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1. Theodor Schachts Schulgeographie - S. 95

1883 - Wiesbaden : Kunze
Von der Erdrinde. 95 Markstückes und darüber. Durch Kalk und Sand zusammengebacken, bilden sie eine Steinart, die von Spanien und Marokko durch alle Küstenländer des Mittelmeeres, in Vorderasien, Persien, bis zum Himälaya zu finden ist. Pyramiden Ägyptens sind daraus gebaut. Die Apenninen bestehen aus Kreide und Nnmmnlitenkalk. Der allbekannte Berg Rigi dagegen ist Nagelfluh. — Die meisten Tertiärgebirge und -Lager sind reich an Versteinerungen, reicher als die Kreide. Die Insel Sheppey (spr. Scheppeh) an der Themsemündung, ein Thonfelsen, birgt eine Menge versteinerter Blätter, Blumen, Früchte, Stämme, wie auch Fische, Krusteutiere, Schildkröten, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Desgleichen der tiefe Sand bei Alzei, worin Rhinozerosse, Mastadonte und andere vorsündslutliche Tiere, leider nur iu Stücken, gefunden werden. Unter den versteinerten Fischen, Vögeln und Säugetieren dieser Periode sind allerdings die jetzt lebenden Arten noch nicht vertreten; dagegen von Meeresbewohnern (Muscheln, Schnecken :c.) findet man bereits viele jetzt noch vorhandene Arten. — Von Basalten sind in Deutschland, Frauk- reich, Schottland und sonst an vielen Stellen der Erde die Kreide- und Tertiärschichten durchbrochen und überströmt worden. 5. Quartäre Bildungen oder Diluvium, d. h. sint-- flutliche Ablagerungen, welche unserm Europa seine heutige Gestalt gaben. Sie umfassen keine eignen Gebirgsarten, sondern ein Vielerlei, wie es gewaltige Fluten weithin mit sich fort- gerissen haben; denn das Wasser ist nicht bloß chemisch mächtig im Auflösen des Gesteins, sondern wie bekannt auch mechanisch durch Druck nach unten und nach den Seiten. Zum Diluvium werden gerechnet: Schuttlager in gewissen Gebirgs- thälern, wo Diamanten und Gold ausgewaschen werden; Sand-, Ge- röll-, Kies- und Lehmlager der Tiefebenen, oft mit fossilen Muscheln und Knochen; so auch Flugsand der Wüsten, Thon- und Sandboden als Grundlage der Steppen, Savannen, Llanos (spr. Ljanos) und Pampas. — Zerstreuung verirrter (erratischer) Granitblöcke, z. B. am schweizerischen Jura und aus den Flachländern s der Ostsee. — Ausfüllung vieler Kalksteinhöhlen mit zusammengeschwemmten Tiergebeinen von Bären, Hirschen, Hyänen n. a. jetzt noch lebenden Säugetierarten. Erste Spuren des Menschen. 6. Ans Diluvium schließt sich dann das Alluvium, das ausgeschwemmte Land oder die postdiluvianischen Bildungen, nämlich die Erzeugnisse der noch jetzt vor sich gehenden Veränderungen, die zu Anfang des vorigen § er- wähnt worden, mit Resten von Pflanzen und Tieren der

2. Theodor Schachts Schulgeographie - S. 94

1883 - Wiesbaden : Kunze
94 Von der Erdrinde. b) Das bekannte Juragebirg hat als eigentümliches Ge- stein teils rauchgrauen Lias, teils braunes Gestein oder Dogger, teils helleren Kalk, zu dem der lithographische Stein gehört; deshalb heißen nun alle Bildungen von gleicher Art in Europa und in anderen Erdteilen Juraformation. Die Triasbildung erfüllt einen großen Teil Mitteldeutschlands: der ö und u Schwarzwald, der Oldenwald, das Neckarbergland, Franken- höhe und Steigerwald, Spessart, das hessische und Weserbergland (soweit sie nicht von Eruptivgestein durchbrochen sind), Thüringen ?c. gehören ihr an. — In der Trias und weit mehr im Jurakalk sind die Ver- steiueruugeu zahlreich: Palmen, Korallen, Ammonshörner, Fische, große Saurier u. s. w. Im Jura finden sich ferner schon Reste von einigen Landsäugetieren, von denen indes nun auch bereits in der Trias Spuren nachgewiesen wurden. c) Kreidebildungen heißen die Schichten des Quader- saudsteins, denen sich große Lager von Kreidearten, d. h. von einer eignen, aus den Schalen kleiner Tierchen ent- standenen Kalkart, zugesellen. In der Kreide zerstreut ist der bekauute Flint oder Feuerstein vorhanden, und eiue große Anzahl vou Petresakteu, z. 93. Fische, Schild- kröten, Ammonshörner, Amphibien K.r zusammen an 5000 Arten. — Die 80 m hohe Felswand der Stubbenkammer auf der Insel Rügen, hart am Meere, ist Kreidefels; desgleichen die Hügel der Champagne, die Küste von Dover, während die schönen Berge der sogenannten Sächsischen Schweiz aus Quadersaudstein bestehen. 4. Die Tertiärgebirge. Sie umfassen vielerlei kalkige, sandige, thonige, auch aus Schalen und Gehäusen kleiner Tiere zusammengesetzte Schichten, mit deren Emporhebung aus Meeresgrund und aus Süßwasser unser Europa seine gegen- würtige Gestalt annähernd erhalten hat; besonders folgende: Nnmmnlitenkalk — bunten und Bildnerthon — Grobkalk und Gips mit vielen Petrefakten — weichen Sandstein (in der Schweiz Molasse genannt) — Kon- glomerate, die aus Felsbruchstücken und Geröll fest zu- sammeugekittetsind (in der Schweiz Nagelfluh) — Braun- kohlen, z. B. in der Wetterau, iu Brandenburg, in Sachsen, Konchylienkalk z. B. bei Oppenheim n. s. w. Nummulite sind scheiden- oder linsenförmige Gehäuse einer Art Wurzelfüßler und zwar von der Größe einer Linse bis zu der eines

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 34

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
34 3. Entschließ' du dich, mich fortzutragen, 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken so will ich dir die Stege sagen: sich auf des Blinden breiten Rücken: so wird dein starker Fuß mein Bein, vereint wirkt also dieses Paar, mein Helles Auge deines sein. was einzeln keinem möglich war. 63. Die Pfauen und die K^ähe. (Fabel.) Eine stolze Krähe schmückte sich mit den ausgefallenen Federn der farbigen Pfauen und mischte sich kühn, als sie genug geschmückt zu sein glaubte, unter diese glänzenden Vögel. Sie ward erkannt; und schnell fielen die Pfauen mit scharfen Schnäbeln auf sie, ihr den be- trügerischen Putz auszureißen. „Lasset nach!" schrie sie endlich; „ihr habt nun alles das Eurige wieder." Doch die Pfauen, welche einige von den eigenen glänzenden Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, versetzten: „Schweig', arm- selige Närrin ; auch diese können nicht dein sein !"— und hackten weiter. 64. Zwei Räthsel. ]. Im Lenz erfreu’ ich dich, im Sommer kühl’ ich dich, im Herbst ernähr’ ich dich, im Winter wärm’ ich dich. 2. Erst weisz wie Schnee, dann grün wie Klee, dann roth wie Blut, 8chmeckt’s Kindern gut. 65. Die Treiber und der Lastträger. Der König Alexander von Macedonien saß neben der Thür seines großen Zeltes und wartete auf einen großen Haufen Geld, das ihm gebracht werden sollte. Das Zelt stand auf einer kleinen Anhöhe, und der König konnte von da die ganze Gegend übersehen. Er sah nach der Richtung hin, woher das Geld gebracht werden sollte. Lange hatte er schon so gesessen, da bemerkte er, wie sich in der Ferne Staubwolken erhoben. Ein langer Zug von Maulthieren kam daher und ging auf das Lager zu. Aber die Thiere waren so schwer beladen und so müde geworden, daß sie nicht weitergehen wollten. Die Treiber aber wollten das Geld recht bald dem Könige zu Füßen legen und von ihm eine Belohnung empfangen. Sie hieben daher auf die matten Thiere un- barmherzig los und schrieen dazu so laut, daß alle Soldaten aus ihren Zelten stürzten, um zu sehen, was es gäbe. Nur einer von den Trei- bern band sein Thier an einen Lagerpfahl, nahm ihm die schweren Säcke ab und trug sie in drei Malen zum Könige hin. Der König aber, der ihn besonders in's Auge gefaßt hatte, trat ihm entgegen, als er zum dritten Mal kam, und sagte: „Mein Freund, bring' diese zwei Säcke nicht in mein, sondern in dein Zelt. Du bist werth, sie zu besitzen."

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 361

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
361 schwarze Schwanzspitze. In diesem Winterkleide galt sein Pelz ehemals für das edelste Rauchwerk und muszte Kaisern und Kurfürsten zur Zierde dienen. Weniger wild, als die drei genannten, sind die eigentlichen Marder, welche auszer lebenden Thieren auch Früchte verschiedener Arten ge- nieszen. Den schönsten Pelz unter ihnen hat die kleinste Art, der Zobel, von brauner Farbe, verschieden dunkel, an Kopf und Gurgel weiszlich, und leicht kenntlich durch seine dicht behaarten Fuszsohlen. Das kleine unscheinbare Thierehen, welches Sibirien und Nord- amerika bewohnt, und dessen Pelz so kostbar ist, dasz ein vollständiger Rock der besten Art auf 10,000 Thaler zu stehen kommt, hat seinen Jäger bis in die fürchterlichsten schneebedeckten Einöden der groszen Festländer gelockt und die Entdeckung dieser Gegenden allein veranlasst. Auch der Pelz des Baummarders ist sehr geschätzt; er wird daher Edelmarder genannt und eifrig verfolgt. In Europa und Amerika einheimisch, haust er bei uns vorzüglich in dunklen Tannenwäldern, wo er Vögel und Eichhörnchen aus ihren Nestern holt und seine Wohnung in hohlen Bäumen aufschlägt. Selbst am Tage weisz er das Eichhörnchen zu greifen oder über die Wipfel des ganzen Waldes hin zu Tode zu jagen. Im Winter, wo sein Pelz den höchsten Werth hat, folgt der Jäger im Schnee der Spur des Marders bis an den Baum, den er bestiegen, und wo er meistens im Winkel eines Astes hockt. Verfehlt ihn der erste Schusz, so bleibt er doch des Jägers sichere Beute, denn derselbe kann ruhig zum zweiten Male laden; der Marder bleibt an seiner Stelle hangen und blickt den feindlichen Menschen unverwandten Auges an. Täuschend ähnlich ist ihm der Steinmarder, der sich bei den Wohnungen der Menschen in Scheuern und Holzstöszen aufhält und an allen Theilen der Gebäude und ihrer Umgebungen zu klettern versteht. Man unterscheidet ihn am besten durch die weiszgezeichnete Kehle. Er ist der Hauptfeind des Geflügels auf dem Hofe ; Taubenschläge und Hühnerställe kann man nicht sorglich genug vor ihm schützen, denn die Eier säuft er durch ein kleines Loch aus, und alle lebenden Thiere des Stalles mordet er, auch wenn er nur ein einziges zur Nahrung mit sich schleppt. Auch die Ottern gehören zu diesen kleinen marderähnlichen Raub- thieren, denn ihr Gebisz gleicht dem des Marders. Nur die Seeotter, welche in dem Stillen Meere lebt, und deren schwarzer Pelz trotz seiner Kleinheit schon mit 200 Thalern bezahlt worden ist, bildet in ihrem Ge- bisz einen Uebergang zu den Seehunden. Die gemeine Fischotter aber wohnt in unseren Flüssen, Bächen und Seen, ja selbst in den Gräben des Marschlandes, und manche Ver-

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 344

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
344 die Gesammtheit der ewigen Gesetze, die er dem Ganzen als Bedin- gung des Daseins gegeben hat, wonach eben das Lebendige immer von neuem gleichartig sich verjüngt, das Unlebendige in stets wechselnden wan- delbaren Formen des Stoffes erscheint. Unseren Sinnen sind die Erschei- nungen und Gestalten der Natur, unserem Geiste, wenn wir ihn ausgebildet haben, die ewigen Gesetze der Natur verständlich— unbegreiflich aber bleiben uns beide. Je besser wir das Verständniß der Natur uns schaffen, desto inniger beten wir an vor den Wundern der Allmacht, welche diese ewigen Gesetze gab, und deren Willen sie vor unseren Augen darstellen. Aus diesem Grunde nennt der Mensch endlich nicht bloß die Dinge dieser Welt, nicht bloß die einem jeden derselben innewohnenden Gesetze des Daseins Natur, sondern Mutter Natur nennt er auch wohl den ewigen Urgrund aller Dinge, den allmächtigen Gott, der alle Dinge geschaffen, alle diese Gesetze gegeben hat, die zusammen eine Seite seines heiligen Willens darstellen. Dabei vergesse man aber nie, daß der Forscher, wenn er von der Natur als einer lebendigen und gleichsam persönlichen Kraft spricht, nichts anderes meint, als Gottes allmächtigen und ewigen Willen, nichts anderes, als den Schöpfer selber, der noch immer in allem, was uns umgiebt, fortwirkt; denn in ihm leben, weben und sind wir. 68. Der Löwe. Ein einziger Blick auf den Leib des Löwen, auf den Ausdruck seines Gesichtes genügt, um der uralten Auffassung aller Völker, welche das könig- liche Thier kennen lernten, von Grund des Herzens zuzustimmen. Der Löwe ist der König der Raubthiere, ist der Herrscher im ganzen Reiche der Säugethiere. Der Löwe ist auch deshalb leicht von sämmtlichen übrigen Katzen zu unterscheiden. Seine Hauptkennzeichen liegen in dem stark ge- bauten, kräftigen Leibe mit der kurzen, glatt anliegenden, einfarbigen Be- haarung, in dem breiten kleinäugigen Gesicht, in dem Herrschcrmantel der wallenden Mähne, welcher sich um seine Schultern schlägt, und in der Quaste, welche seine Schwanzspitze ziert. Im Vergleich mit den anderen Katzen ist der Rumpf des Löwen kurz, der Bauch eingezogen, und der ganze Körper erscheint deshalb wohl kräftig, nicht aber plump. Die Augen sind klein und haben runde Sterne, nicht lange wie bei der Katze; die Schnurren sind in sechs bis acht Reihen geordnet. Vor allem ist es die Mähne, welche den männlichen Löwen auszeichnet und ihm das stolze königliche Ansehen giebt. Ein Königsmantel, dicht und schön, umwallt des Löwen Brust als Mähn'; eine Königskrone wunderbar, sträubt sich der Stirne straffes Haar. Diese Mähne bekleidet in vollster Ausbildung den Hals und die Vor- derbrust, hat aber so verschiedene Gestaltungen, daß man aus ihr allein das Vaterland des Löwen, von dem es doch nur eine einzige wirkliche Art giebt, mit Leichtigkeit erkennen kann.

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 347

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
70. Der Königstiger. Der Königstiger ist eine herrliche, wunderschön gezeichnete und gefärbte Katze. Seine Gestalt ist höher, schlanker und leichter, als die des Löwen; in der Größe aber steht der Tiger keineswegs hinter jenem zurück. Ein erwachsener männlicher Tiger erreicht regelmäßig sieben bis achtfußge- sammtlängevon derschnauze bis zur Schwanzspitze; cs sind aber nicht selten einzelne sehr alte erlegt worden, bei welchen die in derselben Weise gemessene Länge neun Fuß crgiebt. Die gewöhnliche Körperlänge beträgt etwas über fünf Fuß. Der Leib ist etwas mehr verlängert und gestreckter, der Kopf runder, als der des Löwen, der Schwanz ist lang und -quastenlvö, die Be- haarung kurz und glatt und nur an den Wangen bartmäßig verlängert. Das Weibchen ist kleiner und hat auch einen kürzern Backenbart. Alle Tiger aber, welche in nördlicher gelegenen Ländern wohnen, tragen ein viel dichteres und längeres Haarkleid, als diejenigen, deren Heimat die heißen Tiefländer Indiens sind. Die Zeichnung des Tbieres zeigt die schönste Anordnung von Farben und einen lebhaften Gegensatz zwischen der hellen, rostgelben Grundfarbe und den dunklen Streifen, welche über sie hinweg- laufen. Die Schnurren sind weiß, die Nase ist ungefleckt und der Augen- stern gelblichbraun. Ebensowohl als in den Dschungeln oder Rohr- und Graswäldern mit wenigen Bäumen, aber viel Gesträuch begegnet man dem Tiger in großen, hochstämmigen Wäldern, wenn auch immer nur bis zu einer gewissen Höhe über dem Meeresspiegel. Nach den herdenreichen Alpenweidcn in den Hochgebirgen Asiens geht er niemals empor; um so öfter kommt er dicht

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 348

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
348 an die Dörfer, ja selbst an die Städte heran. Die schilfbewachsenen Ufer der Flüsse, die ungeheuren schilsartigen Bambusgebüsche und andere Dickungen sind seine Lieblingsplätze. Er hat alle Sitten und Gewohnheiten der Katzen, aber sie stehen bei ihm im gleichen Verhältniß zu seiner Größe. Seine Bewegungen sind jedoch ebenso unmuthig wie die kleinerer Katzen, und dabei ungemein rasch, gewandt und zugleich ausdauernd. Er schleicht unhörbar dahin, versteht gewaltige Sätze zu machen, klettert trotz seiner Größe rasch und geschickt an Bäumen empor, schwimmt meisterhaft schnur- gerade über breite Ströme und zeigt dabei immer die bewunderungswürdigste Sicherheit in der Ausführung jeder einzelnen Bewegung. Er ist kein eigentliches Nachtthier wie der Löwe, sondern streift, wie die meisten Katzen, zu jeder Tageszeit umher, wenn er auch den Stunden vor und nach Sonnenuntergang den Vorzug giebt. An Tränkplätzen, Landstraßen, Dorfwegen, Waldpfaden und dergleichen legt er sich auf die Lauer; am allerliebsten in dem Gebüsch an den Flußusern, weil hier ent- weder die Thiere zur Tranke kommen oder die Indier herabsteigen, um ihre frommen Uebungen und Waschungen zu verrichten. Eigentlich ist kein Thier vor dem entsetzlichen Räuber sicher; er greift selbst den jungen Ele- phanten und das junge Nashorn an, wenn er sich auch an die alten Thiere nicht wagt und einem ausgewachsenen Elephanten unterliegen muß. Sämmtliche Säugethiere, vielleicht mit Ausnahme der anderen Raubthiere und der übrigen Katzenarten, fallen ihm zur Beute, und er stürzt sich eben- sowohl auf die stärksten, als auf die schwächsten. Außerdem holt er sich auch aus der Klasse der Vögel, ja selbst aus der Klasse der Lurche hier und da eine Beute. In denselben Dickungen, in welchen er sich aufhält, woh- nen auch viele Hühnerarten, namentlich die Pfauen. Gerade sie haben es sehr häufig mit den Tigern zu thun und kennen ihn deshalb genau. Sie werden auch gewöhnlich zum Verräther des still dahinschleichenden Raub- thieres, indem sie entweder geräuschvoll auffliegen und Schutz vor ihm suchen oder, wenn sie bereits gebäumt haben, ihre weittönende Stimme aus- stoßen, den übrigen Geschöpfen gleichsam zur Warnung. Auch die Affen verleiden ihm oft seine Jagd. Der Tiger belauert und beschleicht schlangenartig seine Beute, stürzt dann pfeilschnell mit wenigen Sätzen aus dieselbe los und schlägt die Kral- len mit solcher Kraft in den Nacken ein, daß auch das stärkste Thier sofort zu Boden stürzt. Die Wunden, welche er schlägt, sind immer außerordent- lich gefährlich; denn nicht bloß die Nägel, sondern auch die Zehen dringen bei dem fürchterlichen Schlage ein. Ein Tiger, welcher bei dem Marsche eines Regiments ein Kameel angriff, brach diesem mit einem Schlage den Schenkel. Ein anderer soll sogar einen Elephanten umgeworfen haben. Pferde, Rinder und Hirsche wagen gar keinen Widerstand, sondern ergeben sich, wie der Mensch, schreckerfüllt in das Unvermeidliche. Bloß die muthigen männlichen Büf- fel gehen zuweilen auf den Tiger los und wissen ihm mit ihren tüchtigen Hörnern auch erfolgreich zu begegnen. Deshalb betrachten sich die in-

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 350

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
350 Absprunge zu hindern. Auge und Ohr in schärfster Spannung, liegt er Tagelang auf dem gleichen Fleck und scheint mit halb gesenkten Lidern zu schlafen, wenn seine verrätherische Wachsamkeit am größten ist. Er lebt von der List, da sein (wie aller Katzen) stumpfer Geruchsinn, seine verhält- nismäßig geringe Schnelligkeit ihn zum offnen Angriff nicht befähigen. Geduldiges Lauern, außerordentlich leises, katzenartiges Schleichen bringt ihn zu Beute. Er ist nicht so schlau, als der Fuchs, aber geduldiger; nicht so frech, als der Wolf, aber ausdauernder, vongewandtermsprung; nicht so kräftig, als der Bär, aber scharfsinniger, aufmerksamer. Seine größte Kraft liegt in den Füßen, der Kinnlade und dem Nacken. Er weiß sich die Jagd bequem zu machen und ist nur wählerisch in der Beute, wenn er Fülle hat. Was er mit seinem langen, sichern Sprung erreicht, wird niedergerissen; erreicht er sein Thier nicht, so läßt er cs gleichgültig fliehen und kehrt ohne ein Zeichen von Gemüthsbewegung auf seinen Baumast zu- rück. Er ist nicht gefräßig, aber er liebt das frische, warme Blut und wird durch diese Liebhaberei unvorsichtig. Erlauert er am Tage nichts und wird er hungrig, so streift er des Nachts umher, oft ungeheuer weit, aus drei bis vier Alpen; der Hunger macht ihn muthig und schärst seine Klugheit und seine Sinne. Trifft er eine weidende Schaf- oder Ziegenherde, so schleicht er, schlangenartig auf dem Bauche sich windend, heran, schnellt sich im günstigen Augenblicke vom Boden aus, dem aufspringenden Thiere auf den Rücken, zerbeißt ihm die Pulsader oder das Genick und tobtet es so augenblicklich. Dann leckt er zuerst das Blut, reißt dann den Bauch auf, frißt die Eingeweide und etwas von Kopf, Hals und Schultern und läßt das klebrige liegen. Seine eigenthümliche Art der Zerfleischung läßt die Hirten über den Thäter nie in Zweifel. Nicht selten aber reißt er drei bis vier Ziegen oder Schafe aus einmal nieder, ja er fällt im Hunger selbst Kälber und Kühe an. Ein im Februar 1813 im Kanton Schwyz am Axenberge geschossener hatte in wenigen Wochen an vierzig Schafe und Zie- gen zerfleischt. Im Sommer 1814 zerrissen drei oder vier Luchse in den Gebirgen des Simmcnthales 160 Schafe und Ziegen. Hat der Luchs aber Wildpret genug, so hält er sich an dieses und scheint eine gewisse Scheu zu haben, sich durch Zerreißung der Hausthiere zu verrathen. Die in den Alpen lebenden Gemsen fällt er mit Vorliebe an; doch übertreffen ihn diese an Feinheit der Witterung und entgehen ihm häufig, selbst wenn er sich an ihre Wechsel und Sulzen in Hinterhalt legt. Häufiger erbeutet er D a ch se, -Murmelthiere, Alpenhalen, Hasel-, Schnee-, Birk- und Urhühner und greift im Nothfall selbst zu Eichhörnchen und Mäusen. Selten fällt ihm bei uns im Winter, wo er sich so oft in die unteren Berge und selbst in die Thäler wagen muß, ein Reh zu; dagegen versucht er es wohl, sich unter der Erde nach den Ziegen- oder Schafställcn durchzugraben, wobei einst ein Ziegen- bock, der den unterirdischen Feind bemerkte, als er eben den Kopf aus der Erde hob, diesem so derbe Stöße zutheilte, daß der Räuber todt in seiner Mine liegen blieb. Die Luchse vermehren sich nicht stark. Regelmäßige

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 351

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
351 Luchsjagden finden bei der Seltenheit des Raubthieres nicht statt. Findet man auch Spuren seiner Mordgier, so ist doch der Thäter gewöhnlich sehr weit weg und flieht, wenn er förmlich gejagt wird, in ganz andere Gegen- den. Stößt ihm aber der Jäger unvermuthet auf, so weicht der Luchs nicht von der Stelle und ist sehr leicht zu schießen. Er bleibt ruhig auf seinem Baume liegen und starrt den Menschen unverwandt an, wie die wilde Katze, ja der unbewaffnete Jäger überlistet ihn sogar, indem er ein Paar- Kleidungsstücke vor ihn hinpflanzt und inzwischen zu Hause seine Flinte holt. Der Luchs starrt auf die Kleider so lange, bis das Gewehr bei der Hand ist, und der Schuß fällt. Aber auch hier heißt es: Gut gezielt! Wird die Bestie bloß verwundet, so springt sie schäumend dem Jäger an die Brust, haut ihre scharfen Krallen tief ins Fleisch und beißt sich wüthend ein ohne loszulassen. Manchmal aber springt sie auch nur auf den Hund, und der Jäger gewinnt Zeit zum zweiten Schusse. 72. Die Katze im Dienste des Menschen. Selbst die furchtbaren und grimmigen Raubthiere des Katzengeschlech- tes müssen dem Menschen dienstbar werden, aber freilich gerade durch die Mitgift der Natur, welche ihnen für das Geschäft des Raubens und Mor- dens zu Theil geworden. Vollendet an ihnen allen ist ja die Gewandtheit, Weichheit und Kraft ibrer Bewegungen, die außerordentliche Schnellkraft und Sicherheit ihres Sprunges. Ebenso geeignet für ihr schreckliches Ge- schäft sind ihre Waffen. Das Gebiß ist furchtbar, die Eck- oder Reißzähne bilden große, starke, kaum gekrümmtekegel, welche alle übrigen Zähne weit überwiegen und eine wahrhaft vernichtende Wirkung üben können. Ihnen gegenüber verschwinden die auffallend kleinen Schneidezähne, ihnen gegen- über erscheinen selbst die starken, durch scharfe, gegenseitig in einander greifende Zacken und Spitzen ausgezeichneten Kauzähne, welche ganz auf- gehört haben, Mahlzähue zu sein, nur schwach und unbedeutend. Mit diesem Gebiß steht die rauhe, scharfe Zunge im Einklang; sie ist d'ick und fleischig und besonders merkwürdig wegen ihrer feinen haarigen Stacheln, welche auf krausen Warzen sitzen und nach hinten gerichtet sind. So ist das Maul aller Katzenarten gleichsam noch einmal bewaffnet, wie das man- cher Schlangen und der raubgierigsten Fische, bei denen außer den Kinn- laden auch der Gaumen mit Zähnen gespickt ist. Noch furchtbarere Werkzeuge zum Angriff haben sie alle in ihren Klauen. Die breiten und abgerundeten Füße zeichnen sich besonders durch ihre verhältuißmäßige Kürze aus, und diese hat darin ihren Grund, daß das letzte Ende jeder Zehe nach innen aufwärts gebogen ist. So kann es beim Gange gar nicht den Boden berühren und bewirkt eine vollständige Schonung der auf ihm sitzenden sehr starken und äußerst spitzen Krallen, durch welche die Tatze zu der fürchterlichsten Waffe wird. Die Hauskatze, so klein sie ist, kann als das wahre Muster des ganzen Katzengeschlechtcs dienen, denn sie ist sowohl in ihrer Schönheit als in ihrer

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 352

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
352 Gefährlichkeit auch den größten Tigern verhältnißmäßig gleich zu achten, und ihr wildes Ebenbild, die noch in allen deutschen Wäldern hausende Wildkatze, ist ein von Mensch und Thier gefürchtetes Wesen. Die Lebensart der Hauskatze ist zu bekannt, als daß sie hier aus- führlich anzugeben wäre. Sie zeigt nicht sowohl Anhänglichkeit an den Menschen, als an die Wohnung, in welcher sie auferzogen wurde, und man hat nur wenig Beispiele, daß sie dem Menschen sehr zugethan und treu ergeben war. Die Katze ist ein äußerst reinliches Thier und macht hierin keine Ausnahme von ihrem ganzen Geschlechte; sie liebt und erträgt keine Nässe, und die Katzen, welche Fische fangen, sind äußerst selten. Der größte Nutzen, den sie den Menschen leisten, ist das Wegfangen der Mäuse, weniger der Ratten, an welche nicht alle Katzen gehen. Obgleich sie zu diesem Zweck besser, als alle Gifte und Fallen wirken, sollte man sie doch weder in Wohnstuben noch in Schlafstuben dulden, denn man hat höchst traurige, wiewohl seltene Beispiele, daß sie kleine Kinder jämmerlich zerfleischten, oder, indem sie Wärme suchten, sich quer über das Gesicht schlafender Kin- der legten und diese erstickten. 73. Der Wolf. Die Raubthiere, welche wie der Fuchs und der Wolf im Bau ihres Körpers und in den natürlichen Anlagen dem Hunde, dem treuen Gefährten des Menschen auf Erden, ähnlich sind, finden sich über den ganzen Erdball verbreitet, selbst in Australien, wo das Katzengeschlecht vollständig fehlt. Die Arten der Hundethiere sind oft schwer von einander zu unterscheiden; nur eins von ihnen, der Steppenhund, durch seine wunderbar bunte Far- benzeichnung charakterisiert und durch seine Gewohnheiten den Hyänen verwandt, bildet eine Art Uebergang zu diesen und unterscheidet sich merk- lich von anderen Hunden. Der bekannteste von allen wilden Hunden ist der Fuchs, den seine Schlauheit zum Liebling des Volkes gemacht hat. Wichtiger aber in seiner Eigenschaft als ein dem Menschen und seinen Hausthieren gefährlicher Räuber ist vor allen Dingen der Wolf, der auch die bewohntesten Gegenden Deutschlands noch immer in Schrecken setzt. Er hat die Größe eines großen Fleischerhundes und ist von blaß graugelblicher Farbe, welche mit vielem Schwarz gemischt ist. Hinter den Ohren ist er rostfarbig und auf den Wangen schwarz gestreift; aus den Vorder-, öfters auch aus den Hinterfüßen hat er einen schwarzen Streifen. Der Schwanz ist buschig und geradeaus stehend. Man findet ihn in ganz Europa, ausgenommen in England und Irland, wo er seit Jahrhunderten gänzlich ausgerottet ist; auch zeigt er sich in Afrika bis nach Aegypten; in Amerika scheint er durch verwandte Arten ersetzt zu sein. Er ist das schädlichste, gefräßigste und, wenn hungrig, ein wahrhaft fürchterliches Raubthier, das in Europa allen Thieren, den Menschen nicht
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