Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Georg Podiebrad (bis 1471). 19
Georg Podiebrad (bis 1471). Inzwischen hatte der Bischof von Breslau
für sich dem jungen Ladislaus in Prag gehuldigt; aber die Breslauer wollten
weder nach Prag zur Huldigung gehen, noch einigen vom Könige geschickten
Räten den Eid in Breslau leisten, sondern sie erklärten, sie würden keiner an-
dern Person als dem Könige in Breslau huldigen. Obgleich sich Ladislaus
anfangs weigerte, die Reise nach Schlesien zu machen, gab er dennoch dem
Drängen Podiebrads nach, als dieser erfahren hatte, daß die Breslauer mit
bewaffneter Hand ihren Willen durchsetzen wollten. Ladislaus kam am 6.Dezember
1454, begleitet von Georg Podiebrad, nach Breslau, wo die Huldigung nach
dem Wunsche und Willen der Bürger vollzogen wurde. Diese aber bereuten
bald ihre Hartnäckigkeit; denn Georg forderte von ihnen im Namen des Königs
30 000 Dukaten als Reisekosten, nachdem die Stadt schon 4000 Mark Groschen
(100 000 Mark jetziger Währung) für die königliche Zehrung und 16 000 Dukaten
als Auflage bezahlt und wohl noch viele andre Ausgaben für Lustbarkeiten aller
Art, an denen es bei der Anwesenheit des Königs nicht fehlen durfte, gehabt
hatte. Wenn nun auch auf nachdrückliche Vorstellungen die 30 000 Dukaten
auf die Hälfte herabgesetzt wurden, so wurden doch durch diesen Tribut alle
städtischen Kassen ausgeleert und 5000 Dukaten Schulden gemacht, so daß die
Stadt vollständig gedemütigt war.
Der Unwille der Breslauer wandte sich nicht sowohl gegen den König
als gegen Podiebrad, den sie im Verdacht hatten, daß er die 15 000 Dukaten
zu seinem Vorteile eingezogen hatte, und der seinen Reichtum benutzte, schlesische
Fürstentümer zu kaufen und so Sitz und Stimme im schleichen Fürstentage
zu bekommen; in der That fehlte es zur tiefen Betrübnis der Breslauer nicht
an schleichen Fürsten, die Podiebrad besuchten und ihn ihrer Hochschätzung
versicherten. Als 1457 unerwartet nach kaum dreißigstündiger Krankheit der
junge Ladislaus starb, wählten die Böhmen Podiebrad zu ihrem Könige, und
fast alle schleichen Fürsten huldigten ihm; nur der Herzog von Sagan und
die Stadt Breslau verweigerten ihm die Huldigung, obgleich der Papst selbst,
als sie vorgaben, Georg sei ein Ketzer, sie ermahnt hatte, den Böhmen als
einen christlichen König anzuerkennen. Der gemäßigtere Teil des Breslauer
Rates durfte es nicht wagen, zum Gehorsam gegen Georg zu raten; denn das
Volk war gegen den Böhmen sehr aufgeregt. Wer am besten anf den Bier-
bänken schreien und schimpfen konnte, der galt als echter Freund der Stadt, als
wahrer Christ; Trinker, Säufer, Spieler und Lotterbuben, sagt ein Chronist aus
damaliger Zeit, regierten die Stadt, und was solche Leute wollten, mußte geschehen.
Der Krieg war unvermeidlich. Georg rückte mit einem starken Heere von
Böhmen und Schlesiern gegen Breslau vor. Die Stadt stand mit dem Herzog
von Sagan allein; denn alle benachbarten Städte und Fürsten schickten Absage-
briefe, deren 625 an einem Tage in Körben nach Breslau geschickt wurden.
Breslau war im Jahre 1459 im Kriege, in welchem die Stadt bedeutende Ver-
luste erlitt. Erst als die Not kaum noch zu ertragen war, erklärten sich die
Breslauer auf Anraten des Bischofs und zweier päpstlichen Boten zur An-
nähme des Friedens unter günstigen Bedingungen bereit; denn so sehr auch
Breslau den König beleidigt hatte, so wollte er die Stadt doch schonen. Der
König versprach, alle Beleidigungen zu vergessen, den Breslauern alle Rechte
und Freiheiten zu bestätigen, den katholischen Gottesdienst zu erhalten, alle
2*
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
56 Handel und Gewerbe in Schlesien.
In Niederschlesien veraulaßte Rheden die ausgedehntesten Untersuchungen
der verschiedenen Erzlagerstätten, die jedoch meist nicht zu belangreichen Resultaten
geführt haben. Dagegen waren seine Bemühungen um die Entwickelung des
niederschlesischen Steinkohlenbergbaues erfolgreicher.
Im Jahre 1803 wurden in Schlesien produziert: Steinkohlen im Werte
von fast 900 000 Mark durch 1480 Arbeiter; Galmei im Werte von 30300
Mark durch 38 Arbeiter; Blei und Silber im Werte von 400 000 Mark durch
530 Arbeiter; Eisenwaren aller Art im Werte von 3 900 000 Mark durch
2425 Arbeiter; blaue Farben im Werte von 46 000 Mark durch 110 Arbeiter;
Kupfer im Werte von 38 000 Mark durch 134 Arbeiter; Arsenik im Werte
von 45 600 Mark durch 107 Arbeiter; Salpeter im Werte von 72000 Mark
durch 21 Arbeiter; Vitriol im Werte von 135 000 Mark durch Iii Arbeiter.
Die Produkte dieses einen Jahres hatten einen Wert von beinahe 6 000 000
Mark und wurden durch fast 5000 Arbeiter gewonnen. Das war unter Rheden
in ungefähr 20 Jahren erreicht worden; und diese Resultate müssen wirklich
bedeutend und glänzend erscheinen, wenn man die damaligen Verhältnisse be-
rücksichtigt, da es an fast allen Bedingungen fehlte, welche jetzt der Industrie
in hohem Maße zu Gebote stehen.
Als Goethe im Jahre 1790 die Friedrichsgrube in Tarnowitz besuchte,
schrieb er in zutreffender Weise in das dortige Fremdenbuch:
An die Knappschaft von Tarnowitz.
. Fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches, was hilft euch
Schätze finden und sie glücklich zu bringen ans Licht?
Nur Verstand und Redlichkeit helfen; es führen die beiden
Schlüssel zu jeglichem Schatz, welchen die Erde verwahrt.
Tarnowitz, den 4. September 1790. Goethe.
Nächst Rheden war sür die schlesische Hüttenindustrie von dem weitgehendsten
Einfluß Karsten, welcher 1805—1819 dem schleichen Hüttenwesen vor-
stand und von 1819—1850 bei der Zentralverwaltung für das Berg- und
Hüttenwesen in Berlin thätig war. Karsten ist als der Träger der neueren
Hüttenprozesse zu betrachten und hat sich namentlich um die Entwickelung des
Eisen- und Zinkhüttenprozesses außerordentliche Verdienste erworben. Ihm
ist es zu verdanken, daß die schlesischen Bergwerks- und Hüttenprodukte von
Jahr zu Jahr ganz bedeutend zunahmen und immer mehr au Wert gewannen.
Wir haben gesehen, daß sich der Wert aller dieser Produkte im Jahre 1803
auf beinahe 6 000 000 Mark belief; von 1823—1827 schwankte er zwischen
6150000 und 8400000 Mark; von 1828—1836 ging er freilich etwas
zurück; von 1837—1847 schwankte er zwischen 14400 000 und 33 000 000
Mark, im Jahre 1867 aber stieg er auf 93 Millionen, im Jahre 1880 auf
mehr als 150 Millionen Mark.
Zur Erreichung dieser günstigen Resultate haben bedeutend beigetragen:
die ausgedehntere Benutzung der Dampfkraft, die Eröffnung und weitere Aus-
dehnung des Eisenbahnnetzes, das allgemeine Berggesetz vom 24. Juni 1865.
Zur Beförderung des Bergbaues und zum Wohle der Arbeiter dienen die Knapp-
schafts- und Krankenkassen, die Bergbauhilfskaffeu, Sonntagsschulen, Fort-
bildungsschulen, Bergschulen und Industrieschulen.
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Extrahierte Personennamen: Goethe Goethe Karsten
Extrahierte Ortsnamen: Schlesien Niederschlesien Schlesien Tarnowitz Berlin
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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Schlesien unter Regenten aus dem Hause Österreich (1526—1740). 23
als Störer des allgemeinen Friedens angesehen und bestraft werden sollten.
Ungemessen war die Freude der Schlesier, und gern bezahlten sie für den kost-
baren Freiheitsbrief 300 000 Gulden in der Meinung, daß ihre Rechte auf
ewig gesichert feien; aber es kam bald anders. Als zwei Jahre später (1611)
Matthias von Ungarn auch König von Böhmen wurde und nach Breslau kam,
um sich huldigen zu lassen, hatten die Schlesier keine Kosten gescheut und den
Empfang des Königs möglichst prächtig eingerichtet; aber ihre alten Vorrechte
hatte er ihnen nur schwer und auf wiederholtes dringendes Bitten bestätigt.
Bald aber wurden hier und da Klagen laut, der Majestätsbrief werde verletzt.
Am meisten hatten die Protestanten in Neiße zu leiden, da der dortige Bischof
von dem Majestätsbrief nichts wissen wollte. Unter Ferdinand Ii. (1619 bis
1637) wurde die Ausrottung der Reformation ernstlich in Angriff genommen.
In Schlesien reformierten die Lichtensteiner Dragoner unter dem Grafen Dohna.
Zunächst gingen diese Soldaten nach Groß-Glogau, besetzten den Pfarrhof und
quartierten sich in den Häusern der Protestanten zu 10—15 Mann ein, for-
derten die besten Speisen und Weine und quälten die armen Wirte so lange,
bis sie katholisch wurden. Wenn diese nachwiesen, daß sie zur Beichte gegangen
waren, wurden sie von der Einquartierung befreit. Die Dragoner zogen als-
bald in ein andres Haus, deffen Wirt protestantisch war. Je mehr Bürger sich
durch die ihnen auferlegte Quälerei hatten bewegen lassen, zur Beichte zu gehen,
um so mehr Dragoner quartierten sich in die Häuser der noch protestantisch
gebliebenen Wirte ein, so daß auf einzelne Häuser ganze Scharen Einqnartie-
rnng kamen. Viele Bürger hätten damals gern Haus und Hof verlassen, um
ihrer religiösen Überzeugung treu bleiben zu können; aber die Stadt war überall
besetzt und Auswanderungen wurden nicht gestattet. So wüteten die „Selig-
macher", wie sich die Lichtensteiner selbst nannten, nicht nur iu Glogau, sondern
auch in Schweidnitz und Janer, in Münsterberg und Frankenstein, am schlimmsten
in Löwenberg; und nicht ohne Grund rühmte sich der Graf Dohna mit lästernden
Worten, er habe ohne Predigt mehr Seelen bekehrt als ehedem Petrus am
Psiugsttage.
Auch durch den Dreißigjährigen Krieg (1618—1648) hatte Schlesien
empfindlich zu leiden, besonders als nach der Schlacht bei Lützen (1632), nach
dem Tode Gustav Adolfs, die Schweden schrecklicher hausten als die Kaiserlichen,
obgleich die Wallensteiner sehr roh und grausam waren. Um Geld und Lebens-
mittel zu erpressen, schnitten die Soldaten lebendigen Menschen Riemen aus
der Haut, schlitzten ihnen die Füße auf. schnitten ihnen Nase und Ohren ab,
füllten ihnen Jauche in den Mund (und das nannten sie spottweise Schweden-
trank), hängten sie an den Füßen auf und zündeten Feuer unter ihnen an,
steckten ihnen brennenden Kien und Schwefel unter die Nägel und zündeten
schließlich jedes Dorf, welches sie verließen, an.
Zu all diesen Schrecken kam die Pest, welche furchtbar wütete und in
Breslau allein gegen 13 000 Menschen fortraffte. Endlich brachte im Jahre
1648 der Westfälische Friede den wenigen Menschen, die noch übrig geblieben
waren, Ruhe und Sicherheit. Es wurde festgesetzt, daß die mittelbaren Fürsten-
tümer Schlesiens ihre Rechte und Privilegien behalten, in den unmittelbaren
schleichen Fürstentümern dagegen die evangelischen Grafen, Freiherren und
Adligen mit ihren Unterthanen ihrem Gottesdienste in der Nachbarschaft und
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Extrahierte Personennamen: Matthias_von_Ungarn Ferdinand_Ii Ferdinand Gustav_Adolfs Gustav Adolfs
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Schlefische Gewerbe- und Industrieausstellung. 63
ist ein Gartenpavillon, der zeltartig in Rundeisen ausgeführt ist; noch leichter
gehalten ist das Gartenzelt aus der Malchowschen Fabrik in Breslau, das aus
schlanken, mit Bambusrohrstangen bemalten Eisenstäben ruht, im Garten leicht
transportabel ist und hier eine große Anzahl von Gestellen und Etageren für
Blumentöpfe, Goldfischgläser u. dgl. in farbiger Ausstattung enthält. Hier liegen
aus Oppeln Hacken, Spaten, Sensen, Schaufeln, dort aus Bunzlau Schirm-
ständer, Ofenvorsetzer, Kaminthüren; hier aus Breslau Taschen-, Jagd- und
Tafelmesser und Dolche, dort Gewehre und andre Waffen. Zu der Sammlung
der Pferdebeschläge gehört auch folgendes Gedicht, das, von einem Reimschmiede
verfaßt, dort zu lesen ist:
„Wird ein Pferd vom Schuh gedrückt, Und gib ihm bei guter Pfleg'
Statt zum Schuster geht zum Schmied; Ein naturgemäß Beschlag'.
Nur zur rechten Schmied' geschickt, Bedenke wohl, ein lahmes Pferd
Daß der Sach' Genüg' geschieht. Hat sür niemand einen Wert
Stets erhalte so den Huf, Und wird als unnützer Gast
Wie der Schöpfer ihn erschuf, Seinem Herrn oft nur zur Last."
Der Vogelliebhaber findet hier eine Voliere für Wald- und Zimmervögel:
die Hausfrau schöne Kücheneinrichtungen, in denen kaum ein denkbarer Gegen-
stand von den vielen in der Küche unumgänglich nötigen fehlt; denn es finden
sich auch Krauthobelmaschinen. Fleischwiegemaschinen u. s. w. Mannigfaltig sind
die aus Bronze verfertigten ausgestellten Artikel, interessant die Klempnerarbeiten.
Doch wir können hier nicht länger bleiben, soviel Unterhaltung uns auch dieser
Teil der Ausstellung gewährt. Wir wenden uns zur vierten Gruppe, welche die
Kurzwaren enthält. Auch auf diesem Gebiete der Industrie ist Schlesien hinter
andern Provinzen nicht zurückgeblieben; denn Schlesien hat mehrere Kurzwaren-
fabriken, deren Fabrikate Ruf haben. Dieser Industriezweig kann in allen seinen
Schöpfungen seinen Ursprung aus der Gebirgsindustrie nicht leugnen und hat
sich dadurch eine urwüchsige Frische erhalten, die auch in der heute verfeinerten
Form noch vorteilhaft zu bemerken ist. Deshalb stehen auch Holzwaren hier
im Vordergrund, wie Handschuhkasten, Uhrständer, Manschettenknöpfe, Spiel-
waren (Pferde. Hunde, Wagen, Trommeln), Schachspiele in prächtiger Schnitz-
arbeit. Am meisten wird das auf den Bergen wachsende Knieholz in diesen
Fabriken verarbeitet.
Die fünfte Gruppe umfaßt die chemische Industrie. Hier schenken wir
unsre Aufmerksamkeit zunächst einem kleinen, aber für Reiche und Arme gleich
wichtigen Gegenstande, dem Streichholze. Wieviel Arbeit und Sorgfalt erfordert
jedes einzelne Zündholz, wenn dieser „Schwede" seinen Beruf nicht verfehlt
haben soll. Phosphorfreie Sicherheitshölzer hat die Zündwarenfabrik von Po-
korny in Oberglogau ausgestellt. Da ist jedes Hölzchen sorgfältig gehobelt, in
der richtigen Länge genau geschnitten, dann in Rahmen gelegt, mit Paraffin ge-
tränkt und schließlich in die aus zehn verschiedenen 'Chemikalien sorgfältig zu-
bereitete Zündmasse getaucht worden. Nur die mit der Zeit sich entwickelnde
Massenfabrikation dieses Artikels ermöglicht diesen außerordentlich billigen Preis.
„Der Verbrauch der Seife ist ein Gradmesser für den Kulturstand eines
Volkes." Je höher Schlesien in der Kultur stieg, desto mehr Seifenfabriken
entstanden in allen größeren Städten der Provinz. Mehrere Fabriken haben
treffliche Muster ihrer verschiedenen Seifen ausgestellt und diesen außerdem noch
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Jsergebirge. 7 3
abgebrannt und vergrößert wieder hergestellt. Wenn auch das Klima des Ortes
rauh ist, so ist doch der Aufenthalt daselbst sehr angenehm, da Flinsberg in
einem schönen Thale liegt, freundliche Anlagen den Badeplatz verschönern und
die Umgegend zu den angenehmsten Spaziergängen einladet. Da liegt jenfeit
des Queiß der Geiersteiu, der iu einer Stunde zu ersteigen ist, von dem aus
man eine herrliche Aussicht in das Queißthal hat. In zwei Stunden gelaugt
man bei dem „Wasserfalle" vorbei nach den Kammhäusern auf dem Jserkamm und
kann mit Leichtigkeit von dort seinen Spaziergang nach den Jserhäusern ausdehnen.
Das Thal von Flinsberg.
Nicht gerade beschwerlich und gewiß lohnend sind Ausflüge nach dem Heufuder
und der Tafelfichte; höchst augenehm ist ein Spaziergang durch das Queißthal
nach dem Hochsteine. Leute, die in Flinsberg Genesung wüuschen, finden Ge-
sährten, wenn sie die Badeorte Schwarzbach und Liebwerda aussuchen.
Schwarzbach liegt nur eine Stunde Weges von Flinsberg entfernt, dicht
an der Nordseite des Heufuders iu einem Thale am Bache Schwarzbach. Der
Ort hat kaum 400 Einwohner und nur einen fahrbaren Zugang. Seine
sieben Quellen liefern ein erdig-falinifches Stahlwasser, welches viel getrunken
wird und besonders gegen Bleichsucht, Blutarmut, Nervenleiden, Kehlkopf- und
Lungenkatarrh Erfolg zu haben pflegt. Wer ruhig und zurückgezogen und fern
von dem Geräusche der Welt in gesunder Luft lebeu und angenehme Spazier-
gänge machen will, der gehe nach Schwarzbach.
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
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78 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
Die jetzige evangelische Pfarrkirche in Lauban ist erst im Anfang des
18. Jahrhunderts (1703 hatte man mit dem Bau begonnen) erbaut; 1760
bei dem großen Brande, der ganz Lauban einäscherte, mit abgebrannt, wurde
sie erst nach ihrer Wiederherstellung zur Pfarrkirche gemacht an Stelle der 1760
ebenfalls abgebrannten Trinitatiskirche, die überhaupt nicht wieder erbaut wurde
und bis vor zwei Jahren hier als Ruine bestand; jetzt existiert nur noch der
Turm, der das Geläute der evangelischen.gemeinde trägt. In dieser bis zum
Jahre 1760 bestandenen Pfarrkirche spielte sich der beschriebene Vorfall aus
dem Hussitenkriege ab. Die katholische Kirche ist ein vollständig nener, in den
Jahren 1858—1861 aufgeführter Bau.
An dem Eckhause beim Eingange in die Kirchgasse sieht man in Stein ge-
hauen die Figur eines Mannes, welchem Arme und Beine fehlen. Dies soll das
Bildnis des heldenmütigen Pfarrers sein, welcher am 16. Mai 1427, als die
Hussiten Lauban erstürmten, auf den Kirchturm gestiegen war und von dort
aus die Bürger zum Widerstande ermahnt hatte; er wurde dafür von den
siegreichen Hussiten an vier Pferde gebunden und zerrissen. Andre aber sagen,
das Bild stelle den damaligen Besitzer des Hauses, Konrad von Zeidler, vor,
welcher an diesem unglücklichen Tage die Laubaner führte und im Schldfgruude,
in Stücke gehauen wurde.
Aus dem Dreißigjährigen Kriege fand sich bis vor kurzem als Andenken
an dem hölzernen Giebel eines jetzt abgerissenen Hauses vor dem Nikolaithor
ein halbes Hufeisen angenagelt, welches das Pferd des von den Feinden ver-
folgten schwedischen Königs Karls Xii. verloren haben soll, der auf seinem
berühmten Ritt von Bender nach Schweden so schnell durch Lauban sprengte,
daß das Hufeisen bis dort hinauf geschleudert wurde.
Auch am Queiß gelegen ist Greifenberg und mit der Bahn zu erreichen.
Diese Stadt liegt dem Jsergebirge um 15 km näher. Ein guter Fußgänger
kann von hier aus das Bad Fliusberg in drei Stunden erreichen. Greifenberg
hat noch nicht 3000 Einwohner; unter den Gewerben der Stadt nimmt die
Leinenfabrikation, die seit 400 Jahren getrieben wird, die erste Stelle ein.
Die Weberei erhielt größeren Aufschwung, als sich ihres Glaubens wegen aus
Jauer und Neiße vertriebene Weber hier ansiedelten; noch mehr hob sich die
Stadt nach der Besitznahme Schlesiens durch Preußen infolge der weisen Maß-
regeln Friedrichs des Großen zum Schutze der schleichen Industrie. Im Jahre
1609 gab es sechs Handelshäuser für Leinen, nach 1640 mehrten sich dieselben
auf sechsundzwanzig. Im Jahre 1755 wurde die Kaufmannsfocietät, eine Art
Handelskammer, gebildet. In der Leinwandordnung vom 26. April 1788 er-
scheint Greifenberg als eine der fünf Kommerzialstädte des fchlesischen Gebirges.
Jetzt beschäftigen zehn Fabrikanten die meistens auf dem Lande zerstreut woh-
nenden Weber hauptsächlich in der Erzeugung von leinenen Taschentüchern,
Leinwand und Creas, Damast, Handtüchern, Drell, Inlett- und Züchenleinen.
In zwei Leinendruckereien und Färbereien werden bedruckte Schürzen und
Kleiderstoffe hergestellt. Eine mechanische Weberei arbeitet mit 86 Stühlen;
Bleichanstalten gibt es vier. Greifenberg ist eine alte Stadt, über die wir aus
dem Anfang des elften Jahrhunderts sichere Nachrichten haben. In der katho-
tischen Kirche befindet sich eine 1545 angelegte gräflich Schafsgotschische Familen-
grust. Auf einem 3/4 Stunden von der Stadt entfernt liegenden, 420 in hohen
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Extrahierte Personennamen: Konrad_von_Zeidler Konrad Karls Greifenberg Greifenberg Friedrichs Greifenberg Weber Greifenberg
Extrahierte Ortsnamen: Lauban Karls Schweden Bad_Fliusberg Schlesiens
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Geschlecht (WdK): koedukativ
80 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
Feld zu treiben, noch auch ihre Äcker zu bestellen, weil sie sich nicht retten
konnten, wenn der gewaltige Vogel daherranschte, sie mit seinen Krallen ergriff
und fortschleppte. Nicht lange dauerte es, so herrschte im Lande eine entsetzliche
Hungersnot, und der Herzog Bolko auf Neuburg wußte sich nicht anders zu
helfen, als daß er demjenigen, der den Greif töten würde, weite Ländereien
und eine große Summe Geldes versprach. So weit und laut aber auch der
Herzog durch seine Herolde sein Angebot bekannt machen ließ, es fand sich doch
niemand, der es unternommen hätte, sich in Lebensgefahr zu stürzen und den
Kampf mit dem Greifen zu unternehmen. Das Elend in den sonst so lachenden
Auen wurde immer größer. Da ließ der Herzog durch das Land bekannt
machen, wer den Greifen töte, der solle nicht nur die bisher ausgesetzte Be-
lohnung, sondern auch die Hand seiner einzigen Tochter Agnes erhalten.
Nun wohnte aber in der Nähe der Burg ein Schäfer mit Namen Gottfche
Schaf, ein stattlicher und mutiger Jüngling, der sonst täglich seine Herde ins
Gebirge trieb: er hatte einst die schöne Herzogstochter auf dem Schloß gesehen,
sich sterblich in sie verliebt und beschloß jetzt, den Kampf mit dem Greifen um
sie zu wagen. Er begab sich also eines Tages, nachdem er sich Lebensmittel
auf einige Tage eingesteckt hatte, mit einer langen Stange und einer scharfen
Axt bewaffnet, ins Gebirge, um zunächst das Nest des Ungetüms zu suchen.
Schon hatte er mehrere Tage den Wald durchsucht, schon ging sein Vorrat auf
die Neige, schon war er matt und müde und dachte daran, in sein Elternhaus
zurückzukehren: da vernahm er über sich das Rauschen von mächtigen Flügeln
und sah den Greif, der in seinen Klauen ein starkes Rind hatte und durch die
Luft davontrug. Der kluge Schäfer verfolgte den Vogel mit seinen Blicken und
entdeckte so das Nest desselben; denn er vermutete, daß der Greif Junge habe
und die Beute denselben zum Fraß bringe. Als sich der Greif einer in der
ganzen Gegend bekannten ungeheuren Eiche näherte, hörte Gottfche Schaf das
gierige Geschrei der kleinen Greifen, war mit seiner Entdeckung zufrieden und
versteckte sich, um nicht von des Ungeheuers weitblickenden Augen entdeckt zu werden.
Am andern Morgen flog der alte Greif natürlich wieder auf Raub aus.
Kaum war er ausgeflogen, da eilte der Schäfer zum Baume, sammelte viel
Reisig, machte aus demselben ein großes Bündel, steckte es auf seine lange
Stange, kletterte ein gutes Stück den Baum hinan, zündete das Bündel an und
hielt das brennende Reisig mit der Stange in die Höhe von unten gegen das
Greifennest, in dem sich drei Junge, die noch nicht flügge waren, befanden.
Bald entzündeten sich die Hölzer, aus denen das Nest zusammengebaut war;
lichterloh brannte die Behausung der Raubvögel. Die jungen Greife erhoben
ein jämmerliches Geschrei und kamen elend in den Flammen um. Durch das
Jammern der Jungen wurde der alte Vogel herbeigelockt; er kam mit unglanb-
licher Schnelligkeit und suchte mit seinen Schwingen das Nest und seine Jungen
zu retten, indem er sich abmühte, das Feuer auszuschlagen. Bei dieser Sorge
um das Leben seiner Kinder verbrannte er sich die Fittiche, so daß er jählings
auf die Erde stürzte. Gottfche Schaf stieg vom Baume, schlug mit seiner Stange
derb gegen den Kopf des Greifen, bis das Tier matt wurde, und trennte ihm
mit einem tüchtigen Axthiebe den Kopf vom Rumpfe.
Der Schäfer kehrte freudig in die Hütte seines Vaters zurück und erzählte,
was er gethan hatte. Die Nachbarn sammelten sich glückwünschend um den
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Löwenberg mit dem Gröditzberge. 85
Als die beiden Bösewichter ihre schändliche That vollführen und die betende
Rosilde in der Kapelle erstechen wollten, schlug ihnen das Gewissen, und sie
wagten das Verbrechen nicht. Kaum bemerkte dies Elsride, so ergriff sie selbst
den Dolch und erstach ihre Schwester an den Stufen des Altars und übergab
nun die Entseelte den Knappen, damit sie den Leichnam verscharrten. Die Mit-
wisser der Unthat gruben ein Grab, bemerkten aber, daß noch Leben in dem
Körper war und übergaben Rosilde ihrer alten Amme, die sie sorgsam pflegte,
wieder zur Gesundheit führte und versteckt hielt; ihrer Herrin aber sagten sie,
Rosildens Leichnam sei verscharrt,
Die Ruine auf dem Gröditzberge bei Löwenberg.
Elsride verstand es, ihrem Schwager einzureden, Rosilde sei entflohen
und bereits gestorben, und Erich von Blumen war so leichtsinnig, zu glauben,
was ihm die Unmenschliche sagte. Kaum war die übliche Trauerzeit vorüber,
als sie dem Ritter ihre Hand reichte und mit ihm zum Traualtar gehen
wollte. Als die Hochzeit vorbereitet wurde, fehlte es an einer Schlepp-
trägerin; denn die Erzieherin Petrina, welche auch Rosilde erzogen hatte, war
nicht zu bewegen gewesen, der Schändlichen die Schleppe zu tragen, und um
dieser Weigerung willen aus dem Wege geräumt worden. Die pflichtver-
gessene Tochter riet nun ihrem Vater, die Edelsrau aus dem Kerker zu holen
und sie die Brautschleppe tragen zu heißen. Der Ritter von Waldeichen
ging auf diesen Vorschlag ein. Seine Gemahlin, von niemand mehr gekannt,
erschien in kostbaren Gewändern als Schleppträgerin im Brautzuge. Doch das
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Trotzendorf. 89
Dorfe dieses Namens, eine Meile von Görlitz (jetzt Troitschendorf), wo er 1490
geboren wurde, gehört in die Reihe der großen Schulmänner des 16. Jahr-
Hunderts, wie Sturm in Straßbnrg. Neander in Jlefeld, H. Wolf in Augsburg,
Mylins in Görlitz, Fabricius in Meißen, welche alle aus der Schule Melauchthons
hervorgegangen sind. Trotzendorf war der Sohn eines ehrbaren Landmannes,
der mit Bettelmönchen in Verbindung stand. Als diese die Lernbegierde und Fähig-
keit des Knaben wahrnahmen, veranlagten sie den Vater, den kleinen Valentin
nach Görlitz auf die Schule zu schicken. Bald aber wurde es dem Vater leid, den
Sohn fortgeschickt zu haben; er ließ ihn wieder zurückkommen und verwendete
ihn in der Landwirtschaft.
Goldberg.
Aber die Mutter gefiel sich in dem Gedanken, ihr Söhnchen könne
einmal ein Priester werden, und sie wußte es durchzusetzen, daß Valentin in
seinem Geburtsorte weiter im Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Als
Schreibmaterial dienten dem Knaben Birkenrinde (interior betulae cortex),
Gänsekiele und Kaminruß (fuligo infumibuli atramentum suppeditavit).
Zwei Jahre dauerte dieser Unterricht Auf unablässiges Betreiben seiner
Mutter wurde der Jüugling im Jahre 1508 wieder in die Stadt gebracht,
um sich ganz dem Studium zu widmen. Trotzendorf überholte bald alle seine
Mitschüler, und als 1513 sein Vater starb (seine Mutter war schon früher
an der Pest gestorben), verkaufte er sein Erbgut und begab sich nach Leipzig,
wo er sich zwei Jahre lang lateinischen und griechischen Studien widmete.
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
94 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
könne in der Rabendocke große Schätze heben, wenn man in der zwölften Stunde
der Christnacht hineingehe und ein unschuldiges Kmd mitnehme; sie sei eine arme
Frau mit sechs Kindern, habe kein Brot, ihr Mann sei gestorben. Da habe sie ihr
jüngstes Kind, einen Knaben von einem Jahre, auf ihren Arm genommen, sei in
den Felsen geeilt, habe ihr Kind aus einen Tisch in der Mitte des Gewölbes gesetzt
und so viel Gold- und Silberstücke als möglich zusammengerafft, sei darauf schnell,
als es begann ein Viertel zu schlagen, hinausgesprungen und habe ihr Kind ver-
gessen. Nun hatte sich die Pforte geschlossen und ihr Kind war verloren; denn
der Stein war nicht zu öffnen. Die Frau schrie laut auf, denn auch der Sack,
den sie mit Schätzen aus der Höhle gebracht hatte, war spurlos verschwunden.
Entsetzt kehrte der Ritter nach Goldberg zurück mit dem festen Vorsatze, im
nächsten Jahre sein Glück wieder zu versuchen. Noch ehe das Jahr vergangen
war, fand er sich mit einem Knappen in der Herberge zu Goldberg ein, begab
sich, um nicht zu spät zu kommen, lange vor Mitternacht in der Christnacht in
das von Geistern bewohnte Thal und fand alles so, wie er es verlassen hatte.
Sein Knappe trug eine Axt und einen Spaten. Um Mitternacht standen die
beiden Abenteurer vor der Pforte der Rabeudocke; geisterhafte Gestalten um-
schwebten sie, so daß sie von heftigem Grausen erfaßt wurden. Um 12 Uhr
rollte ein hohltönender Donner, welcher immer näher kam und heftiger wurde,
bis die Thür krachend aufsprang. Der mutige Ritter schritt in die Höhle
hinein. Er sah die steinernen Ritter, und ein Kind spielte munter lächelnd auf
einem Tische mit einigen Goldstücken. Schnell nahm er es vom Tische herab
und reichte es seinem Knappen zur Höhle hinaus, damit er es in seinen Mantel
wickeln und vor Kälte schützen sollte. Dann ging er auf die beiden steinernen
Gestalten zu, die ihm doch zu atmen schienen, und sprach zu ihnen mit starker
Stimme: „Seid ihr die Ritter Kuno und Veit, von deren Schandthaten so
viel erzählt wird?" Zwei hohle Stimmen antworteten: „Wir sind es." „Ihr
verdient also kein Erbarmen; aber ich will euch helfen, wenn es möglich ist.
Ist es möglich?" „Ja." „Aber wie? Seid ihr wirklich nur in diese steinernen
Hüllen eingeschlossen, und könnt ihr, wenn ich sie zertrümmere, zur Ruhe ein-
gehen?" „Ja, aber eile." Da schlug der Ritter mit den Worten „Im Namen
Gottes" dreimal gegen die Felsgebilde mit der Axt; beim dritten Schlage
sprangen die Hüllen auseinander, und zwei nebelhafte Gestalten standen vor ihm.
Sie sprachen: „Habe Dank für das, was du an uns gethan hast; wir haben durch
dich die Ruhe gefunden, nach welcher wir uns lange Jahre vergeblich gesehnt hatten.
Nimm eilig, denn bald ist die Viertelstunde verflossen, so viel du von uusern
Schätzen fortbringen kannst; aber lebe fromm und thue mit ihnen den Armen
wohl, damit durch dich das Andenken an nnfre Räubereien vernichtet werde."
Nachdem sie also gesprochen hatten, verschwanden sie. Der Ritter raffte
in größter Eile möglichst viel Gold und Edelsteine, die in großer Menge vor
ihm lagen, zusammen und sprang, als es ein Viertel schlug, hurtig zur Thür
hinaus, die sich krachend hinter ihm schloß.
Ritter und Knappe eilten nach Goldberg und gaben sofort der armen
Frau ihr Kind wieder; dann kehrten sie mit ihren Schätzen in ihre Heimat
zurück, bauten Armenhäuser und verteilten, was sie von den Schätzen nicht zu
den kirchlichen und anderweitigen Bauten, die sie geplant, verwenden konnten,
unter die Armen und Hilfsbedürftigen der Heimat.
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]