1. Roms goldenes Zeitalter in Kunst und Wissenschaft. 99
Die immer mehr zunehmende Verderbtheit der Sitten forderte die Dichter der späteren Zeit zur Satire heraus, in welcher sie durch bittern Hohn und Spott die Laster und Gebrechen einzelner Personen und der ganzen gesunkenen Menschheit geißelten. So that u. A. Juvenalis, der in gerechtem Unwillen über die Schändlichkeit und Verworfenheit der damaligen Welt sagt: „Es
ist schwer, keine Satire zu schreiben."
Auch in der Grammatik, Rhetorik (Kunst des Vortrags), Philosophie, Astronomie und Mathematik waren die Griechen die Lehrer der Römer. Gelehrte Griechen ließen sich in Menge in Rom nieder und gründeten Lehranstalten, worin sie in allen Zweigen des Wissens Unterricht ertheilten. In keinem Manne waren die Strahlen römisch-griechischer Bildung so sehr zu einem Ganzen vereinigt als in Cicero. Er war Staatsmann, Rechtsgelehrter, Philosoph und Dichter; einen unvergänglichen Ruhm aber hat er sich als Redner erworben. Seine edle Sprache, sein kunstreicher Styl, sein glänzender Vortrag, sein treffender Witz fesselten und bezauberten die Menge; durch seilte gewandte und ergreifende Darstellung wußte er Furcht, Haß und Mitleid zu erregen und die Zuhörer in jede ihm zusagende Stimmung zu versetzen. Aus seinem schönen Landsitze Tn sc ul um, der mit Kunstwerken und Büchersammlungen reich versehen war, sammelt er gern seine Freunde um sich und erging sich mit ihnen in belehrenden und witzigen Gesprächen.
Unter den Gelehrten der Kaiserzett glänzen besonders die Namen eines Seneca, eines Plinius des Aeltern und Plinius des Jüngern. Der auch als Tragödieudichter bekannte Philosoph Seneca war ein Mann von großer Begabung, scharfem Verstand und lebhafter Phantasie. Er erkannte die Entartung seiner Zeit und suchte ihr in seinen Schriften entgegen zu wirken. Als Erzieher des Kaisers Nero war er bestrebt, den wilden und grausamen Sinn seines Zöglings zu mildern; doch seine Bemühungen waren vergebens, ja er mußte sie zuletzt mit dem Tode büßen. Die Christen verehrten in Seneca den weisesten und tugendhaftesten Heiden und schöpften aus seinen Schriften Erbauung und Belehrung. Plinius der Aeltere trug mit unermüdlichem Fleiße Alles zusammen, was das Alterthum über die Natur im Allgemeinen wie in ihren einzelnen Theilen und Erscheinungen erforscht und ausgezeichnet hatte. Er fand beim Ausbruche des Vesuo (im Jahre 79) seinen Tod. Sein Neffe Plinius der Jüngere war ein edler, mit allen Gütern des Lebens und der Bildung reichlich ausgestatteter Mann, der sich von der herrschenden Sittenverderlniß fern hielt und seine einflußreiche Stellung benutzte, um nach Kräften Böses zu verhüten und Gutes zu bewirken. Von seiner Beredsamkeit gibt eine noch erhaltene Lobrede (Panegyricus) auf den Kaiser Trajan Zeugniß.
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4. Die Nachfolger des Augustus. 109
Leibgarde (der Prätorianer) verschworen sich gegen ihn und stießen ihn im Gange des Theaters nieder.
In Augustus' viertem Nachfolger Nero erhielt Rom einen Tyrannen, der ärger wüthete, als es Tiberius nnb Caligula gethan. Selbst seine Mutter Agrippina, seine edle Gemahlin Octavia, seine Erzieher Bnrrus und Seneca fielen seinem Argwohn zum Opfer. Rücksichtslos gab er sich allen Lüsten und Ausschweifungen hin. Oeffeutliche Schauspiele und Umzüge, an denen er selbst als Sänger und Zitherspieler Theil nahm, üppige Schmausereien und Gelage, Volksbelustigungen verbunden mit Gastmählern in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt und sinnlose Verschwendungen aller Art verzehrten die Einkünfte des Staates und führten die härtesten Erpressungen herbei. Eine entsetzliche Fen ersbruust, 64 welche den größten Theil Roms mit den ehrwürdigsten Tempeln und Heiligthümern der Vorzeit in Asche legte, wurde dem Kaiser zugeschrieben. Um den Volkshaß von sich abzuwenden, schob er die Schuld der Brandstiftung auf die Christen, gegen die sich nun eine blutige Verfolgung erhob. Die Entrüstung über die Frevelthaten des Tyrannen bewog zuletzt die Legionen in Gallien und Spanien zur Empörung, und da auch der Seuat auf ihre Seite trat, ließ sich Nero von einem Freigelassenen mit einem Dolche durchbohren. Endlich bestieg ein würdiger Kaiser deu Thron: es war Vespasianus. Er war eine einfache, kräftige Soldatennatur mit klarem,praktischem Verstände und hielt sich fern von all den Thorheiten und Lastern, deren sich die vorhergehenden Herrscher schuldig gemacht.
Er stellte die Kriegszucht bei dem verwilderten Heere wieder her, ordnete die Finanzen, legte neue Heerstraßen an, verbesserte die Wasserleitungen in der Hauptstadt, sorgte für gute und schnelle Rechtspflege und verschaffte dem Senate neues Ansehn. Unter Vespasian wurde ein Aufstand der an den Mündungen des Rheins wohnenden Bataver unterdrückt und die gänzliche Unterwerfung Britanniens, mit dessen Eroberung schon früher begonnen worden, angebahnt. Die wichtigste Begebenheit während seiner Regierung aber war die Zerstörung Jerusalems. Diejnd en vermochten sich nur schwer in die Römerherrschaft zu finden, und die Reibereien zwischen den Häuptern des Volkes und den römischen Landpflegern hörten selten auf. Als auch noch der Druck ungerechter Statthalter hinzukam, da brach die Unzufriedenheit in offenem Aufruhr aus. Der syrische Statthalter Cestius Gallus, der die Empörung zu unter- ' drücken versuchte, wurde unter den Mauern Jerusalems zurück-geschlagen. (Sine allgemeine Begeisterung erfüllte die Herzen, und allenthalben rüstete man sich zum Kampfe für die Freiheit. Da erhielt Vespasiau den Oberbefehl gegen die Empörer, und eine Stadt nach der andern fiel in seine Hände. Schon traf er Anstalten, Jerusalem selbst zu belagern, als er nach Rom gerufen wurde, um den Kaiserthron zu besteigen. Er übertrug die Been-
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Extrahierte Personennamen: Augustus Tiberius Agrippina Gallus
4. Die Nachfolger des Augustus. 111
größerer Thätigkeit. Die Ueberzahl an junger Mannschaft, für welche Deutschland zu klein wurde, und das Bewußtsein ihrer überlegenen Kraft veranlaßte die an der Donaugrenze wohnenden Völkerschaften zu Angriffen auf die römischen Provinzen. Unter Führung der Markomannen orangen sie über die Donau vor, überzogen alles [i66—: Land bis in die Gegend von Aquileja mit Raub und Verwüftuug und führten die Bewohner zu Hunderttausenden in die Gefangenschaft. Mehrmals zurückgeschlagen, begannen sie den Krieg immer wieder von Neuem, und Marc Anrel mußte sogar seine Kleinodien und Kunstschätze veräußern, um die gelichteten Reihen der Legionen zu ergänzen. Noch war die Ruhe nicht wieder hergestellt, als der Kaiser zu Vindobona (Wien) aus dem Leben schied. Sein Sohn Commodus, begierig nach den Lüsten und Reizen der Hauptstadt, beendigte den lästigen Krieg durch schnelle Friedensschlüsse.
Seit dem Tode Marc Anrel's eilte das Römerreich unaufhaltsam seinem Untergange entgegen. Durch Abfall und Treulosigkeit wurden die Herrscher auf den Thron gehoben, durch Abfall und Treulosigkeit von demselben herunter und ins Grab gestürzt. Von 36 Kaisern, welche in der Zeit von 180—300, also in 120 Jahren regierten, wurden 27 ermordet, 3 sielen im Kriege und nur 6 starben eines natürlichen Todes. Anfänglich war es nur die kaiserliche Leibgarde, die Prätorianer, welche ihre Günstlinge auf den Thron holx Später stellten auch die Legionen in den Provinzen ihre Kaiser auf, die sich dann gegenseitig bekämpften, bis die Herrschaft dem Stärksten oder Glücklichsten zufiel, der sie im günstigsten Falle doch nur auf wenige Jahre zu behaupten vermochte.
Während Rom entnervte, erstarkte das Germanenthum und erschütterte das Weltreich durch immer häufiger werdende, immer nachhaltigere Angriffe. Die Franken durchzogen raubend und verheerend das gallische Land, überstiegen die Pyrenäen und wagten sich sogar auf Schiffen nach dem nördlichen Afrika. Die Alamannen drangen tu Helvetieu und Norditalien ein und trugen den Schrecken ihrer Waffen in die reichen Fluren am Po. Die Gothen unternahmen kühne Raubfahrten nach den Küstenländern des schwarzen Meeres, überfielen die Landschaften Kleinasiens und schleppten aus den reichen Städten Beute und Gefangene fort; sie fuhren in den Piräus ein, durchzogen Griechenland und ließen den prachtvollen, säulengeschmückten Tempel der Artemis zu Ephesus in flammen aufgehen. Wohl blieben die Römer fast immer siegreich; aber die Wiederholung solcher Einfälle konnten sie trotzdem nicht verhindern, und auch eine Befestigungslinie, aus Mauern, Gräben und Thürmen bestehend, die sich von Regensburg nach dem ^aunns zog, vermochte den deutscheu Einfällen keinen dauernden Widerstand zu leisten.
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Extrahierte Personennamen: Augustus Marc_Anrel Marc_Anrel's
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Donau Wien Rom Afrika Norditalien Kleinasiens Griechenland Ephesus
150 Ii. Die Karolinger im Frankenreiche.
herrschen. Aber schon nach drei Jahren starb der Letztere, und
nun verewigte Karl die Herrschaft des gesammten Frankenreiches tn„ feiner starken Hand. Er war ein Mann von hoher Gestalt kräftigem Körperbau, mit freier Stirn und feurigen Auaeu. Begabt mit großer leiblicher und geistiger Kraft, mit rastloser Thätia-keü, tiefer Einsicht und festem Willen, war er vor Allem berufen dem Abendlande Gesetze zu geben, es aber auch aus eine höhere Stufe der Bildung und Wohlfahrt zu erheben.
Unter den vielen Kriegen, die Karl während feiner 46jahriaen , ^.cntug zu führen hatte, war der mit den Sachsen der lana-772wtmglte und blutigste. Im Jahre 772 unternahm er feinen ersten Aug gegen die stets unruhigen Nachbarn. Bei Worms fetzten die Franken über den Rhein und zogen dann nordwärts nach jenen an Sumpfen und Wäldern reichen Gegenden, wo einst Varns seinen Untergang gefunden. Sie erstürmten die Er es bürg (an der Diemel, einem linken Zufluß der Weser) und zerstörten das in der Nahe befindliche alte Heiligthum des Volkes, die Jrmiuful. -;te Sachsen beugten sich der Uebermacht, schwuren Karl Treue und versprachen, die christlichen Missionare an ihrem Bekehrungswerke nicht zu hindern. Karl ließ Besatzungen in dem eroberten Lande zurück und zog zu neuen Kämpfen nach Italien.
Karl man ns Wittwe Gerberga war zu den Langobarden
geflohen und hatte deren König Desiderius bewogen, die Ansprüche .ihrer Sohne ans den fränkischen Thron zu unterstützen. Da über-774 stieg Karl mit einem Heere den Mont Cenis, schlug die Lougo-barden imd belagerte ihre feste Hauptstadt Pavia. Dann begabter sich zur Feier des Osterfestes nach Rom, wo ihm Papst Hadrian I. eme glänzende Aufnahme bereitete, die Karl durch Bestätigung der Pipmfchen Schenkung vergalt. Bald darauf mußte sich Pavia, erschöpft tmrch Hunger und Krankheiten, dem Belageruugsheer ergeben. Desiderius wurde gefangen genommen, und Karl ließ sich die lombardische Krone auffetzen. Kaum aber hatte er den Rücken gewandt, als sich auch die Großen des Landes gegen die neue Herrschaft empörten. Doch mit wunderbarer Schnelligkeit eilte Karl herbei, unterdrückte den Aufstand und vereinigte nun Norditalien vollständig mit dem Frankenreiche.
Unterdessen hatten auch die Sachsen neuen Muth geschöpft. Sie erhoben sich unter ihrem kühnen und streitbaren Herzog Wittu-kind, gewannen die Eresburg zurück, verjagten die fränkischen Besatzungen und trugen Brand und Verwüstung Über die Grenzen. Da erschien Karl, eroberte die Siegburg am Zusammenfluß der Ruhr und Lenne, nahm die Eresburg wieder ein und drang über die Weser bis an die Oker vor. Als er aber wieder gegen die Longobarden ziehen mußte, erneuerten die Sachsen ihr altes Spiel, belagerten und ^eroberten die Burgen und vertrieben die Besatzungen. Von Neuem führte Karl feine Heerhaufen nach der Weser, und so
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl_Treue Karl Karl_ließ Karl Karl_man_ns Wittwe_Gerberga Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
200
Vi. Das deutsche Reich zu Ende des Mittelalters.
glaubten des Ordens letzte Stunde gekommen. Doch noch einmal rettete ihn Heinrich von Plauen durch tapfere Vertheidiauua der Marrenburg und durch ein kräftiges Regiment vom Untergänge. Aber seine Kraft war gebrochen, die innern Verhältnisse unmer zerrütteter und fünfzig Jahre später mußten die 1456j Rüter tm Frieden zu Thorn Westpreußen an Polen abtreten und für Ostpreußen, das ihnen verblieb, die polnische Oberho he rt anerkennen.
Hochmeister Albrecht von Hohenzollern trat zur Reformation )oste den Orden auf und verwandelte Preußen in ein welt-1d25] lrches Herzogthum.
Vi. Das deutsche Reich }u Ende -es Mittelalters.
1. Rudolf von Habsburg.
Das Haus Hohenstaufen hatte dem deutscheu Reiche tüchtige Herrscher gegeben. Aber während diese in Italien kämpften, blieben dre pursten sich selbst überlassen und suchten sich in ihren Landen so viel als möglich unabhängig zu machen. Dadurch sank das karserüche Ansehn so sehr, daß nach dem Tode Wilhelms von lo’-e 10??^ Rutscher Fürst besonders lüstern war, die Krone izob—ö\ zu tragen. So trat ein Interregnum (Zwischenreich) em, und 17 Jahre lang war das Reich ohne Oberhaupt; denn die beiden fremden Fürsten Richard von Cornwallis (England) und Alfons der Weise von Castilien, au die man die Krone vergab, kamen wenig oder garnicht nach Deutschland. Alle Bande der Zucht und Ordnung lösten sich in dieser „kaiserlosen schrecklichen Zeit . Fürsten und Herren handelten ganz nach eigenem Gutdünken, unaufhörliche Fehden beunruhigten das Land; die Ritter sperrten mit ihren Burgen die Straßen, drückten Handel und Wandel durch schwere Zölle und überfielen und beraubten die vorüberziehenden Kaufleute; Kunst und Gewerbe lagen darnieder, kaum durfte der wohlhabende Bürger sich ruhig seines Besitzes freuen: kein andres Recht galt mehr als das Fanstrecht.
Solche Zustände ließen das deutsche Volk lebhaft wünschen, end-einen kräftigen Herrscher an der Spitze zu sehen, und auch dre Fürsten konnten jich nicht verhehlen, daß ein solcher dem Reiche noth that. Da sie aber ihre gewonnene Selbständigkeit nicht gern aufgeben mochten, so wählten sie nicht den mächtigen Ottokar von li 73—1291] Böhmen, sondern den Grafen Rudolf von Habsburg, den Sprößling eines in Schwaben und im Elsaß reich begüterten Geschlechts. Man hätte keine bessere Wahl treffen können. Rudolf stand wegen seiner Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeitsliebe und
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Plauen Heinrich Albrecht_von_Hohenzollern Albrecht Rudolf_von_Habsburg Rudolf Wilhelms Wilhelms Rutscher_Fürst Richard_von_Cornwallis Alfons Ottokar Ottokar Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Marrenburg Thorn Italien England Deutschland Schwaben
2. Dcr Krieg in Böhmen, in bcr Pfalz und in Niedersachsen. 265
Stirn, kleine stechende Augen und kurzes, dunkles Haar. Stets umgab ihn tiefes Schweigen; er selbst sprach sehr wenig, aber dann mit einer Bestimmtheit, die alle Gegenrede abschnitt. Von seinen Untergebenen verlangte er unbedingten Gehorsam; bei dem geringsten Vergehen gegen seine Befehle konnte man ihn kurz entscheiden hören: „Laßr die Bestie hängen!" Dafür vergönnte er aber auch seinen Soldaten ein lustiges Leben, sah ihnen bei allen Ausschweifungen durch die Finger, belohnte fürstlich und ließ den gemeinsten Krieger zu den höchsten Stellen aufrücken, sobald er sich auszeichnete.
Tilly stand mit seinem Heere an der Weser, während Wallenstein an der Elbbrücke bei Dessau Stellung nahm. Hier griff ihn Mansfeld an, erlitt aber eine vollständige Niederlage. Von Wallenstein verfolgt, wandte sich der geschlagene Feldherr nach Ungarn, um sich mrt Bethlen Gabor zu vereinigen.
Da indeß der Letztere mit dem Kaiser Frieden schloß, suchte Maus-feld über Venedig nach England zu entkommen. Unterwegs befiel ihn in einem Dorfe unweit Serajewo in Bosnien ein hitziges Fieber, und iu voller Waffenrüstung und auf zwei Adjutanten gestützt, erwartete er aufrecht stehend den Tod. Kurz vorher war auch Christian von Braunschweig den Folgen seines wüsten Kriegslebens in einem Alter von 27 Jahren erlegen.
Art der Weser hatte der Krieg anfangs nur geringen Fori-gang genommen. Endlich kam es nach mancherlei kleineren Gefechten bei Lutter am Barenberge zur Entscheidung, und Tilly er- [1626 rang über das niedersächsisch-dänische Heer einen vollständigen Sieg. König Christian Iv. mußte nach Dänemark entweichen, rüstete indeß von Neuem und stand bald wieder mit einem Heere an der Elbe. Da eilte Wal len st ein aus Schlesien herbei, trieb den Gegner zurück und durchzog verheerend Holstein, Schleswig und Jütland. Dann eroberte er Mecklenburg und bewog deit Kaiser, die Herzöge förmlich zu entsetzen und ihn selbst mit ihrem ^ande zu belehnen. Der ehrgeizige Feldherr hegte keinen geringeren Plan, als eine Seemacht im Norden zu gründen. Dazu erschien ihm der Besitz Stralsunds von besonderer Wichtigkeit. Aber trotz seiner prahlerischen Aeußerung, die Stadt nehmen zu wollen, und wenn sie mit Ketten art den Himmel gebunden wäre, vermochte er boch der mnthvollen Vertheidigung der Bürger gegenüber nichts auszurichten. Zugleich machten England, Frankreich und Schweden Miene, für den König von Dänemark Partei zu ergreifen. Dies bewog Wallenstein, mit Christian den Frieden zu Lübeck zu schließen, der dem Kaiser völlig freie Hand in Nord-dentschland ließ.
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Extrahierte Personennamen: Tilly Gabor Christian_von_Braunschweig Tilly Christian_Iv Dänemark Christian
Extrahierte Ortsnamen: Niedersachsen Dessau Mansfeld Ungarn England Bosnien Dänemark Holstein Schleswig England Frankreich Schweden Nord-dentschland
270 Iii. Der dreißigjährige Krieg.
auf, in dessen Nähe Tilly Stellung genommen hatte. Bei dem ?i 1 Dorfe Brcitenfeld kam es zur Schlacht. Während die Sachsen 1631 J schon beim ersten Ansturme die Flucht ergriffen, hielten die Schweden wacker Stand und errangen zuletzt durch ihre Tapferkeit und das Feldherrntalent ihres Königs einen vollständigen Sieg. Mehrmals verwundet, entging Tilly nur mit genauer Noth der Gefangenschaft. Zu Halb er stadt sammelte der geschlagene Feldherr die Trümmer seines Heeres, zog Verstärkungen aus Westfalen an sich und ging nach Süddeutschland zurück, um Baiern zu vertheidigen.
Während die Sachsen in Böhmen einrückten, zog Gustav Adolf über Erfurt und durch den Thüringer Wald nach Franken und von da den Main abwärts nach dem Rheine. Aller Orten jubelten ihm die Protestanten zu und begrüßten in dem Heldenkönige ihren Erretter von schwerem Glaubensdrucke; auch die Fürsten traten nun offen an seine Seite. Die eroberten Städte und Bisthümer mußten ihm huldigen; in Würz bürg errichtete er eine schwedischelandesregierung. Im folgenden Frühjahre setzte er seinen Zug nach dem Süden fort, und Anfang i632april stand er an den Thoren Baierns, am Lech. Tilly hatte am jenseitigen Ufer (bei Rain, nördlich von Angsburg) eine feste Stellung eingenommen. Aber im Angesichte des Feindes und unter dem heftigsten Geschützfeuer bewerkstelligte Gustav Adolf den Uebergaug über den Flu§ und nöthigte die Gegner zum Abzüge. Baiern stand dem Sieger offen, und Mitte Mai hielt dieser seinen Einzug in München. Manche aus der Umgebung des Königs riethen diesem, Magdeburgs Schicksal an der Hauptstadt des größten Widersachers der evangelischen Lehre zu rächen. Doch Gustav Adolf verschmähte es und begnügte sich mit der Zahlung einer bedeutenden (Kontribution.
Tilly hatte sich schwerverwundet nach Ingolstadt begeben, wo er 15 Tage später starb. Er war eine kleine, unscheinbare Gestalt und hatte eine häßliche, fast abschreckende Gesichtsbildung. In der Regel trug er einen hoch aufgestutzten Hut mit einer rothen Feder, die ihm über den Rücken herabhing. Gegen seine Umgebung war er kalt und verschlossen, gegen die Soldaten streng, aber gerecht. Das Elend, das er über viele Gegenden brachte, rührte ihn wenig; aber nie übte er Grausamkeit und Härte aus Uebermuth; Zweckmäßigkeit war die einzige Richtschnur seines Handelns. Uneigennützig verschmähte er es , sich mit Geld und Gütern zu bereichern oder Titel und Würden anzunehmen. Der römischen Kirche war er eifrig ergeben, und seinem Kurfürsten ist er bis an sein Ende ein treuer Diener geblieben.
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Extrahierte Personennamen: Tilly Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly
226 I. Die Entdeckungen.
Eifersüchtig auf die Erfolge und das selbstänbige Auftreten Cortez', der seine Berichte birekt nach Spanien sanbte, schickte Velasqnez ein Geschwaber von 18 Schiffen ab, um dem Helben die Früchte des Unternehmens zu entreißen. Sofort brach Cortez mit einem Theile seiner Mannschaft nach der Küste auf, nahm den Befehlshaber nach kurzem Kampfe gefangen und brachte dann dessen Truppen durch Geschenke und Versprechungen auf seine Seite. Währenb seiner Abwesenheit von der Hauptftabt hatten die bort zurückgebliebenen Spanier auf das unbestimmte Gerücht hin, daß eine Verschwörung wiber sie im Werke sei, die vornehmsten Mexi-eaner bei Gelegenheit eines religiösen Festes im Tempel ihres Gottes überfallen und niebergeme'tzelt. Diese Blutthat weckte -in den Gemüthern des Volkes alle Geister des Zornes und der Rache. Kaum war Cortez mit seinem auf 1200 Mann 'angewachsenen Heere wieber in das Schloß eingezogen, als zahlreiche Hansen gegen bas-selbe anrückten. Selbst die furchtbaren Wirkungen des Geschützfeuers vermochten der Wuth und der Kampfeslust der Azteken keinen Einhalt zu thun. Montezuma, der die rachebürstenbe Menge zu beruhigen versuchte, wurde mit Wurfgeschossen überschüttet und starb in Folge der erhaltenen Wunden. Tage lang raste der Kampf, immer bedenklicher wurde die Lage der Europäer, und Cortez mußte sich endlich zum Rückzüge entschließen, der nur unter den größten Opfern bewerkstelligt werden konnte.
Dennoch gab der kühne Mann die Eroberung des Aztekenreiches keinen Augenblick auf. Nachdem er sich mit den Seinen in dem befreundeten Tlascala von den ausgestandenen Strapazen erholt, brach er von Neuem gegen Mexico auf, wo mittlerweile Montezuma's Neffe, der junge und tapfere Gualeuiozin, auf den Thron erhoben worben war. In einer Reihe von Gefechten, lieber-fällen und Stürmen würden die an den Ufern des Sees gelegenen Ortschaften zur Unterwerfung gebracht und dann die Belagerung der Hauptftabt von der Laub- und Seeseite zugleich in Angriff genommen. Drei Monate lang wurde von bciben Seiten mit der größten Erbitterung gekämpft. Erst als Hunger nnb Pest dem Schwerte der Belagerer zu Hülfe kamen, vermochten diese die i52istabt einzunehmen. Guatemoziu gerieth in Gefangenschaft und würde später, als er sich einer Verschwörung verbächtig machte, hingerichtet.
Als Statthalter des neugewonnenen Landes, das den Namen Neu-Spauien erhielt, war nun Cortez eifrig bemüht, die Wnn-ben, die der entsetzliche Krieg geschlagen, so viel als möglich zu heilen und die reichen Hilfsquellen, die der Boben barg, für das Mntterlanb nutzbar zu machen. Er traf Anstalten zum Wieber-aitfbau der größtenteils zerstörten Hauptftabt, grünbete Nieber-laffnngen, legte Bergwerke an und sorgte für Befestigung der spanischen Herrschaft und für Verbreitung des Christenthums.
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3. Erhebung Preußens zum Königreich. 289
sich nur zu leicht vou Schmeichlern und Günstlingen bestimmen. Anfänglich besaß sein ehemaliger Erzieher, der strenge aber rechtschaffene Eberhard von Dankelmann, sein ganzes Vertrauen. Aber die zahlreichen Feinde befselben bewirkten seinen Sturz, -nnb Nun würde ein pfälzischer Ebelmann, Kolbe von Wartenb erg, unumschränkter Minister. Dieser, ein schlauer und gewandter Höfling, verstaub es, der Eitelkeit des Kurfürsten zu schmeicheln nnb die Schwäche befselben zu seinem Vortheil zu benutzen, und so behauptete er sich trotz seiner offenbaren Nichtswürdigkeiten Jahre lang in seinem hohen Amte und in der Gunst seines Herrn.
Von vornherein war das Streben Friebrichs Iii. auf Erlangung der Königskrone gerichtet. Mancherlei Beweggrünbe bestimmten ihn beizn. Er besaß ein Land von 2000 Quadratmeilen und ein Heer, das bcm manches europäischen Königs nicht u eich staub, und boch mußte er sehen, wie z. B. die Gesandten der Republik Venebig den Vorrang vor den seinigen erhielten, und wie er selbst bei Begegnungen mit auswärtigen Herrschern um seines geringeren Ranges willen zurückgesetzt würde. Dies waren Umstände, die zu einer Zeit, in der man auf äußere Ehre so viel gab, und bei einem Fürsten von Friebrichs Charakter und Neigungen schwer ins Gewicht fielen. Dazu kam, daß eben bamals auch Wilhelm Iii. von Oranien nnb Kurfürst August der Starke vou Sachsen zur königlichen Würbe gelangten, jener in Eng lanb, dieser in Polen. Aber nicht nur eitle Ehrbegierbe, nicht blos Sucht nach Glanz war es, was Friedrichs Verlangen nach der Königskrone rege machte. Erfühlte, welche Stellung ihm unter den Herrschern Europa's gebühre, er ahnte die große Zukunft seines Hauses und wollte an seinem Theile ebenfalls bazn beitragen.
Zur Verwirklichung seines Wunsches glaubte Friedrich der Zustimmung des Kaisers nicht entbehren zu können.' Zwar wollte er nicht Brandenburg zum Königreich erheben, sonbern Preußen, dessen souveräner Fürst er war. Immerhin aber mußte ihm die Einwilligung des Kaisers, als des Oberhauptes des Reiches und des angesehensten Herrschers der Christenheit dringend wünschens-werth sein. Lange wollte man am Wiener Hofe von Friedrichs Erhebung nichts wissen; man fürchtete, die Könige von Preußen würden dem Kaiserhause nicht so ergeben sein, als es die Kurfürsten von Brandenburg gewesen. Endlich am 16. November 1700 unterzeichnete Leopold den Vertrag, in welchem er gegen Stellung von 10000 Mann brandenbnrgischer Hilfstruppen für den bevorstehenden spanischen Erbfolgekrieg Friedrich als König anzuerkennen versprach.
__ Kaum war die Einwilligung des Kaisers in Berlin eingetroffen, als Friedrich in Begleitung seiner Gemahlin, der geistreichen, seingebildeten Sophie Charlotte, des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und eines zahlreichen Gefolges die Reise nach Königsberg
Schmelzer, Leitfaden. i u
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Extrahierte Personennamen: Eberhard_von_Dankelmann Kolbe_von_Wartenb Friebrichs Wilhelm August Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrichs Leopold Leopold Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Sophie_Charlotte Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Königsberg
Schmelzer
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Polen Friedrichs Brandenburg Berlin
260 Iii. Der dreißigjährige Krieg.
Herzensgüte, der sich den Protestanten so geneigt zeigte, daß diese der Hoffnung lebten, er würde ganz zu ihnen übertreten. Während sich das Reich unter seiner Regierung der Ruhe erfreute, wareu Frankreich und die Niederlande der'schauplatz heftiger Kämpfe. In Frankreich wütheten die blutigen Hugenottenkriege, welche die gänzliche Ausrottung der refvrmirten Lehre bezweckten. Allein i572tit der Bartholomäusnacht (24. August 1572) wurden auf Befehl König Karls Ix. viele Tausend Bekenner des Evangeliums, unter ihnen der tapfere Admiral Coligny, zu Paris überfallen und ermordet. — In den Niederlanden wollte Philipp Ii. den Protestantismus unterdrücken und zugleich Adel und Städte ihrer Freiheiten berauben. Das Volk gerieth in Bewegung, und an vielen Orten kam es zu stürmischen Austritten. Da schickte Philipp den Herzog Alba mit einem Heere ins Land, und nun wurden alle Verdächtigen mit unerhörter Grausamkeit verfolgt. Der neue Statthalter setzte einen förmlichen „Blutrath" ein, der mehr als 18000 Niederländer, darunter die Grafen Egmout und Horn, dem Schaffot oder dem Scheiterhaufen überlieferte. Die Folge davon war, daß in den nördlichen Provinzen unter der Leitung des Prinzen Wilhelm von Oranien ein Aufstand ausbrach, den die Spanier trotz aller Anstrengungen nicht zu dämpfen vermochten. Sieben Jahre später sagten sich die sieben nördlichen Provinzen von Spanien los und erklärten sich unter dem Namen „Vereinigte Niederlande" („Generalstaaten") für un-i579abhängig. Als erster Statthalter wurde Wilhelm von Oranien gewählt.
1576—1612] Unter dem unfähigen Rudolf Ii., dem Sohne und
Nachfolger Maximilians, nahm die Spannung zwischen den beiden großen Religionsparteien wieder zu, und eine suchte der andern möglichst viel Abbruch zu thun. Aber während es der innere Hader bei den Protestanten zu keinem einmüthigen Handeln kommen ließ, entwickelten die katholischen Fürsten unter dem Einfluß der Jesuiten eine desto größere Rührigkeit. Sie begannen damit, die evangelische Lehre in ihren Ländern gewaltsam zu unterdrücken und suchten auch anderwärts die Ausbreitung derselben zu verhindern. Erzbischof Gebhard von Köln trat zum Calvinismus über und wollte die Reformation in seinem Bisthnme einführen; er wurde aus Grund des geistlichen Vorbehalts (vom Augsburger Religionsfrieden) abgesetzt und vertrieben. In Donauwörth waren einige Katholiken bei einer Prozession mißhandelt worden. Die Stadt wurde in die Acht erklärt, ihrer Reichsfreiheit beraubt und das Lutherthum daselbst ausgerottet. Diese und ähnliche Vorgänge machten die Besorgniß der Protestanten rege. Auf Betreiben des Kurfürsten Friedrich Iv. von der Pfalz schlossen darum eine Anzahl evangelischer Fürsten und Städte die Union, zur gemein-i608samen Vertheidigung gegen fernere Uebergriffe der Katholiken.
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Extrahierte Personennamen: August Karls Philipp_Ii Philipp Philipp Philipp Wilhelm Wilhelm Rudolf_Ii Rudolf Maximilians Gebhard_von_Köln Friedrich_Iv Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Niederlande Frankreich Karls Paris Spanien Maximilians Donauwörth