Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung -es Reiches usw.
Dresden, Chemnitz und andere Orte haben dagegen ein berufs-
ständisches Wahlrecht eingeführt; es sind verschiedene Berufs-
gruppen gebildet, die eine bestimmte Anzahl von Stadtverordneten
ins Stadtparlament entsenden.
Wählbar ist nur, wer selbst wählen kann. Frauen sind stets aus-
geschlossen, ebenso wer in Konkurs geraten, der bürgerlichen Ehren-
rechte für verlustig erklärt oder eines öffentlichen Amtes enthoben
ist, ferner alle, die unter Polizeiaufsicht stehen oder mit der Ent-
richtung der Steuern bestimmte Zeit im Rückstände geblieben sind usw.
Wer aber alle Voraussetzungen der Wählbarkeit erfüllt, darf eine
auf ihn fallende Wahl nur ablehnen, wenn besondere in den Ge-
setzen selbst aufgestellte Gründe in seiner Person vorliegen. Ist das
nicht der Fall, kann er zur Annahme durch Verhängung von Geld-
strafen angehalten werden.
Die Stadtverordneten verwalten ihren Posten unentgeltlich ent-
weder 3 Jahre (Sachsen, revidierte Städteordnung), 6 Jahre
(Preußen) oder 9 Jahre (Bayern). Alljährlich oder nach 2 bez.
3 Jahren tritt je ein Drittel aus und muß neu gewählt werden.
Mindestens die Hälfte der Stadtverordneten muß mit Wohnhäusern
im Gemeindebezirke ansässig sein (Hausbesitzerprivileg). Die
Stärke der Versammlung ist in den einzelnen Orten verschieden;
sie richtet sich je nach der Bevölkerungszahl. In Preußen sollen
mindestens 12, in Sachsen mindestens 9 Stadtverordnete vorhanden
sein. Für solche, die außerhalb der üblichen Reihe ausscheiden, können
Ersatzmänner gewählt werden.
Ein gewichtiges und entscheidendes Wort in allen Gemeinde-
angelegenheiten mitzusprechen, hat sich fast jeder Staat vorbehalten.
Er übt die „Oberaufsicht" über die Gemeinden aus und hat
dabei das Hauptaugenmerk daraufzu richten, daß von der Gemeinde-
verwaltung die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten, daß die Be-
fugnisse der Gemeinde und ihrer Organe nicht überschritten, das
Stammvermögen erhalten und eine ungerechtfertigte Belastung der
Gemeinde mit Schulden vermieden werde. Die Aufsichtsbehörde ent-
scheidet auf Anrufen Streitigkeiten, die zwischen den Gemeinde-
körperschaften ausgebrochen sind. Wenn eine Gemeinde zu leisten
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TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung ües Reiches usw
Beamte zur Vornahme von Kassen- und Rechnungsprüfungen an-
zustellen usw. Der Gründung derartiger Verbände sind die Re-
gierungen sehr gewogen. In Sachsen ist 1910 ein Gesetz zur Rege-
lung der Rechtsverhältnisse der Verbände erlassen worden, in Preußen
Anfang 1911 zwei. Das eine behandelt die Zweckverbände und deren
Aufgaben im allgemeinen; das andere befaßt sich mit den Verhält-
nissen von Berlin und den es umgebenden Vororten. Diese werden
darnach mit der Hauptstadt für bestimmte Angelegenheiten zu einem
Zweckverbande „Großberlin" zusammengeschlossen. Der Verband ist,
namentlich für die kleinen und kleinsten Gemeinden, oft das einzige
Mittel, die zahlreichen Ansprüche zu erfüllen, die an das moderne
Gemeindewesen gestellt werden.
Es leuchtet ein, daß die stetige Ausdehnung des gemeindlichen
Wirkungskreises ein ständiges Steigen der Ausgaben im Gefolge
haben muß. Aufgabe der Gemeindeverwaltung ist es, für die ent-
sprechenden Einnahmen zu sorgen. Bei Reich, Staat und Gemeinde
richten sich die Ausgaben nicht in erster Linie nach den Einkünften,
wie es bei jedem Privatmanne sein sollte, sondern die Einnahmen
werden durch die notwendigen Ausgaben bedingt. Wo letztere niedrig
sind, brauchen erstere auch nicht hoch zu sein.
Die Grundlage für die gesamte Finanzwirtschaft bildet der
nach den meisten Gemeindegesetzen jährlich aufzustellende Haushalt-
plan (Etat); er ist eine wahrscheinliche Übersicht der zu erwarten-
den Einnahmen und Ausgaben, die auf je einer Seite dargestellt
werden. Man unterscheidet ordentliche und außerordentliche
Einnahmen und Ausgaben. Besonders für die Behandlung der
Ausgaben ist diese Auseinanderhaltung wesentlich; als außerordent-
liche gelten diejenigen, die nicht oder nur in ausgedehnten Zeit-
räumen wiederkehren. Die Höhe des erforderlichen Aufwandes ist
dabei nicht maßgebend, doch ist die Größe der Gemeinde vielfach
von wesentlichem Einflüsse. Die Kosten für den Bau einer Schule
werden in kleinen Gemeinden immer als außerordentliche Ausgabe
zu betrachten sein, während sie in den Großstädten, wo fast jedes
Jahr ein neues Schulgebäude nötig wird, zu den ordentlichen zu
zählen sind.
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TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung des Reiches usw.
Wachssteuergesetz von 1911, nach dem die Gemeinden 40°/0 des
Ertrages dieser Steuer erhalten sollen.
Eingehende Bestimmungen zur Regelung des Gemeindefinanz-
wesens in besonderen Gesetzen haben von den deutschen Staaten
nur Preußen in dem mustergiltigen Kommunalabgabengesetz vom
14. Juli 1893 und jüngst Hessen getroffen; Sachsen weist nur einen
mißglückten Versuch auf, doch ist bereits ein neuer Entwurf in
Arbeit. Vorschriften find vielfach in den Städte- und Gemeinde-
ordnungen enthalten oder sonst in den Gesetzen verstreut. Infolge-
dessen ist es schwer, einen kurzen klaren Überblick zu geben.
Nach dem preußischen Kommunalabgabengesetze dürfen die Ge-
meinden Steuern nur erheben, wenn die sonstigen Einnahmen, wie
Zinsen aus dem Gemeindevermögen, Gebühren usw. nicht ausreichen.
Indirekte Steuern können innerhalb der von den Reichsgesetzen ge-
zogenen Grenzen erhoben werden, direkte im allgemeinen nur aus-
hilfsweise, falls die indirekten und die übrigen Einnahmen zu-
sammen den Gemeindebedarf nicht decken; sie können auf den Grund-
besitz, den Gewerbebetrieb und das Einkommen gelegt werden.
Bezüglich des letzteren besteht jedoch die Einschränkung, daß die
Veranlagung zur Staatseinkommensteuer maßgebend sein muß und
daß lediglich gleichmäßige Zuschläge erhoben werden dürfen.
Für die Benutzung der von den Gemeinden im öffentlichen In-
teresse unterhaltenen Anstalten, wie Krankenhäuser, Schlachthöfe,
find sie befugt, Gebühren zu verlangen. Gewerbliche Unternehmungen
find grundsätzlich so zu verwalten, daß durch die Einnahmen min-
destens alle Ausgaben einschließlich der Verzinsung und Tilgung
des Anlagekapitales aufgebracht werden. Man nennt solche Unter-
nehmungen Gleichgewichtsbetriebe und solche, bei denen die
Ausgaben höher find als die Einnahmen, Zuschußbetriebe. Diese
find nur gestattet, wenn die Unternehmung einem öffentlichen Inter-
esse dient, das auf andere Weise nicht befriedigt werden kann. Der
Zug der Zeit geht aber dahin, Zuschuß- und Gleichgewichtsbetriebr
immer weiter in der Richtung auszubauen, daß sie Überschuß-
betriebe werden. Unter dem Drucke der unumgänglichen Aus-
gaben find die Gemeinden genötigt, auf die festen Einkünfte aus
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung des Reiches usw.
einzelnen Staaten und Stämme und in Provinz, Kreis und Gemeinde
die Selbstverwaltung erhalten, gegründet nicht auf das allgemeine
Wahlrecht, sondern auf die natürlichen Gruppen und organischen
Gliederungen des Volkes". In handelspolitischer Beziehung waren
dre Konservativen bis Ln die Mitte der siebziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts, noch 1876, Freihändler gewesen. Als dann im Ge-
folge der Industrie- und Handelskrisis von 1873 und ihrer Nach-
wehen in Nordamerika mit den Jahren 1876/77 auch eine deutsche
Agrarkrisis einsetzte, änderten sie ihre handelspolitische Stellung.
Fürst Blsmark brauchte damals im Reichstage eine neue Mehrheit,
da ihm die Liberalen, die mit ihm das Reich gegründet hatten, die
Mittel für dessen gesicherten Bestand (Reichseisenbahnen, Tabak-
monopol) verweigerten. Nun wollte er den Schutzzoll zur finanziellen
Basis des Reichs machen. Er fand die Mehrheit bei den bedrängten
Industriellen (Zentralverband Deutscher Industrieller 1876), den Agra-
riern und dem Zentrum, dem gegenüber er den Kulturkampf auf-
gab. Seit dieser Zeit haben die Konservativen ihre handelspolitische
Stellung nicht mehr geändert, sich vielmehr in einem Teil sogar zu
Hochschutzzöllnern weitergebildet. In der inneren Politik streben sie
die Erhaltung eines kräftigen Bauernstandes an (vor allem durch
„Überführung der auf dem Grundbesitz lastenden Hypotheken-Ver-
schuldung in zu amortisierende Rentenschuld".) Für das Handwerk
erscheint ihnen vornehmlich die „Einführung des Befähigungsnachweises,
die Stärkung der Innungen und Innungsverbände, die Begründung
und Förderung genossenschaftlicher Vereinigungen geboten. Redlicher
Handel und Gewerbebetrieb ist zu schützen durch Beschränkung und Be-
aufsichtigung des Hausierhandels und der Abzahlungsgeschäfte, sowie
durch die Beseitigung der Wanderlager und der Wanderauktionen.
Die Börsengeschäfte sind durch eine Börsenordnung wirksamer staat-
licher Aufsicht zu unterstellen; insbesondere ist dem Mißbrauch des
Zeitgeschäftes als Spielgeschäft, namentlich in den für die Volks-
ernährung wichtigen Artikeln, entgegenzutreten". In der Sozialpo-
litik arbeiten sie im Sinne praktischen Christentums, auf der sozialen
Botschaft des Jahres 1881 fußend: „Wie sie für die Besserung der
Lage der Arbeiter, unter erheblicher Belastung der Arbeitgeber, ein-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
148
Kirche und Schule
temberg, bessert Gesetz aus dem Jahre 1909 datiert, ist die oberste
Leitung einer Oberschulbehörde für das gesamte gewerbliche Fort-
bildungsschulwesen anvertraut, die dem Ministerium des Kirchen-
und Schulwesens untersteht und die den Titel Gewerbe-Oberschul-
rat führt. In den einzelnen Gemeinden besteht ein Ortsschulrat.
Ähnlich wie bei den Volksschullasten stnd die Kosten des Fort-
bildungsschulwesens im Prinzip von den Gemeinden aufzubringen.
Von Erhebung eines Schulgeldes „bei der Fortbildungsschule
kann abgesehen werden," sagt das sächsische Gesetz vom 26. April
1873. In vielen Fällen wird kein Schulgeld erhoben. Wegen
Leistungsunfähigkeit der Gemeinden sieht sich der Staat in den
meisten Fällen gezwungen, Staatszuschüsse zu leisten, wofür in
den meisten Staaten bestimmte Grundsätze aufgestellt sind. In Preu-
ßen bekommen Gemeinden, die nicht mehr als 100°/0 der staatlichen
Einkommensteuer als Kommunalsteuer erheben, keinen Zuschuß, sofern
sie nicht mehr als 150°|0 der Realsteuer veranlagen. Bei höheren Lei-
stungen stuft sich der Staatszuschuß ab. Kaufmännische Fort-
bildungsschulen sollen in der Regel nur 1¡3, höchstens */, der nicht
durch Schulgeld und andere Fonds gedeckten Lasten als Staats-
zuschuß erhalten. Den prozentual stärksten Staatszuschuß erhalten
die ländlichen Fortbildungsschulen, in Preußen beispielsweise rund
zwei Drittel des Gesamtaufwandes; im Osten der Monarchie steigt
der Anteil bald bis zur vollen Aufbringung der Kosten durch den
Staat. Recht geringes Interesse zeigen hier die landwirtschaft-
lichen Vereine, die im Jahre 1908 überhaupt nur 2778 Mark auf-
brachten, in einzelnen Regierungsbezirken sogar keinen Pfennig.
Der Lehrplan der Fortbildungsschulen hängt wesentlich davon
ab, ob die Anstalt mehr allgemeinen oder mehr beruflichen Charakter
hat, also streng gewerblich, kaufmännisch, hauswirtschaftlich oder
ländlich ist. Im ersten Falle wird fast immer Deutsch (Aufsatz) und
Rechnen neben Zeichnen für Berufszwecke erteilt. Der Lehrplan ge-
werblicher Fortbildungsschulen berücksichtigt, wie in Württem-
berg, Bcrufskunde — gewerbliches Rechnen, angewandte Chemie,
Materialienkunde, Projektionslehre, Freihandzeichnen, Fachzeichnen,
Modellieren — und Geschäftskunde — Geschäftsrechnen, Kosten-
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
178
Vie -rutsche Rechtspflege
Als Nebenstrafe an dem Vermögen ist Einziehung
(Konfiskation) zu nennen. Es können eingezogen werden so-
wohl die Verbrechensinstrumente (das Diebswerkzeug, die Mord-
waffe) als auch die Verbrechensprodukte (z. B. die gefälschten Bank-
noten). Das Unbrauchbarmachen von Schriften oder Abbildungen
ist zulässtg, wenn ihr Inhalt strafbar ist (z. B. eine Druckschrift
unsittlichen oder beleidigenden, aufhetzenden Inhaltes).
Eine ungemein häufige Strafart ist die Geldstrafe. Sie ist
insbesondere in den äußerst zahlreichen strafrechtlichen Nebengesetzen
angedroht, namentlich in den Zoll- und Steuergesetzen. Hier besitzt
sie auch die Eigentümlichkeit, daß ihre Höhe nach dem Werte be-
rechnet wird, auf den sich die strafbare Tat bezieht. So wird sie
berechnet z. B. in dem Vereinszollgesetze vom 1. Juli 1869 nach
einem Vielfachen der verbotswidrig ein-, aus- oder durchgeführten
Waren oder in den Steuergesetzen (Brausteuergesetz, Zuckersteuer-
gesetz, Reichsstempelgesetz) nach dem Betrage der vorenthaltenen oder
hinterzogenen Steuer oder Abgabe.
Die Geldstrafe besitzt weiterhin die Eigentümlichkeit, daß sie für
den Fall, daß sie nicht beigetrieben werden kann, in Freiheitsstrafe
umzuwandeln ist. Wird nämlich jemand z. B. wegen Beleidigung
zu 300 Mark Geldstrafe verurteilt, so hat er im Nichtzahlungsfalle
die hierfür ausgesetzte Freiheitsstrafe (1 Monat Gefängnis) zu ver-
büßen.
Ist die Strafe Vergeltung für verübte Missetat, so setzt sie schuld-
haftes Handeln des Täters, mithin Verantwortungsfähig-
keit voraus. Ohne Schuld, ohne verantwortliches Tun keine straf-
bare Handlung. Aber von Verschuldung kann nur bei Freiheit
des Willens gesprochen werden. Dagegen ist keine strafbare Hand-
lung vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Begehung der Hand-
lung bewußtlos, geistesgestört oder geisteskrank war, oder wenn er
durch unwiderstehliche Gewalt oder unabwendbare lebensgefährdende
Drohung zu ihr genötigt worden war. Ebensowenig wird Sühne
verlangt von einem in Notwehr handelnden Täter. Daher kann
ich einen Mordbuben, der mir mit erhobener Waffe entgegentritt, so-
fort mit meinem Stocke niederschlagen, ohne mich strafbar zu machen.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
180
Die öeutsche Rechtspflege
hafte Gedanken sind straffrei. Damit soll nicht gesagt sein, daß
das Strafrecht stets eine vollendete Tat voraussetzt. Auch die
Willensäußerung, das Beginnen mit der Verwirklichung des bösen
Willens wird für strafbar erachtet, sobald sich diese Willenskund-
gebung in bestimmter Richtung verwirklicht oder schon verkörpert
hat. In diesen Fällen spricht man vom Versuche. Am klarsten
ist der Begriff des Versuchs zu fassen bei dem sog. fehlgeschlagenen
Delikte. Z. B. der abgefeuerte Schuß geht fehl, weil der An-
gegriffene zur Seite springt.
Das versuchte Verbrechen wird milder als das vollendete be-
straft; in einigen Fällen der sogen, tätigen Reue tritt über-
haupt Straflosigkeit ein, so z. B. wenn der Brandstifter den ent-
fachten Brand löscht, bevor er um sich gegriffen hat, oder die
Duellanten den geplanten Zweikampf vor dessen Beginn freiwillig
aufgeben.
Der Plan zum verbrecherischen Tun kann allein im Herzen des
Täters reifen, er kann aber auch gepflanzt sein durch einen an-
deren. A bestimmt z. B. den X durch Versprechungen zur Tötung
des B, sog. Anstiftung. Führt der Angestiftete die Tat aus, so
ist er zwar der alleinige (physische) Täter; der beeinflußende A macht
sich aber strafbar als mittelbarer Täter „als Anstifter".
Die Strafe des Anstifters richtet sich nach dem Gesetze oer Haupt-
tat. Daher wird der Anstifter zum Morde ebenso wie der Mörder
selbst mit dem Tode bestraft.
Wenn mehrere eine strafbare Handlung verüben, so spricht man
von Mittäterschaft. A und B steigen gemeinschaftlich in das
Wohngebäude des 6 ein, jener nimmt eine Uhr, dieser eine Schmuck-
sache weg. In diesem Falle wird jeder als Täter bestraft.
Von Beihilfe spricht man dann, wenn der eine (Gehilfe) das
Vergehen nur unterstützen, nicht aber als eigenes will, so z. B.
wenn A dem B Einbruchswerkzcuge leiht oder dem C Gift zur
Tötung des Y verschafft. In diesem Falle ist A Gehilfe des B
und C beim Einbruchsdiebstahl bezw. Giftmord, möge er auch bei
der Ausführung der Tat ganz passiv geblieben sein. Die Beihilfe
wird milder als die Haupltat bestraft.
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TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
186 Die deutsche Rechtspflege
zu 80 Mark, Ziel 3 Monate, von denen er eine Probe aus seinen
Bestanden beifügt, abzunehmen (Angebot ^ Offerte). Nimmt B
an (Annahme des Vertragsantrages), so ist der Vertrag geschlossen.
A ist nunmehr verpflichtet, dem B die 1000 Stück Havanna-Zigarren,
der Probe entsprechend, zu liefern, B dem A innerhalb der Zahlungs-
frist 80 Mark zu zahlen. Zahlt B nicht zur rechten Zeit, so muß
A mahnen, um den B in Verzug zu setzen. Das geschieht noch
nicht durch die Übersendung einer Rechnung (Faktura), wohl aber
durch jede Willenserklärung, die zum Ausdrucke bringt, daß A sein
Geld haben will. Der Verzug hat wichtige Folgen. Er begründet
die Zinspflicht des säumigen Schuldners, auch ohne daß Zinsen
ausbedungen stnd. Die Höhe der Zinsen beträgt im gewöhnlichen
bürgerlichen Verkehre vier vom Hundert, im Handelsverträge da-
gegen, d. h. wenn Waren zur Weiterveräußerung angeschafft stnd,
fünf vom Hundert. Eine sechsprozentige (gesetzliche Verzinsung)
kennt das Wechselrecht. Der Wechselschuldner (Aussteller, Akzeptant,
Indossant) ist nämlich verpflichtet, dem Wechselgläubiger die Wechsel-
summe vom Verfalltage des Wechsels ab mit sechs vom Hundert
zu verzinsen.
Der Vertrag kann einseitig oder zweiseitig (gegenseitig) sein.
Ein einseitiger Vertrag ist z. B. die Schenkung oder das
unverzinsliche Darlehen. Die Mehrzahl der Verträge des täglichen
Lebens sind zweiseitige (gegenseitige) Verträge (Kauf, Miete,
Werkvertrag, Dienstvertrag). Bei den gegenseitigen Verträgen steht
der Leistung eine Gegenleistung dergestalt gegenüber, daß die eine
von der anderen abhängt. So steht beim Dienstvertrage der
Verpflichtung des Dienenden, die Dienstleistungen zu erbringen, die
Verpflichtung des Dienstherrn gegenüber, die vereinbarte oder übliche
Entlohnung vorzunehmen. Bei den gegenseitigen Verträgen findet
also überall ein Austausch der Leistungen statt, wo jeder gibt und
empfängt. Anders bei den einseitigen Verträgen, z.b. der Schenkung.
Hier besteht nur eine einseitige Bereicherung des Beschenkten, ohne
eine abhängige Gegenleistung zu begründen.
Für die Form der Verträge und der Rechtsgeschäfte überhaupt
gilt der Grundsatz der Form frei heit. Nur ausnahmsweise
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
188
Die üeutsche Nechtspftege
beitreibt, dem kann wegen seiner Säumigkeit in der Geltendmachung
seines Anspruches durch die Einrede des Schuldners die Befriedi-
gung seines Anspruches versagt werden. (Einrede der Verjährung.)
Soviel über den Inhalt des ersten Buches des Bürgerlichen Ge-
setzbuches mit der Überschrift „Allgemeiner Teil". Ihm schließt
sich an das Recht der Schuldverhältnisse (2. Buch). Es befaßt
sich mit dem Inhalte des Forderungsrechtes des Gläubigers
und dem der Verpflichtung des Schuldners. Es stellt im ein-
zelnen fest, wie, was, wann und wo der Schuldner zu leisten bezw.
zu erfüllen hat. Es räumt dem Schuldner das Recht ein, unter ge-
wissen Voraussetzungen anstatt durch Zahlung durch Aufrechnung
oder Hinterlegung bei Gerichtsstelle sich von seiner Verpflich-
tung zu befreien. Es bestimmt, daß eine Forderung auf einen Dritten
durch Abtretung (Zession), eine Schuld durch Schuldüber-
nahme übergehen kann. Auf der Gläubiger- wie auf der Schuldner-
seite können sich mehrere als berechtigt oder verpflichtet gegenüber-
stehen (Gesamtgläubiger, Gesamtschuldner). Wenn mehrere
Personen z. B. Eheleute einen Mietvertrag abschließen und von
ihrem Gläubiger, dem Hauswirt, auf Mietzinszahlung in Anspruch
genommen werden, so besteht ein Gesamtschuldverhältnis mit
der Eigentümlichkeit, daß der Gläubiger bis zu seiner völligen Be-
friedigung jeden der Vertragschließenden für die ganze Summe in
Anspruch nehmen kann.
Die einzelnen Schuldverhältnisse (Kauf, Miete, Darlehen, Werk-
vertrag, Dienstvertrag, Auftrag, Bürgschaft usw.) sind eingehend
im Gesetzbuche geordnet. Vom Kaufe ist zu erwähnen, daß der
Käufer bei Lieferung einer mangelhaften Sache wandeln (den
Kauf rückgängig machen) oder mindern (Herabsetzung des Kauf-
preises verlangen) kann. Für den Viehhandel gelten besondere
Vorschriften.
Bei der Miete gilt der Grundsatz, daß Kauf nicht Miete bricht, daß
der Vermieter ein gesetzliches Pfandrecht zur Sicherung seiner
Mietzinsforderung an den eingebrachten Sachen seines Mieters hat,
daß Untermiete ohne Erlaubnis des Vermieters nicht gestattet ist.
Schuldrecht entsteht nicht nur durch Verträge. Es kann auch auf
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
194
Die deutsche Rechtspflege
wandte (Eltern, Abkömmlinge, Ehegatten) ein Pflichtteilsrecht,
das nur bei groben Vergehen gegen den Erblasser entziehbar ist.
Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben ohne weiteres über,
mit der Maßgabe freilich, daß er sie aussch lagen kann. Schlägt
er sie innerhalb sechs Wochen nach dem Tode des Erblassers nicht
aus oder nimmt er sie an, so haftet er auch für die gesamten
Nachlaßverbindlichkeiten, unter Umständen unbeschränkt, d. h. außer
mit dem ererbten auch mit seinem eigenen Vermögen. Will er die
Haftung auf die Nachlaßmasse beschränken, so muß er die Nach-
laßverwaltung oder den Nachlaßkonkurs beantragen.
Das Testament wird entweder vor dem Richter oder einem
Notar mündlich oder durch Übergabe einer Schrift errichtet
(öffentliches Testament), oder es besteht in einer von dem
Erblasser unter Angabe des Ortes und Tages eigenhändig geschrie-
benen und unterschriebenen Erklärung (Privattestament). Für
außerordentliche Fälle (Epidemien, Seereisen, Krieg) läßt das Gesetz
auch erleichterte Formen zu.
In einer letztwilligen Verfügung können einer (Al lein erbe)
oder mehrere (Miterben) zu Erben eingesetzt, es kann jemandem
eine besondere Zuwendung gemacht sein (Vermächtnis) oder
ein Bedachter (Erbe, Vermächtnisnehmer) mit der Erfüllung einer
Verpflichtung (Auflage) beschwert sein. Zur Verwaltung und
Verteilung des Nachlasses kann auch ein Testamentsvollstrecker
bestimmt sein.
Dem Bürgerlichen Gesetzbuche ist, wie fast allen größeren Reichs-
gesetzen, ein Einführungsgesetz vorangeschickt. Es befaßt sich
mit dem sog. internationalen Privatrecht, d. h. mit den
Grundsätzen, nach denen die Rechtsverhältnisse der Deutschen im
Auslande und der Ausländer in Deutschland von den Gerichten
beurteilt werden sollen. Sodann enthält es die Vorschriften über
das Verhältnis des Bürgerlichen Gesetzbuches zu anderen Reichs-
gesetzen und den Landesgesetzen.
Dem Handelsverkehr dient das Handelsgesetzbuch. Das
Handelsrecht war schon früher einheitlich geregelt durch das alte
Handelsgesetzbuch vom Jahre 1861. Jetzt gilt das Handelsgesetz-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]