Das lothringische Stufenland,
175
setztes Bergland. Nach Norden senkt und verflacht es sich
und geht allmählich in ein wellenförmiges Hügelland über.
Dieses letztere Gebiet ist besonders zwischen Mosel und Saar reich
an kleinen Seen, die den Namen Weiher führen.
Die Landschaft gehört im östlichen Teile der Trias for-
mation an. Alle drei Schichten der Trias haben an der Ober-
flächenbildung Anteil. Die älteste Bildung, der Bun t s a n d s t e i n,
tritt nur in den höhern Gebirgszügen, im südlichen Teile der Haardt
und im nördlichen Teile des Wasgenwaldes, zu tage. Der Muschel-
kalk, die mittlere Schicht, umgürtet den Buntsandstein im Westen,
bildet also an tiefer gelegenen Stellen die Oberfläche und wird
noch weiter nach Westen von der jüngsten Schicht, dem Keuper,
überlagert. Wo dieser aufhört, beginnt der J u r a k al k, der in der
ganzen Westhälfte der Landschaft die Oberfläche bildet. Im Nord-
osten des lothringischen Stufenlandes schiebt sich zwischen den
Westrand der Haardt und das Südende des Hunsriick ein Stein-
kohlengebirge, das Pfälzer Ber g land genannt, ein. Das-
selbe schliesst in seinem südlichen Teile die ausgedehnten Stein-
kohlenlager des Saargebietes ein, während es in seinem
nördlichen Teile, an der Nahe, wo das Rotliegende die Ober-
fläche bildet, von bedeutenden Ausbruchmassen des Porphyrs
und Melaphyrs durchsetzt ist.
bb. Die Gewässer.
Die Mosel.
Die Mosel entspringt in z w e i Qu e 11 en am S ü den d e des
Wasgenwaldes auf dessen Westabhange. Bis Toul fliesst sie
nach Nordwesten. Nach einer kurzen Nordoststrecke
verfolgt sie bis Diedenhofen eine nördliche Richtung. Von
hier ab fliesst sie bis zu ihrer Mündung in den Rhein, die bei
Koblenz erfolgt, nach Nordosten.
Bis zum Austritte aus dem Gebiete des Wasgenwaldes (bis Epinal) ist die
Mosel von felsigen Höhen umgeben. Auch von ihrem Eintritt in das
lothringische Stufenland an sind ihre Ufer meistens steil. Bei Metz erwei-
tert sich das Moselthal, verengt sich aber unterhalb der Stadt Die-
denhofen wieder. (Ueber den Lauf durch das rheinische Schiefergebirge von
Trier bis Koblenz s. folg. Landschaft). Von Metz an ist die Mosel für kleine
Fahrzeuge schiffbar; doch ist erst von Trier ab eine eigentliche Schiffahrt
möglich.
Der bedeutendste Zufluss der Mosel ist die Saar, die von
rechts einmündet. Diese entspringt ebenfalls auf dem Was-
gen w al de (westlich von Strassburg) und fliesst zuerst nach
Norden bis Saarbrücken, dann nach Nordwesten. Sie
ist ebenfalls auf einer langen Strecke ihres Laufes, von Saargemünd
an, schiffbar.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
Das lothringische Stufenland.
179
Buchenwald eine nur mehrere cm hohe Kohlenschicht liefern würde und hält
die Bildung von meterdicken Kohlenflözen aus Baumwuchs für
unmöglich. Viel rascher gehe die Torfbildung vorsieh. Das Auf-
finden von Baum spure Ii in Steinkohlenlagern und vollkommen erhaltenen
Holzresten in Braunkohlenlagern spricht aber genugsam gegen diese dritte
Ansicht.
Unter der Pflanzenwelt der Steinkohlenzeit herrschten Ge-
fäs-skryptogamen, Bärlappe, Schachtelhalme und Farne vor.
Diese Pflanzen, die heute nur noch in kleinen Formen bei uns vorkommen,
hatten einen baumartigen Wuchs.
Durch die Ablagerung der Steinkohlengebirge sind die Ungeheuern Pflanzen-
schätze, die frühere Jährt ausende hervorgebracht haben, der Jetztzeit erhalten
geblieben. In unserm Jahrhundert, nach Erfindung d er D a m p f m a sch i ne,
hat die Steinkohle wegen ihrer grossen Heizkraft eine massenhafte
Verwendung gefunden und ist zu einem mächtigen Hebel unserer
neuern Kultu rent wicklung geworden.
Dem Kohlenbergbau der Saargegend verdankt das Eisen-
gewerbe die grossartige Entwicklung, zu der es dort
gelangt ist. Die bedeutendsten Eisenwerke sind die des
Frhrn. von Stumm in Neunkirchen (mit über 3000 Arbeitern).
— Grossartiges Eisende werbe.
Der Kohlenbergbau und das Eisen gewer be haben
ein starkes Anwachsen der Bevölkerung bewirkt. Beson-
ders haben die Orte Saarbrücken (13 812 E.), St. Johann
(14 631 E.), M a Is tad t - Burbach (18 378 E.), Neunkirchen
(19 090 E.) und St. Ingbert (10 847 E.) an Bevölkerung zuge-
nommen.
An der untern Saar beschränkt sich die Gewerbthätigkeit
auf den Betrieb der grossen Porzellan- und Stein gutfabrik
in Mettlach und auf Gerbereien.
b. Die Landschaft als eine wirtschaftliche Gemeinschaft und als eine
Stätte menschlicher Kultur.
Die Erzeugung der Rohstoffe: Ackerbau, Yiehzuclit
und Bergbau.
Der Getreidebau hat in dem Gebiete der Mosel und Saar
eine ziemliche Verbreitung gefunden. Fruchtbare Gegen-
den sind die Bezirke Metz und das n n ter e S aar th al bei Saar-
louis und Merzig. Sie liefern grosse Mengen Getreides,
besonders viel Weizen. Die Landschaft ist ferner w e i n- und obst-
reich. Die Weinrebe ist auf den Kalkbergen des linken Mosel-
ufers bei Metz und Diedenhofen angepflanzt. Die Nordwestabhänge
der Vogesen, die Gegend der obern Saar, ist waldreich.
Die Rinderzucht hat keinen hohen Stand erreicht.
In der Umgegend von Metz wird die Pferdezucht stark be-
trieben.
Der Bergbau beutet im Saargebiete bei Saarbrücken reiche
Steinkohlen- und im Moselgebiete bei Diedenhofen reiche
Eisenerzlager aus. Ferner werden Salz, Bausteine, Thon
u. s. w. gewonnen.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.]]
Das Tiefland des untern Weser und Ems.
353
Später zog die Stadt Bremen den Haupt h andel an sich,
besonders nachdem die benachbarte Hansastadt Hamburg von
den Normannen zerstört worden war. Sie wurde auch der
Ausgangspunkt für die Ausbreitung des Christentums
in Nordeuropa. In den Freiheitskriegen zu Anfang dieses Jahr-
hunderts war der Handel Bremens sehr zurückgegangen.
Als aber im Jahre 1820 die Vereinigten Staaten von Nordamerika
den Eingangszoll aufhoben, blühte er von neuem auf, und im
Laufe unseres Jahrhunderts hat sich Bremen zu einer We Ithan-
dels stadt emporgeschwungen.
Auch Braunschweig, Wolfenbüttel, Hildesheim,
Osnabrück und Lüneburg waren schon im Mittelalter blü-
hende Städte. In ihnen erinnern noch manche altertümliche
Gebäude an frühere Glanzzeiten. Besonders sind Bremen und
H i 1 d e s h e im mit solchen geschmückt.
Kultureigentünilichkeiten : Art der Besiedelung und Bauart
der Wohnungen, Abstammung; und Sprache der Bewohner,
ihre körperlichen und geistigen Eigenschaften.
Im nördlichen Teile der Landschaft liegen die Ansiedelungen
meistens zerstreut, im südlichen gruppieren sie sich mehr zu
Dörfern. Das zerstreute Wohnen in den Marschen,
wo die Wohnungen vielfach einzeln auf den erhöhten Warfen er-
richtet sind, ist nicht nur als eine Stammeseigentümlichkeit der
Bevölkerung, die teile sächsischer, teils friesischer Ab-
stammung ist, zu erklären, sondern auch aus den Naturverhält-
nissen des Gebietes zu begründen (s. S. 346). Der auf dem Lande
vorherrschende Baustil ist der des niedersächsischen Bauern-
hauses, das in seiner innern Einrichtung dem westfälischen Bauern-
hause entspricht (s. S. 252). Viel verbreitet ist die Sitte, die Spitze
des stattlichen Giebels mit zwei aus Holz geschnitzten Pferdeköpfen
oder Schwänen zu schmücken.
Von den Städten zählen 3, nämlich Hannover, Bremen und Braunschweig
mehr als 100 000 E., keine weitere zählt 50 000 E., noch 3, nämlich Osnabrück,
Hildesheim und Lingen haben mehr als 25 000 E. und im ganzen 15 Orte mehr
als 10 000 E.
Der sächsische Volksstamm (s. S. 252) hat die meiste
Verbreitung in der Landschaft. Die Friesen, die im Mündungs-
lande der Ems und Weser und auf den friesischen Inseln wohnen,
zeichnen sich durch einen holten, stattlichen Wuchs, sowie
durch ihre hellblonden Haare und schönen blauen Augen
aus. Ein stark ausgeprägtes Rechtsgefühl, eine grosse Ver-
schlossenheit gegen alles Fremde und Neue und ein be-
sonders bei den Marschbewohnern zu tage tretender Stolz auf
Besitz und Reichtum sind ihneneigen. Die fr i e sis c h e S pr a c he
ist nur noch in einigen Gegenden, z. B. im Saterlande und auf den
triesischen Inseln, Umgangssprache der Bewohner.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
88
Die deutschen Landschaften.
der Bodenbearbeitung. Die Kalkerde enthält endlich für die Pflan-
zenwelt wichtige Nährstoffe, die ja auch schon in der Ver-
witterungserde des Alpengesteins reichlich vorhanden sind, und
giebt zugleich dem Boden einen grössern Wärmegehalt. Die
Zusammensetzung der Ackerkrume ist also im allgemeinen
eine sehr günstige, da sie allen Bedingungen, von denen
hinsichtlich des Erdbodens ein üppiges Pflanzenleben abhängt,
entspricht.
Die Gunst des Klimas liegt sowohl in einem verhältnis-
mässig hohen Wärmegrade als auch in der grossen Regen-
m enge begründet. Die günstigen W ärmeverhältnisse (mittlere Jahres-
temp. in Bern 7,2 0 G, in Zürich 7,7 0 C) verdankt die Hochebene
ihren tiefern Lage. Die grosse Zahl der Niederschläge (jährl. Regenmenge
in Bern 88 cm, in Zürich 116 cm*) wird dadurch bewirkt, dass
die von Westen, vom Atlantischen Ocean herziehenden Wolken
sich vor den hohen Alpengebirgen stauen.
Wo die Bedingungen für die Entfaltung eines üppigen Natur-
lebens erfüllt sind, dort sind auch günsti ge Ver hältnisse für
Ackerbau und Viehzucht vorhanden.
Fast die ganze Bodenfläche kann für den Anbau nützlicher
Gewächse, in erster Linie der verschiedenen G e tr ei d e art e n,
die das notwendigste Nahrungsmittel, das Brot liefern, ferner der
Kartoffel und der Gemüse, der Obstbäume und der W e i n-
rebe, die ebenfalls für die Volksernährung grosse Bedeutung
haben, endlich der Futterpflanzen für das Vieh, ausgenutzt
werden. Die Bewirtschaftung der Felder findet an der Boden-
form, die entweder ganz flach ist oder nur sanfte Erhebungen
zeigt, keine übermässige Schwierigkeiten, und der Ausfall der Ernte
lohnt die Mühewaltung des Landmanns gewöhnlich reichlich. —
Der Ackerbau wird stark betrieben und ist dieerwerbs-
quelle für den grössten Teil der Bevölkerung.
Der Gemüsebau tritt in einigen Gegenden, besonders in
der Nähe grosserstädte, als ein selbständiger Erwerbs-
zweig aut und ist dort ein wichtiger Betrieb, weil er sehr loh-
nend ist. Um mit der Gemüsezucht eine Familie ernähren zu
können, genügt eine viel kleinere Bodenfläche, als beim Getreide-
bau nötig wäre**). — Die Gegenden mit vorwiegendem
Gemüsebau sind zahlreich besiedelt, z.b. daszüricher
Gebiet, das vollständig gart enmäss i g angebaut ist
und von Dörfern und Häusergruppen wie besäet
erscheint.
Der Obstbau hat, begünstigt durch die Naturverhältnisse
*) So hoch würde das von einem ganzen Jahre in einem Gefässe aufge-
sammelte Regenwasser stehen, wenn es nicht verdunstete.
**) Man hat berechnet, dass für den Gärtner, damit er für seine Familie
den Lebensunterhalt verdienen kann, */5 der Bodenfläche genügt, welche ein
Landmann hierzu nötig hat.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]
Die Aufgabe des erdkundlichen Unterrichts.
53
und Bergbau das gewerbliche Leben beeintlusst wird,
wie die gesamte gewerbliche Thätigkeit einer notwen-
digen Ergänzung durch Handel und Verkehr bedarf,
wie in dem, besonders durch die Einwirkung des Han-
dels und Verkehrs aufblühenden Städteleben auch die
Bestrebungen der Kunst und Wissenschaft einen gün-
stigen Boden finden, und endlich wie durch die Ver-
walt ungsthätigke it der Behörde das gesamte Erwerbs-
und Kulturleben des Volkes geleitet, gestützt und ge-
fördert, also das Wohlergehen aller Stände und Berufs-
arten sicher gestellt wird*).
Es ist selbstverständlich, dass die Erörterung über die mensch-
lichen Kulturverhältnisse nie ht die Fassungskraftder Schüler
übersteigen darf. Ein geschickter und nachdenkender Lehrer
wird dem schon Rechnung zu tragen wissen. Er wird in dem
Anschauungskreise des Schülers Anknüpfungspunkte
suchen und suiche an den heimatlichen Verhältnissen
stets finden. Von diesen ausgehend und immer wieder auf sie
zurückgreifend, erklärt er an Beispielen, die die Schüler vor
Augen haben, das menschliche Erwerbsleben, seine Ent-
faltung und sein Ineinandergreifen, seine gegenseitige F ö r-
derung und Hemmung. Um dies an einem Beispiele näher zu
zeigen, greife ich das schon oben angedeutete wieder auf.
Das letzte (od.vorl.) Jahr hat unserer Gegend eine reiche Ernte ge-
bracht. Die Scheunen waren bis oben voll Getreide, und die zahl-
reichen Fruchtschober, die ausserdem noch um die Dörfer herum-
standen, waren ein deutliches Zeichen der ungewöhnlichen Fülle der
Ernte. Wenn auch die Preise (infolge der reichen Ernte und aus andern
Gründen) mässig waren, so stand sich doch der Landmann besser
als in frühern schlechten Erntejahren mit hohen Preisen; denn
während er in diesen nach Abzug seines eigenen Bedarfs kaum
noch etwas zum Verkaufe übrig behalten hatte, kann er jetzt
eine ganz bedeutende Menge verkaufen und kommt hierdurch
in den Besitz grösserer Geldmittel. Was wird die natürliche
Folge dieses günstigen Ernteergebnisses sein ? Der Landmann ist
jetzt nicht bloss imstande, eine vielleicht längst nötig gewesene,
aber stets aufgeschobene Anschaffung zu machen, sondern er kann
sich auch eher irgend eine andere Ausgabe, gar eine Annehmlich-
keit gestatten, ohne dabei die seinem Stande gezogenen Grenzen
der Sparsamkeit zu überschreiten. Wo kauft er aber die Gegen-
stände seines Bedürfnisses? Er geht zur benachbarten Stadt, und
die dort wohnenden Kaufleute freuen sich darüber, dass der
Geschäftsgang sich wieder bessert und ihr Warenumschlag
ein grösserer wird. Sie wissen wohl, worin diese Erscheinung ihren
*) Vergleiche die betreffenden Abschnitte in dein vorangegangenen Auf-
satze über den ursächlichen Zusammenhang der Erdkunde (Abschnitt c. S. 24
und Abschnitt e. S. 32).
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Die Niederungarische Tiefebene und die Ost- und Südkarpaten.
73
wegen der Wasserarmut des Landes in den Sommermonaten, wo alle
kleinen Wasseradern versiegen, konnten viele Weiden für die
Rinderzucht nicht benutzt werden. Für die flinken Rosse genügte
aber die Anlage weniger Wassersammelbecken, zu denen sie mehr-
mals am Tage zur Tränke getrieben werden können. Überall sieht
man in den ungarischen Pussten die hohen, schräg in die Höhe
ragenden Balken der Schöpfbrunnen.
Es konnte also der Pferdereichtum der Ungarn nicht
bloss erhalten, sondern auch noch weiterentwickelt und
zur Erwerbsquelle ausgebildet werden. Durch Kreuzung mit
echten arabischen Pferden ist das frühere ungarische Steppen-
pferd immer mehr verbessert worden, und ein edles Ross ist aus
ihm hervorgegangen.
Die Pferde werden auf den Weiden in grossein Herden gehalten.
Der Pferdehirt, Csikós genannt, gehört mit zur vornehmsten Klasse der
gewöhnlichen Bevölkerung. Er hat 6—7 Knechte unter sich, ebenfalls beritten,
die, in der rechten Hand eine lange Peitsche schwingend, um die Herde herum-
reiten. Der Csikós ist verantwortlich für die Pferde. Eine seiner Hauptsorgen
ist die Verhütung der so häufig vorkommenden Pferdediebstähle. Täglich
dreimal, morgens, mittags und abends, werden die Tiere zur Tränke geritten.
Dann setzt sich die ganze Herde in Bewegung, bald ist sie in wildem Jagen,
hoch fliegen die Hufe, und eine Wolke von Staub wirbelt auf. Aber solches
wilde Reiterleben ist des Ungarn Lust und Freude. Der Geist der Väter lebt
dann wieder in ihm auf.
Die ungarische Schafzucht.
In der Eigenart des Landes wurzelt auch der Betrieb der
Schafzucht, die ebenfalls ein wichtiger Zweig der ungari-
schen Viehzucht ist. An vielen Stellen ist der Gras wuchs
zu dürftig, um den Pferden ein genügendes Futter bieten zu
können. Die genügsamen Schafe finden dagegen noch genug Nah-
rung. Sie verlangen auch wenig Wasser und ertragen sowohl die
Sommerhitze als auch die Winterkälte gut, weil sie durch ihr
Wollkleid geschützt sind. Das trockene Klima und das trockene
Futter begünstigt die Wollbildung der Schafe, während feuch-
tes Klima und fette Weiden diese beeinträchtigen, aber die Fett-
bildung fördern. In der ungarischen Schafzucht steht deshalb der
Wollertrag im Vordergründe.
Die S chafherde bleibt währenddes ganzen Jahres auf freiemfel.de.
Der Schäfer, gewöhnlich ein Wallache, also Rumäne, kennt keine Hütte.
Er lebt immer bei seiner Herde. Auf zwei Eseln führt er seine Schaffelle, mit
sich. Abends lagert sich die Herde, der Schäfer nimmt von dem Rücken der
Esel seine Schaffelle und legt sich mitten unter die Schafe zum Schlafen nieder.
Die wachsamen Hunde beschützen die Herde, zur Winterszeit namentlich vor den
Angriffen der Wölfe. Vor ihren tötliehen Bissen sind sie durch ein Stachelband
um den Hals geschützt. Als Nahrung dient dem Schäfer ausser Brot haupt-
sächlich die Milch der Schafe. In ganz Ungarn herrscht die Sitte, die Schafe
zu melken. Sie ist wahrscheinlich auf den verhältnismässig geringen Betrieb
der Rinderzucht zurückzuführen.
Gleich der Schafzucht wird auch die Schweinezucht in
grossem Massstabe betrieben. Grosse Schweinemärkte finden
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
17-2
Das Französische'mittelgebirge und Flachland.
Hütten. Diese sind so ärmlich, wie nur möglich, und geöltes
Papier vertritt oft das Fensterglas. Die Leute sieht man mit dem
in Südfrankreich noch vielfach gebräuchlichen räderlosen Pflug,
der kaum die Erde ritzt, den Boden bearbeiten. Mit dem ihnen
selbst unverständlichen lateinischen Rufe „sta bos" bringen sie
ihre langsamen Ochsen zum Stehen, wie sie überhaupt viele la-
teinischen Wörter in ihrer Sprache gebrauchen. Aberglaube
und Vorurteile haben das Volk sehr verdummt. Den Blitz
halten sie für das Werk von Zauberern, die in den Wolken ihr
Spiel treiben. Doch dem armen, weltverlassenen Volke sind auch
einige freudige Augenblicke, in denen das Gemüt des Lebens
Kummer und Sorge vergisst, nicht versagt. Es naht der Johannis-
tag, der 24. Juni. Dann versammeln sich Hirten und Hirtin-
nen mit ihren Herden, ein Festplatz ist bald hergerichtet, und
nach dem gemeinschaftlichen Schmause wiegen sich die
jugendlichen Paare nach den Weisen des Tanzes.
V.
Das Mündungsgebiet
des Rheines, der Maas und der Scheide.
Litteratur.
A. Penck, Die Niederlande, ferner
Belgien, ersch. in der Länder-
kunde Europas, hsg. v. Kirch -
hoff, Leipzig, Wien u. Prag bei
Frey tag u. Tempsky, 1890.
H. Blink, Nederland en zyne Be-
woners, 3 Bde., 1887—93.
H. Blink, Derrheinindennieder-
landen, ersch. i. d. Forschungen
zur deutschen Landes- und
Volkskunde, hsg. v. Kirchhoff,
Stuttg. bei Engelhorn, 1889.
Weyrich, Die Abdämmung der
Zuidersee, M. G. Ges. Hamburg,
1896.
Brämer, Die Nationalitäts-Ver-
hältnisse in Belgien, ersch. in
den Forschungen z. deutschen
Landes- u. Volkskunde, hsg.
v. Kirchhoff, Stuttg. bei Engel-
horn, 1887.
Eene halve Eeuw (Ein halbes Jahr-
hundert) 1848—98. Historisch Ge-
denkbock uitgegeven door H et
Nieuws van den Dag by de In-
huldiging van Koningin Wilhelmina.
Amsterdam bei Beyers u. Funke.
K. Kollbach, Brügge, eine gefallene
Grösse, Aufs., ersch. im Gen eral-
anzeigerfiirbonn u.umgegend,
18. April 1894.
A. Springer, Kunsthistorische
Einleitung zum Bädeker. Bel-
gien und Holland, 1897.
Crowe u. Cavalcasene, Geschichte
der Altniederländischen Ma-
lerei, übers, von A. Springer,
Leipzig, 1875.
An das französische Flachland im N und an das deutsche
Mittelgebirgs- und Flachland im W setzt sich eine Landschaft an,
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Das Bergland des südlichen Belgien oder Hochbelgien.
173
deren einzelne Teile mit diesen beiden Landschaften viel Ver-
wandtschaft zeigen und daher im Zusammenhange mit diesen be-
handelt werden könnten. Doch hat sie als das Mün dungs land
von drei bedeutenden Strömen, vom Rheine, von der
Maas und der Scheide, auch ihre eigenartigen Züge, die eine
besondere Behandlung der zwar nicht grossen, aber wichtigen
Landschaft rechtfertigen. Eine solche ist noch mehr mit Rücksicht
auf das Kulturbild geboten. In dem Rahmen der Landschaft liegen
die drei Staaten Holland, auch die Niederlande genannt,
Belgien und Luxemburg.
a. Die einzelnen Teile der Landschaft.
I. Das Bergland des südlichen Belgien oder Kochbelgien.
a. Das Landschaftsbild.
Die Eifel, ein Teil der Rheinischen Schiefergebirgsplatte,
geht nach W unmerklich in die Gebirgsplatte der Ardennen
über. Diese bilden ein grosses Gebirgsdreieck mit den
Eckpunkten Aachen, Luxemburg und Sambrequelle,
welches das Gebirgsdreieck der Eifel zu einem Gebirgsviereck
ergänzt. Auch die Gesteinsbeschaffenheit beweisst diesen
Zusammenhang. Die Ardennen bauen sich wie die Eifel vor-
wiegend aus devonischem Schiefer auf. Der S aber gehört
dem Triasgebiete Lothringens an, und im N lagern Schich-
ten der Steinkohlenzeit, die sich bandartig von den deutschen
Kohlenlagern bei Aachen bis zu den nordfranzösischen bei Valen-
ciennes hinziehen. An dieses Kohlengebiet schliessen sich nach N
Kalk- und Sandsteinbildungen an, die der Kreidezeit angehören.
Die Ardennen sind auf ihren Hochflächen noch einförmiger
als die Eifel; denn es fehlen ihnen die vulkanischen Erhebungen,
mit denen diese in einigen Teilen geschmückt ist. Die höchsten,
über 500 m gelegenen Gebiete bestehen fast nur aus Heiden oder
Torfmooren, die tiefer gelegenen, die schon ein günstigeres
Klima haben, sind mit grossen, zum Teil noch urwaidartigen
Wäldern bedeckt Der höchste Punkt der Ardennen ist der
Baraque Michel (spr. barack michél, 675 m). Er liegt südöst-
lich von Ver vier s (spr. wärwie) in dem Teile, der den Namen
Hohes Venn (= Moor) führt.
Landschaftliche Schönheit entfalten die Ardennen in
ihren meist tief eingeschnittenen Thälern, die den Vergleich mit
den Thälern der Rheinischen Schiefergebirgsplatte wohl aushalten
können. Ja die Zerklüftung der Felsen ist, da neben Grau-
wacke und Schiefer auch die vom Wasser leichter zerstörbaren
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt]]
Das Bergland des südlichen Belgien oder Hochbelgien.
175
den grossen Wald von St. Hubert (spr. ssäng übähr) durchfahren. Die
Eisenbahn folgt jetzt den Windungen eines Flüsschens. Das fünftürmige Schloss
M i r w a r t (spr. mirwahr) zeigt sich auf hohem Felsvorsprung dem überraschten
Auge. Endlich ist die Station Jemelle (spr. schemäll'), wo wir den Zug verlassen,
um einer Seitenlinie zu folgen, erreicht.
Nur eine kurze Strecke fahren wir auf der Seitenlinie weiter, nur bis
Rochefort (spr. roschfohr), von wo aus wir mehrere Höhlen in der zer-
klüfteten Kalkmulde der Umgegend besuchen wollen, zunächst die schöne,
grosse Grotte de Rochefort (spr. grott') und den 6 km entfernten Trou
de Han (spr. truh dö ang = Loch von Han). Letztere Höhle hat das Flüsschen
Lesse (spr. läss') durch einen zu ihm querlaufenden, stark zerklüfteten Höhen-
zag gebildet. Sie ist 1500 m lang und besteht aus einer Reihe von kleinen und
grossen Gewölben. Mit schönen Tropfsteinbildungen sind diese geschmückt.
Auch eine Kahnfahrt lohnt uns für den Besuch.
Das stark gewundene Thal der Lesse, das wir nun durchfahren,
zeichnet sich sowohl durch eine überaus starke Bewaldung als auch durch
schöne Felsbildungen aus. Am Ausgange des Thaies liegt malerisch ein
von schroffen Felsen überragtes Dorf. Mit dem Blick auf dieses öffnet sich
auch das breitere Thal der Maas, die wir auf grossartiger Brücke überschreiten.
Der erste Ort, den wir im Maasthale erreichen, ist das schön gelegene,
ebenfalls von Kalksteinfelsen überragte Städtchen Dinant (spr. dinang). Das
Flussthal bleibt ziemlich eng, schöne bewaldete Berge umschliessen es, aus
denen häufig kahle Felsen herausschauen. Freundliche Dörfer und
schöne Landhäuser schmücken die beiden Flussufer. Auch die an der
Einmündung der S ambre (spr. ssangbr') gelegene Stadt N a m u r (spr. namühr)
ist durch eine schöne Lage ausgezeichnet.
Von Namur an wird das Maasthal breiter. Es entfaltet noch
mehr Schönheit. Zu wilden Formen steigen die Felswände empor, üppige
Fluren, Kornfelder, Wiesen und Hopfenpflanzen schmücken den fruchtbaren
Thalboden, und die freundlichen Dörfer bilden eine fast ununterbrochene Kette.
Selbst da, wo die Menschenhände rauh in die Lieblichkeit der Natur eingegriffen
haben, in dem untern Thalstück auf der Strecke von Namur bis Lüttich, wo
die Felswände von Marmorsteinbrüchen zerrissen werden, zahlreiche
Fabrikgebäude und Steinkohlenbergwerke sich aneinander reihen
und qualmende Schornsteine emporragen, bleibt der Gesamteindruck des Thaies
ein schöner.
Lütt ich (vläm. Luik, franz. Liège, spr. g wie in logieren), das sich
reizend an einen Berg, zu dem die Häuser emporsteigen, lehnt, ist ebenfalls trotz
seiner zahllosen Schornsteine eine schöne Stadt geblieben. Prächtige Gärten
schmücken Lüttich im Innern, an den Maasufern, während waldige Höhen es
rings umkränzen. Den schönsten Blick über das Häusermeer der ausgedehnten
Stadt geniessen wir von der 158 m hoch gelegenen Citadelle, zu der eine
Treppenanlage von 385 Stufen hinanführt.
Schroffe Felsen und grosse Steinbrüche begleiten uns auch
noch auf der Weiterfahrt nach Maastricht, wo uns namentlich der in der
Nähe dieser Stadt gelegene P e t e r s b e r g anlockt. Doch nicht zur Höhe wollen
wir steigen, sondern das Innere des Berges ist unser Ziel. Der Petersberg ist
durch den Steinbruchbetrieb, der vielleicht schon in der Römerzeit begonnen
hat, in ein Labyrinth unterirdischer Gänge, sog. Galerien, ver-
wandelt worden, zu deren Durchwanderung man 3 Stunden gebraucht. Ohne
Führer würde man den Ausgang nie mehr wiederfinden. Das Gestein des Berges
ist ein gelblich- weisser, sandiger Kreidetuff, der so weich ist, dass er zer-
sägt werden kann, aber an der Luft verhärtet und deshalb ein vorzüglicher
Baustoff ist. Mit dieser unterirdischen Wanderung wollen wir von den Schön-
heiten des südbelgischen Gebirgslandes, der Ardennen und ihrer Thäler, Ab-
schied nehmen.
b. Das Kulturbild.
Die Hochflächen der Ardennen sind noch weniger als die der
Eifel zur menschlichen Kultur geeignet. In den höchstgelege-
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Kultureigentümlichkeiten und Volksleben.
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die Schwingen eines Tanzes. Von den dumpfen Tönen des_ Basses
lieben sie sich schmeichelnd ab. Nun löst sich einer der Musikanten
von der Gruppe. Mit dem Hute in der Hand empfängt er vor
jedem Wagenfenster des Zuges das Trinkgeld der Reisenden, die
sich alle über den musikalischen Empfang gefreut haben.
Wir sind in Budapest, der glanzvollen Hauptstadt des Un-
garlandes, angelangt. Nach des Tages Hitze suchen wir Kühlung
auf der breiten Promenade der Andrassy-Strasse. Wieder klingen
die wilden Klänge der Zigeunermusik zu uns herüber. Es ist
die Konzertmusik eines grossen Caféhauses. Wir stehen lauschend
still, es zieht uns näher, und bald sitzen wir im Vorraum des Café-
hauses, um auf die Klänge, die bald das wilde Jagen des Rosses,
bald rauschende Tanzbewegungen, bald ein wehmütiges Klagen auf
weltentlegener Heide nachahmen, zu hören.
Unser Geist weilt auf der Pussta sonnenglühender Steppen-
heide. Es dunkelt schon der Abend, da erreichen wir die einsame
Heideschenke, die C s arda. Eine Pferdeherde schnauft in tosen-
dem Jagen an uns vorüber. Sie kommt von der Tränke. Wie die
Csikos auf feurigem Ross dahinstürmen, die Herde umkreisend!
Bald ist von der Herde nur noch eine Staubwolke zu sehen. In
der Csarda öffnet sich uns eine qualmerfüllte Stube, und wieder
klingen Geigentöne an unser Ohr, und tanzende Paare wirbeln
durcheinander. Erst allmählich vermögen wir in dem trüben Licht
die einzelnen Gestalten zu unterscheiden. Echte Heide mense h en!
Braune, von der Sonne verbrannte Männer von kleinem bis mittel-
grossem Wüchse und dunkeläugige Landmädchen! Die ersteren
tragen w eissleinen e Hosen, die an den Hüften durch eine
Schnur zusammengezogen sind. Ein meistens leinenes Hemd,
mit Stickereien geschmückt, flattert in weiten Falten um die kräf-
tige Brust. Wild rollt das Blut in diesen Männern. Durch
die kühnen Reiterkünste ward es so wild, schon in den Ahnen,
die in Reiterhorden aus Asiens Steppen dahinstürmten, und in den
sonnenglühenden Pussten der neuen Heimat hat es keine Zeit,
ruhiger zu werden. Die Mädchen tragen kurze, in der Regel
rotfarbige Kattunröcke, ein schwarzes Mieder und an den
Füssen kleine Schühchen. Die Haare hängen in einem dunkeln
Zopf nach hinten herab. Sonntags aber legt das braune Heidevolk
schönere Kleider an. Dann tritt bei den Männern an die Stelle
der weissleinenen eine enge blaue Hose, und zu dieser gehört
eine enge blaue Jacke, die gleich der Hose reich mit Schnü-
ren verziert ist. Vor Winterkälte schützt ein Schafpelz, den
jeder mit sich trägt. Die Landmädchen ziehen ein schwarzes
Sammetmieder an und putzen sich auch sonst, so gut sie können.
Ein von flinken Rossen gezogener Erntewagen bringt uns
schnell von der Heideschenke in das benachbarte, riesengrosse
Dorf, wo wir im Kaiserlichen Wirtshaus Unterkunft finden.
Am andern Tage sind wir schon am frühen Morgen auf den Beinen,
um uns das Dorf und das Dorfleben anzusehen. In schnellstem
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