Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Bewohner des Karolinenarchipels. 169
daß sie im Laufe der Jahrtausende die Gipfel oder unterseeischen Berg-
züge durch Ansetzen ihrer kalkartigen Stöcke immer mehr erhöhen, bis diese
zuletzt in Folge allgemeiner Erhebung des Meeresbodens sich gleichfalls
als Riffe und' Inseln erheben und ganze Felsenketten oder unermeßlich
große unterseeische Bänke und Massen bilden, deren Ausdehnung durch die
Entstehung neuer Tiere, welche den Bau der alten fortführen, unaufhörlich
zunimmt. So baut eine Kolonie auf der andern fort, die Hülle der ersteren
bleibt unverletzt und dient der zweiten als Grundlage, diese wieder der
Bewohner des Harolmenarchipets. (Nach einer Originalphotographie.)
dritten und so fort. Haben diese Baue endlich die Meeresoberfläche er-
reicht, so können die kleineu Tierchen nicht mehr leben und der durch ihre
Trümmer entstandene Boden hört auf, durch ihre Mitwirkung emporzu-
wachsen, wogegen die durch unterirdische Kräfte hervorgebrachte Erhebung
des Bodens fortdauern oder auch nach Jahrtausenden in eine Senkung
desselben übergehen kann. Für beiderlei Tätigkeiten gibt die Bildung
und Gestaltung dieser Inselwelt Belege, so rätselhaft auch manches noch
bleibt. Findet eine Hebung jener Korallenbaue statt, dann setzt die Atmo-
sphäre das Werk der Polypen fort und wirkt auf den Bau ein, das Meer
füllt den inneren Raum mit Sand und Erde aus, schwemmt Pflanzensamen
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
16 Die Kolonisation der Staaten der Nordamerikanischen Union.
Das Haupterzeugnis des jungfräulichen Bodens von Virginia war
Tabak. Da es an Umtauschmitteln fehlte, fo ersetzte derselben die Münze,
und um 75 kg des „edlen" Krautes erwarben die Heiratslustigen sich je
eines der hinüberkommenden ersten 150 Fraueuzimmer als Hausgenossin.
Den Bemühungen der unternehmenden Kaufleute, mehr Menschen in
das Land hereinzuziehen, stellten sich jedoch insofern ernstliche Verlegen-
heiten entgegen, als die üblen Beziehungen der Ansiedler zu der roten Ur-
bevölkerung bald das Schlimmste befürchten ließen. Es blieb, gegenüber
zahllosen Übergriffen, nicht bei Streit und Hader. Die Folge davon waren
mehrere blutige Zusammenstöße, so daß die erzürnten Indianer den Ent-
schluß faßten, die begehrlichen Eindringlinge zu vertreiben und womöglich
gänzlich auszurotten. Im Mai 1622 fand unversehens jener wohleinge-
leitete Überfall statt, welcher 1300 Europäern das Leben kostete. Diese
Metzelei schreckte jedoch keineswegs Europamüde ab, die verschont gebliebenen
Landsleute zu verstärken. Auch fehlte es während der heftig erregten Zeit
der religiösen Kämpfe in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts niemals
am nötigen Nachschub, um der Kolonie weiterhin unternehmende Menschen
zuzuführen. Geraume Zeit blieben die religiösen und bürgerlichen Wirren
in England der neuen Kolonie günstig.
Zu derselben Zeit, als die Befiedeluug von Virginia vor sich ging,
traf ein andrer von der englischen Krone privilegierter Handelsverein, die
sogenannte Plymouth-Kompanie, Anstalten, das ihr überlassen? Ge-
biet der europäischen Kultur zuzuführen. England sandte diesmal eine
Schar von 102 friedlichen Eroberern, die gleich andern Bedrängten der Alten
Welt die Stätten ihrer Geburt verließen, weil bürgerliche und religiöse
Drangsale Tausende veraulaßten, jeuseit des Ozeans eine Freistätte zu
suchen.
Besagte huudert puritanische Pilgrime hatten sich im Jahre 1620 auf
dem englischen Fahrzeug „Die Maiblume" eingeschifft, um sich den Ver-
folgungen in der Heimat zu entziehen. Der Kapitän sollte sie nach den
Ländern des Hudsons bringen. Dort aber waren bereits Holländer ange-
siedelt, und diese wußten den Schiffsführer zu bestimmen, weiter nördlich
zu steuern.
Südlich vom heutigen Boston betraten sie am 11. November die
amerikanische Küste. Feindliche Angriffe der Eingeborenen nötigten sie in-
dessen, schon einige Tage nach ihrer Landung anf das Schiff zurückzugehen,
worauf sie an der Bai von Plymouth am 16. Dezember Anker warfen
und sechs Tage später, den 22. Dezember 1620, die erste Kolonie in „Neu-
england" gründeten, ein Tag, welcher noch heute von den „Neuengland-
Staaten" als Gründungstag festlich begangen wird. Die ganze Gesellschaft,
Männer, Frauen und Kinder, versammelte sich an Bord der Schiffes, um
Gott zu danken, daß er sie bis hierher geleitet habe, und seinen ferneren
Beistand anzuflehen.
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Extrahierte Ortsnamen: England England Boston Plymouth
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
72 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln.
nicht so streng wie heute war, und jedes Schiff sowohl dem Handel diente
als auch für das Gefecht bereit sein mußte. Die Bemannung belief sich
auf 1300 Köpfe.
Haben wir bisher die Holländer und besonders die Ostindische
Handelsgesellschaft in ihren kriegerischen Unternehmungen betrachtet, so
wollen wir jetzt einen Blick aus den Fortgang ihrer Handelsunternehmungen
werfen. Es läßt sich denken, daß, je mehr die politische Macht der Nieder-
länder stieg, und je mehr es ihnen gelang, die übrigen Seemächte aus dem
indischen Archipel zu verdrängen, der Gewinn aus dem Handel mit Indien
sich mehrte. Den Gewürzhandel der Molukken rissen sie allmählich ganz
an sich und setzten allein die Preise für die Nelken und Muskatnüsse fest.
Hierbei Versuhren sie freilich aus gewaltsame Weise, nicht nur gegen die
Menschen, sondern auch gegen die zeugende Kraft der Natur. Sie setzen
nämlich fest, daß der Muskatbaum nur auf der Insel Banda, die Nelken
nur auf Amboiua gepflanzt werden dürsten, während auf den übrigen
Molukken sowie in andern Teilen des Archipels alle Nelken- und Muskat-
bäume ausgerottet werden mußten. Im Jahre 1683 war dies streng
angeordnet worden. Aber die Natur hat den Bemühungen der engherzigen
Kaufleute getrotzt, und deren jährliche Züge durch die Inseln, auf denen
sie den Anbau der Gewürze nicht dulden wollten, haben doch nicht ver-
hindern können, daß Vögel die Nüsse verschluckt und in andern Gegenden,
wohin die vertilgenden Holländer nicht gelangen konnten, wieder unverdaut
von sich gegeben und auf diese Weise die Verbreitung befördert haben.
Seit dem Jahre 1830 ist übrigens der Anbau der Gewürze vollständig
freigegeben worden.
Bis zu Ende des 17. Jahrhunderts führte die Ostindische Handels-
kompanie ihre Unternehmungen mit vielem Glücke aus. Den Aktionären
wurden alljährlich bedeutende Dividenden ausbezahlt, welche 15 bis 20
Prozent betrugen, ja bisweilen bis zu 50 Prozent stiegen. Im Jahre
1633 brachten fünf Schiffe eine Ladung aus dem indischen Archipel, welche
auf dem Markte zu Amsterdam für zwei Millionen verkauft wurde,
während der Einkaufspreis sich nur auf 600 000 Gulden belief. Ähnliche
gewinnbringende Ladungen kamen häufig an. Im Jahre 1697 kam eine
Ladung Waren aus Ostindien, deren Einkaufspreis fünf Millionen betrug
und die für nicht weniger als zwanzig Millionen losgeschlagen wurde. —
Mit dem Abschluß des 17. Jahrhunderts hatte aber auch die Ostindische
Handelskompanie ihre höchste Blüte erreicht und ging von jener Zeit an
allmählich dem Verfall entgegen. Um jedoch ihren Kredit aufrecht zu er-
halten, entrichtete sie ihren Aktionären alljährlich noch dieselben Dividenden,
wie zur Zeit ihres finanziellen Glanzes, wodurch ein Ausfall entstand,
der sich von Jahr zu Jahr vergrößerte, so daß derselbe gegen Ende des
18. Jahrhunderts etwa 135 Millionen betrug. Um diese Zeit wurde die
zwei Jahrhunderte alte Gesellschaft aufgelöst.
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Extrahierte Ortsnamen: Indien Banda Amsterdam Ostindien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 173
Platze für diese Art des Börsengeschäfts emporgeschwungen, eine Tendenz,
ans welcher nicht mit Unrecht eine große Gefahr für den deutschen National-
Wohlstand hergeleitet wird.
1) Der Börsensteuer unterliegen mit 5 vom Tausend (50 Pfennig pro
100 Mark): a) inländische Aktien und Aktienanteilscheine sowie Jnterimsscheine über
Einzahlungen auf diese Wertpapiere, b) ausländische Aktien und Aktienanteilscheine,
wenn sie innerhalb des Bundesgebietes ausgehändigt, veräußert, verpfändet oder
wenn daselbst andre Geschäfte unter Lebenden damit gemacht oder Zahlungen
darauf geleistet werden, unter der gleichen Voraussetzung auch Jnterimsscheine über
Einzahlungen auf diese Wertpapiere.
2) Mit 2 vom Tausend (20 Pfennig pro 100 Mark) sind steuerpflichtig:
a) inländische für den Handelsverkehr bestimmte Renten- und Schuldverschreibungen
(sofern sie nicht unter Nr. 3 fallen) sowie Jnterimsscheine über Einzahlungen auf
diese Wertpapiere, b) Renten und Schuldverschreibungen ausländischer Staaten,
Korporationen, Aktiengesellschaften oder industrieller Unternehmungen und sonstige
für den Handelsverkehr bestimmte ausländische Renten und Schuldverschreibungen
sowie Jnterimsscheine über Einzahlungen aus diese Wertpapiere — unter den Vor-
aussetzungen wie unter 1.
3) Mit 1 vom Tausend (10 Pfennig pro 100 Mark) sind steuerpflichtig in-
ländische auf den Inhaber lautende und auf Grund staatlicher Genehmigung aus-
gegebene Renten- und Schuldverschreibungen der Kommunalverbände und Kommu-
uen, der Korporationen ländlicher oder städtischer Grundbesitzer, der Grundkredit-
und Hypothekenbanken oder der Transportgesellschaften sowie Jnterimsscheine über
Einzahlungen auf Papiere.
4) Mit Vio vom Tausend in Abstufungen von je vollen 2000 Mark, bei Ge-
schästen im Werte von über 10000 Mark, in Abstufungen von je vollen 10000 Mark
werden besteuert 1) Kauf- und Anschaffungsgefchäfte über ausländische Banknoten,
ausländisches Papiergeld, ausländische Geldsortcn, 2) Wertpapiere der unter Nr. 1,
2 und 3 bezeichneten Art. — Mit 2/10 vom Tausend sind steuerpflichtig Kauf- und
sonstige Anschaffungsgeschäfte, welche unter Zugrundelegung von Usancen einer
Börse geschlossen werden (Loko-, Zeit-, Fix-, Termin-, Prämien- ?c. Geschäfte).
5) Mit 5 vom Hundert find steuerpflichtig, Lose öffentlicher Lotterien sowie
Ausweise über Spieleinlagen bei öffentlich veranstalteten Ausspielungen von Geld-
oder andern Gewinnen. — Bei allen fünf Fällen finden sich gewisse Befreiungen.
§ 29. Das Versicherung^, Sparkassen- und Genossenschaftswesen.
Das Streben, der Not dadurch zu begegnen, daß man in günstigen
Zeiten Vorsorge trifft, findet sich nicht bei allen Menschen in gleicher Weise,
daher es eine Aufgabe des Gemeinwohls ist, dasselbe zu fördern und zu unter-
stützen sowie uameutlich auch dafür zu sorgen, daß die Hilse zur gebotenen
Zeit verfügbar sei. Dadurch entstanden schon ziemlich früh, vielleicht zuerst in
Spanien (vor Mitte des 10. Jahrhunderts),
1) die Versicherungsgesellschaften. In einer den Bedürfnissen ent-
sprechenden Ausbreitung gehören dieselben erst der Nenzeit an. Die erste
Lebensversicherung in Deutschland trat 1806 in Hamburg ins Leben; nachdem
dieselbe wegen Ungunst der Zeiten hatte eingehen müssen, begann mit deni
Entstehen der Lebensversicherungsgesellschaft in Gotha (1827) eine Zeit groß-
artiger Eutwickeluug. In ganz Europa gab es bis zum Jahre 1800 nur 20
Asseknranzanstalten; seitdem verbreiteten sich diese wohlthätigen Anstalten in
immer steigendem Verhältnisse über die europäischen Kulturländer. 1883 gab
es in Europa etwa 101 Staatsanstalten, 3308 Lokalversicherungsvereine und
1152 Privatversicherungsgesellschaften. Von den letzteren entfallen auf Deutsch-
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Deutschland Hamburg Gotha Europa Europa
Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Femgericht. 365
Kaiser Friedrichs Hi. Später jedoch erwirkten sich sowol Fürsten wie Städte
Befreiung von der Verantwortlichkeit den Femgerichten gegenüber.
Anfangs besaßen die Freigerichte keine geschriebenen Gesetze. Um diesem
Mißstand abzuhelfen, traten im 15. und 16. Jahrhundert sogenannte General-
kapitel zusammen und erließen Vorschriften (Reformationen). Trotzdem kamen
noch Mißbräuche genug vor, meistens aus Habsucht der Richter und Schöffen,
da Strafsummen und Sporteln sehr hoch angesetzt waren. Durch den all-
gemeinen Landfrieden 1493 und die verbesserte Justizpflege ward die Gerichts-
barkeit der Freigerichte auf ein Minimum beschränkt.
Die Femlinde bei Dortmund.
Dennoch behaupteten sie sich bis in unser Jahrhundert (bis 1811). Noch in
den dreißiger Jahreu existirte wenigstens dem Namen nach ein Freigraf in Werl.
Trotz der späteren Ausschreitungen und Mißbräuche ist nicht zu leugnen, daß die
Femgerichte in ihrem Anfang und in der Blütezeit ein segensreiches Institut ge-
wesen sind, ein Institut unparteiischer Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person, ein
strenger Wächter der alten guten Sitten, ein unerbittlicher Richter über alle Ver-
brechen. Die Ehre war der Grundpfeiler, Gott, König und Recht der Wahlspruch.
Wie im Alterthum die unentrinnbaren Rachegeister, die Erinnyen, so ereilte die
heilige Feme den geheimen Verbrecher. Wie ein Blitzstrahl traf ihn der Fluch,
der Arm des Rächers. Zittern und Angst befiel ihn, erblickte er als Zeichen
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Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
162 Das Küstenland, die Mündung der Ems und der Dollart.
andern, namentlich auch die deutsche, von hervorragendem Einfluß geworden.
— In Deutschland ist Emden die Wiege der Gesellschaft für Rettung Schiff-
brüchiger geworden. Dem Emder Beispiele folgte Hamburg und diesem
Bremen, worauf sich dann andre Küstenstädte der Nord- und Ostsee anschlössen.
Damit war aber derselbe ungünstige Weg betreten, der anfangs eine nachdrück-
liche Thätigkeit des englischen Rettungswesens verhinderte — das isolierte
Vorgehen einzelner Zentren ohne gemeinsame organisierte Vereinigung. Doch
wurde diese Gefahr bei Zeiten erkannt, und auf Anregung Bremens wurde zu
Kiel im Jahre 1865 die Deutsche Gesellschaft für Rettung Schiffbrüchiger be-
gründet, welche unter kaiserlichem Protektorat für einen einheitlichen Rettungs-
dienst von der holländischen bis zur russischen Grenze sorgt.
Die Organisation selbst ist eine außerordentlich einfache. Für die Er-
Haltungsmittel sorgen selbständig wirkende Bezirksvereine; die Verbindung unter
diesen wird durch den Gesellschaftsvorstand hergestellt, dem zugleich die För-
derung aller Interessen der Gesellschaft obliegt. Die oberste Leitung besorgt
der aus der Vertretung sämtlicher Bezirksvereine zusammengesetzte Gesellschafts-
ausfchuß. Der Gesellschaftsvorstand hat seinen dauernden Sitz und seine
Bureaus in Bremen, wo thatkräftige Männer, durchdrungen von der Bedeutung
ihrer humanen Aufgabe, mit größter Aufopferung den umfangreichen Geschäften
der Gefellschaft vorstehen. Die von Jahr zu Jahr an Bedeutung wachsenden
Resultate ihrer Thätigkeit bilden zugleich den Lohn für dieselbe, und wie groß-
artig diese Resultate find, darüber kann der Leser in den jährlich über ganz
Deutschland verbreiteten Publikationen der Gesellschaft sich leicht unterrichten;
nur das eine Hauptresultat, aus das es ja zuletzt ankommt — die Zahl der
seit Begründung des Vereins Geretteten sei hier genannt: sie beträgt bereits
über 1200 Seelen. '
Der eben geschilderten Organisation wird aber erst Leben eingehaucht
durch die Rettungsthätigkeit selbst, für welche sie die Grundlage bildet. Als
Träger aber des gesamten auszuführenden Rettungswefens erscheint die Station,
der Sammelpunkt aller helfenden geistigen und mechanischen Kräfte. Wir sagen
geistige und mechanische, denn die mechanischen Hilfsmittel würden ohne stete
und enge Verschwisterung mit dem geistigen Element ein nutzloses Material
bleiben. —
Der Natur der Sache nach ist es die Küstenbevölkerung, welcher es zu-
fällt, das lebendige Material zu liefern. Jedes aus Seegefahr gerettete
Menschenleben wird, den verfügbaren Mitteln der Gesellschaft entsprechend, der
Mannschaft des Rettungsbootes mit 20 Mark bezahlt — eine Summe, deren
Geringfügigkeit den lediglich auf Gewinn gerichteten Antrieb zur Rettung aus-
schließt; wenn demnach diese Küstenbewohner sich jetzt in bereitwilligster Weise
mit Verachtung der augenscheinlichsten Todesgefahr für das Rettungswesen zur
Verfügung stellen, so können jene 20 Mark ihr sittliches Verdienst nicht schmälern.
Freilich ist ihnen von der Gesellschaft ein technisches Material für das Rettungs-
werk in die Hände gegeben, auf das sie sich verlassen können, und es kommt
zu ihrer moralischen Unterstützung hinzu, daß sie sich in ihrem freiwilligen
Thun eins wissen mit der Nation, daß sie sich gewissermaßen als die Bevoll-
mächtigten der ihre Gaben beisteuernden binnenländischen Bevölkerung fühlen,
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Hamburg Ostsee Bremens Bremen Deutschland
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
140 Der Jahdebusen und Wilhelmshaven.
Die Stadt Wilhelmshaven, die sich allmählich hier ausbaute und die
innerhalb der letzten 15 Jahre um mehr als 10 000 Einwohner (gegenwärtig
circa 12 000) zugenommen hat, trägt ganz den Charakter der neugebauten
Städte. Eine Zierde derselben ist die in den Jahren von 1869—72 von
Geh. Rat Adler in Berlin erbaute gotische Kirche, ein Backsteinrohbau mit einem
55 in hohem Vierungsturm. Erwähnenswert ist ferner das nordöstlich von der
Stadt gelegene Observatorium, mit Zeitball, sowie das rote Schloß. Zur Lieferung
des nötigen Trinkwassers sind zwei artesische Brunnen von 200 und 180 in Tiefe
gebohrt, aus denen das Wasser durch Gaskraftmaschinen gehoben wird. Da die-
selben jedoch nicht genügend Wasser liefern, ist 1877 eine 13 km lange Wasser-
leitung ausgeführt, welche das Wasser bei Feldhusen aus Brunnen mittels Dampf-
Maschinen entnimmt und durch eine eiserne Druckrohrleitung nach Wilhelmshaven in
ein auf einem backsteinernen Wasserturm stehendes schmiedeeisernes Reservoir von
8 cbm Inhalt drückt. Von hier verzweigt sich das Wasser durch die ganze Stadt.
Die deutsche Flotte. „Wer die See beherrscht, beherrscht den Handel;
wer den Handel der Welt beherrscht, beherrscht auch die Reichtümer derselben
und folglich die Welt selbst", so lautet das stolze Wort des berühmten Sir Walter
Raleigh, des Zeitgenossen der Königin Elisabeth von England, das ein neuerer
Geschichtschreiber wie folgt deutet: „Wer keinen Teil hat an der Seeherrschaft,
hat keinen Teil am Welthandel. Wer keinen Teil am Welthandel hat, der hat
auch keinen Teil an den Reichtümern der Welt und an der Macht, welche diese
gewähren." — Gewiß ist dies ein gewichtiges Wort, das zu allen Zeiten einer
gründlichen Erwägung wert war, und doch zeigt uns ein Blick in die Geschichte,
daß dem nicht so war. Wie wäre es sonst möglich gewesen, daß in früherer Zeit
im Deutschen Reiche so wenig zur Gründung einer Flotte geschehen ist? Denn
die deutsche Marine besteht als solche erst seit dem Jahre 1871, dem Zeitpunkte
der Vereinigung der deutschen Staaten. Doch wie überhaupt bei der früheren
Zerrissenheit des Deutschen Reiches ein gemeinsames Handeln nur schwer zu er-
möglichen war, so konnte auch nicht gut an die Gründung einer deutschen Flotte
gedacht werden. Zwar hat Preußen zur Zeit des Großen Kurfürsten bereits
eine Flotte besessen, die jedoch unter den Nachfolgern ganz in Verfall geriet.
Als nämlich Pommern an das brandenburgijche Haus fiel (1637), war
Friedrich Wilhelm sofort aus die Herstellung des Seehandels und einer See-
macht bedacht; allein die Rückgabe der besten Teile Pommerns nach dem West-
fälischen Frieden (1648) nötigte zum Aufgeben dieser Pläne. Im Herzogtum
Preußen ließen sich dieselben wegen der obwaltenden Abhängigkeit von Polen
ebensowenig ausführen. Trotz dieser bedeutenden Mißstände ließ sich Friedrich
Wilhelm nicht abhalten, 1647 den Antrag des holländischen Admirals Liers
und andrer reicher holländischer Kaufleute, eine Ostindische Handelsgesellschaft
unter seinem Schutz und Namen zu errichten, anzunehmen.
Die größten Schwierigkeiten dabei bestanden in dem Aufbringen der
dazu erforderlichen Mittel; denn weder vermochte die Mark dazu beizusteuern,
noch zeigte sich Königsberg willfährig; letzteres weigerte sich sogar bestimmt,
die geringste Beisteuer zu zahlen. Die Kriege, in welche sich der Kurfürst im
Laufe der nächsten Jahre verwickelt sah, machten die Aufnahme und Reali-
fieruug des Schiffahrtsprojektes fast unmöglich; doch gab der in allen Dingen
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Walter
Raleigh Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Königsberg
Extrahierte Ortsnamen: Wilhelmshaven Wilhelmshaven Berlin Wilhelmshaven England Polen
Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Sturm- bezw. Springfluten.
Das Küstenland, die Minima, der Ems und der Bollntt.
Kampf der Menschen mit den Elementen. — Die Nordsee als „Mordsee". — Deutsche
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. — Das Harlinger- und Jeverland. 4—
Eichen- und Buchenwälder.
Kampf der Menschen mit den Elementen und die großen Sturmfluten:
die Nordsee als „Ütordfee". Die deutsche Nordseeküste ist auch für den
Fernerstehenden nicht uninteressant; zwar ist es weniger die politische Geschichte
dieser äußersten deutschen Länder, welche die Aufmerksamkeit des größeren Pu-
blikums auf sich lenkt, sondern vielmehr die Entstehung des Landes selbst.
Denn nicht wie an der Ostsee haben unsre Vorfahren jahrhundertelang in
ungestörtem Besitz gewohnt; die gesegneten Marschen, der Stolz Oldenburgs
und Ostfrieslands, sind durch Menschenhand in langem Kampfe den Wellen
des Meeres abgerungen worden.
Die Grenzen des festen Landes, an welches dieser Marschengürtel sich
anlegte, die „Geest", wird durch eine nordwärts ausgeschweifte Linie bezeichnet,
welche die Städte Norden und Jever verbindet und sich dann in weitem Bogen
um den Busen der Jahde herumzieht. An diese Geest setzte sich nun ein
Alluvium an; dies erweiterte sich allmählich zu großen Feldern, die, solange
sie noch von der täglichen Flut überschwemmt werden, den Namen „Watten"
10 *
'
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TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
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Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
218 Pommern.
bedeutende Meereseinbrüche stattfanden, das Meer auch bei uns größere Ver-
änderungen verursacht zu haben. Es soll sich in dieser Zeit das Nene Tief
gebildet haben; möglich ist, daß dasselbe mehreren auseinander folgenden Fluten
seine Entstehung oder seine Erweiterung verdankt; aber die Zeitangaben darüber
weichen voneinander ab, und daß auch die Sagenbildung bei solchen Begeben-
heiten nicht müßig gewesen ist, scheint daraus hervorzugehen, daß die Namen
zweier Kirchspiele, die damals untergegangen sein sollen, in gleichzeitigen glaub-
haften Schriftstücken gar nicht vorkommen.
Von dem zwar nicht hohen, aber steilen, von Regenschluchten zerrissenen
Diluvialufer von Barhöft, auf welchem wegen des gefährlichen Fahrwassers
eine Signalstation errichtet ist, erstreckt sich ein brackiges Binnengewässer unter
den Namen Grabow, Barther und Bodstedter Bodden etwa 20 km westlich
und dann als Saaler Bodden 20 km südwestlich. Das nur 3—5 m tiefe
Fahrwasser wird durch niedrige wiesenbedeckte Inseln und Halbinseln, welche
stetig an Ausdehnung zunehmen, sowie durch flache Schare und Haken, über
die man nicht selten waten kann, sehr beschränkt, so daß größere Schiffe von
den Orten Ribnitz, Damgarten und Barth, in denen lebhafter Schiffbau ge-
trieben wird, durch Prähme gehoben und so über die flachen Stellen des Fahr-
Wassers hinweggetragen werden müssen, um sie nach Stralsund zu bringen, wo
dann ihre Ausrüstung vollendet wird. Heute sind diese Binnengewässer von
dem Meere durch eine Halbinsel, den Dars, und eine Insel, Zingst, getrennt,
zwischen denen bis 1874 der Prerowstrom zum Meere führte. Beide bildeten
früher eine einzige Insel, welche bei Wustrow durch eine Straße, den Parnin,
vom Festlande getrennt wurde. Durch eine von Nordost kommende Sturmflut
aber wurde die Straße durch eingespülten Sand uusahrbar gemacht und da-
gegen der Prerowstrom gebildet. Der dem Festlande zunächst liegende Teil
des Dars ist teils Diluvium, teils älteres Alluvialgebilde, welches häufig mehr
oder minder mächtige Schichten von Ortstein, zuweilen auch Raseneisenerz ent-
hält, ist großenteils mit Kieserwaldungen bedeckt. Der nördliche Teil ist da-
gegen eine Neubildung des Meeres. Er wird von Dünenreihen durchzogen,
deren südliche, ältere, eine westliche, die nördlicheren, jüngeren, dagegen eine
nordwestliche Richtung haben. Zwischen ihren niedrigen, ebenfalls mit Kiefern
bestandenen Rücken ziehen sich langgestreckte, moorige, mit Elsbrüchern aus-
gefüllte Längsthäler hin, in deren breiterem westlichen, gegen das Meer durch
Dünen abgeschlossenen Ende Seen liegen, deren ältere auf losem Moor- und
Schlammuntergrnnde 1—3 m tiefes Wasser haben, während die jüngsten im
Sommer zum Teil austrocknen. Bis aus die neueste Zeit hat die Weiter-
bildung der nordwestlichen Spitze des Dars fortgedauert, indem die an der
Westküste stattfindende Dünenbildung sich im Laufe der Zeit immer weiter
nördlich in das Meer hineingeschoben hat. Eine früher vor derselben gelegene
Insel Rutt ist landfest geworden, fo daß von 1694—1840 die Nordspitze um
911m gewachsen ist. Heute hat sich abermals eine nordöstlich von der Spitze
der Dars, dem Darserort, eine kleine Sandinsel gebildet, welche von dem-
selben durch eine selbst für Boote nicht passierbare Straße getrennt ist und sich
allmählich zum Darserortriss verflacht; östlich von diesem liegt die Prerowbank,
so daß zwar kleinere Fahrzeuge zwischen beiden einsegeln und ankern können,
tiefer gehende Schiffe aber der Küste fern bleiben müssen. Zur Sicherung der
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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138 Das Fischland und seine Bewohner.
Des Landes Geschichte. Die beiden Namen, die es führt, spiegeln des
Landes Vergangenheit ab. Der älteste, Swante-Wnstrow, bedeutet heilige Insel.
Drei Dinge sagt er. Erstens, daß seit alter Zeit hier Wenden wohnten, denn
er ist wendischer Herkunft; zweitens, daß dies Land einst eine Insel gewesen ist;
und drittens, daß auf dieser Insel in alter Zeit schon ein Heiligtum gestanden
habe. Der jüngere Name, seit er in Übung, berichtet mit etwa derselben Deutlich-
keit, daß einst das Haupt-, ja vielleicht das ausschließliche Gewerbe der seßhaften
Bevölkerung im Fischfang bestanden habe. Noch gegen Ende des 14. Jahr-
Hunderts wird der Permin, zu deutsch Wasserstraße, eine fahrbare Verbindung
des Binnenwassers mit der Ostsee, ein Mündungsarm des Flusses Recknitz ge-
Wesen sein. Vitalienbrüder hatten hier ihre Zuflucht, und Stralsund entsandte
seinen Hauptmann Karsten Sarnow gegen die Räuber von Ribnitz. Auf einer
älteren Karte heißt die Stelle, wo dieser Arm einst mündete, Störtebecks Hafen.
Damals mag an der Stätte einer ehemaligen heidnischen Tempelburg die erste
Kirche vom Klarenkloster Ribnitz aus erbaut sein. Diesem Kloster ist das Ländchen
lange Jahrhunderte hindurch zinspflichtig und unterthan gewesen. Dafür genoß
es seines Schutzes und seiner Pflege.
In den endlosen Fehden benachbarter Gebiete, durch welche gewisse Epochen
des Mittelalters charakterisiert sind, war es besonders Rostock, von dessen Eifer-
sucht das Fischland zu leiden hatte. Einmal — es war 1491, in den Fasten,
„als das Eis begnnte zu gehen" — fuhren von dorther 34 Mann in Booten
nach Wustrow und nahmen den Fischern, die sie hier am Strande trafen, nicht
allein ihre Netze mitsamt dem Fang und ihre Boote weg, sondern führten sogar
die Leute selber gefangen nach Rostock. Aber der Rat, besonnener als jene,
entließ sie wieder. Dies beweist denn unter anderm, daß damals die Fischerei
des Ländchens nicht unerheblich war. Offenbar hat sie von jeher neben Tierzucht
und Ackerbau die Einwohner beschäftigt, und zwar vor allem der Heringsfang,
der ja auch noch heute betrieben wird.
In der Folge trat aber dies Gewerbe, die Fischerei, mehr in den Hinter-
grund, und zwar vor der Schiffahrt. Die erste Nachricht, die wir darüber haben,
sagt ausdrücklich, daß Bauern des Amtes Ribnitz ihr Getreide selbst zu Wasser
nach Lübeck brachten. Die Rostocker hielten die Boote, die vom Fischland kamen
und mit Gerste beladen auf Lübeck bestimmt waren, in Warnemünde an; und
hatten sie schon früher manchen Strauß wider die sogenannten Klipphäfen aus-
gefochten, so ließen Rostock wie Wismar, welche durch Verträge das Privi-
legium des Hafenrechts für Mecklenburg erworben hatten, von dieser Zeit an
nicht ab mit Anträgen und Maßregeln zu deren Unterdrückung. Sie hatten es
natürlich dabei besonders auf die Schiffahrt im Lande Wustrow und den Rib-
nitzer Hafen abgesehen, der, wie man wissen muß, am nördlichen User des
Binnensees, dem Orte Ribnitz gegenüber, gelegen war.
Mittlerweile kam Wustrow in andre Hände. Das Kloster erlosch im
Ausgang des Il. Jahrhunderts und seine Besitzungen gingen zunächst an die
Landstände, bald nach den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges aber an das
Domaninm über. Es war im Jahre 1669, als aus dem Landtage zu Parchim
die letztere Bestimmung zustande kam. Von nun an hatte das Fischland in
seinen Herzögen mächtigere Beschützer als vordem. Es blickte mit froher Hoff-
nung in die Zukunft. Rostock, trotz aller erdachten und wirklichen Vorrechte
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