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abwichen, doch auch sonst „zur gutachtlichen Äußerung" bei der Vorberatung allgemeiner, wichtiger Gesetze. Die Mitgliederzahl sollte 12 betragen, sechs von der Ritterschaft, vier von den Städten, zwei von den Landgemeinden. Dem Liberalismus genügte dieses Zugeständnis nicht, zumal der König aus seinen absolutistischen Ansichten kein Hehl machte. Die romantischen Neigungen Friedrich Wilhelms Iv., des „Romantikers auf dem Thron", ermunterten den Ultramontanismus zu neuem, kräftigem Vorgehen. Der König erwies sich in der Frage der Mischehen gefügig' auch errichtete er eine katholische Abteilung im Kultusministerium1). Im September 1842 wurde der Grundstein zum Weiterbau des Kölner Domes vom Könige in glänzender Festversammlung gelegt. Zwei Jahre darauf veranstaltete der Katholicismus großartige Pilgerzüge nach Trier, wo der angebliche Rock Christi ausgestellt wurde; dagegen protestierten ein paar katholische Geistliche: die Frucht ihrer Protestation war die Bildung deutschkatholischer Gemeinden, die jedoch keine tiefgehende Bedeutung gewonnen haben, so wenig wie die freien Gemeinden der „Lichtfreunde" innerhalb der evangelischen Kirche. Mit ausdrücklicher Berufung auf die früher von Friedrich Wilhelm Iii. gegebenen Versprechungen, verordnete der König (Februar 1847), daß bei Einführung neuer oder bei Erhöhung bestehender Steuern und bei Aufnahme neuer Anleihen der „vereinigte Landtag" 2) zusammentreten sollte; die Berufung desselben blieb auch jetzt in dem Belieben des Königs. In Steuersachen sollte der Landtag beschließen, in Sachen der Gesetzgebung nur beraten. Auch sollte in Zukunft der 1842 ins Leben gerufene ständische Ausschuß 3) periodisch, mindestens alle vier Jahre, zusammentreten; ihm und dem vereinigten Landtage wurde jetzt auch das Petitionsrecht über „innere, nicht bloß provinzielle Angelegenheiten" zugestanden. In zwei Kurien, eine Herren- und eine Ständekurie, zerfiel dieser vereinigte Landtag. Den ersten vereinigten Landtag berief Friedrich Wilhelm Iv. auf den 17. April 1847: doch verweigerte ihm derselbe die geforderte Anleihe zum Bau einer Eisenbahn, um den König zur vollen Erfüllung der 1815 von feinem Vater gegebenen Verheißungen zu drängen. Erst die Revolution von 1848 erzwang dann zum großen Schaden des preußischen Königtums die letzten Forderungen. —
!) Vgl. Sz. 412. — 2) Vgl. Sz. 421 e. — 3) Vgl. Sz. 421 f.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms_Iv. Friedrich Wilhelms_Iv. Christi Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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Hälfte des 17. Jahrhunderts die Teilnahme an den Reichstagen erstrebten, ohne dieselbe zu erlangen, ist schon zur Erwähnung gekommen. Pufeudors urteilt, daß ihnen an der Reichsstandschaft nicht so viel gelegen sei, offenbar um den Leistungen für das Reich sich leichter entziehen zu können. In Sachen der Reichsanschläge haben sie stets eine bevorzugte Stellung eingenommen; zu freiwilligen Leistungen haben sie sich zumeist verstanden. Um sich gegenseitig Zu stützen, schlossen sie sich zu Kreisen zusammen, zum fränkischen, schwäbischen und rheinischen Kreise; diese Kreise zerfielen wieder in Bezirke oder Viertel. Sie hielten Versammlungen, auf denen gemeinsame Angelegenheiten zur Sprache kamen, stellten eigene Gesetze und Gewohnheitsrechte auf und bildeten einen Staat für sich.
Sie erfreuten sich derselben Hoheitsrechte wie die übrigen Reichsstände, auch der Segnungen des Religionsfriedens. Die kirchlichen Pfründen wurden vielfach mit Angehörigen der Reichsritterschaft besetzt. Auf die Dauer haben sie den Fürsten so wenig wie die Städte widerstehen tonnen, trotzdem die Kaiser sich ihrer immer wieder annahmen. Bei den Umwälzungen der napoleonischen Zeit erlagen sie. Gewisse Standesvorrechte haben einige vom ehemaligen Reichsadel auch fernerhin gerettet.
Die Mannigfaltigkeit der Gerichte, die schon im vorigen Zeitraum zu beobachten war, findet sich auch in diesem. Von den Gerichten in den Dörfern und in den Städten, mögen dieselben in den Händen der Fürsten, des Adels oder der Kommunen Instanzen.
x • , , Jr Obere und
1etn, ergeht die Berufung an dte fürstlichen Hofgerichte, von diesen @njre.b«= an die Reichsgerichte, soweit nicht bestimmte Privilegien entgegen- ^ ^ Rüge-siehen (vgl. Landesherr und Gerichtshoheit). Die fürstlichen Hof-gerichte bekommen also immer mehr die Bedeutung von höheren oder Appellationsgerichten. Unter der oberen oder hohen Gerichtsbarkeit wird aber auch noch wie in dem Mittelalter die Gerichtsbarkeit zu Hals und Hand verstanden, im Gegensatz zur niedrigen oder Erbgerichtsbarkeit, die es mit geringeren Rechtsfällen zu tun hat. Das Centgericht wird auf bestimmte Fälle, auf Mord, Brand,
Notzucht und Diebstahl beschränkt; unter dem Namen der Centgerichte — ehemalig Landgerichte — versuchen die mächtigeren Reichsstände in die richterlichen Befugnisse der schwächeren einzugreifen. Auf dem Lande erhalten sich wenigstens in einzelnen Teilen Deutschlands bis in die Neuzeit die alten Rügegerichte, von den Landesherren oft absichtlich geschützt. Lehen-und Landfriedens-
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gerichte verlieren sich; die stüher an diese Gerichte gezogenen Rechtssachen werden von den Landesherren den ordentlichen Gerichten
Reichs- ruaewiesen. — Das Reichskammergericht behauptet bis 1806 das
kammer- 0 # •
gericht. Ansehen des obersten Gerichts mit ständischem Cyarakter. Die Einsetzung der meisten Beisitzer war Sache der Reichsstände. Immer größer wurde die Zahl der Assessoren; im westfälischen Frieden wurde dieselbe auf fünfzig vermehrt, zugleich auch, wie schon im Jahre 1555, eine paritätische Besetzung dieses höchsten Gerichts bestimmt. Freilich ist die Zahl niemals vollständig vorhanden gewesen; Pufendorf berichtet, daß zu seiner Zeit nicht einmal die Hälfte der Assessoren zur Stelle gewesen sei. Auch sonst gibt das Reichskammergericht zu Klagen Vielsache Veranlassung, namentlich über Ungerechtigkeit und Langsamkeit in der Prozeßführung. Die geringe Zahl der Beisitzer, der schleppende Gang des ganzen Verfahrens, die große Anzahl der Prozesse erklären die Verzögerung zur Genüge. Um die Mißbräuche abzustellen, wurden ordentliche und außerordentliche Visitationen angeordnet, doch Visitationen und Revisionen kamen regelmäßig in Verfalls. Die Kosten zur Aufrechterhaltung des Kammergerichts nahmen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Reichsstände allein auf sich; doch spärlich gingen die Kammerzieler ein. Der Sitz des Gerichts wurde nach
Reichshofrat öfterem Wechsel Speyer, dann Wetzlar. - Der Reichshofrat behielt das Gepräge eines kaiserlichen Gerichts. Die Besetzung desselben stand dem Kaiser allein zu (doch vgl. Sz. 72a); ihm vor allem waren die Reichshofräte eidlich verpflichtet. Sie mußten dem Reichsoberhaupte folgen, wohin immer dasselbe sich begab. Alle möglichen Reichssachen wurden vor dieses Gericht gebracht, besonders auch Lehnssachen, sodaß der Reichshofrat die Bedeutung^eines obersten Reichslehns-hoses bekam. In schwierigen Fällen bei Stimmengleichheit behielt sich der Kaiser die Entscheidung vor. Bei dem kaiserlichen Charakter des Gerichts ist es nicht zu verwundern, daß die Stände auch hier viel Anlaß zur Klage haben. Bald klagten die Reichsstände, daß der Reichshofrat mit fremden, nichtdeutfchen Räten besetzt würde, bald darüber, daß die am Reichskammergerichte anhängig gemachten Prozesse durch den Kaiser an den Reichshofrat abberufen wurden, bald wieder, daß der Kaiser Angelegenheiten, welche vor
i) Auch Josephs Ii. Bemühung war vergebens. (Vgl. S. 81).
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den Reichshofrat gehörten, durch seinen Geheimen Rat entscheiden ließ, wobei dann nicht rein rechtliche, sondern allerlei politische Gesichtspunkte maßgebend sein mochten. Der westfälische Friede suchte in diesen und anderen Beschwerden Abhilfe zu schaffen durch Einführung der Kammer-Gerichts-Ordnung auch im Reichshofrate, durch Anordnung von Visitationen und Zulassung von Revisionen, durch Forderung paritätischer Besetzung; durchschlagende Verbesserungen sind jedoch nur wenig angebracht. — Für die Zeit des h^Acht Interregnums, wenn die Reichsvikare ihres Amtes walteten, wurden auch Vikariatshofgerichte eingesetzt. — Die Reichslandgerichte bestehen mit merkwürdiger Zähigkeit bis in die letzten Zeiten des Reiches.
Sie bewahren den Charakter von kaiserlichen Gerichten, wie denn das Rottweiler Landgericht „Kaiserliches Hofgericht" heißt und der Richter „Kaiserlicher Hofrichter". Zahlreich sind die Privilegien, in denen die Kaiser einzelne Reichsstände von diesen Gerichten befreien. Die Rottweiler beklagen sich dann wohl über derartige Exemtionen und kehren sich nicht an dieselben. Daher dann wieder die Eximierten Grund zur Klage haben. Diese und andere Übelstände durch Visitationen oder anderswie abzustellen, verspricht der Kaiser; doch es bleibt alles beim alten. Die Reichsstände appellierten von diesen Gerichten an das Reichskammergericht oder an den Reichshofrat. — Auch die Vemegerichte fristeten ein kümmerliches Dasein weiter. Wiederholt nahmen Reichsgesetze gegen dieselben Partei, ja sie verboten sie gänzlich. Wirksamer waren die Maßregeln einzelner Landesherren, wie z. B. des Großen Kurfürsten, der das heimliche Gericht in Herford aufhob. — Die Austrägalgerichte erfreuten sich einer ^ufttägai. immer größeren Beliebtheit. Die Wahlfürsten machten es sich zur Pflicht, ihre Streitigkeiten unter einander stets in solchen Austrägen zur Entscheidung zu bringen. Die Kammer-Gerichts-Ordnung vom Jahre 1555 erweiterte die Austräge unter anderem auch durch die Bestimmung, daß jetzt die Fürsten und Fürstenmäßigen von jedem, wer auch immer der Kläger sei, in solchen Gerichten belangt werden sollten. Da die Räte der Fürsten diese Austrägalgerichte besetzten, und da infolgedessen leicht der Vorwurf der Parteilichkeit erhoben werden konnte, so wurde bestimmt, daß mit Bewilligung beider Parteien eine Universität um ihr Urteil angegangen werden durfte.
Auch der westfälische Friede sicherte die ganze Einrichtung der Austräge. Sogar in die Verfassung des Deutschen Bundes ist dieselbe
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übertragen worden. — Zu immer größerem Ansehen kamen, wie jokstl schon bemerkt, die fürstlichen Hofgerichte als Berufungsinstanzen, auch Land- oder Kammergerichte genannt. Wenn in der Anhaltischen Landesordnung die Appellation an die „Regierung" geschieht, so ist das ein Beweis dafür, daß in kleineren Ländern das Regierungskollegium vom Hofgerichte gar nicht getrennt war. Die Reichskammergerichtsordnung sollten sich die Hofgerichte zum Muster nehmen. Wo die Landesherren sich der Einmischung in ihre Hofgerichte begaben, wie in Preußen Friedrich der Große, da wurden diese Gerichte die sicherste Grundlage einer gerechten Rechtssprechung. Gericht — Während in den evangelischen Territorien die bischöfliche Gerichtsbarkeit auf die Landesherren überging, welche sie in ihren Konsistorien ausüben ließen, blieb sie in den geistlichen Ländern in den Händen des Klerus. Die Klagen über Übergriffe geistlicher Gerichtsbarkeit dauerten sort, namentlich auch über Abberufung der Prozesse durch päpstliche Gesandte oder gar an g«tcht£ ^ römische Kurie. — Das Söldnerwesen bildete ein eigentümliches Heergericht aus. Der Feldmarschall *) berief ein solches Gericht aus militärischen Personen. In altertümlichen Formen bewegte sich dasselbe. In der Not des dreißigjährigen Krieges drangen die Reichsstände darauf, daß unter gewissen Umständen ihnen die Verhaftung militärischer Verbrecher zustehen sollte und ebenso auch die Aburteilung, doch daß der nächste Kommandant zu dem Prozeß eingeladen werden sollte. In den Territorialstaaten ist dieses Kriegsgericht zugleich mit dem stehenden Heere immer mehr ausgebildet worden. — Seit dem 15. Jahrhundert vergrößerte »Sgjj* sich die Zahl der des römischen Rechts kundigen Männer von Jahr zu Jahr. Auch auf deutschen Hochschulen wurde jetzt das fremde Recht gelehrt. Luther nennt das weltliche Recht seiner Zeit eine Wildnis; den Leuten würden durch die Weitläufigkeiten desselben viel Beschwerungen gemacht. Auf der Reichshofratstafel mußte das römische Recht ausliegen, als Richtschnur für die Gesetzgebung. Überhaupt kam es zu immer größerem Ansehen, nicht nur in den obersten Gerichten. Das im 17. Jahrhundert in Deutschland gütige Recht ist nach dem Urteil Pusendorfs ein Gemisch von römischen und kanonischen Rechtssätzen und deutschem,
Vgl. Blume, Quellensätze, Bd. Iii, 2. Abt. S. 129. Sz. 217.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich
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in den verschiedenen Provinzen oft sehr verschiedenem Gewohnheitsrechte. Mit dem wachsenden Ansehen des römischen Rechts werden die Gerichte immer mehr zu gelehrten Gerichten; die Rechtsgelehrten verdrängen die Laien aus den Gerichten. *) In einzelnen Ländern, z. B. in Anhalt, Sachsen, Braunschweig ist der Sachsenspiegel noch länger in Geltung gewesen, wenn auch nicht im ganzen Umfange.
Friedrich der Große wandte sich wieder entschiedener dem deutschen Rechte zu, ohne doch das römische Recht ganz außer Acht zu lassen. Das allgemeine Preußische Landrecht hat die Herrschaft des römischen Rechts in den altpreußischen Landen gebrochen. —
Das fremde Recht brachte mancherlei Änderungen auch im Gerich ts-Zu^Es-verfahren hervor. Durch das kanonische und römische Recht Imftliches wurden die Prozesse „von Amtswegen" immer häufiger. Bei einem derartigen Prozesse hatte der Richter den Beweis zu er- ^rfentmng. bringen; er griff zu dem Zwecke zur Untersuchung, zur Inquisition.
Die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Karls V. stellte das akkusatorische Verfahren noch neben das inquisitorische; doch in der Folge wurde ersteres mehr und mehr zurückgedrängt. Ein Mann wie Justus Möser mahnt, zum alten deutschen Verfahren wieder zurückzukehren. — Auch die Schriftlichkeit beim Prozeßführen wurde jetzt in den Reichsgerichten, dann aber auch in den Territorialgerichten viel mehr als früher üblich. In den Ländern, in denen der Sachsenspiegel noch etwas galt, blieb das mündliche Verfahren länger im Gebrauch. Eine Folge des schriftlichen Verfahrens war die Verlangsamung der Prozesse. Der Reichstag von 1654 suchte durch mancherlei Bestimmungen über das Prozeßverfahren eine Beschleunigung zu erreichen, ohne großen Erfolg.
Auch hier hat Friedrich der Große seine bessernde Hand angelegt, indem er zum mündlichen Verfahren zurücklenkte.2) — Je schwieriger die Rechtssprechung infolge der Einführung des römischen Rechts wurde, desto gebräuchlicher wurde die Aktenversendung an juristische Fakultäten. Mochte früher eine Versendung der Akten auch schon vorgekommen sein, so machte jetzt die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Karls V. dem Richter in Kriminal-
*) In den Städten sind die ungelehrten Rechtsprecher nie ganz verdrängt worden. Vgl. Preuß. Jahrbücher, 1898, Oktoberheft, S. 48.
2) Vgl. A. Trendelenburg, Friedrich der Große und sein Großkanzler Samuel von Cocceji, 1863, S. 25 f.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Karls_V. Karls_V. Justus_Möser Friedrich_der_Große Friedrich Karls_V. A._Trendelenburg Friedrich_der_Große Friedrich Samuel_von_Cocceji Samuel
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Gelehrte
Rechts-
beistände.
Beweis-
mittel.
fällen zur Pflicht, „wo ihm Zweifel zufiele", auswärts Rechtsbelehrung zu suchen. Selbst in Civilsachen bürgerte sich diese Sitte ein. Daß auch dadurch die Gerichtshändel in die Länge gezogen wurden, liegt auf der Hand' und so wandte sich Friedrich der Große auch dagegen. — Immer unentbehrlicher wurden auch die gelehrten Rechtsbeistände, je größere Geltung das römische Recht bekam. Nur zu oft wurde über die Zanksucht und den Eigennutz der Advokaten und Prokuratoren Klage geführt, daß sie, um für sich selbst Gewinn herauszuschlagen, absichtlich die Prozesse in die Länge zogen. Die Prokuratoren wurden in Preußen im 18. Jahrhundert gänzlich unterdrückt. *) — Die Eideshilfe als Beweismittel begegnet am Anfange unseres Zeitraumes hier und da noch spärlich. In den Hexenprozessen hat auch das Gottesurteil sich noch erhalten. Neben dem Eide kommt die Folter mit dem kanonischen und römischen Rechte immer mehr zur Anwendung. Die Peinl. Hals-Gerichts-Ordnung mahnt zum vorsichtigen Gebrauche derselben: nicht „ohne genügsame Anzeigung" sollte die peinliche Frage angewandt werden. In der Blütezeit der Hexenprozesse jedoch wurde ein ungeheuerlicher Mißbrauch mit derselben getrieben. Nachdem schon im 17. Jahrhundert von verschiedener Seite dagegen geschrieben worden war, hat Friedrich Ii. die Folter in seinen Landen gänzlich verboten,2) später auch Joseph Ii. in den österreichischen Ländern. Der Unschuldsbeweis wurde ferner durch Urkunden, Zeugen und Kommissionen, die an Ort und Stelle den Tatbestand untersuchen sollten, geführt. Durch das Kommifsionswefen wurde gleichfalls der Prozeß oft unnötig verlängert, auch erwiesen sich
Trendelenburg, a. a. O. S. 22 f: Durch die Unterdrückung des
Prokuratorenstandes wurde der Advokatenstand gehoben; jene hatten sich zwischen Parteien und Advokaten in die Mitte geschoben. — Vgl. Preuß. Jahrbücher 1900, S. 95 ff den Aufsatz A. v. Weiurichs über „Advokatur und Rechtsanwaltschaft": „Bis zum 18. Jahrhundert bestanden auch in Deutschland Advokatur und Prokuratur als getrennte Berufe. Im Laufe des erwähnten Jahrhunderts hat sich wohl vorzugsweise durch den Einfluß des schriftlichen Verfahrens der Vereinigungsproceß zur Rechtsanwaltschaft vollzogen." (Ebenda S. 119). Dazu macht der Verfasser die Anmerkung: „In Preußen wurde
die Rechtsanwaltschaft durch die Verordnung vom 16. April 1725 eingeführt,
welche verfügte, daß keine Prokuratoren mehr angestellt werden sollen." —
2) Trendelenburg, a. a. £). S. 1; laut einer Kabinettsordre vom
3. Juni 1740. —
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sorgen, die Gesamtheit des Bundes und auch die einzelnen Bundesstaaten auf ihr Erfordern nach außen zu vertreten, über Krieg,
Frieden, Bündnisse und andere Verträge zu beschließen, doch immer im Rahmen des im 2. Artikel der Bundesakte ausgesprochenen Bundeszweckes. Eben dieser Bundeszweck machte es notwendig, daß die Bundesversammlung sich der militärischen Verhältnisse ganz besonders annahm, da ja die Reichskriegsverfassung so sehr im Argen gelegen hatte. Der genannte zweite Artikel der Bundesakte richtete auch die Schranken auf für die Tätigkeit des Bundestages in Sachen der inneren Verhältnisse der Bundesstaaten' eine unmittelbare Einwirkung auf die innere Verwaltung der Bundesstaaten stand dem Bundestage in der Regel nicht zu. Auf richterlichem Gebiete war Me Bundesversammlung nur auf ein schiedsrichterliches Austrägal-verfahren angewiesen. Die Ordnung der Bundesfinanzen war dem Bundestage allein überwiesen. Für alle von ihm gefaßten Beschlüsse wurde ihm auch die vollziehende Gewalt übergeben. — Im Norddeutschen Bunde und im heutigen Deutschen Reiche wurde an die Su®beer8rat Stelle des Frankfurter Bundestages der Bundesrat gefetzt, als die feit1867-Stelle, „wo die Souveränität der Einzelstaaten fortfährt, ihren Ausdruck zu finden." Nicht beim Präsidium des Bundes bezw. beim Kaiser, sondern bei der Gesamtheit der im Bundesrate vereinigten Bundesregierungen beruht im neuen Deutschen Reiche die Souveränität1). Was Berthold von Henneberg einstens mit feinem Reichsregiment erstrebt hatte, ist im heutigen Bundesrate verwirklicht. Gegen den Namen eines „Reichsrates" sträubten sich die verbündeten Regierungen: der Name „Bundesrat" entspräche mehr dem Berufe biefer Versammlung. — Die Berufung des Bunbesrates würde dem Bundespräsibium übertragen, ebenso die Eröffnung, Vertagung und Schließung besfelben. Alljährlich hat die Berufung ftattzufinben, und biefelbe muß erfolgen, wenn sie von zwei Dritteln der Mitglieber verlangt wirb. Der Bmtbesrat darf ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne ersteren versammelt werden. — Den Vorsitz im Bundesrate führt der vom Kaiser zu ernennende Reichskanzler, der sich durch jedes andere Mitglied des Bundesrates vertreten lassen darf. Doch ist im Schlußprotokoll des Vertrages zwischen Preußen und Bayern letzterem Staate aus-
x) Auch dieses ist nur das Ergebnis der geschichtlichen Entwickelung.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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lassung verfügt. Er überwacht die Verwaltung der Zölle. Er ist der oberste Leiter der Post- und Telegraphenverwaltung; in gewissen Fällen hat er auch bestimmte Rechte in Sachen der Eisenbahnen. So sind dem Kaiser wieder gewichtige Rechte überwiesen, während dem Kaisertum im alten Reiche nur geringe, ziemlich nichtssagende Prärogativen geblieben waren. Rocl) ist zu erwähnen, daß in Elsaß und Lothringen die Staatsgewalt vom Kaiser ausgeübt wird; durch einen in Straßburg residierenden Statthalter läßt der Kaiser die Ausübung der landesherrlichen Befugnisse besorgen.1) — Der Reichstag wird wieder, wie im frühen Mülelalter, vom Kaiser Zmax. allein berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen, bezw. in seinem Aufträge vom Reichskanzler. Doch hat jetzt die Berufung alljährlich stattzufinden. Die Legislaturperiode wurde zunächst auf drei, später auf fünf Jahre festgesetzt. Innerhalb dieses Zeitraumes darf ein Reichstag nur auf Beschluß des Bundesrates unter Zustimmung des Kaisers aufgelöst werden; im Falle der Auflösung muß der neue Reichstag binnen drei Monaten versammelt werden.
Auch das Recht der Reichstagsvertagung ist beschränkenden Bestimmungen unterworfen. — Wie im Anfange der deutschen Ge-schichte ist der Reichstag nun wieder eine eigentliche Volksvertretung; seine Mitglieder sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.
Der Wahltermin, ein und derselbe Termin für das ganze Reichsgebiet, wird vom Kaiser bestimmt. Die Wahl selbst ist eine allgemeine, direkte und geheime. Mit dem vollendeten 25. Lebensjahr bekommt der Deutsche das Recht zu wählen, bei gleichem Alter und bei mindestens einjähriger Zugehörigkeit zu einem Bundesstaate auch das Recht gewählt zu weiden, wenn anders nicht besondere Verhältnisse den Verlust des aktiven und passiven Wahlrechtes herbeiführen. Für Militärperfonen ruht das Wahlrecht, so lange sie sich bei der Fahne befinden. Die Zahl der Reichstagsabgeordneten ist heute aus 397 festgesetzt; auf je 100000 Seelen wurde im Wahlgesetz von 1869 je ein Abgeordneter bestimmt.
Den heutigen Wahlen liegt noch immer die Bevölkerungsziffer aus der Zeit des konstituierenden Reichstages zugrunde; es bedarf eines besonderen Gesetzes, ehe die Zahl der Reichstagsmitglieder infolge
!) Über des Kaisers Stellung zu den Schutzgebieten des Deutschen Reiches vgl. Sz. 337 c.
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