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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 64

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
64 Er war von starkem Körperbau und maß sieben seiner eigenen Fußlängen. der obere Teil seines Kopses war rund, seine Augen groß und lebhaft, die Nase stark, der Nacken dick und kurz, sein Leib etwas vorhängend. Sein Gang war fest, seine ganze Haltung zeugte von männlicher Kraft, hell und hoch erklang seine Stimme. Das freundliche Gesicht umrahmte im Alter weißes Haar. In den letzten vier Jahren seines Lebens plagte ihn das Fieber, und in der allerletzten Zeit hinkte er auf einem Fuße. Böse Ahnungen erfüllten seine Seele, als er, am Ufer des Meeres stehend, die Meerdrachen der Normannen gewahrte, deren Raubzüge seinem Reiche bald verhängnisvoll werden sollten, aber solange er selbst lebte, wußte er die gefährlichen Feinde fernzuhalten. 810 und 811 erlebte er noch eine furchtbare Pest unter dem Vieh und eine Hungersnot unter den Menschen. In ebenderselben Zeit verlor er seine älteste Tochter und seine beiden ältesten Söhne Karl und Pippin, Männer, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigten, durch den Tod. Seinem letzten Sohn, Ludwig von Aquitanien, ließ er 813 die Kaiserkrone und die Herrschaft, dann legte er sich und hauchte am 28. Januar 814 seine Seele aus. An demselben Tage noch ward er im Dom zu Aachen bestattet. Nicht „auf goldenem Stuhle sitzend", wie die Sage berichtet, sondern in einem noch erhaltenen Marmorsarkophage (Steinsarg), den eine Darstellung des Raubes der Proserpina ziert, fand der Körper des mächtigen Herrschers seine Ruhestätte. Die Inschrift über seinem Grabe lautet folgendermaßen: „Unter diesem Steine ruht der Körper Karls des Großen und rechtgläubigen Kaisers, welcher das Reich der Franken herrlich erweitert und durch siebenundvierzig Jahre glücklich regiert hat. Er starb, da er siebzig Jahre zählte, im Jahre des Herrn 814, in der siebenten Jndiktion*), am 28. Januar. (Nach Erl er und Freytag.) *) Die Jndiktion giebt an, die wievielte Stelle ein Jahr in einem Cyklus von 15 Jahren einnimmt.

2. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 96

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
96 bestanden, auf dem Wege des Handels in klingende Münze zu verwandeln. Diesem Geschäft unterzogen sich die Kaufleute. Anfänglich waren es in der Regel Friesen und Juden, die von Hof zu Hof ziehend, den Vertrieb der Handelsartikel besorgten, allmählich aber griffen auch Leute aus der angesessenen Bevölkerung, Freie und Zinspflichtige, zu dieser Beschäftigung. Die Händler suchten mit ihren Waren naturgemäß gern die Orte aus, wo viele Menschen zusammenströmten, wo Heer- und Volksversammlungen stattfanden, religiöse Feste gefeiert wurden u. s. w. Diese Verbindung namentlich kirchlicher Feier mit dem Markttreiben spiegelt sich in dem Worte „Messe" wieder und hat sich an manchen Orten bis auf den heutigen Tag erhalten. In den älteren Städten lagen die Marktplätze häufig außerhalb der Altstadt oder an einem Flusse. Damit sie leichter zugänglich wären, wählte man gern Kreuzwege für den Marktverkehr. Ringsum waren die Grenzen durch Kreuze bezeichnet, auch in der Mitte des^ Platzes erhob sich ein Kreuz, an welches Handschuh oder Schwert oder auch beides gehängt war; man befestigte auch wohl eine Fahne, «inen Hut, einen Schild oder einen Busch an dem Kreuze. Diese sinnbildlichen Gegenstände deuteten darauf hin, daß der König Stadt und Markt unter seinen besonderen Frieden gestellt, die Stadt gleichsam als sein Eigentum erklärt hatte. Das Kreuz mit den Sinnbildern daran wandelte sich im Lause der Zeit zur Rolandssäule um (Bremen). Nach diesem Bilde wurde das ganze Marktgebiet das Weichbild, d. i. Bild des Wiks, des Fleckens, genannt. Es stand nun ebenso unter dem Schutze des Königs wie die Königsburg selbst, und der Bruch des Friedens war ein todeswürdiges Verbrechen. Je zahlreicher ein Markt besucht war, desto höher steigerte sich die Einnahme des Marktherrn. Alle Abgaben, Zölle u. s. w. flössen in seine Kasse. Hierbei gewann auch die Münze, da der gesteigerte Verkehr immer größere Mengen flüssigen Metalles verlangte. Über Verbrechen und Streitfälle, die auf dem Markte vorkamen, entschied das Marktgericht. Die Leitung desselben lag in den Händen des Schultheißen, Beisitzer waren diejenigen Grundbesitzer, denen Grundstücke im Weichbilde vom Marktherrn verliehen waren, also Kaufleute. Sie hatten, selbst wenn sie aus dem Stande der hörigen Leute hervorgingen, durch die Landleihe zu Weichbilbrecht die Freiheit und das Bürgerrecht erworben, ba sie Angehörige der Königsburg geworben waren. Eben bort würde auch das Markt- ober Stabtgericht

3. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 12

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
12 Friedrichs von Österreich 40000 Mark (1600000 Reichsmark), ebenso viel bei der Karls von Böhmen, dazu noch vier der ergiebigsten Rheinzölle, bei der Wahl Wenzels 30000 Mark (1200000 Reichsmark) und 6000 Schock Groschen (etwa 200000 Reichsmark). Karl Iv. versprach dem Erzbischof Balduin v. Trier für seine „Auslagen" 6000 Mark (240000 Reichsmark), drei Jahre später stellte er ihm einen Schuldschein über 16000 kleine Goldgulden (160000 Reichsmark) aus und verlieh dem Erzbischöfe und seinen Nachfolgern außerdem noch Zölle. Die Summen, welche Karl V. für seine Wahl bezahlte, sollen sich auf 10 Millionen Reichsmark belaufen haben, dazu traten noch Pensionen. Was hier von dem Kölner und dem Trierer Erzbischöfe mitgeteilt worden ist, läßt darauf schließen, daß die übrigen Kurfürsten nicht weniger gefordert haben, und es liegt darin immerhin ein Beweis von der Steuerkraft des Reiches, welches ja doch schließlich die genannten Summen in Gestalt von Zöllen liefern mußte. War das Schachergeschäft um die Krone abgeschlossn, so begann der neue Träger derselben die Jagd nach der Hausmacht. Wenig bedenklich in der Wahl der Mittel, diese zu erlangen, zeigten sich besonders Adolf v. Nassau in seinem Kampfe gegen die Wettiner in Thüringen und Meißen, Albrecht v. Österreich ebenfalls gegen die Wettiner und gegen die Schweizer, Karl Iv. gegen den Brandenburger Kurfürsten Ludwig, welchem er durch den falschen Waldemar Schwierigkeiten bereitete und dann diesen fallen ließ, um den Kurfürsten auf seine Seite zu ziehen, und Friedrich Iii., der die wilden Horden der Armagnacs herbeirief, um die Schweizer dem Hause Österreich zu unterwerfen. Nur dem habsburgischen Geschlechte gelang die Gründung einer großen Hausmacht, die Bemühungen aller andern Könige blieben ohne Erfolg. Für die Wohlfahrt des Reiches waren einst die Romfahrten der sächsischen, der salischen und namentlich der hohen staufischen Kaiser verhängnisvoll geworden, da sie die Herrscher oft jahrelang von Deutschland fern hielten, ebenso schlimm aber war es, daß die Wahlkönige die Kräfte und Mittel des Reiches oft zu Gunsten ihrer Hausmacht verwendeten. Bon Karl Iv. hat Kaiser Maximilian I. gesagt, er sei seinen Erblanden ein Vater, dem Reiche ein Erzstiefvater gewesen. Friedrich Iii. klagte, „das Reich sei voll Unrat, Gewaltthätigkeit, unehrlichem Angriff, Mord und Brand, davon es gar schädlich gemindert werbe,"

4. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 165

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
165 Die wohlgemeinten Ratschläge des ehrenfesten Mannes konnten indes dem Verderben des Bauernstandes nicht wehren: das Übel der Schlemmerei, des Strebens über Stand und Mittel hinaus forderte zahllose Opfer unter den Landleuten. Viele unter ihnen endeten wie der junge Helmbrecht ihr Leben am Galgen oder irrten, von den Angehörigen wegen ihres Lasterlebens verstoßen, im Elend umher. So erging es der schönen Gorelind, die, von Eitelkeit und Hochmut erfüllt, sich von ihrem Bruder verführen ließ, einem Spießgesellen desselben, dem Räuber Lämmerschling, die Hand zum Ehebunde zu reichen. An ihrem Hochzeitstage, als sie mit gestohlenen Gewändern prunkte und die ganze Gesellschaft von geraubtem Gut ein lecker bereitetes Mahl hielt, kam der Richter mit den Schergen. Die Räuber mußten sterben, nur der junge Helmbrecht, mit seinem Räubernamen Schlingdengau genannt, kam mit dem Leben davon, doch wurde er geblendet und büßte Hand und Fuß ein. Den blinden Krüppel weist der Vater vom Hofe. Ein Jahr noch irrt er bettelnd durchs Land, da finden ihn Bauern, die er einst beraubt hat. Ohne Erbarmen hängen sie ihn an den nächsten Baum. Gotelind aber fand man nach der Hochzeit nackt und elend hinter einem Zaune. Ein freundlicheres Bild zeigen die Festlichkeiten, welche das junge ^ste Landvolk im Sommer und im Winter mit ungetrübter Jugendlust ße=yauern' ging und denen auch die Alten wohlgefällig zusahen. Hin und wieder wehrte wohl eine ernstgesinnte Mutter, voll Sorge um der Tochter Ruf und Ehre, dem leichtgesinnten Mägdlein frohen Tanz, doch lefen wir in den alten Berichten, daß die Tochter nicht immer auf der Mutter Worte hörte, sondern mit Gewalt die Truhe erbrach, in welcher ihre feinen Kleider verwahrt wurden. Sie schmückte sich und eilte hinaus zum Spiel. Die Feste des Landvolkes schlossen sich eng an die Natur an, die dem Bauern mehr als andern wohl vertraut ist. Weun der Lenz erschien, spähten die Mädchen nach den ersten Zeichen seines Waltens. Der Dichter faßt es in folgende Töne: ,So die bluomen üz dem grase dringent, same sie lachen gegen der spilden sunnen, in einem meien an dem morgen fruo, und diu kleinen vogellin wol sin gen t in ir besten wise di si kunnen, waz wünne mac siche da geliehen zuo? ez ist wol halb ein himelriche.“

5. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 167

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
167 Reien folgen die Trinkgelage mit lauter und übermütiger Fröhlichkeit." Aber auch der Winter hatte seine Freuden, die uns Nithard von Reuenthal schildern mag: „Winter," singt er. „deine Gewalt treibt uns hinweg, von der breitgeästeten Linde in die Stube, deine Winde fahren kalt daher; Lerche, laß dein Singen. Reif und Schnee haben dir die Fehde angekündigt, du mußt stille schweigen. Ich beklage den grünen Klee. Mai. ich will dir danken, der Winter bereitet mir Schmerz------------------ Kinder, macht euch bereit für den Schlitten, der auf dem Eise geht. Kalt ist der verhaßte Winter, er hat uns die wonniglichen Blumen genommen. Mancher grünenden Linde Wipfel steht nun grau, unbesungen ist der Wald. Das alles ist von des Reifes Ungnade gekommen. Könnt ihr sehen, wie er die Heide zugerichtet hat? Sie ist durch seine Schuld verwelkt und die Nachtigallen sind hinweggeflogen. Wohl bedürfte ich meiner weisen Freunde Rat. Sie mögen sagen, wo die Freunde sollen der Freuden pflegen. Megenwart hat eine weite Stube. Behagt es euch allen, so wollen wir uns dort am Festtag zum Tanze versammeln. Es ist seiner Tochter Wille, daß wir dorhin kommen: ihr sollt es alle einander sagen. Einen Tanz um den Tisch, den leitet Engelmar. Werdet einig, wer zu Kunigunden geht, sie sehnt sich immer nach dem Tanze. Vorwürfe würden uns gemacht werden, wenn man es ihr nicht sagte. Gisel, gehe zu Juten hin und lade sie zum Kommen ein, sage es zugleich auch Ellen, daß sie mitkomme, denn zwischen ihnen und mir besteht ein enger Bund. Vergiß mir, Kind, ja nicht die Hedwig, bitte sie, mit den andern zu kommen. Eine Sitte aber sollen die Mädchen lassen: sie sollen die Hüte nicht zu weit ins Gesicht setzen. Ich rate allen guten Frauen, welche hochgemuten Männern holden Sinn tragen, daß sie den Hut aus dem Gesichte rücken und weiter nach hinten binden und so den Nacken schützen. Beim Tanze griff Eppe zum Dreschflegel, Adelber zur Pflugräute (der Stab, womit das Pflugbrett von der Erde gesäubert wird). Dies geschah alles um ein Ei. das Ruprecht fand; ich glaube, der Teufel gab es ihm. Damit drohte er Eppen zu werfen. Eppe ward zornig, in übler Laune rief er: ,Trutz*. Da warf's ihm Ruprecht an die Glatze, daß es herniederfloß. Friedlieb wollte Gotelinden zum Tanze auffordern. Dasselbe hatte Engelmar im Sinn. Verdrießt's euch nicht, so erzähl' ich euch das Ende. Eberhard der Meier mußte sich ins Mittel legen und zwischen den beiden den Frieden herstellen. Sonst

6. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 110

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
110 nicht helfen wolle. Juppiter sagte: „Seid ihr edelgeboren?" Sie sagten: „ja!" Juppiter sagte: „Seid ihr denn auch Kipper?" „Nein", sagten sie, „den Bescheißern sind wir niemals günstig gewesen." Das Wort verdroß die andern Kipper, sagten: „Wir sind keine der Art; wenn wir das sind, so seid ihr so gut als wir. Ist es doch wahr, habt ihr doch lange Zeit mit uns gezogen, geritten und gerennet, ja ihr habt euch auch von den Juden bestellen lassen, in derselben Gesellschaft zu wachen, ihr Geld zu verwahren, den garstigen stinkenden Juden Diener und Trabanten zu sein." „So haben wir um unsern Lohn geritten", sagten die Edelleute. Eine Reihe von Zeitgenossen schildert, wie die Unterhändler anfangs in förmlicher Soldatenmontur mit roten oder blauen Binden um den Leib, den Degen an der Seite und die Feder auf dem Hute im Magdeburgischen und Halberstädtischen umherstreiften, wie man an grauen niedrigen Hüten mit einem langen Federbusch und breiten Bändern „die Kipper und Wipper" erkennen wollte, die auf der Schnellwage die leichtert gegen die schweren Stücke prüften und die, welche die Wagbalken niederkippten, zu ihren Kunststücken zur Seite wippten. Angesichts des Verschwindens des Silbers und der ungeheuren Ausdehnung der schlechten Ausmünzung war es natürlich, daß auch das Kupser über die gewöhnlichen Preise stieg. „In gegenwärtiger Zeit", sagt ein Zeitgenosse, „werden die Blasen, Kessel, Röhren, Rinnen und was von Kupfer ist, ausgehoben, in die Münze getragen und zu Gelde gemacht. Ein ehrlicher Mann darf sich nicht mehr getrauen, jemand zu beherbergen, denn er muß Sorge tragen, der Gast breche ihm des Nachts die Ofenblasen aus und liefe davon. Wo eine Kirche ein alt kupfern Taufbecken hatte, das mußte sofort der Münze zu und half ihm keine Heiligkeit, verkauften es, die darin getauft worden waren." In der That lohnte es sich, eine Ofenblase von Kupfer zu stehlen und in die Münze zu verkaufen, denn als 1622 einige Reichsstände aus Mangel an Silber Kupfergeld als Scheidemünze prägen ließen, konnte hierzu der Centner für 500 Gulden vermünzt werden, ja in der Stadt Kamenz ward damals der Centner zu 910 Thaler 4 Groschen 6 Pfennig ausgebracht! So war bei den geringeren Sorten von Silbergehalt gar keine Rede mehr; man hängte den roten Füchsen einen weißen Mantel um, d. h. man suchte durch Weinstein dem Kupfer auf einige Zeit den täuschenden Schein von Silber zu geben; aber bereits nach Verlauf von 8 Tagen verwandelten sie ihren glänzenden Silberblick in ein

7. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 241

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
241 niger Ungarn, noch fast kein Österreicher in Deutschland studierte. Aber auch auf den preußischen Universitäten hatte die Burschenschaft noch so wenig Anhang, daß allein Berlin der Einladung Folge leistete. So war denn bei der Feier der Völkerschlacht gerade die Studentenschaft der beiden Staaten, welche allein schon bei Leipzig für die Sache der Freiheit gefochten, fast gar nicht vertreten; und alle die wundersamen Märchen, womit die Liberalen der rheinbündischen Länder die Geschichte des Befreiungskrieges auszuschmücken liebten, fanden freien Paß. Schon lange zuvor hatte die Presse mit mächtigen Trompetenstößen den großen Tag angekündigt. Eine freie Zusammenkunft von Deutschen aller Länder allein um des Vaterlandes willen war diesem Geschlechte eine so erstaunliche Erscheinung, daß sie ihm fast wichtiger vorkam als die weltbewegenden Ereignisse der letzten Jahre. Im Laufe des 17. Oktobers langten an fünfhundert Burschenschafter in Eisenach an, etwa die Hälfte aus Jena, dreißig aus Berlin, die übrigen ans Gießen, Marburg, Erlangen, Heidelberg und anderen Universitäten der Kleinstaaten ; die rüstigen Kieler hatten nach Turnerbrauch den weiten Weg zu Fuß zurückgelegt. Auch vier der Jenenser Professoren fanden sich ein: Fries, Oken, Schweitzer und Kiefer. Jede neu eintreffende -Lchar ward schon am Thore mit stürmischer Freude begrüßt und dann in den Rautenkranz geleitet, um dort vor den gestrengen Herren des Ausschusses auf dreitägigen Burgfrieden Urfehde zu schwören. Anderen Tags in der Frühe stieg „der heilige Zug" bei hellem Herbstwetter durch den Wald hinauf zu der Burg des Reformators: voran der Burgvogt Scheidler mit dem Burschenschwerte, darauf vier Burgmänner, dann, von vier Fahnenwächtern umgeben, Graf Keller mit der neuen Burschenfahne, welche die Jenenser Mädchen ihren sittenstrengen jungen Freunden gestickt hatten, daun endlich die Burschen Paar an Paar, viele schöne germanische Reckengestalten darunter, man» cher' im Vollbart, was bei ängstlichen Gemütern schon als ein Zeichen hochverräterischer Gesinnung galt. Allen lachte die Freude aus den Augen, jene glückliche Selbstvergesfenheit der Jugend, die noch ganz im Genusse des Augenblicks aufzugehen vermag; ihnen war, als ob ihnen heute zum ersten Male die Herrlichkeit ihres Vaterlandes leibhaftig entgegenträte. Droben im Rittersaale der Wartburg, den der Großherzog gastfreundlich geöffnet hatte, wurde zuerst unter Pauken- Deutsche Kulturgeschichte. Iv. -i a

8. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 279

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
279 bet König zu Pferbe, in der Uniform des ersten Garberegiments, mit einem breiten schwarz-rot-golbenen Banbe um den linken Arm. Ebenso waren die ihn umgebenben Prinzen und Generale geschmückt. Dem König zur Seite gingen zwei Bürger. Einer der Hauptbarrikabenkämpfer, der Tierarzt Urban, schloß sich, eine gemalte Königskrone tragenb, dem Zuge an. Als der König in bett Schloßhof Herabstieg, warb er von einer großen Volksmenge jnbelnb begrüßt. Er richtete an die Umftehenben folgenbe Worte: „Es ist keine Usurpation von mir, wenn ich mich znr Rettung der deutschen Freiheit und Einheit berufen fühle. Ich schwöre zu Gott, daß ich keinen Fürsten vom Throne stoßen will; aber Deutschlanbs Einheit und Freiheit will ich schützen, die muß geschirmt werben durch beutfche Treue auf den Gruublageu einer aufrichtigen konstitutionellen Verfassung." Eine gewaltige, sortwährenb wachfenbe Volksmenge schloß sich dem Zuge an. Vor der Königswache an der Schloßfreiheit hielt der König und sprach bewegte Worte des Dankes gegen die bort ftehertbe Bürgerwehr, und als eine Stimme rief: „Es lebe der Kaiser von Dentschlanb!" wehrte der König mit unwilliger Gebärbe ab: „Nicht boch, das will, das mag ich nicht!" Der Zug ging die Vehrenstraße entlang, durch die Linben zurück. Vor der Universität waren Professoren und Stu-benten versammelt. Der Prorektor rebete den König an. Dieser erwiberte in längerer Rebe. Im Verlaufe berfelben sagte er: „Ich trage die Farben, die nicht mein find. Aber ich will bannt nichts usurpieren, ich will keine Krone, keine Herrschaft, ich will Deutschlanbs Freiheit, Deutschlanbs Einheit, ich will Crbnung, das schwöre ich zu Gott (bte Rechte gen Himmel Hebenb). Ich habe nur gethan, was in der deutschen Geschichte schon oft geschehen, daß mächtige Fürsten und Herzöge, wenn die Orbnung niebergetreten war, das Banner ergriffen und sich an die Spitze des ganzen Volkes gestellt haben, und ich glaube, daß die Herzen der Fürsten mir entgegenschlagen und der Wille des Volkes mich unnterstützen wirb." Tansenbftimmiges Hoch folgte biefert Worten; die Stubenten schlugen mit ihren Waffen zusammen. Der König ritt weiter — am Schlosse vorüber durch die breite Straße nach dem Rathaus. Dort waren die Stabt-uerorbnetett aufgestellt. Zu ihnen sprach der König: „Bürger, ich weiß es wohl, daß ich nicht stark bin durch die Waffen meines gewiß starken und tapferen Heeres, nicht stark durch

9. König Friedrich Wilhelm II. - König Friedrich Wilhelm IV. - S. 179

1897 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
179 22. Kriegs schrecken und Kriegselend. Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 4. Band. 7te Aufl. Leipzig 1872. Ter wilde Sirieg hatte begonnen. Um die Lieben, die gegen den Feind rangen, um das Geschick des Vaterlandes sorgten unablässig die Zurückgebliebenen. Kein Tag, der nicht Gerüchte, kein Posttag, der nicht bedeutungsvolle Ereignisse verkündete. Das eigene Leben schwand fast dahin vor der Sehnsucht und Erwartung, womit man über die Stadtmauern in die Ferne sah. Jeder kleine Erfolg der Waffen erfüllte mit Entzücken; an der Thür des Rathauses, in der Kirche, im Theater, wo sich irgend Menschen zusammenfanden, wnrde er verkündet. Am 5. April war das Gefecht bei Zehdenik, der erste zweifellose Sieg der Preußen; weit herum in der Landschaft eilten die Leute auf die Kirchtürme, zuerst eine Kunde zu erspähen. Und als der Geschützdonner schwieg und die frohe Botschaft durch die Landschaft lief, da kannte die Freude keine Grenzen. Alles Löbliche wurde stolz gerühmt, vor allem die tapfere Batterie, welche mit Geschütz und Pulverwagcii durch den brennenden Flecken Leitzkau auf den Feind zugejagt war, mitten durch die Flammen, welche über ihr zusammenschlugen: dann die schwarzen Husaren mit dem Totenkopf, wackere Litauer, welche die geputzten roten Husaren aus Paris beim ersten Ansprang überritten hatten, lind als der Gutsherr des Fleckens darauf in den Zeitungen für feine armen abgebrannten Leute sammelte und sich dabei entschuldigte, daß er in solcher Zeit noch für Prmatuuglück Hilfe erbitte, da vergaß man auch die Landsleute nicht, welche dort zuerst durch den Krieg gelitten hatten. Lauter wurde das Getöse des Krieges, grimmiger der Zusammenstoß der Massen, Siegesjubel und bange Sorge nahmen in schnellem Wechsel die Herzen der Zurückgebliebenen gefangen. Nach der Schlacht bei Großgörfchen wurde verkündet, daß beit Verwuudeteu Hilfe not thue: Decken, Binden, Verbandzeug. Ta begann überall im Volke ein Sammeln von Leinwand und ein Eharpie-znpfen. Unermüdlich zogen Kinder und Erwachsene die Fäden alter Leinwand auseinander, die Frauen schnitten Binden, der Lehrer sogar schnitt in der Schule mit der Papierschere die Lappen zurecht, welche ihm Mädchen und Knaben nach seiner Forderung von Hanse mitgebracht hatten, und mit heißen Wangen zerzupften die Kinder, während er lehrte, ihre Stücke zu großen Ballen. Es wurde eine gewöhnliche Abendarbeit der Familien; es konnte den Kriegern doch ein wenig helfen. In der Nähe der Verbündeten Heere, in den Hauptstädten wurden große Lazarette eingerichtet, überall traten die Frauen helfend dazu: Hofdamen, Schriftstellerinnen, treue Hausmütter. Den Gatten, den Freunden, den Zeitgenossen war dieser Eifer natürlich und selbstverständlich. In rühmlicher Weise thaten deutsche Hausfrauen an allen Orten ihre Pflicht, mit größter Selbstverleugnung, opferfreudig, in stiller, dauerhafter Kraft. 12*

10. König Friedrich Wilhelm II. - König Friedrich Wilhelm IV. - S. 329

1897 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
329 cm welchen Rom so unendlich reich ist: doch war ihr dabei weh nms Herz; denn in der Krankheit des Königs zeigte sich keine Besserung. Ohne Hoffnung für dieses Leben kehrte Elisabeth mit ihrem kranken Gatten im Sommer 1859 nach Sanssouci zurück; auch der Frühling und Sommer 1860 brachten dein Könige keine Linderung. In der letzten Zeit seines Siechtums war Elisabeth und ihre Liebe das Einzige, was auf den König Einfluß hatte. Ihr Anblick, ihr Schritt, ja das Rauschen ihres Kleides belebte ihn und hat oft ein leises Lächeln über sein Antlitz fliegen lassen. Und als er Monate hindurch kein Wort mehr gesprochen, rang es sich einmal langsam, aber dent-lich ans Elisabeths Frage, ob er kein Wort für sie habe, von seinen Lippen: „Meine teure, heißgeliebte Frau!" Es war sein letztes, deutlich ausgesprochenes Wort. Am 2. Januar 1361 ist der stille Dulder heimgegangen. „Was für eine Wüste!" seufzte die Königin Elisabeth, als sie von der Bestattung ihres Gatten heimgekehrt war, „und durch solche Wüste geht mm mein ganzes Leben." Aber ihr Leben wurde doch keine Wüste, sondern ein fortgesetzter Liebespfad, noch fast zwölf Jahre hindurch. Von all den herrliche» Schlössern, die sie einst ihr eigen genannt hatte, bewohnte sie abwechselnd mir noch drei: Sanssouci, in dessen Nähe der Sarg ihres Königs stand, Charlottenburg, wo nach seiner Bestimmung im Mausoleum seiu Herz zu den Füßen der Eltern ruhte, und Stolzenfels am Rhein, das er für sie ausgeschmückt hatte. Allnächtlich legte sie ihr Haupt auf das Kiffen, auf welchem Friedrich Wilhelms Haupt im Sterben gelegen hatte; auf jeder Reise führte sie es mit sich. Oft sagte sie: „Wenn ich Schmerzen habe und lege das Kissen auf die Stelle, so mildert sich der Schmerz." Die Liebe, welche sie früher den Anstalten der Barmherzigkeit geschenkt hatte, veraltete nicht. Ein volles Drittel ihrer Einnahme verwandte sie zur Linderung fremder Not. Viel körperliches Leiden erschwerte ihre Tage. Ein Fußleiden, das ihr seit ihren Kinderjahren Ungemach bereitete, nötigte sie später, am Stocke zu gehen ober sieh im Sessel sitzenb tragen zu lassen; ein Herzleiben, das schon vor des Königs Tode begonnen hatte, nahm bedenklich zu. Und doch eilte sie anfangs November 1873 nach Dresden, wo ihre Zwillingsschwester Amalie, die Königin von Sachsen, auch Witwe geworden war. Elisabeth wollte die Schwester stützen und trösten. Aber wenige Tage nach ihrer Ankunft in Dresden erkrankte sie heftig au einer Erkältung, und in ihrer Not wünschte sie: „Ach, daß ich doch in meinem geliebten Sanssouci sterben könnte!" Der Wunsch ist ihr nicht erfüllt; sanft und selig ist sie am 14. Dezember 1873 bei ihrer Schwester in Dresden entschlafen. An demselben Tage, in später Abendstunde, kam der Kronprinz von Preußen, Friedrich Wilhelm, an und kniete tief erschüttert am Sterbebette der königlichen Tante. Man hörte ihn klagen: „Mir war sie eine zweite Mutter!"
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