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ging mit dem festen Vorsatze nach Hause, den Zug mitzuma-
chen, und eilte, sich das Kreuz aufheften zu lassen, ja Manche
brannten es sich zum unvergänglichen Denkmale ihres festen
Willens mit einem glühenden Eisen in das Fleisch ein. Darum
nannte man alle, welche das Zeichen des Kreuzes trugen, Kreuz-
fahrer. Mit Verachtung sah man auf die herab, welche Zu-
rückbleiben wollten, und betrachtete dies als einen Beweis eines
ruchlosen Herzens. Alle beschäftigten sich nun mit Vorbereitun-
gen. zur langen Reise. Dieser verkaufte seine liegenden Gründe,
um sie zu Gelde zu machen; jener schenkte seine Güter den
Kirchen und Klöstern, um den Segen des Himmels zu erwer-
den ; ein Andrer reifte umher, um von Freunden und Verwand-
ten Abschied zu nehmen, wahrend ein Vierter feine Waffen
putzte und seine Pferde zuritt. Alle Bande des Blutes wurden
zerrissen. Der Sohn riss sich vom Herzen der Mutter, der Gatte
aus den Armen seiner Frau und Kinder íoéy und Alle brann-
ten vor Ungeduld nach dem Augenblicke des Aufbruchs. Jeder
träumte von den Reichthümern, die er zusammenplündern, von
den Städten, die er erobern, und den Saracenenköpfen, die er
abhauen würde. Priester, Mönche und Einsiedler drängten sich
herbei, ja selbst furchtsame Nonnen traten keck aus den Mauern
ihrer Klöster ohne Erlaubniß ihres Bischofs heraus, um den für
heilig gehaltenen Zug mitzumachen. Die Bewegungsgründe aller
dieser Leute waren freilich sehr verschieden. Während Einige von
wirklicher Frömmigkeit getrieben wurden, war es bei Andern
Durst nach Abentheuern, oder Neugier, oder Hang zur Verän-
derung. Noch Andere wollten sich dadurch der Dienstbarkeit
ihrer Herren entziehen, oder den Mahnungen ihrer Gläubiger
entgehen, oder früher begangene Verbrechen sühnen. Alle aber
wurden von der gewissen Hoffnung beseelt, ihre Glücksumstände
zu verbessern.
Unter diesen Zurüstungen brach das Jahr 1096 an, und
nun stellte Europa, besonders aber Frankreich ein noch nie ge-
sehenes Schauspiel dar. Von allen Seiten setzten sich einzelne
Schaaren in Bewegung, und eilten den verabredeten Versamm-
lungsplätzen zu. Uebcrall sah man flatternde Fahnen, daher-
sprengende Ritter, eilig wandernde Kreuzfahrer, und alle Wege
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42
lassen, der auch Heinrich hieß, und wegen feiner Tapferkeit
späterhin den Beinamen: der Löwe erhielt. Dieser entsagte
dem Herzogthume Baiern, behielt aber, trotz der Aechtung seines
Vaters, das Herzogthum Sachsen. Denn die treuen Sachsen
verließen den Sohn ihres bisherigen Herrn nicht, jagten Albrccht
den Bar aus ihrem Lande, fielen selbst in die Mark Brandenburg
verwüstend ein, und setzten es endlich durch, daß ihr Land dem
kleinen Heinrich zurückgcgeben wurde. Albrccht der Bär mußte
mit Brandenburg zufrieden ftyn.
Was war aber indessen aus dem Königreiche Jerusalem ge-
worden? — Anfangs bestand es nur aus den Städten Jerusa-
lem und Joppe (letzteres ein Secstädtchcn, wo die Kreuzfahrer zu
landen pflegten,) und noch etwa 20 andern Städten. Nach und
nach wurde es aber erweitert. Denn kaum hatte die frohe Nach-
richt von der Eroberung von Jerusalem Europa durchflogen, als
sich neue und immer neue Schaaren aufmachten, das heilige Grab
zu fchen. Zwar kamen fast alle unterwegs um; aber das schreckte
die Folgenden nicht ab. Zugleich gingen unaufhörlich Schiffe von
Venedig und Genua nach Joppe hin und her, brachten Pilger für
gute Bezahlung hin, und holten dafür ganze Schiffsladungen von
geweihter Erde aus Jerusalem und Flaschen mit Jordans-Wasser
zurück, und setzten sie für schweres Geld in Europa ab. Denn
Jeder, der nicht selbst das gelobte Land sehen konnte, schätzte sich
glücklich, wenigstens etwas Erde und Wasser von da her zu be-
sitzen, und glaubte, sein Kind, mit solchem Wasser getauft,
würde vor Unglück bewahrt bleiben, und er selbst seliger werden,
wenn man ihm heilige Erde mit in den Sarg legte. Daß Gott-
fried von Bouillon 1100 gestorben sey, wissen wir schon. Ihm
war sein Bruder Balduin, der sich zuerst König von Jerusa-
lem nannte, gefolgt, und diesem mehrere Andere, alle aus seinem
Haufe entsprossen. Indessen hatten die Seldschuckcn sich von
dem ersten Schrecken erholt, und den Krieg gegen die Christen
unaufhörlich erneuert. 1144 hatten sie gar die Stadt Edefsa
erobert, 46,Oo0 Einwohner erschlagen, und die Stadt gänzlich
zerstört. Diese Nachricht setzte das Abendland in Schrecken. Aber
so groß auch die allgemeine Theilnahme war, so würde doch
ohne den Abt Bernhard von Clairvaux kein neuer
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_hieß Heinrich Heinrich Heinrich Balduin Bernhard_von_Clairvaux
45
Kai sec Conrad war indessen von Constantinopel aus zu Schiffe
gegangen, und mit dem kleinen Reste seines Heeres in Palästina
gelandet. Hierhin kam auch König Ludwig. Sie erreichten Je-
rusalem, beteten am heiligen Grabe, und fragten sich nun: was
denn weiter geschehen sollte? Man kam dahin überein, daß man
Damascus angreifen wollte. Was nur von Bewaffneten zu
finden war, wurde zu einem Heere gesammelt, und man zog vor
die Stadt. Hier wurden aber alle Maßregeln so verkehrt genom-
men, daß die Belagerung zuletzt aufgehoben werden mußte. Auch
verlangte man in Deutschland und Frankreich sehr nach der Rück-
kunft der beiden Herrscher. Beide hatten langst eingesehen, daß
bei der allgemeinen Uneinigkeit unter den christlichen Großen in
Palästina nichts zu machen wäre, und kehrten mißmüthig 1149
nach ihren Staaten zurück. So hatte sich also dieser zweite
Kreuzzug ganz ohne Nutzen geendigt. Als man den Abt Bern-
hard fragte, wie es denn komme, daß seine Weißagungen so
schlecht eingetroffen wären, erwiederte er: „auch die Widerwär-
tigkeiten kommen von Gott, und die Uebereilungen der Fürsten
und die schlechten Sitten der Kreuzfahrer haben den Zorn des
Himmels herbeigeführt."
Bald darauf starb Kaiser Conrad 3., 1152.
49. Kaiser Friedrich Barbarossa. — Dritter
Kreuzzug.
Als Conrad den Tod nahe gefühlt, hatte er die Reichskleino-
dien nicht seinem Sohne, der noch zu jung war, sondern seines
Bruders Sohne, Friedrich, der sich schon durch manche tapfere
That ausgezeichnet hatte, übergeben. Die Deutschen wählten ihn
auch zum König, und er hieß nun
Friedrich 1., und hat den Beinamen Nothbart oder
Barbarossa erhalten. Ec war ein gar tüchtiger Kaiser. Ei-
nen so kraftvollen Mann hatten die Deutschen seit lange nicht
auf dem Throne gesehen. Schon seine große, männliche Gestalt,
seine scharf blickenden Augen, und seine feste, stolze Haltung ver-
kündigten den gewaltigen Herrscher, währeich. seine Freundlichkeit
und seine feine Sitte ihm das Vertrauen der Untergebenen er-
warben. Eine seiner ersten Handlungen war die Aussöhnung der
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Conrad Ludwig Ludwig Conrad_3. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Conrad Friedrich Friedrich Friedrich_1. Friedrich Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Palästina Deutschland Frankreich Palästina Barbarossa
22
Sameenen begruben in der folgenden Nacht ihre Tödten, und
die Weiber gaben ihnen unter lauten Klagen das Beste, was
sie hatten, und die Waffen, die jene in der Schlacht getragen
hatten, mit ins Grab. Ein menschlicher Feind hatte dies so
natürliche Gefühl geehrt. Nicht so die Kreuzfahrer. Am näch-
sten Morgen stürzten sie über die Grabhügel her, wühlten sie
mit roher Fühllosigkeit auf, verstümmelten die Leichen, und
raubten, was sie in den Gräbern fanden. Ihre elenden Lumpen
hinwerfend, kleideten sie sich in die seidenen Gewänder der Tod-
ten, drei bis vier Kleider über einander, und stolzierten so vor
den Mauern der Stadt herum, die wehklagenden Weiber laut
verhöhnend. Aber die Strafe blieb nicht aus.
Die Belagerung hatte nun schon 8 Monate gedauert- Da
gelang es den Kreuzfahrern in einer dunkeln Nacht, von Verrath
begünstigt, die Mauern der Stadt zu ersteigen. Nun begann ein
gräßliches Gemetzel. Weder Greise, noch Weiber, noch Kinder
wurden verschont; das Blut rann in den Straßen; 10,000 Sa-
racenen wurden erschlagen. Die Christen jauchzten, aber das
Elend kam nach. Denn schon am dritten Tage nach der Eilt-
nähme zeigte sich ein furchtbares Heer Saracenen, welche Fürst
Korboga und viele andere Emire gesammelt hatten, und An-
tiochia wurde so schnell von ihnen umringt, daß die Kreuzfahrer
keine Zeit hatten, die ausgehungerte Stadt mit Lebensmitteln zu
versehen. Nun entstand hier eine so fürchterliche Hungersnoth,
daß keine Worte das Elend zu beschreiben vermögen. Man aß
Pferde, Kameele, Esel, Ratten und Mause, und da auch diese
endlich nicht mehr für schweres Geld zu haben waren, nagte man
an Thierhäuten, an Schuhriemen und an Baumrinde. Ja Man-
che stiegen, vom wüthenden Hunger gepeinigt, in die Grüfte hin-
ab, wühlten die kürzlich beerdigten Leichen der Türken auf, und
hielten von den halbverwesten Gliedern schauderhafte Mahlzeiten.
Gottfried selbst hatte kein Pferd mehr, auch kein Geld, ein neues
zu kaufen, und Graf Balduin von Flandern schlich umher, und
bettelte um ein Stückchen Brot. Viele starben den elendesten
Hungerstod, und die noch Lebenden schwankten wie Leichen um-
her, die man zu begraben vergaß. Die Roth war so grenzenlos,
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Graf_Balduin_von_Flandern
m
begegneten, waren die Worte: rnemsnto mori ! das Einzige,
womit sie sich begrüßten.
Wichtiger aber als alle andere Mönchsorden wurden die
Franziseaner und Dominicaner.
In dem Städtchen Assisi im Neapolitanischen lebte zu Ende
des 12ten Jahrhunderts ein wohlhabender Kaufmann, der einen
Sohn, Namens Franziscus hatte. Der junge Mensch sollte
auch zur Handlung angelernt werden, kam aber plötzlich, man
weiß nicht wodurch, zu dem Entschlüsse, ein frommes Leben zu
führen, nachdem er viele thörigte Streiche ausgeübt hatte.
Einst, als ihn sein Vater mit Waaren, die er verkaufen sollte,
ausgeschickt hatte, kam er ohne sie und ohne Geld nach Hause,
und erzählte, er habe das letztere zu frommen Zwecken verwen-
det. Der Vater züchtigte ihn, und sperrte ihn ein, aber die
schwache Mutter ließ ihn wieder heraus. Nun trieb er sich
herum, und seine Schwärmerei wurde immer größer. Er er-
zählte ganz im Ernste, daß er mit Gott und Jesus zuweilen münd-
liche Unterredungen habe. Seine Kleider schenkte er oft weg,
und ließ sich dafür von Bettlern Lumpen geben, und da fein Va-
ter ihn von seinen Thorheiten zurückbringen wollte, kam er gar
nicht mehr nach Hause, sondern lebte in Höhlen und Einöden.
Einst hörte er eine Predigt an, in welcher der Geistliche den
Spruch Matth. 10, 9 und 10 vorlas: „ihr sollt nicht Gold, noch
Silber, noch Erz in euren Gürteln haben, auch keine Tasche zur
Reisefahrt; auch nicht zwei Röcke, keine Schuhe und keinen
Stecken ; denn ein Arbeiter ist seiner Speise werth. " Sogleich
warf er alles weg, was er noch hatte : Geld, Tasche, Schuhe,
Stock und Kleider, behielt nichts als eine Kutte von grobem brau-
nem Tuche, band um den Leib einen Strick, und wanderte bar-
fuß weiter. Ueber den närrschen Menschen wurde natürlich viel
gesprochen. Viele nannten ihn einen Narren; selbst sein Bruder
verspottete ihn; aber Andere meinten, er müsse wohl ein Heiliger
seyn, und da bekanntlich ein Narr viele Narren zu machen
pflegt, so liefen ihm bald Mehrere nach, und machten es ebenso
wie er. Als er elf Schüler beisammen hatte, so schrieb er ih-
nen eine Regel vor, und verlangte vor allen Gehorsam, Armuth
und eheloses Leben- Mit zwölf Schülern kam er 1210 nach
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75
Schwammes und der Dornenkrone Christi verschafft. Jeden
Donnerstag wallfahctete er barfuß in die Kirche zu diesen Reli-
quien, rutschte auf den Knien bis zum heiligen Kreuze hin, und
küßte es, indem er sich selbst auf den Boden in Gestalt eines
Kreuzes ausstreckte. Für Arme und Kranke sorgte er mit der v
äußersten Sorgfalt; jene lud er zu Tische, wartete ihnen auf,
wusch ihnen die Füße, und küßte sie. Einmal ging er barfuß
in den Kirchen umher, und theilte Almosen aus. Auf der
Straße bat ihn ein Aussätziger jenseits des morastigen Weges
um ein Almosen. Sogleich watete er durch den Koth, reichte es
ihm, und küßte ihm obendrein die Hand. Wenn er in Kranken-
häusern die Kranken pflegte, so litt er es ganz ruhig, daß ihm
die Leidenden aus Mund und Nase die Hände besudelten. Die
Bettelmönche liebte er so, daß er selbst einer geworden wäre,
wenn seine Frau es ihm nicht ausgeredet hätte.
Wenn Ludwig nicht mehr als dies gethan hätte, so würde
man ihn einen Schwärmer oder einen gutmüthigen Narren
schelten. Aber er war wirklich ein sehr braver und gottesfürchti-
gec Mann. Gegen Vornehme und Geringe war er höflich und
freundlich, nie zornig, strafte mild, aber ernstlich, schwur, fluchte
und schalt nie, und als ihm ein Diener ein brennendes Wachs-
licht auf den bloßen Fuß fallen ließ, sagte er bloß: „ihr solltet
doch nicht vergessen, daß euch mein Großvater aus viel geringeren
Ursachen weggejagt hat." Gelogen hat Ludwig nie; selbst seinen
Feinden brach ec nie sein Wort. So günstig auch die Gelegen-
heit war, den Engländern, die unter sich uneins waren, Lände-
reien abzunehmen, so erklärte er doch fest, keinen Eroberungs-
krieg unternehmen zu wollen. So sehr er auch die Geistlichen
ehrte, so gab er ihnen doch nicht in allen Dingen nach, und
that nur das, was er nach seiner Ueberzeugung für recht hielt.
Daher war auch unter ihm Friede und Ruhe im Lande, und
seine Unterthanen segneten seine Regierung. Einem so durchaus
rechtschaffenen König kann man leicht jene übertriebene Beobach-
tung der äußeren Gebräuche verzeihen, da er durch seine Hand-
lungen zeigte, wie ernstlich er es mit der Religion meinte.
Dieser Ludwig unternahm zwei Mal einen Kreuzzug
gegen die Ungläubigen, weil er dies als eine Gewiffensfache
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Extrahierte Personennamen: Koth Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
110
und suchte ihm einen Gegenkönig entgegenzuftellen. Erft wähl-
ten Kcilrs Gegner den König Eduard 3. von England, und
da dieser zurücktrat, den Markgrafen Friedrich den Ernst-
haften von Meißen. Aber auch dieser lehnte die gefährliche
Ehre ab, die endlich der tapfre Günther Graf von
Schwarzburg annahm. So ritterlich dieser Mann auch
war, so war er doch nicht dazu gemacht, den rechtmäßigen
Kaiser zu stürzen, und entsagte schon in demselben Jahre seiner
neuen Würde.
Die Haupttriebfeder von Karls Handlungen war Eigennutz.
Jede seiner Vermahlungen, jede Geldnoth, jeder Todesfall eines
Reichsfürsten wurde von ihm benutzt, seine Besitzungen zu er-
weitern. Und in der That hatte er auch Glück darin. Unter an-
dern brachte er die Oberpfalz (jetzt ein Theil von Nordbaiern), die
Oberlausitz und ganz Schlesien an sein Haus, späterer auch die
Niederlausitz, Tyrol und gar die Mark Brandenburg. Um doch
etwas auch für das deutsche Reich zu thun, gab er die soge-
nannte goldene Bulle. Dies ist ein Gesetz, durch welches
genau bestimmt wurde, wie es mit der Wahl und Krönung
des Kaisers gehalten werden müsse, welchen Fürsten die Wahl
zukomme u. d. gl. Als solche Wahl - oder Kurfürsten
wurden sieben bestimmt: die Erzbischöfe von Mainz, Trier
und Cöln, der König von Böhmen, der Herzog von Sach-
sen-Wittenberg, der Markgraf von Brandenburg, und
der Pfalzgraf am Rhein. Nur diese sieben sollten künftig
wählen.
Karl ist 1378 gestorben. Die Kurfürsten wählten zu sei-
nem Nachfolger seinen ältesten Sohn
Wenzel, der von 1378— 1400regiert hat, und ein äu-
ßerst träger Mann war. In seiner Kindheit war er nie zum
Gehorchen angehalten worden; darum verstand er auch in der
Folge nicht zu regieren. Sein Vater hatte doch wenigstens
seine Erbländer recht blühend gemacht; aber auch um diese be-
kümmerte sich der für Alles gleichgültige Wenzel wenig. Die
Folge seiner Unthätigkeit war, daß das Ansehen des Kaisers
immer mehr verfiel, und die Folge hiervon wieder, daß Jeder
that, was ihm gefiel und wozu ec die Macht hatte. Fast zu
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Extrahierte Personennamen: Eduard Friedrich Friedrich Günther_Graf_von
Schwarzburg Günther Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: England Karls Tyrol Brandenburg Mainz Sach-
sen-Wittenberg Brandenburg Rhein
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nehmen. Aber dieser antwortete: sich fremden Eigenthums an-
zumaßen, sey schändlich. Ohne sein Gewissen zu verletzen, könne
er sich nicht in die Angelegenheiten Siciliens mischen. Bei
Karin von Anjou dagegen, Ludwigs Bruder, fand der Papst
williges Gehör. Karl war 42 Jahre alt, klug, thatig und tapfer,
aber von schlechtem Herzen. Schon sein Aeußeres schreckte zu-
rück. Seine olivenfarbige Haut, sein strenger, wilder Blick,
seine finstere Stirn gaben ihm ein widriges Ansehen; nie sah
man ihn freundlich oder gar lächelnd; er sprach nur wenig,
und stets ernst, strafte streng und mit Grausamkeit, und nie
kam ein Gefühl von Menschenliebe in sein hartes Gemüth.
Welche verschiedene Brüder der fromme, theilnehmende Ludwig,
und der finstere, kalte Karl!
Es kam nun nur noch darauf an, das geschenkt erhaltene
Land zu erobern- So ungern auch der gute Ludwig die unge-
rechte Unternehmung seines Bruders sah, so konnte er sie doch
nicht hindern. Mit des Papstes Unterstützung warb Karl ein
treffliches Heer, und zog nach Italien. Bei Benevent trafen
sich 1266 Karl und Manfred. In dieser Schlacht gingen viele
von Manfreds Söldnern zu Karin über, andere flohen. Er-
schrocken sah sich Manfred nach ihnen um; da fiel der silberne
Adler, den er als Zierde auf dem Helme trug, herab auf den
Sattel. „Das ist ein Zeichen Gottes!" seufzte er. Er fühlte,
daß seine letzte Stunde gekommen sey, stürzte sich in das
Schlachtgewühl, und wurde nie wieder gesehen. Diese Schlacht
entschied das. Schicksal Neapels und Siciliens. Beide Länder
wurden den Franzosen unterworfen, und wie sehr auch die Ein-
wohner über die neuen Herrscher seufzten, so wagten sie doch,
eingeschüchtert und betäubt, keinen Widerstand.
Indessen war Conradin, von seiner Mutter Elisabeth treu
gepflegt, am Hofe seines Oheims, des Herzogs von Baiern,
zum Jünglinge herangewachsen. Viele Italiener fanden sich bei
ihm ein, und ermunterten ihn, nach Italien zu kommen, und
sein väterliches Erbe zu erkämpfen. In der Lombardei, sagten
sie, ständen Viele bereit, sich auf den ersten Wink zu erheben,
und mit jedem Tagmarsche vorwärts würde sein Heer wachsen.
Die besorgte Mutter warnte vor der gefährlichen Unternehmung.
6»
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Extrahierte Personennamen: Karin_von_Anjou Ludwigs_Bruder Ludwigs Karl Ludwig Ludwig Karl Ludwig Ludwig Karl Karl Karl Karl Manfred Manfreds_Söldnern Karin Manfred Elisabeth
139
geradezu Nachlässigkeit verwarfen, und ihm sagten, er habe sich
nun schon seit 15 Jahren nicht in den Reichslandcn sehen las-
sen; sie würden ^daher nun ohne ihn beschließen, was sie für
das Beste hielten.
Wahrend diese Vorwürfe des Kaisers Gemüth noch be-»
schäftigten, wurde er von einer andern Seite noch mehr geäng-
stigt. Ein Haufen Soldaten, den Friedrich verabschiedet, aber
noch nicht ganz bezahlt hatte, schwärmte plündernd um Wien
herum. Die Oestreicher, die mit Friedrich längst schon sehr un-
zufrieden waren, verlangten, er solle die Leute bezahlen, und
dem Unwesen dadurch ein Ende machen. Aber Friedrich hatte
dazu nicht Geld genug, und begehrte von den Wienern einen
Beitrag von 6000 Gulden. Das schlugen ihm diese rund ab,
und da nun die Räubereien fortdauerten, so empörten sie sich
unter ihrem Bürgermeister Holzer, und belagerten den Kaiser
in seiner Burg. Alb recht, dessen Bruder, hatte sich mit die-
sem nie vertragen können, und war überhaupt ein böser Mensch.
Kaum hörte er von der Roth Friedrichs, so eilte er geschwind
herbei, hetzte die Bürger noch mehr auf, und kündigte ihm
förmlich den Krieg an. Friedrich hatte nur 200 Mann bei
sich. Aber er zeigte dies Mal eine seltene Standhaftigkeit,
vertheidigte sich zwei Monate lang, und rief von der Mauer
den ungetreuen Bürgern laut zu: „hier will ich mich vertheidi-
gen, und sollte das Schloß mein Gottesacker werden!" Er
schickte schnell nach Regensburg, wo die Fürsten gerade versam-
melt waren, und bat um Hülfe; diese wurde ihm auch sogleich
versprochen; aber ehe sie ankam, wäre er gewiß verloren ge-
wesen, hätte ihm nicht Georg Podiebrad, obgleich sonst sein
Feind, in der größten Roth beigestanden. Er zog mit einem
Heere nach Wien, und brachte eine Vermittelung zu Stande.
Der schändliche Albrecht starb zum Glück bald darauf; sonst
hätte er seinem Bruder gewiß noch viel zu thun gemacht.
Zwei und zwanzig Jahre darauf wurde Friedrich abermals
in seiner Residenz angegriffen. Der König Matthias von Un-
garn fing mit ihm Krieg an, gerade zu der Zeit, wo auch die
Türken bis Steiermark, Kärnthen und Krain vorgedrungen wa-
ren. Der Kaiser, dem es immer an Geld, also auch an Soida-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Holzer Friedrichs Friedrich Friedrich Georg_Podiebrad Roth Albrecht Albrecht Friedrich Friedrich Matthias_von_Un-
Extrahierte Ortsnamen: Wien Roth_Friedrichs Regensburg Wien Krain
m
mehreren Monaten erhielt er zwar seine Freiheit wieder; aber
vm sein Ansehen war es nun vollends geschehen, und da alle
Bitten der Fürsten, dem Unwesen in Deutschland abzuhelfen,
ihn nicht im mindesten rührten, so wurde er 1400 für abgesetzt
erklärt, und der Kurfürst
Ruprecht von der Pfalz zu seinem Nachfolger er-
namch,
ei. Ruprecht 1400 — 1410. — Siegismund 1410 —
1437. Johann Huß (1415) und die Hussiten.
Als Kaiser war Wenzel zwar abgesetzt worden, aber König
von Böhmen blieb er bis an seinen erst 1419 erfolgten Tod.
Ruprecht war ein wackrer und tapfrer Mann, aber da er
Nur 10 Jahre regierte, so konnte er dem unglücklichen Zustande
des deutschen Reichs nur wenig abhelfen. Als er 1410 starb,
theilten sich die Kurfürsten Ln zwei Partheien. Die eine wählte
den schon erwähnten
Siegismund, einen Sohn Karls 4., und die andern
den Markgrafen von Mähren,
Jodo cus, auch einen Sprößling des luxemburgschen Hau-
ses. Jodocus starb aber schon nach einigen Monaten, und so
wurde denn Siegismund von Allen anerkannt. Seine Regierung
ist durch zwei Begebenheiten besonders berühmt: die Kirchen-
versammlung in Costnitz und den Hussitenkrieg.
Als Siegismund anfing zu regieren, gab es drei Päpste
zugleich, einen in Rom, den andern in Avignon, den dritten in
Spanien. Alle Wohlgesinnten wünschten daher eine allgemeine
Kirchenversammlung, um diesem Unwesen ein Ende zu machen.
Sie kam endlich 1414 in Costnitz am Bodensee zu Stande,
und es fanden sich eine Unzahl von Bischöfen, Aebten, Docto-
ren, Gesandten und andern Personen ein. Man zählte allein
30,000 Pferde, und 1/00 Musicanten. Auch der Kaiser und
einer der Päpste waren gegenwärtig. Alle drei wurden abge-
setzt. Aber als nun die Deutschen darauf drangen, daß die
Versammlung den vielen Mißbräuchen in der Kirche, den An-
maßungen des Papstes u. d. gl. Einhalt thun möchte, meinten
die Italiener, erst müßte ein neuer Papst gewählt werden.
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Extrahierte Personennamen: Johann Wenzel Karls Jodo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Karls Costnitz Rom Avignon Spanien Costnitz