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erste deutsche Missionar, den die evangelische Kirche zu den Heiden aussandte, hieß
Ziegenbalg. Er war unter August Hermann Franke im halleschen Waisenhause
erzogen worden. Ihn schickte der König von Dänemark 1705 nach seinen Be-
sitzungen in Ostindien. Nachdem Ziegenbalg 2 Jahre daselbst gearbeitet hatte,
taufte er die 5 ersten Hindus. Jetzt ist die Zahl der Christen daselbst auf viele
Tausende gewachsen. — Unter demselben frommen König ging 1721 Hans Egede,
ein junger Prediger ans Norwegen, nach Grönland, um den Eskimos das Evan-
gelium zu verkünden. Er wohnte wie die Grönländer mit Weib und Kind in
einer Eishütte. Erst nach 4 Jahren schwerer Arbeit konnte er den ersten Eskimo
taufen. Später unterstützten ihn 2 Missionare aus der vom Grafen Zinzendorf
gestifteten Brüdergemeinde. Jetzt sind nur noch wenig Heiden daselbst zu finden.
In Südafrika war der erste Missionar Georg Schmidt. Er gehörte auch der
Brüdergemeinde an und ging 1727 zu den Hottentotten. Etwa 100 km von der
Kapstadt entfernt baute er sich in der „Affenschlncht" eine Hütte, legte einen Garten
an und machte etwas Land umher urbar. Dann fing er an, das Evangelium zu
predigen. Bald hatte er eine kleine Gemeinde von Bekehrten um sich gesammelt,
und das Dörflein in der wilden Schlucht blühte fröhlich ans. Aber schon nach
sieben Jahren mußte Schmidt wegen Zwistigkeiten mit der holländischen Geistlichkeit
in der Kapstadt in seine Heimat zurückkehren. — Nun vergingen mehr als fünfzig
Jahre, ehe man von Europa aus wieder etwas für die Heiden in Südafrika
unternahm. Erst im Jahre 1703 kamen drei andere Missionare aus der Brüder-
gemeinde, um die Arbeit ihres Bruders wieder aufzunehmen. Von seiner Woh-
nung fanden sie nur noch ein altes, verfallenes Gemäuer; aber von den Bäumen
im Garten war namentlich noch ein schöner, weithin schattender Birnbaum übrig
geblieben, den Vater Schmidt an die Stelle gepflanzt, wo er zum erstenmal den
Heiden das Evangelium gepredigt hatte. Unter dem alten Birnbäume predigten
die Missionare nun wieder zum erstenmal den versammelten Hottentotten. Später
bauten sie hier auch eine Kirche und nannten den Ort „Gnadenthal". Die vorher
in Roheit und Schmutz versunkenen Hottentotten wohnen da in netten, reinlichen
Häusern, gehen anständig gekleidet und sind fleißig und arbeitsam. Die Zahl der
Bewohner ist auf mehr als 2000 gestiegen, und über 500 Kinder erhalten regel-
mäßigen Schulunterricht. Nach Knapp.
184. Innere Mission.
Durch das Dorf wandert ein Mann. Der trägt kein leichtes Gepäck auf dem
Rücken und klopft an jede Thür. Weißt du, was er mitbringt? Er bringt die
heilige Schrift mit und bietet sie an beim Bauersmann und beim Schulzen und
beim Krugwirt, und wer sie nicht mag, dem sagt er, was in der heiligen Schrift
für ein Lebensquell fließt, und schlägt sie ans und zeigt ihr Gold und ihre Perlen.
Dann geht er fort, und die Bibel bleibt im Hause. Und die Leute nehmen sie
vor und lesen, was in ihr vom Heiland geschrieben steht, und den Heiland ge-
winnen sie lieb, und ihre toten Herzen erwachen. Jener Mann, der die heilige
Schrift in die Häuser bringt, treibt innere Mission.
In einer Hütte wohnt eine arme Frau, die todkrank ist. Keiner pflegt sie,
keiner speist ihre Seele, und sie ist ganz verzagt. Da kommt ihre Nachbarin,
bringt ihr Arznei, setzt sich an ihr Bett, spricht ihr Trost ein, liest ihr einen
Psalm vor und betet mit ihr. So thut sie alle Tage, und die kranke Frau, vor
deren Seele es Nacht geworden war, wird getrost und voll Glauben. Der Herr
Christus hat ihr eine Freundin geschickt, und diese Freundin treibt innere
Mission.
«
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■i
isebh. S.mioy Yacjtr.
Hermannsschlacht.
und die Römer wurden fast gänzlich vernichtet. Als Varus sah, daß alles verloren
war, stürzte er sich verzweiflungsvoü in sein Schwert. Augustus aber, von dem Aus-
gange der Schlacht benachrichtigt, zerriß wehklagend seine Kleider, rannte wie ein
Wahnsinniger mit dem Kopfe gegen die Wand und rief- „Varus, Varus, gieb mir
meine Legionen wieder!" 1875 ist dem Befreier Deutschlands auf dem Teutoburger
Walde, unweit Detmold, ein Denkmal errichtet worden.
Iii. Vmrrumndrrung, Gründung des Frankrnrrichs und
Einführung des Christentuins in Arutfchland.
3. Die Völkerwanderung und die Hnnncnfchlacht.
1. Einfall der Hunnen und Völkerwanderung. Ums Jahr 375 n. Chr. kamen
die Hunnen, ein wildes Reitervolk, aus den Steppen Asiens nach Europa. Sie
hatten hervorstehende Backenknochen, schiefgeschlitzte Augen, schwarzes, struppiges
Haar, gelbe Gesichtsfarbe und waren sehr roh und grausam. Bei ihrem Einfall in
Europa verdrängten sie zunächst die Alanen (zwischen Wolga und Don) und dann
diewest- undostgoten(durchdendniester getrennt). Diesevölkcrverdrängtcnwieder
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Extrahierte Personennamen: Varus Augustus Varus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Detmold Christentuins Arutfchland Asiens Europa Europa Wolga
29
eine „Feldbinde". Als Waffen dienten ihnen ein kurzes Seitengewehr, 2 Pistolen
eine 5 m lange Pike oder statt dieser eine Muskete.
5. Reichssteuer. Zur Erhaltung dieses Heeres legte Maximilian eine Reichs,
steuer, den sogenannten „gemeinen Pfennig", auf. Jeder, der über 15 Jahre all
war, mußte von je 1000 Gulden seines Besitzes 1 Gulden, von 500 Gulden einen
halben Gulden zahlen u. s. w. Mit der Einnahme dieser Steuer waren die Pfarrer
beauftragt.
Vh. Lrlirn im Mittelalter. Erfindungen u. Entdeckungen.
19. Städte im Mittetattcr.
1. Bauart. Die Städte waren zum Schutz gegen die Feinde mit einer hohen,
oft doppelten Mauer umgeben, auf welcher sich runde, eckige oder spitze Wehrtürme
befanden. An einzelnen Stellen führten enge Thore durch die Mauer in die Stadt,
welche nachts durch mächtige Thorflügel geschlossen wurden. Die Feldmark der Stadt
war noch von einem besonderen Walle oder Graben umzogen, der an den Wegen mit
hohen Warttürmen besetzt war. Von ihnen verkündeten spähende Wächter durch
Trompetenstoß den nahenden Feind. Die Straßen der Stadt waren ungepflastert,
gekrümmt und so eng, daß man oft über sich den blauen Himmel kaum zu sehen ver-
mochte. Die Häuser waren mit überstehenden Stockwerken gebaut und mit zierlichen
Ecktürmchen, Holzbildern und frommen Sprüchen geziert. Meistens standen ihre
Giebel nach der Straße hin. Oft war das Dach mit Schindeln oder Stroh gedeckt
und die Hausthür quer in der Mitte geteilt. Auf den Straßen fand man Brunnen
mit Rolle, Kette und Eimer.
2. Ackerbau, Handel, Künste. Mit großer Vorliebe trieb der Städter Ackerbau,
und daher behielten auch die Städte lange Zeit hindurch das Aussehen eines großen
Dorfes. Vor dem Hause lag in der Regel ein großer Düngerhaufen, und die
Schweine liefen fast den ganzen Tag frei auf der Straße umher. Des Morgens
„tutete" der Hirt die Kühe und Schweine zusammen und trieb sie dann auf die gemein-
schaftliche Weide. — Den Haupterwerbszweig des Städters bildeten jedoch Handel
und Gewerbe. Die Seestädte, besonders Genua und Venedig, holten die Schätze des
Morgenlandes herbei, diese wurden dann auf Saumtieren durch die Alpenpässe nach
Augsburg und Nürnberg gebracht und von hier aus in alle Teile Deutschlands
verkauft. Mit dem Handel wuchs die Macht und der Reichtum der Städte. Die
Augsburger Bürger waren so reich wie Fürsten. In ihren Häusern strahlte alles von
Gold. Die vornehmsten Familien in den Städten hießen „Geschlechter". In ihren Hän-
den lag meist die Verwaltung der Stadt. — Unter den Künsten blühte vornehmlich die
Baukunst. Der Kölner Dom und das Straßburger Münster geben noch heute Zeug-
nis davon. Auch die Goldschmiedekunst und die Kunst des Siegelschneidens wurden
eifrig betrieben. In vielen Städten pflegten die ehrsamen Handwerker auch die Dicht-
kunst und den Gesang. Allsonntäglich kamen sie zusammen und saugen in den Sing-
schulen ihre selbstgedichteten Lieder. Man nannte sie „Meistersänger". Der berühm-
teste unter ihnen war Hans Sachs in Nürnberg, ein „Schuh—mâcher und Poet
dazu."
3. Zunftwesen. Um sich gegenseitig Schutz und Hilfe zu leisten, traten (nament-
lich im 13. Jahrhundert) die Handwerker zu besondern „Innungen" (d. h. Einigungen)
oder Gilden (Zünften) zusammen. Die einzelnen Zünfte unterschieden sich äußerlich
durch Fahnen, Abzeichen und besondere Bräuche. An der Spitze einer jeden Zunft
stand der Zunftmeister (Jnnungs-, Gilde oder Altmeister). Derselbe genoß ein hohes
Ansehen und hatte oft Sitz und Stimme im Rate. Die Jnuungsgenossen hielten meist
brüderlich zusammen. Sie wohnten gern in derselben Gasse, verkehrten in derselben
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Hans_Sachs
25
er bezahlte sie gut, nannte sie seine „lieben blauen Kinder" und sorgte väterlich für sie.
Dieses Leibregiment diente zugleich als Musterregiment. Alle Neuerungen im Heere wurden
hier erst versucht, ehe sie bei den übrigen Regimentern eingeführt wurden. Der Exerzier-
meister des Königs war der „alte Dessauer". Dieser hat den eisernen Ladestock eingeführt,
zuerst den Gleichschritt geübt und es dahin gebracht, daß sämtliche Übungen gemeinschaftlich
ausgeführt wurden, so daß in der ganzen Reihe nur ein Griff gesehen, nur ein Schuß gehört
wurde. Um solche Pünktlichkeit zu erreichen, war freilich mancher harte Schlag mit dem
Korporalsstock nötig. Die härteste Strafe war das Spießrutenlaufen.
3. Innere Verwaltung und geordnete Finanzwirtschaft. Der König sorgte
aber nicht allein für ein gutes Heer, sondern es lag ihm auch nicht weniger die
innere Verwaltung des Landes und eine geordnete Finanzwirtschaft am Herzen.
„Ich bin der Finanzminister und Feldmarschall des Königs von Preußen, das
wird ihn aufrecht halten," sagte er einmal. Bis dahin waren die obersten Staats-
behörden noch getrennt und gerieten oft in Streit miteinander. Um das zu ver-
meiden, vereinigte der König alle diese Behörden zu einer einzigen Oberbehörde,
der die Verwaltung der Staatsgelder und Domänen sowie die Erhaltung des Heeres
oblag. Diese Behörde führte den Namen „General-Direktorium". Unter ihr standen
in jeder Provinz eine Kriegs- und Domänenkammer. — Um die Staatseinnahmen
zu vermehren, belegte der König den Adel, der bis dahin steuerfrei gewesen war,
mit Abgaben, und zwar mußten von jedem Rittergute jährlich 40 Taler gezahlt
werden. Auch suchte er seine Domänen zu verbessern und höher zu verpachten.
Die Pächter ließ er genau beaufsichtigen, „ob in die Kuhställe fleißig Stroh ein-
gestreut und der Mist zu gehöriger Zeit aufs Feld gefahren würde". Zur Er-
haltung des Heeres schuf der König eine besondere „Rekrutenkasse". In diese
mußte jeder, der ein neues Amt oder einen neuen Titel empfangen hatte, eine
bestimmte Summe zahlen.
4. Als Landesvater, a. Häuserbau. Noch aus dem Dreißigjährigen Kriege her
gab es in Stadt und Land viel wüst liegende Häuser. Das konnte er nicht mit an-
sehen, und um die Leute zum Häuserbau zu ermuntern, gab er ihnen Geld und erließ
ihnen aus 15 Jahre alle Steuern. Sehr viel tat er auch für die Verschönerung
Berlins. Er wies den Leuten Bauplätze an und gab ihnen freies Bauholz und
einen Teil der Baukosten. Dann aber hieß es: „Der Kerl hat Geld, muß
bauen." Wer etwa Einwendungen machen wollte, den wies er streng zurück mit
den Worten: „Räsonnier' Er nicht!"
b. Ausnahme der Salzburger. Ein großes Verdienst erwarb sich der König auch
durch die Aufnahme der Salzburger. 1729 verlangte der Erzbischof von Salzburg
von allen seinen evangelischen Untertanen, daß sie katholisch werden sollten. Da
sie sich weigerten, wurden sie hart bedrängt. Nun entschlossen sich .die meisten
zur Auswanderung. Friedrich Wilhelm nahm an 20000 in sein Land auf und
siedelte sie in den von der Pest entvölkerten Gegenden Ostpreußens an.
c. Gewerbe. Krankenhaus. Um dem Wollenwebergeschäft aufzuhelfen, ließ er sein
Heer nur mit inländischem Tuche kleiden und verbot auch seinen Untertanen, anderes
als inländisches Tuch zu tragen. Für arme Kranke ließ er die Charite in Berlin erbauen,
ein großes Krankenhaus, in dem gleich im ersten Jahre 300 Kranke Pflege fanden.
4. Die Hörigkeit der Bauern bestand noch wie in alten Zeiten. (S. 3.)
Haus und Hof des Bauern gehörten dem Gutsherrn. Deshalb mußte ihm der
Bauer den Zehnten von seiner Ernte abgeben und mit den Seinen 3—4 Tage
in der Woche „Hofdienste" verrichten. Der Gutsherr war aber auch zugleich
der oberste Richter seiner Bauern und konnte sie strafen, wie er wollte. Auch
die Kinder des Bauern waren dem Gutsherrn zu dienen verpflichtet und an die
Scholle gebunden. Wollte ein Bauernsohn z. B. ein Handwerk erlernen, so
mußte er sich von seinem Herrn freikaufen. Das kostete 10, 20 bis 100 Taler.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlins Salzburg Ostpreußens Berlin
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er bezahlte sie gut, nannte sie seine „lieben blauen Kinder" und sorgte väterlich sür sie.
Dieses Leibregiment diente zugleich als Musterregiment. Alle Neuerungen im Heere wurden
hier erst versucht, ehe sie bei den übrigen Regimentern eingeführt wurden. Der Exerzier-
meister des Königs war der „alte Dessauer". Dieser hat den eisernen Ladestock eingeführt,
zuerst den Gleichschritt geübt und es dahin gebracht, daß sämtliche Übungen gemeinschaftlich
ausgeführt wurden, so daß in der ganzen Reihe nur ein Griff gesehen, nur ein Schuß gehört
wurde. Um solche Pünktlichkeit zu erreichen, war freilich mancher harte Schlag mit dem
Korporalsstock nötig. Die härteste Strafe war das Spießrutenlaufen.
3. Innere Verwaltung und geordnete Finanzwirtschaft. Der König sorgte
aber nicht allein für ein gutes Heer, sondern es lag ihm auch nicht weniger die
innere Verwaltung des Landes und eine geordnete Finanzwirtschaft am Herzen.
„Ich bin der Finanzminister und Feldmarschall des Königs von Preußen, das
wird ihn aufrecht halten," sagte er einmal. Bis dahin waren die obersten Staats-
behörden noch getrennt und gerieten oft in Streit miteinander. Um das zu ver-
meiden, vereinigte der König alle diese Behörden zu einer einzigen Oberbehörde,
der die Verwaltung der Staatsgelder, Domänen und die Erhaltung des Heeres
oblag. Diese Behörde führte den Namen „General-Direktorium". Unter ihr standen
in jeder Provinz eine Kriegs- und Domänenkammer. — Um die Staatseinnahmen
zu vermehren, belegte der König den Adel, der bis dahin steuerfrei gewesen war,
mit Abgaben, und zwar mußten von jedem Rittergute jährlich 40 Thaler gezahlt
werden. Auch suchte er seine Domänen zu verbessern und höher zu verpachten.
Die Pächter ließ er genau beaufsichtigen, „ob in die Kuhställe fleißig Stroh ein-
gestreut und der Mist zu gehöriger Zeit aufs Feld gefahren würde". Zur Er-
haltung des Heeres schuf der König eine besondere „Rekrutenkasse". In diese
mußte jeder, der ein neues Amt oder einen neuen Titel empfangen hatte, eine
bestimmte Summe zahlen.
4. Als Landesvater, a. Häuserbau. Noch aus dem dreißigjährigen Kriege her-
gab es in Stadt und Land viel wüst liegende Häuser. Das konnte er nicht mit an-
sehen, und um die Leute zum Hüuserbau zu ermuntern, gab er ihnen Geld und erließ
ihnen auf 15 Jahre alle Steuern. Sehr viel that er auch für die Verschönerung
Berlins. Er wies den Leuten Bauplätze an und gab ihnen freies Bauholz und
einen Teil der Baukosten. Dann aber hieß es: „Der Kerl hat Geld, muß
baueu." Wer etwa Einwendungen machen wollte, den tvies er streng zurück mit
den Worten: „Räsonier' Er nicht!"
b. Aufnahme der Salzburger. Ein großes Verdienst erwarb sich der König auch
durch die Aufnahme der Salzburger. 1729 verlangte der Erzbischof von Salzburg
von allen seinen evangelischen Unterthanen, daß sie katholisch werden oder aus-
wandern sollten. Die meisten entschlossen sich zur Auswanderung. Friedrich Wilhelm
nahm an 20000 in sein Land auf und siedelte sie in den von der Pest entvölkerten
Gegenden Ostpreußens an.
c. Gewerbe. Krankenhaus. Um dem Wollenwebergefchäft aufzuhelfen, ließ er
sein Heer nur mit inländischem Tuche kleiden und verbot auch seinen Unterthanen,
andres als inländisches Tuch zu tragen. Für arme Kranke ließ er die Charite erbauen,
ein großes Krankenhaus, in dem gleich im ersten Jahre 300 Kranke Pflege fanden.
cl. Die Hörigkeit der Bauer» bestand noch wie in alten Zeiten. (S. 3.)
Haus und Hof des Bauern gehörten dem Gutsherrn. Dafür mußte ihm der
Bauer deu Zehnten von seiner Ernte abgeben und mit den Seinen 3—4 Tage
in der Woche „Hofdienste" verrichten. Der Gutsherr war aber auch zugleich
der oberste Richter seiner Bauern und konnte sie strafen, wie er wollte. Auch
die Kinder des Bauern waren dem Gutsherrn zu dienen verpflichtet und an der
Scholle gebunden. Wollte ein Bauernsohn z. B. ein Handwerk erlernen, so
mußte er sich von seinem Herrn freikaufen. Das kostete 10, 20 bis 100 Thaler.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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tüchtige Geistliche und Bischöfe bekamen, baute Kirchen und schmückte sie mit
Heiligenbildern würdig aus. Zur Verherrlichung des Kirchengesanges ließ er
Sänger und Orgelspieler aus Italien kommen; denn seine Franken sangen schlecht,
und wenn sie ihre rauhe Stimme ertönen ließen, so klang es, wie wenn ein
schwerer Lastwagen über einen holprigen Knüppeldamm dahin rasselt.
4. Sorge für äie Sckrule. Um die geistige Bildung seines Volkes zu
heben, berief Karl gelehrte Männer zu sich, pflegte die deutsche Muttersprache,
vermehrte die Schulen und verband sie mit den Kirchen und Klöstern. In diesen
waren Lesen, Schreiben und die christliche Lehre die Hauptgegenstünde des Unter-
richtes. Auch an seinem Hofe gründete er eine Schule, in welche alle seine
Diener, hohe und niedere, ihre Söhne schicken mußten.
5. Oer Heerbann. In Kriegszeiten ließ Karl den Heerbann aufbieten. Zn
demselben gehörten einmal alle Lehnsleute des Kaisers und sodann alle freien
Männer, die wenigstens 4 Hufen Land als Eigentum besaßen. Auf Befehl des
Kaisers mußten sie mit ihrem Gefolge erscheinen. Für ihre Ausrüstung hatten sie
selbst zu sorgen, auch sollten sie sich auf drei Monate mit Lebensmitteln versorgen.
„Wir gebieten dir," so heißt es in einem Schreiben Karls, „dich am 17. Juni in
Staßfurt an der Bode als dem festgesetzten Sammelorte pünktlich einzufinden. Du sollst
aber mit deinen Leuten so vorbereitet dahinkommen, daß du von da schlagfertig ziehen
kannst, nämlich mit Waffen und Gerät und anderen Kriegserfordernissen an Lebensmitteln
und Kleidern, daß jeder Reiter Schild und Lanze, ein zweihändiges und ein kurzes Schwert,
Bogen und Köcher mit Pfeilen habe. Dann, daß ihr habet auf euren Wagen: Hacken,
Keile, Mauerbohrer, Äxte, Grabscheite, eiserne Schaufeln und was sonst im Kriege nötig
ist. Die Wagenvorräte müssen vom Sammelplätze an auf drei Monate reichen, Waffen
und Kleider auf ein halbes Jahr. Insbesondere aber gebieten wir euch, wohl darauf zu
achten, daß ihr in guter Ordnung zu dem angegebenen Orte ziehet und euch nicht unter-
stehet, irgend etwas zu nehmen, außer Futter für das Vieh und Holz und Wasser."
774 6. Krieg mit clen Langobarden. 774. Anfangs regierte Karl mit
seinem Brnder Karlmann zusammen. Als aber dieser starb, wurde er von allen
Franken als König anerkannt. Die Witwe Karlmanns floh nun mit ihren Söhnen
zu ihrem Vater Desiderius, dem Könige der Langobarden. Dieser verlangte
vom Papste Hadrian, daß er seine Enkel zu Königen über das Frankenreich salbe.
Da sich jedoch der Papst weigerte, überzog ihn Desiderius mit Krieg und nahm
ihm das Land weg, welches ihm Pipin geschenkt hatte. Der Papst rief in seiner
Not Karl um Hilfe an, und dieser zog mit einem Heere über die Alpen. Dann
belagerte er den Desiderius in Pavia, nahm ihn gefangen und schickte ihn in ein
Kloster. Was aus Karlmanns Söhnen geworden ist, weiß man nicht. Nachdem
Karl dem Papste die Schenkung Pipins bestätigt hatte, setzte er sich die „eiserne"
Krone der Langobarden aufs Haupt. In dieser befand sich ein Reif, der an-
geblich aus einem Nagel vom Kreuze Christi geschmiedet war, während die anderen
Teile der Krone aus Gold und Edelsteinen bestanden.
772 7. Sacblenkrieg. Da um diese Zeit die Sachsen wieder häufig Einfülle in
das Frankenreich machten, beschloß Karl, dies Volk zu unterwerfen und zum
Christentum zu führen. Mit einem wohlgerüsteten Heer drang er ins Sachsenland
ein, zerstörte die Eres bürg und vernichtete in einem heiligen Walde die Ir men-
sä ule, einen riesenhaften Baum, der nach dem Glauben der Sachsen das Weltall
trug und daher göttlich von ihnen verehrt wurde. Dann drang er bis an die
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karls Karl Karl Karlmann Karlmanns Karlmanns Karl Karlmanns Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Karls Staßfurt Pavia Karlmanns Christi Sachsen Sachsenland Sachsen
111
sich von Schlesien bis zur Lüneburger Heide. Wir unterscheiden: 1) Schlesischer
Landrücken/2) Fläming, 3) Lüneburger Heide.
c) Die Tieflan--int,l-e.
1. Zwischen den beiden Landrücken breitet sich eine stäche Mulde aus, die
durch einzelne Höhenzüge mannigfache Abwechslung erhält. Im Süden der Tief-
landsmulde befindet sich der Sprecwald.
Die Spree hat hier sehr wenig Gefälle und teilt sich daher in zahllose
Arme. Bei hohem Wasserstande wird die ganze Niederung überschwemmt. Die
höher gelegenen Stellen sind durch Abzugsgräben in fruchtbares Wiesen- und
Gartenland verwandelt worden, die Sümpfe aber sind mit dichten Wäldern
Spreewatd.
bestanden, in denen die Erle vorherrscht. Die vielen Flußarme und Grüben ver-
treten im Spreewalde die Stelle der Straßen. Alles, was anderswo zu Fuß,
zu Pferde oder zu Wagen abgemacht wird, verrichtet man hier in Kühnen. Im
Kahne fährt hier der Bauer aufs Feld, und im Kahne bringt er seine Ernte
nach Haufe. Ein Kahn trägt die Kinder zur Schule, die Erwachsenen zur Kirche,
das Kind zur Taufe, die Leiche nach dem Friedhofe. Sind dagegen im Winter
die vielen Gräben zugefroren, so schnallt sich jung und alt Schlittschuhe an. Die
Bewohner des Spreewaldes sind Nachkommen des einst so mächtigen Volksstnmmes
der Wenden. In einigen Kirchen wird noch heute wendisch gepredigt und in
den Schulen neben der deutschen Sprache auch die wendische gelehrt.
2. Nördlich von dem Spreewald erstreckt sich ein Höhenzug von dem
Unterlauf der Neiße bis zum Unterlauf der Havel. Die Landschaft an der feen-
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TM Hauptwörter (200): [T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
Autor: Baas, Karl, Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
Auflagennummer (WdK): 151
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
59
I
Sprache suchte er zu veredeln und beim Gottesdienste einzuführen:. Die Predigt
mußte in der Volkssprache gehalten werden. Da viele Geistliche noch sehr un-
wissend waren, ließ er für sie die Predigten alter berühmter Kirchenväter übersetzen.
Geistliche, die nicht lesen konnten, mußten es noch lernen. Jeder aus dem Volke
sollte den Glauben und das Vaterunser auswendig lernen. „Unausgesetzt war
Karl mit den Angelegenheiten seines Reiches beschäftigt; oft stand er des Nachts
4—5 mal von seinem Lager auf und wandte sich seinen Arbeiten zu; selbst beim
Ankleiden verhandelte er von Geschäften mit seinen Räten oder ließ Parteien vor,
die seinen Richterspruch suchten; beim Mahle ließ er sich geschichtliche oder erbauliche
Schriften vorlesen; keine Stunde verstrich ungenutzt." Karl hatte in seiner Jugend
wenig Gelegenheit zum Lernen gehabt. Schreiben lernte er erst im Mannesalter.
Er hatte deshalb immer eine Schreibtafel von Wachs unter dem Kopfkissen liegen,
und nachts, wenn er nicht schlafen konnte, zog er sie hervor, und übte die schwert-
gewohnte Hand im Führen des leichten Griffels. Doch brachte er es in der Kunst
des Schreibens nicht mehr weit; die meisten seiner Unterschriften bestanden nur
aus einem im Viereck gezogenen Strich. Karl wollte, daß an seinem Hofe keiner
zu finden sei, der nicht lesen und schreiben könne. Deshalb berief er gelehrte
Männer zu sich und gründete eine Schule an seinen: Hofe, in der die Kinder seiner
Diener, sowohl der hohen als der niederen, unterrichtet wurden. Oft besuchte er diese
Schulen, belohnte die Fleißigen und strafte die Faulen. (Ged.: Wie Kaiser Karl
Schulvisitation hielt.)
4. Der Heerbann. In Kriegszeiten ließ Karl den Heerbann aufbieten. Zu
diesem gehörten einmal alle Lehensleute des Königs (Grafen, Bischöfe usw.) und
sodann alle freien Männer, die wenigstens vier Hufen Land als Eigentum besaßen.
(Eine Hufe — 30 Morgen. Ein Morgen war so viel Land, als man mit einen: Ge-
spann in einem Tage bearbeiten konnte.) Auf Befehl des Königs mußten sie mit
ihrem Gefolge erscheinen. In einem Schreiben Karls an einen Abt heißt es:
„Wir gebieten dir, dich am 17. Juni in Staßfurt an der Bode als dem festgesetzten
Sammelorte pünktlich einzufinden. Du sollst aber mit deinen Leuten so vorbereitet dahin-
kommen, daß du von da schlagfertig ziehen kannst, nämlich mit Waffen und Gerät und
anderen Kriegserfordernissen an Lebensmitteln und Kleidern, daß jeder Reiter Schild und
Lanze, ein zweihändiges und ein kurzes Schwert, Bogen und Köcher mit Pfeilen habe. Dann,
daß ihr habet auf euren Wagen: Hacken, Keile, Mauerbohrer, Äxte, Grabscheite, eiserne
Schaufeln und was sonst im Kriege nötig ist. Die Wagenvorräte müssen vom Sammelplätze
an auf drei Monate reichen, Waffen und Kleider auf ein halbes Jahr. Insbesondere aber
gebieten wir euch, wohl darauf zu achten, daß ihr in guter Ordnung zu dem angegebenen Orte
zeihet und euch nicht unterstehet, irgend etwas zu nehmeu außer Futter für das Vieh und
Holz und Wasser."
5. Krieg mit den Langobarden. 774. Anfangs regierte Karl mit seinem 771
Bruder Karlmann gemeinsam. Als aber dieser starb, nahm er das ganze Franken-
land allein in Besitz. Die Witwe Karlmanns floh mit ihren Söhnen zu ihrem Vater
Desiderius, dem Könige der Langobarden. Dieser verlangte vom Papste
Hadrian, daß er seine Enkel zu Königen über das Frankenreich salbe. Da sich jedoch
der Papst weigerte, überzog ihn Desiderius mit Krieg und nahn: ihm das Stück
Land, das ihm Pipin geschenkt hatte. Der Papst rief in seiner Not Karl um Hilfe
an, und dieser zog mit einem Heere über die Alpen. Dann belagerte er den
Desiderius in Pavia, nahm ihn gefangen und schickte ihn in ein Kloster. Nach-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Schulvisitation Karl Karl Karl Karls Karl Karl Karlmann Karlmann Karlmanns Karlmanns Hadrian Karl Karl
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sich von Schlesien bis zur Lüneburger Heide. Wir unterscheiden: 1) Schlesischer
Landrücken, 2) Fläming, 3) Lüneburger Heide.
c) Die Tief!andsnrul-e.
1. Zwischen den beiden Landrücken breitet sich eine siache Mulde aus, die
durch einzelne Höhenzüge mannigfache Abwechslung erhält. Im Süden der Tief-
landsmulde befindet sich der Sprecwald.
Die Spree hat hier sehr wenig Gefälle und teilt sich daher in zahllose
Arme. Bei hohem Wasserstande wird die ganze Niederung überschwemmt. Die
höher gelegenen Stellen sind durch Abzugsgräben in fruchtbares Wiesen- und
Gartenland verwandelt worden, die Sümpfe aber sind mit dichten Wäldern
Spreemald.
bestanden, in denen die Erle vorherrscht. Die vielen Flußarme und Gräben ver>
treten im Spreewalde die Stelle der Straßen. Alles, was anderswo zu Fuß,
zu Pferde oder zu Wagen abgemacht wird, verrichtet man hier in Kähnen. Im
Kahne fährt hier der Bauer aufs Feld, und im Kahne bringt er seine Ernte
nach Hause. Ein Kahn trägt die Kinder zur Schule, die Erwachsenen zur Kirche,
das Kind zur Taufe, die Leiche nach dem Friedhofe. Sind dagegen im Wintei
die vielen Gräben zugefroren, so schnallt sich jung und alt Schlittschuhe an. Die
Bewohner des Spreewaldes sind Nachkommen des einst so mächtigen Volksstammes
der Wenden. In einigen Kirchen wird noch heute wendisch gepredigt und in
den Schulen neben der deutschen Sprache auch die wendische gelehrt.
2. Nördlich von dem Spreewald erstreckt sich ein Höhenzug von dem
Unterlauf der Neiße bis zum Unterlauf der Havel. Die Landschaft an der seen
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I
4. Zunftwesen. Um sich gegenseitig Schutz und Hilfe zu leisten, traten
(namentlich im 13. Jahrhundert) die Handwerker zu besonderen „Innungen"
(d. h. Einigungen) oder Giüien (Zünften) zusammen. Die einzelnen Zünfte unter-
schieden sich äußerlich durch Fahnen, Abzeichen und besondere Bräuche. An der
Spitze einer jeden Zunft stand der Zunftmeister (Jnnungs-, Gilde- oder Altmeister).
Dieser genoß ein hohes Ansehen und hatte oft Sitz und Stimme im Rate. Die
Jnnungsgenossen hielten meist brüderlich zusammen. Sie wohnten gern in der-
selben Gasse, verkehrten in derselben Herberge, hatten gemeinschaftliche Feste, einen
gemeinschaftlichen Trinkbecher und eine gemeinschaftliche — Totenbahre. Auch
bildeten sie einen besonderen Teil des Bürgerheeres und kämpften aus den Stadt-
mauern gegen feindliche Überfälle unter Anführung ihrer Zunftmeister. Der
Innung gehörten Meister, Geselle und Lehrling an. Nach beendeter Lehrzeit
erhielt der Lehrling von der Innung den „Lehrbrief". Der Geselle konnte ohne
Einwilligung der Innung nicht Meister werden, auch war es einem fremden
Meister, bevor er Mitglied der Innung geworden war, nicht gestattet, sein Hand-
werk in der Stadt zu treibeu. Um das Handwerk vor Überfüllung zu schützen,
hatten die Zünfte festgesetzt, daß jeder Meister nur einen, ein junger Meister gar
keinen Lehrling halten durfte. Die Jnnungsmeister hatten anfangs sogar richter-
liches Recht über die Mitglieder. Später ging ihnen dieses Recht verloren, doch
hielten sie auch da noch streng auf Zucht und Ehre, und so kam es, daß der
Handwerkerstand in damaliger Zeit sehr geachtet war.
5. Handel und Berkehr. Wollte der Kaufmann Waren einkaufen, so begab
er sich (in der Regel zu Pferde und gut bewaffnet) nach Frankfurt, Cöln, Breslau
oder einem anderen Meßort. Wenn möglich, wurden die gekauften Waren in ein
Schiff verladen, das auch der Kaufherr bestieg. Aber die Fahrt war mit vielen
Hindernissen verknüpft. Wenn das Schiff irgendwo das Ufer berührte, so verfiel
die ganze Ladung dem Besitzer des Uferlandes. War der Fluß durch ein Seil
gesperrt — wozu manche Städte und Ritter das Recht sich aneigneten — so
mußte ein Zoll gezahlt werden. In bestimmten Stapelorten mußten alle Waren
ausgeladen und auf dem Markte 2—3 Tage lang zum Verkaufe ausgestellt werden.
Nur was nicht verkauft war, durfte weitergeführt werden. War zur Weiterreise
ein Frachtwagen nötig, so mußte dieser hier in der Stadt geinietet werden. Er
wurde nach Bedarf mit 8—10 Pferden bespannt.
Die Straße war, damit der Zoll nicht umgangen werden konnte, genau vorgeschrieben.
Wer bei sandigen oder sumpfigen Stellen zur Seite fuhr oder einen Richtweg einschlug,
hatte hohe Strafe zu zahlen. Warf der Wagen um oder berührte die Achse den Boden,
so gehörte die abgefallene Ware oder wohl gar der Wagen nebst Ladung dem Herrn des
Grund und Bodens, auf dem das Unglück geschehen war. Führte der Weg über eine
Brücke, so mußte ein Brückengeld gezahlt werden.
Wo Räuber und Wegelagerer den Weg unsicher machten, da mußte sich der
Kaufherr von dem Herrn des Landes das Geleit kaufen, wofür ihn dieser unge-
fährdet durch sein Gebiet führen ließ. Erst nach wochenlauger, mühseliger Fahrt
kam der Kaufherr — nicht selten nur mit einem Bruchteile der gekauften Waren
— in der Heimat an.
6. Die Hansa. Zur Zeit des Faustrechts lauerten die Raubritter nicht
wlten den vorüberziehenden Kaufleuten an der Heerstraße auf oder plünderten ihre
Lchiffe, die den Rhein und die Elbe befuhren. Auch machten Seeräuber die
Schiffahrt auf der Nord- und Ostsee unsicher. Da vereinigten sich Lübeck und
Hamburg (1241) und beschlossen, sich gegen diese Räuber zu schützen. Sie schufen
Kahnmeyer u. Schulze, Realienbuch A. (I. Geschichte.) 4
li
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