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das ihrer Meinung nach von einer Unholdin gesterbte
Vieh bei Seite zu schaffen und dieses häusliche Unglück
vor dem Manne so lang als möglich zu verheimlichen.
Aber ihr Erstaunen ging über Alles, als sie von ungefähr
in den Futtertrog sah und einen ganzen Hansen goldner
Blätter darin erblickte. Daher schärfte sie geschwind das
Küchenmesser, brach den Ziegenleichnam ans und fand
im Magenschlunde einen Klumpen Gold, so groß, als
einen Paulinerapfel, und so auch nach Verhältniß in den
Mägen der Zicklein.
Jetzt wußte sie ihres Reichthums kein Ende; doch
mit der Besitznehmung empfand sie auch die drückenden
Sorgen desselben; sie ward unruhig, scheu, fühlte Herz-
klopfen, wußte nicht, ob sie den Schatz in die Lade ver-
schließen oder in den Keller vergraben sollte, fürchtete
Diebe und Schatzgräber, wollte auch den Knauser Steffen
nicht gleich Alles wissen lassen, aus gerechter Besorg-
niß, daß er, vom Wuchergeist angetrieben, den Mammon
an sich nehmen und sie dennoch nebst den Kindern darben
lassen möchte. Sie sann lange, wie sie's klug genug
damit anstellen möchte, und fand keinen Rath. Endlich
nahm sie ihre Zuflucht zu dem trostreichen Seelenpfleger
des Dorfes, berichtete ihm unverhohlen das Abenteuer
mit Rübezahl, wie er ihr zu großem Reichthum ver-
holfen und was sie dabei für Anliegen habe. Nach-
dem er lange nachgesonnen hatte, sagte er: Hör' an,
meine Tochter, ich weiß guten Rath für Alles. Wäge
mir das Gold zu, daß ich dir's getreulich aufbewahre;
dann will ich einen Brief schreiben in welscher Sprache,
der soll dahin lauten: dein Bruder, der vor Jahren in
die Fremde ging, sei in der Venediger Dienst nach In-
dien geschifft und daselbst gestorben, und habe all sein
Gut dir im Testament vermacht, mit dem Beding, daß
der Pfarrer des Kirchspiels dich bevormunde, damit es dir
allein und keinem andern zu Nutz komme. Ich begehre
weder Lohn noch Dank von dir; nur gedenke, daß du
der heiligen Kirche einen Dank schuldig bist für den
Segen, den dir der Himmel bescheert hat, und gelobe ein
reiches Meßgewand in die Sakristei. Dieser Rath be-
hagte dem Weibe herrlich: er wog in ihrem Beisein das
Gold gewissenhaft bis auf ein Quentlein aus, legte es in
den Kirchenschatz, und das Weib schied mit frohem und
leichtem Herzen von ihm.
Rübezahl aber war mittlerweile auch nicht müßig ge-
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Rasch galopirt ein Graf hervor,
Auf hohem Roß ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt."
Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag' an, mein braver Sang, sag' an!
Der Graf, beim höchsten Gott, war brav;
Doch weiß ich einen bravern Mann. —
O braver Mann! braver Mann! zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich.
Und immer höher schwoll die Fluth,
Und immer lauter schnob der Wind,
Und immer tiefer sank der Muth;
O Retter ! Retter! komm geschwind.
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach,
Laut krachten und stürzten die Bogen nach.
„Halloh! Halloh! frisch auf gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein Jeder hört's, doch jeder zagt;
Aus Tausenden tritt Keiner vor.
Vergebens durchheulte mit Weib und Kind
Der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind.
Sieh! schlecht und recht ein Bauersmann
Am Wanderstabe schritt daher,
Mit grobem Kittel angethan,
An Wuchs und Antlitz hoch und hehr.
Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort,
Und schaute das nahe Verderben dort.
Und kühn, in Gottes Namen, sprang
Er in den nächsten Fischerkahn;
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
Kam der Erretter gücklich an.
Doch wehe! der Nachen war allzuklein,
Der Netter von Allen zugleich zu sein.
Und dreimal zwang er seinen Kahn
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang,
Und dreimal kam er glücklich an,
Bis ihm die Rettung ganz gelang.
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139
„Die Zeit ist gekommen, wo Ihr die Wahl habt zwischen
Knechtschaft und Krieg. Ihr mögt entscheiden. Bisher
habe ich nur Eure Wohnungen plündern müssen, um einen
entehrenden Tribut an die Barbaren abzutragen; jetzt muß
ich, wie ein Tempelräuber, das Haus Gottes durchsuchen
und seine Heiligthümer der schändenden Hand der Heiden
überliefern, um von ihnen noch einige Tage Ruhe für meine
Unterthanen zu erkaufen. Was wählt Ihr, das Schwert
oder die Schande?" Das wirkte, und allgemein erscholl
das furchtbare Wort: „Krieg!"
Bald erschienen die Gesandten der Ungarn, um in
einer gebieterischen Sprache den bestimmten jährlichen Tribut
zu fordern. Statt dessen (so lautet die Sage) ließ ihnen
Heinrich zum Spott einen alten, räudigen Hund zustellen
mit den Worten: „Bringet diesen Hund Euerm König als
Tribut von den freien Deutschen, Ihr Räuber seid Leines
bessern werth."
Das war das Losungswort zu einem fürchterlichen
Kampfe. Die Ungarn standen mit einem Heereshaufen von
300,000 Mann zur Rache auf und wälzten sich gegen das
Ende des Jahres 932 in Sachsen hinein. Ihr Weg war
mit Gräuel und Verwüstung bezeichnet. Priester wurden
auf den Altären geschlachtet, Kinder mit siedendem Wasser
getauft, Greise lebendig begraben, Jungfrauen und Weiber
in Wagen gespannt, die sie wie Pferde ziehen mußten, und
überall unmenschliche Grausamkeiten ausgeübt. Besonders
wurde an der Mulde, Saale und Elbe Alles verheert, ge-
plündert und in Asche gelegt. - An die Häupter der Sorben-
wenden in dem Meißnerlande wurden von den Ungarn
Abgeordnete geschickt, die das Heer derselben zu dem ihrigen
rufen und führen sollten; sie erhielten aber verneinende Ant-
wort, indem sich die Sorben mit den im vorigen Jahre er-
littenen Niederlagen entschuldigten. Die Ungarn glaubten die
Sachsen unvorbereitet zu finden und strömten daher, wie ein
Heuschreckenheer, nach Thüringen zu. Der geringe Wider-
stand, den sie bis jetzt gefunden hatten, veranlaßte zum
Glück für Deutschland die ungarischen Anführer, das
Heer zu theilen. Eine Abtheilung von 50,000 Ungarn,
welche die Stadt Sondershausen belagerte, wurde von
den Thüringern geschlagen, ihre Anführer gefangen und
die Fliehenden aufgerieben. Was sich in einsame Wälder
gerettet hatte, kam vor Hunger und Kälte um oder fand
den Tod in Sümpfen. Kaum blieben einige Wenige
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Ungarn Sachsen Ungarn Sachsen Deutschland Ungarn Sondershausen
104
den schlafenden Jüngling kennen oder etwas von seinem
Unglück wissen, bis die ehemalige Verlobte des Berg-
manns kam, der eines Tages auf die Schicht gegangen
war und nimmer zurückkehrte. Grau und zusammenge-
schrumpft kam sie an einer Krücke an den Platz und er-
kannte ihren Bräutigam; und mehr mit freudigem Ent-
zücken als mit Schmerz sank sie auf die geliebte Leiche
nieder und erst, als sie sich von einer langen, heftigen
Bewegung des Gemüths erholt hatte, sagte sie endlich: Es
ist mein Verlobter, um den ich fünfzig Jahre getrauert
habe und den mich Gott noch einmal sehen läßt vor mei-
nem Ende. Acht Tage vor der Hochzeit ist er auf die Grube
gegangen und nimmer wieder gekommen. Da wurden die
Gemüther aller Umstehenden von Wehmuth und Thränen
ergriffen, als sie sahen die ehemalige Braut jetzt in der
Gestalt des hingewelkten, kraftlosen Alters und den
Bräutigam noch in seiner jugendlichen Schönheit, und
wie in ihrer Brust nach 50 Jahren die Flamme der
jugendlichen Liebe noch einmal erwachte, aber er öffnete
den Mund nimmer zum Lächeln oder die Augen zum
Wiedererkennen, und wie sie ihn endlich von den Berg-
leuten in ein Stüblein tragen ließ, als die Einzige, die
ihm angehöre und ein Recht an ihn habe, bis sein Grab
gerüstet sei auf dem Kirchhofe. Den andern Tag, als
das Grab gerüstet war auf dem Kirchhof und ihn die
Bergleute holten, legte sie ihm das schwarzseidene Hals-
tuch mit rothen Streifen um und begleitete ihn in ihrem
Sonntagsgewand, als wenn es ihr Hochzeittag und
nicht der Tag seiner Beerdigung wäre. Dann als man
ihn auf dem Kirchhofe ins Grab legte, sagte sie: Schlafe
nun wohl, noch einen Tag oder zehn im kühlen Hochzeit-
bett, und laß dir die Zeit nicht lange werden. Ich habe
nur noch ein wenig zu thun und komme bald, und
bald wird's wieder Tag. — Was die Erde einmal wie-
der gegeben hat, wird sie zum zweitenmal auch nicht
behalten, sagte sie, als sie fortging und noch einmal
umschaute.
|54. Das Lächeln im Tode.
Ein frommer Greis war dem Tode nahe, und seine
Kinder und Enkel standen um sein Sterbebett. Er schien
jetzt zu schlafen und lächelte dreimal mit geschlossenen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Erste Blühte griechischer Literatur und Wissenschaft. Zz
gung und Einfachheit im Lebensgenuß mit feinerer Bildung und edlerem
Geschmack, wie seitdem kein anderes Volk, verbunden, bis ein minder tüch-
tiges Geschlecht (nach Perikles) wohl noch den letzteren Ruf sich erhielt,
aber mit dem Verlust der erstern Tugenden bald auch der Freiheit ver-
lustig ging.
15. Erste Blüthe griechischer Literatur und Wissenschaft.
t. Verbindung der Religion mit der Dichtkunst. Orpheus. 2. Epische Poesie. Die
alten Rhapsoden. Homer. Hesiod. 3. Lyrische Poesie. Pindar, Arion, Tyrtäus, Jby-
kus. 4. Ansänge der Philosophie. Kernsprüche der 7 Weisen. Urstoff der Welt.
Thales, Anaximenes, Heraklit, Pythagoras. Leben der Pythagoräer.
1. Die älteste Poesie der Griechen ist in ein mythisches Dunkel ge-
hüllt. Sie begann mit der Religion und blieb lange mit ihr in Verbin-
dung. Als Heimat der ersten Sänger wird das nördliche Griechenland
angesehen; von Thrazien aus soll sich der Gesang (die Poesie) mit den
Ansängen der Bildung überhaupt nach Mittclgriechenland verbreitet haben.
Dort ist der Götterberg Olymp, hier der Helikon und Parnass ns,
wo die Menschen von den Musen zu Lobliedern auf die Götter begeistert
wurden. Der Sage nach war Orpheus der älteste der heiligen Sänger. Orpheus.
Von seinen Klängen wurden Thiere, Felsen und Haine erregt, wieviel mehr
nicht die Menschen, denen er in seinen Gesängen Anleitung zu Gottes-
dienst und gesetzlicher Ordnung gab! Als seine Gattin Eurydice an einem
Schlangenbiß starb, drang er in die Unterwelt und erweichte durch seine
Töne sogar den finstern Hades, so daß dieser verhieß, Eurydice solle dem
Gatten zur Oberwelt folgen, wenn er unterwegs nicht nach ihr zurück-
blicke. Er konnte aber der Sehnsucht nicht widerstehen, sah sich um und
ward dadurch auf immer von dem geliebten Weibe getrennt. Sieben Tage
gab er sich dem stummen Schmerze hin, dann irrte er klagend durch das
Hämusgebirge, wo er einen gewaltsamen Tod fand. An seinem Grab-
hügel nisteten Nachtigallen und sangen da schöner und klagender als an
andern Orten.
2. Die mit den Wanderungen und neuen Ansiedelungen der Grie-
chen beginnende thatenreiche Zeit führte die Poesie aus dem heiligen Tem-
pelkreise heraus und dem wirklichen Leben zu. Vom Priester und Scher
trennte sich der Sänger; Erzählung der Thaten der Helden ward
vorzugsweise Gegenstand der Poesie. Es entstand die epische Poesie, in
der sich die Auffassungsweise, die Klarheit und Besonnenheit der Griechen
deutlich abspiegelt. Der Dichter bleibt verborgen hinter seinem Werke;
seine Gefühle und Reflexionen treten nirgends hervor; er vergißt sich
selbst und seine Empstndungen. Nur in der Absicht, die Herzen zu erhe-
den und zu erfreuen, enthüllt er ein Gemälde von erlebten oder in Er-
fahrung gebrachten Begebenheiten, die er nach innerer Wahrheit zusammen-
gestellt und durch den Zauber der Phantasie verklärt hat. So dichteten die
alten Rhapsoden, welche ihre Gesänge in den Palästen der Könige oder in den
Volksversammlungen vortrugen. Die Dichtungen wurden nicht ausgeschrieben,
sondern pflanzten sich von Mund zu Mund, von Generation zu Generation
fort. — Aus uns sind nur die Gesänge gekomnwn, welche das große Na-
tionalunternehmen der Hellenen, die Eroberung von Troja, zuul Gegen-
Spieß u. Beriet Weltgeschichte Iii. Z
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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6
Alte Geschichte.
Vaters am Gebirge Jdah, als die drei Göttinnen vor ihm erschienen und
ihm die Ursache ihres Streites vortragen. Eine jede suchte ihn durch Ver-
sprechungen zu gewinnen: Here verhieß ihm, wenn er sie für die Schönste
erklären würde, die Herrschaft über die Länder der Erde) Athene versprach
ihm den Ruhm eines Weisen unter den Menschen; Aphrodite aber gelobte,
ihm Helena, die schönste Frau der Erde, zu schenken. Dieses Geschenk zog
Paris allen übrigen vor; er erklärte Aphroditen für die schönste Göttin und
überreichte ihr den goldenen Apfel. Zum Dank dafür geleitete die Venus
den Paris nach Sparta H in Griechenland, zum König Menelaus, der sich
mit der schönen Helena vermählt hatte. Menelaus nahm den trojanischen
Königssohn gastfreundlich auf; aber dieser vergalt das Gastrecht schlecht.
Denn eines Tages, wo der König abwesend war, entführte er diesem die
Gemahlin und entfloh mit ihr nach Troja. Da der König Priamus sich
weigerte, die geraubte Helena zurückzusenden, so beschlossen die erzürnten
Griechenfürften, ihn mit der Gewalt der Waffen zu zwingen.
2. Es erhoben sich die Fürsten mit ihren Kriegern aus allen Theilen
Griechenlands; selbst von den anliegenden Inseln eilten sie herbei. Der
Hafen Aulis in Mittelgriechenland, Euböa gegenüber, wurde zum Sammel-
platz bestimmt. Dahin kamen mit ihren Schaaren gezogen Menelaus
selbst und sein Bruder Agamemnon, König von Myzenc *), sowie andere
berühmte Helden. Der ausgezeichnetste und gefeiertste aller Kämpfer aber
war Achilles aus Thessalien der Sohn des Peleus und der Thetis, der
an Kühnheit und Gewandtheit einem Löwen glich. Dagegen kam keiner an
Klugheit und Erfahrung dem Odysseus oder Ulysses, König von Jthakah
gleich. Die Gesammtzahl der Griechen belief sich auf 100,000 und über
1200 Schiffe waren zur Ueberfahrt nöthig. Agamemnon, den mächtigsten
König des Landes, wählten die übrigen Fürsten zum Oberanführer, ließen
sich aber dadurch von der Herrschaft über ihre eigenen Völker nichts nehmen.
Ein widriger Wind verhinderte lange das Auslaufen der Flotte. Da befragte
man wegen der Ursache den Priester und Seher Kalchas: „Ihr müßt,"
antwortete dieser, „Agamemnon's Tochter, Jphigenia, opfern." — Alle
erschraken, am meisten des Mädchens Vater. Nach langem Widerstreben aber
mußte Agamemnon einwilligen, daß sein liebes Kind für das allgemeine Beste
hingeopfert würde. Schon war die Jungfrau herbeigeholt, schon rauchte der
Altar, schon zuckte der Priester das Messer — da entrückte die Göttin Diana
das Mädchen in einer Wolke und als sich diese verzog, stand ein Reh da.
Dies wurde geopfert. Jetzt wandte sich der Wind, die Flotte lies aus und
landete glücklich an der trojanischen Küste.
3. Troja war eine stark befestigte Stadt und hatte hohe Mauern mit
mächtigen Thürmen. In derselben war ein zahlreiches Heer der Trojaner
und ihrer Verbündeten; an der Spitze desselben stand Hektor, der älteste
Sohn des Priamus, der es an Muth und Tapferkeit mit jedem Griechen
aufnahm. Die Griechen mußten zu einer förmlichen Belagerung der feind-
lichen Stadt schreiten. Bald aber gingen ihnen die Vorräthe aus und sie
*) Ida, Gebirge östlich von Troja. — Sparta, die Hauptstadt der Landschaft
Lakonien oder Läcedämon im südlichen Theil des Peloponnes. — Myzene s. S. 4.
Anm. 2. — Jthaka, Insel an der Westküste von Hellas, gehört zu den sogenannten
ionischen Inseln.
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Extrahierte Personennamen: Helena Helena Helena Myzenc Achilles Jthakah Agamemnon Diana Troja Muth Ida —_Jthaka
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Sparta Griechenland Troja Griechenlands Aulis Mittelgriechenland Euböa Thessalien Jphigenia Troja Sparta Lakonien
38
Alte Geschichte.
Volk bezwungen, so wurde der Knabe traurig und sagte mit Thränen in
den Augen: „Ach mein Vater wird noch die ganze Welt erobern und mir
nichts zu thun übrig lassen!" Am liebsten hörte er Erzählungen von den
Großthaten der alten Helden, von Krieg und Schlachten. Homer war sein
Lieblingsbuch. Ein Held zu sein, wie Achilles, war sein größter Wunsch.
Die homerischen Gesänge waren ihm so lieb geworden, daß er sie des Nachts
unter sein Kopfkissen legte, um darin zu lesen, sobald er erwachte. Auch
auf seinen Feldzügen trug er das Buch bei sich und bewahrte cs in einem
goldenen Kästchen.
Einst wurde seinem Vater ein prächtiges, aber sehr wildes Streitroß,
Buzephalus genannt, für den ungeheuern Preis von dreizehn Talenten
angeboten. Die besten Reiter versuchten ihre Kunst an demselben, aber keinen
ließ cs aufsitzen. Der König befahl, das Thier wieder wegzuführen, da es
ja kein Mensch gebrauchen könne. „Schade um das schöne Thier!" rief
Alerand er, „ich bitte, Vater, laß mich doch einmal einen Versuch machen."
Nachdem Philipp cs gestattet, näherte sich Alexander dem Pferde, griff es
beim Zügel und führte cs gegen die Sonne, denn er hatte bemerkt, daß
cs vor seinem eigenen Schatten sich scheute. Dann streichelte und licbkosete er-
es und ließ heimlich seinen Mantel fallen. Ein Sprung jetzt und der Jüng-
ling sitzt ans dem wilden Rosse! Pfeilschnell fliegt das Thier mit ihm dahin.
Philipp und alle Umstehenden zitterten für das Leben des Kühnen. Wie
er aber frohlockend umlenkt und das Roß bald rechts bald links nach Will-
kür tummelt, da erstaunen Alle und Philipp weinte vor Freude.
Achtzehn Jahre alt focht Alexander mit in der Schlacht bei Chäronea.
Der Sieg war hauptsächlich sein Werk und nach der Schlacht umarmte ihn
der Vater mit den Worten: „Mein Sohn, suche dir ein anderes Reich,
Mazedonien ist für dich zu klein."
Zwanzig Jahre alt, ward Alexander König. Schwer war für den
jungen Herrscher der Anfang seiner Regierung. Rings umher standen die
unterjochten Völker auf. Die Athener spotteten des jungen Mazedoniers,
nannten ihn bald einen Knaben, bald einen unerfahrnen Jüngling, von dem
nichts zu fürchten sei. „Unter deit Mauern Athens" sprach Alexander „werde
ich ihnen zeigen, daß ich ein Mann bin!" Sogleich brach er mit seinem
Heere auf. Das Gerücht hiervon stellte die Ruhe U'icdcr her; Alle huldig-
ten ihm. Jetzt eilte er zurück und unterwarf sich unter harten Kämpfen
die Völker inr Norden und Westen seines Landes.
Plötzlich verbreitete sich das Gerücht, Alexander sei umgekommen.
Da war Jubel in ganz Griechenland; Feste wurden gefeiert und Opfer
gebracht, die Thebancr tödteten sogar den mazedonischen Befehlshaber und
verjagten die Besatzung. Aber schnell stand Alexander vor ihren Thoren
und zeigte ihnen, daß er noch lebe. Denn als sie ihm auf seine Auf-
forderung, sich zu unterwerfen, eine kecke Antwort gaben, nahm er mit stür-
mender Hand die Stadt und zerstörte sie von Grund aus. Nur das Haus
des Dichters Piudari» verschonte er, weil dieser in so schönen Liedern die
Sieger in den griechischen Kampsspielen besungen hatte.
-) Pin dar lebte zwei und halbes Jahrhundert vor Alexander (um 600) und
war ein Zeitgenosse des Solon.
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Extrahierte Personennamen: Homer Achilles Philipp Philipp Alexander Alexander Philipp Philipp Philipp Alexander Alexander Alexander_König Alexander Alexander_„werde Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander
40
Alte Geschichte.
Perser das L-chwcrt zum Tvdcsstreiche auf. Aber iu dem Augenblicke eilte
Klitus, ein Mazedonier, herbei und schlug dem einen Perser mit Einem
Hiebe Arm und Schwert zugleich zur Erde, während der König den an-
dern erlegte.
Durch diesen Sieg am Granikus (im Jahre 334) wurde Alexander Herr
von Kleinasien. Mit seinem jubelnden Heere eilte er von Stadt zu Stadt;
welche sich ihm nicht freiwillig unterwarf, wurde mit Sturm genommen E-
Endlich kam er (im Jahre 333) nach Cilizien,^) und nahm sein Quartier in
Tarsus. Ein klarer, frischer Fluß, der Kydnus, floß hier vorbei. Die Hitze
des Tages machte ihm Lust, sich zu baden; aber kaum war er im Master,
als ihn ein Fieberfrost ergriff und man ihn halbtodt heraustragen mußte.
Die Aerzte gaben ihn auf und getrauten sich nicht, etwas zu verordnen;
dazu kam noch die Kunde, daß der Perserkönig Darius Kodomauus
(regierte 336 — 331 vor Chr.) mit dem Hauptheere im Anzüge sei.
Da entschloß sich Alerander's Arzt Philippus ein gefährliches, aber
entscheidendes Mittel anzuwenden. Eben bereitete er den wichtigen Trank,
als ein Bote von Parmenio, der in Kleinasien zurückgeblieben war, an den
König einen Brief brachte, worin jener schrieb: ,,Nimm dich vor Philippus
in Acht; er ist von Darius bestochen worden, dich zu vergiften." Alexander
las und überlegte. Schon trat Philippus in's Zimmer, die Sckaale in
der Hand, aber mit so ruhiger, unbefangener Miene, daß der König, der
ihn scharf ansah, alles Mißtrauen aufgab und unbesorgt die Schaale an
den Mund setzte, während er dem Arzte den Brief überreichte. Als dieser
ihn gelesen hatte, wurde er zornig über solche Verleumdung und wollte sich
rechtfertigen. ,,Sei ruhig, Philipp," antwortete ihm der König, „ich glaube,
daß du unschuldig bist; der Erfolg wird es zeigen." Er zeigte es auch
wirklich. Schon am dritten Tage stand der Genesene wieder an der Spitze
seines jubelnden Heeres und zog weiter nach Jssus.
Hier, wo das mittelländische Meer sich nach Süden hinunterzieht, stand
Darius mit einem schlagfertigen Heere von 600,000 Manu. Wie eine
schwere Gewitterwolke kam die mazedonische Phalanx unverzagt herangezogen,
so daß die Perser trotz ihrer Ueberzahl ein Grauen überfiel. Sie wichen
zurück; bald löste sich das ganze Heer in wilde Flucht auf. Schrecklich war
das Gemetzel, über 100,000 Perser blieben auf dem Platze. Um des
Darius Wagen waren soviel Leichen aufgehäuft, daß derselbe nicht von
der Stelle gerückt werden konnte. Der Perserkönig sprang hinaus, ließ
Mantel, Schild und Bogen zurück, warf sich auf sein Pferd und jagte da-
von. Seine Mutter, seine Gemahlin, zwei Töchter und ein unmündiger
Sohn fielen in die Hände des Siegers. Sie brachen in lautes Wehklagen
aus, weil sie glaubten, Darius sei erschlagen. Alexander aber tröstete sie
und gab ihnen die Versicherung, daß Darius noch lebe. Ueberhaupt bc- 1
1) Auf diesem Kriegszug kam Alexander auch nach der Stadt Gordiou. Hier
befand sich ein uralter Königswagen mit einem künstlich verschlungenen Knoten, von
dem ein Orakelspruch ausgesagt hatte , daß wer ihn löse, die Herrschaft über Asien
erlangen würde. Alexander erfüllte die Weissagung, indem er den gordischen Knoten
mit dem Schwerte zerhieb.
2) Cilizien, die südöstlichste Provinz Kleinasiens mit der Hauptstadt Tarsus,
der Vaterstadt des Apostels Paulus.
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Herr
von_Kleinasien Alexander Darius_Kodomauus Darius Darius Darius Alexander Alexander Philippus Philipp," Philipp Darius Darius Darius Darius Darius Darius Alexander Alexander Darius Darius Alexander Alexander Alexander Alexander Apostels Paulus
Alte Geschichte.
66
meinem Alter schon die Welt erobert und ich -— i ch habe noch nichts ge-
than." Für das Jahr 65 wurde Cäsar zum Aedln) erwählt. Jetzt sparte
er keine Kosten durch Verschönerung der Stadt, durch prachtvolle Spiele sich
beim Volke noch mehr in Gunst zu setzen. Namentlich veranstaltete er glän-
zende Kämpfe der Gladiatoren2); einstmals z. B. traten 320 Paare, alle
in silbernen Rüstungen, auf. Durch Alles dies ward Cäsar der Liebling
des Volkes, den es bald von Stufe zu Stufe erhob.
Im Jahre 63 hielt Cäsar um das Amt eines Pontifex marimus^
au, ein Amt, das bisher nur ehrwürdigen Greisen übertragen worden war.
Seine Mutter ricth ihm daher ab, doch Cäsar ließ sich dadurch von seinem
Vorsatz nicht abbringen und schied am Wahltage von ihr mit den Worten:
„Mutter, entweder siehst du mich als Oberpriester, oder als Verbannten wie-
der^)." Und er wurde gewählt. — Ungeachtet seiner zahlreichen Gläubiger
setzte Cäsar seine verschwenderische Lebensart fort und er gerietst so tief in
Schulden, daß er einst einem Freunde sagte: „Fünfzehn Millionen brauche
ich ohngefähr, um sagen ^u können, daß ich nichts habe." Daher wollten
ihn seine Gläubiger nicht fortlassen, als er für das folgende Jahr (62) zum
Statthalter des westlichen Spaniens erwählt wurde. Der reiche Krassus
verbürgte sich für ihn und nun ließ man ihn ziehen. Auf der Reise nach seiner
Provinz soll er beim Anblick eines kleinen Dorfes am Fuße der Alpen ge-
sagt haben: „Ich wollte lieber hier der Erste sein, als in Rom der Zweite."
Ein Ausspruch, der sein Ziel deutlich bezeichnet. — Ein ungeheures Ver-
mögen hatte Cäsar itach Verlauf des Jahres in dem verwalteten Lande
erpreßt, er kehrte itach Rom zurück, bezahlte seine Schulden und behielt
immer noch genug, um durch Geldspenden und Austheilung von Getreide
das Volk noch mehr an sich zu fesseln.
3. Cäsar versöhnte bald darauf den reichen Krassus mit dem damals
in Rom hvchangesehenen Po mp ejus 5) und machte beiden den Vorschlag,
daß sie sich mit ihm verbänden, den Staat nach ihrem Willen zu regieren.
Pompejus, Cäsar und Krassus beschworen dieses Bündniß, der berühm-
teste, der klügste und der reichste, im Jahre 60 vor Chr. und als diese Ver-
einigung im Volke bekannt wurde, nannte man dieselbe den Dreimäuner-
bund oder das Triumvirat.
Cäsar wurde hierauf für das Jahr 59 ztim Cónsul erwählt. Sein
Amtsgenosse war Bibulus. Cäsar aber, verbunden mit Pompejus und
Krassus, regierte allein und die Römer sagten daher spöttisch, „cs seien in
diesem Jahre Julius und Cäsar Konsuln gewesen." — Nach Ablauf seines * * 3 4 5
*) Die Aedilen waren obrigkeitliche Personen, denen die Aufsicht über die öffent.
lichen Gebäude, sowie die Anordnung der großen Kampfspiele anvertraut war.
2) Gladiatoren (von gladius, das Schwert) waren die Fechter, welche in
Kampfspiclen meist auf Leben und Tod miteinander kämpften.
3) Dem Pontifex maximns oder Oberpriestcr war die Beaufsichtigung und
Aufrechterhaltung der gottesdienstlichen Gebräuche, des gesammten Kultus rc. übertragen,
4) Wer sich um ein öffentliches Amt beworben hatte und nicht gewählt wurde,
mußte auf Ein Jahr Rom verlassen.
5) Pompejus hatte (64) den übrigen Theil Kleinasien's und (63) Syrien
mit Palästina der Herrschaft der Römer unterworfen: Kursus 2. S. 79—84.
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10
Alte Geschichte.
schützen? Keiner wird ihn mehr achten, weil er des Vaters beraubt ist. —
Du unglücklicher Mann! Da liegst du nun dort draußen nackend im Staube,
den Würmern und Hunden zur Speise und ich vermag mit keinem der vielen
Kleider, die du hier liegen hast, dich zu bedecken! O wehe mir!"
6. Priamus saß unterdessen mitten unter seinen weinenden Söhnen
sprachlos da. Der Gedanke, daß sein trefflicher Sohn ohne Beerdigung
bleiben sollte, beschäftigte ihn ganz und ein nächtlicher Traum bestärkte ihn
noch mehr in seinem Vorsatze, in's griechische Lager zu gehen und von Achilles
den Leichnam zu erbitten. Alles Flehen der Hekuba war vergebens, nichts
vermochte ihn zurückzuhalten. Nachdem er ein reiches Lösegeld au Gewän-
dern, Teppichen, köstlichen Gesäßen und gediegenem Golde zusammengelegt
hatte, mußten ihm die Söhne den Wagen bereiten und mit einbrechender
Nacht eilt er, nur vom Wagenlenker begleitet, raschen Laus's durch das Feld.
Unbemerkt kam er in das Lager der Griechen, fand das Zelt des Achilles
und trat hinein. Noch saß der Held, in schwermüthige Betrachtungen ver-
senkt, das Haupt auf den Arm gestützt, vor dem Tische, wo er das Nacht-
mahl gehalten hatte. Er bemerkte den Greis nicht eher, bis dieser seine
Kniee umschlang und ihm die Hände küßte, die ihm viele Söhne erschlagen
hatten. Staunend betrachtete Achilles die edle Gestalt des Greises, der in
folgende Worte ausbrach: „Denke an deinen Vater, du mächtiger Achilles,
der so alt wie ich, jetzt fern von dir ist. Vielleicht umdrängen auch ihn
jetzt mächtige Völker und keiner ist da, der sie ihm abwehrt. Aber er weiß
doch, daß ihm noch ein tapferer Sohn lebt und von Tag zu Tag hofft er
auf deine Wiederkehr. Ich aber, ich Unglücklicher! ich habe so viele Söhne
erzeugt, und von den tapfersten ist mir keiner mehr übrig. Fünfzig Söhne
hatte ich noch, als ihr in mein Land kämet, neunzehn allein von einer
Mutter geboren. Viele davon fielen in der Schlacht; aber der mein einzig
geliebter war, der die Stadt und uns Alle beschirmte, den hast du getödtct,
als er für sein Vaterland kämpfte. Für ihn, für meinen Hektor, bin ich
zu dir gekommen, ihn für viele Lösung von dir zu erkaufen. O Achilles,
fürchte die Götter und erbarme dich meiner; denke an deinen eigenen Vater!
Wie glücklich ist er gegen mich Elenden, der ich die Hand küsse, die meine
Kinder erschlug!" Diese Worte erweichten den harten Achilles. Die Erinnerung
an seinen alten Vater daheim hatte ihn wundersam ergriffen. Sanft faßte er
den Greis bei der Hand und Thränen der Wehmuth entflossen seinen Augen
um den abwesenden Vater und um den dahingeschiedenen Freund. Endlich
hob er den Greis auf und sprach zu ihm tröstende Worte.
Daraus verließ er das Zelt, ließ die Lösung vom Wagen des Priamus
heben und befahl den Mägden, die Leiche zu waschen, in reine Gewänder
zu schlagen und auf den Wagen zu legen. Dann kehrte er zum Greise
zurück. „Siche!" sprach er, „dein Sohn ist gclöset, wie du eö gewünscht
hast; er liegt schon auf dem Wagen. Sobald der Morgen sich rothet,
führst du ihn nach der Stadt. Jetzt aber laß durch Speise und Trank uns
erquicken." Nachdem sie sich nun gesättigt und durch Schlaf gestärkt hatten,
eilte Priamus mit der theuern Bürde nach der Stadt zurück, vorher aber
bewilligte Achilles noch, daß elf Tage Waffenruhe sei, damit die Troer neun
Tage den Todten beweinen, am zehnten ihn verbrennen und am elften das
Grabmal aufrichten könnten.
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