Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
162 Die ozeanische Inselwelt.
Seitdem habeil die blutigen Streitigkeiten sich gemindert, ja in vielen
Distrikten fast gänzlich ausgehört, und die Beispiele von Mordlust und
Verräterei werden selbst bei denen seltener, die sich noch nicht zum Christen-
tum bekehrt haben. Der Jude Palack, welcher lange mit den Neusee-
läudern in Handelsangelegenheiten verkehrt hatte, erklärte sich über das
Werk der Missionäre also: „Die Mission hat für die bürgerliche Gesittung
der Insel mehr geleistet, als alle europäischen Kaufleute zusammen; ja
ohne sie wäre es für die Kaufleute zu unsicher gewesen, im Lande zu
wohnen."
Mit dem Christentum werden alle nnsre Künste und bürgerlichen
Einrichtungen in die neubekehrten Länder verpflanzt. Alle Naturvölker
finden bald Gefallen an den Einrichtungen der kultivierten christlichen Na-
tionen und bringen dieselben mit dem Christentnme in unauflöslichen Zu-
sammenhang. Dies zeigt uns Waimate auf das unwiderleglichste. Ein
Reisender schildert diesen Ort mit folgenden Worten: „Es gibt hier drei
große Häuser, in denen die Missionäre wohnen, und nahe dabei sind die
Hütten der eingeborenen Arbeiter. Anf einem benachbarten Abhänge
standen schon Gerste und Weizen in voller Ähre, an einem andern sah
man Felder mit Kartoffeln und Klee. Auch hatte man Gärten mit jeder
Frucht und jedem Küchengewächs, das England hervorbringt; andre ge-
hören schon einem wärmeren Klima an. Ich nenne Spargel, Bohnen,
Gurken, Rhabarber. Äpfel, Birnen, Feigen, Aprikosen, Wein, Oliven,
Stachel- und Johannisbeeren, Hopfen und selbst mehrere Arten Blumen.
Um den Hof standen Ställe, eine Scheune zum Dreschen sowie eine Ma-
schine zum Reinigen des Getreides und eine Schmiede. Auf dem Boden
lagen Pflüge und andre Ackerwerkzeuge, in der Mitte sah man jene länd-
liche Mischuug von Schweinen und Geflügel, wie man sie auf jedem euro-
päischen Hofe so gemächlich beisammen sieht. Einige hundert Schritte
davon hatte man das Wasser zu einem Teiche eingedämmt und eine große
dauerhafte Wassermühle errichtet, und dies alles an einer Stelle, an welcher
vor fünf Jahren nichts als Farnkraut wuchs. Die Arbeit der Eingeborenen,
von den Missionären gelehrt, hat die Umwandlung hervorgebracht. Der
Neuseeländer hat das Haus gebaut, den Fensterrahmen gemacht, die
Felder gepflügt, die Bäume gepfropft. In der Mühle sieht man einen mit
Mehl gepuderten Eingeborenen als Knappen. Man hat auf diese Weise
die Künste der gebildeten Menschheit mit der Erziehung zum Christentnme
verbunden. Einige junge Leute, die auf dem Gute beschäftigt und erzogen
wurden, waren von Missionaren aus der Sklaverei erkauft worden. Sie
trugen Hemd, Jacke und Beinkleid und hatten ein ordentliches Aussehen.
Ein junger Arbeiter brachte während nnsrer Anwesenheit ein Messer und
einen Bohrer, beides auf der Straße gefunden, da er von ihnen nicht
wußte, wem sie gehörten. Alles war fröhlich und wohlgemut, und am
Abend sah ich mehrere mit Ballschlagen beschäftigt, während die Knaben
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
72 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln.
nicht so streng wie heute war, und jedes Schiff sowohl dem Handel diente
als auch für das Gefecht bereit sein mußte. Die Bemannung belief sich
auf 1300 Köpfe.
Haben wir bisher die Holländer und besonders die Ostindische
Handelsgesellschaft in ihren kriegerischen Unternehmungen betrachtet, so
wollen wir jetzt einen Blick aus den Fortgang ihrer Handelsunternehmungen
werfen. Es läßt sich denken, daß, je mehr die politische Macht der Nieder-
länder stieg, und je mehr es ihnen gelang, die übrigen Seemächte aus dem
indischen Archipel zu verdrängen, der Gewinn aus dem Handel mit Indien
sich mehrte. Den Gewürzhandel der Molukken rissen sie allmählich ganz
an sich und setzten allein die Preise für die Nelken und Muskatnüsse fest.
Hierbei Versuhren sie freilich aus gewaltsame Weise, nicht nur gegen die
Menschen, sondern auch gegen die zeugende Kraft der Natur. Sie setzen
nämlich fest, daß der Muskatbaum nur auf der Insel Banda, die Nelken
nur auf Amboiua gepflanzt werden dürsten, während auf den übrigen
Molukken sowie in andern Teilen des Archipels alle Nelken- und Muskat-
bäume ausgerottet werden mußten. Im Jahre 1683 war dies streng
angeordnet worden. Aber die Natur hat den Bemühungen der engherzigen
Kaufleute getrotzt, und deren jährliche Züge durch die Inseln, auf denen
sie den Anbau der Gewürze nicht dulden wollten, haben doch nicht ver-
hindern können, daß Vögel die Nüsse verschluckt und in andern Gegenden,
wohin die vertilgenden Holländer nicht gelangen konnten, wieder unverdaut
von sich gegeben und auf diese Weise die Verbreitung befördert haben.
Seit dem Jahre 1830 ist übrigens der Anbau der Gewürze vollständig
freigegeben worden.
Bis zu Ende des 17. Jahrhunderts führte die Ostindische Handels-
kompanie ihre Unternehmungen mit vielem Glücke aus. Den Aktionären
wurden alljährlich bedeutende Dividenden ausbezahlt, welche 15 bis 20
Prozent betrugen, ja bisweilen bis zu 50 Prozent stiegen. Im Jahre
1633 brachten fünf Schiffe eine Ladung aus dem indischen Archipel, welche
auf dem Markte zu Amsterdam für zwei Millionen verkauft wurde,
während der Einkaufspreis sich nur auf 600 000 Gulden belief. Ähnliche
gewinnbringende Ladungen kamen häufig an. Im Jahre 1697 kam eine
Ladung Waren aus Ostindien, deren Einkaufspreis fünf Millionen betrug
und die für nicht weniger als zwanzig Millionen losgeschlagen wurde. —
Mit dem Abschluß des 17. Jahrhunderts hatte aber auch die Ostindische
Handelskompanie ihre höchste Blüte erreicht und ging von jener Zeit an
allmählich dem Verfall entgegen. Um jedoch ihren Kredit aufrecht zu er-
halten, entrichtete sie ihren Aktionären alljährlich noch dieselben Dividenden,
wie zur Zeit ihres finanziellen Glanzes, wodurch ein Ausfall entstand,
der sich von Jahr zu Jahr vergrößerte, so daß derselbe gegen Ende des
18. Jahrhunderts etwa 135 Millionen betrug. Um diese Zeit wurde die
zwei Jahrhunderte alte Gesellschaft aufgelöst.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Ortsnamen: Indien Banda Amsterdam Ostindien
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
132 Das Festland Australien.
Vorkommen imposanter Nadelbäume. Australien besitzt deren auf seiuem
Kontinente zwei: den Buuya-Buuya-Baum (Araucaria Bidwiliii) und die
Moretonbai-Tanne (A. Luuuiugliami), beide in den östlichen Teilen (Neu-
südwales), beide eßbare Nüsse liefernd, die sür die Eingeborenen von großer
Bedeutung sind. Ganz eigentümlich stehen die Grasbäume (Xanthorrhoea)
da, die ganz an die verwandten Aneeaarten der mexikanisch-texanischen
Steppenländer erinnern. Einen niedrigen Stamm bildend entfalten sie
an dessen Gipsel einen dichten Schopf grasartiger, niederfallender Blätter,
aus deren Mitte sich ein langer Blnmenschast erhebt. Wie die Farn-
bänme, so vertreten sie, wo sie erscheinen, die Palmensorm. Es gibt nur
ein paar Arten: unter ihnen die schlanke Bangalapalme (Ptychosperma
elegans) und die stattliche Kohlpalme (Livistonia australis). An saftigen
Nahrungsmitteln dagegen steht Australien, im Verhältnis zu seiuem Um-
fange und der Mannigfaltigkeit seiner Gewächse, Sudafrika vielleicht aus-
genommen, allen Weltteilen nach. Kaum daß ein Gras, die Coola (Pani-
cum laevinode), und auch dieses nur" auf beschränktem Räume des Nord-
osteus, eiue Art Getreide liefert. Doch hat es keinen Ackerbau erzeugt.
Kein Wunder, daß der Australier alles genießt, was eßbar ist, von den
widerlichsten Insekten und ihren Larven bis zum delikaten Känguruh, von
der erbärmlichsten Nardn-Frucht (Marsilea hirsuta E. Br.) bis zu den
Wurzeln der Teichrosen (Nymphaea) 2c. Es spricht schon deutlich geuug,
daß manche Stämme der Eingeborenen kein andres Wasser kennen oder ge-
nießen als das, was ihnen aus dem Begleiter des schrecklichen Skrnb, aus
den Zweigen des Malley-(Malli-)Busches (Eucalyptus dumosa), heraus-
fließt, sobald sie dieselben zerbrechen. Wären die Europäer auf die ein-
heimischen Beeren und Früchte angewiesen, so würden sie nichts andres zu
thuu haben, als den ganzen Tag, gleich den Schwarzen, nach Nahrung aus-
zuspähen. Dies verhindern die vielen Nahrungsmittel, die der Kolonist
teils der gemäßigten, teils der warmen Zone entnahm und nach Australien
überführte. Im Süden prangen daher die Gewächse Mitteleuropas, uusre
Getreidearten, unser Wein ?e., neben den Zeugen einer warmen Zone, neben
Pisang, Orangen, Ananas :e. Nach den Tropen hin nimmt in Queens-
laud mit der Baumwolle auch der tropische Charakter der Früchte zu.
Alles aber beschränkt sich auf den äußersten Küstensaum; das Innere ist
auch in botanischer und volkswirtschaftlicher Beziehung noch vielfach ein
Buch mit sieben Siegeln.
Doch werfen wir noch einen Blick auf die Bevölkeruug. Sie ist
äußerst schwach, deuu die Zahl der Ureinwohner Australiens beläuft sich
gegenwärtig wohl schwerlich aus mehr als 30 000. Die eingeborenen
Australier stehen unstreitig aus einer sehr niedrigen Stufe der Zivili-
sation. Ihre Farbe ist mehr ein schmutziges Schwarzbraun und nicht mit
dem Schwarz der afrikanischen Neger zu vergleichen. Sie haben eine
hohe Stirn und wildes, langes, aber nicht wolliges Haar, eine flach-
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
158 Das Riesengebirge.
Rübezahl bestraft den widerspenstigen Wurzelmann. Ein Wurzel-
mann, der sein tägliches Brot mit Sammeln von Kräutern und Wurzeln der-
diente, kannte den Weg zu dem feinen Wurzelgarten des Berggeistes, in dem
derselbe die seltensten Kräuter hielt, welche die Menschen nur mit seinem guten
Willen erhalten konnten. Als der Wurzelmann einige Zeit nachher seine Wurzeln
in die Apotheke von Liegnitz bringt, läßt die Frau des Oberst, der Kommandant
der Stadt ist, ihn zu sich kommen und verspricht ihm reichen Lohn, wenn er
ihr die rechte Weißwurzel verschaffe. Der Wurzelmann geht in Rübezahls
Garten und beginnt dort zu graben, wird jedoch bald von Rübezahl fort-
gewiesen, der ihn in das Gebirge verweist, wo er genug Kräuter finden könne;
was er bereits ausgegraben, darf er behalten, muß jedoch versprechen, von nun
an nicht wiederzukommen. Der Lohn, den er dafür von der Frau Oberst er-
hält, ist jedoch zu verlockend; und als diese ihn bittet, ihr noch einmal von
diesen Wurzeln zu bringen, geht er hin und gräbt wiederum in Rübezahls
Garten. Zum zweitenmal wird er weggejagt. Als er aber nach einiger Zeit
wiederkommt und von neuem zu graben beginnt, geht des Berggeistes Geduld zu
Ende. Mit kräftigen Händen greift er den Mann, reißt ihn in Stücke und läßt
diese vom Winde verwehen, so daß nichts weiter als ein Pelzärmel übrig bleibt.
Rübezahl hilft einer armen Frau. Eine arme Frau geht ins Ge-
birge, um Kräuter und Wurzeln zu suchen, verirrt sich aber im Walde und
findet den rechten Weg nicht zurück. Ängstlich blickt sie nach Hilfe umher; da
erscheint plötzlich der Berggeist in Jägerkleidung vor ihr, fragt sie, wer sie sei
und was sie hier beginne, und als sie ihm erzählt, daß sie die Wurzeln ver-
kaufe und für den Erlös sich und ihre Kinder ernähren müsse, die jetzt schon
sehnsüchtig auf sie warten, zeigt er ihr den rechten Weg und rät ihr, die Wurzeln
im Korbe fortzuwerfen und dafür das Laub von einem nebenstehenden Strauche
zu pflücken, das ihr mehr einbringen würde. Die arme Frau glaubte ihm. aber
nicht, sondern behält ihre Wurzeln und will den Heimweg antreten; Rübezahl
aber streift selbst eine Menge des Laubes ab und wirft es der Frau in den
Korb. Diese geht fort, fchüttet jedoch im Weitergehen das Land aus dem Korbe,
weil sie es für unnütz hält. Zu Hause angelangt, nimmt sie die Wurzeln heraus,
und als sie noch einig Blätter von dem Strauche findet, zeigt sie dieselben ihren
Hausgenossen und erzählt ihnen, daß ein Jäger sie ihr im Walde gegeben habe.
Während sie noch erzählt, verwandeln die Blätter sich in Gold, und nun merkt
sie erst, wer der verkleidete Jäger war und was er ihr geschenkt hat. Im guten
Glauben, daß sie die Stelle noch kenne, an der sie das Laub fortgeworfen hat,
geht sie zurück, findet jedoch kein Blättchen mehr.
Rübezahl beschenkt Spielleute. Vier Spielleute aus Böhmen kommen
im Sommer über das Gebirge, und als sie sich, vom langen Marsch ermüdet,
niedersetzen, um auszuruhen, kommt ein Herr vorbeigeritten, der bei ihnen hält
und sie fragt, was sie dort treiben? „Wir sind Spielleute", antworten sie;
„unsre Pfennige sind bald verzehrt, drum wollen wir Euch, wenn Ihr uns be-
zahlt, ein lustiges Stücklein spielen." Rübezahl, denn das war der Reiter, for-
dert sie auf zu spielen und gibt, ehe er weiterreitet, jedem Spielmann einen
Apfel, mit dem sie für diesmal fürlieb nehmen sollten. Die enttäuschten Leute
sehen die Äpfel an; drei von ihnen halten sie des Mitnehmens nicht wert, der
vierte jedoch steckt den seinen in die Tasche. Die nächste Herberge, in die sie
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Haubergswirthschaft. 307
Uebcratt hört man fröhliches Jauchzen und Singen, und wenn der Mittag
herannaht, versammeln sich die einzelnen Gruppen um das Lieblingsgetränk des
Siegerländers, den dampfenden Kaffee, welcher an Ort und Stelle in einem
mächtigen Kesfel gebraut wird, um dann nach kurzer Rast wieder frisch an die
Arbeit zu gehen. Hier sind Verschiedene damit beschäftigt, mit einem eigen-
thümlichen Instrumente, dem sogenannten Lohschäler, die Lohe von den Eichen-
stämmen loszuschälen; dort fällen Männer die Stämme mit kräftigen Axthieben,
während Weiber und Kinder die Zweige abhauen und in Bündel, sogenannte
Schanzen, zusammenbinden. Weiterhin sieht man Andere die verschiedenen
Erzeugnisse des Haubergs in die Nähe des Fahrwegs tragen, wo sie aus Wagen,
welche mit Kühen oder Ochsen, dem gewöhnlichen Zugvieh der hiesigen Land-
lente, bespannt sind, ausgeladen und dann ihrem Bestimmungsorte zugeführt
werden. Nachdem hierauf die rasige Oberfläche des Haubergs losgehackt und
von Sonne und Wind gehörig getrocknet worden ist, wird sie mit Reisig auf
kleine Haufen zusammengebracht und angezündet, und oft sieht man dann an
hellen Sommerabenden auf vielen Bergen diese kleinen Feuer leuchten, während
die ganze Gegend von einem Rauche erfüllt ist, der sich wegen seines Geruches
mit Höhenrauch vergleichen läßt. In den auf diese Weise urbar gemachten und
durch die ausgestreute Asche gedüngten Boden wird dann Korn, früher auch
häufig Buchweizen, gesäet, welches von allen Hanbergsgenossen gemeinsam an
einem bestimmten Tage im Herbste geschieht. Jeder derselben erscheint alsdann
mit dem von einem Ochsen oder einer Kuh gezogenen sogenannten Hähoach
(Hainhaken, denn das siegerländer Hoach entspricht dem hochdeutschen Haken),
einem einfachen Pfluge ohne Räder, wie er in der ältesten Zeit auch sonst üblich
war, der sich leicht über die stehen gebliebenen Wurzeln und Schößlinge heben
läßt. Denn diese dürfen beim Unterpflügen des Korns nicht beschädigt werden,
weil sich aus ihnen in den folgenden Jahren ein neuer Waldwuchs entwickelt.
Da Alle an einer Stelle zu pflügen anfangen, so gewähren die 30—40 hinter
einander herziehenden Gespanne einen eigentümlichen Anblick. Ist dann das Korn,
welches sich durch seine Güte auszeichnet, im folgenden Sommer eingeerntet, so
fallen die verschiedenen Theile des Schlages in das Gesammteigen zurück, um
nach 18 Jahren wieder in derselben Weise getheilt zu werden. Haben die neuen
Stämme nach fünf- bis sechsjährigem Wachsthum die nöthige Höhe erreicht, so
wird der Schlag bis zur nächsten Abholzung auch als Viehweide benutzt. So
dient der Hauberg nicht nur zur Gewinnung von Holz, Lohe und Korn,
sondern liefert auch während des ganzen Sommers bis in den Herbst hinein
eine nahrhafte Weide. Den größten Nutzen gewährte er freilich vor der Er-
bauung der Eisenbahn (1861—1862) wegen der großen Eisenindustrie des
Landes, die wol neben der geringen Ertragsfähigkeit des Bodens die Haupt-
veranlassung zur Anlegung desselben war. Früher wurde nämlich ein großer
Theil des im Hauberge gewonnenen Holzes zu Kohlen gebrannt. Sowol in
der Nähe der Dörfer wie im einsamen Walde sah man an vielen Stellen die
Kohlenmeiler dampfen und daneben die einfache, aus zusammengestellten Stangen
aufgebaute und mit Rasen bedeckte Hütte des Köhlers, in welcher er sich zur
Ueberwachung des Meilers Tag und Nacht aufhielt. Aber weil seit der Er-
bauung der Eisenbahn die Steinkohlen so billig zu haben sind, ist das Kohlen-
brennen sehr beschränkt worden. Zwar verbrauchen noch einige kleinere Hütten
20*
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Hasbrucher Rieseneiche.
Je tiefer wir in den Wald gelangen, desto mehr der alten Riesen tauchen
um uns auf, teils aus den Büschen mit breiten Schultern sich drängend, teils
aus dem Moosteppich frei und hoheitsvoll auf mächtigen Wurzelknollen empor-
steigend; immer feierlicher wird es rings umher. Da sind sie, die schon standen,
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
170 Die Westfriesischen Inseln.
kennt, die Besorgnis aussteigen müßte, die Häuser möchten eines Tages mitsamt
der Düne von der Flut weggespült werden. Und es gab eine Zeit, da die
Gefahr nahe genug lag. Ist es doch eine Thatsache, daß alle diese Inseln durch
Flut, Wellen und Wind im Westen und Norden ab, im Osten und Südosten
dagegen zunehmen, sich sozusagen auf der Wanderschaft befinden. Eine Sturm-
flut in der Sylvesternacht von 1854 auf 1855 riß die Dünen der West- und
Nordwestseite der Insel bis zu 80, an einer Stelle sogar bis zu 160 m Breite
ab. Da war es klar: noch ein paar solche Elementarereignisse, und das Ge-
schick des Ortes ist besiegelt — wenn nicht gründlich für Schutz gesorgt wurde.
Die hannoversche Regierung griff denn auch ein und half durch Küstenbefestigung
dem Übel ab.
Die schmale, langgestreckte Insel gleicht einem Kometen. Bad Norderney
im Westen bildet den Kern, während der Schweif sich östlich nach der Nachbar-
insel Baltrum zu in das Seegat Wichter Ee verliert. Die Küste im Westen
und Norden ist wesentlich durch die Düne charakterisiert, deren Fuß sich als
stacher, leichtgeneigter Strand in das Meer senkt. Ihr Grund ist Sand, der
alte Urboden der Insel; dann kommt regelmäßig zwischen Sand gelagert eine
dünne Schicht von Darg, einer torfartigen Masse, welche aus Blättern, Halmen
und Wurzeln des gemeinen Rohres, Resten einer uralten sumpfigen Schilf-
und Binsenvegetation, verfilzt ist. Wehe jedoch dem Unseligen, welcher es ver-
sucht, diese Masse als Torf zu brennen! Er wird Düfte riechen, welche sonst
nur die Hölle kennt. Als Perle unter den Jnseldünen steht die weit östlich
liegende „Weiße Düne" da, eine kolossale, nahe an 30 m hohe, in alpenartigen
Konturen aufsteigende Pyramide feinkörnigen, fast weißen Sandes, von deren
Spitze man einen weiten Rundblick hat: Sand, Luft, Wasser, eine Dreieinig-
keit, welche hier in der unzerstückelten Massenhaftigkeit der einzelnen Faktoren
von gewaltiger Wirkung ist.
Im Grunde genommen ist auch das Innere der Insel nur Düne, Sand,
Sand und wieder Sand, unregelmäßig an der Oberfläche sich hebend und
senkend, mit dürftiger, kränklicher Vegetation: der Zwergweide, Halmgewächsen,
Erika, Pimpinellen und sonstigen unscheinbaren Pfläuzchen verschiedener Art.
Einen eigentümlichen Charakter trägt nur der Südrand und der äußerste Osten.
Der Wattstrand im Süden ist nicht mehr reiner Sand. Die Binnen-
Wasser, welche sich in das Wattenmeer ergießen, führen Kalk, Thon, animalische
und vegetabilische Reste mit sich, welche sich, sobald salzige und süße Flut zu-
sammentreten, als feiner grauer Schlamm, „Schlick" genannt, zu Boden
schlagen, besonders in dem ruhigen Uferwasser. Die Zugabe dieses Schlicks
ermöglicht das Auftreten einer eigentümlichen und üppigen Vegetation, aber im
Wirkungsbereiche der Flut zieht der Mensch keinen Vorteil aus diesen günstigen
Bodenverhältnissen. Durch Eindeichung ist indessen im Südwesten ein schöner
Wiesenwuchs gewonnen, auf welchem viele ostfriefifche Kühe ihre Nahrung
finden. Auf dieser Seite der Insel befindet sich auch die Reede für die
Fischerboote.
Ein ähnliches Bild zeigt uns der Osten, dort wo das Dünenland auf-
hört. Dort senkt sich das Sandterrain flach und flacher, anfangs von kleinen,
mit Strandhafer bewachsenen Erhöhungen durchsetzt; dann kommt eine Strecke,
wo das Wasser und der sandige Boden heimliche, gefährliche und trügerische
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Burtanger Moor, Torfstiche und Moorbrände. 445
die, im Birkengehölz verborgen, noch lange wie blaue Inseln in der Ferne er-
schienen, sinken zuletzt unter diesen freien Horizont hinab. Dieses Schauspiel,
auf festem Boden fast ohnegleichen, überall hin auf abgerundete Heiderasen
und über dem Schlamm gesellig lebende Halbgräser das Auge einschränkend,
zugleich seltsam das Gemüt mit der Gewalt des Schrankenlosen ergreifend, der-
setzt uns in ursprüngliche Naturzustände, wo eine organische, jedoch einförmige
Kraft, alles überwältigend, gewirkt hat."
Die mittlere Tiefe des Burtanger Moors nimmt man zu 3,5 m an und
hat danach allein in diesem Moore den noch unausgebeuteten Brennstoffschatz
auf 250 Kubikmeilen berechnet. Viele Jahrhunderte sind freilich nötig gewesen,
so gewaltige Lager zu bilden, da die Zeit eines Menschenlebens nur eine kaum
1 m dicke Schicht und noch des allerlockersten Torfgewebes entstehen läßt.
Eine der rätselhaftesten Erscheinungen ist die langsame Verkohlung der
Vegetationsmassen, deren Fortschritt von unten nach oben zu sich deutlich er-
kennen läßt. Während an der Oberfläche die untergegangenen Pflanzen nur
oben gebräunt sind und kaum eine Veränderung zeigen, sind sie im Grunde
tief schwarz, gleichsam verbrannt und mineralisch geworden, auch wohl in einigen
Gegenden von wirklichem Erdöl (Bitumen) durchzogen. Solche Schichten liefern
auch einen Torf, der fast der Steinkohle gleich zu achten ist. Wo das Moor
auf reinem Sandgrunde ruht, führt der Torf keine andern Bestandteile mit
sich, als welche seine Pflanzen, die ihn bildeten, einst enthielten; lagert er da-
gegen auf Thonmassen, so ist er meistens angefüllt mit Mineralien, die ihm
zwar größere Schwere, aber auch geringeren Wert verleihen, das Brennen hin-
dern und mit einer Menge nutzlosem Rückstand den Ofen füllen.
Tief im Grunde vieler Moore stößt man sehr häufig auf eine Menge von
Überresten vielfach zerschmetterter und geknickter einheimischer Waldbäume,
welche bald wild durcheinander liegen, oft aber auch deutlich nach einer gewissen
Richtung hingestreckt erscheinen, in den norddeutschen Mooren fast immer von
Nordwesten nach Südosten zu. Selten sind indes mächtige Stämme dabei,
Gestrüpp und Wurzelknorren dagegen in Menge. So weit jetzt die Unter-
suchungen ergeben haben, bestehen diese Waldmassen meistens aus Erlen, Espen.
Birken und Kiefern. Die ganze innere Struktur ist fast immer wohl erhalten,
doch tief braun, halb verkohlt auf nassem Wege und beinahe wie mit Erdöl
durchzogen, so daß die Späne davon mit einer hellleuchtenden Flamme brennen
und auch wirklich in entlegenen Gegenden noch bis zur Gegenwart bei den
armen Moorkolonisten das Hauptbeleuchtungsmaterial bilden.
Jedenfalls aber ist hier das Vorkommen dieser Waldreste in der Tiefe
eine der interessantesten und rätselhaftesten Erscheinungen.' Trug das Moor
einst solchen Waldwuchs, warum zeigt es jetzt keinen und liegt selbst da völlig
baumlos und kahl, wo es von Menschenhand noch unberührt ist? — Findet
man Wurzeln und Stümpfe in solcher Menge, warum nicht ebenso viele Stämme
und ganze Bäume? — Welcher Art waren die Ursachen ihres Unterganges? —
Wodurch wurde das spätere Wachsen und Vorkommen von Waldwuchs gehindert?
Frage auf Frage, Rätsel auf Rätsel tritt uns hier entgegen. Vor allem
aber gewähren die Baummaffen hohes Interesse als sichtbarer Beweis von
einer großen allgemeinen Bodensenkung Norddeutschlands, welche stattgefunden
haben muß, seitdem diese Bäume in grauer Vorzeit grünten und blühten.
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Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
380 Das Weichselthal.
kleiner Rest des Waldes in der Gegend der Montaner Spitze erhalten, der an
Üppigkeit des Wuchses in der Provinz wohl einzig dasteht und beinahe den
Charakter eines Urwaldes an sich hat. Mannigfaltige Laubbäume (Nadelhölzer
scheinen allerdings auf diesem Boden nicht gewachsen zu sein), Eichen, Birken,
Pappeln, Erlen, Weiden, in wahrhaft riesigen Exemplaren stehen in schönem
Gemisch dicht gereiht, mit üppigen Sträuchen von Brombeeren und Himbeeren
als Unterholz, während Hopfen und Zaunwinde sich hoch emporranken und in
gnirlandenartigen Gehängen Baum mit Baum verbinden. Die meist sehr dicken
Stämme sind an der Südseite oft bis hoch herauf von einer Schicht steinartig
verhärteten Schlicks, d. h. zäher Thonmasse, wie sie die Weichsel bei ihren Über-
flutungen absetzt, inkrustiert, die Rinde arg zerstoßen und zerschunden. Es sind
dies die Spuren, welche die Überschwemmungen an den sich dem Drange der
Eisschollen und schlammführenden Wassermassen kräftig entgegenstemmenden
Baumriesen zurückgelassen haben. An einer Stelle, wo man den Wald gefällt
hatte, ohne die Waldblöße zu beackern, hatte sich der junge Aufschlag in solcher
Kraft und Üppigkeit entwickelt, daß die dicht gedrängten, geschmeidigen, säst-
strotzenden Stämmchen geradezu den Durchgang verwehrten.
Höchst trübselig aber ist eine Reise durch die Niederung im ersten Früh-
jähr und im Herbst, wo die bis zu beträchtlicher Tiefe durch den schmelzenden
Schnee oder Regen aufgeweichten Wege in eine unglaublich zähe, sich an die
Hufe und Beine der Pferde und die Räder festklebende Masse verwandelt sind,
so daß, wie man hier bezeichnend sagt, „der Weg mitgeht". Mühselig arbeitet
sich der Wagen, bald auf der einen, bald auf der andern Seite in ein tiefer
ausgefahrenes Loch kippend, durch die widerstrebende, breiige Masse, so daß der
an solche Bewegang nicht gewöhnte Fahrende weit sicherer, als würde er von
stürmischen Wogen geschaukelt, in einen der schlimmsten Seekrankheit gleichen
Zustand verfällt. Oft bleibt der Wagen auch völlig stecken, und es bleibt nichts
übrig, als daß der Lenker auf einem losgesträngten Pferde das nächste Dorf zu er-
reichen sucht (ein einzelner Reiter arbeitet sich doch leichter fort) und Vorspann holt.
Sind diese Zeiten des Jahres nur lästig und den Verkehr hemmend, so
hat der Bewohner alljährlich Wochen ängstlicher Aufregung, ernstester Gefahr
für Leben und Besitz durchzumachen, wenn gegen Ende des Winters „der Eis-
gang beginnt", „der Fluß anfängt aufzugehen". Auch andre Ströme überfluten
bei starken Regengüssen, oder wenn im Frühjahr die Eisdecke schmilzt, wohl die
Ufergelände und richten arge Verheerungen an, aber keiner entwickelt eine so
furchtbar zerstörende Gewalt als die Weichsel, obwohl sie im Sommer als ein
ziemlich seichter Fluß, nur einen Teil ihres Bettes füllend, langsam dahin-
schleicht. Die Weichsel überbrückt sich Jahr für Jahr mit einer festen, oft mehr
als fußdicken Decke. Steigt dann, bald früher, bald später, im oberen und
mittleren Laufe die Temperatur merklich über den Gefrierpunkt, daß die Eis-
decke zu zerbersten und zu schmelzen beginnt, so herrscht in der Regel in den
Gegenden des nördlicher gelegenen Unterlaufes noch größere Kälte, welche die
Oberfläche des Stromes in feste Bande schnürt. Den Erfolg kann man sich
vorstellen. Die mächtige Schollen tragende Wassermasse, durch das rings von
den Ufern zuströmende Schmelzwasser noch mehr angeschwellt und daher zu
beschleunigtem Laufe angetrieben, wird, wie es auf den noch unter fester Decke
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Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
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Geschlecht (WdK): koedukativ
M
Die Kurische Nehrung. 497
hölzernen Häuser abgebrochen und meist an andern Stellen wieder aufgebaut
wurden, besonders ihre Kirchhöfe, die mit ihren verwitterten Grabkreuzen, den
vielfach verstreuten Schädeln und andern Knochenüberresten ein trostloses Bild
der Vergänglichkeit und Verlassenheit darbieten. Dabei hat sich z. B. das Sonder-
bare ereignet, daß das Neu-Pilkoppen genannte Dorf verlassen und verschüttet
und wieder an der Stelle von Alt-Pilkoppen aufgebaut wurde, die durch die
weiterrückende Düne wieder bloßgelegt wurde.
Bei starkem Winde wird der Sand wie in der Wüste oft zu dichten Wolken
aufgewühlt, besonders aber bei östlichen Winden, da diese die steile Ostseite in
sast senkrechter Richtung treffen und daher größere Sandmassen losreißen und
gewaltsam über den Kamm herübertreiben, so daß der Aufenthalt auf der Düne
zu solchen Zeiten höchst gefährlich ist.
Bei der stets sich ändernden Gestalt der Dünen müssen gerade wie bei
den schneebedeckten Bergen der Schweiz oft solche Änderungen des Gleich-
gewichts entstehen, daß beträchtliche Schichten des losen Sandes sich von der
Hauptmasse trennen und als Sandlawinen herabstürzen. Durch eine solche von
einem Berge bei Kunzen herabgleitende Lawine sind einmal vierzehn vom Jahr-
markte in Memel heimkehrende Wanderer begraben. Namentlich während der
Herbst- und Winterstürme hört man bisweilen die Dünen „sich rollen", d. h.
Sandlawinen mit donnerähnlichem Krachen niederstürzen, daß die Fenster in
den sturmumtobten Häusern klirrend erzittern. Andre Gefahren bringen solche
Stellen mit sich, wo eine starke Quellung in geringer Tiefe unter der Ober-
fläche sich hinzieht. Hier bildet sich der sogenannte Triebsand, in den Mann
und Roß allmählich, aber unaufhaltsam immer tiefer einsinken und meist rettuugs-
los verloren sind. Das ist um so gefährlicher, weil dergleichen Stellen bisweilen
da neu entstehen, wo bis dahin der Weg sicher war.
Nachdem man die verwüstende Gewalt des Sandes recht erkannt hatte,
ist die Regierung natürlich bemüht gewesen, ihr Einhalt zu thun, man hat die
bewegliche Düne zu befestigen versucht. Aber das ist unendlich schwer und kostbar.
Gewisse Grasarten, namentlich das Sandrohr (Axundo arenaria) wachsen auch
in dem fliegenden Seesand, senken ihre Wnrzeln teils tief abwärts, teils weiter-
kriechend bis zu beträchtlichen Entfernungen, da sie überall nur wenig Feuchtig-
keit und Nahrung finden und sie daher aus weitem Umkreise suchen müssen.
Diese Eigenschaft kommt fast allen Sandpflanzen zu, wie z. B. den ver-
schiedenen Arten von Beifuß (Artemisia), deren Wurzeln dicht an der Ober-
fläche weithin wie die Beine einer riesigen Spinne sich strahlenförmig ver-
breiten. Dem weiteren Vorrücken des windgewehten Sandes wird dadurch
zwar nicht völlig Einhalt gethan, aber doch das Weiterrücken der Düne wesent-
lich erschwert. Dann siedeln sich auf der Oberfläche der Düne nach und nach
auch andre Pflänzchen an, namentlich Flechten, wie die Renntierflechte (Cladonia
rangiferina), die freilich meist in kleinen rundlichen Rasenstückchen nur lose auf
dem Sande liegen, aber, nachdem sie verwittert, andern größeren Pflanzen die
Möglichkeit des Wachstums gewähren, so daß nach und nach eine, wenn auch
äußerst dünne Humusschicht sich bilden kann.
Als wirklich verfestigt ist die Düne allerdings erst zu betrachten, wenn
sie wieder mit Wald bestanden ist, und zu neuen Anpflanzungen sind die Kiefer
und einige Arten von Weiden am geeignetsten. Doch können auch diese nur
Deutsches Land und Volk. Xi. 32
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