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1. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 65

1914 - Berlin : Liebel
65 fort, deren Landesherren das privilegium de non appellando (S. 42) verliehen worden war. Eine einheitliche Regelung des Rechts von Reichs wegen ist nur hinsichtlich des Strafrechts und des Strafverfahrens zu- stande gekommen. Das darauf bezügliche Reichsgesetz, das einzige Gesetzbuch des Reiches, ist die peinliche Gerichtsordnung Karls V. (die Carolina). Auf dem Gebiete des Privatrechts hat die Reichsgesetzgebung fast nichts geleistet. (Über dessen Regelung in den Territorien siehe Seite 69). Es können nur genannt werden die Reichsnotariatsordnung von 1512, die Reichspolizei- ordnungen von 1530, 1548 und 1577, die Reichsabschiede von 1498 (Freiburg), 1500 (Augsburg), 1521 (Worms), 1529 (Speier) be- treffend Fragen des Erbrechts, der Reichsschluß von 1731 über Handwerkermißbräuche und einzelne Bestimmungen über Münz- wesen, Wucher, Zession von Forderungen, Wechsel, Juden, Zins- fuß und Rentenkauf. Ein stehendes Reichsheer hat das alte deutsche Reich nicht besessen. Wenn ein Krieg bevorstand, wurde die Aufstellung eines Heeres aus Truppen der Reichsstände und die Bestreitung der Kosten auf einem Reichstag beschlossen. Im übrigen half man sich mit Söldnertruppen. Für die Zahl der von den Reichs- ständen zu stellenden Truppen blieb die Wormser Matrikel von 1521 maßgebend, in der für einen Römerzug Karls V. die Stärke des dem Kaiser bewilligten Heeres angegeben war. (4000 Reiter (Reisige), 20 000 Fußknechte.) Seit 1681 übertrug man die Ver- teilung der Truppenkontingente und deren Zusammenstellung zu Regimentern den (10) Reichskreisen. Die Gesamtstärke wurde auf 12 000 Reiter und 28 000 Fußknechte erhöht. Jede Mann- schaft eines Kreises bildete ein besonderes Korps, das unter einer eigenen Kreisgeneralität stand. Außerdem hatte jeder Kreis einige technische Truppen und das Artilleriematerial zu be- schaffen. An Stelle unserer heutigen Kriegsartikel bestand für die Fußtruppen ein „Artikulbrief" und für die Reisigen die „Reuterbestallung", die gleichfalls zu beschwören waren. Mit den fremden Kriegsvölkern, die Deutschland über- schwemmten, kam auch die fremde Kunstsprache zur Anwendung im Heerwesen. Der Oberstwachtmeister wurde zum Major, der Heerführer zum General usw. Die Einnahmequellen des Reichs waren fast sämtlich ver- siegt, d. h. auf die Reichsstände übergegangen. Zur Unterhaltung des Reichsgerichts wurde eine ordentliche Steuer, die schon er- wähnten „Kammerzieler", erhoben, bei Reichskriegen eine außer- Engelhardt, Deutsches Staatsleben einst und jetzt. 5

2. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 72

1914 - Berlin : Liebel
72 Oberrechnungskammer und das Eeneralfiskaliat, das die Be- achtung der Gesetze seitens der Beamten zu beaufsichtigen hatte. Der schon 1604 organisierte „Geheime Staatsrat" auch „Geheimes Staatsministerium" genannt, der aus sämtlichen Ministern bestand, hatte keinen besonderen Geschäftskreis und kam unter Friedrich d. Gr. ganz außer Übung. Infolge der immer größer werdenden Anforderungen für Heereszwecke nach Einführung des Söldnerwesens erfuhr auch das Finanzwesen der Territorien eine Umgestaltung. Im Mittelalter hatte der Landesherr mit den Erträgnissen seiner Domänen an Zinsen, Fronden und dergleichen, mit dem „Erafen- schatz", der Steuer der Landsassen für Befreiung vom Kriegs- dienst, mit den Gerichtserträgen und anderen Gefällen die Kosten des Hofhalts und die Bedürfnisse öffentlicher Natur bestritten. Alle diese durch Steuern von den Landsassen geforderten Leistungen wurden unter dem Namen „Bede" zusammengefaßt. Als aber die Ansprüche größer wurden und der Landesherr zu Not- beden gezwungen wurde, d. h. zu außerordentlichen Landessteuern greifen mußte, war das nicht ohne Mitwirkung und Bewilligung der Landstände möglich, und in Verbindung damit vollzog sich eine Trennung der landesherrlichen Kammer von der Landes- finanzverwaltung, indem die Einkünfte aus den Domänen und etwaigen Regalien (Salzregal, Bergregal) für die Kosten des Hofhalts und der Regierung aufkommen mußten, die Beden — überwiegend Grund- und Eebäudesteuern — dagegen unter Mit- wirkung der Stände, ursprünglich sogar nur durch sie mit Aus- schließung der Landesherrn, verwaltet und verwendet wurden. Zn Brandenburg wurde die getrennte Verwaltung selbst nach Beseitigung des ständigen Steuerbewilligungsrechts noch eine geraume Zeit beibehalten, 1713 wurden von Friedrich Wilhelm I. aber sämtliche Domänen für Staatseigentum erklärt. Für die persönlichen Bedürfnisse des Königs wurde ihm eine Summe aus den Jahreserträgen der Domänen ausgesetzt, aus der sich später der Kronfideikommißfonds entwickelt hat. Zn dem alljährlich aufzustellenden Staatshaushaltsetat wurden die Einnahmen und Ausgaben des Staates ordnungs- mäßig zusammengestellt, deren Nachprüfung der nur vom König abhängigen Oberrechnungskammer oblag. Selbständige Gebiete mit eigener Verfassung und eigenem Recht (Stadtrecht) bildeten auch die Freien Reichsstädte, die den übrigen Reichsständen jetzt im wesentlichen gleichstanden. Ungeachtet der Abhängigkeit, die zur Zeit des Westfälischen

3. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 79

1914 - Berlin : Liebel
79 1814 dauernd eingeführt. Alle Wehrfähigen, die das 20. Lebens- jahr vollendet hatten, waren künftig wehrpflichtig. Auch in der Folgezeit ward an dem inneren Ausbau des Staates auf der Grundlage der Stein-Hardenbergfchen Reformen weitergearbeitet. Durch Verordnung vom 26. Mai 1818 wurden die Provinzialzölle für den ganzen Staat aufgehoben. Alle Zölle wurden an die Grenze verlegt. Durch hohe Durchgangs- zölle wurden die norddeutschen Staaten, die in der Nähe des preußischen Gebiets lagen oder davon umschlossen wurden, ge- zwungen, sich an die preußische Zollpolitik anzuschließen. Auch Süddeutschland sah sich hierzu gezwungen, da Preußen den Rhein, diese wichtige Verkehrsstraße, beherrschte. So erfolgte denn auf wirtschaftlichem Gebiet der erste Schritt zur Einigung aller deut- schen Stämme. Am 1. Januar 1834 trat der deutsche Zollverein in Kraft. Die erhöhten Staatsausgaben forderten neue Einnahme- quellen. Neben der bestehenden Grundsteuer ward für das ganze Land eine klassifizierte Personensteuer (Einkommensteuer) als direkte Steuer, und eine Verbrauchssteuer auf inländische Er- zeugnisse (Salz, Tabak, Wein, Branntwein) als indirekte Steuer festgesetzt. So hatte der Preußische Staat unter Friedrich Wilhelm Iii. eine vollkommene innere Neugestaltung erfahren. Dem Ver- langen des Volkes nach größerer innerer Freiheit widerstrebte aber der alternde König mehr und mehr. Um so größere Hoff- nungen setzte man auf seinen Nachfolger, den ideal veranlagten und hochbegabten Kronprinzen, späteren König Friedrich Wil- helm Iv. — Zwar hatte schon König Friedrich Wilhelm Iii. in den Jahren 1808 und 1810 die Einrichtung ständischer Vertretungen in den Vezirksregierungen und sogar eine „zweckentsprechende Vertretung der Nation in den Provinzen und für das Ganze" zugesagt; die Unruhe der damaligen Zeit ließ es aber zu keiner ernstlichen Ausführung dieser Verheißungen kommen. Ebenso kam die im Anschluß an den Wiener Konkreß im Jahre 1815 zu- gesagte Einführung einer Volksvertretung nicht zustande. Da- gegen ward durch Gesetz vom 5. Juni 1823 eine ständische Ver- tretung für die einzelnen Provinzen angeordnet. Die in der berühmten Denkschrift vom 7. September 1840 niedergelegte Bitte der ostpreußischen Stände um eine moderne Landesverfassung lehnte Friedrich Wilhelm Iv. ab, entschloß sich jedoch im Jahre 1842, die ständischen Ausschüsse aller Provinzen nach Berlin zu berufen, damit sie ihr Votum über allgemeine Staatsangelegen- heiten und Regierungsvorlagen abgäben, eröffnete ihnen aber zu- gleich, „daß sie nur Vertreter ihrer eigenen Rechte und der Rechte

4. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 89

1914 - Berlin : Liebel
89 stattungen unrichtig erhobener Zölle und der Erhebungskosten, wird von den Bundesstaaten an die Reichskasse abgeführt. Die Höhe der Zölle ist in dem Zolltarifgesetz vom Jahre 1902, in Kraft getreten am 1. März 1906, festgesetzt; der Tarif enthält 946 Positionen. Um die Ausfuhr der gewerblichen Erzeugnisse nach anderen Ländern für eine Reihe von Jahren rechtlich zu sichern und gegen Zollerhöhungen zu schützen, hat das Deutsche Reich mit einer Reihe von Staaten, so mit Belgien, der Schweiz, Italien, Öster- reich-Ungarn, Serbien, Rumänien, Rußland, Schweden Handels- verträge abgeschlossen, meist auf die Dauer von 10—12 Jahren. In manchen dieser Verträge ist die Höhe der zulässigen Einfuhr- zölle für die verschiedenen Warengattungen einzeln bestimmt, in anderen ist in dieser Hinsicht nur die sogenannte Meistbegünsti- gungsklaüsel aufgenommen, eine Bestimmung, nach der alle Rechte und Vergünstigungen, die der eine Vertragsstaat einem dritten Staate eingeräumt hat oder künftig einräumt, ohne weiteres auch dem Vertragsstaate zugestanden sein sollen. Die Handelsgesetzgebung ist Sache des Reichs. Das deutsche Handelsrecht ist in dem Handelsgesetzbuch nieder- gelegt, das jedoch keine selbständige Rechtsordnung bildet, sich vielmehr im wesentlichen auf Änderungen und Zusätze zum Bürgerlichen Gesetzbuch beschränkt. Es behandelt in vier Büchern den Handelsstand, die Handelsgesellschaften, die Handelsgeschäfte und das Seerecht und findet in Handelssachen vor dem Bürger- lichen Gesetzbuch Anwendung. 9. Eisenbahnwesen. Die Eisenbahnen im Deutschen Reiche sind Eigentum der Einzelstaaten, deren Verwaltung sie auch unterstehen; das Reich übt nur Aufsichtsrechte aus. Eigentum des Reichs sind die 1871 von Frankreich erworbenen elsaß-lothringischen Bahnen, die dem „Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen" unter- stellt sind. Seit 1872 ist auch der Betrieb der luxemburgischen Eisenbahnen in deutsche Hände übergegangen. Zwecks einheitlicher Gestaltung des Eisenbahnwesens im Deutschen Reiche setzt Artikel 41 der Verfassung fest, daß Eisen- bahnen, die im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder im Interesse des allgemeinen Verkehrs für notwendig erachtet werden, kraft eines Gesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesstaaten, deren Gebiet sie durchschneiden, für Rechnung des Reichs angelegt oder an Privatunternehmer konzessioniert und mit dem Enteignungsrecht ausgestattet werden können.

5. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 95

1914 - Berlin : Liebel
95 14. Reichsfinanzen. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reichs müssen nach Artikel 69 für jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichs-Haus- haltsetat gebracht werden. Dieser Etat wird vor Beginn eines jeden Etatsjahres nach folgenden Grundsätzen festgestellt: Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die aus den Zöllen und den gemeinschaftlichen Steuern J), aus dem Eisenbahn-, Post- und Telegraphenbetrieb sowie aus deu übrigen Verwaltungszweigen fließenden gemeinschaftlichen Ein- nahmen. Insoweit die Ausgaben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundes- staaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, die sog. Matrikularbeiträge. Insoweit diese Beiträge in den Über- weisungen des Reiches an die Bundesstaaten keine Deckung finden, sind sie ihnen am Jahresschluß in dem Maße zu erstatten, als die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reichs dessen Bedarf über- steigen. Etwaige Überschüsse aus dem Vorjahre dienen, insoweit das Gesetz über den Reichs-Haushaltsetat nichts anderes bestimmt, zur Deckung gemeinschaftlicher außerordentlicher Ausgaben. Die Einnahmequellen des Reichs sind also 3) Zölle, t>) Verbrauchssteuern, c) sonstige Reichssteuern, d) Post-, Telegraphen- und Eisenbahnbetrieb, e) Reichsbank- und Reichsdruckereibetrieb, f) Verschiedene Verwaltungseinnahmen, g) Matrikularbeiträge der Bundesstaaten. Aus diesen Einnahmen hat das Reich zu bestreiten Aus- gaben für a) die Reichsverwaltung, b) die Schutzgebiete, c) die Verzinsung und Tilgung der Reichsschuld, Das Reich erhebt Verbrauchssteuern auf Zucker, Salz, Vier, Branntwein, Tabak, Zigaretten, Schaumwein, Leuchtmittel und Zünd- waren. Weitere Reichssteuern sind die Erbschaftssteuer, die Wechsel- stempelsteuer, die Spielkartensteuer und die im Reichsstempelgesetz aus- geführten Steuern auf Aktien und sonstige Schuldverschreibungen, Ee- winnanteilscheine und Zinsbogen, Kauf- und sonstige Anschaffungs- geschäfte über Wertpapiere, ausländische Banknoten, Papiergeld und Eeldsorten, Lotterielose, Frachturkunden, Personenfahrkarten, Kraft- fahrzeuge, Tantiemen, Schecks, Erundstücksübertragungen, Fidei- kommisse, Lehn- und Stammgüter und auf den Wertzuwachs bei Erund- stücksübertragungen.

6. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 96

1914 - Berlin : Liebel
96 d) das Reichsheer, e) die Marine, f) die Schutztruppe, ferner g) die Überweisungen an die Bundesstaaten, h) Zahlungen aus dem allgemeinen Pensionsfonds. Für außergewöhnliche Fälle ist das Reich zur Aufnahme von Anleihen befugt. Die R e i ch s f ch u l d beträgt gegenwärtig 4,8 Milliarden Mark. Sie besteht in Reichskassenscheinen (für 120 Millionen Mark ä 5 und 10 Mark), Schatzanweisungen und Reichsschuld- verschreibungen zu 3, 31/2 und 4 %. Ihr gegenüber besitzt das Reich in seinen 1871 erworbenen elsaß-lothringischen Eisen- bahnen, in dem Reichskriegsschatz, dem Reichsinvalidenfonds, seinen Dienstgebäuden usw. ein Vermögen von etwa 1 Milliarde Mark. Die Reichsanleiheschuld ist vom 1. April 1911 ab all- jährlich in Höhe von 1,9 % von Anleihen für werbende Zwecke, im übrigen von 3 % des jeweiligen Schuldbetrages zu tilgen. Die Verwaltung der Reichsschulden ist der Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden übertragen. Die Prüfung des Reichs-Haushaltsetats erfolgt durch den „Rechnungshof des Deutschen Reiches", der mit der preußischen Oberrechnungskammer zu Potsdam verbunden ist. 15. Die Rechtspflege. Nach Artikel 4 übt das Reich die Gesetzgebung über das gesamte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren aus. Die entsprechenden Gesetze sind das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896, in Kraft getreten am 1. Januar 1900. Erst seit dieser Zeit also besitzt das deutsche Volk ein gemeinsames Privatrecht nach jahrhundertelanger Unsicherheit und Verschieden- heit des geltenden Rechts; das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871, durch das auf dem Gebiete des Strafrechts nach drei Jahrhunderten die Einheit wiederhergestellt wurde; das Gesetz vom 6. Februar 1875 betreffend die Beur- kundung des Personenstandes und die Eheschließung; das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877; die Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877; die Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877; die Konkursordnung vom 10. Februar 1877; die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878; das Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878.

7. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 101

1914 - Berlin : Liebel
101 führung den Einzelstaaten überlassen bleibt. Die übrigen Auf- gaben der Polizei werden durch die Landesgesetzgebung geregelt. Das Paßwesen ist geregelt durch das Bundesgesetz vom 12. Oktober 1867. Danach ist der ehemalige Paßzwang für den Aufenthalt und für Reisen innerhalb Deutschlands sowie für das Verlassen des Reichsgebiets aufgehoben. Auch von Ausländern werden in der Regel keine Reisepapiere gefordert. Doch muß sich jedermann über seine Person, und wenn er die daraus fließenden Rechte, z. V. das Wahlrecht, geltend machen will, auch über seine Staatsangehörigkeit ausweisen. Im Falle eines Krieges, innerer Unruhen oder wenn sonst die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht sind, kann durch Kaiserliche Verordnung der Paßzwang überhaupt oder in bestimmtem Umfange wieder eingeführt werden. Die Fremdenpolizei wird durch die Einzelstaaten wahrgenommen (S. 113), Die Heimats - und Niederlassungsverhält- nisse sind in den schon erwähnten Gesetzen über die Reichs- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870, über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 und über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870, das mehrfach ergänzt worden ist, geregelt. Der Gewerbebetrieb ist im allgemeinen frei und nur mit Rücksicht auf Leben und Gesundheit der Einwohner in mancher Hinsicht beschränkt durch die mehrfach geänderte und er- weiterte Gewerbeordnung vom 21. Juli 1869. Das Versicherungswesen ist von Reichs wegen ge- regelt durch das Gesetz vom 12. Mai 1901, das die Privatversiche- rungsunternehmungen der Staatsaufsicht unterwirft, und durch das Gesetz über den Versicherungsvertrag, dessen Bestimmungen darauf abzielen, die Vertragsfreiheit auf diesem Gebiete einzu- schränken und in den wichtigsten Fragen der Privatversicherung feste, für den Versicherer wie für den Versicherungsnehmer bin- dende Grundsätze aufzustellen. In das Gebiet der Medizinalpolizei fallen: das Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874, das eine Impfung aller im ersten und zwölften Lebensjahre stehenden Per- sonen vorschreibt; das Gesetz betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank- heiten vom 30. Juni 1900, das die Anzeigepflicht bei an- steckenden Krankheiten (Cholera, Aussatz, Pocken, Fleck- fieber und Pest) und die Maßnahmen gegen ihre Ver- breitung durch Absperrung und Desinfektion vorschreibt; das Gesetz betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß- mitteln und Eebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879,

8. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 102

1914 - Berlin : Liebel
102 das über deren Beschaffenheit mit Rücksicht auf gesund- heitfchädigende Wirkungen bestimmte Grundsätze auf- stellt; das Gesetz betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmittel vom 15. Juni 1897, das die Käufer vor Benachteiligung schützen will; das Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetz vom 3. Juni 1900, das die Untersuchung der zum Genusse bestimmten Fleisch- waren vorschreibt; das Süßstoffgesetz vom 7. Juli 1902, das die Verwendung des Saccharins im Interesse des Zuckerkonsums ein- schränkt, und das Weingesetz vom 7. April 1909 zum Schutz der Wein- konsumenten gegen Fälschung usw. der Weine. In das Gebiet der Veterinärpolizei fallen: das Gesetz betr. die Rinderpest vom 7. April 1869; das Gesetz betr. die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderung auf Eisenbahnen vom 25. Februar 1876; das Viehseuchengesetz, in neuer Fassung unter dem 26. Juni 1909 veröffentlicht, das bei Seuchenkrankheiten von Tieren die Anzeigepflicht und die Maßnahmen zur Unterdrückung vorschreibt (Milzbrand, Tollwut, Rotz der Pferde, Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe und Schweine, Lungenseuche des Rindviehs, Rot- lauf der Schweine, Eeflügelcholera); das Gesetz zur Abwehr und Unterdrückung der Reblaus- krankheit vom 6. Juli 1904. Das Pressewesen ist durch das Preßgesetz vom 7. Mai 1874, das im allgemeinen die Preßfreiheit begründet, das Ver- eins- und Versammlungsrecht durch das Reichs- vereinsgesetz vom 19. April 1908, das im allgemeinen die Ver- eins- und Versammlungsfreiheit begründet und nur für politische Vereine und Versammlungen einschränkende Bestimmungen trifft, geregelt. Von Reichspolizeigesetzen sind noch zu nennen: das Gesetz vom 1. Juli 1868, durch das die öffentlichen Spielbanken ohne Entschädigung aufgehoben wurden und die Konzessionierung oder Duldung von neuen verboten worden ist; das Gesetz vom 4. Juli 1905, durch das die geschäftsmäßige Vermittlung von Wetten bei öffentlichen Pferderennen verboten worden ist; das Jesuitengesetz vom 4. Juli 1872, dessen § 2, der die Ausweisung der ausländischen und Aufenthaltsbeschränkungen für die inländischen Angehörigen der Gesellschaft Jesu zuläßt,

9. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 109

1914 - Berlin : Liebel
109 Dem Könige stehen eine Reihe von Ehrenrechten zu; die Königliche Amtsbezeichnung Majestät, Allerhöchst, Wappen, Halten eines Hofstaats, Fürbitte im Kirchengebet und allge- meine Landestrauer beim Tode, ferner das Recht der Verleihung von Orden und anderen nicht mit Vorrechten verbundenen Aus- zeichnungen. Der König beruft, eröffnet, vertagt und schließt die Sitzungen der Kammern. Die Krone des preußischen Königshauses ist erblich im Mannesstamm des Geschlechts der Hohenzollern nach dem Recht der Erstgeburt und der agnatifchen Linealfolge. Der König wird mit Vollendung des 18. Jahres großjährig. Die Einnahmen des Königs beruhen auf dem ererbten Krön- und Familienfideikommiß. Aus Staatsmitteln fließt in den Kronfideikommißfonds ein Betrag von 19 */4 Millionen Mark. An einer Anzahl von Parks und Schlössern steht dem König das Nutzungsrecht zu. Die Verwaltung der persönlichen und Vermögensangelegen- heiten des Königs und des Königlichen Hauses geschieht durch das Hausministerium. Es bildet den ordentlichen Gerichtsstand in nicht streitigen Angelegenheiten, einschließlich der Standes- amtssachen. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten mit dem König oder Mitgliedern des Königlichen Hauses ist in Berlin beim Kammer- gericht ein besonderer Gerichtshof, der Geheime Justizrat, ge- bildet. Von Steuern und Abgaben, Porto- und Telegraphen- gebühren ist der König befreit. 7. Die Kammern. Die gesetzgebende Gewalt wird, wie gesagt, gemeinschaftlich durch den König und durch zwei Kammern ausgeübt. Die Über- einstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Ge- setz erforderlich. Während also im Reich der König von Preußen als Deut- scher Kaiser auf das Zustandekommen der Gesetze keinen unmittel- baren Einfluß hat — die Übereinstimmung von Bundesrat und Reichstag ist hier ausreichend und erforderlich —, bedürfen die preußischen Gesetze nach Annahme durch die beiden Kammern der Zustimmung des Königs. Ist sie durch Vollzug der Unterschrift mit Gegenzeichnung des Staatsministeriums erteilt, so wird das Gesetz in der Preußischen Gesetzsammlung veröffentlicht und er- hält damit verbindliche Rechtskraft. Sowohl dem König, als auch beiden Kammern steht das Recht zu, Gesetze einzubringen.

10. Deutsches Staatsleben einst und jetzt - S. 47

1914 - Berlin : Liebel
47 Hofgerichten oder an ihrer Stelle entstanden zumal in den Kur- fürstentümern, die das Privileg besaßen, daß ihre Untertanen nicht an das Reichshofgericht appellieren konnten, als höchste Be- rufungsgerichte fürstliche Kammergerichte, in denen der Landesherr oder der Hofmeister den Vorsitz führte, die Räte aber meist dem Stande der Rechtsgelehrten angehörten. Nachdem die niederen Landgerichte, beschränkt auf die nicht- ritterlichen Grundbesitzer und die übrigen freien Bauern, an die Stelle der Erafengerichte getreten waren, bildeten sich für Zwecke der niederen Gerichtsbarkeit neue Untergerichte — Kirchspiel- oder Dorfgerichte —, an deren Spitze ein Schulze (Zentgraf, Vauermeister) stand, der entweder vom Eerichtsherrn eingesetzt wurde oder (namentlich im Nordosten) erblicher Lehnschulze war. Die niederen Gerichte verloren allmählich ihre Verbindung mit dem Staat und wurden zu Patrimonial- (Guts-) Gerichten. In den höheren sowohl als auch in den niederen Gerichten wirkten Schöffen bei der Urteilsfindung mit, hier wie dort gab es echte und gebotene Dinge. Als Landes ft euer wurde von den freien Grund- besitzern eine „Bede", der frühere Erafenschatz, eine in Geld zu entrichtende Grund- und Gebäudesteuer eingezogen. Die Heer- pflichtigen Adeligen, die Ritterschaft, zum größten Teil auch der geistliche Grundbesitz waren bedefrei. Bei besonderen Anlässen wurden als außerordentliche Landessteuer Notbeden erhoben, bei denen es keine Befreiungen gab; sie bedurften aber jedesmal der Bewilligung durch die Landstände. In den Städten, häufig auch auf dem Lande, wurde die Bede gemeindeweise umgelegt. Daneben waren noch Naturalabgaben und -dienste zu leisten. In den Städten wurde als indirekte Steuer eine Verbrauchs- steuer von Lebensmitteln, das „Ungeld" oder die „Akzise" erhoben. Ebenso wie im Reich der Kaiser, zogen auch die Fürsten — zunächst nur die Herzöge und Markgrafen — die Großen ihres Landes zu Beratungen, „Hoftagen" heran. Auch hier ward aus dieser Übung ein Recht der Großen, mit Sitz und Stimme auf Landtagen zu erscheinen; sie wurden Landstände genannt und dehnten ihre Wirksamkeit bald auf die gesamte Landes- gesetzgebung aus. Sie benutzten, ganz nach dem Vorbild des Reiches, ihre Rechte, namentlich das Steuerbewilligungsrecht, um bei Geldnot der Fürsten oder in politische bewegten Zeiten Freiheiten und Zugeständnisse von Rechten zu erlangen. Neben den Prälaten, Grafen, Edlen und Ministerialen erlangten auch die Landstädte die Landstandschaft. —
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