schmachvoll erworbenen Lohne den armen Vater retten. Doch wer soll schimpflich den Fahneneid brechen? — — Wer soll schmählich den Bruder verraten? — — Wir losten darum. — — Halten’s zu Gnaden, Herr Hauptmann, das übrige kann jeder selber erraten.“ Die harten Gesichtszüge des Hauptmanns milderten sich und leise zitterte seine Stimme, als er sagte: „Der Ausreißer muß sechs- mal Gasse laufen, so verlangt’s die Vorschrift. Doch hat ’s damit vorläufig noch keine Eile. ’Ich will den Fall dem König melden.“

5. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 29

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
greifen kann. Nachher kann ich wiederkommen und mit dir spielen." „Du mußt aber auch gewiß kommen!" sagte das Kind eifrig. Der Arzt schritt wacker ans und Vabeli hielt gleichen Schritt mit ihm. Manches fragte der Arzt und das Mädchen antwortete verständig. „Wie alt ist Hciri?" fragte sic. „Er ist am 12. Januar 1746 geboren, steht also im fünften Jahre. Er ist ein schwächlich und häßlich Kind," sagte der Arzt mit einem Seufzer. „Hat aber so schöne Augen und ein liebes Wesen!" rief das Mädchen eifrig und der Arzt nickte dazu. So erreichten sic den Bauernhof. Der Arzt untersuchte den verletzten Arm. „Ans dem Kugel- gelenke gefallen!" sagte er. „Zwei Männer müssen kräftig ziehen, damit der Knochen oben wieder in feine Pfanne zurückspringt." Es war aber nur ein Mann anfzutreiben, da alles im Felde war. „So will ich der zweite sein," sagte Babcli; „ich denke schon meinen Miaun zu stellen." Und tapfer half sie ziehen, also daß ihr der Schweiß ausbrach. Ter Verletzte ächzte und stöhnte, sie aber sprach ihm Mut ein. Endlich war alles überstanden, der Arm verbunden und der Verletzte sicher gebettet. Der Arzt wollte gehen, gab dem Mädchen die Hand und sagte: „Du bist eine Brave! Am liebsten nähme ich dich mit. Du könntest mir schon in meinem Hanse passen!" „Warum nicht, Herr Doktor?" rief das Mädchen erfreut. „Ich bin mutterseelenallein in der Welt. Die Base hat mich um Gottes willen in das Haus genommen, aber sie braucht mich nicht. Ich suche halt einen Dienst und wünsche mir keinen lieberen als bei Ihnen." „Das paßt ja gut," sagte der Arzt. „So schnür' dein Vündelchcn und komm mit!" Wie ein munteres Reh sprang Vabeli davon, packte ihre Sieben- sachen in den Korb und sagte der Base „Behüt' Gott!" — Niemand war froher als Hciri, da das Babcli wiederkam. Er sprang ihr an den Hals und küßte sic. „Lieb's Babeli, du bist nun unser!" sagte er voll Freude. Mit dem fvemben Mädchen kam ein Geist des Friedens und Gedeihens in das Hans. Frisch und rasch griff sie ihre Arbeit an. Auch die schwerste und lästigste scheute sie nicht. Ohne Lärm ging ihr alles von der Hand. Alles Ungehörige sah ihr scharfes Auge und schlichtete ihre sanfte und sichere Hand. Den Heller hielt sie zu Rate und keinen Faden verschleuderte sie. Die drei Kinder hütete sie wie einen Schatz. Besonders den schwächlichen, unbeholfenen Heinrich schloß sie ins Herz. Er hatte so liebe Augen und ein so gutes Herz, dabei aber so ungeschickte Hände und Füße, daß das Zerbrechen n.nd Fallen kein Ende nahm. Der Arzt Pestalozzi segnete den Tag und die Stunde, da er Vabeli ins Hans genommen hatte. Eine seltene Kraft und Treue

6. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 86

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
86 nod]mai auf (Enkel und Urenkel bist du, Haus meiner Detter, oererbr worden, vererbt, nie verkauft und nie hat jemand in dir zur Miete gewohnt. Ein frei Geschlecht von deutschen Bauern hast du beherbergt — dreihundert Bahre. Du kennst meine Lebensgeschichte vom „ersten Weinen" bis zu dieser Stunde. Du kennst alle die heißen Seufzer und Gebete meiner Mutter und hast das laute Lachen der Meinen ge- hört, als der Vater den Hampelmann schnitzte und auf dem Gfensims aufstellte. Du hast auch dem Großvater im alten Lehnsessel seine Buhe gegönnt und gesehen, wie die Großmutter den Ubendsegen aus dem Gebetbuch las. Du hast das Weinen gehört, als Gnkel Hansjakob 1812 mit Napoleons Heer ziehen mußte um auf den Eisfeldern Nußlands sein Grab zu finden. Die Geschichte deiner Bewohner ist die Ge- schichte des Dorfes und auch die Geschichte des Vaterlandes. Deine Näume find geweiht von Mühe und Schweiß, von Tränen und Gebeten — in schweren Zeiten, sind geweiht von Freude und Glück, von hoffen und heiterem Gesang — in guten Tagen. Da ist kein Zimmer im Haus, in dem nicht ein Nind meines Stammes geboren, und ist kein Zimmer, darin nicht ein Sarg gestanden hat. Wie viele Särge sind in dreihundert Bahren über diese Schwelle getragen worden! Glieder einer Familie — alle haben denselben Weg genommen nach dem Friedhof im Tale beim Nirchlein der Heimat. Da sind auch Kinder hinausgezogen um anderswo ein heim zu finden, aber innige Bande haben sie lebenslang mit dem Vaterhaus verbunden, — dahin ist auch mancher heimwehkranke zurückgekehrt. Unter deinem Dache haben auch „Schultheißen" und „Schöffen" gewohnt und ernste Männer haben über das Wohl der Gemeinde beraten. Da haben in den Stürmen der Nevolution auch treue Männer dem Landesvater die Liebe und Treue gehalten und haben als die „Stillen im Lande" auch dem König aller Könige Glauben und Gottesfurcht bewahrt. So stehest du da, du Haus meiner Väter, feit dreihundert Bahren. Du bist nicht gemalt für die bildergeschmückten Blätter,' auch gibt es von dir keine Nnsichtskarte. Schlicht wie dein Bau sind auch stets deine Bewohner gewesen. Da ist kein Name von irgend einem in den Nanglisten der Großen zu finden, da sind keine vergnügungs- reisenden gekommen und haben dich als Sehenswürdigkeit bewundert und auch keine Tafel zeugt von einem Gelehrten, der in dir „das Licht der Welt erblickt". Still und einsam, traut wie deine Umgebung, so sind auch die Pfade deiner Bewohner gewesen, durch Mühe und Nrbeit, durch Liebe und Leid — zur Grabesstille und seligen Heimat.

7. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 99

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
99 59- Rätsel. ^Jnter allen Schlangen ist eine, Auf Erden nicht gezeugt, Mit der an Schnelle keine, An Wut sich keine vergleicht. 2. Sie stürzt mit furchtbarer Stimme Auf ihren Raub sich los, Vertilgt in einem Grimme Den Reiter und sein Roß. 3. Sie liebt die höchsten Spitzen , Nicht Schloß, nicht Riegel kann Vor ihrem Anfall schützen; Der Harnisch — lockt sie an. 4. Sie bricht wie dünne Halmen Den stärksten Baum entzwei; Sie kann das Erz zermalmen, Wie dicht und fest es sei. 5. Und dieses Ungeheuer Hat zweimal nie gedroht — Es stirbt im eignen Feuer: Wies tötet, ist es tot. Friedrich v. Schiller. 60. Der Staub. lwer Frauen größter Feind im Hause ist der Staub. Mit Besen, Bürste und Wischtuch kämpfen sie ununterbrochen gegen ihn an; kaum haben sie aber abgefegt, abgebürstet und abgewischt, so beginnt leise und kaum sichtbar der Staub sich von neuem auf alles niederzulegen, was in der Stube ist. Da drängt sich uns nun die Frage auf: Woher kommt er denn eigentlich? Putzen wir nicht Stiefel und Schuhe sorgsam vor der Türe ab, ehe wir ins Zimmer treten? Schließen nicht Fenster und Türen dicht genug um sein Eindringen von außen abzuhalten? Daß das Straßenpflaster unter den Rädern zerknirscht wird und unter dem Hufschlag der Rosse zerstiebt, sehen wir vor Augen. Von diesen feinen Körperteilchen trägt die Luft einen guten Teil in die Häuser. Die Luft hat im Zimmer nie dieselbe Wärme wie im Freien, sie ist häufig wärmer als draußen, selbst in unbewohnten Zimmern, die am Tage der Sonnenstrahl trifft. Stets suchen aber ungleich warme und deshalb ungleich dichte und ungleich schwere Luftmassen, die miteinander in Verbindung stehen, sich auszugleichen. Je enger die Ritzen sind, durch die eine solche Ausgleichung stattfindet, desto heftiger ist die Strömung. Man halte nur die Hand an das Schlüssel- loch oder an eine Ritze des Fensterflügels und man wird sich bald davon überzeugen.

8. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 91

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
91 Entwicklung genommen hatten, blieben von den bedauerlichen Miß- ständen des mangelhaften Wohnens nicht verschont. Eine durchgreifende ijilfe war mit Schwierigkeiten verbunden, die sich innerhalb weniger Jahre nicht beseitigen ließen. Wohl hatte mancher menschenfreundliche Fabrikherr oder Wohltäter für einen kleinen Kreis von Familien Musterwohnungsstätten geschaffen durch Errichtung von Rrbeiteransied- lungen, wo jeder Arbeiter sein kleines Haus für sich allein bewohnen konnte und dazu die Nutznießung eines Stückes Garten oder Feld besaß. Oder man hatte große Häuserblocke errichtet, wo die Mieter in größerer Zahl beisammen wohnten,' jeder besaß eine ab- geschlossene Wohnung für sich und durfte daneben die der Gesamtheit dienenden Annehmlichkeiten eines Bades, eines Kinderspielplatzes, einer Bücherei, einer Wasch- und Trockenanstall u. s. w. genießen. Oie große Masse der Arbeiter in Stadt und Sand konnte aber an diesen Werken edler Menschlichkeit keinen Rnteil nehmen. Die Fürsorge für eine allgemeine Verbesserung in den Wohnungs- verhältnissen der minderbemittelten Klassen erhielt erst einen lebhaften Rnstoß durch die Sandesversicherungsanstalten, die einen Teil ihrer angesammelten großen Geldbestände zur Förderung des Baues von Heimstätten oder von mietbaren Kleinwohnungen zu verwenden be- gannen. Bahnbrechend wirkten insbesondere zwei Versicherungsanstal- ten, die zu Hannover und die der Nheinprovinz. Sie vereinigten haupt- sächlich Industriearbeiter zu Baugenossenschaften, veranlaßten sie zum Erwerb günstigen Baugeländes, ließen Musterpläne für Rrbeiterhäuser aufstellen und gingen den Genossenschaften mit Geld reichlich an die Hand, so daß heute schon Tausende fleißiger und haushälterischer Land- und Industriearbeiterfamilien im Besitze einer Heimstätte, eines eigenen kleinen Rnwesens, sind. Ruch die großen staatlichen Betriebe, wie Eisenbahn- und Postverwaltung, die Betriebe der Bergwerke und Staatswerkstätten, wendeten bedeutende Summen aus Staatsmitteln auf um ihren Rrbeitern und Rngestellten genügende und angenehme Wohnungen zu schaffen. Oie Versicherungsanstalten haben bis jetzt in Deutschland gegen 300 Millionen Mark zum Bau von Klein- häusern und Kleinwohnungen verwendet. Sie verleihen ihre Gelder gegen erste Hypothek zu einem Zinsfuß von 3—3vs °/o, wenn der Schuldner sich zu einer jährlichen kleinen Teilzahlung des empfangenen Darlehens verpflichtet. Selbstverständlich haben solche kleine Rnwesen keinen Platz in den großen Städten mit ihren vielstöckigen Miet- und Geschäftshäusern. Diese neuen Heimstätten sind nur zu ermöglichen in den Vororten der

9. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 92

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
92 Stabte ober in den Dörfern. Und bemerkenswerter Meise macht sich ein lebhafter Rückfluß aufs £anb bemerkbar. Diele 3nbuftriearbeiter finb nicht in den Städten selbst, sonbern in den nahen Ortschaften seß- haft geblieben ober geworben und sie scheuen sogar weite tägliche Märsche nicht um auf dem Laube in ihrem Eigentum wohnen und sich an einem ruhigeren Leben erfreuen zu können, als es die Stadt zu bieten vermag. Auch unser engeres Daterlanb Bayern hat durch eine Abänberung des Gesetzes über die Lanbeskultur-Kentenanstalt für die Vebürfnisse des Kleinwohnungswesens Sorge getragen. Diese Anstalt gewährt, soweit es ihre Mittel gestatten, Darlehen zur Herstellung und gesunb- heitlichen Derbesserung von Kleinwohnungsbauten für die minber- bemittette Bevölkerung und zur Anfieblung von lanbwirtschaftlichen Arbeitern. Die Dorteile und Erleichterungen, welche bieses Gesetz ge- währt, gelten sowohl den gewerblichen Arbeitern wie den Tagnern auf dem Laube, sie sinb geschaffen worben um auch den bescheibensten Familien einen festen halt zu geben und ihnen ein Stückchen Dater- lanb zu sichern. Die Darlehen werben den Gemeinben gegeben, nicht den einzelnen Arbeitern, wie es die Lanbesversicherungsanstalten tun. Die Gemeinben können am besten beurteilen, ob innerhalb ihres Bezirkes eine Förberung des Kleinhauses ober der Kleinwohnungen notwenbig ober wünschenswert ist' sie kennen den einzelnen Ein- wohner genauer, so daß sie ihre Hilfe nur solchen Familien angebeihen lassen können, die ihrer auch würbig sinb. Für den lanbwirtschaftlichen Arbeiter will das Gesetz neben Haus und Stall noch 0,5 Hektar Acker- und Miesenlanb in die Beleihung einschließen, währenb es dem Heimstättenbesitzer unbenommen bleibt sich noch weiteres Laub aus seinen eigenen Ersparnissen zu erwerben. Die Darlehen werben von der Kentenbank nicht in barem Gelbe gegeben, sonbern in sogenannten Kentenscheinen, wie es früher auch bei allen Hypothekenbanken geschah. Da infolge des nieberen Zins- fußes die .Kentenscheine unter dem Kennwerte stehen, bagegen zu biesem verzinst werben müssen, so erhöht sich die Derzinsung des Dar- lehens von 3v4—3v2 o/o um etwa V4 °/o. Aber die mäßige jähr- liche Rückzahlung und die ausgiebige Beleihung sinb eine große Er- leichterung für den Erwerber, besonbers wenn er schon bei der Be- grünbung seines hausstanbes sich sein Eigenhaus zu schaffen sucht. wenn auch ein tüchtiger Mann zunächst ohne frembe Unter- stützung sich selbst zu helfen sucht, so sinb boch oft die ihn umgebenben Derhältnisse so schwer zu überwinben, daß das große, mächtige Gemein-

10. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 94

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
94 weite Reifen in die deutschen Lande machen, verleiht doch pfälzischer Stein dem Hause, wo über das Wohl und wehe unseres ganzen Volkes beraten wird, dem Reichstagsgebäude in Berlin, einen Teil seines Schmuckes ! Doch gibt es auch bei uns Sandsteine von geringerem werte ; denn nicht alle besitzen ein gleichmäßig feinkörniges Gefüge, manche zeigen vielmehr sehr weiche Stellen (Lebereinschlüsse) und sind daher für Bauzwecke nicht verwendbar. Rls Schmuck hat unser Stein seine hübschen Farben. Luntsand- stein wird er darum genannt. 5lm weitesten verbreitet sind der rote und der weiße Sandstein. Ersterer findet sich wohl am besten und mächtigsten bei Weidenthal und Frankenstein. Uber auch von Enken- bach, Hardenburg, Schopp, Rnnweiler, Dürkheim, Landstuhl, Blies- kastel und anderen Orten werden solche Steine verschickt. Unter den weißen Steinen gebührt wohl dem Königsbacher die Palme,' denn er hat den Ruf unserer pfälzischen Steine fest gegründet. Frankweiler, Klingenmünster, Grethen, Wattenheim liefern ähnliche Steine. Einer der ersten, die den wert des weißen Sandsteines erkannt haben, ist wohl König Ludwig I. gewesen. Nirgends tritt die Schönheit dieses Steines besser hervor als an der von ihm erbauten Villa Ludwigshöhe. Graue und grüne Steine finden sich in der Nord- und Westpfalz, so bei Tontwig, Rirkel-Neuhäusel, Hochstätten. Rot und weiß, das sind die Hauptfarben unseres Steines und wie sinnvoll erscheint es, daß die Stirnseite des altehrwürdigen Speyerer Domes diese Farben zeigt! Sst es nicht als wollte der Stein vom Rheine aus mit Stolz auf seine Heimat, unser reizendes Gebirgsland, hinweisen? Ls ist selbstverständlich, daß ein so wertvolles Material wie unser Sandstein das Bild der pfälzischen und der in weiterem Umkreise gelegenen Städte und Ortschaften bedeutend beeinflußt: am Rhein die mächtigen Dome von Speyer und Worms, in anderen Städten die hübschen, in neuem Stil gehaltenen Villen, in den Dörfern der Haardt die hohen Torsäulen und -bogen, auf den Bergen die alten Burgen mit ihren riesigen Ouadern und fast überall die hohen, kastellartigen Kirchtürme! Unser Sandstein ist für uns auch von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Nach zuverlässigen Rngaben sind in der Pfalz über 300 betriebene Sandsteinbrüche und diese zahlen jährlich an Steinbrecher und Taglöhner über zwei Millionen Mark als Rrbeitslohne. Das ist eine hübsche Summe! Uber noch großer ist der Betrag, der jähr- lich aus der Bearbeitung des Steines fließt. Gibt es doch in der
   bis 10 von 256 weiter»  »»
256 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 256 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 6
1 0
2 0
3 0
4 8
5 103
6 0
7 31
8 3
9 4
10 13
11 0
12 0
13 0
14 0
15 4
16 54
17 0
18 4
19 32
20 0
21 0
22 0
23 0
24 4
25 0
26 9
27 0
28 2
29 9
30 8
31 1
32 0
33 30
34 0
35 0
36 9
37 99
38 10
39 114
40 0
41 3
42 0
43 6
44 0
45 28
46 1
47 0
48 0
49 3

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 32
2 0
3 1
4 14
5 6
6 11
7 0
8 0
9 9
10 0
11 3
12 11
13 0
14 0
15 2
16 29
17 91
18 0
19 8
20 1
21 19
22 0
23 5
24 10
25 0
26 0
27 0
28 5
29 0
30 2
31 0
32 2
33 0
34 0
35 0
36 98
37 0
38 0
39 56
40 13
41 2
42 63
43 1
44 0
45 41
46 7
47 0
48 2
49 1
50 2
51 2
52 6
53 0
54 33
55 0
56 0
57 0
58 0
59 7
60 2
61 4
62 0
63 2
64 1
65 0
66 0
67 0
68 21
69 1
70 7
71 10
72 46
73 2
74 0
75 3
76 15
77 76
78 0
79 5
80 0
81 4
82 15
83 0
84 2
85 0
86 1
87 37
88 0
89 0
90 0
91 20
92 95
93 0
94 92
95 0
96 1
97 0
98 8
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 23
1 49
2 13
3 26
4 4
5 61
6 27
7 17
8 1
9 1
10 3
11 9
12 68
13 40
14 3
15 0
16 0
17 2
18 0
19 9
20 0
21 0
22 0
23 0
24 36
25 18
26 4
27 0
28 49
29 4
30 0
31 6
32 16
33 147
34 16
35 4
36 19
37 0
38 0
39 100
40 0
41 4
42 17
43 79
44 0
45 0
46 40
47 4
48 0
49 0
50 70
51 130
52 154
53 6
54 17
55 9
56 2
57 0
58 2
59 79
60 5
61 4
62 23
63 0
64 9
65 21
66 4
67 4
68 0
69 0
70 6
71 13
72 5
73 0
74 2
75 24
76 10
77 0
78 19
79 0
80 1
81 248
82 14
83 7
84 20
85 0
86 13
87 2
88 0
89 29
90 0
91 8
92 1
93 1
94 8
95 14
96 10
97 4
98 2
99 28
100 102
101 6
102 82
103 2
104 2
105 14
106 15
107 28
108 0
109 3
110 10
111 67
112 14
113 13
114 33
115 2
116 46
117 0
118 0
119 1
120 0
121 5
122 10
123 17
124 100
125 34
126 17
127 16
128 0
129 10
130 0
131 36
132 0
133 31
134 0
135 0
136 72
137 22
138 0
139 5
140 6
141 6
142 20
143 14
144 1
145 12
146 0
147 2
148 0
149 0
150 3
151 34
152 91
153 0
154 130
155 14
156 6
157 1
158 0
159 5
160 0
161 6
162 0
163 0
164 2
165 12
166 26
167 3
168 40
169 13
170 1
171 2
172 2
173 12
174 0
175 110
176 0
177 25
178 0
179 20
180 0
181 0
182 15
183 173
184 0
185 2
186 0
187 0
188 44
189 0
190 4
191 1
192 2
193 4
194 6
195 14
196 71
197 0
198 0
199 13