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1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 418

1913 - Wittenberg : Herrosé
418 Dieser Aufruf sprach nur aus. was alle mehr oder weniger gefühlt hatten. Sogleich gab das weibliche Geschlecht alles her. worauf es sonst hohen Wert legt: jede Art von Schmuck, jedes Kleinod, jedes Ersparte. Witwen gaben einen Teil ihrer dürftigen Pension her. die Ärmste doch noch irgend etwas, die meisten ihre Arbeitskräfte. Auch die dienende Klasse blieb nicht zurück. Ein glänzendes Beispiel gab in der Nähe von Breslau ein junges Mädchen. Ferdinande von Schmettau. Der Vater. Oberst außer Dienst, lebte mit 11 Kindern von 600 Taler Pension in Bergel nahe bei Ohlau in bedrängten Umständen. Als nun die öffentliche Aufforderung kam, opferte der Vater seine aufbewahrte Staatsschabracke. Mutter und Schwester gaben ihre Ringe und kleinen Schmucksachen. Ferdinande, damals 16 Jahr alt. hatte gar nichts zu geben und war darüber untröstlich. Sie sann nach. was sie darbringen könnte. Sie war im Besitze eines reichen, schönen Haares, das man ihr oft hatte abkaufen wollen: sie opferte es, um das gelöste Geld den Freiwilligen zukommen zu lassen. Ihr edler Zweck wurde vollkommen erreicht: denn diese schöne Tat blieb nicht verschwiegen. Es erstand jemand das verkaufte Haar und ließ daraus allerlei Zierat, Ringe. Ketten usw. an- fertigen. nach denen der Begehr so groß war. daß durch den Ver- kauf derselben vier Freiwillige eingekleidet und überhaupt nicht weniger als 1200 Taler gelöst wurden. Goldene Trauringe wurden aus allen Gegenden des Landes zu mehreren Tausenden dargebracht. Es war die Veranstaltung getroffen, daß man dafür eiserne Ringe mit dem Bilde der Königin Luise und der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen" zurück- erhielt. Frauen und Mädchen aus allen Ständen, selbst aus den höchsten, nähten Kleidungsstücke, wie Mäntel. Hosen und Hemden, zupften Wundfäden und strickten mit Emsigkeit für die Frei- willigen. und nicht wenige waren es. die. nicht imstande wie andre. Geld und Kleinodien darzubringen, auf solche Weise dem Vater- lande den innigsten Tribut zollten. Das weibliche Geschlecht war von einem Feuer für die Sache des Vaterlandes entbrannt, dem an Glanz und Gut kaum etwas gleichkommt, was irgend die Ge- schichte berichtet. Selbst das schwerste Opfer, das der Kampf für das Vaterland fordern kann, brachte man in jenen großen Tagen leichter als zu andrer Zeit. Deutsche Frauen fühlten und dachten damals wie jene heldenmütigen Mütter des Altertums, welche die Nachricht von einer verlorenen Schlacht schmerzlicher traf als der Tod ihrer Söhne. Als ein Lützower Jäger im Sommer 1813 von Berlin nach Perleberg kam, fand er in dem Orte Kletzke die Wirtin in Trauer. Sie machte sich schweigend um den East zu tun und sagte endlich, mit der Hand nach der Erde weisend: „Ich habe auch einen dort unten: aber die Peters hat zwei." Sie fühlte das bessere Recht der Nachbarin. Nach Heinrich Beihke und Gustav Freytag.

2. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 419

1913 - Wittenberg : Herrosé
419 238. Preußens Frauen. 1. Frau'n Preußens, nehmt für eure Opfergaben das Opfer an des Lieds, das ich euch bringe; ihr. die ihr gabt vom Finger eure Ringe, sowie ihr gabt vom Busen eure Knaben 2. dem Vaterland! Zn Erzschrift sei gegraben eu'r Preis, daß ihn kein Mund der Zeit bezwinge! Des Ruhms, den eurer Männer blut'ge Klinge erfechten wird, sollt ihr die Hälfte haben. 3. Denn wenn sie selbst im Sturm des Feindes Wunden erbeuteten, so habt ihr mit dem Kleide von euren Schultern ihnen sie verbunden. 4. Und wenn der Freiheit Tempel aus dem Leide nun steigt durch sie. so soll's die Welt erkunden, daß, ihn zu schmücken, ihr gabt eu'r Geschmeide. Friedrich Rückcrt. 239. Annette von Droste-Äülshoff. Ihr Leben. Annette Elisabeth Freiin von Droste-Hiilshoff. dem altwestfälischen katholischen Geschlechte von Droste entstam- mend. wurde am 10. Januar 1797 auf dem väterlichen Rittergute Hülshoff bei Münster geboren. Von breiten Gräben um- schützt. liegt das Schloß ihrer Väter, eine stattliche Burg mit grauen Türmen, zwischen Weiher und Wald inmitten eines aus- gedehnten, seit fünfthalb Jahrhunderten der Familie gehörigen Besitzes. In diesem stillen Erdenwinkel verlebte Annette ihre erste Jugend, von der Mutter und einem Hauslehrer unterrichtet; des Mädchens Spielgenossen waren und blieben fast nur die Ge- schwister, eine zwei Jahre ältere Schwester und zwei jüngere Brüder. Früh schon zeigte sich in dem Kinde eine eigenartige seelische Mitgabe: lebendig zu empfinden und durch Gebärden und Worte auszumalen, was es empfand. Als sechsjähriges Mädchen schrieb sie schon die Schiefertafel voll Reime, und im Alter von 14 Jahren verfaßte sie zum Geburtsfeste ihrer Mutter ein längeres Gedicht. An dem Unterricht ihrer Brüder nahm sie eifrig teil; ihr besondres Interesse erregten Mathematik. Natur- kunde, Geschichte und Sprachen. Zeichnen und Musik. So wuchs sie im wohlbewahrten Frieden des Hauses und der Landesart. im kirchlichen Glauben und in einfach strenger Sitte auf. Noch in „ihrer grünsten Jugendzeit", d. h. an der Grenze der Zwanzig, entstand ihr erstes größeres Gedicht, ein Heldenepos. Zu ihrer Lebensschulung gehörte ein kurzer Liebestraum, die Neigung zu einem jungen Arzte, der sie nicht folgen durfte. Im Jahre 1826 starb ihr Vater, an dem sie mit ganzer Seele 27*

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 429

1913 - Wittenberg : Herrosé
429 umhüllt vom ew'gen Todesflor: — wie manche Lippe wär' verschmachtet, wenn nicht das Kreuz auf weißem Grund gelabt den fast erstarrten Mund: 3. wenn nicht den blut'gen Strom der Wunden gestillt die Samariterhand. wenn nicht ein heilender Verband Balsam gebracht den Folterstunden, und in der dunklen Schmerzensnacht nicht Liebe hielt die treue Wacht. 4. Still blüht ihr segensreiches Walten, wo rings der Krieg Verderben sät: wo Kraft und Jugend kalt er mäht. strebt sie, das Leben zu erhalten, und hoch und niedrig, arm und reich, ihr sind im Elend alle gleich. 5. Als Nächsten hilft sie allen, allen, ob Feind, ob Jude oder Christ. sie rettet, wo zu retten ist: mag sie im Ordensschleier wallen — trägt sie das Johanniterband — Gott hat für alle sie gesandt. 6. Unscheinbar fast sind ihre Werke, kein Lorbeerkranz wird einst ihr Lohn. doch glänzt die Tat vor Gottes Thron mit ihrer Opfer Heldenstärke. und bei des Wiedersehens Glück lohnt ihr der Dank im feuchten Blick. 7. Sieht dann der Gattin Aug' sie glänzen, weil ihr noch schlägt des Gatten Herz. hat sie gestillt der Eltern Schmerz: — da tauscht sie nicht mit Lorbeerkränzen und nimmt beim deutschen Siegesglanz voll innern Glücks den Palmenkranz. Marie ohermq. 243. Das Wirken der Frauen im Kriege 1870 71. i. Als im Jahre 1870 der von dem Machthaber Frankreichs mutwillig heraufbeschworene Krieg ganz Deutschland unter die Waffen rief, wurde der freiwilligen Krankenpflege der Frauen eine so hohe Bedeutung beigelegt, daß der Kaiser alsbald eine Art Ministerium dafür bestellte, während die Kaiserin Augusta das

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 243

1913 - Wittenberg : Herrosé
243 3. Verdreifacht hält der Liebe Posten vor ihrem Stübchen seine Wacht. und keine Mühe. keine Kosten erschüttern seine Heldenmacht. 4. Und weiter atmet, lebt die Kranke, nun ist sie dreizehn Jahre schon. doch immer bleibt dieselbe Schranke, versagt ist ihr der Menschenton. 5. Der Mutter heißeste der Bitten, der Wünsche heißester ist nur. bevor ihr Liebling ausgelitten. eh' abgelaufen ihre Uhr: 6. Daß sie ein einzig Mal nur sage, ein einzig Mal das eine Wort „Mutter!" — und wegfegt alle Klage, und alle Trübsal ist verdorrt. 7. Das Mädchen starb. Mit reinem Herzen sank oben sie an Gottes Brust, die Mutter blieb im Land der Schmerzen und gab sich schwer in den Verlust. 8. Dann starb auch sie nach vielen Jahren, nach Plag' und Arbeit, wie's so geht: wir alle müssen's ja erfahren, wie scharf der Wind auf Erden weht. 9. Als sie nun schritt auf Himmelswegen, bei Gottes Thron am heil'gen Ort. trat ihr das Töchterlein entgegen, und — „Mutter!" jauchzt ihr erstes Wort. Detlev von L liencron. 138. Schule und Elternhaus. Es gibt kaum eine menschliche Einrichtung, die so sehr das Leben in der Familie beeinflußt wie die Schule. Ob wir selbst Kinder zur Schule schicken, oder ob wir keine Nachkommen haben, das Interesse für diese Institution ist doch in einem Kulturstaate bei jedem Menschen in hohem Maße vorhanden. Aber eben weil der zukünftige Mensch ein Produkt der beiden Haupterziehungsfaktoren — Schule und Haus — ist, ist es not- wendig, daß sich diese beiden Erzieher bei ihrer Tätigkeit in voller Übereinstimmung befinden. Leider ist das aber sehr oft nicht der Fall. Oft ist das Verhältnis zwischen Schule und Haus recht ge- 16'

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 420

1913 - Wittenberg : Herrosé
420 gehangen hatte, bald darauf der jüngste und geliebteste Bruder. Die zwiefache Erschütterung warf Annette auf ein schweres Krankenlager, und es entwickelte sich in der Folge ein Herzübel. das fte zeitlebens nicht wieder verlassen hat. Nach dem Tode ihres Vaters lebte sie auf dem Gute R ü s ch h a u s bei Münster, dem schlichten, noch einsamern Witwensitze der Mutter. Hier führte sie zwischen Heideblumen und Hecken ein zurückgezogenes und häusliches Leben; ihre Hauptbeschäftigung war die Poesie und die Wissenschaft. Die angenehmste Erholung fand sie im Umgänge mit der Natur, für deren Schönheiten sie einen tiefempfänglichen Sinn hatte. Sie durchstreifte gern allein die einsamen Heiden und Moorgründe der Umgegend und versenkte sich in das Klein- leben der Natur. Zeder Käfer und Schmetterling, jede Libelle und Wasserspinne, jede Pflanze und jeder Stein erregte ihre Auf- merksamkeit. An einen knorrigen Eichenstamm gelehnt, konnte sie stundenlang sitzen auf ihrem ausgebreiteten Tuch und hinaus- blicken in die weite, lautlose Heide; oder sie lagerte sich an ver- steckten Waldplätzen neben stille, tiefe Teiche, bis die Abendnebel- schleier die Wasserlilien vor dem Auge verdämmern ließen und der Mond darüber heraufkam. Was sie da wachend geträumt, brauchte sie nur niederzuschreiben, und es war ein Gedicht, schön wie die Äolsharfe. Als Annettes ältere Schwester sich verheiratete und mit ihrem Manne südwärts an den Vodensee zog. wurde die Einsam- keit von Rüschhaus noch größer. Die Mutter weilte oft monate- lang bei ihrer verheirateten Tochter, und die Dichterin lebte dann in größter Abgeschiedenheit wie eine Einsiedlerin in der Klause. Von Münster kehrten wohl von Zeit zu Zeit Freunde bei ihr ein, mit denen sie auch im lebhaften Briefwechsel stand. Ihr altes Leiden, vor allem ein lästiger Husten, der an ihrem schwächlichen Körper schon von Jugend auf nagte, zwang auch Annette, das geliebte Rüschhaus zu verlassen und ein milderes Klima aufzusuchen; sie zog mit ihrer Mutter an den V o d e n s e e zu ihrem Schwager. Dort gab sie eine Sammlung ihrer Gedichte heraus. Von dem Ertrage kaufte sie sich ein Landhaus. So wurde ihr der Gedanke leichter, ihre geliebte Heimat auf immer verlassen zu müssen. Aber es war ihr nicht beschieden, in der Schweiz heimatlich festzuwurzeln. Vorübergehend besserte sich wohl ihre Gesundheit, aber dann trat eine schlimme Wendung ein; die Atemnot, die sie früher schon gequält, nahm aufs neue zu, und am 24. Mai 1848 erlöste die Fünfzigjährige ein Herzschlag von aller irdischen Qual. Ihre dichterische Bedeutung. Annette von Droste-Hüls- hoff ist die begabteste und originellste deutsche Dichterin: von echter Weiblichkeit, zart und milde, anmutig und liebenswürdig und doch durch die Tiefe und markige Kraft ihrer Gedanken und eine staunenswerte Kühnheit der Sprache an den Mannesgeist erinnernd.

6. Kaiser Friedrich III. - S. 1

1888 - Wittenberg : Herrosé
Zum 15. Juni 1888 Weh Deutschland dir, weh deinem Lserrscherthrone, Ls traf dich heut' eiu neuer herber Schmerz. Ls brach die zweite j)erle deiner Krone, Dir starb das zweite große Heldenherz! Auch ,,unser Fritz" ist seinem Volk genommen, Nach schwerem Kampf ist er zur Nuh' gekommen* G, bittres Schicksal! Lr, der alle Zeiten Zn heißer Schlacht das Siegesbanner schwang, Der unverwundbar schien im blut'gen Streiten, Des Heldenarm stets jeden Feind bezwang, Den Feind der Krankheit konnt' er nicht besiegen, Der herrliche, er mußte unterliegen. Als Kämpfer hat er voller Kraft gestritten, Als Mensch erwarb er sich den höchsten Ruhm, vergiß es nie, mein Volk, wie er gelitten, Das war des Melden größtes Heldentum, Lin leuchtend Beispiel gab er: ohne Klagen Das schwerste Leid mit Seelengröße tragen. Schlaf nun in Ruh', schlaf aus von deinen Schmerzen, Du edler, teurer Hohenzollernheld! Als Vorbild lebst du fort in deines Volkes Kerzen, Als königlicher Dulder in der ganzen Welt. Schlaf nur in Ruh'! Deutschland wird nicht verzagen, Solange Hohenzollern seine Krone tragen. Sb alter, Kaiser Friedrich Iii. 1

7. Kaiser Friedrich III. - S. 24

1888 - Wittenberg : Herrosé
24 forcejagden, Truppenmanöver wechselten miteinander ab, was aber den Prinzen nicht abhielt, die reichen Kunstschätze auch dieser Stadt in Augenschein zu nehmen. Die Kaiserin Eugenie sagte damals zu einem ihrer Ver- trauten: „Der Prinz ist ein großer, schöner Mann, fast einen Kopf größer als der Kaiser (Napoleon), schlank, blond, mit stroh- farbenem Schnurrbart, ein echter Germane, von ritterlicher Höflichkeit. Sein Begleiter, ein Graf Moltke, ist ein wortkarger Herr, aber nichts weniger als ein Träumer, immer gespannt und spannend; er überrascht durch die treffendsten Bemerkungen. Es ist eine Achtung gebietende Rasse, diese Deutschen. Der Kaiser sagt: Die Rasse hat eine Zukunft. Ach was, so weit sind wir noch nicht!" Nein, ganz so weit war's noch nicht! Aber doch waren die Schwerter vielleicht schon geschmiedet zum Waffentanz von Wörth und Weißenburg, von Sedan und Paris. Unser Held sah die Kaiserin nach 1856 noch einmal gelegentlich der Weltausstellung in Paris, dann bei der Eröffnung des Suezkanals; als er aber 1870 nach Paris kam, war sie bereits geflohen, und Napoleon saß wohlgeborgen im Schlosse Wilhelmshöhe bei Kassel. Für die nächsten Jahre mußten größere Reisen unterbleiben. Es erfolgte die Vermählung des Prinzen Friedrich, dann die Thronbesteigung seines Vaters und darauf der schleswig-hol- steinsche und deutsch-österreichische Krieg. Nach 1866 aber, sobald der Friede hergestellt war, erwachte die alte Wanderlust beim Kronprinzen von neuem. Nach kleineren Reisen im Jnlande begab er sich 1868 zunächst nach Italien, um dort der Ver- mählung des Kronprinzen Humbert beizuwohnen. Sein Empfang dort war ein so großartiger, wie bisher noch nirgend. Italien verdankte Preußen die Erwerbung von Venedig im Jahre 1866; beide waren Bundesgenossen gewesen, und der Kronprinz Friedrich Wilhelm hatte sich in diesem Feldzuge einen ruhmreichen Namen erworben. Seine Reise in Italien nach Turin und Florenz glich deshalb einem Triumphzuge. Leider mußte er sehr schnell zurück- kehren nach Berlin, da ihn dorthin wichtige Geschäfte riefen. Der Sommer dieses Jahres aber brachte noch mancherlei Ab- wechselungen, besonders die Reisen nach Worms zur Enthüllung des Lutherdenkmals und nach Bonn zur Jubelfeier der Universität.

8. Kaiser Friedrich III. - S. 66

1888 - Wittenberg : Herrosé
66 und seine drei Knaben, den hohen Herrn erkennend, militärische Ehrenbezeugungen machten. Freundlich dankend trat der Kron- prinz an den stramm stehenden Invaliden mit den Worten heran: „Sie waren Soldat, ich sehe es, haben Sie noch mehr solche Jungen?" „Nein, Kaiserliche Hoheit, bin Invalide und infolge der Strapazen beim Feldpostdienst 1870 und 71 Jahre lang bettlägerig gewesen. Meine Knochen sind morsch, und das häus- liche Elend raubt mir den Mut!" Fest dem so Klagenden in die Augen sehend, fragte der Kronprinz weiter: „Wo verwundet?" „Gefecht bei Soor, am 28. Juni 1866, Schuß durch die Schulter, linker Arm gelähmt!" „Reichen Sie mir Ihre Hand, bedaure Ihr Schicksal, schreiben Sie sofort an mich, legen Sie Ihre Papiere bei und schreiben Sie auf den Briefumschlag: Soor." Sprachlos stand der Invalide vor dem hohen Herrn, der ihm herzlich die Hand schüttelte und sich dann entfernte. Nach einigen Tagen ging das geforderte Gesuch ab, und nach Verlauf von weiteren fünf Tagen befand sich der Absender im Besitze einer bedeutenden Geldsumme mit dem erfreuenden Bescheide, daß dem M. in kürzester Zeit eine seinem körperlichen Zustande ent- sprechende Stellung nachgewiesen werden solle. Große Freude herrschte natürlicherweise in der sonst so armen, jetzt beglückten Familie. Eine Reiseunlerstützung. Im Schulgarten zu Langensulzbach in Elsaß liegt ein Schlesier, der Lehrer Püschel, welcher an seinen bei Wörth em- pfangenen Wunden starb, begraben. Er war der einzige Sohn seiner Eltern, die gern den Ort besucht hätten, wo ihr Kind gebettet lag, aber es fehlten ihnen dazu die Reisemittel. Als dies der Kronprinz erfuhr, schickte er dem Vater vierzig Thaler Reisegeld, und bald standen die alten Eltern im Schulgarten zu Langensulzbach und weinten sich am Grabe ihres geliebten Sohnes aus. Die Inspizierung. Welchen Ernst der Kronprinz Friedrich Wilhelm als militärischer Befehlshaber zeigte, wie sehr ihm das Wohl der Mannschaft am Herzen lag, beweist folgende Geschichte aus dem Jahre 1878, welche damals in der ganzen deutschen Armee Aufsehen erregte.

9. Kaiser Friedrich III. - S. 85

1888 - Wittenberg : Herrosé
85 Der Wipfel ist gebrochen, Gott brich den Baum uns nicht! Deutschland braucht Hohenzollern, Sowie der Mensch das Licht. Ihn selber aber, den Schwerleidenden, litt es nicht mehr im fernen Italien. Gott der Herr selbst hatte, indem er den 91jährigen Greis zur ewigen Ruhe abberufen, ihm, dem Kron- prinzen, den Thron der Preußenkönige und des deutschen Kaisers angewiesen; dahin gehörte er nun auch. An die Spitze seines treuen Volkes gestellt, wollte er llun auch in seiner Mitte leben und — sterben. Nichts hielt ihn deshalb mehr in San Remo. Mit echt hohenzollernschem Pflichteifer bestieg der todkranke Kaiser Friedrich am 10. März den Extrazug, und brausend ging's den Alpen entgegen, durch Deutschlands Fluren dahin, bis nach 36- stündiger, anstrengender Fahrt der Zug in den Bahnhof von Charlottenburg einlief. Es war wohl ein arges Schneewetter und eisige Kälte, aber Tausende harrten doch des geliebten neuen Herrschers, der weit und breit im Vaterlande und im Auslande sich durch sein leutseliges und biederes Wesen die Herzen von jung und alt erobert, um ihn mit Jubelruf zu empfangen. Ach, er hatte das Schmerzenslager nur gewechselt! Auf dem Haupte die Krone, im Herzen die heilige, treue Liebe zu seinem Volke und Vaterland, aber drinnen in den edlen Organen da wütete die heimtückische Krankheit, zehrend an dem Lebensmark des ritterlichen Helden. Das Charlottenburger Schloß war vom 11. März bis zum 1. Juni 1888 Zeuge von dem Mute und Gottvertrauen eines Helden, wie ihn kein Schlachtfeld je geschaut. Unter den fürchterlichsten Qualen und Beängstigungen, im An- gesichte des mit Riesenschritten sich nähernden Todes kam keine Klage über die Lippen des königlichen Dulders, und niemand konnte mit größerem Rechte dem geliebten Sohne zurufen: „Lerne zu leiden ohne zu klagen!" Am 1. Juni trug ein kleiner Dampfer den hohen Kranken von Schloß Charlottenburg die Havel hinab nach Schloß Friedrich- kron bei Potsdam, dem ehemaligen „Neuen Palais". Dahin zog's den todkranken Kaiser. Es war die Stätte seiner Geburt, seiner freundlichen, fröhlichen Kindheit. Hier wollte der edle Dulder sein Haupt zur Ruhe legen. Vierzehn Tage hat er seirr

10. Kaiser Friedrich III. - S. 79

1888 - Wittenberg : Herrosé
79 grüßung hatte sich am Bahnhöfe eine große Menschenmenge ein- gefunden. Da der Kronprinz eigene Wagen nicht mitführte, so hatte die Kaiserliche Postverwaltung in Schlangenbad zwei Wagen gesandt, und zwar eine große Postkutsche mit erhöhtem Bocksitze und einen gewöhnlichen Mietwagen. Das erstere, zur Aufnahme des Kronprinzen bestimmte Gefährt wurde von einem Postillon in Galauniform voni hohen Sitze herab gelenkt, während das zweite ein bescheidener Postknecht führte. Bon der harrenden Menge stürmisch begrüßt, war der Kronprinz soeben dem Zuge entstiegen und begab sich, vom Staatsminister von Stosch geleitet, zu dem für ihn bestimmten Postgalawagen mit dem erhöhten Postillon. Im Begriffe, einzusteigen, wandte sich der Kronprinz zu Herrn von Stosch mit den Worten: „Wir wollen in den zweiten Wagen einsteigen; der Erhöhte da benimmt uns am Ende die herrliche Aussicht." Alsbald stieg er mit dem Minister in den bescheidenen Mietwagen. Unser Postillon vom hohen Bocksitze wandte seinen Blick enttäuscht und wehmütig nach dem bevor- zugten Postknechte, welcher ihn um die Ehre gebracht hatte, unsern Kronprinzen zu fahren, und vielleicht auch um sein Trinkgeld. Der Kronprinz aber, welchem dieser traurige Blick nicht entgangen war, rief dem Postillon treuherzig zu: „Freund, beruhige dich nur, du sollst mich zurückfahren und erhälst dann doch dein Trinkgeld!"
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