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1. Theil 2 - S. 20

1867 - Breslau : Max
18 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Franken. ließ, während der andere sich selbst töbtete, und den vierten mit einem Stückchen Land (Gens) abgefunden. Um nun einen Vor- wand zum Kriege zu haben, verlangte Chlodwig die Hand der Chlotilde, der Tochter jenes von Gundobald ermordeten Königs. Chlotilde willigte mit Freuden ein, um aus der Haft des ihr verhaßten Oheims loszukommen; desto verdrießlicher war der An- trag dem Gundobald, aber er fürchtete sich, den Chlodwig zu erzürnen und willigte ein. Vergnügt fuhr die Braut auf einem mit Ochsen bespannten Wagen von dannen und ließ auf der Reise, um sich an Gundobald zu rächen, alle burgundische Oerter, durch die sie kam, niederbrennen. Dann forderte Chlodwig die Mitgift seiner Frau; Gundobald schickte sie mit Ingrimm. Bald darauf gab es für Chlodwig ein neues Geschäft. Die oben erwähnten Alemannen, die theils im jetzigen Baden und Würtemberg, theils in der westlichen Schweiz, theils auf dem lin- ken Rheinufer wohnten, hatten sich ausgemacht und waren, den Rhein abwärts ziehend, bis Cöln vorgedrungen, wo auch ein fränkischer König, ein Vetter Chlodwigs, regierte. Chlodwig zog seinem Vetter zu Hülfe. Es kam zur Schlacht bei Zülpich, zwischen Aachen und Bonn (496). Die Franken wurden hart bedrängt; die Alemannen erhoben das Siegesgeschrei. Da, in der höchsten Roth, rief Chlodwig zu dem Gotte der Christen: „Wenn chu mir den Sieg verleihst, so will ich an dich glauben und mich aus deinen Namen taufen lassen; denn ich habe meine Götter angerufen, aber sie haben mir nicht geholfen, und daher muß ich glauben, daß sie keine Macht haben." Glücklicherweise wandte sich der Sieg; die Alemannen mußten die Obermacht der Franken anerkennen. Noch in demselben Jahre ließ sich Chlod- wig taufen. Der Bischof von Rheims, der heilige Remigius, verrichtete in der Domkirche dieser Stadt die feierliche Handlung, die der Aberglaube jener Zeit durch ein angebliches Wunder ver- herrlichen läßt. Als nämlich der Bischof den König salben wollte, war kein Oel da, weil der Geistliche, der die Flasche holen sollte, nicht durch das Volk dringen konnte. Während nun der Bischof in Verlegenheit dastand, kam von der Decke eine weiße Taube herabgeflogen, die im Schnabel ein Fläschchen trug, welches sie dem Bischof darreichte. Das darin enthaltene Oel verbreitete in der ganzen Kirche einen herrlichen Geruch, und man ging damit so sparsam um, daß es bis zur französischen Revolution gereicht hat, durch welche erst das Gefäß seinen Untergang gefunden.

2. Theil 2 - S. 41

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 39 den drücken würde, ihm nicht beschwerlich war, ja daß man von ihm erzählte, er hätte Hufeisen wie Brod zerbrechen können und einst einen Sarazenen bis auf den Sattelknopf gespalten. Sein Gesicht war fast stets heiter; denn er war ein Freund unschul- digen Scherzes. Sein Hinterkopf war rund, mit schönem Silber- haar geziert, seine Nase etwas groß, seine Augen groß und klar und mit durchbohrendem Blicke, wenn er zürnte. Sein Nacken kurz und fett, sein Unterleib in spätern Jahren etwas stark, sein Gang niännlich, fest und voll Würde, nur seine Stimme heller, als man bei so großem Körper hätte erwarten sollen, dieser aber so gesund, daß er im 68. Jahre noch nichts von Krankheit wußte. Denn er bewegte sich viel, war ein trefflicher Reiter und Schwim- mer, ein Freund der Jagd und durchaus mäßig in Speise und Trank. Sein Tisch war gewöhnlich mit Hausmannskost besetzt; nur vier Schüsseln — für einen Kaiser sehr wenig — wurden aufgetragen. Bei der Tafel ließ er sich, damit keine Zeit ver- loren gehe, die Geschichten der Vorzeit vorlesen. Selten nur wurde höher geschmaust, nur bei großen Festen; aber dann zeigte er sich ganz als Kaiser. Vielen Schlaf bedurfte der thätige Mann nicht. Jede Nacht stand er ein oder mehrere Male auf und ar- beitete dann, oder betete, oder sah andächtig und voll Bewun- derung zu den Sternen hinauf. Sein Name wurde nicht nur von seinen Unterthanen mit Ehrfurcht ausgesprochen; auch weit entfernte Fürsten kannten ihn und suchten ihn durch Gesandtschaften zu ehren. Damals lebte in Bagdad in Asien (am Flusse Tigris, nicht weit vom persischen Meerbusen) ein mächtiger Khalif, Harun al Raschid (sprich Arreschihd), ein Abasside, der auch von Karl gehört hatte und ihm eine Gesandtschaft schickte, die natürlich großes Aussehen im Frankenlande erregte. Auch Geschenke brachten diese Morgen- länder nach ihrer Weise mit: Gezelte aus schönen bunten Zeuchen von seltener Größe und Schönheit, kostbare seidene Stoffe, Bal- sam, Rosenöl, kostbares Räucherwerk, große metallene Leuchter und — was vorzügliche Aufmerksamkeit erregte — eine Uhr, die erste im Abendlande. Es war eine Wasseruhr. Sie war von Messing und zeigte die Stunden an. Nach jeder Stunde fielen so viele Erzkügelchen, wie der Seiger zeigte, auf eine Metallplatte herab, und eben so viele Reiter sprangen aus künstlich angebrachten Fenstern heraus, ritten rings um die Uhr und verschwanden wie- der da, wo sie herausgekommen waren. Auch ein Schachspiel war

3. Theil 2 - S. 50

1867 - Breslau : Max
48 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. er gerade im Harze auf dem Vogelfänge war, als die Gesandten der Wahlversammlung ihm die Nachricht brachten, daß er gewählt sei. Er heißt auch wohl der Vogelsteller oder Finkler, rich- tiger aber und würdiger der Städte grün der. Ein tüchtiger, kräftiger Mann, wohl werth, ein deutscher Kaiser zu sein, von männlich schöner Gestalt und angenehmem Wesen, dabei von un- bezwinglichem Muthe und großer Beharrlichkeit. Wenn er jagte, so ließ er nicht eher ab, bis er eine Menge Hirsche, Eber und Bären mit eigener Hand erlegt hatte; eben so war er auch im Kriege unermüdlich, und allen seinen schönen Eigenschaften setzte er durch eine reine Gottesfurcht und Frömmigkeit die Krone auf. Unter seinen vielen Thaten ist keine merkwürdiger, als die Bezwingung der wilden Ungern. In Ungarn, wo vor Zeiten die Hunnen*) gehaust, hatte sich seit kurzer Zeit ein rohes, krie- gerisches Volk, die Ungern oder Magyaren, iliedergelassen, wel- ches vermuthlich vom Kaukasus hergezogen war. Arpad war ihr Führer gewesen. Im höchsten Grade raubsüchtig, war es mit feinen neuen Wohnsitzen nicht zufrieden, sondern machte unauf- hörliche Einfälle in Deutschland, Italien, Frankreich und Griechen- land, führte unermeßliche Beute und Gefangene, besonders Wei- der und Kinder, mit sich fort und beging die abscheulichsten Grau- samkeiten. Es war nichts Seltenes, daß sich die Ungern der Leichen der erschlagenen Feinde als Sitze oder. als Eßtische be- dienten und einander vom Blute der Feinde zutranken. Und was diese Leute so gefährlich machte, war, daß man ihnen so schwer beikommen konnte; denn fast alle Jahre erschienen sie in einer andern Gegend. Schnell waren sie da, und ehe man Kriegs- leute gegen sie zusammengezogen hatte, waren sie aus ihren klei- nen raschen Pferden auch schon wieder mit der gemachten Beute und den Gefangenen weiter gezogen. Sie waren eine große Land- plage für unser Vaterland. Wie mancher Deutscher mußte es mit ansehen, wie sein Weib und seine Kinder ihm unter vielen Schlägen weggeführt wurden, ohne die Hoffnnng zu haben, sie je wieder zu sehen! Die Weiber» wurden mit den langen Haaren aneinander gebunden und dann mit Peitschenhieben nach Ungarn in die Sklaverei getrieben. Auch unter Heinrich dem Vogler machten diese Ungern Ein- *) Die Hunnen waren bald nach Attila's Zeit von den Gepiden nach Asien zurückgetrieben worden.

4. Theil 2 - S. 54

1867 - Breslau : Max
52 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. ches Behagen an den Turnieren, wie man es nannte, daß diese seit jener Zeit Nationalfeste für die deutsche Ritterschaft wurden. Nach seinem Tode wurde sein Sohn Otto I. (936 — 973), den lnan auch den Großen nennt, König der Deutschen. Er wilrde, wie seine beiden Vorgänger, von allen deutschen Herzogen und andern Großen gewählt, die sich dazu auf einem großen Felde zwischen Mainz und Worms am Rhein versammelten. So wurde es damals immer bei den deutschen Königswahlen gehal- ten. Erst später änderte sich das nach und nach. Die Mächti- geren schlossen immer mehrere von den Mindermächtigen aus, bis endlich die Zahl der Kur- oder Wahlfürsten sich aus sieben beschränkte. Doch war dies, wie gesagt, erst später der Fall. Von dem wackern Otto — denn er hatte alle Tugenden sei- nes erlauchten Vaters — wäre nun viel zu erzählen: wie er ei- nen langen Krieg mit dem Herzog von Böhmen, Boleslaus dem Bösen, führte, der seinen sanften Bruder, (den heiligen) Wenzel, mit eigener Hand ermordet hatte*); wie er fünf Mal nach Italien zog und die Lombardei wieder mit seiner Herrschaft vereinigte; wie er bis in die Halbinsel Jütland vordrang und die Dänen zittern machte; wie er an die Grenze der Mark, wo danrals noch slavische Stämme wohnten, in Hafelberg und Bran- denburg, Bisthümer stiftete u. s. w. Doch das würde uns zu weit führen. Hier mag nur gesagt werden, wie er die Lombar- dei gewann und wie er die wilden Ungern endlich ganz aus Deutschland herausschlug, so daß sie nie wiederkamen. Italien war nach dem Aussterben der Karolinger bald von diesem, bald von jenen: einheimischen oder burgundischen Großen regiert worden. Zu Otto's Zeit besaß es Lothar, ein guter und sanfter Mann. Dieser starb so plötzlich, daß man allgemein behauptete, Berengar, ein Markgraf von Jvrea in Ober-Ita- lien, habe ihn vergiften lassen, um das Land an sich zu reißen. Wenigstens niachte er sich zum König won Italien und verlangte von Lothars Wittwe, der jungen und schönen Adelheid, daß sie seinen verworfenen Sohn Adalbert heirathen solle. Als Adelheid das fest abschlug, ergrimmten Berengar und dessen Frau Wi lla so, daß sie die Adelheid gröblich mißhandelten und Willa sie mit den Fäusten ins Gesicht schlug und bei den Haaren auf *) Derselbe Wenzel, dessen Sarg. Helm und Panzerhemd in der Wenzes- lauskapelle in Prag gezeigt und dessen Andenken dort hoch verehrt wird.

5. Theil 2 - S. 82

1867 - Breslau : Max
80 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. aber der Papst seine Behauptung so keck hinstellte und sie in der Geschichte der Vorzeit nicht sehr bewandert waren, so dachten sie: ,,Er muß doch wohl wissen, was er sagt!" und unterwarfen sich. Und so machte es Gregor mit mehreren Fürsten. Ueber Kaiser Heinrich erklärte er sich, er habe die Absicht, ihn nächstens durch Gesandte zu unterweisen, was er zum Heile der Kirche und zur Ehre der königlichen Würde zu thun habe. Werde er auf seine Vorschriften hören, so würde er sich freuen; wenn er aber ihm Ungehorsam bewiese, so würde er ihm zeigen, was er vermöchte. Heinrich war damals in einer sehr mißlichen Lage, in die er sich aber selbst gestürzt hatte. Die Sachsen sahen jetzt deutlich, daß er sie ganz zu Boden drücken wollte. Alle Tage stürzten die königlichen Kriegsknechte wie Räuber über das Eigenthum der Sachsen her, forderten willkürlich Zölle und Abgaben, führ- ten ganze Heerden hinweg, zwangen die Einwohner als Knechte zu dienen, und wenn Einer nur murrte, wurde er gleich ins Gefängniß geworfen, aus dem Niemand anders loskam, als mit Hingebung seines ganzen Vermögens. Klagte man beim Kaiser, so erhielt man kein Gehör oder wurde mit schnöden Worten zurückgeschickt. Einmal berief Heinrich alle sächsischen Fürsten nach Goslar, mit ihnen Wichtiges zu berathen. Alle kamen und warteten aus das Erscheinen des Kaisers. Sie warteten eine Stunde und wieder eine, bis endlich ganz spät am Abend ihnen ein Höfling den Bescheid brachte, sie könnten nur wieder aus- einander gehen, der Kaiser habe keine Zeit. Zugleich erfuhren sie, er habe indessen am Würfelspiele gesessen! So unklug rannte Heinrich in sein Unglück hinein! Die Sachsen traten zusammen und rathschlagten, was zu thun sei. Viele wollten gleich dareinschlagen; aber die Vernünf- tigeren wollten noch einmal erst den Weg der Güte versuchen. Sie schickten drei Abgeordnete an Heinrich, der eben wieder in Goslar war. Sie sprachen: „Adeligster König! Das Volk der Sachsen, welches keiner Nation an Muth wie an Treue nachsteht, bittet dich, die Rechte der Altväter, die alte Freiheit des Landes, ihm wiederzugeben. Ausländer und Dürftige maßen sich mit Gewalt unsere Güter an und entziehen Eingeborenen die Wal- dungen, Weiden und Heerden. Lässest du uns nach vaterländi- scher Sitte leben, so wird kein Volk in Deutschland und Frank- reich treuer und ergebener gefunden werden." — Das war gut und vernünftig gesprochen. Heinrich aber fuhr sie stolz an und

6. Theil 2 - S. 97

1867 - Breslau : Max
Alfred von England. 95 Endlich bereinigte ein König von Wessex (in Süd-England), Egbert, alle sieben Reiche (827) und machte also der Heptar- chie ein Ende. Er war als Prinz, um sich vor den Verfolgun- gen seiner eigenen Verwandten zu retten, nach Frankreich geflo- hen und hatte am Hose Karls des Großen seine Ausbildung erhalten. Mit Kenntnissen und Erfahrungen bereichert, kam er zurück, und mit ihm begann für England eine ruhigere Zeit. Doch wurde die Ruhe manchmal durch die Landung der Dälien oder Rormänner, kühner Seeräuber, die von Dänemark und Nor- wegen aus das Meer durchschifften, gestört. Sie raubten Men- schen und Güter, und schifften dann reichbeladen nach Hause. Noch größern Ruhm als Egbert erlangte sein Enkel, Alfred, den man auch wohl den Großen genannt, und der voil 871 bis 901 über England regierte. Als Knabe hatte er nichts gelernt, weil ihn sein schwacher Vater (Ethelwolf) verzärtelte; aber seine Mutter Judith, eine Tochter Karls des Kahlen, lehrte ihm die altsächsischen Lieder. Diese machten auf sein Gemüth einen wun- derbaren Eindruck und entwickelten in ihm die Begeisterung für alles Edle und Große, die er hernach als König überall zeigte. Kaum hatte er den Thron bestiegen, so landeten neue Haufen von Dänen, die damals die Küsten nicht nur Englands, sondern auch Frankreicks und Deutschlands zu verwüsten pflegten. Nach mehrern vergeblichen Kämpfen verloren die Angelsachsen den Muth, ferner zu kämpfen, da immer neue Schaaren wie aus dem Meere aufstiegen. Vergebens rief Alfred seine Unterthanen zu einem neuen Kampfe auf. Manche flohen in die Berge, Andere über die See, und die Uebrigen unterwarfen sich den Siegern. Alfred, von Allen verlassen, von den Dänen ausgesucht, entließ seine Hoflente und flüchtete sich in Bauernkleidern. Er trat als Knecht in die Dienste eines seiner Rinderhirten, eines treuen Men- schen, der nicht einmal seiner Frau den hohen Stand seines Ga- stes verrieth. Als er nun hier bemerkte, daß die Dänen nicht mehr so eif- rig ihn aufsuchten, begab er sich nach einem Versteck in Somer- setshire (im südlichen England am Kanal von Bristol). Hier war eine von kleinen Flüssen, Morästen und Buschwerk umgebene Gegend, die Insel Athelney. Diese befestigte er; und dazu war hier-Alles so unwegsam, daß Niemand ahnte, daß sich hier Menschen aufhielten. Von hier aus griff er mit einem gesam- melten Haufen Sachsen öfters die Dänen an, die daraus wohl

7. Theil 2 - S. 135

1867 - Breslau : Max
Letzte Kreuzzüge. 133 zu Lande weiter zu reisen. Er mußte gerade durch das Land seines Todfeindes, durch Oestreich; doch hoffte er, daß ihn Kei- ner erkennen werde. Er warf seine Rüstung ab und hüllte sich in ein armseliges Pilgerkleid. So kam er nach Wien, wo er sich nur ein paar Tage ausruhen wollte. Aber auch hier war er unbesonnen. Er ließ nämlich viel Geld sehen und wendete so viel auf, daß die Leute stutzig wurden, daß ein armer Pilger so viel auszugeben hätte. Das erfuhr Leopold und ließ ihn be- obachten. Als Richard das merkte, wurde ihm bange, und um nicht erkannt zu werden, flüchtete er sich in ein anderes Wirths- haus, und als man ihm auch dahin folgte, stellte er sich an den Bratspieß in der Küche. Aber unklugerweise behielt er an der Hand, mit welcher er den Spieß drehte, einen kostbaren Ring stecken, und um sein Unglück voll zu machen, trat eben ein Die- ner des Herzogs ein, der ihn in Palästina gesehen hatte und sogleich wieder erkannte. Nun half kein Leugnen; man brachte ihn zu Leopold. Dieser ließ ihn sogleich in den Kerker werfen, und Niemand wußte, wo Richard geblieben war. Als die Nach- richt nach England kam, daß er gefangen wäre, entschloß sich ein Edelmann aus Artois, Namens Blondel, seinen Gebieter auf- zusuchen und so lange alle Länder zu durchziehen, bis er ihn gesunden hätte. Endlich kam er zufällig auf eine Burg im Oestreichischen, und als er da übernachtet hatte, fragte er: „Schöne Wirthin, sind Gefangene dort im Thurme?" — „Ach ja!" war die Antwort, „seit einiger Zeit sitzt dort ein Gefan- gener." — Blondel dachte gleich: „Das könnte wohl mein guter Herr sein!" und bat um die Erlaubniß, einige Zeit da bleiben zu dürfen. Der Kastellan erlaubte es ihm; aber vergebens be- mühte sich Blondel, den Gefangenen zu Gesicht zu bekommen, so oft er auch unter dem Fenster des Thurms auf seiner Cither spielte. Endlich sah ihn der gefangene König und glaubte seinen treuen Diener zu erkennen. Um ihm ein Zeichen zu geben, sang er ein Lied, das sie beide einst in glücklichern Tagen gedichtet hatten. Kaum hatte er die erste Strophe geendigt, so griff Blondel in die Saiten und sang die zweite Strophe. Der Ge- suchte war also gesunden. Schnell reiste Blondel nach England zurück und verkündete hier und überall, wo Richard eingesperrt sei. Leopold, dadurch erschreckt, wagte nicht, ihn länger zu be- halten, und da zufällig auch der deutsche Kaiser, Heinrich Vi., Richards Feind war, so kaufte dieser den vornehmen Gefangenen

8. Theil 2 - S. 164

1867 - Breslau : Max
162 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. sich hatte wollen zum Könige ausrufen lassen, befahl er auf einen eisernen glühenden Stuhl zu setzen und ihin eine glühende Krone aus den Kopf zu nageln, und Vielen wurden die Augen ausgestochen. .Solches Betragen empörte das ganze Land; Alle verabscheuten den Tyrannen und erhoben sich gegen ihn. Ehe er noch den Aufruhr dämpfen konnte, starb er 1197 in Messina ; man glaubt an Gift. Dieser Heinrich Vi. ist derselbe, dem Herzog Leopold von Oestreich den gefangenen Richard Löwen - h erz auslieferte und der ihn, um ein hohes Lösegeld zu erpressen, in das feste Schloß Dürrenstein einsperrte. 67. Philipp von Schwaben, 1197 — 1208. — Otto Iv. von Braunschweig, 1197 — 1218. Heinrich Vi. hatte ein dreijähriges Söhnchen, Friedrich, hinterlassen. Ihn erkannten zwar die Neapolitaner und Sici- lianer als ihren König an, aber alle Deutsche mußten das Land verlassen. In Deutschland tobten die beiden Parteien der Ghi- bellinen und Guelfen gegeneinander; jede wollte einen Kaiser aus ihrer Mitte gewählt haben, und da sie sich nicht vereinigen konnten, so wählten jene einen Hohenstaufen, Philipp von Schwaben, einen Bruder Heinrichs Vi. (1197 — 1208); die Welfischgesinnten dagegen erklärten diese Wahl für ungültig und ernannten Otto Iv. von Braun schweig, einen Sohn, Heinrichs des Löwen, zum deutschen Könige. Das unglückliche Deutschland! War schon bisher wenig auf Ordnung gesehen, so rissen nun die Unordnungen erst recht ein und Jeder that, was ihm beliebte. Dazu kam noch der Krieg, den beide Könige miteinander führten, und nicht nur Deutschland, sondern auch Italien theilte sich in zwei Parteien. Philipp und Otto bewarben sich um die Gunst des Papstes, damals Jnn ocenz Iii., eines stolzen, kräftigen und herrschsüchtigen Mannes, welcher das Werk Gregors Vii. vollendete. Er legte den Grund zum Kir- chenstaat. Dieser nahm ganz die Miene eines Richters an und schrieb an sie: sie würden doch wohl wissen, daß ihm, dem Papste, allein die Entscheidung, so wie überhaupt die Besetzung des Kaiserthrons zukomme, und wenn die Fürsten sich nicht bald einigen könnten, so würde er den Otto bestätigen. Das that er bald darauf auch wirklich: er nähme ihn, so schrieb er, als König an, mit dem Befehle, daß ihm überall Gehorsam geleistet werde. Aber bald änderte sich die Sache. Philipp war glücklicher im

9. Theil 2 - S. 167

1867 - Breslau : Max
Die Hansa. 165 sam waren auch die Edelleute gegen ihre Fürsten. Jeder glaubte ein Recht zu haben, zu rauben und sich mit Andern herumzu- raufen, so viel wie er wollte, und so entstand denn eine allge- meine Unordnung. Mit seinen Unterthanen verfuhr Jeder wie ihm beliebte und untereinander wurde jede Streitigkeit gleich mit dem Schwerte abgemacht. Ein Pfalzgraf ließ einmal seiner- jungen Frau, blos weil er einen Verdacht auf sie geworfen hatte, von einem seiner Knechte den Kopf abschlagen, ohne daß Jemand nur daran dachte, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Was noch das Uebel vermehrte, war, daß die Kaiser im 11. und 12. Jahr- hundert mehr in Italien als in Deutschland zu thun hatten und daher nicht einmal viel Zeit behielten, die Ruhestörer in Deutsch- land zur Ordnung zu bringen. Es ist schon gesagt worden, daß man diese Unordnungen, wo Jeder sich nach Maßgabe seiner Kräfte selbst Recht verschaffte, das Faustrecht nannte. Die wilden Raubritter lauerten besonders aus die Kaufmannswagen und Schiffe. Sahen sie von ihren Burgen herab in der Ferne einen Fuhrmannswagen kommen, so saßen sie mit ihren Knechten zu Pferde, legten sich in einen Hinterhalt und brachen auf die sorg- los einherziehenden Kaufleute los, die dann alle Habe verloren und noch froh sein mußten, wenn sie mit dem Leben und ge- sunden Gliedern davonkamen. Eben so ging es den Schiffen, die auf dem Rheine, der Elbe und andern deutschen Strömen die Waaren von Stadt zu Stadt führten. Da nun alle Klagen darüber bei dem Kaiser ohne Wirkung blieben, so dachteil die Kaufleute selbst auf Abhülfe. Hamburg und Lübeck schloffen zuerst einen Vertrag, gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts, und bald trat auch Braunschweig dazu. Sie nannten das Bündniß Hansa. (Hansa hieß in jeder einzelnen Stadt die Kaufmannsgilde, welcher sämmtliche Großhändler derselben an- gehörten. In Norddeutschland umfaßte diese Gilde meist alle Leute des bessern Bürgerstandes und so wurde der Name „Hansa" aus die zu Handelsunternehmungen verbündeten Städte über- haupt übertragen.) Wenn nun Wagen von einem dieser Orte zum andern fuhren, so zogen bewaffnete Soldaten mit, welche von der Hansa aus gemeinschaftliche Kosten unterhalten wurden. Wie wunderten sich nun die Raubritter, wenn sie solche Wagen anfielen und von tüchtigen Soldaten gleich zurückgeschlagen wur- den! Die andern Handelsstädte des nördlichen Deutschlands fanden, daß dies eine herrliche Einrichtung sei, und wünschten

10. Theil 2 - S. 177

1867 - Breslau : Max
Karl von Anjou. Konradino. 175 gewissenhaften Bruders, war er ein stolzer, herrschsüchtiger, eigen- nütziger Mensch. Schon sein Aeußeres war abschreckend. Seine olivenfarbige Haut, sein kalter, strenger Blick, seine finstere Stirn gaben ihm ein düsteres Aussehen. Nie sah man den Ausdruck der Milde, des Frohsinns oder der Menschenliebe in seinen star- ren Zügen. Er machte sich mit einem schönen Heere nach Ita- lien auf den Weg und eroberte das Land, nachdem er bei Be- ne v ent o (1266) Manfred besiegt hatte; denn vor der Schlacht gingen viele Neapolitaner, die von Anjou bestochen waren, zu diesem über, während dem Manfred nur die Deutschen und Mu- hamedaner, die bei ihm dienten, treu blieben. Manfred sah das mit Entsetzen; da fiel der silberne Adler, der als Kleinod seinen Helm zierte, auf den Sattel herab. — „Das ist ein Zeichen von Gott!" rief er, stürzte sich in das Feindesgewühl und fiel an der Brücke von Benevento, wo die Feinde aus seine Leiche einen Haufen Steine zum Denkmale auswarfen. Karl unterdrückte durch Grausamkeit die Stimme Derer, die dem Hause Hohen- staufen zugethan waren. Die Neapolitaner und Sicilianer seufzten in der Stille über ihr Geschick, dachten an die schönen Zeiten, wo Friedrich Ii. sie väterlich beherrschte, und sahen sich um nach seinem Enkel Konradino, dem letzten Sprößlinge des Hauses der Hohenstaufen. Dieser war in aller Stille und Ar- muth unter den pflegenden Händen seiner Mutter Elisabeth am bairischen Hose aufgewachsen; denn von allen den reichen Ländern seines Großvaters hatte er nichts mehr übrig als einige armselige Güter. Jetzt war er 16 Jahre alt, als Gesandte aus Neapel zu ihm kamen, ihn einzuladen, sich an die Spitze aller Un- zufriedenen zu stellen und dem Papste und dem Karl von Anjou den Krieg zu erklären. Sie brachten ihm Geld mit, um Truppen zu werben, und versicherten, daß jenseit der Alpen viele Tau- sende nur aus ihn warteten; denn die Anmaßung der Fran- zosen, ihre schnöde Verachtung aller Sittlichkeit und ihre Raub- sucht habe Aller Herzeu empört. Konradino's Augen funkelten bei diesen Anträgen von Muth und Kampfbegier. Er verglich seine gegenwärtige Lage mit der Königskrone, die ihm angetragen wurde, und so sehr auch die zärtliche Mutter ihm vorstellte, er sei noch zu jung, um so weit solchen Gefahren entgegen zu gehen, so viel sie auch weinte und ihn bei ihrer Liebe beschwor, noch zu bleiben, so war doch Alles vergebens. Schnell wurden die letzten Güter verpfändet. Konradino rüstete sich und die Sei-
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