Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
142 Das Festland Australien.
einem Büttel griff, das mit gutem Erfolge bereits in mehreren Distrikten
von Neusüdwales Anwendung gefunden hatte. Die Regierung setzte näm-
lich einen Preis aus für denjenigen, der im Bezirke von Melbourne Gold
finden würde, und dies geschah Ende September oder Ansang Oktober
1851 zu Clunes und zu Ballarat, ersterer Ort 36, letzterer 24 Stunden
von Melbourne entfernt. Nicht lange, so wurde auch nordwärts von diesen
Stellen, im Bendigodistrikt, Gold gefunden, und während des Winters von
1852 hielten sich hier allein 50 000 Goldgräber auf, die fast alle so
glücklich waren, mit Schätzen beladen nach Hause zurückkehren zu können.
Einzelne derselben hatten an einem Tage für 5000 Pfund Sterling Gold
erbeutet. Nunmehr strömten Menschen aus der ganzen Welt herbei, hunderte
von Schiffen kamen in Melbourne an, und es war nichts Seltenes, daß in
einem Monate 20 000 bis 30 000 Fremde landeten. Ein merkwürdiger
Wetteifer in den Kolonien entstand, um die fabelhaften Gerüchte über die
Größe der Schätze zu verbreiten, und die armen Goldwäscher, welche auf
dem Sprunge standen, nach einem oder dem andern Orte aufzubrechen,
waren eine Zeitlang in Verzweiflung, weil sie nicht wußten, welchen sie
wählen sollten, d. h. an welchem möglicherweise wohl die größten Nuggets
(Goldklumpen) zu finden wären.
Als indessen überall frische Minen eröffnet wurden, und als in den
Städten eine „Goldeskorte" nach der andern eintraf, wurden die Leute
überall goldtoll, und es wiederholten sich in Viktoria genau alle die Er-
scheinungen, welche schon bei der Goldentdeckung in Neusüdwales vor-
gekommen waren. Es schien auch in Melbourne alles plötzlich auf den
Kopf gestellt; die Leute mit starken Gliedern und harten Händen standen
in der gesellschaftlichen Stufenleiter obenan; ihre Einkünfte waren durch
die gesammelten Schätze außerordentlich gestiegen, und in gleichem Ver-
Hältnisse gingen die Preise aller Waren in die Höhe. Luxusgegenstände
erreichten fabelhafte Preise, da Geld genug vorhanden war und sich Leute
fanden, die mit vollen Händen gaben. Ein alter Soldat, der sich einige
Jahre vor der Goldentdeckung in der Umgebung Melbournes für seine
Ersparnisse von ungefähr 100 Pfund Sterling ein Stück Land gekauft
hatte, verkaufte dasselbe Land kurz nach der Goldentdeckung, da es zu
Bauplätzen verwendet werden sollte, für 120 000 Pfund Sterling. Auf
der andern Seite mußten freilich sämtliche Besoldungen unter 6000 Mark
um etwa 50 Prozent erhöht werden, da die Beamten sonst nicht mehr
hätten auskommen können, und die Polizeileute erhielten, damit sie auf
ihren Posten blieben, täglich 5 Schillinge 9 Penee oder 6 Mark nebst
ihren Rationen.
Die Goldausbeute war aber auch fabelhaft. Am 9. November 1851
brachte die Goldeskorte vom Berge Alexander für 400 000 Mark und von
Ballarat für 144 000 nach Melbourne. Am folgenden Mittwoch wurden
über 800 000 Mark in Gold eingeliefert, am dritten Mittwoch weit über
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Grönland. 253
Grönland gegenüberliegenden Landmassen des amerikanischen Archipels
sind Northlincoln und jenseit des Vereinigten Staatensundes
Grinnellland. In die Peabodybai des Smithsundes stürzt der ge-
waltige grönländische Hnmboldtgletscher (79° nördl. Br.) ab. Aus
diesem Sunde führt der Kennedykanal zwischen Grönland und Grinnells-
land in das Hallbecken, aus welchem der Petermannfjord, einem
langen Arme gleich, in das grönländische Festland einschneidet. Dieses
Hallbecken besitzt abermals eine nördliche Fortsetzung in dem Robeson-
kanal, und dieser öffnet sich in das Polarmeer, welches jedoch kein offenes,
wie man gehofft hatte, sondern mit Eis von ganz ungewöhnlicher Dicke und
hohem Alter, schwimmenden Eisbergen ähnlich, besetzt ist.
Die Ostküste Grönlands ist 1869—1870 durch die zweite deutsche
Polarexpedition erforscht worden und zwar zwischen 73 und 77"
nördl. Br., welch letztere bis jetzt höchste erreichte Breite iu Ostgröulaud
durch I. Payers Schlittenreise am 15. April 1870 gewonnen wurde.
Im Jahre 1870 unternahmen Nordenskjöld, Berggren und
Nordström am 19. Juli vom Auleitsivik-Fjord (68" 20' uördl. Br.)
an der Westküste einer Binneneiswanderung, auf welcher sie in drei Tagen
56 km landeinwärts und bis 610 m hoch ansteigend vordrangen, dann
aber zur Umkehr gezwungen waren.
Im Jahre 1871 begann der Geolog K. V. S. Steenstrnp eine
geologische Aufnahme des Küstengebiets am Waigatfund, die er im folgenden
Jahre mit dem Topographen H. G. Roh de fortsetzte.
In demselben Jahre 1872 war auch Ed. Whymper am Waigat
thätig, nachdem er vorher im Umanakdistrikte einen über 2000 m hohen
Berg des Küstengebirges bestiegen hatte.
Im Jahre 1875 besuchte der norwegische Geolog Amand Helland
Nordgrönland, wo er unter anderm Untersuchungen über die Gletscher-
bewegnngen anstellte. Zur Erforschung des bisher wenig bekannt gewesenen
südlichsten Teiles von Grönland begaben sich 1876 der oben genannte
Steenstrup, der auch 1874 mit Johnstrnp eine Reise in Südgrönland
gemacht hatte, ferner Leutnant G. F. Holm und der Student A. Komerup
von Kopenhagen nach Jnlianehaab, von wo sie, nach einer Aufnahme
des Küstengebiets, die unter dem Namen Niviarsiat oder Jomsrnerne
(Jungfrauen) bekannte Gruppe vou Nunatak (etwa 61" nördl. Breite)
vergeblich zu erreichen suchten.
Im Jahre 1877 erforschten Steenstrup und der Marineleutuaut
Jensen die Fjorde im Distrikt Frederikshaab, worauf sich im folgenden
Jahre ersterer nach Nordgrönland, letzterer nach Südgrönland begab.
Steenstrup blieb, zweimal überwinternd, bis zum Herbst 1880 in den
beiden nördlichsten Bezirken Upernivik und Umanak und brachte wichtige
Beiträge zur Kenntnis des Landes.
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
78 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
Die jetzige evangelische Pfarrkirche in Lauban ist erst im Anfang des
18. Jahrhunderts (1703 hatte man mit dem Bau begonnen) erbaut; 1760
bei dem großen Brande, der ganz Lauban einäscherte, mit abgebrannt, wurde
sie erst nach ihrer Wiederherstellung zur Pfarrkirche gemacht an Stelle der 1760
ebenfalls abgebrannten Trinitatiskirche, die überhaupt nicht wieder erbaut wurde
und bis vor zwei Jahren hier als Ruine bestand; jetzt existiert nur noch der
Turm, der das Geläute der evangelischen.gemeinde trägt. In dieser bis zum
Jahre 1760 bestandenen Pfarrkirche spielte sich der beschriebene Vorfall aus
dem Hussitenkriege ab. Die katholische Kirche ist ein vollständig nener, in den
Jahren 1858—1861 aufgeführter Bau.
An dem Eckhause beim Eingange in die Kirchgasse sieht man in Stein ge-
hauen die Figur eines Mannes, welchem Arme und Beine fehlen. Dies soll das
Bildnis des heldenmütigen Pfarrers sein, welcher am 16. Mai 1427, als die
Hussiten Lauban erstürmten, auf den Kirchturm gestiegen war und von dort
aus die Bürger zum Widerstande ermahnt hatte; er wurde dafür von den
siegreichen Hussiten an vier Pferde gebunden und zerrissen. Andre aber sagen,
das Bild stelle den damaligen Besitzer des Hauses, Konrad von Zeidler, vor,
welcher an diesem unglücklichen Tage die Laubaner führte und im Schldfgruude,
in Stücke gehauen wurde.
Aus dem Dreißigjährigen Kriege fand sich bis vor kurzem als Andenken
an dem hölzernen Giebel eines jetzt abgerissenen Hauses vor dem Nikolaithor
ein halbes Hufeisen angenagelt, welches das Pferd des von den Feinden ver-
folgten schwedischen Königs Karls Xii. verloren haben soll, der auf seinem
berühmten Ritt von Bender nach Schweden so schnell durch Lauban sprengte,
daß das Hufeisen bis dort hinauf geschleudert wurde.
Auch am Queiß gelegen ist Greifenberg und mit der Bahn zu erreichen.
Diese Stadt liegt dem Jsergebirge um 15 km näher. Ein guter Fußgänger
kann von hier aus das Bad Fliusberg in drei Stunden erreichen. Greifenberg
hat noch nicht 3000 Einwohner; unter den Gewerben der Stadt nimmt die
Leinenfabrikation, die seit 400 Jahren getrieben wird, die erste Stelle ein.
Die Weberei erhielt größeren Aufschwung, als sich ihres Glaubens wegen aus
Jauer und Neiße vertriebene Weber hier ansiedelten; noch mehr hob sich die
Stadt nach der Besitznahme Schlesiens durch Preußen infolge der weisen Maß-
regeln Friedrichs des Großen zum Schutze der schleichen Industrie. Im Jahre
1609 gab es sechs Handelshäuser für Leinen, nach 1640 mehrten sich dieselben
auf sechsundzwanzig. Im Jahre 1755 wurde die Kaufmannsfocietät, eine Art
Handelskammer, gebildet. In der Leinwandordnung vom 26. April 1788 er-
scheint Greifenberg als eine der fünf Kommerzialstädte des fchlesischen Gebirges.
Jetzt beschäftigen zehn Fabrikanten die meistens auf dem Lande zerstreut woh-
nenden Weber hauptsächlich in der Erzeugung von leinenen Taschentüchern,
Leinwand und Creas, Damast, Handtüchern, Drell, Inlett- und Züchenleinen.
In zwei Leinendruckereien und Färbereien werden bedruckte Schürzen und
Kleiderstoffe hergestellt. Eine mechanische Weberei arbeitet mit 86 Stühlen;
Bleichanstalten gibt es vier. Greifenberg ist eine alte Stadt, über die wir aus
dem Anfang des elften Jahrhunderts sichere Nachrichten haben. In der katho-
tischen Kirche befindet sich eine 1545 angelegte gräflich Schafsgotschische Familen-
grust. Auf einem 3/4 Stunden von der Stadt entfernt liegenden, 420 in hohen
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Extrahierte Personennamen: Konrad_von_Zeidler Konrad Karls Greifenberg Greifenberg Friedrichs Greifenberg Weber Greifenberg
Extrahierte Ortsnamen: Lauban Karls Schweden Bad_Fliusberg Schlesiens
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Brieg unter kaiserlicher Regierung u. s, w. 289
Tugenden waren vier Eitelkeiten als Kinder gebildet mit Fürstenhüten. Nach
der Ausstellung in der Kirche wurde die Leiche in Begleitung von Edellenten
und Hofdienern nach Liegnitz geführt. Auch dort wurde am 5. Februar 1076
ein nächtlicher Trauerzug mit Fackeln vom Thore zur Johanniskirche veran-
staltet und dann die Leiche Von 16 Edelleuteu in die Gruft getragen.
Sriey unter kaiserlicher Regierung bis zur Einnahme durch die Preußen.
Die Schlacht bei Mollwitz am 10. Äpril 1741. Nach dem Tode des letzten
Piasten fielen die Herzogtümer Liegnitz, Brieg und Wohlau an den Kaiser,
weil Kurbrandenburg nicht die Kraft hatte, seine Erbansprüche zur Geltung
zu bringen (vgl. S. 22 und 24).
Was Herzog Friedrich von Liegnitz gefürchtet hatte, als er 1537 die
Erbverbrüderung mit Joachim Ii. von Brandenburg abschloß, ging in Erfüllung.
Am 27. und 28. Februar 1676 huldigten die Stände dem Kaiser, der ihnen
versprach, die Privilegien zu achten, und schon am 21. März desselben Jahres
wurde die Schloßkirche in Brieg versiegelt, wie es schon am 30. Januar mit
der Liegnitzer Schloßkirche geschehen war. „weil Schloßkapellen allezeit zur
Religion des Fürsten gehörten." Die Schloßkirche in Brieg wurde erst am
5. Februar 1677 wieder eröffnet und dem katholischen Gottesdienste geweiht.
Vergebens beriefen sich die Stände auf ihre dem Kaiser im Dreißigjährigen
Kriege bewährte Treue, vergebens auf die Fürbitte ihres letzten Herzogs auf
dem Sterbebette; vergebens verwendete sich für die Brieger der Kurfürst von
Brandenburg. Es war mit der freien Religionsübung vorbei, wenn sie auch
in allgemeinen Ausdrücken zugesichert wurde. Auf den Kammerdörfern wurden
die erledigten Predigerstellen durch katholische Geistliche besetzt; auch den Privat-
Patronen machte man ihr Wahlrecht bei Besetzung einer Predigerstelle unter
Vorwänden aller Art streitig. Der Stadtmagistrat zu Brieg, welcher mit Ka-
tholiken besetzt worden war, besetzte die erledigten Stellen auf den Stadtdörfern
mit katholischen Geistlichen. Im Jahre 1706 waren im Fürstentum Brieg schon
56 evangelische Kirchen eingezogen. Die Jesuiten ließen sich 1681 in Brieg
nieder, gründeten daselbst eine Schule, erbauteu sich eine neue Residenz und
von 1735 —1739 eine Kirche. Die Kapuziner kamen 1682 und begannen
alsbald den Bau ihres Klosters mit kaiserlicher Unterstützung; sie lebten von
Almosen in einer fast ganz protestantischen Stadt und hielten deshalb stets gute
Freundschaft mit den Bürgern. Einen plötzlichen Umschwung brachte die
Alt-Ranstädter Konvention (S. 24), die im Jahre 1706 Karlxii. von Schweden
veranlaßte. In Zukunft wurden den Protestanten nicht nur keine Kirchen ge-
nommen, sondern sie bekamen viele, die ihnen geraubt waren, wieder heraus
und durften ihre Religion frei ausüben.
Am 20. Oktober 1740 war der letzte männliche Sproß des Habsburgischen
Hauses, Karl Vi., gestorben, am 16. Dezember schon überschritt Friedrich Ii.
von Preußen mit seinem Heere die Grenze von Schlesien, um seine Ansprüche
auf Liegnitz, Brieg und Wohlau geltend zu machen. Da herrschte alsbald unter
den Schlesieru viel Angst und großer Schrecken. In Breslau trafen fast täglich
hochbepackte Wagen ein, in welchen besorgte Familien vom Lande ihre wert-
vollen Habseligkeiten hinter schützenden Mauern vor den Schrecknissen des
Krieges zu bergen gedachten. Aber die treffliche Mannszucht der Preußen und
Deutsches Land und Volk. Viii. . 19
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Extrahierte Personennamen: Sriey Friedrich_von_Liegnitz Friedrich Joachim_Ii Karl_Vi Karl Friedrich_Ii Friedrich
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
360 Der polnische Landrücken und die Nordseite Schlesiens.
bleiben, aber nicht mehr das sein, was ihr wäret. Ich hoffe, dies wird die letzte
Thorheit eures Königs gewesen sein."
Am 15. August 1898 wurde mit vielem Gepränge, mit Erleuchtung,
Feuerwerk und Gastmählern, während die Bürger seufzten, der Geburtstag des
Kaisers gefeiert. Dann wurden die Befestigungswerke auf Kosten Preußens
wieder ausgebessert und vervollständigt. Wie sehr Glogau während der fran-
zösischen Herrschaft litt, läßt sich in Kürze nicht beschreiben: aber daß die Not
keine kleine gewesen ist. liegt auf der Hand, wenn man bedenkt, daß für die
Bürger zu den vielen Abgaben, welche der Krieg und unglückliche Friede von
den andern Städten forderte, noch die Erhaltung der französischen Truppen
hinzukam. Wie jedoch allenthalben nach den Unfällen der französischen Armee
im Jahre 1812 ein frischer Geist und Sinn die Bürger beseelte, so wurden
auch die Glogauer immer mehr von Abscheu gegen die Franzosen erfüllt. Sie
hatten die Reste der großen Armee zurückkehren fehen in den abenteuerlichsten
Aufzügen, wie sie in Felle von Katzen und Hunden, in zerlumpte Mäntel ge-
hüllt mit erfrornen Händen, Füßen und Nasen durch die Stadt zogen.
Der Krieg gegen Frankreich war erklärt. Am 10. März war das noch
immer von Franzosen besetzte Glogau völlig gesperrt, und nun erfuhren die
Glogauer nichts mehr von dem, was außerhalb ihrer Stadt vorging. Russische
Truppen begannen am 19. März die Beschießung Glogaus. Unter den Be-
lagerern waren auch Preußen, was man erst im Mai erfuhr, als bei einem
Ausfalle einige Preußen gefangen eingebracht wurden. Was mußten die Ein-
wohner jetzt empfinden, da sie sich noch immer der Gewalt französischer, also
ihnen jetzt feindlicher Truppen bloßgestellt fahen! Erst am 10. April 1314
ergaben sich die französischen Truppen unter der Bedingung freien Abzuges.
Glogau hatte während der Belagerung unbeschreiblich gelitten nicht durch die
Preußen und Russen, die es mehr eingeschlossen hielten als eigentlich angriffen,
sondern durch die in der Stadt entstandene Not, welche durch Mangel an Lebens-
Mitteln, durch Krankheit und durch den Druck, besonders durch die ungeheuren
Forderungen der französischen Behörden, herbeigeführt wurde. Der Kehricht
aus den Pferdeställen konnte nicht fortgeschafft werden, sondern wurde auf die
Straßen gebracht und verpestete die Luft. Weil es an Brennholz fehlte, riß
man Häuser ein und brauchte die Balken als Brennholz. Viele Hunderte von
Einwohnern wurden aus der Stadt gelassen, weil es an Lebensmitteln fehlte,
so z.b. am ersten Adventsonntage 1900 Menschen. Von der Besatzung liefen
viele davon, denn sie wurde schlecht verpflegt, und man sah Soldaten bei den Ein-
wohnern Brot erbetteln. Als die Besatzung durch Raketen von der Lage Deutsch-
lands erfuhr, forderten über 2000 Mann Deutsche, Spanier und Holländer ihre
Entlassung und erhielten sie am 23. Januar 1814. Der französische Gouverneur
Laplane stellte seine ungeheuren Geldforderungen öfter unter angedrohter Plün-
derung, am 25. Januar sogar unter Androhung, das Rathaus in die Luft
sprengen zu lassen, wozu er schon zwölf Fässer Pulver in die Keller desselben
hatte bringen lassen. Der auf den Straßen aufgehäufte Mist mußte endlich
am 3. Februar verbrannt werden, wodurch aber die Krankheiten noch vermehrt
wurden. Erst nachdem die Nachrichten von der Thronveränderung in Frank-
reich angekommen waren, ersolgte der Abschluß der Kapitulation am 10. April
1814. Die am 17. April ausmarschierende Besatzung bestand noch aus 2429
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Extrahierte Personennamen: August Laplane
Extrahierte Ortsnamen: Schlesiens Frankreich Glogau Glogaus Frank-
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
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428 Im Regierungsbezirk Posen.
die ausständischen Polen; gegen 2500 Mann sollen hier zusammengekommen
sein. Ehe sie abzogen, begingen sie manche Grausamkeiten an den Einwohnern.
Mieroslawski führte die Polen gegen die Preußeu, die unter dem General
Hirschfeld standen. Bei Sokolowo kam es zur Schlacht. 300 Edelleute giugeu
auf die preußischen Geschütze los. Die Mehrzahl fiel, aber die Preußeu mußten
weichen, wurden aus einer Stellung nach der andern geworfen und zogen sich
nach Gnefeu zurück. Den Polen kostete dieser Sieg gegen 700 Gefallene und
ebensoviel Verwundete, die nach Wreschen gebracht und dort verpflegt wurden,
so daß die ganze Stadt einem Lazarett glich.
Südlich von Wreschen liegt das kleine Miloslaw; dann fahren wir über
die Warthe unweit Neustadt, kommen nach Jarotfchin, einem Orte von 2500
Einwohnern, die sich vielfach vom Holzfahren aus den reichen nahen Waldungen
nach der Warthe hinunter nähren. Hier wird die Öls-Gnefener Bahn von der
Pofen-Kreuzburger Bahn geschnitten.
Schon im Kreise Krotoschin, südlich von Jarotschin, liegt Koschmin (4200 E.),
Knotenpunkt von vier Chausseen, Sitz eines Lehrerseminars. Hier finden wir das
Schloß der Familie Sapieha, die einst in Großpolen die reichste und angesehenste
war, deren Andenken bei uns nur noch in dem Namen des Sapiehaplatzes in
Posen fortlebt. Vor mehr als hundert Jahren gebot über das ganze Land
rings um feine Feste der Fürst Marcin Sapieha. Nur das kleine Wilkowo ge-
hörte dem Szlacheie Sewerin Wilkonski. Vergebens bemühte sich der Fürst,
den Alten durch den Anblick roter und weißer Gulden zum Verkauf des Gütchens
zu locken. Dieser mochte nicht von der Kirche lassen und den teuern Gräbern;
es trat eine böse Spannung zwischen dem Magnaten und dem Edelmanns ein.
Da kam der Fürst dem edlen Wilkonski freundlich entgegen, mit Bruderkuß lud
er ihn persönlich zur Osterseier auf das Schloß.
Ostern wurde damals von den Polen noch seierlicher begangen als heute.
Die geweihte Speise bildete den Festschmaus, rauschend und glänzend ging es
auf dem Schlosse her, der Ungarwein floß in Strömen, und der Tag ward zur
Nacht, die Nacht zum Tage, bis alle drei hochheiligen Feiertage vorüber waren.
Der Fürst machte den liebenswürdigsten Wirt; er streichelte und küßte den alten
Sewerin, strich ihm den langen Bart, um die letzten Spuren des früheren
Grolles wegzufchmeicheln. Unterdessen brachen die Kosaken des Marcin Sapieha
auf Befehl ihres Herrn in Wilkowo ein, rissen das Wohnhaus, die Hütten der
Bauern, die ehrwürdige Kirche nieder und legten sie in Asche; dann pflügten
sie die leergebrannten Stätten um, streuten Salz in die Furchen und trieben
die Bewohner des früheren Dorfes mit Peitschenhieben ins Gebüsch.
„So rächte sich Marcin Sapieha
Zur Zeit der freien und erlauchten Republik Polonia,
Als man nach Christus lausend schrieb
Sieben hundert zwei und vierzig."
Wir kommen nach Krotoschin, einem freundlichen Ort von 8300 Ein-
wohnern, dem Geburtsorte des Dichters Otto Roquette, der Hauptstadt des
Fürstentums, mit welchem Friedrich Wilhelm Iii. den Fürsten von Thurn und
Taxis beschenkte, als in Preußen eine königliche Post eingerichtet wurde. Einst
war die Stadt noch viel unbedeutender, was schon der Umstand beweisen kann,
daß sie in dem Hexameter genannt wird, mit dem der Posener die sieben
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
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Extrahierte Personennamen: Hirschfeld Marcin_Sapieha Sewerin_Wilkonski Wilkonski Marcin_Sapieha Marcin_Sapieha Christus Otto_Roquette Otto Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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Die Mongolenschlacht im Jahre 1241. 335
tot", was falsch verstanden wie „Fliehet, fliehet" klang. Unordnung riß ein,
und die Mongolen jagten ihre Gegner in die Flucht. Nun standen die beiden
letzten Haufen allein noch auf dem Schlachtfelde, und wenngleich ihre Feinde
ihnen weit überlegen waren, so hatten sie doch eine geordnete Stellung und
eine regelmäßige Art des Angriffes voraus, und außerdem waren sie durch ihre
Panzer und Rüstungen ziemlich gesichert vor den Pfeilen der Mongolen, die
dagegen vor ihren Streichen nicht durch Panzer geschützt waren. Schon glaubten
die Christen den Sieg erfochten zu haben, als sich plötzlich das Glück wendete
und eine allgemeine Flucht den Mongolen den Sieg in die Hände gab.
Als Ursache dieses schnellen Wechsels gibt man an, die Mongolen hätten eine
lange Stange in Gestalt eines Kreuzes erhoben; auf deren Spitze hätten sie einen
Menschenkopf von fürchterlichem Aussehen gesteckt, welcher einen starken und
stinkenden Rauch von sich geblasen habe. Man vermutet, daß diese Stauge ein
Werkzeug gewesen sei, Steine und brennende Stoffe fortzuschleudern, wie es
die Mongolen in ihren Kriegen in China kennen gelernt hatten; andre glauben,
sie sei nur ein Feldzeichen gewesen, um die Streiter zusammenzuhalten. Was
es auch für ein Ding war, die Christen hielten es für eine teuflische Zauberei,
der sie nicht widerstehen könnten, und flohen. Nur Herzog Heinrich wehrte sich
noch, und vier Ritter hielten bei ihm aus. Er wollte sich endlich durch die
Feinde durchschlagen, aber er verlor sein Pferd; einer seiner Begleiter brachte
ihm ein frisches; drei seiner Treuen fielen neben ihm. Schon an der linken
Hand verwundet, wollte der Herzog noch einen kräftigen Hieb thuu, als ein
Mongole ihn mit seiner Lanze unter der Schulter traf und niederstieß. Der
treue Jwanowitz entkam mit zwölf Wunden bedeckt; aber über Heinrichs Leich-
nam sielen die Mongolen her, entkleideten ihn und hieben ihm den Kopf ab,
den sie auf einer Stange als Siegeszeichen forttrugen. Mit diesem Kopfe ritten
sie vor das Schloß von Liegnitz, in welchem vier Söhne Heinrichs in Sicher-
heit waren. Indem die Mongolen den Liegnitzern Heinrichs Haupt zeigten,
hofften sie, das Schloß werde sich ihnen ergeben. Da sie aber ernste Gegen-
wehr fanden, zogen sie ab und nahmen bald darauf ihren Rückzug an der Seite
des Gebirges nach Mähren zu. Ihr Aufenthalt in Schlesien hatte kaum sechs
Wochen gedauert, und dennoch war das ganze Land von Ratibor bis Liegnitz
verheert und verwüstet, und alle Orte, durch welche sie zogen, waren von ihnen
niedergebrannt worden. Wie groß ihre Anzahl in der Schlacht bei Liegnitz ge-
wesen, ist nicht genau anzugeben, wahrscheinlich aber betrug sie nicht über 50 000
streitbare Männer. Heinrichs Heer soll sich auf 30 000 Mann belaufen haben.
Vieles hat eine spätere Zeit zu dieser Begebenheit hinzugedichtet. So sollen die
Mongolen jedem in der Schlacht gefallenen Christen ein Ohr abgeschnitten und
mit diesen Ohren neun Säcke gefüllt haben. Noch jetzt feiern die Liegnitzer all-
jährlich am Sonntage nach dem 9. April das Ohrenfest. Zahlreiche Scharen von
Bewohnern der Stadt und Umgegend ziehen an diesem Tage nach Wahlstadt,
und in den Kirchen wird von den Geistlichen des furchtbaren Kampfes gedacht;
auch Gemälde am Altar und an der Decke der katholischen, am Altar der evan-
gelischen Kirche stellen Szenen der Schlacht dar.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Söhne_Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: China Liegnitz Ratibor Liegnitz Liegnitz
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Ritterakademie zu Liegnitz. 347
fast wider die Reputation eines Kavaliers, indem selbigem weit anständiger sei, ein
Pferd geschickt herumzutummeln und Degen und Pistolen wohl zu führen zu wissen."
Die Lektionen begannen erst im folgenden Jahre; das Unterrichtswesen der
Anstalt trug längere Zeit den Charakter einer Universität; es fanden Vorlesungen
über Institutionen, angewandte Mathematik, Heraldik u. s. w. statt. Erst allmählich
wurde die Akademie mehr und mehr Schule, die juristischen Studien abgeschafft,
das Latein (1792) eingeführt, nachdem schon 1743 die Übertragung des Vize-
direktorates von dem Stallmeister auf den Professor primaria erfolgt war.
Am 19. März 1709 feierte die Ritterakademie zum erstenmal das Namens-
fest ihres kaiserlichen Gründers, wobei einige Reden im neuen Auditorium ge-
halten und abends das Gebäude illuminiert wurde; damals waren 24 Akademisten
in Liegnitz. Daß diese Herren Akademiker nicht durchweg solide lebten, beweist
der Umstand, daß schon 1713 den Liegnitzer Weinschenken und „Italienern",
auch Kaffee- und Theeschenken und Handelsleuten durch ein Regierungsreskript
publiziert worden ist, daß sie den Akademisten nichts verleihen oder borgen, weder
Wein noch Thee und Kaffee, auch um ihr Geld einschenken sollten bei Strafe von
50 Thalern. Die Strafe wurde im Wiederholungsfalle noch erheblich verschärft,
das Edikt auch 1723 und 1724 erneuert. Auch wurde im Jahre 1726 den
Professoren geboten, „mit den Akademisten sich keineswegs familiär zu machen."
Die Gebäude der Akademie waren meist hölzern, mit Schindeln gedeckt,
ungleich, boten wenig Bequemlichkeit und entsprachen nicht der Würde der
Anstalt. Deshalb wurde der Neubau der Gebäude beschlossen. Am 5. Juli 1728
wurde derselbe mit der Eröffnung des ersten Grundgrabens begonnen. Der
Bau hat im ganzen zehn Jahre in Anspruch genommen.
Interessant ist ein Streit, den die Profesforen und Exerzitienmeister der
Akademie im Jahre 1732 mit dem Rate der Stadt Liegnitz hatten. Dieser
hatte nämlich 1726 bestimmt, daß weder fremdes Bier noch Fleisch eingeführt,
noch Pfuscher geduldet werden sollten; die Lehrer aber ließen sich die nötigen
Viktnalien und das Bier aus der Ferne kommen und beriefen sich auf die
Stiftungsurkunde, laut welcher der Rat mit der Akademie nichts zu thuu habe.
Der Rat wollte sich dies Vorgehen nicht gefallen lassen und schritt gegen die
Übertreter seiner Verordnung im Jahre 1732 ein. Die Lehrer wurden mit
ihrer Beschwerde abgewiesen. Da verschafften sie sich ärztliche Atteste, welche
das Liegnitzer Bier für nicht zuträglich erklärten, und so umgingen sie das Gesetz.
Die Vorarbeiten und Ausgrabungen zum Neubau waren 1735 so weit
fertig, daß die Grundsteinlegung erfolgen konnte. Die Stadt fchenkte bei der
Feierlichkeit sechs große Kannen Wein, die Bürger hatten sich in den Gassen,
durch welche der Festzug ging, in Reihen gestellt und präsentierten unter flie-
genden Fahnen und klingendem Spiel das Gewehr. Die Anstalt stand damals
im vollsten Glanz; sie wurde von mehreren Prinzen besucht und hatte Pen-
sionäre aus der Lombardei, Ungarn, Litauen und Polen.
Am 22. Februar 1741 traf Friedrich Ii. zum erstenmal in Liegnitz ein
und speiste mit dem Herzog von Holstein in der Ritterakademie. Im Jahre
1763, dem Jahre des Hnbertsbnrger Friedens, wurde am 19. März, wie
gewöhnlich, das Josephsfest gefeiert. Von diesem Jahre ab verlegte man die
Feier der Gründung auf den Friedrichstag, den 5. März, wobei es bis 1774
geblieben ist. Aber die ersten Jahrzehnte preußischer Regierung waren für die
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Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
326 Die Ebene der Oker.
ihnen unter Leitung ihres Wortführers, des als ausgezeichneten Rechtsgelehrten
bekannten Hennig Brabant, den sogenannten neuen Rezeß durchzusetzen (28. Mai
1601), durch welchen die schon mehr und mehr verringerte Gewalt des Rates
immer weiter eingeschränkt wurde. Als nun auch die Stadtgeistlichkeit unter
Führung des Magisters Kaufmann sich gegen die Patrizier erklärte, legten im
Januar 1603 achtuudzwauzig adlige Ratsherren ihre Stelle nieder. Dieser
Schritt führte jedoch die alte Ruhe und Ordnung keineswegs wieder her.
Zwischen dem neuerwählten bürgerlichen Rate und den Stadthauptleuten kam
es zu neuen Streitigkeiten, die abermalige Aufstände zur Folge hatten, bei denen
die Stadthauptleute mit ihren Anhängern gefangen wurden. Hennig Brabant,
welcher sich diesem Schicksale durch die Flucht zu entziehen versuchte, ward in
der Nähe von Broitzem eingeholt und in das städtische Gefängnis gebracht.
Vergeblich verwandte sich Herzog Heinrich Julius für den Unglücklichen: des
Verrates an der Stadt angeklagt, sowie eines Bündnisses mit dem Teufel be-
schuldigt, ward er am 17. September 1604 unter den gräßlichsten Martern
hingerichtet. Eine ähnliche Exekution wurde am 25. September und 10. Oktober
noch an sieben weiteren verurteilten Stadthauptleuten vollzogen, während vier
Angeklagte der Qual der Tortur erlegen waren; eine große Menge andrer
Personen bestrafte man teils mit Verbannung, teils mit hohen Geldstrafen.
Bei der Erneuerung des Rates am 7. Januar 1605 erfolgte die Wiederwahl
des größten Teiles der früher ausgeschiedenen Patrizier.
Während in den Straßen der Stadt Bürgerblut floß und die Parteien
sich gegenseitig schwächten, erstarkte die Fürstenmacht immer mehr, und mehr
denn je strebten die Herzöge danach, die Stadt ihrer Freiheiten zu berauben.
Herzog Heinrich Julius, der mit dem Rate bereits wegen der ihm verweigerten
Huldigung in vielfache Fehden verwickelt war, suchte sich an der Stadt dadurch
zu rächen, daß er ihr durch die Anlage einer fürstlichen Bergmaterialienfaktorei
zu Wolfenbüttel den Handel mit den Produkten des Harzes entzog. Als infolge-
dessen der Rat eine dem Herzoge gehörende große Partie Blei auf dem Trans-
Porte durch Braunschweig mit Beschlag belegte, verbot Heinrich Julius allen
seinen Unterthanen, Waren und Lebensmittel nach der Stadt zu bringen und
machte selbst am 16. Oktober 1605 einen Versuch, sich derselben durch List zu
bemächtigen. Bereits war es seinen als Kansleuten verkleideten Soldaten ge-
glückt, das Egidienthor einzunehmen, durch welches weitere im Hinterhalte
lagernde Scharen eindrangen, als es dem alten Jürgen von der Schulenburg
gelang, die fliehenden Bürger zu ermutigen und die Feinde zurückzudrängen.
Jetzt begann der Herzog (28. Oktober 1605) eine förmliche Belagerung der
Stadt. Um die stolze Bürgerschaft, welche Braunschweig für eine freie kaiserliche
Reichsstadt erklärte, desto sicherer in seine Gewalt zu bekommen, ließ er unter-
halb der Stadt die Oker durch einen 400 in langen Damm aufstauen, so daß
die Fluten des Flusses in die Stadt zurücktraten und eine große Wassersnot
in derselben erzeugten. Am 9. Januar 1606 endlich wurde durch Vermitteluug
des Königs Christian Iv. von Dänemark ein Waffenstillstand auf acht Wochen
abgeschlossen; da indes der Rat die hohen Forderungen des Herzogs verwarf,
ließ dieser am 13. März 1606 die Oker wiederum stauen. Erst nach Verlaus
von 20 Wochen mußte die Belagerung auf Anordnung des kaiserlichen Kammer-
gerichts zu Speier aufgehoben werden. Doch zog sich die Stadt durch die
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Hennig Hennig_Brabant Heinrich_Julius Heinrich Heinrich_Julius Heinrich Heinrich_Julius Heinrich Schulenburg Christian_Iv
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
352 Die Ebene der Lker.
deutschen Zollvereins (1. Januar 1834). Durch Vereinigung mit Hannover
zu einem Steuervereine (1. Juni 1835), dem später auch Oldenburg beitrat,
blieb Braunschweig zwar noch einige Zeit der Mittelpunkt des Handels für die
zum Steuervereine gehörigen Gebiete; nach dem Beitritte des Herzogtums zu
dem deutschen Zollvereine (1. Januar 1842) verlor die Stadt indes ihr seit-
heriges Hauptabsatzgebiet. Diese Nachteile für Handel und Verkehr konnten
durch die seit dieser Zeit erfolgte Anlage der Eisenbahnen, für welche Braun-
schweig gegenwärtig einen Hauptknotenpunkt bildet, nur nach und nach aus-
geglichen werden. Ersatz für Einbuße im Tranfitohandel hat die Stadt jedoch
durch die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Entfaltung des Fabrikwesens er-
halten. — Die Wahrung der Handelsinteressen sowie die Vertretung der ge-
samten Kaufmannschaft liegt der Handelskammer ob, welche aus zwölf Mitgliedern
besteht, von denen die Grossisten, die Detaillisten und die Fabrikanten je vier
zu wählen haben. Die Gilden der Handwerker sind auch nach der am I.januar
1865 eingeführten Gewerbefreiheit bestehen geblieben; mehrere der Gewerbe
haben sich außerdem zu Assoziationen vereinigt.
Zur Belebung des Geldverkehrs dienen vornehmlich das herzogliche Leih-
haus, die Braunschweigische Bank, die Reichsbankfiliale, die Braunschweigische
Kreditanstalt, die Brannschweigisch-hannöversche Hypothekenbank sowie zwölf
Wechsel- und Bankiergeschäfte.
Für Rübenzucker ist Braunschweig nächst Magdeburg der bedeutendste
Handelsplatz; der hiesige Gesamtumsatz beläuft sich auf durchschnittlich ca. 60
Millionen Kilogramm jährlich. Im städtischen Gebiet selbst sind sechs Zucker-
sabriken belegen. Die Schokoladefabriken der Stadt beschäftigen etwa 120 Arbeiter
und Arbeiterinnen, und die eine (Wittekop&Comp.) liefert jährlich etwa 250 000 kg
diverser Kakaopräparate. An Makkaroni und Nudeln werden in drei Etabliffe-
ments jährlich 577 600 kg fabriziert.
Weit über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus ist die Wurstfabrika-
tion der Stadt berühmt; wie bedeutend dieser Zweig der gewerblichen Thätig-
keit ist, beweist der Umstand, daß im Durchschnitt jährlich in den Schlächtereien
allein etwa 23 000 Schweine geschlachtet werden. Bekannt, wenn auch von
minderer Bedeutung, ist gleichfalls die hiesige Honigkuchenbäckerei. Ganz be-
sonders hervorzuheben ist Brauuschweigs Spargelbau sowie die Konservesabri-
kation, welch letztere in neun Etablissements betrieben wird. Der erste Versuch,
frischen Spargel nach Hamburg zu versenden, wurde im Jahre 1855 gemacht.
Seitdem stieg die Nachfrage von Jahr zu Jahr. Statistischen Ermittelungen
zufolge betrug bereits im Jahre 1878 die Gesamtfläche des im Stadtgebiete
mit Spargel bestellten Ackerbodens 174 ha, auf denen jährlich etwa 300 000 kg
produziert werden. Die Zufuhr aus den umliegenden Ortschaften beträgt außer-
dem ca. 100 000 kg. Die Hälfte etwa wird als Eilgut in frischem Zustande
versandt; der Rest wandert, abzüglich des einheimischen Konsums, in die Kon-
servefabriken. In den Spargelplantagen finden während der Sommermonate
etwa 600 Frauen und in den Konservefabriken ca. 500 Frauen und Mädchen
dauernde Beschäftigung.
Sonst ist von Braunschweig in industrieller Beziehung noch zu erwähnen
die Stahl- und Dampfkessel-, Nähmaschinen-, Pianoforte-, Sparherd- und Geld-
fchraukfabrikation, die Maschinenbauanstalten (sechs), die optischen Anstalten (neun),
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]