§. 6, 4. Die Kultur der Babylonier und Assyrer. 37
brachten Karawanenzüge oder Schiffe Waren zusammen: Indien lieferte Elfenbein, Perlen, Edelsteine, Ebenholz und Zimt; Baktrien sandte Gold, aus Armenien kam Holz und Wein, aus Arabien Wolle, Tierselle und Räucherwerk. Die Babylonier kannten bereits Maße und Gewichte. Mit dem Handel schwang sich auch das Gewerbe auf. Viele der Handelsprodukte wurden durch fleißige und geschickte Hände kunstvoll verarbeitet und im Altertum hochgeschätzt. Man pries die babylonischen Gewebe, die Färbereien, die Teppiche mit eingewirkten Figuren, t>ie künstlich geschnittenen Steine, die Glas- und Broncewaren, die Salben und Wohlgerüche.
Die Religion der Babylonier und Assyrer ging früh von dem Glauben an einen Gott zur Naturreligion über. Als höchste Gottheiten verehrten sie die schaffende, erhaltende, aber auch zerstörende Naturkraft, den Licht- und Feuergott Baal (Bel), sowie dessen Gemahlin, die Mondgöttin Mylitta, die Spenderin der Fruchtbarkeit. Außerdem wurden Planetengötter unterschieden und damit das Geschick der Menschen in Beziehung gebracht. Mit der Verehrung der Götter hing eine sorgfältige Beobachtung der Sterne und ein regelmäßiger Sterndienst zusammen, welcher von einer erblichen Priesterkaste, den Magiern (auch Chaldäer genannt), ausgeübt wurde, die daneben noch Sterndeuterei (Astrologie) und Wahrsagerei trieben und dadurch auf Regierung und Volk großen Einfluß hatten.
Die Wissenschaft lag ebenfalls in den Händen der Priester. Diese erlangten durch die Beobachtung des Sternenhimmels bedeutende astronomische und mathematische Kenntnisse und legten dieselben in der Keilschrift nieder. Die Keilschrift war eine Wort- und Silbenschrift, die aus keilförmigen Strichen und Winkeln in verschiedener Größe, Lage und Zusammensetzung bestand. Sie war auf Ziegelsteinplatten eingegraben und kann jetzt entziffert werden.
Die Kunst stieg zu hoher Blüte auf. Die Baukunst schuf mächtige Tempel und Paläste mit weiten Hallen und Höfen. Das massige Mauerwerk war mit Alabasterplatten überzogen, welche mit ihren Darstellungen von Pflanzengebilden und Vorgängen aus dem häuslichen und öffentlichen Leben eine reiche Zierde bildeten. Die hölzernen Decken der Säle und Hallen wurden von schlanken Säulen getragen, deren Kapitäle mit seltsamen Tierformen geschmückt waren. Da aber das Baumaterial aus Mangel an festen Steinen in undauerhaften Ziegelsteinen bestand, so sind nur wenige Trümmer erhalten. Die Bildnerei brachte außer farbigen Thonreliefs Götterbilder mit Metallüberzügen hervor. Die Assyrer schmückten die Eingänge
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§. 7, 2. Das Perserreich.
41
vollführt hatte. Er ließ dessen Sohn schlachten und setzte sein Fleisch dem Vater vor, der, ohne es zu wissen, davon aß, worauf ihm der König sagte, welche Speise er genossen hätte. Den Cyrus aber ernannte Astyages in der Folge zum Statthalter von Persien.
Harpagns sann auf Rache. Er teilte dem Cyrus dessen Jugendgeschichte und wunderbare Rettung mit, ersuchte ihn, den Astyages zu stürzen, und versicherte ihn zugleich, daß alle medischen Fürsten zu ihm übergehen würden. Cyrus ging auf den Plan des Harpagus ein. Er forderte die Perser auf, an einem bestimmten Tage ein großes Stück Land voller Disteln und Dornen urbar zu machen, und sie gehorchten ihrem neuen Statthalter. Nachdem die saure Arbeit vollendet war, lud Cyrus die Perser ein, am folgenden Tage in ihren Feierkleidern zu erscheinen. Nun bewirtete er sie auf das köstlichste und fragte sie dann am Abend, welcher Tag ihnen besser gefallen habe, der Tag der Arbeit oder der des festlichen Schmauses. Als sie einstimmig den Festtag rühmten, versicherte sie Cyrus, er werde ihnen noch bessere Tage bereiten, wenn sie das medische Joch abschütteln wollten. Die Perser erhoben sich, und Harpagus ging mit den medischen Fürsten und Truppen zu Cyrus über. Astyages geriet in Gefangenschaft, wurde aber bis an sein Ende mit Achtung und Schonung behandelt.
Cyrus (Kyros, Kurush, biblisch: Kores d. H. Sonne), 559—529. Nachdem Cyrus die Meder besiegt hatte, brachte er die iranischen Völker im Osten zur Unterwerfung und dehnte das persische Reich bis zum Indus und Jaxartes aus. Währenddessen bereitete sich im Westen ein feindliches Unternehmen gegen ihn vor, das ihn zu einem neuen Kriegszuge nötigte.
Das lydische Reich hatte sich nämlich vom Westen Kleinasiens aus über den Nordrand der Halbinsel ausgedehnt und war unter Alyattes (612—563) zu Macht und Glanz aufgestiegen. Dessen Sohn Krösus (563—548) hatte seinen Besitz durch Unterwerfung der griechischen Kolonien an der Westküste Kleinasiens vermehrt. Er hatte dann in langer Friedenszeit den Wohlstand seines Reiches gefördert, in seiner Hauptstadt Sardes große Pracht entfaltet, griechische Künstler und Gelehrte um sich vereint und war durch seine reichen Schätze ebenso stolz wie berühmt geworden.
Einst kam der weise Solon von Athen (§. 17) zu dem König Krösus nach Sardes. Krösus nahm den Solon freundlich auf und zeigte ihm seine Reichtümer. Da er den Reichtum für das höchste Glück hielt, so fragte er den Solon, wen er für den glücklichsten Menschen halte. Solon, der nicht schmeichelte, nannte seinen Mitbürger Tellus von Athen, und als ihn Krösus erstaunt nach dem Grund fragte, erwiderte Solon: „Tellus hatte in der blühenden Vaterstadt wackere Söhne und Enkel, die alle am Leben waren, und starb zuletzt den Tod für das Vaterland." Diese Mitteilung reizte den König zu der Frage, wen er denn nach Tellus für den Glücklichsten halte. Solon entgegnctc: „Nach Tellus sind Kleobis und Bi ton die glück-
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Harpagns Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Krösus Solon
§. 13, 1. Die Götter Griechenlands.
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Er war der Sohn des Königs Tantalus aus Phrygien, der einst im Übermute den Göttern, die ihn zu sich geladen, Nektar und Ambrosia entwendet hatte, um sie den Menschen zu bringen, und dafür fluchbeladen in die Unterwelt verstoßen wurde (§. 13, 1). Pelops warb bei dem König Otto maus von Elis um die Hand seiner Tochter Hippodlmiaund erhielt sie nebst der Königswürde dadurch, daß er den König beim Wettkampf im Wagenlenken durch List besiegte. Pelops dehnte seine Herrschaft über Olympia und Arkadien aus, gründete das argivische Reich und verlieh der ganzen Halbinsel in der Folge den Namen Peloponnes. Aber der Fluch, der auf Tantalus lastete, ging auch auf seine Nachkommen über. Die Söhne des Pelops, Atreus und Thyestes bekämpften sich aufs heftigste. Atreus wurde der Vater des Agamemnon und Menelaos, der Helden des trojanischen Krieges (§. 14, 6); des Thyestes Sohn Ägisthos stiftete in dem Hause des Agamemnon großes Unheil (§. 14, 7).
§. 11 2)ie Migion, Mspieüß imrt Orakel tscr Sdedien.
1. Die Götter Griechenlands.
Obwohl Griechenland in viele von einander unabhängige Staaten zerfiel, so blieben doch seine Bewohner im Mutterlande und in der Fremde durch gemeinsame Sprache, Sitte, Bildung, Religion und Nationalspiele eng mit einander verbunben.
Wesen der Götter. Die Pelasger verehrten die Naturkräfte, welche mit ihrem Ackerbau in Beziehung stauben; durch die Hellenen würden diese Naturmächte zu freien geistigen und sittlichen Wesen erhoben. Diese Wesen haben nach bent Glauben der Griechen menschliche Gestalt und menschliche Bebürsnisse, sie genießen Göttertrank (Nektar) und Götterspeise (Ambrosia), sie besitzen alle Eigenschaften der Menschen, ihre Tugenben und Untugenden; aber alle Kräfte machen sich in stärkerem Grabe und erhöhter Wirkung bei ihnen geltenb. In unversiegbarer Jugenbkrast und Schönheit erfüllen die Götterwesen die ganze Welt; sie sirtb als unsterbliche Wesen dem Menschen nahe, greifen in die Gesetze der Natur und den Lauf des Menschenlebens ein, geben ihm Veranlassung zu segenbringender Anwendung seiner Kräfte und lohnen ein tugendhaft verbrachtes Dasein durch ein glückliches Fortleben der Seele nach dem Tode.
Aber auch den Göttern sind in ihrem Thun und Lassen Schranken gesetzt; sie stehen alle wieder unter einer zwingenden höheren
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§. 13, 2. Die Götterverehrung der Griechen. 79
Die nemeischen Spiele feierten Hn jedem dritten Jahre zu Nemea den Gott Zeus und ehrten den Sieger durch einen Epheukranz.
Die Orakel. Diese Einheit in religiösen Dingen hatte großen Einfluß auf den Gang der griechischen Angelegenheiten und fand ihren Mittelpunkt im gemeinsamen Orakel zu Delphi. Neben den uralten Orakeln des hellenischen Zeus zu Dodona, wo aus dem Rauschen heiliger Eichen geweissagt wurde, und des Jupiter Ammon in der libyschen Wüste stand das ruhmgekrönte Orakel zu Delphi am Fuße des Parnassus bei allen Griechen in hohem Ansehen. Keine wichtige Unternehmung wurde begonnen, ohne dieses Orakel befragt zu haben. Alle nahmen Weisungen und Warnungen an; denn es galt für untrüglich, weil man glaubte, daß Apollo selbst den gewünschten Bescheid gebe. Ein reichgeschmücktes Heiligtum, welches von Geschenken und Beiträgen aller Griechen dem Apollo zu Ehren errichtet war, enthielt die goldene Bildsäule des Gottes und reiche Opfergerätschaften von Silber und Gold. Im Hintergründe war ein Schlund in dem Boden, aus welchem betäubende Schwefeldämpfe emporstiegen. Über diesem stand ein goldner Dreifuß, auf welchen die Pythia, eine jungfräuliche Priesterin, sich niederließ, wenn ein Spruch begehrt wurde. Durch dreitägiges Fasten, durch ein Bad in der kastalischen Quelle und durch ein dem Gotte angenehmes Opfer bereitete sich die Priesterin zum Spruche vor. In einfacher Kleidung betrat sie das Heiligtum des Gottes, und geführt von dem Oberpriefter, nahm sie ihren Platz auf dem Dreifuß ein. Alsbald geriet sie in krampfhafte Zuckungen und stieß unzusammenhärrgende Worte aus, welche von den nahestehenden Priestern aufgezeichnet und in eine passende Form gebracht wurden. Gewöhnlich waren diese in Verse gekleideten Antworten kurz, dunkel und zweideutig.
Ainphiktyonlen. An die Festversammlungen und Orakel schlossen sich Amphiktyonien (Umwohnerschasten) d. H. Bündnisse von Völkern an, welche um ein gemeinsames Heiligtum herum wohnten. Unter diesen war der Amphiktyonenbund in Delphi der einflußreichste, welcher schon frühe zwölf Völker und deren Kolonien umfaßte und seine Stärke in Thessalien und Hellas hatte. Die Amphiktyonen übten das Schirmrecht über das Orakel zu Delphi, wachten über das Tempelgut, ordneten die Feste und schützten die Wallfahrer. Die Bundesversammlungen fanden jährlich zweimal statt, im Frühjahr zu Delphi, im Herbste bei den Thermopylen; bei denselben stimmten alle aus den Bundesstädten anwesenden Bürger mit. Ein Bundesgericht schlichtete die Streitigkeiten der Staaten unter einander und
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Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum.
bestrafte Vergehen gegen die Religion und das Völkerrecht. Die Ausführung der Bundesbeschlüsse und Beaufsichtigung des Heiligtums war einem Bundesrate übertragen.
Die vorgeschichtliche Zeit des griechischen Volkes ist mit mancherlei Sagen erfüllt, die sich teils an einzelne Heldengestalten (Heroen) anschließen, teils zu Sagenkreisen verbunden sind, deren Mittelpunkt eine Unternehmung bildet, bei der eine Reihe von Helden sich auszeichnet. Diese Helden stattete die Sage mit den Tugenden aus, welche das Griechenvolk hochhielt. Bald kämpfen die Helden, um wilde Tiere auszurotten, die Schwachen und Bedrängten zu schützen; bald ziehen sie freiwillig auf Abenteuer aus, und die Sage verherrlicht sie nicht bloß durch Ruhm, sondern zum Teil auch durch götterähnliche Verehrung nach ihrem Tode. Die beiden hervorragendsten Griechenstämme haben ihre besonderen Stammeshelden, um die sich ihre Sagen schließen, die Dorer den Herakles, die Ionier den T h e s e u s. Berühmte Sagenkreise bilden außerdem: der theba-nische Sagenkreis, der Argonautenzug, die Sagen vom Sänger Orpheus und der trojanische Krieg.
Herakles (lateinisch Herkules) war der Sohn des Zeus und der Alk-mene, der Gemahlin des von Tiryns nach Theben vertriebenen Königs Amphi-trion. Herakles wurde von Jugend auf von Hera, der Gemahlin des Zeus, mit leidenschaftlichem Hasse verfolgt, weil diese aus Alkmene eifersüchtig war. Schon bei seiner Geburt zeigte sie sich feindselig. Zeus hatte ihr nämlich geschworen, daß der Knabe, der an einem bestimmten Tage geboren werde, die Herrschaft über alle Umwohnenden erhalten solle. Allein nicht Herakles, wie Zeus gehofft hatte, sondern Enr/stheus erblickte auf Heras Gebot das Licht der Welt und wurde somit Herr und Gebieter auch des Herakles, welcher später geboren wurde. Zeus entschädigte darauf seinen Sohn dadurch, daß er ihm Unsterblichkeit verlieh.
In seiner Jugend. Schon im zartesten Alter zeigte Herakles feine göttliche Abstammung. Hera sandte nämlich zwei Schlangen aus, welche das Kind töten sollten. Sobald Herakles sie jedoch erblickte, ergriff er sie lächelnd und erwürgte sie, während sein Bruder weinte und laut aufschrie. In allen Künsten sorgsam unterrichtet, bildete Herakles seine Fähigkeiten rasch und vortrefflich aus; doch legte er schon frühe eine außerordentliche Heftigkeit an den Tag, welche ihn einst so hinriß, daß er seinen Lehrer Linos mit der Lyra erschlug. Dafür wurde er aufs Land geschickt und ihm die Aufsicht über die königlichen Herden übertragen.
Lim Scheidewege. Während er einst die Herde hütend aus einem
1. Die Heraklessagen.
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B-36c
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§. 14. Die griechischen Heldensagen.
81
Scheidewege stand, nahten sich zwei Göttinnen. Die eine, schön und anmutig von Gestalt, neigte sich zu ihm hin und bot ihm Befreiung von allen Mühseligkeiten und Rettung aus allen Gefahren an, wenn er sich ihrer Leitung überlassen wolle; die andere, mehr ernst als schön, würdevoll und bescheiden, versprach ihm dagegen Ehre und Ruhm bei Menschen und Göttern, wenn er ihr folgen und den Gefahren und Mühseligkeiten des Lebens sich unterziehen werde. Herakles erblickte in der ersten Erscheinung die Göttin der Freude und Lust, in der andern die Tugend, und rasch reichte er der letzteren seine Hand. Seine außerordentliche Stärke und Gewandheit machten ihn ja auch zum Dienste der Tugend und Ehre besonders geeignet.
Heldenmut. Den ersten Beweis seines Heldenmutes gab er dadurch, daß er einen Löwen tötete, welcher am Kithäron die Herden des Königs Thespios schädigte. Darnach befreite er seine Geburtsstadt Theben von einem schimpflichen Tribut, welchen ihr die Bewohner von Orchomenos auferlegt hatten, und zwang diese räuberischen Nachbarn, künftig denselben Tribut an Theben zu entrichten. Hera, aufgebracht über den Ruhm des heranwachsenden Helden, veranlaßte daraufhin den König Eurystheus, die ihm durch Zeus' Schwur gewordene Oberherrschaft über Herakles zu benutzen und denselben aufzufordern, daß er komme und ihm diene. Unwillig begab sich Herakles zum Orakel nach Delphi und erhielt die Antwort, daß er zwölf Arbeiten, die Eurystheus ihm auferlege, vollführen und zwölf Jahre ihm dienen müsse, dann werde er unsterblich sein. Herakles fügte sich in sein Schicksal und unterzog sich der Aufgabe.
Die zwölf Arbeiten. Zuerst tötete er einen Löwen, welcher in der Nähe von Nemea im Peloponnes hauste. Da derselbe durch kein Geschoß erlegt werden konnte, so schlug ihm Herakles mit der Faust das Genick ein, zog ihm das Fell ab und hing es um. Darauf vernichtete er die lernäische Schlange (Hydra), welche sich in den Sümpfen von Senta in der Landschaft Argolis aufhielt und die ganze Umgegend verwüstete. Sie hatte sieben, neun oder gar hundert Köpfe. Sobald Herakles sie aus dem Sumpfe aufgescheucht hatte, schlug er ihr mehrere Köpfe ab, doch zu seinem großen Schrecken gewahrte er, daß an der Stelle jedes abgeschlagenen zwei neue hervorwuchsen. Da zündete sein treuer Gefährte Joläos den nahen Wald an, und nun versengten sie die nachwachsenden Köpfe der Hydra mit Feuerbränden bis auf den mittelsten, der unsterblich war. Auf diesen wälzte Herakles einen Felsblock, dann tauchte er seine Pfeile in das giftige Blut der Schlange. Die Hirschkuh der Diana, welche eherne Füße und goldene Hörner hatte und dabei von außerordentlicher Schnellfüßigkeit war, ermüdete Herakles durch unablässige Verfolgung und fing sie lebendig. Der erymanthische Eber verwüstete Thessalien. Herakles fing ihn und brachte das Tier lebendig auf den Schultern zu dem König Eurystheus, welcher sich vor Schrecken verbarg. In einem Tage reinigte sodann Herakles den Stall des Königs Augias von Elis. 3000 Rinder hatten viele Jahrein demselben gestanden; eine Reinigung war aber nicht vorgenommen worden. Herakles besann sich nicht lange, riß zwei Wände des Stalles ein und leitete den benachbarten Strom hindurch. Darnach erlegte er die stymphalischen Vögel, welche die Gegend um einen See in Arkadien verwüsteten, eherne
Cassians Weltgeschichte I. 6. Aufl. v. Ph. Beck. ß
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160
Zweiter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
nerheer und besiegten damit die Thebaner, welche von den Amphik-tionen mit der Bestrafung der Tempelschänder betraut worden waren. Als sie nach greuelvollen Verwüstungen auch in Thessalien einfielen, riefen die Thebaner den makedonischen König zu Hilfe. Philipp ließ sich nicht lange bitten; er kam mit einem Heere, unterwarf Thessalien, drang durch den Paß von Thermopylä in Phokis ein und machte dem Kriege rasch ein Ende. Die phokischen Städte wurden geschleift, 3000 Phoker als Tempelräuber ertränkt, die übrigen vertrieben oder zu Sklaven gemacht. Philipp, der sich das Ansehen eines Gottesstreiters gegeben hatte, galt nun als Hellene; er ließ sich Sitz und Stimme im Amphiktyonenbund erteilen und nahm an den olympischen Spielen teil. Zu spät bereuten Athen und Sparta ihr feindseliges Benehmen gegen Theben, welches sie im Kampfe gegen die Tempelräuber aus Neid und Mißgunst verlassen hatten.
Demosthenes. Und doch waren die Athener frühzeitig genug durch ihren Redner Demosthenes vor Philipp von Makedonien gewarnt worden.
Demosthenes war der Sohn eines Waffenschmieds in Athen und faßte schon in früher Jugend den Entschluß, sich zum Redner auszubilden. Er studierte fleißig den Geschichtschreiber Thnkydides, wurde Schüler des Philosophen Plato und des Redners Jsokrates. Als er aber zum ersten mal vor dem verwöhnten athenischen Volk auftrat, wurde er verlacht und verhöhnt. Er hatte nämlich eine schwache Brust, stotterte und konnte das R nicht aussprechen. Niedergeschlagen ging er nach Hause, wo ihn sein Freund Sät tz-ros, der Schauspieler war, auf die Kunst des rechten Vortrags und Mienenspiels hinwies. Mit eisernem Fleiß ging nun Demosthenes daran, die ihm von Natur anhaftenden Mängel abzulegen. Er begab sich ans Meer und suchte, um seine Brust zu stärken, das Tosen desselben zu überbieten. Um sich im deutlichen und starken Reden zu üben, legte er Kieselsteine auf die Zunge und schritt laut sprechend steile Berge hinan. Damit er monatelang zu Hause bleiben mußte, ließ er sich das Haupt an einer Seite scheren; dann arbeitete er Reden aus, lernte sie auswendig und stellte sich beim Vortrag derselben vor einen Spiegel, um sein Mienenspiel zu üben. Nach solchen Vorbereitungen trat er von neuem auf; er fand nun Beifall und wurde so allmählich der berühmteste Staatsredner des Altertums.
Längst hatte er Philipps Pläne durchschaut und sich bemüht, seinen Mitbürgern die Augen zu öffnen; allein er konnte das sorglose Volk Athens nicht mehr zu Thaten begeistern. Die Athener redeten wohl viel, thaten aber wenig; sie zogen nicht mehr wie früher selbst hinaus, um für den Ruhm und die Größe ihrer Vaterstadt zu kämpfen, sondern blieben in träger Ruhe daheim und überließen ihren Söldnern die Feldzüge. Warnten wohlmeinende Vaterlandsfreunde vor solchem gefährlichen Treiben, so wurden sie entweder
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp_von_Makedonien Philipp Plato Philipps Philipps
164
Zweiter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
wurde ein wackerer Zögling des gefeierten Lehrers und zeichnete sich durch anhaltenden Fleiß aus. Aristoteles unterrichtete den wißbegierigen Knaben in allen Zweigen griechischer Bildung und begeisterte ihn für alles Edle und Große; er flößte ihm solche Liebe zu den griechischen Dichtern ein, daß Alexander Homers Ilias und Odyssee säst ganz auswendig wußte, sie stets bei sich trug und abends unter fein Kopfkissen legte, um des morgens sogleich darin lesen zu können. Sein Lieblingsheld war Achilleus, dem er ähnlich zu werden strebte; er pries diesen Göttersohn glücklich, daß er im Leben einen Freund gesunden und im Tode einen Sänger, der seine Ruhmesthaten der Nachwelt überliefert hatte. Nicht minder war Alexander bemüht, seinen Körper zu kräftigen und sich im Gebrauch der Waffen zu üben. Müßiggang und Vergnügungen haßte er wie Putz und Prahlerei.
Früh zeigte sich in dem Knaben aber auch schon Stolz und Selbstbewußtsein. Als man ihn einst fragte, ob er sich nicht bei den Festspielen in Olympia beteiligen wollte, antwortete er: „Ja, wenn ich mit Königen um die Wette laufen könnte." Seiner Ruhmbegierde gab er bei der Nachricht von einem Siege seines Vaters mit den Worten Ausdruck: „Mein Vater wird mir nichts mehr zu thun übrig lassen." Von seiner Klugheit und seinem Mute giebt folgender Vorfall Kunde: Einst wurde seinem Vater ein prächtiges Pferd, Bnkephalos genannt, zum Kaufe angeboten. Dieses war aber so wild, daß es niemand aufsitzen ließ und selbst die besten Reiter ihre Kunst vergeblich daran versuchten. Schon hatte der König den Befehl gegeben, das Pferd als unbrauchbar wegzuführen, als sich Alexander von seinem Vater noch die Erlaubnis zu einem Versuch erbat. Kaum hatte er diese erhalten, so ergriff er das Roß beim Zügel, führte es gegen die Sonne, denn er hatte bemerkt, daß es sich vor seinem Schatten fürchtete, schwang sich darauf und jagte pfeilschnell mit ihm davon. Nachdem das Pferd sich ausgetobt hatte, mußte es sich seinem Willen fügen; er tummelte es, bis es lenkbar war, und ritt dann zu den erstaunten Zuschauern zurück. Sein Vater aber rief hocherfreut aus: „Mein Sohn, suche dir ein anderes Königreich; Makedonien ist zu klein für dich!"
Kaum hatte der- zwanzigjährige Alexander den väterlichen Thron bestiegen und in Griechenland die Verhältnisse geordnet, da erhoben sich die unterworfenen Völker Thraciens und Jllyriens, und Alexander mußte feine Kriegsmacht gegen sie richten. Als er noch mit ihrer Züchtigung beschäftigt war, verbreitete sich in Griechenland das Gerücht, er fei gefallen, und die Griechen wurden mit neuen Hoffnungen auf Wiedergewinnung ihrer Unabhängigkeit erfüllt. Im Peloponnes wurde gerüstet, die Athener wurden durch Demosthenes entflammt; in Theben wurde ein Teil der makedonischen Besatzung niedergemacht, der andere in der Burg belagert. Da aber erschien Alexander mit Blitzesschnelle in Böotien; Theben wurde erobert, die Stadt von
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Extrahierte Personennamen: Aristoteles Alexander_Homers_Ilias Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Makedonien Griechenland Griechenland Theben Burg
§. 29, 1. Die Kultur der Griechen. Kunst und Wissenschaft. 181
Vaterlandsliebe, Seelenstärke und Götterfurcht. Auch von Sophokles (496—406), der über 100 Dramen verfaßt hat und einen dritten Schauspieler einführte, sind sieben Tragödien erhalten: der König Ödipus, Ödipus auf Kolonos, Antigone, welche sich mit dem Schicksale des Ödipus und seiner Familie beschäftigen, Elektra, Ajax, Philoktetes und die Trach inier in nen. Sie sind ein Muster der Schönheit und Vollendung und kennzeichnen die Bildung und geistreiche Geselligkeit des perif letschen Zeitalters, sodaß noch jetzt mehrere von ihnen zur Aufführung kommen. Unter den 19 Stücken des Euripides (480—406), welche uns erhalten sind, verdient die Medea den Vorzug; es gehören ferner dazu: Andro-mache, Iphigenie in Aulis, Iphigenie bei den Tauriern, die Phönizierinnen u. a. Euripides gehört der sophistischen Aufklärung seiner verweichlichten Zeit an; er sucht zu unterhalten statt zu erbauen und ersetzt die schöpferische Kraft und das wahre Gefühl ferner Vorgänger durch Empfindsamkeit und eine glatte, zierliche Sprache, sodaß mit ihm schon der Niedergang der dramatischen Kunst beginnt.
Ein Zeitgenosse des Euripides ist der Lustspiel- oder Komödien-dichter Aristvphanes (452—388) von Athen, welcher in seinen Stücken die Thorheiten der Zeit unbarmherzig geißelt und die angesehensten Personen, wie Perikles, Kleon, Sokrates re. nicht verschont. So verspottet er in den „Fröschen" den Euripides, in den „Wolken" die Sophisten in der Person des Sokrates, in den „Rittern" den Gerber Kleon. 11 Stücke von ihm sind uns erhalten.
Auch in der Prosa sind uns die Griechen Muster. Ihre 3 Geschichtschreiber Herodot, Thukydides und Tenophon sind uns in ihren Werken Lehrer und Vorbilder geblieben. Herodot aus Halikarnaß (444) ist der Vater der Geschichtschreibung. Er beschrieb in 9 Büchern, welche er nach den 9 Musen benennt, die Kämpfe der Griechen mit den Persern und beurkundet ein ausgezeichnetes Erzählertalent. Er fügt feiner Darstellung auch die ältere Geschichte der morgenländischen und griechischen Völker ein und berichtet, da er den Erzählungen der Priester folgt, manches Fabelhafte. Auf seinen großen Reisen hatte er die meisten Länder, deren Geschichte er mitteilt, durch eigene Anschauung kennen gelernt. Seine Geschichtsbücher feuerten Thukydides (470—402) von Athen zur Nacheiferung an. Zur Zeit der Schlacht bei Amphlpolis (422) wegen verspäteter Ankunft verbannt, widmete er die Jahre seines Exils der Abfassung der Geschichte des peloponnesischen Krieges, welche er mit dem 21. Jahre des Krieges abschließt. Sein Werk verrät tiefen
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Zweiter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
Ernst und ist durch Sprache und Inhalt ausgezeichnet. Wo Thuky-dides aufhört, beginnt L6nophon (446—356) aus Athen (§. 24). Sein klarer, schöner und leichter Stil, welcher aus seiner hellenischen Geschichte, ferner in seiner romanhaften Bildungsgeschichte des älteren Cyrus, Cyropädie genannt, in seiner Anäbasis oder dem Rückzug der 10000 Griechen und vielen kleinen politischen und ökonomischen Schriften uns entgegentritt, steht allerdings über seiner geschichtlichen Treue. Obgleich er Athener war, ist er doch ein Lobredner der Spartaner und ihres Königs Agesilaos.
Die Redekunst, durch welche Perikles ein so bedeutender Staatsmann geworden ist. wurde besonders in Athen gepflegt und in Rednerschulen daselbst gelehrt. Unter den 10 attischen Rednern, welche schriftliche Reden hinterlassen haben, nimmt Jsokrates (436—338), eine bedeutende Stelle ein. Er trat zwar nicht selbst öffentlich als Redner auf, arbeitete aber viele Reden aus, von denen noch 21 erhalten sind, die von seinem Talente und Fleiß Zeugnis geben. Sein berühmtester Schüler war Demosthenes (385—322), welcher mit unglaublicher Anstrengung alle die Hindernisse überwand (§. 26), die ihm die Natur bereitet hatte, und durch seine Vaterlandsliebe, seinen Spott und seinen bittern Ernst die Zuhörer fesselte. Seine bedeutendsten Reden sind die 12 philippifchen, in denen er seine Landsleute gegen ihren Erbfeind , Philipp von Macedonien, anfeuert. Sein Nebenbuhler war Philipps Freund, der Athener Äschines; ein Gegner aus Überzeugung war der friedliebende, biedere Phokion.
Die Philosophie der Griechen beschäftigte sich mit den Lehren der griechischen Religion über den Ursprung der Welt und der Götter, über das Leben des Menschen und sein Ziel, und suchte durch gründliches Nachdenken zu erforschen, wie das Leben der Menschen und des Staates nach den Grundsätzen der Wahrheit und Weisheit zu erklären und zu ordnen sei. Schon die steben Weisen Griechenlands befaßten sich mit solchen Fragen, und jeder führte einen kurzen Denk- und Sittenspruch:
Kleobülus von Leskos: Maß zu halten ist gut!
Periänder von Korinth: Alles mit Vorbedacht!
Pittakus von Mytilene: Wohl benutze die Zeit!
Bias von Brisne: Mehrere machen es schlecht!
Thales von Milet: Bürgschaft bringt Leid!
C h i l o n von Sparta: Kenne dich selb st!
Solon von Athen: Nichts im Übermaß!
Männer, wie Thales (635—560) und seine Freunde, glaubten
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Extrahierte Personennamen: Ernst Cyrus Cyrus Ernst Philipp_von_Macedonien Philipp Philipps Philipps Leskos Brisne