Das Königreich der Niederlande.
287
und dem bauschigen Umfange der Röcke die schönsten Gestalten
verlieren muffen. Da es vergeblich war, in diesem Broek mit ir-
gend einer menschlichen Seele in Berührung zu kommen, so eil-
ten wir, um den Mittag und übrigen Theil des Tages in Saar-
dam zuzubringen."
Ein andrer Reisender schildert die in der Nähe von Broek
liegenden Holländereien auf folgende Art: „In einem artigen,
nach hiesiger Gewohnheit ausgeputzten, und mit niedlichen Mat-
ten belegten, von dem Kuhstalle nur durch eine Thüre abgeson-
derten Cabinette fanden wir den Hauswirth, welcher wider unsre
Erwartung sehr freundlich und bereit war, uns die ganze Ein-
richtung seiner Wirthschaft zu zeigen. Er öffnete die Thüre, und
wir befanden uns — im Kuhstalle, welcher, zumal in dieser Zah-
reszcit, da die Kühe auf der Weide waren, eben so gut zum Vi-
sitcnzimmer hätte dienen können. Der marmorne Fußboden, mit
den feinsten Matten bedeckt, die Wände mit Vließen eingelegt, zu
beiden Seiten, wo die Stände für die Kühe waren, der etwas
erhöhete Fußboden von bemaltem Holze, auf dem man kein Stäub-
chen gewahr wurde. Die Geräthschaften, Schaufeln, Mistgabeln
und dergleichen waren ebenfalls bemalt, und mit vergoldetem
Schnitzwerk versehen. Eimer und Milchgefäße auswendig bunt,
und inwendig mir weißer Oelfarbe überstrichen. Von hier gingen
wir in die Molkenkammer, wo ein niedlich, äußerst reinlich ange-
zogenes Mädchen im kurzen Unterrocke und mit aufgestreiften Aer-
meln sich mit Buttermachen beschäftigte. Hier ist die große Rein-
lichkeit am rechten Orte, und wenn man die hiesige Molkenwirth-
schaft sieht, muß sie uns die holländische Butter doppelt schmack-
haft machen. Ich erkundigte mich genau nach dem Prozesse des
Buttcrmachens, und durch dasjenige, was ich erfuhr, bin ich
überzeugt worden, daß der vortreffliche und reine Geschmack, der
ihr eigen ist, fast einzig und allein daher rührt, daß man die
Milch eher abrahmt, den Rahm nicht so lange stehen läßt, und
die Butter sorgfältiger reinigt, als bei uns. Das Vieh wird täg-
lich zweimal gemolken. Die Milch am Abend wird des folgenden
Morgens, und die vom Morgen des Nachmittags darauf abge-
rahmt, und der Nahm sogleich verarbeitet. Wenn man die hol-
ländische Butter zerschneidet, so stndet man sie ganz zusammen-
hängend, ohne fremde Theile, ohne Zwischenräume, und ohne
mancherlei Farben. Dies sind Eigenschaften, welche vorzüglich
von einer sorgfältigen Reinigung abhängen, und ich glaube fest,
wenn man bei uns so verführe, so würde man die Butter so
wohlschmeckend, als die Holländer sie haben, gewinnen können."
Zaandam oder Saar dam liegt auch in Nordholland,
d. i. an der Nordseite des V, Amsterdam schräg gegenüber. Der
Ort heißt ein Dorf, doch ist dies Dorf so groß und bevölkert,
daß es sich mit Len meisten unsrer Mittelstädte recht gut meffen
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Das Königreich ici Niederlande.
295
Men hielt er eine öffentliche Disputation, und als er im Iztcn
mit dem holländischen Gesandten nach Paris kam, gefiel er dem
Könige Heinrich Iv. so, daß dieser ihm eine goldene Kette mit
seinem Bildnisse umhängte. Seitdem bekleidete er nach einander
die ausgezeichnetsten Aemter, und mar bald einer der ersten Staats-
männer seiner Zeit. Aber cs waren damals zwei Partheien in
Holland entstanden, die sich durch religiöse Glaubenslehren unter-
schieden. Auf der einen mar der Statthalter Prinz Moriz von
Oranien, ein Sohn jenes Wilhelms, und auf der andern Hugo
Grotius. Jene siegte, und plötzlich sah sich Hugo von Frau und
Kindern gewaltsam getrennt, eingekerkert, und sogar mit der Fol-
ter bedroht, obgleich seine Gesundheit dainals sehr litt. Einige
seiner Freunde wurden hingerichtet, er aber zu lebenslänglichem
Gefängniß verurtheilt, und nach einem festen Schlöffe gebracht.
Nach vielem Bitten erhielten seine Frau und seine Kinder die
Erlaubniß, in sein Gefängniß zu kommen, aber unter den här-
testen Beschränkungen. Auch erlaubte man ihm, sich von seinen
Büchern dann und wann eine Kiste voll bringen zu lasten. So
währte sein Gefängniß bis ins dritte Jahr. Endlich schlug'ihm
seine treue Frau vor, einen Versuch zu seiner Befreiung zu ma-
chen. Er versuchte mehrmals, wie lange er wohl in der ver-
schlossenen Bücherkiste aushalten könne; endlich als der Plan
reif war, stieg er, statt der Bücher, in die leere Kiste; die ge-
wöhnlichen Träger wurden gerufen, dieselbe nach der nächsten Stadt
zu tragen, und da im Hause eines sichern Freundes niederzusetzen,
während die Frau, auf jedes Schicksal gefaßt, im Kerker zurück-
blicb. Keiner der Träger merkte etwas; nach zwei bangen Stun-
den konnte er den Deckel öffnen. Sein Freund hatte ihm eine
Maurertracht fertig gelegt, und in dieser ging er, einen Maaß-
stab in der Hand, am hellen Mittage über den vollen Markt der
Stadt, zum Thore hinaus, und entkam glücklich nach Paris. Von
hier wandte er sich nachher nach Schweden, wo ihn Königin Chri-
stine in ihre Dienste nahm. Am Abende seines Lebens wünschte
er in sein Vaterland zurückzukehren, und erhielt auch die Erlaub-
niß dazu, starb aber unterwegs in Rostock. Hier beerdigte man
seine Eingeweide, und errichtete ihm ein Denkmal. Den Körper
aber balsamirtc man ein, und brachte ihn nach Delft, wo er noch
ruht. — Von Delft geht es auf
Rotterdam, eine große und schöne Stadt, nach Amster-
dam der bedeutendste Handelsplatz der Holländer. Sie ist, wie
alle Städte des Landes, ganz mit Canälen durchzogen, und liegt
außerdem an einem Hauptarme des Rheins, so daß es also an
Handelsbequemlichkev nicht fehlt. Wie bei Amsterdam liegen im
Hafen immer so viele Schiffe, daß man einen entblätterten Wald
zu sehen glaubt. Die größte Merkwürdigkeit der Stadt ist für
uns die Bildsäule des gelehrten Erasmus. Dieser Mann
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Moriz_von
Oranien Wilhelms Hugo
Grotius Hugo
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Paris Holland Paris Schweden Chri- Rostock Delft Rotterdam Amster- Rheins Amsterdam