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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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644 Drittes Kapitel
Heerstraßen, Grabmäler, Badeeinrichtungen k., die Urbarmachung weiter Gebiete,
die Einführung des Weinbaus u. dgl. Bei Beginn der Völkerwanderung wurden
die Römer völlig verdrängt. Die Gebiete der nun hier angesiedelten Germanen
(Alemannen und Franken) erstreckten sich über die Grenzen des Großherzogtums,
namentlich gegen Osten hinaus. — Von dem Herzog Gottfried von Alemannien
stammt Berthold I. (der Bärtige) ab, welcher als Graf im Breisgau erscheint und
den Titel Herzog von Zähringen annimmt. Sein ältester Sohn Berthold Ii. wurde
sein Nachfolger, während sein jüngerer Sohn Hermann der Heilige Hochberg erbte
und durch Heirat die Stadt Baden erhielt. Der Zuwachs zu diesen noch geringen
Besitzungen war besonders 1227 erheblich, indem zu dieser Zeit die Städte Psorz-
heim, Durlach und Ettlingen erworben wurden. Schon am Ende des 13. Jahr-
Hunderts aber zerfiel das Gebiet des Hauses in eine obere Markgrasschaft mit der
Hauptstadt Baden und in eine untere Markgrafschaft mit Pforzheim. Nachdem 1391
die Wiedervereinigung erfolgt war, teilte Christoph I. das Land 1515 wieder unter
seine drei Söhne. Von diesen starb Philipp kinderlos, während Bernhard eine Linie
Baden-Baden (Residenzen Baden und Rastatt) und Ernst eine Linie Baden-Durlach
(Residenzen Pforzheim, später Durlach und zuletzt Karlsruhe) stiftete. Beide nahmen
die Reformation an, doch trat Baden-Baden später wieder zur katholischen Kirche über.
Die letztere Linie starb 1771 aus und Baden-Durlach (die Eruestinische Linie) trat
in den Gesamtbesitz. Im Lüneviller Frieden erhielt die Markgrasschaft Baden Stücke
der Pfalz (Gegend von Heidelberg), die Stiftsgebiete von Konstanz, Basel, Straß-
bnrg und Speier auf dem rechten Rheinufer, sowie mehrere sonstige reichsunmittel-
bare Gebiete und freie Reichsstädte; der Fürst aber nahm den Titel Kurfürst an.
Neuen Zuwachs brachte der Frieden von Preßburg, in welchem das Land durch den
Breisgau, die Ortenau, Baar, sowie durch die Gebiete der Fürsten von Fürstenberg
und von Leiningen 2c. vergrößert wurde; zugleich erhielt der Fürst den Titel eines
Großherzogs. Nach der Schlacht bei Leipzig verließ Baden die Sache Napoleons
und wurde dann 1815 Mitglied des Deutschen Bundes. Eine ständische Versassuug
wurde 1818 eingeführt, darauf bildete sich (1821) die Union der lutherischen und
reformierten Kirchen des Landes, zugleich wurde auch der erzbischöfliche Stuhl in
Freiburg für die katholischen Unterthanen geschaffen. 1835 schloß sich Baden dem
deutschen Zollverein an. Nach den Erschütterungen der Jahre 1848 und 1849
(Maiaufstand 1849) gewann das Land unter dem jetzigen Großherzoge Friedrich
(von 1852 an als Prinz-Regent, von 1856 an als Großherzog) eine friedliche und
glückliche Entwickeluug.
Den Erhebungsverhältnissen nach gehört Baden zu dem Gebiete des
oberrheinischen Gebirgssystems. Sein vornehmstes Gebirge ist der Schwarz-
Wald; weiter nördlich kommen das Neckarbergland, und nur zu kleinem Teile
auch der Odenwald und das schwäbische Terrassenland in Betracht. West-
wärts dehnt sich, nach dem Rhein zu, der östliche Flügel der oberrheinischen
Ebene aus.
Von dem Schwarzwalde fällt der bei weitem größte Teil auf Baden, nämlich
7270 von 9480 qkm, in demselben befinden sich auch die bedeutendsten Erhebungen
des Gebirges, nämlich der Feldberg (1494 m), der Belchen (1415 m), der Kandel
(1243 m), der Blauen (1167 m) 2c. Die Hauptmasse des Schwarzwaldes besteht
aus Granit, dazu treten Gneis (am Fuße) und Sandstein (auf höheren Punkten).
Während die Hauptmasse des Gebirges mit Tannen bedeckt ist, tragen die Vorberge
der Rheinseite auf ihren Gipfeln meist Laubwälder und auf ihren Hängen Reben-
und Obstpslauzungen. Nördlich von der Enz geht das Gebirge in ein Hügelland, das
Neckarbergland, über, welches sich am Neckar wieder höher erhebt (in dem 567 m
hohen Königsstuhl); es gehört der Triasformation an, doch treten am Neckar auch
vulkanische Gesteine auf. Der rechts vom unteren Neckar folgende Odenwald besteht
seinem Kern nach aus Granit, welcher jedoch meist von Buntsandstein überlagert
wird. Die Rheinebene ist von Schwemmland gebildet; dasselbe ist zwischen Rastatt,
Karlsruhe und Philippsburg sehr sandig, jedoch auch gut angebaut; mehr nach dem
Gebirge zu ist größere Fruchtbarkeit zu finden, besonders auch in den Seitenthälern
des l^chwarzwaldes und auf den Höhen des Odenwaldes; die größte Fruchtbarkeit
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß]]
Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Alemannien Berthold_Ii Hermann_der_Heilige_Hochberg Christoph_I. Philipp_kinderlos Philipp Bernhard Ernst Napoleons Friedrich
( Friedrich
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491 Zweites Kapitel.
doch trat nach dessen Tode eine neue Teilung ein (Altenburger Vertrag); durch
dieselbe entstand auch eine altenbnrgische Linie. Nach Erlöschen derselben
(1672) wurde dieses Gebiet mit Sachsen-Gotha verbunden und nach dem Aus-
sterben der dortigen Fürsten (1825) übernahm Herzog Friedrich von Hildburg-
hausen an Stelle seiner bisherigen Besitzungen das jetzige Gebiet des Herzogtums.
Nachdem schon unter den Enkeln Johann Friedrichs sich eine altenbnrgische
Linie gebildet hatte, aber wieder ausgestorben war, entstand durch den Vertrag von
Altenburg (1610) aufs neue eine solche. Im Jahre 1672 erbte Ernst der Fromme,
Sohn Johanns von Weimar, das Land, welches hinfort Gotha und Altenburg um-
faßte und sich später durch Eisenberg, Ronneburg, Roda, Kamburg und Sulza ver-
größerte. Der letzte Herzog von Gotha-Altenbnrg war Friedrich Iv. (gest. 1825).
Die vorhandenen Erben (Weimar, Koburg, Meiningen und Hildburghausen) ver-
ständigten, sich dahin, daß sür den bisherigen Herzog Friedrich von Hildburghausen
die fünf Ämter Altenburg, Ronneburg, Eifenberg, Roda und Orlamünde zu einem
Herzogtum zusammengelegt wurden, welches den Namen Herzogtum Sachsen-Alten-
bürg erhielt, wofür derselbe auf sein bisheriges Land verzichtete. Dieser Fürst gab
seinem Lande am 29. April 1831 eine Verfassung und trat am 1. Jan. 1834 dem
Zollverein bei. Sein Nachfolger Joseph löste die Frondienste ab und begann die
Regulierung des Grundsteuer- und Hypothekenwesens. Durch die revolutionäre Be-
wegung von 1848 wurde er zur Abdankung gezwungen; ihm folgte sein Bruder
Georg, dessen Sohn Georg (seit 1853) die Wohlfahrt des Landes vielfach gefördert
hat und dem Norddeutschen Bunde, bez. Deutschen Reiche beigetreten ist. Seit 1871
gehören 2/s des Dominialvermögens dem Herzoge, 1/a dem Lande; dafür hat der
Herzog auf eine Zivilliste verzichtet.
Der Ostkreis besteht aus einem wellenförmigen, nach Westen etwas an-
steigenden Gebiete, in welchem man die letzten Ausläufer des sächsischen Erz-
gebirges erkennen kann; der Westkreis enthält einen Teil des Saalethales und
das nördliche Stück des sogenannten Osterlandes, einer ziemlich bergigen Land-
schast, welche sich gegen Nordwesten an das Elstergebirge anschließt.
Der Untergrund des Ostkreises wird von Porphyr, Thonschiefer oder Bunt-
sandstein, hin und wieder auch von Grauwacke und Grünstein gebildet, die nicht
selten zu Tage treten. Auf dem Buntsandstein lagert im nördlichen Distrikt des
Ostkreises Braunkohle von gewaltiger Mächtigkeit; in der Altenbnrger Gegend findet
sich auch Zechstein, der vorzüglichen Ätzkulk liefert. Der bezeichnete Untergrund ist
von mächtigen Lehmschichten bedeckt, die einen fruchtbaren Ackerboden bilden. Der
höchste Punkt des Ostkrcises ist 372 in hoch (bei Ronneburg». In dem bergigen West-
kreise findet sich gegen Osten Kies- und Sandboden, im Westen vorherrschend Gips-
und Kalkstein, sowie roter, eisenschüssiger Sandstein. Im ganzen ist hier die Frucht-
barkeit nicht bedeutend; der höchste Punkt ist nordwestlich von Orlamünde (beim
Rittergute Spaal, 513 m).
Bewässert wird das Land von der Saale und deren Zuflüssen.
Im Ostkreise fließt die Pleiße mit der Wiera und Sprotta, sowie die Schnauder,
ein Zufluß der Weißen Elster; im Westkreis findet sich die Saale, welche die Orla
aufnimmt, die Roda und Wethau, auf ganz kurze Strecke (an der Grenze) auch die
Weiße Elster. Größere Teiche sind im Oftkreise vorhanden; im Westkreise befindet
sich ein See bei Hainspitz.
Bereits ist angedeutet worden, daß der Boden des Ostkreises sehr fruchtbar,
der des Westkreises dagegen weniger ergiebig ist; in jenem wird daher ein sehr
erheblicher Ackerbau betrieben, während iu diesem ausgedehnte Wälder vor-
handen sind.
Im Jahre 1883 nahmen ein: Acker-, Garten- und Weinland 77361, Wiesen
11119, Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 3173, Forsten und Holzungen 36652,
Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer 1011 ha. Sehr bedeutend ist sonach das
Ackerland (58,B Proz. gegen 18,7 des Reiches), auch der Waldstand ist etwas höher
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Hildburg- Friedrich Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Ernst Johanns_von_Weimar Johanns Friedrich_Iv Friedrich Friedrich_von_Hildburghausen Friedrich Jan Joseph Georg Georg_( Rittergute_Spaal
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Altschlesische Münzen. 27
Nachstellungen des deutschen Königs nicht möglich sei, den Peterspfennig zu
zahlen (promissum principi apostoloram Petro persolvere censuni). Ob
Boleslaw später Wort gehalten hat oder nicht: jedenfalls steht fest, daß die
Polen schon ums Jahr 10(30 die edlen Metalle als Geld kannten. Wenn daher
noch gegen Ende des 12. Jahrhunderts in Krakau auch Marderschnauzen und
Eichhornköpfe die Stelle des Geldes vertraten, so waren das nur noch Überreste
aus früherer Zeit. In Schlesien wurden zwar noch im Anfange des 13. Jahr-
Hunderts Felle von Mardern und Eichhörnchen statt des Zehnten gegeben; aber
sie hatten damals nicht mehr die Bedeutung des Geldes, sondern galten als
Naturalzehnt, wie Getreide, Honig u. dergl.
Wurden edle und unedle Metalle irgendwo gefunden, so war der Besitzer
des Grundes und Bodens zwar Eigentümer; der Fürst aber galt da, wo er
nicht selbst Grundbesitzer war, als Obereigentümer, der dem Besitzer erst das
Recht des Bergbaues verlieh, oder, wenn dieser nicht bauen wollte, es jedem
andern verleihen konnte; in beiden Fällen aber hatte er von jedem, der Metall
gewann, den Zehnten oder das Urbar, d. h. den zwölften Teil des ganzen Ge-
Winnes, zu beanspruchen.
Das Recht zu münzen besaßen die Herzöge ausschließlich, wie sich aus
mehreren Urkunden nachweisen läßt. Als z. B. im Jahre 1222 der Herzog
Kasimir von Oppeln dem Bischof Laurentius die Gründung von Ujest nach
deutschem Rechte gestattete, behielt er ausdrücklich das Recht der Münze für
sich. Der Herzog Heinrich I. erteilte im Jahre 1204 dem Kloster zu „Unserer
lieben Frauen" aus dem Sande zu Breslau eine Anweisung auf 10 Mark
Silbers jährlich aus der dortigen Münze, die ihm also gehörte. Nur der-
jenige durfte münzen, dem der Herzog das Recht dazu verliehen hatte. In der
frühesten Zeit übten die Herzöge selbst das Münzrecht durch ihre Münzen aus.
Später aber verkauften sie das Recht jährlich an die Münzer; die Pächter der
Münzen waren oft jüdische Kaufleute, die zum Schneiden der Münzstempel sich
nicht selten Leute ihrer Nation annahmen, die keine andre als die hebräische
Schrift kannten. Daher finden wir auf polnischen und schlesischen Münzen jener
Zeit zuweilen hebräische Buchstaben.
Von den aus dem Bergbau und der Münze fließenden herzoglichen Ein-
künften nahm die Kirche schon sehr früh den zehnten Teil in Anspruch, und
die Herzöge sicherten ihr in der That denselben zu. So wurde dem Bischof
Laurentius im Jahre 1227 von Heinrich I. der Zehnte von dem Anteile des
Herzogs an dem Goldgewinne, also der Zehnte des Zwölften (des Urbar), be-
willigt. Boleslaw Ii. von Liegnitz versprach im Jahre 1265 dem Bistum
den Zehnten seines Anteils an der Gewinnung aller Metalle, nämlich des
Goldes. Silbers, Kupsers, Bleis und was sonst in seinem Lande gesunden wurde.
Daß der Münzzehnt in seinem ganzen Lande dem Bischof von Breslau gehöre,
bekennt Heinrich Iii. urkundlich im Jahre 1264. Das Münzrecht selbst er-
langte der Bischof von Breslau erst im Jahre 1290, als Herzog Heinrich Iv.
an seinem Todestage zur Genngthuung für die vielen Bedrückungen, die er der
Kirche und den ihr unterworfenen Gütern und Personen bei Lebzeiten zugefügt
hatte, dem Bistum das große Privilegium erteilte. Seit dieser Zeit kann es
erst bischöfliche Münzen geben. Im Laufe des 14. Jahrhunderts verkauften
oder überließen die Herzöge das Münzrecht zum Teil den Städten.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Altschlesische Boleslaw Kasimir_von_Oppeln_dem_Bischof_Laurentius Heinrich_I. Heinrich_I. Boleslaw_Ii Boleslaw Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Krakau Breslau Bischof
Laurentius Goldgewinne Liegnitz Breslau Breslau
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Georg Wilhelm, der letzte Sproß des Hauses der Piasten im Briege. 287
gute Ordnung in Essen, Trinken, Schlafen, Wachen, Ruhe, Bewegung, Liebe
und Furcht des Schöpsers im ganzen Leben. Unter den Augen und der Obhut
eines Lehrers, der sich bemühte, alle diese Tugenden seinem Zögling zu eigen
zu machen, hatte Georg Wilhelm das vierzehnte Jahr, mit welchem er sür
mündig erklärt wurde, erreicht.
Als der Prinz 14^ Jahre alt war, ein Jüngling von blühender Gesichts-
färbe, blondgelocktem Haar, das bis auf die Schultern herabfiel, großer, kräf-
tiger Gestalt, reiste er auf Wunsch der Landstände zur Huldigung nach Wien.
Sobald er dort am 19. Februar 1675 angekommen war, meldete er bei Hofe
seine Absicht, und der Kaiser bestimmte den Tag der Audienz und Huldigung.
Georg Wilhelm legte vor dem Throne mit eignem Munde den Huldigungseid
ab und hielt mit größter Geistesgegenwart einen von ihm selbst verfaßten Vor-
trag, über welchen der Kaiser und die anwesenden Staatsmänner sehr günstig
urteilten. Der spanische Botschafter sagte damals von dem Brieger Fürsten,
die Christenheit habe keinen Fürsten von so geringem Alter und so vieler Fähig-
keit, und Lohenstein erzählt, die ganze Stadt Wien und der Hof habe von nichts
als dem jungen Piasten gesprochen.
Nach beendigter Huldigung kehrte der Fürst nach Brieg zurück. Die Land-
stände, gegen 500 Mann zu Roß, kamen ihm entgegen und führten ihn ins
Schloß unter Lösung der Kanonen, während Bürgerschaft und die Kompanien
geworbener Soldaten mit fliegenden Fahnen im Gewehr standen. Dann leisteten
die Stände den Eid der Treue. Die Freude in dem ganzen Fürstentum war
groß. Auch die Stände von Wohlau und Liegnitz huldigten dem jugendlichen
Fürsten mit großer Freude und erwarteten eine thaten- und segensreiche Regierung.
Im September hielt Georg Wilhelm in Liegnitz einen Landtag ab, ging
von dort nach Breslau und kehrte nach Brieg zurück, um eine Hirschjagd zu
beginnen. Hier hatte er am 15. November bei rauher Witterung in den Wäl-
dern der rechten Oderseite sich erkältet und trat, um sich zu erwärmen, in ein
Bauernhaus, in welchem zu seinem Unglück die Kinder an den Blattern krank
lagen. Der Fürst wurde in Fieberschauern zu Wagen nach Brieg gebracht.
Die Ärzte waren sehr sorgfältig, aber kein Mittel besiegte das heftige Fieber.
Die Kinderpocken zeigten sich bald auf dem ganzen Körper, verschwanden jedoch
wieder und warfen sich aufs Innere. Der Kranke litt mit größter Sanftmut
die brennendsten Schmerzen und zeigte festes Vertrauen auf Gott und die Hoff-
rtuug auf ewiges Leben. Am 21. November war er eine Leiche. Mit ihm
erlosch der piastische Stamm in Schlesien, wie ein Licht, das im Verlöschen
noch einmal hell aufflackert.
Aus dem Briefe, den der Fürst eigenhändig während seiner Krankheit an
den Kaiser geschrieben hat, mögen nur wenige Worte hier Platz finden, damit
sie uns einen Beweis geben, wie berechtigt die Erwartungen der Schlesier von
den Talenten des letzten Piasten waren; er schrieb: „Allergnädigster Kaiser,
König und Herr! Ich bin zwar der Hoffnung und des Vorsatzes gewesen, Ew.
Majestät und dero glorwürdigstem Erzhause noch durch langwierige treue
Dienste mich wohlgefällig zu machen und dies, was ich bei meiner Jugend
annoch nicht zu thuu vermocht, mit zunehmendem Alter in desto vollkommener
Devotion derselben darzustellen. Es scheint aber, daß bei jetziger meiner Un-
päßlichkeit der Allerhöchste seinem nnerforschlichen Gutbefinden nach dieses durch
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Brieger Georg_Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Brieg Liegnitz Liegnitz Breslau Brieg Brieg Schlesien
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
354 Der polnische Landrücken und die Nordseite Schlesiens.
gegen ein reiches Geschenk, gab ihr Futter und behandelte sie zärtlich. Nach
nicht langer Zeit erschien die Herzogin auf der Galerie des Schloßturmes mit
der Taube, deren weißer Hals mit einem rosaseidenen Bändchen geschmückt war.
Der Fürstin Antlitz strahlte in freudiger, fast andächtiger Verklärung; mit den
Worten „Vollziehe deine fromme Sendung" setzte sie die Taube auf ihre Hand.
Das Täubchen rührte sich nicht, sondern niedergekauert schien es sich ganz be-
haglich in der weichen Hand der Herzogin zu befinden. Die hohe Dame unter-
nahm nun einen Rundgang auf der Galerie; als sie uach Norden kam, wurde
die Taube munter, rauschte plötzlich davon, schwang sich hoch empor, schwebte
in der Luft, gleichsam um sich über.dem Gewühl der Stadt zurecht zu finden,
flog dann davon über den einen Oderarm und ließ sich auf der Insel nieder,
welche die Oder bei Glogau dadurch bildet, daß sie sich iu zwei Arme spaltet,
und auf welcher sich die Trümmer des alten Schlosses befanden.
Schnell meldete die Herzogin ihrem Gemahl, wo sich die Taube nieder-
gelassen hatte; der Herzog freute sich über das Zeichen, da er selbst sich diesen
Platz schon für den Dom gewählt hatte; er sagte: „Die Taube hat den Herren
des Domes ein schönes Stück Land zu wählen verstanden."
Der Herzog erbaute den neuen Dom, und die Herzogin schmückte ihn durch
reiche Gaben glänzend aus. Der Dom in der Stadt wurde zu einem Domini-
kanerkloster umgeschaffen, das Salome mit vielen Geschenken bedachte und in
dem sie bestattet wurde.
Herzog Hans der Grausame. Einer der unruhigsten, wildesten und
grausamsten Fürsten, welche im Herzogtums Glogau regiert haben, war Johannii.,
gewöhnlich Hans Ii. genannt; seine ganze Regierungszeit war eine ununter-
brochene Kette der abenteuerlichsten und zügellosesten Handlungen, durch die er
uameuloses Elend über das Land brachte.
Johann Ii. war Herzog von Sagan. Im Jahre 1472 hatte er sein
Herzogtum verkauft und lebte als Freibeuter. Da starb im Jahre 1476 Herzog
Heinrich Xi. von Glogau, Johanns Oheim. Sofort trat er mit Ansprüchen auf
dieses Fürstentum in Schlesien auf, während die Könige von Polen und Ungarn
Glogau als offenes Lehen ansahen und für sich beanspruchten und der Kurfürst
Albrecht Achilles von Brandenburg das Herzogtum als sein Eigentum erklärte,
da seine Tochter Barbara, die Witwe Heinrichs, von ihrem verstorbenen Gemahl
die allein eingesetzte Erbin sei. So entbrannte der Kampf um das Land von
allen Seiten König Matthias von Ungarn unterstützte den Herzog Hans, um
ihm das Herzogtum gewannen zu helfen und es dann für sich einzuziehen. Es
währte nicht lange, so hatte Hans sich ganz Glogau mit unmenschlicher Grau-
samkeit erobert. Bald seufzte das Fürstentum unter der fürchterlichsten Bedrückung;
denn Summen auf Summen preßte Hans aus dem Lande, um verschwenderisch
leben zu können und stets kriegsgerüstet und zu Raufereien kampfbereit zu sein;
er konnte sich rühmen, in wenigen Jahren 600 Dörfer in Brand gesteckt zu
haben. Zwei Gutsbesitzer feines Landes, die er um ihren Reichtum beneidete,
ließ er fälschlich beschuldigen, dann gefangen nehmen und hinrichten; ihr Ver-
mögen machte er zu seinem Eigentums. Die Leiden Glogans waren ohne Bei-
spiel; aus der geringfügigsten Veranlagung nahm er den Bürgern ihre Vorrechte,
bemächtigte sich der Stadtgüter und verkaufte sie; wer Widerspruch erhob, wurde
gesangen genommen, gemartert und hingerichtet.
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TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
Extrahierte Personennamen: Hans Johannii Hans_Ii Johann Sagan Heinrich_Xi Heinrich Johanns Johanns Albrecht_Achilles_von_Brandenburg Albrecht Barbara Heinrichs Heinrichs Matthias_von_Ungarn Hans Hans
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
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Tod des Kurfürsten Moritz in der Schlacht bei Sievershausen. 289
Absicht des Feindes, ihn zu umgehen, durch voraneilende Bauern aus Pattensen
unterrichtet, hatte sein Heer in weithin sich streckende Linie gestellt. Feld-
schlangen und Donnerbüchsen verschiedener Größe standen auf den Flügeln.
Am sogenannten Vogelherde traf er mit dem Feinde zusammen, der den Wind
und eine kleine Anhöhe für sich hatte, auch das Heer der Verbündeten an Fuß-
Volk überwog, dagegen an Reiterei nachstand. '
Bald nachdem die Geschütze zu spielen angefangen, rückten die „Vorwarten"
aufeinander, so nahe, „daß sie das Weiße in den Augen sehen konnten".
Kurfürst Moritz fällt bei Elvershausen.
Die ersten vier Heerhaufen markgräflicher Reiter führte Klaus Barner, Herzog
Heinrichs geschworener Feind. Gegen diese sprengten die Prinzen Philipp
Magnus und Karl Viktor mit ihren Reitern. „Die zwei jungen Fürsten von
Braunschweig", sagt ein Augenzeuge, „sind vor ihre Reiter vorausgerückt und
auch bald zu Boden gegangen, wo sie ihr Blut ritterlich verstürzt." Beide
Brüder fielen schnell hintereinander. Als dem greisen Vater die Kunde kam,
daß sein Philipp geblieben, sagte er, den Schmerz überwindend: „Gut, so muß
man dem Jungen das Gelbe vom Schnabel wischen;" als er aber die Todes-
Nachricht über Karl Viktor erhielt, brach auf kurze Zeit seine Kraft. Weinend
rief er aus: „Das ist fast zu viel."
Der durch die jungen Herzöge eingeleitete Kamps ward bald allgemein.
Furchtbar wüteten die Scharen des Markgrafen, durch den donnernden Schlachtruf
ihres kühnen Führers angefeuert, in den Reihen der Sachsen und Brauuschweiger,
während von den Verbündeten, deren Schlachtordnung breiter als die des
Deutsches Land und Volk. X. Ig
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Moritz Moritz Klaus_Barner Heinrichs Heinrichs Philipp
Magnus Philipp Magnus Karl_Viktor Karl Viktor Philipp Philipp Karl_Viktor Karl Viktor Kamps
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
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Hennig Brabant und der Kampf der Zünfte. 327
beharrlich fortgelegten Feindseligkeiten die Reichsacht zu (12. Mai 1606), deren
Exekution Kaiser Rudolf Il dem Herzoge Heinrich Julius übertrug. Der Rat
wußte jedoch die Vollziehung der Acht geschickt hinzuhalten; und selbst als deren
Erneuerung ans dem niedersächsischen Kreistage zu Halberstadt (im Juli 1611)
ausgerufen wurde, kümmerte sich die Stadt wenig um dieselbe, da auch die
verbündeten Hansastädte ungeachtet der an sie ergangenen kaiserlichen Mandate
den Verkehr mit der geächteten Bürgerschaft aufrecht erhielten.
Braunschweig demütigt sich vor der Hansa.
Nach dem Tode des Herzogs Heinrich Julius (13. Juli 1613) vermehrte
sich die äußere Bedrängnis durch innere Unruhen, infolge deren im Jahre 1614
der gesamte Magistrat seine Entlassung nehmen mußte. Die Stadt erbot sich
nun, dem neuen Herzoge Friedrich Ulrich eine Summe von 100 000 Gulden
gegen Einstellung der Feindseligkeiten zu erlegen. Dieses Anerbieten lehnte der
Herzog jedoch ab und rückte am 21. Juli 1615 an der Spitze eines großen
Heeres (13 000 Mann mit 46 Geschützen) vor die Stadt. Erst als unter dem
Grafen Solms ein Ersatzheer sich den Eingang in die Stadt erzwang, konnte
der Herzog zur Aufhebung der Belagerung bewogen werden (am 2. November).
In dem zu Stuterburg abgeschlossenen Friedensvertrage vom 21. Dezember 1615
mußte sich der Herzog nunmehr zur Zahlung einer Summe von 100000 Gulden
an die Stadt für die Nutzungen ihrer eingezogen gewesenen Güter verstehen und
sich verpflichten, die Aufhebung der Reichsacht zu erwirken, wogegen der Rat
am 5. Februar 1616 die Huldigung leistete.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein]]
TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht]]
Extrahierte Personennamen: Hennig Rudolf_Il Rudolf Heinrich_Julius Heinrich Heinrich_Julius_( Heinrich Friedrich_Ulrich Friedrich
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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88 Die Elbe und ihre Ufer von Hamburg bis zur Mündung.
hat gekämpft und geblutet für feine Unabhängigkeit, wenn auch mit weniger
Glück als manche seiner Nachbarn; denn während die-übrigen Marschen noch
lange sich ihrer Freiheit erfreuten, mußte Kehdingen schon fremde Oberherr-
schast über sich dulden. Bereits im 11. Jahrhundert bildete es einen Teil der
von Heinrich dem Vogler gegründeten Markgrafschaft Stade. Durch Erzbischof
Hartwich I., der zugleich der letzte der Stader Markgrafen war, wurde es mit
dem bremischen Erzstist vereint, und um sich Kehdingen gehörig zu sichern,
erbaute er 1154 die erste Burg im Lande zu Freiburg. — Doch nicht lange
sollte diese Zwingburg das Land beherrschen; denn 1177 zog Heinrich der
Löwe von Braunschweig, der Hartwich feindlich gesinnt war, gegen Stade,
eroberte die Stadt und zerstörte darauf auch die Burg und befreite die Keh-
dinger vom Bremer Joch.
Die Erzbischöse von Bremen konnten jedoch den Verlust Kehdingens nicht
verschmerzen, und als schließlich 1216 und 1236 durch Verträge die Mark-
grafschaft Stade für immer an das Bremer Erzstift siel, strebten sie aufs
eifrigste danach, die üppige Kehdinger Marsch unter ihre Botmäßigkeit zu
bringen. Lange blieben die deshalb geführten Kämpfe erfolglos, bis es schließ-
lich Gieselbert gelang, sich den Besitz des Landes zu sichern, freilich auf eine
schmachvolle, hinterlistige Weise. Nach Freundschaftsbezeigungen mancherlei
Art den Kehdingern gegenüber schrieb er ein glänzendes Turnier nach Stade
aus, wozu auch'alle ersten Bauern der Marsch geladen wurden. Vertrauens-
voll erschienen denn auch diese, um den ritterlichen Kampfspielen zuzusehen,
ohne Wehr und Waffen, und das Turnier nahm seinen Anfang. Als die
Kampfspiele in vollem Gange waren, ertönte plötzlich ein Signal, und im Nu
sielen die Ritter über die Bauern her. Ein furchtbares Gemetzel begann, und
in kurzer Zeit lag der Kern der Kehdinger in ihrem Blute. Darauf fielen die
bewaffneten Massen in die Marsch ein und hatten nun ein leichtes Spiel, da
die Blüte der Bauern beseitigt war. Mit den Höfen der gemordeten Bauern
beschenkte Gieselbert seine edlen Kämpfer. — Das war das blutige Turnier
zu Stade im Jahre 1300, das allerschmachvollste Blatt in der ganzen Ge-
schichte des Bremer Erzstifts.
Noch einigemale versuchten es die Kehdinger, das verhaßte Joch abzu-
werfen. So zerstörten sie z. B. die Zwingburg „Kiek in de Elv", aber ihre
Kraft war gebrochen und sie wurden jedesmal besiegt; doch konnten letztere erst
im 15. Jahrhundert sich des ruhigen Besitzes dieser Marsch erfreuen, der von
da an weder von innen noch von außen bekämpft wurde.
Wersen wir noch einen Blick auf Stade, einstige Hansastadt und Haupt-
stadt des gleichnamigen Markgrafentnms. An der durch den üppigsten Wiesen-
grund sich windenden kleinen Schwinge gelagert, umgeben von zum Teil
malerischen Bodenschwellungen, den „schwarzen Berg" mit seinen dunklen
Tannen im Rücken, gewährt die Stadt einen schönen Anblick. Vor ihr in kurzer
Entfernung glitzern die Wasser der Elbe, und rechts und links breiten sich zwei
prächtige Marschen aus, hier das „alte Land", dort das „Land Kehdingen".
Weniger anziehend ist das Innere der früheren kleinen Festnng. Die ältesten
Bauwerke sind ein Raub der Flammen geworden und die neueren bieten wenig
Interesse, ebenso die Geschichte der Stadt.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_dem_Vogler Heinrich Hartwich_I. Heinrich_der
Löwe_von_Braunschweig Heinrich Hartwich
Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
Auflagennummer (WdK): 2
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216 Erloschene Feuerberge der Eifel.
Asche selbst liegt gebettet in Urnen von bläulicher Farbe, die hell erklingen wie
das sogenannte Frankfurter Geschirr. Die Keramik muß nach diesen Funden
schon zu Beginn der Römerzeit eine hohe Ausbildung erfahren haben, und dieser
Umstand allein deutet auf eine sehr frühe Niederlassung der Welschen an dieser
dominirenden Stelle. — Der Bahuzug kommt behäbig heran, und wir vertrauen
uns dieser Zweigbahn an, die vorläufig bis Niedermendig führt, aber demnächst
bis Mayen den Wanderer geleiten soll. Das weite, ebene Land vor nns, begrenzt
zur Rechten von den Kraterkegeln des Nastberges, des Nickenicher Sattels, des
Nicfenicher Hummerichs und im Hintergrunde von dem umfangreicheren Krnfter
Ofen, zur Linken vom Korretsberg und dem Sattelberg mit seinen zwei Spitzen,
durchflössen von der langsam sich windenden Nette, hieß vormals das Maifeld
oder der Maiengau, wol im Namen verwandt mit dem gallischen magus —
Feld, Ebene, das wir in den gallischen Ortsnamen Noviomagus, Borbetomagus,
Juliomagus, Brocomagus am Rhein vielfach angewandt finden. Der vordere
Theil dieses fruchtbaren Geländes ist seit dem 10. Jahrhundert in den Händen
der Pfalzgrafen am Rhein und führt daher den Beinamen Pellenz, so viel als
die Pfalz*). Das hohe Gericht dieser Grafschaft ward auf einem Hügel zwischen
Thür und Niedermendig abgehalten; 24 Ortschaften entsandten zu diesem Mal
ihre Vertreter. Auf dem Kegel des Hochsimmern soll sich nach der Genovefa-
sage, die hier spielt, die Pfalzgrafenburg erhoben haben; die Ueberreste der
Burg des Pfalzgrafen Heinrich Ii., des Stifters der Abtei Laach, find am gleich-
namigen See noch nicht völlig verschwunden. Die Besitzungen der alten Pellenz
schenkte jener Pfalzgras Heinrich Ii. an die von ihm gestiftete Abtei; Gerhard
von Hochstaden vermachte die neue Pelleuz später derselben kirchlichen Anstalt.
So gelangen wir nach dem Bahnhofe von Plaidt, der wie Ort und Kirche aus
dunklem Traß, einem Produkte der vulkanischen Gegend, erbaut ist. An Lava-
gruben vorüber, in denen überall reges Leben herrscht, durchwandern wir das
meist von Bergleuten bewohnte Dorf Plaidt. Ganz in der Nähe liegt die
romantische Rauschemühle. Von den Saffiger Vulkanen, den Wannenköpfen und
dem Michelsberg, dem Taumen und dem Eiterkopf floß ehemals in das Nette-
thal ein mächtiger Lavastrom herab. Mitten durch die riesigen Blöcke und über
dieselben hüpft die muntere Nette und bildet eine in dieser Staubatmosphäre
doppelt kostbare Bereicherung der Lust mit Wasserdunst. Eine treffliche Nestau-
ratiou ladet zur kühlen Rast ein, und bei einem guten Glas Zeltinger im An-
gesicht der Feuerberge, welche Mosel und Nette scheiden, auf deren Höhe das
aussichtsreiche Ochtendung (auf dem Ding, up demo dinge) gefällig ruht,
laßt uns in dem „Führer durch das vulkanische Maifeld", den Rudolf Menke*")
jüngst geschrieben hat, blättern und Manches herausuehmeu, was den Gebildeten
interessirt. Es heißt darin S. 3—8 des hübschen Büchleins:
„Betreten wir das vulkanische Gebiet des Maifeldes, welches, wie oben
erwähnt, von Mosel, Rhein und Vinxtbach begrenzt, von Nette und Brohlbach
durchflössen wird, und in welchem der Laacher See nicht nur örtlich, sondern
*) Danach wäre die Ableitung „Pfalz" vvn palatium kaum zu halten; Pellenz
deutet auf ein ursprüngliches pallentia, dessen Ursprung der karolingischen Periode
angehören würde.
**) „Der Laacher See und seine vulkanische Umgebung", von Rudolf Blenke,
Gymnasiallehrer. Mit Karte. Neuwied, Heuser 1880.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Ii Heinrich Gerhard
von_Hochstaden Rudolf_Menke*" Rudolf Rudolf_Blenke Rudolf Heuser
Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
Auflagennummer (WdK): 2
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Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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264 Rheinfahrt von Koblenz bis Bonn.
Pfalzgraf Siegfried übergab seiner Gemahlin Gertrude als Allod und Witthum
Burg und Gebiet, das diese 1113 als Besitz antrat. Sie heirathete den Grafen
Otto von Salm, den Sohn des Gegenkönigs von Heinrich Iv., des Grafen
Hermann von Luxemburg. Von 1126 erscheint dieser in Urkunden als comes
de Rinegke. Als Anhänger des Sachsen Lothar und der Welfeu, ward er nach
Erledigung der Pfalzgrafenwürde von dem Staufer Konrad Iii. übergangen,
und diese Würde erhielt der Feind des Luxemburgers, Hermann von Stahleck.
Otto den Jüngeren, den Sohn des Aelteren, ließ Hermann von Stahleck,
der neue Pfalzgraf, im Gefängniß 1148 erdrosseln. Nach manchen Handeln
ward Rheineck der Pfalz gewonnen und kam Eude des 12. Jahrhunderts in
die Hände des Erzstiftes Köln. Rheineck und Drachenfels, Alpen und Oden-
kirchen waren fortan die vier Säulen des Kurfürsten von Köln. Einem neuen
Rittergeschlechte, einem Ministerialen aus der Eifel, vertraute das Erzstift die
Burg und deren Gut an. In einer Urkunde vom Jahre 1200 wird ein Hein-
rich benannt: Burggravius cle Ryneck. Gar mancher Wegelagerer und Straßen-
räuber findet sich unter diesen Burgmannen des Erzbischoss. Den Johann
von Rheineck, der 1347 zu Godesberg beim Festmahle deu Ritter Bullmann
von Sinzig niederstieß, ließ der Erzbischof Tags darauf vor dem Burgthore
das Haupt vor die Füße legen. 1548 erlosch der Mannsstamm dieser wilden
Burggrafen, und im Lehen folgten bis 1654 die Ritter von Warsberg. Um
7000 Dukaten verkauften diese damals die Lehnsgüter von Rheineck an den
Grafen von Sinzendorf. Bald darauf, 1689, warfeu die Franzosen die Brand-
fackel in die hohe Feste; nur ein Försterhaus stand noch in den Ruinen. In der
Revolutionszeit kam 1805 die Burgruine mit den nächsten Feldern für 3870
Franken an den Oberförster Schurp. Die Grafen von Sinzendorf erhielten zur
Entschädigung 1801 für das eingezogene Reichslehn das im Württembergischen
gelegene Dorf Winterrieden und eine Rente von 1500 Gulden. Der alte Pfalz-
grafensitz blieb ein wüster Trümmergraus bis auf die Neuzeit.
„Das Burgschloß war zerstört", berichtet uus der rheinische Antiqnarius,
„das Territorium zersplittert, jegliches Band zerrissen, und abermals erhob es
sich, schöner denn je. Im I. 1832 erwarb die Burg der damalige Professor
an der Rhein-Universität zu Bonn, Hr. M. A. von Bethmann-Hollweg, für
20,000 und einige hundert Thaler. Derselbe snchte das Territorium, welches
bei dem Ankaufe aus 18 Morgen Weinberg, 15 M. Ackerland, 12 M. Wiesen
und 220 M. Wald bestand, der Burg entsprechend zu vergrößern, und jetzt
umgeben über 800 M. Wald, die schönsten Wiesen und die fruchtbarsten Aecker
das Schloß, welches dieserhalb unterm 22. März 1845 neuerdings die Qualität
eiues Rittergutes erwarb. Hr. von Bethmann-Hollweg übertrug im Jahre 1832
den Neubau eiues Schlosses aus dem Grunde des alten dem rühmlichst bekannten
Architekten Joh. Claudius Lassaulx (geb. in Koblenz den 27. März 1781
und gest. daselbst den 14. Oktober 1848); derselbe hatte eine schwere Aufgabe
zu lösen, denn die Burg war damals ein Chaos alter und moderner Gebäude,
welche ohne Zusammenhang, wie der Zufall und die Lauue des jedesmaligen
Besitzers es mit sich brachte, oft in der schlechtesten Konstruktion neben einander
gesetzt waren. Die Reste der alten Feste bestanden aus dem viereckigen, 65 Fuß
hohen Wartthurm und den sehr zerfallenen, nothdürftig bedachten Wänden einer
achteckigen Kapelle oberhalb des Burgthors. Da dieses Bauwerk dem Stile
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Siegfried Siegfried Gertrude Otto_von_Salm Otto Heinrich_Iv. Heinrich_Iv. Hermann_von Konrad_Iii Konrad Hermann_von_Stahleck Otto Hermann_von_Stahleck Ryneck Johann Ritter_Bullmann M._A._von_Bethmann-Hollweg Joh Claudius_Lassaulx