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664 Drittes Kapitel.
die neue Lehre bald eine heftige Reaktion, geführt von den Bischöfen von
Metz, Tonl und Verdun. Hierdurch wurden die Protestanten zum Anschlüsse
an Frankreich bewogen, durch welchen die Gebiete Metz, Tonl und Verdun dem
Deutschen Reiche verloren gingen (bestätigt durch den Passauer Vertrag, 1552).
Nachdem dann durch den Dreißigjährigen Krieg die Besitzungen und Rechte des
Hauses Habsburg an Frankreich übergegangen waren, wußte sich Ludwig Xiv.
in der allerunredlichsten Weise in den Besitz der noch selbständigen Teile des
Elsasses (vor allem auch Straßburgs, 1681) zu setzen (durch deu Frieden von
Ryswijk 1697 bestätigt). Durch deu Polnischen Erbfolgekrieg gewann Frank-
reich dann auch Lothringen, welches durch den Herzog Franz Stephan, den
Gemahl Maria Theresias, an den Schwiegervater Ludwigs Xv., Stanislaus
Lesziusky von Polen, abgetreten und nach dessen Tode (1766) in Frankreich
einverleibt wurde. Die Bewohner hatten unter französischer Herrschast ziemlich
entschieden das deutsche Wesen und die deutsche Sprache festgehalten, doch war
in letzter Zeit das Franzosentnm in deutlicher Zunahme begriffen. Der Krieg
von 1870/71 befreite das Land von der französischen Gewaltherrschaft (Frank-
furter Friede, 10. Mai 1871); vom Elsaß blieb namentlich nur Belfort mit
Umgegend bei Frankreich. Das gewonnene Gebiet wurde unmittelbares Reichs-
land (Reichsgesetz vom 9. Juni 1871).
Das Christentum wurde im Elsaß durch den Herzog Etticho eingeführt; für
dasselbe war besonders auch dessen Tochter Ottilia, die Schutzheilige des Elsasses
und Begründerin des Klosters Hohenburg auf dem Ottilienberge, thätig. Der Name
Elsaß wird als „Land der seßhaften Alemannen" oder besser als das „Land der
Sassen am Jll" gedeutet. In Lothringen hatte sich wohl schon zu Anfang des
6. Jahrhunderts eine Sprachgrenze derartig vollzogen, daß der von Alemannen
nicht besetzte südliche Teil verwelschte, während der nördliche germanisch blieb. Der
lothringische Herzog Giselbert, welcher sich Frankreich angeschlossen hatte, wurde durch
König Heinrich I. gewonnen (dann Gemahl der Tochter des Königs Gerberga).
Später finden wir Lothringen in zwei Gebiete (Ober- und Unterlothringen) geteilt.
Kaiser Karl Iv. vereinigte 1354 die freien Städte des Elsasses (außer Straßburg
die Städte Weißenburg, Hagenau, Kolmar, Schlettstadt, Oberehnheim, Rosheim, Mül-
Hausen, Kaysersberg, Türkheim und Münster) in den „Bund der zehen Städte." Die
Schirmherrschaft über dieselben sowie die Rechte von Landgrafen im Elsaß übten
schon früh die Habsburger aus. In den Besitz von Metz, Toul und Verdun gelangte
König Heinrich Ii. besonders durch das Bündnis mit Kurfürst Moritz von Sachsen;
er spielte sich übrigens als „Schützer der deutschen Freiheit" auf. Der letzte Herzog
von Lothringen, welcher später als Franz I. die deutsche Krone trug, gab sein Land
dem Erbfeinde Deutschlands preis, um für dasselbe das italienische Land Toscana
zu erhalten. Nach der Besitznahme des Landes durch Frankreich haben namentlich
die Landbewohner in Elsaß-Lothringen die deutschen Einrichtungen, Sitten und Ge-
bräuche festgehalten; daß sich in dem jetzigen Jahrhundert das Franzosentum, nament-
lich in den Städten, stark verbreitete, hatte besonders in der Zerrissenheit Deutsch-
lands seinen Grund; trotzdem hat sich die deutsche Sprache in Predigt und
Kinderlehre bis zum Jahre 1870 auf dem Lande fast überall erhalten.
Der östliche Teil vom Elsaß gehört zur oberrheinischen Tiefebene, der
westliche enthält die Ostabhänge des Wasgeuwaldes. Züge des letzteren bilden
die Grenze gegen Lothringen, welches seinerseits ein Hochland darstellt.
Im südlichsten Teile vom Elsaß finden sich Ausläufer des Schweizerischen Juras
bis zum Passe von Belsort hin. Jenseit desselben erhebt sich das Gebirge des Was-
genwaldes als eine Kette aneinander hängender Berge und Höhen. Dasselbe wird
durch das Markircher Thal in eine südliche und eine nördliche Abteilung geschieden.
Die erstere bildet größtenteils ein llrgebirge aus Granit, Gneis, Syenit, Porphyr
und Melaphyr, welchen nur bisweilen Grauwacke, Rotliegendes und Sandstein an-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß]]
Extrahierte Personennamen: Metz Ludwig_Xiv Ludwig Franz_Stephan Franz Maria_Theresias Maria Theresias Ludwigs_Xv. Ludwigs_Xv. Stanislaus
Lesziusky_von_Polen Ottilia Heinrich_I. Karl_Iv Karl Kolmar Metz Heinrich_Ii Heinrich Moritz_von_Sachsen Franz_I. Franz_I.
Extrahierte Ortsnamen: Verdun Frankreich Frankreich Elsasses Lothringen Frankreich Frankreich Elsasses Hohenburg Lothringen Frankreich Lothringen Elsasses Weißenburg Hagenau Oberehnheim Rosheim Mül-
Hausen Kaysersberg Türkheim Lothringen Deutschlands Frankreich Elsaß-Lothringen Lothringen
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Das Reichsland Elsaß-Lothringen. 665
oder aufgelagert sind. Hier liegen die höchsten Gipfel, welche über der Kammhöhe
(von höchstens 950 m) um 400—500 m emporsteigen (der Honeck 1368, der Sulzer
Welchen 1452 in). Der Nordteil des Gebirges gehört der Trias- und der Jura- oder
Liasformation an; er ist bedeutend niedriger und geht an der bayrisch-pfälzischen
Grenze in das Haardtgebirge, gegen Nordwesten in das nach der Mosel hin abgestufte
Hoch- und Hügelland von Deutsch-Lothringen über. Im Süden des nördlichen
Teiles steigt der Mont Donon noch auf 1013 m, während im Norden der höchste
Punkt nur 504 in hoch ist. Das Hochland von Lothringen hat eine durchschnittliche
Höhe von 220—320 m und besteht meist aus gips- und salzhaltigen Kalkgebilden
der Trias- und Juraformation, welche nur durch einen Liaszug zwischen Nied und
Mosel, die von mächtigen Brauneisensteinlagern erfüllten Hochflächen zu beiden
Seiten des Mofelthales sowie durch den fruchtbaren Schwemmboden der Thalmulden
unterbrochen wird. Das Saarbrücker Kohlenbecken reicht füdwestwärts bis in den
Kreis Forbach hinein. Das Tertiärgebirge tritt nur im Elsaß auf und enthält hier
Erdölquellen, Asphaltkalk, Braunkohlen und Salzquellen.
Die fruchtbarsten Striche des Landes finden sich im Elsaß an Rhein und
Jll und erstrecken sich teilweise auch bis zu den Abhängen des Wasgenwaldes;
in Lothringen sind die Flußniederungen sehr ergiebig, wogegen die Hochflächen
an Fruchtbarkeit fehr zurückstehen.
Von den Rheinüberschwemmungen finden sich zwischen Rhein und Jll aller-
dings auch kieshaltige Sandflächen von geringem Werte, doch treten dieselben im
ganzen sehr zurück, so daß die schon von alten Geographen gerühmte Fruchtbarkeit
des Elsasses im ganzen vollständig zutrifft. In der Bergregion wird allerdings,
namentlich im Münsterthale,,.Alpenwirtschaft betrieben, während die Hügellandschaft
und die Gegend, die den Übergang von der Tiefebene zum Gebirge bildet, dem
Weinbau gewidmet ist. Die Weingegend findet sich in einem breiten Streifen von
Thann bis Molsheim, ist dann schmäler bis in die Gegend von Maursmünster, hört
zwischen diesem Orte und Neuweiler ganz auf, um dann nordwärts wieder zu be-
ginnen und in einem breiten Streifen sich der Grenze zu nähern. In Lothringen
tragen die Berglehnen des Mosel-, Seille- und Niedthales Weinpflanzungen. Im
Jahre 1883 kamen auf Acker-, Garten- und Weinland 725768 (50 Proz.), auf
Wiesen 178601 (10 Proz.), Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 45670 (3„ Proz.),
auf Waldungen 443845 (30,„ Proz.) und auf Haus- und Hofräume, Wege, Ge-
Wässer ?c. 57898 ha (4 Proz.). Als die fruchtbarste Gegend gilt im Elsaß die am
Kochersberge (bei Straßburg), in Lothringen die Umgegend von Metz.
An stehenden Gewässern ist besonders Lothringen sehr reich; dieselben
umfaffen im ganzen 3953 ha (0,63 Proz. der Gesamtfläche). Groß ist in allen
Teilen des Reichslandes der Reichtum an fließenden Gewässern, welche aus-
nahmslos dem Stromgebiete des Rheins angehören. Dieser gehört mit seinem
linken Ufer von Basel abwärts dem Lande an.
Die vielen Teiche und Weiher von Lothringen speisen nicht nur die Kanäle,
sondern sind auch in mannigfacher Weise den Zwecken der Landwirtschaft nutzbar
gemacht. Die größten der stehenden Gewässer sind der Lindensee (671 ha), der See
von Stockweiher und von Gonderxingen. Auch in dem Südteile des Wasgenwaldes
finden sich Seen (der Welchen-, Stern-, Kratzen -, Seewen-, der Grüne, Weiße und
Schwarze See). Die Länge des Rheins beträgt an der Ostgrenze vom Elsaß
184 km, sein früher sehr veränderliches Bett ist jetzt reguliert. Er ist von Straß-
bürg an für größere Fahrzeuge schiffbar, wird aber erst von Mannheim an (also
weit unterhalb der Landesgrenze) von denselben rege benutzt. Zu den hier in Betracht
kommenden Rheingewässern gehören: 1) die Jll (Ursprung auf dem schweizerischen
Jura, in der Nähe der Landesgrenze, Mündung unterhalb Straßburg; von Kolmar an
über 81 km weit und schiffbar). Derselben gehen aus dem Wasgeuwalde zahlreiche
Zuflüsse zu, besonders Doller, Thür, Lauch, Fecht, Weiß, Leber, Andlau
und Breusch; sie sind meist sehr wasserreich und haben ein starkes Gefälle. Die Jll
hat ein wanderndes Bett und ist eine kurze Strecke bei Straßburg kanalisiert.
2) die Mosel (schiffbarer Eintritt in das Land bei Arry, kanalisiert von Arnaville
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TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
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20 Zweites Kapitel.
§ 8. Das rheinische Gebirgssystem.
Zu beiden Seiten des Oberrheins dehnt sich zwischen Basel und Mainz
die breite Thalfläche der oberrheinischen Tiefebene aus, welche eine Lauge
von 300, eine Breite von 30—45 km besitzt und sich von Südeu nach Norden
sanft und allmählich abdacht. Die quartäreu Schichten, welche die Oberfläche
bilden, bestehen bisweilen, namentlich zwischen Rastadt und Durlach, aus uu-
fruchtbarem Saude, überwiegend jedoch aus fruchtbarem, wohlangebautem und
ertragsreichem Boden.
Es breitete sich hier einst ein großer Landsee aus, dessen Gewässer nordwärts
nach dem Weserthale hin abgeflossen sein mögen, bis durch die Hebung des vulka-
nischen Vogelsberges dieser Ausgang gesperrt und die Gewässer genötigt wurden,
die mittelrheinischen Schiesermassen zu durchbrechen. Der Rhein und seine Neben-
und Zuflüsse haben den Boden der Ebene mit allerhand Geröll von Stein- und
Erdmassen überlagert und flache, sehr fruchtbare Schuttkegel gebildet, welche hin und
wieder von Steinwällen umsäumt werden. In der Mitte der Fläche fließt der Rhein
in vielfach gewundenem, zahlreiche Inseln („Auen") umschließendem Laufe, der Strom
ist hier vielfach reguliert und überbrückt worden. Die beiden Hauptstraßen und
Hauptbahnen des weiten Thales gehen längs des Gebirgssußes mit dem Strome
parallel; Städte und Dörfer sind besonders am Austritte der Gebirgsthäler in die
Ebene, auf vorspringenden Höhen der Gebirge hingegen Burgen, Schlösser, Kirchen,
Klöster und Landhäuser erbaut, während die Abhänge Weinberge tragen. An
einzelnen bequemen Übergangsstellen des Stromufers sind bedeutende Städte, wie
Breisach, Mannheim, Germersheim, Speier, Worms, Oppenheim-Mainz, besonders
aber Straßburg, erwachsen. Die breitere und fruchtbarere Westseite der südlichen
Thalhälfte trägt an dem mit dem Rheinstrome parallel fließenden Jllflufse bedeu-
tende Plätze, wie Mülhausen, Kolmar und Schlettstadt. Südwestlich vom Jllthale
liegt die breite Thalspalte der „Burgundischen Pforte". Auf der rechten Rhein-
seite erhebt sich, Kolmar gegenüber, im Breisgau der Aaiscrjluhl (560 m hoch), ein
kleines vulkanisches Gebirge mit schönen Wäldern, Weinbergen und Obstgärten,
prächtiger Aussicht und starker Bevölkerung. — Als Seitenbuchten der oberrheinischen
Tiefebene, nach Bodenart, Klima und Kultur, erscheinen die Gegenden nordwärts
des unteren Mains, besonders die schöne Wetteran,
Die oberrheinische Tiefebene wird von Gebirgen umschlossen, welche hin-
sichtlich ihrer Bestandteile und ihrer Gruppierung eine große Verwandtschaft
zeigen; es ist der Schmarzwald auf der rechten, .der Wasgenwald auf der
liukeu Seite des Rheins. Beide sind vorzugsweise aus Granit, Grannlit nebst
devonischen Schiefern und Kalken gebildet und nach der Thalfeite von Rot-
liegendem und Schiefer der Zechsteinformation begrenzt, beide von südnördlicher
Richtung, im Süden hoch und breit, im Norden niedrig und schmal, beide auch
mit domsörmigeu, abgerundeten Gipfeln, tief einschneidenden Felsenthälern und
anmutigen Bergseeu versehen; beide haben auch eiue fast gleiche Höhe. — Der
Schwarz wald reicht bis in die Gegend von Pforzheim und hat feine Haupt-
masse im Südosten der Freiburger Tieflandsbucht.
Hier läuft der Hauptkamm mit den beiden höchsten Kuppen, dem Belchen
(1415 m) und dem Feld berge (1494 in), von Südwest nach Nordost und sendet
starke Queräste nach Süden, zwischen welchen sich tief eingeschnittene Thäler mit
großartigen Alpenszenerien, wie das Albthal, das Wutachthal, südwärts zum Rhein
ziehen. Im mittleren und nördlichen Teile fehlt ein scharf ausgeprägter Kamm und
zeigt sich Plateaucharakter: hier liegen die bis zu 1200 rn hohen Gipfel westwärts
von der Wasserscheide. Von Freiburg führt an der Dreisam entlang und durch
das Höllenthal zu dem Kamm (900rn hoch) am Fuße des Feldberges eine be-
schwerliche Straße, welche von dort weiter nach Schaphausen oder Donaueschingen
leitet. Bequemere Wege zu den letzterwähnten Städten führen die Kinzig und
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TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.]]
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Die Oberflächenform und die Bewässerung. 21
die Murg aufwärts. Rings um den Fuß des Gebirges liegen in geschützten Thälern
berühmte Badeorte, wie Badenweiler, Baden und Wildbad. Im Norden des Schwarz-
Wäldes führt das Enzthal über Pforzheim vom Neckarthal zu der Rheinebene hinüber.
Der Wasgenwald steigt aus dem Plateaulande der Burgundischen
Pforte (350 in) schnell empor und bildet bis zum Breuschthale hin einen un-
unterbrochenen Zug, der seine steilen Abhänge der Rheinseite zukehrt, dagegen
allmählich in die westwärts gelegene lothringische Ebene übergeht. Im süd-
lichen Drittel findet sich die größte Breite und Höhe des Gebirges; hier erheben
sich nahe dem Ostrande seine aus Granit bestehenden, abgerundeten und Wald-
reichen Gipfel noch um 200—400 m über den mindestens 1000 m hohen Kamm.
Ganz im Süden erhebt sich der Elsasser Belchen (1244m) nahe der Mosel-
quelle, der Honeck (1368 m) bezeichnet die Meurtheqnelle; als höchster Gipfel aber
erhebt sich westlich von Gebweiler der Sulzer Belcheu (1452 m), während dicht
über Barr der St. Odilienberg (820 m) einen nördlichen Endpunkt des Kammes
bezeichnet. Schwierig sind die Übergänge über diesen Hauptkamm, doch öffnen sich
zahlreiche, wohlangebaute und gewerbsleißige Guerthüler nach dem Rheine hin, von
denen das Breuschthal au dem Mont Donon (1013 m) den Paßweg nach St. Die
an der Menrthe bezeichnet. Weiter nördlich liegt die Hauptstraße, welche von Straß-
burg nach Zabern und dann, 420 in hoch, über Pfalzburg nach Lüneville an der
Meurthe führt. Südlich davon läuft jetzt der Rhein-Marne-Kanal und die nach
Paris führende Eisenbahn.
§ 9. Das rheinisch-westfälische Schieferplateau.
Mit der Gestalt eiues unregelmäßigen Trapezes scheidet sich nach Form
und Bestandteilen das rheinisch-westfälische Schieferplateau höchst scharf von
seiner Umgebung ab. Die kürzere seiner parallelen Seiten liegt gegen Süd-
osteu, die längere gegen Nordwesten; im Nordosten hat es eine kurze Verbiu-
duug mit dem Teutoburger Walde, im Südwesten ziehen sich niedrige Plateau-
züge zwischen Mosel und Rhein und Mosel und Maas von ihm südwärts weiter.
Im Westen schneidet die Kölner Tieflandsbucht ziemlich tief in das Plateau
ein, während dieses gegen Nordosten weit in das nördliche Tiefland hinausragt. Auf
der Südwestseite (zwischen Saarbrücken und Mezieres) dringt das lothringische
Triasgebiet (bei Luxemburg, Diekirch, Bittburg) tief in das Schieferplateau ein.
Innerhalb des Plateaus wechseln ältere und jüngere devonische und verwandte siln-
rische Schichten in regelmäßigen Streifen miteinander ab, nach allen Seiten hin aber
wird dasselbe von Steinkohlengebirgen begrenzt, und zwar laufen dieselben im
Nordwesten von Valeneiennes über Aachen nach dem Rheine zu, im Norden von
Duisburg über Tortmund bis Marsberg, längs des Ostrandes von Marsberg bis
Gießen, und endlich im Südosten von Forbach über Saarbrücken bis gegen Kreuz-
nach hin. Diese Steinkohlengebirge sind fast sämtlich von großem Kohlenreichtum,
nur die Gebirgspartien an der Ostseite zeigen sich absolut kohlenleer.
Fast überall zeigt sich das Schieferplateau sanft wellig, nur hin und
wieder haben einseitige Erhebungen der Schichten stattgesuudeu oder es siud
durch eruptive Gesteinsmassen ans demselben eigentümlich gestaltete Tafel- oder
Kegelberge aufgerichtet worden. Durchschnittlich beträgt die Höhe des Gebietes
400—500 m; die höchsten Gipfel bleiben noch uuter 900 in.
Das eigentliche Plateau ist eintönig, fein Klima rauh, doch briugen die
herrschenden West- und Nordwestwinde viel Feuchtigkeit herbei, weshalb hier
Wald- und Weidebodeu vorherrscht, dagegen Getreideland zurücktritt. Die Be-
völkeruug ist spärlich. Die Flußthäler, welche meist tiese Einschnitte mit
Felsenrändern und daher romantische Landschaften bilden, sind industriereich,
stark bevölkert und mit Obst- und Weiupflauzuugeu geschmückt.
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648 Drittes Kapitel.
säure; wozu noch in geringeren Mengen Kupfer-, Silber-, Mangan-, Kobalt-und Wis-
muterze traten. Außerdem kommen Marmor, Gips, Porzellanerde und Graphit vor.
Reich ist das Land an Mineralquellen; die bedeutendsten derselben sind die Thermen
in Baden und Badenweiler, die Eisen- und Stahlquellen zu Antogast, Griesbach, Peters-
thal und Rippoldsan, sowie die Schwefelquellen zu Langenbrücken und Freiersbach.
Der Handel wird durch die schiffbaren Gewässer in hohem Maße be-
günstigt; namentlich ist der Zwischenhandel bedeutend. Seewärts nimmt der
Handel naturgemäß seinen Weg nach den an den Rheinmündungen gelegenen
holländischen Häfen; die wichtigste Handelsstadt des Landes ist Mannheim.
Im Jahre 1888 kamen an in Mannheim zu Thal 951 beladene und 149 uu-
beladene Frachtschiffe mit 29800 Tonnen Ladung, dagegen zu Berg 3650 beladene
und 545 unbeladene Schiffe mit 1553 700 Tonnen Ladung. Hieraus ergibt sich, daß
der Rheinverkehr hauptsächlich nur rheiuabwärts bis Mannheim geht. Andre Han-
delsplätze Badens sind Konstanz, Lahr, Pforzheim, Freiburg und Wertheim, wozu
neuerdings auch Maxau als Rheinhafen für Karlsruhe tritt. Ausgeführt werden
aus Baden besonders Getreide, Hanf, Wein, Hopfen, Tabak, Schlachtvieh, Bauholz,
Bijouterien, Glas, Uhren, Papier, Strohgeflechte, Maschinen, Rübenzucker, Wollen-
und Baumwollenwaren; die Einfuhr hingegen erstreckt sich auf Kolonialwaren, Süd-
früchte, Pferde, Metalle, Seide und Seidenstoffe, Petroleum, Baumwolle, feine
Tücher, Weine und Steinkohlen. — Auf dem Bodenfee laufen außer einer Anzahl
von Segelschiffen 10 badische Dampfschiffe. — Für den Geldverkehr sorgen außer
zahlreichen Vorschußvereinen. Kreditbanken und Sparkassen eine Reichsbankhauptftelle
(in Mannheim) mehrere Reichsbankstellen und Reichsbanknebenftellen, sowie folgende
größere Institute: die Badische Bank, die Rheinische Kreditbank, die Rheinische
Hypothekenbank und die Deutsche Unionsbank in Mannheim, der Pforzheimer
Bankverein und die Kreis-Hypothekenbank in Lörrach.
Für Verkehrswege ist trefflich gesorgt. Abgesehen von den erwähnten
trefflichen Wasserwegen finden sich zahlreiche treffliche Landstraßen sowie ein
starkverzweigtes und gut verwaltetes Eisenbahn- und Telegraphennetz vor.
Die das Land durchschneidenden Staatsstraßen haben eine Länge von etwa
3700 km, wozu noch an chanssierten Gemeindewegen 6000 km kommen. Die Eisen-
bahnen hatten 1888/89 eine Länge, von 1402 km, von denen nur 34,8 km Privat-,
die ganze übrige Strecke Staatsbahnen waren. Die Hauptbahnen führen von
Norden nach Süden und von Basel ostwärts nach Konstanz. Hierzu kommen mehrere
wichtige Bahnen, welche das Land in der Richtung von Westen nach Osten, bezüglich
Nordwesten nach Südosten durchqueren; von denselben ist die Bahn, welche von
Offenburg über Hausach, Triberg, Villingen nach Donaueschingen und von hier nach
dem Bodensee geht, am wichtigsten; sie durchquert den Schwarzwald an interessanten
Punkten. Andre wichtige Bahnen führen von Maxan-Karlsruhe über Durlach nach
der Enz (Pforzheim), von Germersheim über Bruchsal zum Neckar, von Mannheim
über Heidelberg, Mosbach und Königshofen nach Würzburg. Die wichtigsten Eisen-
bahnknotenpnnkte sind Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Offenburg, Freiburg,
Bruchsal. — Das Postwesen war bis 1811 in den Händen des Fürsten von Thurn
und Taxis, dann ging es in die Verwaltung des Landes über und wurde 1871 Reichs-
augelegenheit. Es bestehen jetzt Oberpostdirektionen in Karlsruhe und Konstanz.
Nach der Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 ist Baden eine erb-
liche konstitutionelle Monarchie. Die Ständeversammlung, welche alle zwei
Jahre zu einer ordentlichen Sitzung berufen wird, zerfällt in zwei Kammern.
Die erste Kammer besteht aus den großherzoglicheu Prinzen, den Häuptern
der staudesherrlichen Familien, dem katholischen Landesbischos, einem evan-
gelischen Prälaten, acht vom Großherzog aus allen Ständen zu berufenden
Mitgliedern, acht auf acht Jahre zu erwählenden Abgeordneten des gruudherr-
lichen Adels (der ehemaligen Reichsritterschaft) und zwei Abgeordneten der
Landesuniversitäten. Die zweite Kammer besteht ans 63 Abgeordneten, nämlich
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide]]
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18 Zweites Kapitel.
Zur Rheinebene hin hat der Verkehr den Weg durch das sehr zugängliche Trias-
gebiet des Neckarberglandes bevorzugt (durchschnittlich 300 m hoch), namentlich
durch das Enzthal (über Pforzheim).
2) Die etsaß-lothringische Trias breitet sich am Westfuße des Wasgeu-
Waldes, von Reimersberg (Remiremcmt) nordwärts über Epinal, Lünstedt
(Lüneville) an der Mosel entlang in der lothringischen Hochebene ans, wo
Nanzig (Nancy) den Mittelpunkt eines Beckens darstellt, nordwärts schließt
sich an dieses Gebiet das der Saar an, welches zum Mittelpunkte die durch
Kohlenreichtum ausgezeichnete Gegend von Saarbrücken hat; auch der Thal-
rand des Rheines zwischen Türkheim und Molsheim gehört hierher. Jenseit
der Passage von Zabern setzt sich das Triasgebiet nach der Nahemündung
zu gegen Norden hin fort. Hier aber erheben sich über deren etwas höher
steigendes Plateau zahlreiche Bergköpfe aus Granit, Porphyr und Melaphyr
und bilden die Gruppen der Haardt (680 m) und des Donnersberges (689 m);
westwärts aber geht dieses Triasgebiet in das Pfälzische Kohlengebirge
über, welches sich an das Saarbecken anschließt. Weiureiche Thäler mit Bur-
gen und Klosterruinen und steiler Abfall zum Rhein zeichnen dieses Gebiet ans.
Auf der lothringischen Hochebene haben sich die Flüsse ziemlich tief eingegraben
und nehmen nordwärts ihren Lauf; hier ist besonders die Mosel für uns von Be-
deutung, welche im Südosten des Wasgenwaldes entspringt. Besonders wichtig ist
an dem Flusse die Thalweitung von Metz. Dadurch, daß hier die Straßen von
Mannheim, Mainz, Koblenz und Trier sowie von Luxemburg zusammentreffen, er-
gibt sich die hohe Bedeutung dieser Stadt, die daher schon früh zu einem Waffen-
platze ersten Ranges gemacht worden ist. Durch seinen Steinkohlenreichtum ist das
Saarbecken zu einem sehr wichtigen Landstriche geworden. Die Elsasser Trias,
zwischen Molsheim und Türkheim, wird durch die weiureiche, stark bevölkerte und
wohl augebaute Gegend an den Ostabhängen des Wasgenwaldes bezeichnet; hier
liegt unter anderm das bekannte Rappoltsweiler.
3) Die fränkische Trias reicht von dem nordöstlichen Teile des deutschen
Jurazuges nordwärts bis an den Thüringer Wald und wird hauptsächlich vom
Main, der Rednitz, der fränkischen Saale und der Werra durchzogen. In
diesem ziemlich ausgedehnten Gebiete finden sich einzelne Erhebungen von
mäßiger Höhe; die meisten derselben überragen ihre Umgegend nur um 100
bis 200 m. Zu nennen ist hier der Steigerwald (511 in), welcher die Ost-
feite des Maindreiecks einfaßt und gegen Norden hin in den Haßbergen,
gegen Süden hin in der jrrailhnchiche (549 m) seine Fortsetzung hat; auch
die int Westen des betreffenden Gebietes auftretende Zone des bnuteu Sand-
steins, welcher der östliche Teil des Odenwaldts und der Speisart angehören,
ist hierher zu rechnen.
Die Frankenhöhe stellt eine abgerundete Bodenanschwellung ohne eigentliche
Kettenbildung dar, welche sich sanft gegen Osten hin senkt, so daß ihre Gewässer
meist von der Rednitz gesammelt werden und nur die Wöruitz und Altmühl, welche
gleichfalls von ihr herkommen, zur Donau laufen; auf der Westseite dieses wasser-
scheidenden Zuges entspringt die Tauber, welche in den Main mündet. Die Rednitz,
deren Hauptquellfluß, die fränkische Rezat, gleichfalls von der Frankenhöhe kommt,
biegt am Fuße des Jura gegen Norden um und verfolgt diese Richtung bis zu
ihrer Mündung. Im Mittelpunkte dieses Flußthales liegt Nürnberg, das infolge
seiner günstigen Lage zwischen Main und Donau früh zu einem Hauptplatze des
Handels und der Industrie emporwuchs. In der Nähe der Rednitzmüuduug liegt
Bamberg als Mittelpunkt einer höchst fruchtbaren Niederung, welche früher einen
See gebildet hat. Das Thal des Mains ist in das fränkische Triasgebiet etwa
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Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Köln zur Zeit der Römer. 55
Ubiorum gründeten (37 v. Chr.). Das Gebiet zu dieser Niederlassung war ihnen von
Agrippa eingeräumt worden. Sie hatte nach dem Schema eines richtigen römischen
Lagers die Gestalt eines regelmüßigen Vierecks mit vier Hauptthoren, nämlich dem
hinteren Thore, porta decumana, an der Rheinüberfahrt, dem vorderen Thore,
porta praetoria, im Westen, und den beiden Seitenthoren, rechts der porta prin-
cipalis dextra im Norden und links der porta principalis sin istra im Süden.
Mitten durch zog sich die Hauptlagerstraße via principalis, die heutige Hoch-
straße, von Süden nach Norden. Das Ganze war nur mit Erdwällen ein-
geschlossen. Von der ara Ubiorum, dem Nationalheiligthum dieses Volkes,
hören wir aus den Befreiungskämpfen der alten Deutschen gegen die Pömer;
denn der Cheruskerfürst Sigmund soll, wie wir bereits im vorigen Kapitel
erwähnt, hier den Opferdienst versehen, aber ans die Kunde von der Erhebung
seines Volkes sein Priestergewand zerrissen haben und zu Hermann in den Teuto-
burger Wald geeilt sein.
Im Jahre 50 n. Chr. führte Agrippina, die Gemahlin des Kaisers
Claudius, eine Tochter des Germanicus, die bekanntlich zu Köln geboren
ward, eine Veteranenkolonie dahin, vergrößerte und erweiterte die Stadt, und
so entstand die mit Festnngsmauern und Thoren stark befestigte Colonia
Agrippinensis. Daß nach den benachbarten Kastellen Heerstraßen liefen,
ebenso Wasserleitungen zur Stadt führten, läßt sich noch deutlich verfolgen, sowie
sich die Umrisse des alten Colonia noch genau nachweisen lassen. Bei Kanal-
bauten im August 1880 stieß man vor der Ostfronte des sogenannten Gürze-
nich 1 Meter unter dem Straßenpflaster auf die alte römische Umsassuugsmaner
an der Rheinseite; sie läuft parallel mit der Ostfronte des Gürzenich und ging bis
zu dem einen der fünf Thore, der porta Nartis, Marspforte, zwischen Mar-
tinsstraße und Judengasse und weiter östlich bis vor den Dom. Jetzt stehen
Gebäude zun: Theil auf der Ufermauer, wie der Thurm der früheren Kirche „Klein
St. Martin" und die Häuserfronten an der Ostseite der Martinsstraße. Auch
sonst lassen sich die Spuren dieser alten römischen Stadtmauer noch sehr wohl
verfolgen, so an der Burgmauer, wo ein früherer Thurm jetzt als Wohnung
dient, hinter dem Zeughaus, am Römerthurm und in den Gärten hinter der
Apernstraße, in der Gertrudenstraße, an der alten Mauer am Bach, und auch
an der nördlichen Seite des Mühlenbaches sollen die Häuser auf den Funda-
menten der alten Römermauer stehen. Das Baumaterial selbst bestand zumeist
aus Tust-, Lava- und Basaltsteinen, Kalk, Granwacke, Sandstein n. s. w., wie
sie die benachbarte Eifel lieferte.
Merkwürdig ist auch, daß auf dem Terrain des alten Stadtgrabens sich
einige der breitesten Straßen Kölns hinziehen, auf deuen sich jetzt besonders die
Pserdebahnlinie, wenigstens im Süden, Westen und Norden der Stadt, bewegt.
Nicht so genau läßt sich die Grenze des alten Köln an der Rheinseite nach-
weisen, da hier früher mehrere Inseln gelegen haben, wie südöstlich die Rheinau.
Der jetzige Heumarkt und Altenmarkt bildeten, wie man weiß, früher einen
Rheinarm, und der Strom selbst floß zu Römerzeiten an dem hochgelegenen
Ufer vorbei in der Nähe der Kirche Maria am Kapitol. Die Straße Ober-
marspforten zeigt in ihrer Senkung noch deutlich den Weg zum alten Rhein-
ufer. Außer der schon genannten porta Martis hatte die alte Römerstadt noch
folgende vier Thore: die porta Jovis, Hochpforte, die porta Graecorum,
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Extrahierte Personennamen: Agrippa Hermann Agrippina Claudius Germanicus August Maria
Extrahierte Ortsnamen: Rheinüberfahrt Judengasse Römerthurm Rheinseite Rheinau Altenmarkt Rheinarm Maria
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Köln zur Zeit der Römer. 57
denen des Deutzer Kastells zum Bau der Pantaleonskirche verwandt haben.
Später habe der Kaiser Otto das Deutzer Kastell wieder notdürftig restaurireu
lassen. Manche nehmen an, die Brücke Konstantins habe in der Gegend des
heutigen Bayeuthurms gestanden, indessen ist dies wol irrig, und der daselbst
angenommene Brückenbogen führte wol zu einem mittelalterlichen Zollhause.
Von römischen Daten ist noch nachzuholen, daß im Jahre 70 n.chr. der
römische Statthalter am Niederrhein, Vitellius, in Köln von seinen Truppen
zum römischen Kaiser ausgerufen ward und nach Rom eilte, um dort seinen
Einzug zu halten. Wie er in Schwelgerei und Schlemmerei versank, ist bekannt.
Kirche St. Gereon.
Auch der Kaiser Trajau ward als solcher zuerst in Köln (98 n. Chr.)
proklamirt. Von dem Luxus aus der Römerzeit geben viele Gräberfunde Kunde,
wie das Grab in dem Dorfe Wieden mit einem Marmorsarkophag, zwei Sesseln,
mehreren Büsten u. dgl.
Unter der Regierung Konstantias des Großen (306—337) soll seine
Mutter, die heilige Helena, in Köln gewesen sein und die Gereonskirche
an der Stelle gegründet haben, wo der Sage nach der heilige Gereon mit
dem Rest der thebäischen Legion unter Diocletian (287) bei der Christen-
Verfolgung den Märtyrertod erlitt. Noch heute erinnert das „Martinsfeld",
eigentlich „Marthrsfeld", an diese Verfolgungen. Die jetzige Gereouskirche
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92 Köln, die Königin des Niederrheins.
in Deutz an. Dahin verbrachten denn auch die Kölner Juden später ihre Ver-
storbeneu, bis er sich endlich als zu klein erwies, zumal ein Theil zu Befestigungs-
werken verwandt wurde. Da tauchte einmal sogar der gewiß tolerante Vorschlag
auf, einen Theil des allgemeinen christlichen Friedhofs auch den Juden einzu-
räumen. Indessen damit vertrug sich der jüdische Kultus nicht, der keinerlei
Wechsel an seinen Begräbnißstätten duldet, und so erhielten die Israeliten, wie
ihre Glaubensgenossen in Mainz, einen eigenen Friedhos.
Märkte und Mätze>. Mauern und Wore Kölns. Bei einer Wan-
deruug durch das Innere Kölns verweilen wir vorzugsweise bei deu merkwür-
digeu Straßen und Plätzen, an die sich irgend welche historische oder Erinnerung
der Sage knüpft. Da ist denn vor allen Dingen der mit Linden bepflanzte
Neumarkt zu nennen, welcher früher ein Wein- und Gemüsegarten war, jetzt
aber zur Promenade und zum Wachtparadeplatz dieut. Hier ward eiust ein des
Diebstahls angeklagtes Mädchen, Namens Marie, trotz der Bethenernng ihrer
Unschuld, hingerichtet. Nach ihrem Tode fand man beim Einsturz eines Hauses die
vermißten Kostbarkeiten und daneben den richtigen Dieb, einen Raben, erschlagen.
Zum Andenken daran bewahrte man lange an dem betreffenden Hause einen
eisernen Vogelkorb, dariu ein gegossener Rabe saß.
Wir wenden uns sodann zu dem vom Rathhausthnrme überragten, mit
Akazien bepflanzten Altmarkt, welcher zu deu Wochenniärkten, Dienstags und
Freitags, und zum täglichen Gemüsemarkt dient. Noch sind aus alter Zeit
einige merkwürdige Giebelhäuser übrig, und von der Rückseite gewahrt man das
Rathhaus und im Hintergrunde den Dom. Hier soll einst Psalzgras Philipp
den König Maximilian, Kaiser Friedrich's Iii. Sohn, beim Turnier aus
dem Sattel gehoben haben. Der Heumarkt, früher eiue von einem Rheinarm
umschlossene Insel, ist reich an historischen Erinnerungen. So hielt n. A. hier
der Kaiser Maximilian 1505 ein glänzendes Ritterspiel ab, über welches viel
berichtet wurde.
Auf dem kleinen Gülichsplatz stand das Haus des 1686 zu Mülheim
hingerichteten Bandkrämers Gülich zur Zeit der letzten Kämpfe zwischen Adel
und Bürgerschaft Kölns. An die Stelle des abgerissenen Hauses setzte man
eine Schandsäule mit seinem in Erz gegossenen Haupte, welches später, als
dieselbe in der Revolution gestürzt wurde, als Märtyrersymbol umhergetragen
und nach Bonn geschickt wurde.
In der Straße „an der weißen Frau" spukt die betrügerische Bäckers-
srau, welche in Gestalt einer Katze den Teig verkleinerte, bis ihr der Mann die
Pfote abhackte.
Die Ueberreste der alten Ringmauer Kölns mit ihren breiten Gräben lassen
noch die Großartigkeit dieses Bauwerks erkennen. Sie soll 80 Wartthürme
und 20 Thore gehabt haben; von letzteren sind noch zu sehen z. B. das Eigel-
stein- und Severinsthor sowie das Weger- und Pfasseuthor. Am
Pfaffenthor sollen die Domherren erhängt worden sein, welche den wackern Bürger-
meister Gryn in einen Löwenzwinger stießen; doch der mnthige Mann bezwang
den Leu, wie weiland Simson. Manche Alterthumsforscher leiten jedoch den
Namen der Pfaffenpforte, welche am Ausgang der Straße „Unter Fettenhennen"
nach der Trankgasse gezeigt wird und die sich auch auf die Begebenheit beziehen
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TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Namens_Marie Philipp Philipp Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Simson
Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Aus dem Wege von Montjoie nach Malmedy. 233
als Karl's Statue bei der Geburt des Königs von Rom herum getragen wurde,
hob die Aachener Industrie nach Möglichkeit. Als später die Rheinlande der
preußischen Krone zufielen. tras die Industrie Aachens und der Grenzstädte
Anfangs ein empfindlicher Schlag. An der Grenze versperrten fast unübersteigliche
Zollschranken die Wege nach den ebengenannten Aussuhrgebieten, und die seit
Dezennien so einträglich gewesene Kundschaft ging verloren.
Im Inlande des Deutschen Bundes wechselten die Farben der Barriere-
bäume allerorten, und jede andere Grenzfarbe setzte auch wieder eine eigene
Zollausgabe voraus. Bei dem Uebergang über die Elbe, also im Innern
Preußens, mußten Aachens Tuchwaaren 8 V3 Prozent Zoll tragen. Allerdings
besserte sich das allmählich, bis zuletzt ein reinigender Nordwind daherbrauste,
der die meisten der verschiedenartig gefärbten Barrierebäume mit Stumpf und
Stiel aus der Erde riß und sie in Vergessenheit schlenderte. Die Industrie
blühte neu auf, und 1872, allerdings in der Glanzperiode, führte Aachen allein
für 2,700,000 Thäler Wollentuche, für 1,189,000 Thaler Zink und Blei und
für 69,476 Thaler Stecknadeln nach Nordamerika aus.
Au diesen Zahlen zeigt sich so recht der Fortschritt unserer heutigen
Mechanik und die Riesenkraft der Dampfmaschine. Doch auch jeder Kolbenstoß
der letzteren drückt die frühere Selbständigkeit des goldenen Mittelstandes ent-
weder nach oben oder nach unten. Der kleine Arbeiter auf eigenem Fuße hat
bald aufgehört zu existireu. Die intelligente Denkkraft steigt in das technische
Bureau oder fetzt sich auf den Korrespondentenschemel, von da schreitet sie in
den Phaeton und fährt auf Goldbeuteln in die obersten Schichten der Gesellschaft.
Die bloße Arbeitskraft zieht die Bluse an, und auf Befehl der Arbeitsglocke,
schreitet diese in den Arbeitssaal und mechanisch wie der Apparat, den sie dort
bedient, wird ihr Denken und Empfinden. O James Watt, deine Theekesselgedanken
haben die Welt mit eisernen Verbrüderungsringen umspannt, auf denen Nord und
Süd, Ost und West auf den Fittichen des Dampfes einander zufliegen, aber ihr
Herz haben sie in zwei Theile gespalten. Wol sieht das Auge der Wirthschasts-
lehre sich diese Kluft immer mehr erweitern und auf der einen Seite das
Kapital und auf der andern Seite die Masse des Proletariats ansammeln, das
mit geballter Faust zu dem mächtigen, obgleich brotspendenden Gegner hinüber-
sieht. Die Wissenschaft und der Erfindungsgeist gehen ebenfalls mit besorgtem
Auge auf die Suche nach kleineren, billigen Motoren, um dem Kleingewerbe
seine Selbständigkeit zu erhalten und dort, wo sie schon verloren gegangen, dem
Dampfgiganten wieder streitig zu machen.
Doch horch! „Schier dreißig Jahre bist du alt" klingt das Posthorn in
unsere sozialpolitische Reflexion hinein. Die Post nach Montjoie und Malmedy!
Ach ja. auch die alte Posthornpoesie haben James Watt's Theekesselgedanken in
unbewohnte Torsmoore verbannt, wohin sich der Eilslug des heutigen Realismus
nicht lohnt. Gern stiegen wir ein, doch die Staatsstraße von Eupen über
Montjoie nach Malmedy führt mit 21/2 Meilen Umweg um die hohe Venn
herum, welche wir auf direkterem Wege überschreiten wollen. Durch den
Hertogenwald Limburgs, der Heimat des Käses „saus peur et saus gene",
führt von Eupen bis Malmedy über das Hochplateau der hohen Venn eine
gut angelegte Bezirksstraße; diese befahren wir in einem mit zwei kräftigen
Rappen bespannten Gefährt. Ein ziemlich derber Malmedyer Wallone bittet,
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TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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