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1. Geschichte der neuesten Revolution - S. 95

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
- 95 schämen, bei der sich der „Diktator" Werner, der Jude Rosenthal, der Pole Cowetzky und ein paar flüchtige Civil- kommjffäre befanden. In Lörrach wurde Dr. Kaiser an- geblich seiner Gesinnung wegen gefangen genommen und, als er entfloh, vor seinem Hause eine Kanone aufgefahren und seiner wehrlosen Frau von Blenker eine beträchtliche Summe Geldes abgepreßt. Ja, ganze Städte und Dörfer wurden von flüchtigen Banden wegen ihrer „reaktionären" Gesinnung um baares Geld gebrandschatzt. Anr 23. Juli wurde auch die Festung Rastadt, in wel- cher das revolutionäre Regiment a»r längsten gewüthet und alle Sündengreuel groß gezogen hatte, auf Gnade und Un- gnade übergeben, und damit hatte die badische Revolution ihr schmähliches, aber wohlverdientes Ende. Von den Re- bellen wurden 27 standgerichtlich erschossen, eine große An- zahl zu l Ojähriger Zuchthausstrafe verurtheilt, die Zahl der Flüchtlinge aber, die Vaterland und Familie verlassen und in der Fremde in Armuth und Schande herumirren tnußten, betrug über 10,000. Ueberdies war dem Staate und den Privatleuten in Baden durch die Revolution ein Schaden von mehr als 100 Millionen Gulden erwachsen, gesegnete Fluren verwüstet, reiche Dörfer verbrannt worden und es mußte lange dauern, che alle aufgelöste Bande der Ord- nung und des Vertrauens wieder hergestellt und die ins Stocken gerathenen Gewerbe und Geschäfte wieder in Gang gebracht wurden! Fast gleichzeitig mit der badischen Revolution war am 3. bis 9. Mai in Sachsens Hauptstadt Dresden eine Straßcnschlacht mit Barrikaden geliefert worden, gleichfalls angeblich zur Erzwingung der Reichsverfassung, vom auf- gewühlten und vom Erzgebirge aus unterstützten Volke. Auch eine aufständische provisorische Regierung hatte sich gebildet, bei welcher ein flüchtiger demokratischer Russe, Na- mens Bakunin, eine Hauptrolle spielte. Man wollte sogar das königliche Schloß unterminiren und in die Luft sprengen. Auch dort waren es wieder die Preußen, welche die Frevler und Meuterer Niederkämpfen und die Rebellen erdrücken halfen. 10. Niedergang der revolutionären Wewegung. Der Kaiser von Oesterreich selbst war nämlich damals in eigner großer Gefahr und konnte seinen deutschen Bun- desgenossen keine ausreichende Hülfe leisten, indem er in

2. Geschichte der neuesten Revolution - S. 51

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
51 - und proteftirte der Staatsrath gegen diese Gewaltthat. Umsonst erhob sich an demselben und an den folgenden Ta- gen ein bewaffneter Aufstand in der Vorstadt St. Antoine und auf den Boulevards und erschienen einzelne Haufen von Blousenmännern, die mit wildem Hurrah und dem wü- thenden Rufe: „Nieder mit dem Tyrannen! Es lebe die Republik!" durch die Straßen zogen. Der Aufstand wurde mit blutiger Strenge unterdrückt und die im Kampfe ge- fangenen Aufständischen ohne Weiteres auf dem Marsfelde erschossen. Das Volk im Allgemeinen, welches der republi- kanischen Freiheit herzlich müde war und Ruhe um jeden Preis wünschte, betheiligte sich wenig an dem Kampfe und die 80,000 Mann Truppen in Paris blieben dem Präsi- denten treu. Der Staatsstreich war gelungen. Das Land war im Ganzen für denselben. Die Volksabstimmung erfolgte un- ter dem Schrecken vor einer wiederkehrenden Anarchie, unter Anpreisung des Staatsstreichs als einer rettenden That und unter der alle Freiheit der Presse unterdrückenden Herrschaft des Kriegsgesetzes. Sie ergab 772 Millionen Stimmen für den vom Präsidenten vorgelegten Gesetzesentwurf, und nur 650,000 dagegen. Durch ein Dekret vom 10. Januar 1852 wurden alle militärischen und parlamentarischen Be- rühmtheiten, die der neuen Diktatur feindselig sein könnten, des Landes verwiesen, und eine Anzahl Republikaner zur Deportation bestimmt. Die Güter der Familie Orleans wurden, um dieser Dynastie gleichsam die Brücke zur Rück- kehr nach Frankreich abzuschneiden, konfiszirt. Am 14. Januar 1852 wurde die neue Verfassung ver- kündigt. Sie war ähnlich jener des ersten Konsulats vom Jahr 1799. Sie setzte neben dem mit fast diktatorischer Ge- walt ausgerüsteten Präsidenten einen Staatörath ein zur Aus- arbeitung der Gesetze, einen unabsetzbaren Senat von 150 Mitgliedern, aus allen berühmten Männern des Landes ge- wählt und von der Regierung besoldet, zur Erhaltung der Verfassung, und eine gesetzgebende Körperschaft von 262 Mitgliedern, welche auf je 6 Jahre ernannt ist und ohne Debatte die vom Staatsrath vorgeschlagenen Gesetze entwe- der anzunehmen oder zu verwerfeu hat. Mit der Annahme dieser Verfassung warf sich das auf seine Freiheit sonst so eifersüchtige Frankreich dem napoleo- nischen Despotismus wieder in die Arme. Von da bis zum erblichen Kaiserthum war nur noch ein Schritt. Durch 4*

3. Geschichte der neuesten Revolution - S. 36

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
36 Fabrikbesitzer und eine völlige Arbciterrepublik. Die noch am wenigsten forderten, verlangten: mehr Lohn, und we- niger Arbeit. Die schwache provisorische Regierung kam in die äußerste Verlegenheit und konnte diesen Sturm nur da- durch beschwichtigen, daß sie dem aufgewühlten Haufen den Popanz der „Organisation der Arbeit" d. h. Einrichtung, Vertheilung und Bezahlung der Arbeit durch den Staat vor- hielt und die Errichtung von Nationalwerkstätten für alle unbe- schäftigte Arbeiter zusagte. Inder That besoldete die provisori- sche Regierung 75,006 Arbeiter mit täglich 1v- Franken, spä- ter 120,000 Arbeiter mit 2 Franken täglich. Dafür arbei- teten sie Nichts oder Unnützes, z. B. Straßcnkoth von ei- nem Ort an den andern tragen, oder Erdarbeiten, die im Akkord 3000 Fr. gekostet hätten, vom Staat aber mit 30,000 Fr. bezahlt werden mußten. Es war schmählich und ärgerlich zu sehen, wie diese Menschen unter den leicht- sinnigsten Ausschweifungen, Spiel und Tanz das Gut der steuerzahlenden Bürger verzehrten und wie sie noch in Wuth geriethen und die greulichsten Drohungen ausstießen, als man sie, um die Ungeheuern Kosten zu sparen, späterhin in das Heer einreihen oder zu Kanal - und Eisenbahnbauten verwenden wollte. So brachte die Revolution und die Republik Frank- reich nicht das ersehnte Glück, sondern vielmehr Unglück und Verwirrung. Die Parteien der Kommunisten und Sozialisten erhoben immer drohender ihr Haupt und ließen alle Tage einen neuen Umschwung der Dinge befürchten. Die maßlose Sprache der schlechten Presse regte alle gemei- nen Leidenschaften auf, versetzte die Menschen in eine fieber- hafte Aufregung, säete Zwietracht unter die verschiedenen Schichten der menschlichen Gesellschaft, untergrub Alles, was sonst dem Menschen theuer und heilig ist, und bahnte eine große sittliche Verwilderung des Volks und besonders der Jugend an. Der französische Staat glich lange Zeit einem Schiff, das ohne Steuer und Kompaß auf einem stürmischen Meer dahinfährt! 4. Die pariser Iuniaufstände (23.-26. Zuni 1848). Heneral Gavaignac Diktator. Doch mußten erst noch andere erschütternde Ereignisse eintreten, um den Franzosen die Augen zu öffnen, welchem Abgrunde sie cntgegengingen. Alles in Frankreich hoffte nämlich auf die konstituirende aller verfassunggebende Na-

4. Geschichte der neuesten Revolution - S. 94

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
94 für ihr Leben und ihre Sicherheit zitternden Volksvertretern gedrängt, und für Alles verantwortlich gemacht, während die Mitdiktatorcn bei der Armee eine wohlfeile Heldenrolle spielten. Ich bin in der Lage, einer großen Anzahl der ärgsten Maulhelden nachzuweisen, daß sie unter allerlei Vorwänden die gefährlichen Aufträge als unwürdig ab- lehnten, sich zu andern aber herbeidrängten, welche sie auf Staatskosten fern von dem Platze der Gefahr entrückten." Zu den fliehenden Badenern gesellten sich die Reste des pfälzischen Volksheeres unter Willi ch, Annecke, Blenker und dem Polen Sznayde, die in unerreichbarer Flucht vor den Preußen zurückwichen, obgleich sie immer noch prahlerische Siegesnachrichten verbreiteten. Auch die Diktatoren flohen, doch nicht ohne die Staatskasse, die Postkasse und die Amor- tisationskasse noch auszuleeren. Auch Brentano rettete sich am 29. Juni mit einigen Genossen über die Grenze nach Schaffhauscn, nachdem er von dem Rumpfe der konstitui- renden Versammlung in Freiburg als Verräther in die Acht erklärt worden war. Die Reste dieser Versammlung zersto- den übrigens zwei Tage nachher in derselben Richtung, in welcher ihnen Brantano vorangegangen war. Nun konnte auch die Murglinie den fliehenden Trup- pen keinen Stützpunkt mehr gewähren, Mieroslawski dankte ab und rettete sich, seine Schaaren ihrem Schicksal überlas- send, nach Frankreich, die noch in den Händen der Empö- rer sich befindliche Reichsfestung Rastadt wurde vollständig umzingelt. Jedoch gelang es den fliehenden Jnsurgenten- haufen, die Rheinstraße zu gewinnen und sich vor den nachdringenden Preußen, Hessen und Mecklenburgern auf das Schweizergebiet zu retten. Auf der Flucht durch das bade- ner Land schändeten sich noch die Jnsurgentenführer durch die schändlichsten Räubereien und Gewaltthaten, wie sie kaum von den erbittertsten und rohesten Feinden begangen werden können. In Rastadt raubte der s. g. Oberst Si- gel aus dem Schlosse eine Sammlung von türkischen Waffen und Trophäen, welche der berühmte Türkensieger, Markgraf Ludwig von Baden, vor anderthalb Jahrhunderten aus sei- nen Feldzügen mitgebracht hatte. Ebenso brach der s. g. Oberst Blenker, ein bankrotter Weinhändler aus Worms, in das großherzogliche Schloß Eberstein im Murgthal ein und stahl nebst seinem Weibe, was sich nur fortbringen ließ. Ein Gleiches geschah im Fürstenberg'schen Schloß zu Donaueschingen von einer Kolonne versprengter Frei-

5. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 307

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
307 Noch heut' so reich, als du bist gewesen ewiglich; mein Ver- trauen steht ganz zu dir," und mit dem Vers aus Paul Gerhard's Liede: „Schickt uns Gott ein Kreuz zu tra- gen, dringt herein Angst und Pein, sollt' ich drum verza- gen?" Ober sie sagte zu der sorgenden Mutter: Liebe Mut- ter, weine nur nicht; wir wollen recht beten und arbeiten; wenn ich aus der Schule komme, will ich fleißig Strohhüte flechten; der liebe Gott wird uns nicht verlassen!" — So verging fast ein Jahr nach des Vaters Tode; die Wittwe hielt mit ihrem einzigen Kinde sparsam und treulich Haus, und Beide hatten durch Gottes Segen keinen Mangel. Das Magdlein ging fleißig zur Schule, flocht-nach der Schule eben so fleißig Stroh zu Hüten; seine einzige äußerliche Un- terhaltung und Freude war eine Henne, die sich die kleine Waise vom Küchlein auferzogen und mit den abgesparten Brotkrumen ernährt hatte. Eines Tages, in der Erntezeit, geht die Mutter zu einem Bauer in dem nächsten Dorfe, um bei diesem Hafer rechen zu helfen; das Mägdlein aber geht nach seiner Gewohnheit in die Schule, und setzt sich, sobald es nach Hause gekommen, vor die Thür seiner Hütte hin, um Stroh zu Hüten zu flechten. Da kommt ein Nach- barsmädchen von zwölf Jahren, ein Kind von sehr wilder Art, und will Rosinen nöthigen, mit ihr herumzusprin- gen und Muthwillen zu treiben. Die kleine, fromme Waise will das nicht. Hierüber erzürnt, reißt sie das stärkere Nach- barsmädchen zu Boden, und knieet ihr auf den Leib, bis das Kind vor Schmerzen laut aufschreit. Als die Mutter des Abends von der Arbeit nach Hause kommt, klagt ihr die Kleine, was ihr geschehen sei. Die Mutter aber meint, es werde ihr wohl nicht viel Schaden gethan haben, und geht mit dem Kinde schlafen. Am Morgen aber klagt dieses sehr über Schmerz in seinem Leibe, kann schon nicht mehr auf- stehen, und auch durch die von einem guten Arzte in Dres- den gebrauchten Arzeneimittel werden die Schmerzen nicht gelindert, sondern immer nur größer. Da bittet das Mägd- lein seine Mutter, sie solle ihm doch den Seelsorger holen lassen, daß er mit ihr bete wie mit ihrem Vater, denn sie werde sterben. Die Mutter sagt: „Mein liebes Kind, wen hätte dann ich? Du bist noch mein Trost. Du wirst ja nicht sterben wollen!" — Das Kind antwortet: „Liebe Mutter, Gott muß Euer Trost sein; vertrauet nur ihm! Wisset Ihr nicht, wie wir singen: „„Weil du mein Gott und Tröster bist, dein Kind du wirst verlassen nicht?" " Lasset nur den Herrn 20* »

6. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 314

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
314 Genua, und Beide leben vermuthlich noch in England, wo ihr Gemahl nach einiger Zeit die reichen Güter eines Ver- wandten erbte. Ich will aufrichtig gestehen, was mich selber an dieser Geschichte am meisten rührt. Am meisten rührt mich, daß der liebe Gott dabei war, als die sterbende Mutter ihre Toch- ter segnete, und daß er eine vornehme Kaufmannsfrau in Rotterdam in Holland und einen braven reichen Engländer am welschen Meere bestellt hat, den Segen einer armen ster- benden Wittwe an ihrem frommen Kinde gültig zu machen. Weg' hat Er aller Wege, An Mitteln fehlt's Ihm nicht. §t6ei 54. Sanftmuth. In einer bedeutenden Provinzialstadt Frankreichs lebte ein biederer Pfarrer, der nicht nur ein wackerer Prediger, sondern auch ein treuer Hirt, ein liebender Vater seiner Ge- meinde war. Trost, Hülfe und Beruhigung zu bringen, wo es Noth that, dies war des edlen, frommen Mannes eifrig- stes Bemühen. Obgleich er indeß zu den eingesammelten Almosen den größten Theil seines eigenen Einkommens hin- zuthat, so fehlte cs ihm doch nicht selten an Mitteln, um der Noth der zahlreichen Armen seines Sprengels abzu- helfen. r\ Einst suchte eine verheerende, ansteckende Krankheit die Gemeinde des wackern Mannes heim. Tod und Verderben bringend waren ihre Wirkungen. Keine Familie blieb ohne Krankheit; in jedem Hause, in jeder Hütte lag ein Todter oder ein Sterbender; aber überall auch erschien der treue Pfarrer, den Leidenden helfend mit Speise, Pflege und Arze- nei. Sein tröstendes Wort beruhigte die Verzweifelnden, seine Hülfe rettete Manche vom Tode. Indessen vermochte er doch nicht die große Anzahl von Kranken aus der arbeitenden Klasse, von denen die Meisten in gesunden Tagen sich und ihre Familien nur durch ihrer Hände Arbeit ernährten, mit allen erforderlichen Bedürfnissen zu versehen. Was that der edle Mann? Sich selbst ver- gessend, verkaufte er seine besten Habseligkeiten, selbst sein entbehrlichstes Kirchengeräthe, um den Notleidenden mit dem Ertrage zu helfen, und der siegreichen Gewalt, welche die einfache, schmucklose Frömmigkeit nie ohne glücklichen Erfolg ausübt, verdankte er ansehnliche Beisteuern seiner bemiltel-

7. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 315

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
315 ten Mitbürger. Wo aber die Noth von Dauer ist, da pflegt die Mildthätigkeit bald zu erkalten. Auch hier nahm sie täglich ab, während die ansteckende Krankheit immer fort wülhete. Schon wußte der unermüdete Pfarrer, den ein sichtba- rer Schutz bisher vor Ansteckung bewahrt hatte, in seiner Noth nicht mehr zu helfen; erschöpft waren alle seine Hülfs- quellen; ihm selbst blieb Nichts mehr als das nackte Leben, und sein Vertrauen auf Gottes Hülfe. Da erfuhr er zufäl- lig, daß ein in der Nähe wohnender reicher Mann, der sich durch Lieferungen bereichert hatte, eben jetzt auch im Spiele eine große Summe gewonnen hätte. Ungeachtet der gute Pfarrer diesen Mann nur dem Namen nach kannte, besann er sich doch keinen Augenblick, und eilte am folgenden Mor- gen nach seiner Wohnung hin. Er läßt sich melden; aber der Zutritt wird ihm verweigert. Er bittet, flehet und bet- telt; nach langem Widerstande wird er endlich vorgelassen. Er findet den glücklichen Spieler von der nächtlichen An- strengung erschöpft und im Begriffe, sich zu Belte zu legen. Nun beginnt der beredte Menschenfreund ihm in einem rüh- renden Gemälde das Elend und die Verzweiflung zu schil- dern, worin so viele seiner von der Seuche heimgesuchten Pfarrkinder hülflos schmachten; er beschließt dieses ergrei- fende Gemälde mit einer Bitte um kräftige Unterstützung, und die Thränen des Greises besiegeln die Wahrheit seiner Worte, die-'Dringlichkeit der erbetenen Hülfe. Kalt und stumm blieb der schlaflustige Reiche einige Augenblicke, wäh- rend er den Bittenden mit unwilligem Blicke von oben bis unten maß. Endlich holte er aus seiner Börse ein Franken- stückchen (etwa 8 Sgr.) und reichte es dem Pfarrer hin, den er, ohne Achtung für seine weißen Haare, für sein ge- heiligtes Amt und den ehrwürdigen Grund seines Besuches, ausschalt, weil er so zudringlich sei und zu einer so unge- legenen Stunde gekommen. Doch so leicht läßt der Edle auf. halbem Wege sich nicht abfinden. Der Pfarrer bittet um die Gunst, weiter reden zu dürfen, und ohne des Grol- lenden Antwort zu erwarten, spricht er noch weit nachdrück- licher, beweglicher als zuvor; er bietet alle Hülfsmittel der Beredljamkeit auf, und flehet um eine beträchtlichere Unter- stützung für seine Armen, denen ein Frank — Nichts helfen könne. Der Reiche antwortete ihm durch Spott und Schelt- worte, ja durch Beschimpfungen. Er aber läßt sich nicht

8. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 317

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
317 reich werden möchten, als langsam. Also leuchtet ihm das Anerbieten des Zirkelschmieds ein. Doch wollte er vorsichtig sein. „Macht mir morgen früh einen heitern Himmel," sagte er, „zur Probe, und ein Paar leichte weiße Wölklein dran, den ganzen Tag Sonnenschein und in der Luft so zarte glanzende Fäden. Auf den Mittag könnt Ihr die er- sten gelben Sommervögel los lassen, und gegen Abend darf's wieder kühl werden." Der Zirkelschmied erwiederte: „Auf einen Tag kann ich mich nicht einlassen, Herr Schulz. Es trägt die Kosten nicht aus. Ich unternehm's nicht anders, als auf ein Jahr. Dann sollt Ihr aber Noth haben, wo Ihr Eure Frucht und Euren Most unterbringen wollt!" Auf die Frage des Schulzen, wie Viel er für den Jahrgang forderte, verlangte er zum Voraus Nichts, als täglich einen Gulden und freien Trunk, bis die Sache eingerichtet sei, es könne wenigstens drei Tage dauern, „hernach aber von jedem Eimer Wein, den Ihr mehr bekommt," sagte er, „als in den besten Jahren, ein Viertel, und von jedem Malter Frucht einen Sester." — „Das wär' nicht Veil," sagte der Schulz. Denn dort zu Lande sagt man Veil statt Viel, wenn man sich hochdeutsch erpliziren will. Der Schulz be- kam Respekt vor dem Zirkelschmied und erplizirte sich hoch- deutsch. Als er nun aber Papier und Feder aus dem Schränklein holte, und dem Zirkelschmied das Wetter von Monat zu Monat vorschreiben wollte, machte ihm der Zir- kelschmied eine neue Einwendung: „Das geht nicht an, Herr Schulz! Ihr müßt auch die Bürgerschaft darüber hö- ren. Denn das Wetter ist eine Gemeindesache. Ihr könnt nicht verlangen, daß die ganze Bürgerschaft Euer Wetter an- nehmen soll." Da sprach der Schulz: „Ihr habt Recht! Ihr seid ein verständiger Mann!" Der Leser aber ist nun der Schelmerei des Zirkel- schmieds auf der rechten Spur, wenn er zum Voraus ver- muthet, die Bürgerschaft sei über die Sache nicht einig ge- worden. In der ersten Gemeindeversammlung wurde noch Nichts ausgemacht, in der siebenten auch noch Nichts, in der achten kam's zu ernsthaften Redensarten, und ein verständi- ger Gerichlsmann glaubte endlich, um Fried' und Einigkeit in der Gemeinde zu erhalten, wär's am besten, man zahlte dem Wettermacher aus, und schickte ihn fort. Also beschied der Schulz den Wetlermacher vor sich: „Hier habt Ihr Eure neun Gulden, Unheilstifter, und nun thut zur Sache, daß Ihr fort kommt, eh' Mord und Todtschlag in der Gemeinde

9. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 324

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
324 74. Der Geiger in der Wolfsgrube. Vor nicht so langer Zeit gab es auch noch in unsern deutschen Wäldern viele Wölfe, und mancher Bauer weiß noch die Geschichte von jenem Geiger in der Wolfsgrube so gut, als wäre sie gestern geschehen, obgleich sie ihm sein Großvater erzählt hat. Es ging nämlich einmal ein Geigers- mann von einer Kirchweihe nach Hause, auf welcher er den Leuten bis tief in die Nacht aufgegeigt hatte. Das Männ- lein ging ohnehin nicht gern auf gradem Wege und kam daher auch in dem dicken Forste, durch den er mußte, bald so weit zur Seite ab, daß er am Ende in eine Grube fiel, welche der Jäger zum Wolfs fange gegraben hatte. Der Schreck war schon groß genug für den Geiger, da er so ohne Weiteres von der ebenen Erde hinunter in die Tiefe fuhr, wurde aber noch größer, da er unten auf etwas Le- bendiges fiel, was wild aufsprang; und er merkte, daß es ein Wolf sei, der ihn mit glühenden Augen ansah. Der Mann halte Nichts in der Hand als seine Geige, und in der Angst fängt er au, da vor dem geöffneten Wolfsrachen alle seine Stücklein aufzugeigen, die ihm aber diesmal selber gar nicht lustig vorkamen. Dem Wolf mußte aber diese Musik ganz besonders schön und rührend vorkommen, denn das dumme Vieh fing an überlaut zu heulen, was wohl, wie bei unsern musikalischen Hunden, wenn sie Sang und Klang hören, gesungen heißen sollte. Die andern Wölfe draußen im Walde, da sie ihren Kameraden drinnen in der Grube so singen hörten, stimmten auch mit ein, und ihr Geheul kam manchmal so nahe, daß das Geigerlein, an welchem kaum ein einziger Wolf satt geworden wäre, ge- schweige zwei, jeden Augenblick fürchten mußte, es käme noch ein anderer, auch wohl ein dritter und vierter Gast zu seinem bischen Fleisch in die Grube herein. Unser Kapell- meister in der Wüste guckte indeß einmal übers andere in die Höhe, ob's noch nicht Tag werden wallte, denn das Geigen war ihm sein Lebtag noch nicht so lang geworden, und so sauer vorgekommen, als da vor dem Wolfe, und er hätte lieber Holz dafür hacken wollen, zwanzig Jahre lang alle Wochentage. Ehe aber der Morgen kam, waren schon zwei Sauen an seiner Geige zerrissen, und da es Tag wurde, riß die dritte, und der Geiger spielte nun blos noch auf der vierten und letzten, und wäre die auch noch zerrissen, so hätte ihm der Wolf, der durch das viele Heulen die ganze Nacht hindurch nur noch hungriger geworden war, keine

10. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 332

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
332 ' ! fleckt, weit schöner als die verlorene. Jauchzend führten sie die Kinder in den Stall, und trugen mit Mühe das Korn in die Hütte; die Mutter weinte heimlich. Am andem Morgen kam der Geber, ein Landmann, selbst zu der Wittwe und sagte: „Ihr habt gestern in der Kirche dem Herrn Eure Thränen dargebracht, dafür hat er Euch getröstet? Ich war ihm schon lange ein Opfer meines Dankes schuldig für seinen reichlichen Segen. So seid so gut und nehmt cs ohne Dank an, als eine Schuld, die ich gern abtrage. Ich danke dem Herrn, daß er in der Kirche mein Herz erweckt hat, Euch zu helfen. Eine Stunde von 23*** wohnte ein alter Schullehrer auf dem Lande, der einen verheiratheten Sohn in 23*** hatte, welcher ebenfalls Schullehrer war. Dieser hatte ein Söhnchen von 2 Jahren, an dem der alte Großvater mit besonderer Freude hing. An einem Abend bekam der alte Schullehrer einen starken unwiderstehlichen Trieb, noch nach der Stadt zu gehen und seinen Enkel, diesen kleinen Lieb- ling seines Herzens, zu sehen. Da es aber schon ziemlich spät war, so kämpfte er mit sich selbst, ob er wirklich noch gehen, oder diesen Gang auf den folgenden Tag verschieben solle. Allein der innere Trieb wurde so mächtig, daß er nicht vermögend war, demselben länger zu widerstehen. Er machte sich also auf den Weg, und kam in der Nacht um 10 Uhr bei seinem Sohne an. „Wo ist der kleine Karl?" war seine erste Frage. Die Schwiegertochter antwortete ihm: „Lieber Großvater, Karl schläft schon über eine Stunde drüben in der Schlafstube." Der Alte erwiederte: „Holt ihn mir doch her; ich will und muß ihn sehen." Die Schwiegertochter sowohl als ihr Mann sprachen dagegen, und wollten das Kind nicht aus seinem Schlafe aufwecken; aber der alte Mann ward unwillig und bestand darauf, er müsse das Kind sehen, er sei deßwegen so spat noch hieher gelaufen. Nun ging die Mutter, nahm ihr Kind im Schlaf aus dem Bette, und gab es dem Großvater. Dieser setzte es auf seinen Schooß, liebkosete und herzte es, indem es immer noch schlief; und kaum hatte er dieses einige Minuten ge- than, fo hörte man in der Schlafstube ein auffallendes Ge- raffel und Gepolter. Alles lief hinüber, um zu sehen, was vorgegangen fei, und siehe da! mit Schrecken und Erstau- 81. Kindesrettung.
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