Wickliffe und das Concil von Pisa. 509
der Hof gegen ein Geschenk von 100,000 Franken zu einer
Amnestie verstand, so empfieng man Karl Vi. mit lautem
Jubel in der Hauptstadt. 1383 zog sodann der Herzog
von Anjou mit vielem Gclde ans der französischen Schatz-
kammer nach Neapel, um als Adoptivsohn Johannas I.
seine Ansprüche gegen Karl Iii. dnrchzusetzen, starb aber
1384, bevor er seinen Zweck erreicht hatte. Der nunmehr
übermächtige Herzog von Burgund lenkte Karls Thätig-
kcit gegen Flandern, wo wegen des Drucks der Abgaben
ebenfalls Unruhen herrschten. Dreimal hatten die Städte
ihres Grafen Ludwig Schulden bezahlt, und zum vierten-
male wurden die Bürger von Brügge gewonnen; Gent
aber empörte sich, und der von Philipp Arte velde,
dem Sohne des Brauers, geleitete Aufstand nahm eine
für den Grafen so bedenkliche Wendung, daß er bei sei-
nem Eidam und voraussichtlichen Erben, Philipp von
Burgund, um Hülfe nachsuchte. Ende Oktobers 1382
sammelte sich bei Artois das französische Heer, erzwang
den Uebergang über den Lys, gewann unter Mitwirkung
der Patricier und reicheren Bürger die Stadt Ypern,
nahm Cassel, Thorout und andre Plätze ein und schlug
am 27. Nvvbr. 1385 bei Rvvsbeke, wo der sehr fähige
Artevclde umkam, die Flamänder aufs Haupt, so daß
nur die Geuter mit englischer Hülfe den Widerstand fort-
setzten. Karl Vi., entschlossen, den Sieg bei Novsbcke
zu Unterdrückung des Aufruhrgeistes im eignen Lande zu
benützen, zog in Schlachtordnung nach Paris, cntwaffnete
die Bürger und ließ viele verhaften und hinrichten, vor
Allen den Generaladvokatcn des Marets, einen redlichen
Mann, der nur, um den ärgsten Greueln zu steuern, in
Paris geblieben war, übrigens freie Reden geführt und
mit dem Herzoge von Burgund sich verfeindet hatte.
Minderschuldige durften zum Dvrthcile der Prinzen sich
loskaufen. Ueberdicß schaffte der König das Amt des
Bürgermeisters von Paris ab, setzte einen Schuldheissen,
zog die Einkünfte des Rathhauses zur königlichen Kam-
mer und führte die Abgaben, welche den Aufstand bewirkt
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Karl_Iii Karl Karls Karls Ludwig Ludwig Philipp_Arte Philipp Eidam Philipp_von
Burgund Philipp Cassel Karl_Vi Karl
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Burgund Flandern Paris Paris Burgund Paris
Skeg Pabstth. üb. d. Concile u. Erfind, d. Vuchdruckerknnsr. 639
Ehe bestätigt, worauf Glocester seine Beischläferin Eleo-
nore Cobham heurathete, und Jakobäa ihrem Schicksale
Preis gab. Gleichwohl dauerte der Bürgerkrieg fort:
erst 1428 erzwang Philipp einen Vertrag, daß ihm als
Ruwaard oder Verweser und als Erben die Gewalt zu-
stehen , daß Jakobäa nur den Titel einer Gräfin von Hol-
land, Seeland und Hennegau haben, und die Fehde
zwischen Hoeks und Kabbeljaus für immer abgethan scyn
solle. Nachdem er 1429 das von dem letzten siandrisch-
dampierrischen Grafen erkaufte Namur mit Burgund
vereinigt und 1430 von Philipp von St. Pol, dem
Bruder des 3 Jahre zuvor verstorbnen brabantischen
Johann, Brabant mit Antwerpen und Limburg ererbt
hatte, ließ der Glückliche die Gräfin Jakobäa in drücken-
der Armuth schmachten. Da bot ihr Frank von
Börse len, burgundischer Statthalter in Holland und
Seeland, seine Hülfe an, und die immer noch schöne Ja-
kvbäa gab ihm heimlich ihre Hand. Kaum hatte Phi-
lipp Kunde hievon, so wurde der Statthalter verhaftet:
seine Gattin rettete ihm das Leben, indem sie, auf alle
Titel und Rechte verzichtend, sich mit dem Amt einer
Oberförsterin über die holländischen Wälder und mit den
Zöllen von Holland und Seeland begnügte: Frank wurde
zum Grafen von Ostervant erhoben. Bei der häufigen
Abwesenheit ihres Gemahls lebte sie meistens auf dem
Schlosse Teinigen, mit Verfertigung irdner Krüge be-
schäftigt, die sie sogleich wieder in den Burggraben warf,
und starb 1436 an der Schwindsucht. Philipp aber, ~
schon im Besitze so vieler Provinzen, kaufte von der
görlitzer Elisabeth 1443 auch noch Luxemburg. Aus
dem Erzählten geht hervor, einmal, daß der Bei-
stand des burgundischen Herzogs im Verlaufe des eng-
lisch-französischen Kriegs von stets größrem Gewichte
werden mußte, und. dann insbesondre, daß die Englän-
der in den Jahren 25 bis 23 den so vortheilhaft begonn-
nen Streit nur mit geringem Nachdrucke fortsetzcn konn-
ten; denn während dieser Zeit war Philipp, wie wir
sahen, .theilö gespannt mit den Engländern, theils. in
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Extrahierte Personennamen: Skeg_Pabstth Jakobäa Philipp Philipp Philipp_von_St Philipp Johann Johann Frank_von
Börse Frank Philipp Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Jakobäa Seeland Hennegau Hoeks Burgund Brabant Antwerpen Limburg Holland Seeland Holland Seeland Luxemburg
690
Neuntes Hauptftück.
gogne!« Des andern Tags, an einem Sonntage, an
welchem die Lütticher keinen Angriff erwarteten, drangen
.die Burgunder 40,000 Mann stark in die Stadt. Uebcr-
rascht floh der grvßre Theil der Einwohner, und fand
in den Ardennen durch Hunger, Kälte und Nerrath den
Untergang; die Stadt wurde geplündert und dis auf die
Kirchen und 500 Häuser der Geistlichen niedergebrannt.
Eingeschläfert durch das Benehmen Ludwigs Xi., gab
Karl am 2. Nov. den König frei, der voll von Nache-
gedanken nach Hause kehrte. Nichts konnte ihm daher
erwünschter seyn, als daß Karl gleich darauf in Ver-
hältnisse gerieth, welche über kurz oder lang einen Krieg
zwischen Burgund und der Schweiß herbeiführen mußten,
wo Ludwig, zumal in Bern und Zürich, sich Freunde er-
kauft hatte. Es hatte nämlich Schaffhauscn Händel mit
Pilgert von Höwdorf, einem Beamten Erzherzog
Sigismunds, und Sigismund ließ daher den Stadtbür-
gcrmeister Hans am Stad auf einem Geschäftsritte nach
Engen festnehmen, zu Villingen ins Verließ werfen und
seine Füße in den Block legen. Zu gleicher Zeit kaufte
der Junker von Negishcim einem Müllerknecht aus Mühl-
hausen eine streitige Forderung von 6 Plapperten an
seinen Meister ab, und befehdete darum die Stadt. Voll
Grimms erhob sich die kriegslustige Jugend der Schwei-
tzer; der Erzherzog kam bald ins Gedränge, und mußte,
kraft des zu Waldshut geschloßnen Friedens, dem Bür-
germeister von Schaffhausen Genugthuung geben, und
den Eidgenossen 10,000 Gulden für den Kriegsaufwand
versprechen (1468). In Verlegenheit thcils wegen dieser
Geldsumme, theils wegen seines unzufriednen Adels gieng
Sigismund nach Arras und ^vt dem Herzoge Karl die
Grafschaft Pfirt, den Sund - und Breisgau, den Schwarz-
wald und die Städte Rheinfelden, Seckingen, Laufcnburg
und Waldshut gegen 50,000 Gulden als Pfandschaft an,
in der Erwartung, Karl werde bald den Schweitzerbund
dahin bringen, daß Oestrcich nicht länger ein Spott der
Kuhhirten sey. Nicht wenig erfreut, so ganz ungc-
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Karl Karl Karl Karl Ludwig Ludwig Sigismunds Sigismund Grimms Sigismund Karl Karl Karl Karl
308
Sechszehntes Hauptstück.
Ständen verwilligt erhielt, so waren doch die Einkünfte,
welche er von dort bezog, sehr bedeutend; die Zuflüsse
an baarem Gelde machten, so lange c r noch regierte,
vierundzwanzig bis fünfzig Millionen Dukaten aus. Das
Gelv wurde in der Negel ohne Schwierigkeit erhoben;
doch kam es einmal darüber zum Aufstand. Nach dem
dritten Frieden mit Frankreich bedurfte Karl zur Bestrei-
tuug der Kriegslasten großer Summen. Auf die in die-
ser Angelegenheit von Maria gemachten Forderungen hin
bewilligten die Stände 1,200,000 Gulden; davon sollten
Brabant und Flandern, die reichsten Provinzen, je ein
Dritthcil übernehmen: Brabant machte keine Schwierig-
keiten, auch die bedeutcndern Städte Flanderns nicht:
nur Gent weigerte sich, weil die Bewilligung der Stände
blos dann gültig sey, wenn alle Haupttheile der Land-
schaft beigestimmt hätten. Die Statthalterin griff zu
einem damals nicht ungewöhnlichen Mittel: sie ließ Bür-
ger aus Gent verhaften, welche Geschäfte halber in an-
dern Städten der Niederlande sich aufhielten. Die Gen-
ier appellirten au den Kaiser; dieser verwies sie an den
hohen Gerichtshof zu Mccheln, dessen Urthcile sie sich aber
nicht unterwerfen wollten. Im Juli 1539 brach die Un-
zufriedenheit in offnen Tumult aus: die Magistrate,
welche f ü r Bezahlung gestimmt hatten, wurden abge-
seht und eingezogcu; es kam zu einer Herrschaft des Pöbels,
welcher die ausschweifendsten Forderungen au die Re-
gierung machte. Die Statthalterin fieng vergeblich an
nachzugeben. Unerwartet erschien, wie wir früher schon
berichtet haben, zu Anfang 1540, an der Spitze von
zwei deutschen Regimentern, der Kaiser selbst in
Flandern. Die Genter unterwarfen sich zwar als-
bald , Karl aber ließ ihnen wegen ihrer Widersetzlich-
keit den Prozeß machen und eine strenge Untersuchung
über sie verhängen. Nach dem Ergebnisse derselben
sprach er das Urtheil: Gent wurde des Hochver-
raths schuldig erkannt, aller Privilegien verlustig
erklärt; ausser dem Antheile an jenen 400,000
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Maria Maria Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Flandern Gent Niederlande Flandern Hochver-
332 Siebenzehntes Hauptstück.
Staatsrathes, Admiral der niederländischen Flotte, zu
nennen.
Noch waren die Niederlande in einem erfreulichen
Zustand der Blüthe. 4.550 hatte die Einfuhr von Edel»
steinen, Gewürzen und Zucker 300,000 Dukaten betragen;
4.566 betrugen Gewürze und Zucker allein 1,600,000 Du.
taten. Die Gesammteinfuhr von der Ostsee machte in
jenem Jahre 250,000, 16 Jahre später blos die Einfuhr
an Getreide 1,500,000 Dukaten; der Wcinhandel belief
sich früher auf 600,000, jetzt auf dritthalb Millionen
Dukaten. Von fremden Kauflcuten waren zu Antwerpen
mehr als 1000 Häuser; für Hausmiethe wurden oft
1000 Rcichsthaler bezahlt, besonders für damalige Zeiten
ein ungeheurer Preis; 124 Gvldschmidte zählte die Stadt;
2500 Fahrzeuge erschienen oft zugleich auf der Schelde, und
wöchentlich kamen 2000 Frachtwagen; die Börse wurde
täglich von mehr als 5000 Menschen besucht. Aehnlichcn
Verkehrs hatten sich Städte wie Gent, Brüssel, Am-
sterdam, und eines verhältnißmäßigen Wohlstandes
alle Theile der Provinzen zu erfreuen. Bald aber ver-
lautete Klage über Klage: Philipp zog durchaus die
Spanier vor, während Karl nicht nur hier die bedeutend-
sten Aemtcr mit Niederländern besetzt, sondern auch in
den obersten kaiserlichen Rath Männer aus allen Theilen
der Monarchie ausgenommen hatte; zudem ließ Philipp,
gegen die Privilegien der Niederländer, ein fremdes Heer,
3000 übermüthige spanische Soldaten zurück. In der
Versammlung der Generalstaaten, welche er noch vor sei-
ner Abreise zu Gent hielt, erwicdcrte er deßhalb gemachte
Vorstellungen mit der entrüsteten Frage: „ob man auch
ihn als Fremdling vertreiben wolle?" Doch gab er sein
Wort, die Truppen sollen binnen 4 Monaten abziehen.
Aus 4 Monaten wurden 48, und die Verzweisiung der
Secländer stieg so hoch, daß sie die Arbeit an den Dei-
chen einstellten und erklärten, lieber in den Wellen des
Oceans unterzugehen, als länger die Plackereien dieser
Fremdlinge zu leiden. Jetzt mußte man, damit nicht
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Karl Karl Philipp Philipp
Elisabeth tritt gegen den Vorkämpfer des Pabstthums rc. 365
Bewunderung für Holland in seine Heimath zurück.
Einem Rajah in Ceylon bot 1601 Georg van Spil-
bergen holländische Hülfe gegen die Portugiesen an,
worüber der Cingalese so entzückt war, daß er allen vor-
räthigen Zimmt im Lande den Holländern schenkte. Als
der indische Handel schnell eine sehr weite Ausdehnung
zu erlangen anfieng, wurden am 29. März 1602 auf
Oldenbarneveldts Rath die vielen vereinzelten Kaufmanns-
gescllschasten zu der großen ostiudischen Kompagnie ver-
einigt. Gegen 25,000 an die Stände zu enrrichtende
Gulden erhielt sie nicht nur den Alleinhandel ostwärts
vom Kap der guten Hoffnung bis zur Magelhans«
straße, sondern auch Vollmacht, Niederlassungen zu grün-
den, Bündnisse zu schließen und Kriege zu führen. Ein
Aktienkapital von siebenthalb Millionen Gulden bildete
den Grundstock. Die Kompagnie zerfiel in 6 Kammern:
der von Amsterdam gehörte die Hälfte, der von Seeland
ein Viertel, denen von Delft, Rotterdam, Hoorn und Enk-
huysen je ein Sechszehntel des Grundstocks; nach diesem
Maßstabe wurde zu allen Ausrüstungen bcigesteuert: Kauf
undderkauf besorgte dann jede Kammer für sich. Dickammer
von Amsterdam hatte 20, die von Seeland 12, jede der übrigen
7 Direktoren ; aus diesen 60 wurden die 17 Oberdirektvren
oder Bewindhebber gewählt, wclcheje 6 Jahre iu Amster-
dam, je 2 Jahre in Seeland Residenz hielten, und zwar stellte
Amsterdam 8, Seelands, und je 2 der übrigen Kammern
stellten zusammen, 2 Bewindhebber: hinsichtlich des Sieben-
zehnten wurde zwischen Amsterdam, Seeland, Delft und
Rotterdam, Hoorn und Enkhuysen abgewechselt. Jeder
Einwohner Hollands und Seelands sollte innerhalb einer
gewissen Zeit Theil nehmen dürfen; Landschaften oder
Städte, die mit mehr als 50,000 fl. dabei interessirt
seyen, sollten das Recht haben, einen Agenten zu bestel-
len, der ihre Angelegenheiten besorge. An dem Mono-
pole hielt man mit zäher und eifersüchtiger Strenge fest;
auch kein Diener der Kompagnie durfte für seine Rech-
nung Handel treiben, und jeder mußte ganz von unten
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Georg_van_Spil-
Elisabeth tritt gegen den Vorkämpfer des Pabftrhums rc. 377
vor Oftende ward zu einer Kriegsschule, aus allen Ge-
genden Europas strömten junge Männer herbei, um hier
die Belageruugskunst zu lernen. Den 2. Sept. 1604 endlich
ergab sich gegen freien Abzug die von 7000 Mann auf
3000 hcrabgeschmolzne Besatzung: die Spanier hatten
72.000 Mann geopfert, und innerhalb 20 Monaten
250.000 eiserne Kugeln in die mit Schutt und Trümmern
erfüllte Stadt geschossen. Jndeß hatte Moritz Sluis,
das dek nämlichen Werth hatte wie Ostende, und noch
dazu den ganzen westlichen Theil Flanderns erobert.
Spinola entwarf den Plan, ins Herz der Republik zu
dringen: mit dem einen Thcile des Heers wollte er
Moritz beschäftigen, mit dem andern über die Ströme
nordostwärts vorrückcn; allein der Ucbergang über den
Rhein, die Waal und Assel mißlang, weil Moritz die
Flüsse tüchtig verschanzt hatte, und der Wasserstand zu
hoch war. Ueberhaupt wurden wcitre Unternehmungen
der Spanier, obgleich Spinola große Summen von seinem
eignen Vermögen zugesetzt hatte, durch Geldmangel und
Meutereien gelähmt; dagegen gelang dem kühnen Jakob
Heemskerk am 25. April 1607 ein Angriff auf das
spanische Geschwader vor Gibraltar, wobei die gegensei-
tigen Befehlshaber, Heemskerk und Juan Alvarez
Avila den Tod fanden. In Spanien war man der
Fortsetzung des Kriegs um so mehr abgeneigt, als Lerma
den wachsenden Ruhm Spinolas mit eifersüchtigen Blicken
wahrnahm. Erzherzog Albrccht und Jsabetla wünschten
um ihrer Ruhe willen und aus Liebe zu den Unterthanen
ebenfalls ernstlich den Frieden. In einer andern Lage
allerdings befanden sich die Holländer: der Krieg spielte
nie mehr im Gebiete der Republik, sondern in Flandern
und Brabant; dazu wirthschafteten sie vortrefflich, akkor-
dirten knapp mit den Soldaten, bczablten aber pünktlich,
lockten Kapitalisten, Handwerker, Künstler aus den spa-
nischen Niederlanden herüber, setzten Licentgelver auf Ein-
und Ausfuhr, richteten es übrigens so ein, daß man bei
ihnen den besten Markt fand, versorgten den Feind selbst
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Moritz_Sluis Spinola Moritz Moritz Jakob
Heemskerk Alvarez
Avila
Extrahierte Ortsnamen: Europas Rhein Spanien Lerma Flandern Brabant
548
Vkerundzwanzkgstes Hauptstück.
Waldstädte und alle auf dein linken Rheinufer besetzten
Städte und Landschaften, insonderheit ganz Breisgau
und die Ortenau. Die Rheinschiffarth ist frei und darf
von keinem Theile mit neuen Zöllen belastet werden. Die
Festungswerke von Benfeld, Rheinau, Elsaßzabcrn, Ho-
henbar und Neuburg am Rhein sollen geschleift, und von
Basel bis Philippsburg darf auf dem rechten Rheinufer
keine neue Befestigung angelegt werden. Das Bcsatzungs-
recht in letzterem Platze hat Frankreich, mit Vorbehalt
der bischöfflich speierischen Rechte, und ohne Belästigung
per Nachbarn." Das heißt: die französische Macht über-
schreitet bei Verdun die Maas, um bis an die Linie der
Mosel vvrzurücken, dehnt sich am Oberrhcine aus, be-
reitet den Uebergang vor, und faßt jetzt schon an zwei
wichtigen Punkten diesseits des Stroms Posto. Schwe-
den begehrte ganz Pommern, Wismar, Bremen, Ver-
den , und 20 Millionen Thaler, ließ jedoch eher mit sich
handeln; daher folgender Artikel: „Schweden erhält für
dl, Kriegskosten und dafür, daß cs die eroberten festen
Plätze zurückstcllt, ganz Vorpommern, einen Theil von
Hinterpommern, die Insel Rügen, die mecklenburgische
Stadt Wismar, und die Stifte Bremen und Verden,
diese als weltliche Herzogthümer, Alles zusammen als
Reichslehcn mit Sitz und Stimme auf dem Reichstag,
nebst der Verpflichtung, ein Oberappellationsgericht, und
für das Studium der Rechte eiue Universität in diesen Landen
zu errichten. Zur Befriedigung der schwedischen Miliz über-
nehmen 7 Reichskreise (der ostreichische, bayerische und bur-
gundische blieben verschont) die Bezahlung von 5 Millionen
Rcichsthalern." Während sich also die Franzosen in Stand
setzten, sobald ihnen beliebte, mit Waffengewalt an die
Donau vorzudringen, wlirde das zu einer europäischen
Großmacht gesteigerte Schweden geradezu in den Reichs-
verband gezogen. Wehe dem Kaiser, wenn er kaiserlich
auftretcn wollte! Im Westen blitzte das Schwert des
ehrgeitzigen Galliers, und im Schovße der Reichsver-
sammlung selbst lud der protestantische Trotz des Skandi,
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116
Sechstes Häuptstück.
insonderheit, um dem seit 75 veranstalteten nimweger
Friedenskongresse eine für Frankreich vortheilhafte Wen-
dung zu geben. Dagegen verstärkte Prinz Wilhelm das
Gewicht der Republik durch die vcrhängnißvolle Ehe, wel-
che er den 14. Nov. 77 mit der Nichte Karls Ii. (der
keine legitimen Nachkommen hatte), mit der den 10. Mai
62 geborncn Maria schloß, ältestem Kinde Herzog
Jakobs von Wirklich waren es englische Drohun-
gen gegen Frankreich, die den Frieden mit Holland be-
schleunigten: am 10. Aug. 78 kam er zu Stande: die
unbesiegte Republik erhielt alles Eroberte, selbst Ma-
stricht zurück, und sollte übcrdieß in 4 französischen und
2 spanischen Barrieren oder Gränzfestungen, nämlich in
Charleroi, Cortryk, Oudenarden, Ath, Gent und Lim-
burg, zu ihrem Schutze das Recht der Besatzung haben.
Jndcß beutete die französische Politik, sobald man sich
des gefährlichsten Gegners entledigt hatte, mit großer
Gewandtheit Spaniens Schwäche aus: am 17. Sept. 78
mußte der mit Ludwig verschwägerte Karl die ganze
Franche-Comte, und in den Niederlanden Bouchain,
Conde, Upern, Valenciennes, Cambray, Maubeuge, Aire,
St. Omer, Cassel, Charlemont, Poperiug, Bailleul und
noch 4 schöne Plätze abtreten. Hiedurch vervollständigte
man die früher schon gemachten Eroberungen in Flan,
dern und im Hennegau, und bedrohte, wie durch Char-
leroi von der Sambre, so nun durch Charlemont von
der Maas her die wichtige Stadt Namur. Was half
es, wenn in Madrid Graf Oropeza, um 1685 als
erster Minister Nachfolger des Herzogs Medina-Celi,
unuüye Stellen aufhob, einen fortdauernden Münzfuß
einführte, und wenigstens einige Ordnung in die Staats-
wirthschaft brachte? Die Regierung konnte ohne Anlehen
nickt einmal das Laufende bestreiten, Geld aber kaum zu
15 Procent sich verschaffen. Karl V. von Lothringen
verwarf die schmachvollen Bedingungen Ludwigs, und
wurde daher auch im Frieden nicht restituirt. Zweifach
hatte Ludwig den Kaiser verhöhnt, einmal durch Abreis-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Karls Maria Maria Jakobs Jndcß Spaniens_Schwäche Ludwig Ludwig Karl Karl Cambray Cassel Karl_V._von_Lothringen Karl_V. Ludwigs Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Karls Frankreich Holland Charleroi Cortryk Gent Niederlanden_Bouchain Conde Valenciennes Maubeuge Hennegau Namur Madrid
800
Vierzehntes Hauptstück.
vom 23. Januar. Hierauf wurde der Vertrag am 19. April
zu London von Oestreich, England, Frankreich, Preussen,
Rußland, Holland und Belgien, und am 11. Mai zu
Frankfurt vom deutschen Bunde ratificirt. Wir heben
nun die wesentlichen Punkte des Traktats hervor. „Bel-
gien begreift ausser Südbrabant, Lüttich, Namur, Henne-
gau, Westflandern, Ostflandern und Antwerpen auch Tbeile
von Luxemburg in sich, gemäß einer Linie, die an Cle-
mency, Steinfort, Eischen westwärts vvrübergeht, aber
die Ortschaften Attert, Tintange, Bastogne, Noville,
Houffalice, Ourt auf der belgischen Gräuze läßt. Zur
Entschädigung für das in Luxemburg Verlorne erhält der
König Großherzvg den nicht wallonischen Thcil von Lim-
burg mit den Städten Mastricht, Valkenburg, Süstcren,
Stevenswerdt, Wcssem, Rvermonde, Venloo, Gcnnep."
Dieser zweite Punkt ist von hoher Wichtigkeit für Deutsch-
land; denn der gleiche Territorialersah gilt laut frankfurter
Beschlusses vom 15. Juni 38 auch dem deutschen Bunde, wel-
cher also nicht nur die Festung Luxemburg behauptet, sondern
eine bedeutende Position an der Maas gewinnt. In den
übrigen Artikeln wird auf allen Flüssen, welche das bel-
gische und holländische Gebiet durchschneiden oder tren-
nen, freie Schiffarth ungeordnet, und die Schuld des
Königreichs der Niederlande in der Weise vertheilt, daß
Belgien jährlich nicht S'400,000, sondern nur 5 Millio-
nen Gulden zu entrichten hat. Unmittelbar nach Beile-
gung des Streits zwischen Belgien und Holland, geschah,
was der patriotische Staatsmann Graf Hogendoxp
Jahre zuvor geweissagt hatte: die Holländer, bisher ein-
zig mit dem Hasse gegen die Belgier beschäftigt, fanden
nun erst Zeit, die Größe ihres Verlustes, ihrer darge-
brachten Opfer zu berechnen, und allen den Ursachen
nachzuforschen, woraus der mißliche Zustand des Vater-
landes zu erklären wäre. Vor Allem richtete sich ihre
Aufmerksamkeit auf eine im Grundgesetz enthaltene Be-
stimmung, welcher zufolge König Wilhelm die so ein-
träglichen Colvnien ohne Controle verwaltet: da Anleihen
TM Hauptwörter (50): [T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Graf_Hogendoxp Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: London England Frankreich Preussen Holland Belgien Frankfurt Namur Westflandern Ostflandern Antwerpen Luxemburg Luxemburg Valkenburg Luxemburg Niederlande Belgien Belgien Holland