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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Teil 5 - S. 220

1910 - Straßburg : Bull
220 äußeren Lösung, welche die antike Bühne gestattete, jene innere suchte, die wir verlangen. Er konnte keinen 6eu3 ex machina brauchen, der den heil- los verwirrten Menschen das vernünftige Gesetz diktiert; er bildete daher die Menschen um, milderte den Gegensatz zwischen Hellenen und Barbaren und hielt den König der Tauner so edel, daß man ihm eine versöhnliche Wendung zutrauen und den friedlichen Schluß begreifen kann. Er veränderte den Sinn des Orakelspruchs, welcher den Orcst und Pyladcs nach Tauricn bringt; machte die Znrückführnng Iphigeniens neben der Genesung des Orest zu dem Angelpunkte des Stückes; zeigte die Furien, die den Orest verfolgen, in seiner Seele wirksam; und entlehnte dem sophokleischen Philoktct ein feines psycho- logisches Motiv, wenn Iphigenie sich bereden läßt an einer Lüge teilzu- nehmen, aber die übernommene Rolle nicht durchführen kann, die Wahrheit redet, wo es am gefährlichsten ist, und eben hierdurch das Gemüt des wider- strebenden Königs gewinnt. Der düstere Orest und die klare Iphigenie sind in dieser Wahrhaftigkeit und Geradheit einig, während der weltkundige, ebenso kühne wie besonnene Pylades, ein aufopfernder Freund voll frischer Heldcn- tatkraft, sich den Ulysses zum Muster genommen hat, den Weg der List und Klugheit vorzieht und so für beide Geschwister den Gegenspieler abgibt.... Orest ist ein Kranker wie Werther. Aber nicht eingebildete Schmerzen treiben ihn um, nicht tatcnscheue Empfindung verzehrt seine Kraft; furcht- bare Schuld lastet aus ihm, und ein schuldbeladenes Haus scheint in ihm zu vergehen. Wie schwere Wolken sich allmählich und immer drohender sammeln, so steigen die Greuel des tantalischen Hauses immer schrecklicher vor uns auf. Iphigenie enthüllt dem König Thoas, was sie weiß: des Ahnherrn Glück und Überhebnng, die begehrliche Wut des Sohnes und der Enkel und ihr eigenes Schicksal, Opferung durch den Vater, Rettung durch die Göttin. Pylades sodann berichtet ihr des Vaters Tod, der Mutter Schuld; und Orest muß es vollenden, die entsetzliche Tat, den Muttermord, er selbst bekennen. Sie fassen ihn noch einmal an, die Qualen der Erinnerung, der Rene, des Abscheus vor sich selbst. Sein Geist scheint ganz verfinstert; der Wahnsinn rast durch seine Sinne; die Liebe seiner Schwester, die ihn umarmen will, hält er für bacchische Wut; die sanften Worte, mit denen sie ihn beschwichtigen möchte, rufen nur neue Gespenster herbei ; er wühlt in der Vorstellung, wie sie ihn opfern werde; und die Todcssehnsucht, die ihn umschattet, schwillt nächtlich furchtbar über ihn ans. Aber nicht wie Werther legt er Hand an sich selbst; und die Gewalt einer gepeinigten Phantasie, die ihn insjenseits entrückt, wird seine Rettung. Der Tod, auch nur im Wahn erfaßt, ist ein Versöhner. Atreus und Thyest, die feindlichen Brüder, glaubt er im Elysium vereint zu sehen; da wandelt Agamemnon Hand in Hand mit Klytämncstra ... Dieser Traumblick in die stille Welt der Abgeschiedenen kühlt die Ströme, die in seinem Busen sieden; und in schwesterlichen Armen findet der Schuldbeladene, Grainzerrissene sich genesen wieder. Das Gewitter ist vorüber: „Die Erde

2. Teil 5 - S. 285

1910 - Straßburg : Bull
285 Bei seiner Nation ist der ganze Körper geistreich, alle Glieder nehmen teil an jedem Ausdruck des Gefühls, der Leidenschaft, ja des Gedankens. Durch verschiedene Gestaltung und Bewegung der Hände drückt er aus: „Was kümmerts mich? - Komm her f — Dies ist ein Schelm, - nimm dich in acht vor ihm! — er soll nicht lange leben! Dies ist der Hauptpunkt. Dies merket besonders wohl, meine Zuhörer!" — Einer solchen Nationaleigenschaft mußte der alles Charakteristische höchst auf- merksam betrachtende Leonhard sein forschendes Auge besonders zuwenden: hierin ist das gegenwärtige Bild einzig, und man kann ihm nicht genug Beachtung schenken. Vollkommen übereinstimmend ist Gesichtsbildnng und jede Bewegung, auch dabei eine dem Auge gleich faßliche Znsammen- und Gegeneinandcrstellung aller Glieder auf das lobcnswürdigste geleistet. Die Gestalten überhaupt zu beiden Seiten des Herrn lassen sich drei und drei zusammen betrachten, wie sie denn auch so jedesmal in eins gedacht, in Verhältnis gestellt und doch in Bezug auf ihre Nachbarn gehalten sind. Zunächst an Christi rechter Seite Johannes, Judas und Petrus. Petrus, der Entfernteste, fährt nach seinem heftigen Charakter, als er des Herrn Wort vernommen, eilig hinter Judas her, der sich erschrocken aufwärts sehend vorwärts über den Tisch beugt, mit der rechten festgeschlossenen Hand den Beutel hält, mit der Linken aber eine unwillkürliche krampfhafte Bewegung macht, als wollte er sagen: Was soll das heißen? — Was soll das werden? Petrus hat indessen mit seiner linken Hand des gegen ihn geneigten Johannes rechte Schulter gefaßt, hindeutend auf Christum und zugleich den geliebten Jünger anregend, er solle fragen, wer denn der Verräter sei. Einen Messergriff in der Rechten setzt er dem Judas unwillkürlich zufällig in die Rippen, wodurch dessen erschrockene Vorwärtsbewegung, die sogar ein Salzfaß umschüttet, glücklich bewirkt wird. Diese Gruppe kann als die zuerstgedachte des Bildes angesehen werden: sie ist die vollkommenste. Wenn nun auf der rechten Seite des Herrn mit mäßiger Bewegung unmittelbare Rache angedroht wird, entspringt auf seiner linken lebhaftestes Entsetzen und Abscheu vor dem Verrat. Jakobus der Ältere beugt sich vor Schrecken zurück, breitet die Arme aus, starrt, das Haupt nieder- gebeugt, vor sich hin wie einer, der das Ungeheure, das er durchs Ohr vernimmt, schon mit Augen zu sehen glaubt. Thomas erscheint hinter seiner Schulter hervor, und sich dem Heiland nähernd hebt er den Zeige- finger der rechten Hand gegen die Stirne. Philippus, der dritte zu dieser Gruppe Gehörige, rundet sie aufs lieblichste; er ist aufgestanden, beugt sich gegen den Meister, legt die Hände auf die Brust, mit größter Klarheit aussprechend: Herr, ich bins nicht! Du weißt es! Du kennst mein reines Herz. Ich bins nicht!

3. Teil 5 - S. 273

1910 - Straßburg : Bull
273 untereinander einen harmonischen Wechsel des Vollen und Hohlen, in ihrer zunehmenden Breite einen Übergang von dem schlanken Stamme zu dem Boden, und wieder in ihrer senkrechten Folge horizontaler Lagen einen Gegensatz zu dem einfachen Stamme und eine Vermittelung mit der sonst allzuscharf gegen ihn abgegrenzten Flüche des Bodens. In ähnlicher Weise wie die Basis zur Bodenfläche verhält sich das Kapitäl zu den gegenüberliegenden Teilen des Gebälks und des Daches, indem cs ebenfalls von dem Senkrechten und Schlanken in das Horizon- tale und Breite hinüberleitet, jedoch mit dem Unterschiede, daß der Über- gang hier nicht ausschließlich durch verschiedene horizontale Lagen, sondern durch eine freiere, gleichsam ans dem inneren Leben des Schaftes her- vortretende Ausbiegung bewirkt wird, und daß sich auch sonst das Kapitäl durch leichtere, freiere, mehr organische Gestalt als das Haupt und der zarteste Teil der Säule bezeichnet, während in der Basis das Materielle und das Gesetz der Schwere vorherrscht. Das Gemeinsame der Kapitäle in den drei Sänlenordnnngcn ist, daß sic im wesentlichen aus zwei verschiedenen Teilen bestehen, aus einem weicheren, durch eine gebogene Linie über die Breite des Stammes sich ausladenden Teile und darüber aus einer viereckigen oder doch das Viereck andeutenden Platte, auf welcher dann das Gebälk ruht. Übrigens aber sind die Kapitäle in den einzelnen Sänlenordnungen höchst verschieden und erfordern eine nähere Betrachtung. * * * Vergleicht man das korinthische Kapitäl mit denen der beiden anderen Säulenordnungen, so zeigt sich, daß es mit ihnen die Tendenz gemein hat die Rundung des Stammes in das Viereck hinüberzuleiten, daß aber diese Ausgabe im dorischen Stil rein und unmittelbar aus der Natur des Steines gelöst ist, während in den beiden anderen die Phantasie noch andere verwandte Vorstellungen herbeiführt, im ionischen die der Elasti- zität, im korinthischen die des vegetabilischen Lebens. Auch hier verliert sich die Architektur zwar nicht in eine bildliche Nachahmung der Natur, aber sie verbirgt gleichsam ihre eigentlichen mechanischen Zwecke, indem sie die Kelchform des Kapitüls mit Blättern bekleidet und selbst das Viereck der Platte nicht geradlinig scharf zeichnet, sondern nur durch die vortretenden Ecken andeutet. Man sieht daher in den drei Sünlen- ordnungen ein inneres Gesetz der Fortbildung der architektonischen Formen, wenn man auch zugeben kann, daß das einzelne nicht mit völlig zwingender Notwendigkeit daraus hervorging, sondern sich vielleicht auch anders gestaltet haben könnte. 18

4. Teil 5 - S. 338

1910 - Straßburg : Bull
340 gehabt. Diese beiden Grundpfeiler der Republik mußten erhalten bleiben. Das Volk kam wenigstens unter Augustus noch immer zu den Wahlen zusammen. Der Senat wurde neu konstituiert. Es ist der Mühe wert sich zu vergegenwärtigen, wie das geschah. Eigentlich waren es doch die Rechte des Senats, deren Erneuerung durch Sulla die späteren Kämpfe, schon in den Zeiten des Pompejus, noch mehr in denen Cäsars, hervorgerufen hatte. Der alte Senat war durch Cäsar so gut wie zerstört. Durch die von ihm ernannten Beamten wurde, indem sie nach Ablauf ihres Amtsjahres ausrückten, ein neuer Senat ge- gründet und dann durch die Aufnahme heterogener Elemente, die zum Teil auch der alten Ordnung der Dinge angehörten, zu einer respektablen Staatsgewalt fortgebildet. Es liegt wohl in dem Prästigium einer einmal begründeten Korpo- ration, daß die republikanische Idee in dem Senat, wenn nicht gleich bei der Ermordung Cäsars, doch nach derselben, die Oberhand behielt. Sie ist aus dieser Stufe durch Cicero repräsentiert worden. Eben gegen diese Sinnesweise waren die Proskriptionen gerichtet. Alles wurde vernichtet, was derselben anzuhängen schien. Ihr Ansehen hatten die alten Formen noch keineswegs verloren, wie man aus der Stellung sieht, die Lucius Antonius einnahm. So fand Augustus, als er zur höchsten Gewalt ge- langt war, den Senat; aber er sah sich in dem Fall ihn zu reinigen und gleichsam neu zu konstituieren. Augustus stellte eine Anzahl Senatoren auf, in die er ein voll- kommenes Vertrauen setzte, für deren Tadellosigkeit er selbst sein Wort verpfändete, und die dann wieder andere nominierten, so daß sich eine Art von Kooptation ergab, in die aber Augustus zuletzt persönlich eingriff. Daß hierbei alles nach seinem Wunsche hergegangen sei, läßt sich an sich nicht vermuten. Er mußte wohl verzeihen, sagt Seneca, denn, wenn er nicht verzeihen wollte, über wen konnte er herrschen? Eine Anzahl der angesehensten Senatoren stammte aus dem Heerlager der Feinde. Wir finden sogar die Überlieferung, daß Augustus zu Zeiten nur durch einen Harnisch gegen plötzlichen Anlauf gesichert und von einer Anzahl ergebener Senatoren umgeben im Senat zu erscheinen gewagt hat, fast als hätte er das Schicksal Cäsars zu fürchten gehabt. Er mußte sich hüten durch allzu viel Ausschließungen sich Haß zuzuziehen. Er ließ den Ausgeschlossenen senatorischcn Rang und die mit demselben verbundenen Vorteile. Dabei bleibt es immer, und man darf es nicht vergessen, wenn man Augustus beurteilen will, daß er den Senat nicht willkürlich und von Grund aus umwandelte, sondern unter Mitwirkung der Senatoren selbst. Für die laufenden Geschäfte bedurfte er der Unabhängigkeit dieser Körperschaft, da sie durch ihr Votum ihn selbst autorisierte. Einige wichtige Kompetenzen blieben dem Senat vorbehalten; er war vor allem eine konsultative Be-

5. Teil 5 - S. 339

1910 - Straßburg : Bull
341 Horde, deren Votum einst entscheidende Kraft gehabt hatte und eben darum noch immer ein großes Gewicht besaß. Doch war zugleich dafür gesorgt, daß dieselbe keine systematische Opposition bilden konnte. Augustus selbst war wie Cäsar princeps senatus; er gab sein Votum entweder zuerst oder zuletzt ab. Von ihm stammte in der Regel die Initiative bei den Bera- tungen. Wenn es vorkam, daß auch von anderer Seite Anträge ein- gebracht wurden, so fragte man doch erst bei dem Princeps an, ob denselben Folge gegeben werden sollte. In seinen letzten Jahren ließ Augustas einen Ausschuß aus Senatoren und höheren Magistraten zusammentreten, deren Beschlüsse dann soviel gelten sollten als sonst die Beschlüsse des versam- melten Senats. Kommen wir nun auf das Volk. Noch immer bestand dessen vor- nehmste Kompetenz, über die Ernennung zu den höchsten Stellen der Magistratur zu votieren; noch immer fanden Komitien zu diesem Zwecke statt. Allein diese Befugnis wurde doch durch das Vorrecht der höchsten Gewalt, das dabei eintrat, beinahe illusorisch: der Abstimmung ging eine Prüfung der Qualifikation der Kandidaten voraus. Nur die wurden zugelassen, welche von dem Princeps gebilligt worden waren. Man be- warb sich weniger um die Stimine des Volks als um die Nomination oder auch um die Empfehlung — denn auch eine solche wurde nach dem Muster Cäsars vorbehalten — des Inhabers der höchsten Gewalt. Wie konnte es nun dennoch geschehen, daß der neu entstehende Prinzipat dem Volke angenehm und selbst erwünscht war? Es beruht auf der tribunizischen Gewalt, nicht sowohl nach ihren Formen, die ohnehin außer Gebrauch gesetzt wurden, als nach dem Begriffe, von welchen sie ausgegangen war. Wir sehen das aus der Leichenrede des Antonius. Die tribunizische Ge- walt, in dem Inhaber derselben unverletzlich, gewährte den Mitgliedern der Gemeinde den Schutz, dessen sic gegen die Mächtigen bedurften. Darin liegt das populäre Prinzip des Fürstentums überhaupt; der gemeine Mann muß einen Rechtsschutz haben, auf den er sich verläßt. Dazu war das Tribunal in Rom ursprünglich bestimmt; es verknüpft gleichsam die Jahr- hunderte, daß diese in langem Kampf errungene volkstümliche Stellung dem Inhaber der höchsten Autorität anheimfiel. Das Recht der Jnterzession hatte in Bezug aus mißfällige Beschlüsse, die der Senat trotz aller Vor- kehrungen fassen konnte, eventuell großen Wert. Die tribunizische Gewalt war das vornehmste Fundament des Prin- zipats in bürgerlichen Angelegenheiten. Sie ist immer als die vornehmste Prärogative der höchsten Gewalt angesehen worden. Deren eigenste Basis aber bildete die militärische Autorität. Alle Legionen leisteten dem Im- perator den Eid; sie wurden durch Aushebungen ergänzt, die in seinen Händen lagen; sie bezogen ihre Löhnung aus der Privatkasse des Im- perators, der zugleich ein Grundeigentum von unermeßlichem Umfang

6. Teil 5 - S. 340

1910 - Straßburg : Bull
342 erworben hatte. Das Reich war in zwei Arten von Provinzen geteilt: die inneren friedlichen waren dein Senat anheimgegeben; diejenigen, in denen die letzten Kriege geführt worden waren, die beiden Gallien in weitester Ausdehnung, Hispanicn, im Orient Syrien und seine Nachbar- länder, waren dem Cäsar vorbehalten: in diesen gab es eine bewaffnete Macht. Brauchte der Senat solche, so mußte er auf die nächsten Befehls- haber der Truppen des Kaisers rekurrieren. Die cäsarianischen Provinzen bildeten eine militärische und administrative Monarchie in ihrem vollen Sinne. Selbst wenn ein früher unabhängiger Vorsteher jetzt unterworfener Länder mit der obersten Verwaltung betraut wurde, hing derselbe nur von dem Imperator ab. Und niemals konnte sich Italien oder gar die Hauptstadt gegen ihn aufzulehnen wagen. Er besaß den Oberbefehl zur See wie zu Lande. In Misenum auf der einen und Ravenna auf der anderen Seite der Küste wurden Kriegshüfen errichtet und mit Flotten belegt, die nur von dem Cäsar abhingen. Indem er die See beherrschte, also auch die Zufuhr, bekam er die Versorgung der Hauptstadt mit Lebensmitteln, die eine der wichtigsten Pflichten der öffentlichen Gewalt bildete, vollkommen in seine Hände. Darin bestand fast das wichtigste Attribut Roms als der Kapitale der Welt, daß die Provinzen in einer oder der anderen Weise zur Ernährung der städtischen Bevölkerung her- beigezogen wurden. Schon von jeher hatte man hiefür besondere Magistrate aufgestellt, aber immer schwieriger wurde das Geschäft durch die Zunahme der Bürger: sie hat in noch nicht fünfzig Jahren vom Jahre 70—28 vor unserer Ära ein gutes Drittel betragen. In allen Wechsclfällen der Bürgerkriege hat der jeweilige Mangel an Lebensmitteln eine Rolle ge- spielt; die Machtstellung des Sextus Pompejus beruhte darauf. Diese Versorgung nahm nun Augustus, dem die Provinzen gehörten, aus denen sie bestritten wurde, unmittelbar in die Hand. An dem Amt, das man mit dem Worte cura annonse bezeichnete, hatten anfangs einige Sena- toren Anteil, später aber blieb es ausschließend bei dem Imperator. Der Vorsteher dieses Amtes, prsokeetus annonae, stand mit allen denen in Verbindung, die für den Lebensunterhalt zu sorgen hatten, auch mit den kleinen Handwerkern. Sehr wahr ist, was Tacitus sagt, Augustus habe das Heer durch seine Geschenke, die Hauptstadt durch die annona beherrscht. Die militärische Verfassung übte aber auch einen direkten Ein- fluß aus die Hauptstadt aus. Die prokonsulare Gewalt hatte bisher das Pomörium der Stadt von den Provinzen her nicht überschreiten dürfen; jetzt nahm sie in der Mitte derselben eine feste Stellung ein. Ein Prä- torium ward innerhalb ihrer Mauern errichtet, aus welchem nach und nach die herrschende Klaffe der Prätorianer, die anfangs alle Italiker waren, hervorgegangen ist. Unter Augustus ist nur der Grund dazu gelegt worden; aber der Gedanke ist doch immer der seine. Diese Alleinherrschaft

7. Teil 5 - S. 310

1910 - Straßburg : Bull
310 könne. Sollte ihre Lagerungs- und Bewegungswelse ihnen nicht gleich- gültig sein, so müßte man sie sich nach Art der Monaden schon einzeln mit Bewußtsein ausgestattet denken. Weder wäre damit das Bewußtsein überhaupt erklärt, noch für die Erklärung des einheitlichen Bewußtseins des Individuums das mindeste gewonnen. Es ist also grundsätzlich unmöglich, durch irgend eine mechanische Kombination zu erklären, warum ein Akkord Königscher Stimmgabeln mir wohl-, und warum Berührung mit glühendem Eisen mir wehtut. Kein mathematisch überlegender Verstand könnte aus astronomischer Kenntnis des materiellen Geschehens in beiden Fällen a priori bestimmen, welcher der angenehme und welcher der schmerzhafte Vorgang sei. Daß es vollends unmöglich sei und stets bleiben werde, höhere geistige Vorgänge aus der als bekannt vorausgesetzten Mechanik der Hirnatome zu verstehen, bedarf nicht der Ausführung. Doch ist es, wie schon bemerkt, gar nicht nötig, zu höheren Formen geistiger Tätigkeit zu greifen, um das Gewicht unserer Betrachtung zu verstärken. Sie gewinnt gerade an Eindringlich- keit durch den Gegensatz zwischen der vollständigen Unwissenheit, in welcher astronomische Kenntnis des Gehirns uns über das Zustandekommen auch der niedersten geistigen Vorgänge ließe, und der durch solche Kenntnis ge- währten ebenso vollständigen Enträtselung der höchsten Probleme der Körperwelt. 102. Das sanguinische und das sentimentale Temperament. Hermann Lotze: Mikrokosmus (1858). . . Die Gesundheit des Körpers beruht zum guten Teil darauf, daß nicht alle seine Bestandteile eng genug untereinander verknüpft sind, um jede erfahrene Erschütterung sich wechselseitig mitteilen zu müssen. Es ist ein Zeichen krankhafter Nervenschwäche, wenn dieser heilsame Übergangs- widerstand, der die Verbreitung der Erregungen verhindert, so weit ab- nimmt, daß jede geringfügige Reizung alles in Mitleidenschaft zieht und mäßige Störungen des natürlichen Gemeingcfühls sogleich zahlreiche Mitcmpfindungen, krampfhafte Bewegungen und beschleunigte oder ver- änderte Absonderungen hervorbringen. Man kann dagegen zweifeln, ob nicht eben diese allseitige Erregbarkeit der richtige Ursprungsznstand der Seele ist. Gewiß ist sie nicht bestimmt dauernd in diesem Zustande zu verharren; aber die Aufgabe, sich selbst zu bilden und die Grundzüge ihres Charakters allmählich fest werden zu lassen, wird sic doch nur ge- deihlich lösen, wenn keine ursprüngliche Starrheit oder Trägheit ihres Naturells sie hemmt. Ein bleibendes Übermaß dieser allseitigen Erreg-

8. Teil 5 - S. 359

1910 - Straßburg : Bull
Widerspruch des mächtigen Adels, zu zäh das stille Widerstreben der rohen, argwöhnischen Bauern. Aber stätig und unaufhaltsam hat sich der König seinem Ziele genähert. Das Befreiungsgesetz von 1810 konnte nur darum einen so durchschlagenden Erfolg erringen, weil cs vorbereitet war durch die Gesetzgebung dreier Menschenalter. Überhaupt hat König Friedrich Wilhelm den Grundgedanken der inneren Ordnung des preußischen Staates so unverrückbar festgestellt, daß selbst die Gesetze Steins und Scharnhorsts und die Neuerungen unserer Tage das Werk des harten Mannes nur fortbilden, nicht zerstören konnten. Er ist der Schöpfer der neuen deutschen Verwaltung, unseres Beamtentums und Offizierstandes. Zu der Steuerpflicht, die der Große Kurfürst seinen Untertanen auferlegte, fügte Friedrich Wilhelm I. die Wehrpflicht und die Schulpflicht hinzu; er stellte also die Dreizahl jener allgemeinen Bürgerpflichten fest, die Preußens Volk zur lebendigen Vater- landsliebe erzogen haben. Unsterblich sind die Verdienste des trefflichen Zuchtmeisters. Keiner hat sie besser und dankbarer gekennzeichnet als sein großer Sohn Friedrich Ii.: „Wie aller Schatten der Eiche von der Kraft der Eichel herrührt, so rührt all mein späteres Glück von dem arbeitsamen Leben und den weisen Maß- regeln Friedrich Wilhelms her." 116. Das Wesen der Volksvertretung. C. Bornhak: Grundriß des deutschen Staatsrechts (1907). Die Volksvertretung des Repräsentativsystems ist zuerst auf Grund mißverstandenen englischen Staatsrechts von der politischen Literatur des 18. Jahrhunderts, besonders von Montesquieu in seinem Esprit des lois, gefordert worden. Im Anschlüsse an die Ereignisse der Französischen Revolution hat sie in Europa, namentlich in Deutschland, während des 19. Jahrhunderts allgemein Verwirklichung gefunden durch die gesetz- geberische Rezeption der konstitutionellen Theorie. Die Volksvertretung ruht auf dem Boden der staatsbürgerlichen Gesellschaft, der Gleichheit aller vor dem Gesetze. Wenngleich die Laudstände nicht das Ergebnis der ständischen Gliederung der Gesellschaft waren, sondern letztere erheblich später erfolgte, so setzt doch das Reprä- sentativsystem die Vernichtung des sozialen Organismus des Ständetums voraus. Nach dieser Vernichtung bleibt nur übrig das Volk als eine Summe rechtlich gleicher Individuen. Das Volk wird durch die Volksvertretung vertreten. Die Rechtsordnung kennt nun auf allen Nechtsgebieten eine doppelte Art der Vertretung: die auftragsmäßige, bei der der Vertretene seinen

9. Teil 5 - S. 373

1910 - Straßburg : Bull
373 121. Aus Fürst Bismarcks großer Rede vom 6. Februar 1888. (Zur Eröffnung der Beratung über den Gesetzentwurf, wonach die Summe von 278 Millionen Mark für Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres durch eine Anleihe aufgebracht werden sollten.) . . . Daß es sich nicht um eine momentane Einrichtung handelt, das, glaube ich, wird einleuchtend gefunden werden, wenn ich Sie bitte mit mir die Kriegsgefahren durchzugehen, welche wir seit 40 Jahren gehabt haben, ohne in eine nervöse Unruhe zu irgend einer Zeit geraten zu sein. Wir haben im Jahre 1848, wo die Deiche und Schleusen zerbrachen, die bis dahin vielen Gewässern ihren ruhigen Lauf gewiesen hatten, gleich zwei kriegsschwangere Fragen zu verarbeiten gehabt: cs war die polnische und die schleswig-holsteinische Frage. Das erste Geschrei nach den Märztagen war: Krieg gegen Rußland zur Herstellung Polens! — Bald darauf war die Gefahr, durch die schleswig-holsteinische Frage in einen großen europäischen Krieg verwickelt zu werden, außerordentlich nahe. Ich brauche nicht hervorzuheben, wie 1850 durch das Abkommen von Olmütz eine große Konflagration, ein Krieg im großen Stile, ver- hindert wurde. Es folgten darauf vielleicht 2 Jahre ruhigerer Art, aber voller Verstimmung. Es war damals, als ich zuerst in Frankfurt Gesandter war. Im Jahre 1853 schon machten sich die Symptome des Krimkriegcs fühlbar, von 1853 bis 1856 dauerte dieser Krieg; während der ganzen Dauer desselben befanden wir uns unmittelbar am Rande — des Abgrundes will ich nicht sagen, aber des Abhanges, auf dem wir in den Krieg hineingezogen werden sollten. Ich erinnere mich, daß ich damals von 1853—1856 genötigt worden bin, ich möchte sagen wie ein Perpendikel zwischen Frankfurt und Berlin hin- und herzugehen, weil der hochselige König bei dem Vertrauen, das er mir schenkte, mich im Grunde als den Anwalt für seine unabhängige Politik benutzte, wenn der Andrang der Westmächte ihm gegenüber, daß wir auch unsererseits Rußland den Krieg erklären sollten, zu stark und der Widerstand seines Ministeriums ihm zu weich wurde. Dann hat — ich weiß nicht wie oft — das Stück sich abgespielt, daß ich herzitiert wurde, daß ich eine mehr rnsscnfreund- liche Depesche für Se. Majestät zu entwerfen hatte, daß diese Depesche abging, daß Herr von Manteuffel seinen Abschied verlangte und daß, nachdem die Depesche abgegangen war, ich mir von Sr. Majestät den Auftrag erbat, zu Herrn von Manteuffel aufs Land oder sonst wohin zu fahren und ihn zu bewegen, daß er sein Portefeuille wieder über- nehme. Jedesmal war aber doch das damalige Preußen dicht am Rande eines großen Krieges: es war der Feindschaft von ganz Europa außer

10. Teil 5 - S. 10

1910 - Straßburg : Bull
10 12. Si fuorten riche spise, dar zuo guoten win, den besten den man künde vinden umbe’n Rin. ir ros diu stuonden seöne, si beten guot gemach. ir seif daz gie vil ebene: vil Kitzel leides in gescach... 13. An dem zwelften morgen, so wir hoeren sagen, beten si die winde verre dan getragen gegen Isensteine in Prünhilde lant: daz was ir deheinem niwan ') Sivride erkant. 2. Wie Sifrit erslagen wart. (Xvi. Aventiure) 1. Günther und Hagene, die recken vile balt2), lobeten mit untriuwen ein pirsen in den walt. mit ir scarpfen geren si weiden jagen swin beren unde wisende3): waz mühte küeners gesin?.. . 2. Si hiezen herbergen4) für den grüenen walt gen des wildes abeloufe, die stolzen jegere balt, da si da jagen solden, üf einen wert5) vil breit. dö was ouch körnen Sifrit: daz wart dem künege geseit. 3. Von den jagtgesellen wurden dö gar bestän die warte 6) in allen ende, dö sprach der küene man, Sifrit der vil starke: "wer sol uns in den walt wisen näch dem wilde, ir beide küene unde balt ?’ 4. ’Welle wir uns scheiden’, sprach dö Hagene, ’e daz wir beginnen hie ze jagene! da bi wir mügen bekennen, ich und die herren min, wer die besten jägere an dirre waltreise sin. 5. Liute und gehünde suln wir teilen gar: so ker’ löslicher swar 7) er gerne var. der danne jage daz beste, des sol er haben danc’. dö wart der jägere bitens) bi ein ander nicht lanc. 6. Dö sprach der berre Sifrit: ’ich hän der hunde rät9), niwan einen brachen, der so genozzen hat daz er die verte erkenne der tiere durch den tan. wir körnen wol ze jegede’, sprach der Kriemhilde man. 7. Dö nam ein alter jägere einen guoten spürehunt: er brähte den herren in einer kurzer stunt da si vil tiere funden, swaz der von lagere stuont, die erjageten die gesellen, so noch guote jägere tuont . . l l) außer 2) mutig 3) Büffel 4) die Herberge aufschlagen 6) Anstand 7) wohin 8) Verweilen 9) ich kann . . . entbehren 5j Insel
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